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NanoMat Newsletter 01 | 2015 01

NanoMat Newsletter 1 | 2015

Forschungsnews

Bosch: Batterien aus Elektroautos für ein stabiles Stromnetz

STO AG: „Intelligente“ Photovoltaik liefert das Plus an Energie

KIT: Siliziumkarbid steigert Energieeffizienz

TU Darmstadt: Grüne Chemie trifft Nano

Fraunhofer IGB: Mit Abwärme heizen und kühlen

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NanoMat Newsletter 01 | 2015 02NanoMat Newsletter 03 | 2014

SENN2015 - International Congress

on Safety of Engineered Nano-

particles and Nanotechnologies

Helsinki, Finnland

12. - 15. April INFOS

Hannover Messe 2015

Hannover, Deutschland

13. - 17. April INFOS

Printed Electronics Europe2015

Berlin, Deutschland

28. - 29. April INFOS

i-WING 2015

Vom Material zur Innovation

Dresden, Deutschland

27. - 29. April

Graphene and Beyond 2015

University Park (PA), USA

11. - 12. Mai INFOS

NanoOstrava 2015 - Nanomaterials

and Nanotechnology Meeting

Ostrava, Tschechien

18. - 21. Mai INFOS

TechConnect World 2015

Washington, DC, USA

14. - 18. Juni INFOS

NANOTECH FRANCE 2015

Paris, Frankreich

15. - 17. Juni INFOS

ACHEMA

Frankfurt a. M., Deutschland

15. - 18. Juni INFOS

10th International Nanotechnology

Symposium „New ideas for industry“

Dresden, Deutschland

1. - 3. Juli INFOS

TERMINE InhaltVorwort ......................................................................03

Berichte aus dem Cluster ..........................................03NanoVision 2015 ...........................................................................03

Messestand auf der nanotech 2015 in Tokio ..................................04

Neue Mitglieder .............................................................................04

Aktuelle Ausschreibungen .......................................05

Forschungsnews intern ............................................06BASF führt die nächste Generation der katalytischen

Beschichtungstechnologie PremAir® NXT ein .................................06

DECHEMA: Plattform für NanoBioMedizin .....................................06

Evonik beteiligt sich an finnischem Unternehmen der

Nanophotonik ................................................................................07

MUNICH RE: Neues Risikomanagement für neue Technologien ......08

Bosch: Batterien aus Elektroautos für ein stabiles Stromnetz ...........09

STO AG: „Intelligente“ Photovoltaik liefert das Plus an Energie ......10

KIT: Siliziumkarbid steigert Energieeffizienz ....................................11

TU Darmstadt: Grüne Chemie trifft Nano ......................................11

Uni Duisburg-Essen: Erstmals beobachtet: Reaktives Molekül .........13

Uni Duisburg-Essen: Zusätze entscheidend .....................................13

FAU: Wie Nanopartikel interne Struktur von Flüssigkeiten

umordnen ......................................................................................14

Uni Stuttgart: Schadstoffe aus Photovoltaik-Modulen .....................15

Uni Ulm: Erster Chemiebaukasten der Uni Ulm zur

Nanotechnologie auf dem Markt ...................................................15

Uni Ulm: Biologische Nanopartikel im Dienst der Medizin ...............16

Fraunhofer ICT: verbesserte sicherheit von Lithium-Ionen-Akkus

durch gezielte Analytik ...................................................................17

Fraunhofer IFAM: Rückstandsfreie Bauteilentformung durch

permanente Werkzeugbeschichtung ..............................................18

Fraunhofer IGB: Mit Abwärme heizen und kühlen .........................20

Fraunhofer IFW: Magnetsinn für jedermann ..................................21

Fraunhofer IGB: Schadstoffe im Wasser einfach binden ..................21

MPI Stuttgart: Das perfekte Baumaterial für Nano-Roboter .............23

Fraunhofer ISC: FLASHED! Touch-Screens für flexible Displays ........24

Forschungsnews Extern ...........................................07

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NanoMat Newsletter 01 | 2015 03

Vorwort

Liebe NanoMat-Mitglieder und –Freunde,

in der ersten Ausgabe unseres Newsletters im Jahr 2015 berichten wir unter anderem vom Wissenschafts-In-

dustrie-Symposium NanoVision in Stuttgart und von der NanoTech 2015 in Tokio. Wie immer haben wir für Sie

Artikel über interessante Entwicklungen bei unseren Partnern zusammengestellt und informieren wir Sie über

aktuelle Ausschreibungen und die neuesten Wissenschaftsnachrichten aus dem Bereich Nanotechnologie.

Viel Spaß bei der Lektüre wünscht Ihnen

Ihr NanoMat-Team

BERICHTE AUS DEM CLUSTER

NANOVISION 2015

Am 22. und 23. Januar 2015 veranstaltete Nano-

Mat in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer IGB

das Wissenschafts-Industrie-Symposium NanoVisi-

on 2015 in Stuttgart. Die rund 60 Teilnehmer aus

25 Instituten und Unternehmen diskutierten in

einem abwechslungsreichen Programm Themen

aus den Bereichen Nanotechnologie, Nanomedi-

zin, Toxikologie, Messtechnik, Risikobewertung,

Regulation und Kommunikation. Wir möchten an

dieser Stelle nochmals allen Vortragenden für ihr

großes Engagement danken und haben uns über

ein durchweg positives Feedback zur Veranstal-

tung in der abschließenden Evaluation gefreut. In

Zukunft wünscht sich die Mehrzahl der Teilnehmer

eine weitere Vertiefung der Themen „Industrielle

Anwendungen der Nanotechnologie“, „Nanome-

dizin“ und „Toxikologie“. Diesen Wünschen wollen

wir gerne Rechnung tragen.

Die nächste NanoVision-Konferenz findet vom

16. bis 17. November 2015 an der

Universität Erlangen-Nürnberg statt.

Prof. Dr. Annika Vogt (Charité Berlin) bei ihrem Vortrag zum Thema „Carrier-Based Transcutaneous Cell Targeting“ auf der NanoVision 2015 in Stuttgart.

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NanoMat Newsletter 01 | 2015 04

International Workshop on Thin Films

for Electronics, Electro-Optics, Energy

and Sensors

Suzhou, VR China

4. - 6. Juli INFOS

NANOTEXNOLOGY 2015

Exhibition on Nanotechnologies

Thessaloniki, Greece

4. - 11.Juli INFOS

ICNFA‘15

6th International Conference on

Nanotechnology: Fundamentals and

Applications

Barcelona, Spanien

15. - 17. Juli INFOS

15th International Conference on

Nanotechnology (IEEE-NANO 2015)

Rom, Italien

27. - 30. Juli INFOS

SPIE Optics + Photonics 2015

San Diego, USA

9. - 13. August INFOS

Nanotechnology 2015

Frankfurt a. M., Deutschland

11.-13. August INFOS

Nanoforum XI Edition

Milano, Italien

29. September - 2. Oktober INFOS

TERMINE

Vom 28. bis zum 30. Januar

präsentierten Dr. Punckt und

Dr. Schramm NanoMat auf

der nanotech 2015 in Tokio

mit einem Messestand am

Deutschen Pavillon. Es wur-

den Poster und Broschüren

des BELLA Labors (einem Ge-

meinschaftslabor zur Batterie-

forschung und Elektrochemie

des Karlsruher Instituts für

Technologie und der BASF

SE), der Evonik, der Nano-

match GmbH, der Nanoscribe

GmbH sowie der Palas GmbH

präsentiert und selbstver-

ständlich auch das NanoMat

Netzwerk vorgestellt. Neben

Dr. Punckt und Dr. Schramm

verstärkten Mitarbeiter der

Evonik aus Shanghai und

Tokio den Stand personell.

Der Aufenthalt in Tokio führte

sowohl zu einer Vertiefung

bestehender als auch zur

Anbahnung einer Reihe neuer

Kontakte in Japan, so zum

Beispiel zum National Institute of Advanced Industrial Science and Technology (AIST)

und zur Tsukuba Innovation Arena (TIA nano), die wir nun weiter ausbauen werden.

Des Weiteren ergaben sich eine Reihe potentiell interessanter Kontakte zu Organisatio-

nen aus anderen Länder des asiatischen Raumes, insbesondere nach Korea, Taiwan und

Thailand.

Nebenbei kamen wir auch mit ebenfalls anwesenden Kollegen aus Deutschland, Groß-

britannien, Kanada, der Schweiz Spanien, und Tschechien ins Gespräch, und konnten

so unser Netzwerk an internationalen Kontakten weiter ausbauen.

MESSESTAND AUF DER NANOTECH 2015 IN TOKIO

Dr. Christian Punckt, Dr. Paul Brandl (Vice President R&D/Applied Technology Asia-Pacific, Evonik) und Dr. Frank Schramm vor dem NanoMat Messestand auf der nanotech 2015 in Tokio.

NEUE MITGLIEDERAls neuestes Mitglied begrüßen wir die Nanomatch GmbH (www.nanomatch.de).

Nanomatch entwickelt unter anderem Lösungen zur Modellierung der elektronischen

Transporteigenschaften organischer Halbleitermaterialien.

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NanoMat Newsletter 01 | 2015 05

• KMU-innovativ

Nanotechnologie – Nanochance

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)

unterstützt risikoreiche industrielle Forschungs- und

vorwettbewerbliche Entwicklungsvorhaben von kleinen

und mittleren Unternehmen (KMU) aus dem Bereich der

Nanotechnologie.

http://www.foerderdatenbank.de

Ressourcen- und Energieeffizienz

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)

unterstützt risikoreiche industrielle Forschungs- und

vorwettbewerbliche Entwicklungsvorhaben von kleinen

und mittleren Unternehmen (KMU) auf dem Gebiet der

Ressourcen- und Energieeffizienz unter Einbeziehung des

Klimaschutzes.

http://www.foerderdatenbank.de

• Spitze auf dem Land! - Technologieführer für Baden-

Württemberg

Im Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum mit Kofi-

nanzierung aus dem EFRE-Programm 2014-2020 soll die

Spitzenstellung des Landes weiter ausgebaut werden.

Das Förderangebot spricht kleine und mittlere Unterneh-

men mit weniger als 100 Beschäftigten im ländlichen

Raum an, die aufgrund ihrer Innovationsfähigkeit und ihrer

ausgeprägten Technologiekompetenz in der Umsetzung

und Anwendung innovativer Produktionsprozesse und Pro-

dukte das Potential zur Technologieführerschaft erkennen

lassen.

https://www.efre-bw.de

• Entwicklung und Erprobung neuer, innovativer Pro-

jekte und Dienstleistungen von und für Cluster

Das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft unterstützt

auf Grundlage der EFRE-OP, Maßnahme „Clusterförde-

rung“ und der VwV EFRE-Cluster und Innovationsplatt-

formen-CLIP 2014-2020, die Entwicklung und Erprobung

neuer, innovativer Projekte und Dienstleistungen durch

regionale Cluster-Initiativen und Innovationsplattformen.

https://www.efre-bw.de

AKTUELLE AUSSCHREIBUNGEN

• 6. Energieforschungsprogramm

Forschungs- und Entwicklungsarbeiten zum Themenfeld

Materialforschung für die Energiewende

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung

(BMBF) unterstützt auf der Grundlage des 6. Energiefor-

schungsprogramms Projekte der Grundlagenforschung im

Bereich der Materialforschung für die Energiewende.

http://www.foerderdatenbank.de

• Horizont 2020

Aktuelle Ausschreibungen

http://ec.europa.eu

LEIT Programm (Informations- und Kommunikationstech-

nologie Elektronik, Mikrosysteme, embedded systems,

dünne organische & großflächige Elektronik, big data)

http://ec.europa.eu

EN Programm (Nanotechnologie - Neue Materialien - Pro-

duktion, Biotechnologie, FoF, energie-effizientes Bauen,

nachhaltige Prozesse)

http://ec.europa.eu

• Zentrales Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM)

ZIM ist ein bundesweites, technologie- und branchenof-

fenes Förderprogramm des BMWi für mittelständische

Unternehmen und mit diesen zusammenarbeitende wirt-

schaftsnahe Forschungseinrichtungen. Gefördert werden

Einzelprojekte, Kooperationsprojekte und Kooperations-

netzwerke. Antragstellung ist bis 31.12.2014 möglich.

http://www.zim-bmwi.de/

NanoMat unterstützt bei der Projektpartnersuche und An-

stragstellung und übernimmt bei Bedarf Koordination und

Projektmanagment.

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NanoMat Newsletter 01 | 2015 06

FORSCHUNGSNEWS INTERN

BASF FÜHRT DIE NÄCHSTE GENERATION DER KATALYTISCHEN BESCHICHTUNGSTECHNOLOGIE PREMAIR® NXT EIN

• Reduziert durch Anwendung auf dem

Kühlergrill bodennahes Ozon

• Ermöglicht Automobilherstellern, die

Emissionsvorschriften U.S. Tier 3 und

California LEV III einzuhalten

BASF hat am 13. Januar 2015 die

Markteinführung von PremAir NXT, einer

hochmodernen katalytischen Beschich-

tungstechnologie von Kühlergrills zur

direkten Ozonreduktion (DOR), bekannt-

gegeben. Sie kann Automobilherstellern

dabei helfen, die neuen US-Emissionsre-

gularien U.S Tier 3 und California LEV III

einzuhalten.

Auf den Kühlergrill aufgetragen wandelt

die PremAir NXT-Beschichtung bodennah-

es Ozon – die wesentliche Komponente

von Smog – in Sauerstoff um. Als Wei-

terentwicklung der ursprünglichen BASF

PremAir-Beschichtungstechnologie weist

PremAir NXT eine höhere Beständigkeit

und eine verbesserte Leistung bei der

Ozonumwandlung während der gesam-

ten Lebensdauer eines Fahrzeugs auf.

„Durch den Trend zu kleineren Motoren

und kleineren Kühlergrills ist es wichtig,

die Leistung der eingesetzten katalyti-

schen Beschichtung zu steigern“, sagt

Jim Chirumbole, verantwortlich für das

Geschäft der BASF mit Emissionskataly-

satoren in der Region Amerika. „PremAir

NXT begegnet dieser Herausforderung,

indem es den Automobilzulieferern eine

neue Möglichkeit bietet, ihre Flotten-

strategie anzupassen und trotz kleinerer

Kühlergrills mit einer geringeren be-

schichtbaren Fläche die Vorgaben für den

Erhalt von Emissionsboni zu erfüllen.“

Die US-Emissionsvorschriften U.S. Tier 3

und California LEV III verlangen von den

Automobilherstellern, in ihrer gesamten

Fahrzeugflotte strengere Emissionsstan-

dards einzuhalten: Bis 2025 muss der

Ausstoß an nicht-methanhaltigen orga-

nischen Gasen (NMOG) und Stickoxiden

(NOx) im Durchschnitt der gesamten

Fahrzeugflotte auf 30 Milligramm pro

Meile (ca. 19 Milligramm pro Kilometer)

gesenkt werden. Weiterhin verlangen

die Vorschriften eine verlängerte Le-

bensdauer der Emissionskontrollsysteme

eines Fahrzeugs auf 150.000 Meilen

(ca. 240.000 Kilometer). PremAir NXT

unterstützt die Automobilhersteller bei

der Einhaltung dieser Ziele und wird bei

der Zertifizierung eines Fahrzeugs mit

einem Bonus von 5 Milligramm pro Meile

(ca. 3 Milligramm pro Kilometer) bezogen

auf die gesamten Emissionen über die

Lebensdauer des Fahrzeugs honoriert.

BASF hat mehr als 10 Jahre Erfahrung mit

der patentierten PremAir-Beschichtungs-

technologie, die schon in mehr als drei

Millionen Fahrzeugen weltweit eingesetzt

worden ist.

https://www.basf.com

DECHEMA: EXPERTEN GRÜNDEN NATIONALE PLATTFORM FÜR NANOBIOMEDIZIN

Die NanoBioMedizin eröffnet neue,

faszinierende Möglichkeiten für Diagnos-

tik, Therapie und Medizintechnik. Um ihr

großes wissenschaftliches und wirtschaft-

liches Potenzial zu erschließen, richten

Experten aus Akademia und Industrie nun

eine deutsche NanoBioMedizin Plattform

ein. Sie erleichtert den Austausch und

die Zusammenarbeit der verschiedenen

Fachrichtungen und Organisationen

sowie Fördermittelgebern. Die Grün-

dungsveranstaltung findet am 4. März

2015 in Frankfurt statt. Im Vorfeld gibt

ein Positionspapier Überblick über die

heutige Situation der NanoBioMedizin

in Deutschland und fasst Vorschläge für

Forschungsthemen und Handlungsemp-

fehlungen für die praktische Umsetzung

zusammen.

Nanotechnologie ist einer der Hoffnungs-

träger für die Diagnostik und Therapie

von Erkrankungen. So könnten hoch-

empfindliche Nanopartikel und nanos-

trukturierte Systeme bestimmte Moleküle

erkennen, die als „Biomarker“ für be-

stimmte Krankheiten oder die Wirksam-

keit eines Medikaments fungieren; das

wäre eine Grundlage für eine persona-

lisierte Medizin, bei der die Behandlung

individuell auf den Patienten abgestimmt

werden kann. Nanopartikel könnten auch

Medikamente direkt an ihren Einsatzort

bringen und beispielsweise an Krebs-

zellen „andocken“, um nur an diesen

Zellen ihre Wirkstoffe freizusetzen, was

Nebenwirkungen bei der Krebstherapie

entscheidend verringern könnte.

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NanoMat Newsletter 01 | 2015 07

FORSCHUNGS- NEWS EXTERN

30.11.2014

Stanford

Warm durch den Winter dank metalli-

scher Nanodrähte INFO

17.12.2014

Oak-Ridge National Laboratory

Schreiben auf der Nanoskala mit ioni-

schen Flüssigkeiten INFO

09.01.2015

MIT

Einzelphotonendetektor auf optischem

Chip INFO

21.01.2015

Leibnitz-Institut

Künstliches Perlmutt: Eine Ziegelmauer

auf der Nanoskala INFO

21.01.2015

Brookhaven National Laboratory

Selbst-assemblierte Nanostrukturen als

Anti-Reflexbeschichtung INFO

29.01.2015

Oxford University

Federfußspinne weist den Weg zur

verbesserten Verarbeitung von

Polymerfasern INFO

29.01.2015

ETH Zürich/Empa/U Bath

Farbig lumineszierende colloidale

Nanokristalle INFO

02.02.2015

MIT

Wie sich Oberflächen in Falten legen

INFO

04.02.2015

Caltech

Kaliumsalz als „grünes“

Katalysatormaterial INFO

Zusammengefasst werden diese Ideen

unter dem Stichwort „NanoBioMedizin“.

Sie setzt eine sehr genaue Kenntnis einer-

seits über pharmazeutische und bioche-

mische Zusammenhänge, andererseits

über die Eigenschaften von Nanopartikeln

und nanostrukturierten Systemen voraus.

Die Zusammenarbeit von Chemikern,

Medizinern, Physikern, Pharmakologen

und Ingenieurwissenschaftlern, die dafür

notwendig ist, wird heute schon bei-

spielsweise an ersten Translationszentren

für Regenerative Medizin erprobt.

Auf europäischer Ebene übernimmt die

„European Technology Platform Nanome-

dicine“ die Rolle einer Informations- und

Diskussionsplattform. Auf nationaler

Ebene fehlen bisher entsprechende

Strukturen, um das vorhandene wissen-

schaftliche und wirtschaftliche Potenzial

umzusetzen und Deutschland in eine

Spitzenposition in dieser Zukunftstechno-

logie zu bringen. Experten aus Industrie

und Forschungseinrichtungen haben im

Rahmen eines temporären ProcessNet-

Arbeitskreises ein Positionspapier entwi-

ckelt, das die Einsatzmöglichkeiten, aber

auch die nötigen Voraussetzungen für

die Entwicklung der NanoBioMedizin von

den Strukturen über Forschungsthemen

bis zur Ausbildung skizziert.

http://www.dechema.de

EVONIK BETEILIGT SICH AN FINNISCHEM UNTERNEH-MEN DER NANOPHOTONIK

• Nanocomp Oy entwickelt und produ-

ziert optische Komponenten basie-

rend auf mikro- und nanooptischen

Strukturen

• Ergänzung für das Geschäft von Evonik

mit Lichtleitfolien

• Innovative Anwendungen wie 3D-

Gestenerkennung, Medizintechnik und

Augmented Reality sollen künftiges

Wachstum treiben

Evonik beteiligt sich an Nanocomp Oy

Ltd. mit Sitz in Lehmo (Finnland) und hat

damit einen Minderheitsanteil an dem

Unternehmen erworben. Die Investition

wurde zusammen mit dem Co-Investor

Finnvera Venture Capital getätigt. Über

das Volumen der Transaktion verein-

barten die Beteiligten Stillschweigen.

Nanocomp ist führend bei Entwicklung

und Erzeugung von mikro- und nanoop-

tischen Strukturen auf Kunststofffolien.

Diese sind notwendig, um optische Syste-

me immer kleiner und zugleich leistungs-

stärker zu machen.

Innovationen von Nanocomp erlauben es,

Eigenschaften von Licht zu nutzen, die

mit herkömmlicher Optik nicht zugäng-

lich sind. Dank dieser Nanophotonik

können Kameras Gesten auch in 3D er-

kennen oder Ärzte bei minimal-invasiven

Eingriffen schärfere Bilder sehen. Displays

lassen sich auch bei schwierigen Lichtver-

hältnissen gut lesen. Außerdem kommen

nanooptische Strukturen in der Augmen-

ted Reality zum Einsatz, etwa in Brillen,

bei denen ein integrierter Minicomputer

zusätzliche Informationen in das Sichtfeld

einblendet.

"Die Aktivitäten von Nanocomp passen

strategisch sehr gut zum Geschäft von

Evonik“, erläutert Dr. Bernhard Mohr,

Leiter Venture Capital bei Evonik. „Durch

die fortschreitende Digitalisierung und

Vernetzung von Mensch und Maschi-

ne gibt es einen klaren Trend hin zur

Miniaturisierung von optischen Bauteilen.

Nanocomp ist mit seinem Know-how ein

Vorreiter auf diesem Gebiet. Für Evonik

öffnet sich so die Tür zu hochattraktiven

Wachstumsmärkten."

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NanoMat Newsletter 01 | 2015 08

FORSCHUNGS- NEWS EXTERN

12.02.2015

MIT

Groß-skalige Herstellung von OLED-

Displays mittels Tintenstrahldruck?

INFO

19.02.2015

MIT

Selbst-heilendes Nanogel als Medika-

menten-Depot INFO

23.02.2015

U Birmingham/U Paderborn

Hologramme aus orientierten Nano-

säulen mit 80% Beugungseffizienz

INFO

25.02.2015

MIT

Komplexe, rekonfigurierbare Emulsio-

nen mit verschiedensten Anwendun-

gen INFO

26.02.2015

MIT/Harvard

Farbige Streifen der Napfschnecke

inspirieren Forscher INFO

12.03.2015

U Pennsylvania

Molybdändisulfid-Plättchen als schmal-

bandige Lichtquelle INFO

23.03.2015

Northwestern University

MRI Kontrastverstärkung mit Gadolini-

um-dekorierten Nanopartikeln INFO

27.03.2015

U Tübingen

Wie Bakterien Eisenminerale als Ener-

giespeicher einsetzen können INFO

30.03.2015

Tsinghua University

Stabile Lithium-Schwefel-Batterien mit

Graphenoxidmembran INFO

Veli-Pekka Leppänen, Geschäftsführer

von Nanocomp, sagt über die Transakti-

on: „Wir freuen uns, Evonik als strategi-

schen Investor gewonnen zu haben. Wir

wollen nun die Produktion erweitern und

neue Märkte erschließen. Das Know-

how, das Evonik als strategischer Investor

einbringt, ermöglicht es uns, Entwicklung

und Vermarktung innovativer Anwendun-

gen voranzutreiben.“

Nanocomp verwendet zur Erzeugung der

mikro- und nanooptischen Strukturen

innovative Lichtleitfolien von Evonik. Das

finnische Unternehmen verfügt über

eine einzigartige Technologie, bei der im

Rolle-zu-Rolle-Verfahren die Strukturen

sehr effizient und präzise auf die Folien

aufgebracht werden. Die Produkte von

Nanocomp kommen bereits in Display-

Beleuchtungen und Lasersensoren zum

MUNICHRE: GRÖSSER, SCHNELLER, HÖHER: NEUE TECHNOLOGIEN ERFORDERN ANDERES RISIKOMANAGEMENT

Hochhäuser von bald 1 km Höhe, Tunnel

von mehr als 50 km Länge, der Transport

von feuergefährlichen Lithium-Akkus

in Flugzeugen: Neue Technologien und

immer komplexere Vernetzungen lassen

kontinuierlich neue Risiken entstehen

oder verändern diese.

Solche neuen Technologien mit neuarti-

gen Risiken bringen Veränderungen für

die Gesellschaft und Unternehmen. Das

Risikomanagement muss sich ständig

den steigenden Anforderungen anpas-

sen. Über diese Veränderungen und

notwendige Maßnahmen diskutierten

auf Einladung der Geneva Association,

des CRO Forums und von Munich Re

Chief Risk Officer und Risikomanager

führender internationaler Versicherer mit

Vertretern von Aufsichtsbehörden und

aus der Wissenschaft. Das Positionspapier

„Pushing the limits – managing risk in a

faster, taller, bigger world” der Emerging-

Risk-Initiative des CRO Forums hat die

wesentlichen Trends, Lösungsvorschläge

und die Rolle der Versicherungswirtschaft

dabei zusammengefasst. (Download:

Pushing the limits – Managing risk in a

faster taller, bigger world)

„Modernes Risikomanagement kann auf

Erfahrungen der Vergangenheit aufbau-

en, muss aber neue Vernetzungen und

Wirkungsketten berücksichtigen, die

in der Vergangenheit so nicht existiert

haben“, sagte Bernhard Kaufmann, Chief

Risk Officer von Munich Re. „Versicherer

haben das Knowhow, Risiken zu analysie-

ren und Schadenszenarien zu quantifizie-

ren. Damit tragen sie auch zur Minderung

von Risiken bei. Versicherungslösungen

unterstützen darüber hinaus die Entwick-

lung neuer Technologien.“ Anlässlich der

Konferenz veröffentlichte das CRO Forum

auch eine Untersuchung über die Berück-

sichtigung von Menschenrechtsaspekten

im Risikomanagement von Versicherern.

Einzelheiten hierzu und die Studie selbst

sind auf dem Corporate-Responsibility-

Portal von Munich Re verfügbar.

http://www.munichre.com

Einsatz. Das Unternehmen erzielt im

Markt für Consumer Electronics derzeit

jährlich Umsätze im mittleren einstelligen

Millionen-Euro-Bereich.

Evonik will im Rahmen seiner Venture

Capital Aktivitäten insgesamt 100 Millio-

nen € in vielversprechende Start-ups mit

innovativen Technologien und in führen-

de, spezialisierte Venture Capital Fonds

investieren. Regionale Schwerpunkte sind

Europa, die USA und Asien. Aktuell hält

Evonik Beteiligungen an vier Start-ups

und drei Fonds. Mehr Informationen

unter http://venturing.evonik.com/.

Finnvera verwaltet einen Technologie-

Fonds mit einem Volumen von 133

Millionen € und ist einer der aktivsten

Investoren Finnlands.

http://corporate.evonik.de

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NanoMat Newsletter 01 | 2015 09

BOSCH: BATTERIEN AUS ELEKTROAUTOS FÜR EIN STABILES STROMNETZ

Wohin mit den weiterhin wertvollen

Batterien am Ende ihres

Lebenszyklus in Elektrofahrzeugen? Ein

Projekt dreier Partner fügt sie in Hamburg

zu einem großen Speicher zusammen,

um das Stromnetz stabil zu halten.

Elektromobilität und Stromspeicher sind

zwei Kernelemente der Energiewende.

Ein Projekt von Bosch, der BMW Group

und Vattenfall treibt beide Technologie-

felder gemeinsam voran: Gebrauchte

Batterien aus Elektrofahrzeugen werden

in Hamburg zu einem großen Stromspei-

cher zusammengeschaltet.

Dessen Energie steht binnen Sekunden

zur Verfügung und kann dabei helfen,

das Stromnetz stabil zu halten.

BMW, Bosch und Vattenfall sind von die-

sem Konzept überzeugt und haben des-

halb die Allianz „Second Life Batteries“

gebildet. BMW liefert dafür Batterien aus

seinen Elektrofahrzeugen ActiveE und i3.

Vattenfall betreibt den großen Speicher

für zehn Jahre auf seinem Gelände. Bosch

integriert die Batterien und übernimmt

die Systemsteuerung. Der Speicher wird

Teil eines bereits existierenden Virtuellen

Kraftwerks von Vattenfall. Darin kön-

nen verschiedene kleine und dezentrale

Stromerzeuger zusammengefasst wer-

den, die nach außen aber als gemeinsa-

mes Kraftwerk vermarktet werden.

Weiterhin wertvoll

Auch am Ende ihres Lebenszyklus im

Elektrofahrzeug haben Lithium-Ionen-Ak-

kus noch immer eine hohe Speicherkapa-

zität. Damit sind sie weiter sehr wertvoll

und lassen sich als stationäre Pufferspei-

cher noch über viele Jahre äußerst effizi-

ent nutzen. Die drei Partner sammeln in

dem Projekt zahlreiche neue Erkenntnisse

über mögliche Einsatzgebiete für solche

Batterien, zu deren Alterungsverhalten

und ihrer Speicherkapazität. Der Steue-

rungsalgorithmus von Bosch soll unter

anderem für maximale Lebensdauer und

Leistung sorgen.

Erfahrungen damit gibt es bereits: In

Braderup nahe Sylt hat das Unternehmen

bereits einen der größten Stromspeicher

Europas gebaut, um bei Bedarf die Ener-

gie eines Windparks zwischenspeichern

zu können. Dafür wurden tausende klei-

ne Lithium-Ionen-Akkus zu einem großen

Verbund kombiniert. In Kelsterbach bei

Frankfurt hat Bosch nach ähnlichem Mus-

ter einen Lithium-Ionen-Speicher für eine

Wohnsiedlung installiert. Dieses Wissen

kommt auch bei „Second Life Batteries“

zum Einsatz.

„Das Projekt ist wichtig, weil es zwei

strategisch bedeutende Ziele verbindet“,

sagt Bosch-Chef Dr. Volkmar Denner, der

auf die Zukunft des elektrischen Antriebs

setzt. „Wir sehen in der Elektromobilität

einen künftigen Massenmarkt, mit dem

viele neue Geschäftsmodelle und Lösun-

gen einhergehen“, ergänzt der Physiker.

„Dazu gehören stationäre Stromspeicher,

in denen sich gebrauchte Batterien sehr

gut weiterverwenden lassen. Mit solchen

dezentralen Speichern

leisten wir einen

wichtigen Beitrag zur

sicheren Stromversor-

gung.“

Kernelement der

Energiewende

Stromspeicher gelten

als Kernelement der

Energiewende. Sie

können Solarstrom

am Tag aufnehmen

und nachts abgeben

– oder Windstrom

für die Flaute sichern.

So helfen sie dabei,

das oft schwankende

Angebot der erneu-

erbaren Energien

besser ins Stromnetz

zu integrieren. Auch

die Elektromobilität

kann davon profitieren, etwa wenn die

Fahrzeuge nachts mit Solarstrom geladen

werden. Zudem kann ein Speicher seine

Energie schnell abgeben, um damit

Stromnetze zu stabilisieren – etwa als Teil

eines sogenannten Virtuellen Kraftwerks.

Zwei Megawatt Leistung

Zurzeit wird in Hamburg ein Speicher mit

einer Leistung von zwei Megawatt (MW)

und einer installierten Kapazität von

zwei Megawattstunden (MWh) geplant

und gebaut. Die Energie soll im Rege-

lenergiemarkt eingesetzt werden und

kurzfristige Schwankungen im Stromnetz

ausgleichen. Dafür werden mehr als 100

Fahrzeug-Batterien zusammengeschaltet.

Der ganze Aufbau findet in einem eige-

nen kleinen Gebäude Platz. Rechnerisch

ist die Leistung groß genug, um 30 Vier-

Personen-Haushalte für sieben Tage mit

Strom zu versorgen. Die Partner gehen

davon aus, dass der Speicher bis Ende

2015 in Betrieb gehen wird.

http://www.bosch-presse.de

"Second Life für gebrauchte Elektrofahrzeug-Batterien - AmEnde des Lebenszyklus eines Elektroautos ist der Akkuweiterhin wertvoll. Mehrere solcher Akkus lassen sichzusammenschalten, um daraus einen Stromspeicher zu bauen.Dieser kann unter anderem dazu beitragen, das Stromnetz zustabilisieren."

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STO AG: „INTELLIGENTE“ PHOTOVOLTAIK LIEFERT DAS PLUS AN ENERGIE

Plusenergiehaus von Vivawest: Photovol-

taik an Dach und Fassade

Mit der energetischen Sanierung eines

Bottroper Mehrfamilienhauses startete

das Wohnungsunternehmen Vivawest ein

deutschlandweit einzigartiges Pilotpro-

jekt: Die Immobilie wurde mit modernen

Baustoffen und innovativer Technik zum

„Plusenergiehaus“ aufgewertet. Jetzt

erzeugt sie mehr Energie als ihre Bewoh-

ner verbrauchen. Für den größtmöglichen

Stromertrag wurden sowohl das Dach als

auch die Südfassade mit Photovoltaik-

Modulen „veredelt“.

Das Mehrfamilienhaus am Ostring 124

in Bottrop war ein typischer Bau der

1960er-Jahre. Nach der energetischen

Sanierung zeigt es nun, 54 Jahre später,

innerlich wie äußerlich neuen Glanz. Es

ist das erste Plusenergiehaus seiner Art

in Deutschland und erzeugt jetzt mehr

Energie als seine Bewohner verbrauchen.

„Primärenergiebedarf“ auf ein

Minimum reduziert

Um den Wärmebedarf so gering wie

möglich zu halten, ist das Gebäude vom

Keller bis zum Dach gedämmt. Dadurch

sinkt der Jahresprimärenergiebedarf auf

41 kWh/m2a. Dafür genügt eine durch

Erdwärme betriebene Wärmepumpe. Ihre

Kollektoren sind mit einer Sole gefüllt, die

bei niedrigem Druck Wärme aufnimmt

und diese bei höheren Temperaturen (und

höherem Druck) wieder abgibt. Die Anla-

ge versorgt so die Warmwasserbereitung

und eine Fußbodenheizung. Die großflä-

chige Wärmeverteilung von unten sorgt

bei den Bewohnern immer für warme

Füße und somit für mehr Behaglichkeit.

Es kommt uns wärmer vor, als es tatsäch-

lich ist. Das ermöglicht eine niedrigere

Raumtemperatur (und damit geringere

Heizkosten) als bei konventionellen Heiz-

verfahren mit Heizkörpern. Die integrierte

Lüftung reduziert über Wärmerückgewin-

nung außerdem Lüftungswärmeverluste

und sorgt zugleich für ein angenehmes

Raumklima.

Strom von Dach und Fassade

Dank Photovoltaikanlagen an der Fassade

und auf dem Dach verfügt das Plusener-

giehaus in Bottrop über ein eigenes

„Kraftwerk“ auf mehr als 205 Quadrat-

metern Fläche. Das vorgehängte Fassa-

densystem von Sto ist an der Südseite der

Immobilie installiert. Die mehr als achtzig

1,2 mal 0,6 Meter großen Photovoltaik-

Panels wurden in die Unterkonstruktion

der Giebelfassade eingehängt und liefern

mit weiteren zehn Solarelementen in

Sonderformaten jährlich zirka 4.000 kWh

Strom. Alle Paneele bestehen

aus einem sehr leichten Solar-

modul, das mit einer Dünn-

schichttechnologie hergestellt

und auf der „StoVentec“-

Trägerplatte aufgeklebt wird.

Außerdem integriert der

Systemaufbau eine effiziente

Wärmedämmschicht. Die Fas-

sade ist also multifunktional:

Sie dämmt, prägt das Gebäude

architektonisch und liefert

Strom.

Die Dachflächen des Sattelda-

ches sind mit dem „Architek-

ten-Dachstein“ Planum der Dachziegel-

werke Nelskamp eingedeckt. Auf seiner

porenarmen Oberfläche „Longlife matt“

finden Flechten, Moos oder Algen kaum

Halt – das Dach bleibt also lange sauber

„wie frisch gedeckt“.

Pro Dachseite sind je 45 monokristalli-

ne Hochleistungs-Photovoltaikmodule

(„1Power“-Anlage mit 270 Wp Leistung

von Nelskamp) angebracht. Die Solar-

elemente erzeugen eine Leistung von

insgesamt 24,30 kWp und erbringen

durchschnittlich einen jährlichen Stromer-

trag von 18.200 kWh.

Insgesamt kommt das Gebäude dadurch

auf einen Stromertrag von etwa 22.200

kWh/a. Rund 2.600 kWh/a hiervon sind

Überschuss, da der Endenergieverbrauch

nur etwa 19.600 kWh/a beträgt.

Smartes Heim

Neben energieeffizienten Großelektro-

geräten kommt in allen Wohnungen

die neueste Hausautomatisierungs-

technik zum Einsatz. Die sogenannte

„SmartHome-Technologie“ ermöglicht

eine zeitgemäße Steuerung nahezu

aller technischen Komponenten von

Elektrogeräten über Heizung bis hin zur

Beleuchtung. Eine zentrale Steuereinheit

verbindet alle Geräte über ein eigenes

Funknetzwerk, sie sind dadurch zentral

anwählbar. Mit der passenden Software

lassen sich die Geräte auch über das

Smartphone oder Tablet-PCs individu-

ell bedienen. So gehört ungewollter

Stromverbrauch, zum Beispiel durch den

Stand-by-Betrieb ungenutzter Geräte,

der Vergangenheit an. Die eingesetzte

SmartHome-Technologie ist modular

einsetzbar und kann dadurch an die

individuellen Bedürfnisse der Bewohner

angepasst werden.

http://www.sto.de

Fotos: Vivawest

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KIT: SILIZIUMKARBID STEIGERT ENERGIEEFFIZIENZ

KIT-Forscher untersuchen Einsatz von

neuartigen Leistungshalbleiterschaltern in

der Industrie – Bundesforschungsminis-

terium fördert Verbundprojekt mit rund

800.000 Euro

Den Wirkungsgrad der Stromversorgung

in industriellen Prozessen zu erhöhen

und dadurch Energie und CO2 einzuspa-

ren, ist Ziel des neuen Verbundprojekts

„MMPSiC“: Forscher am Lichttechnischen

Institut (LTI) des Karlsruher Instituts für

Technologie (KIT) untersuchen gemein-

sam mit den Industriepartnern TRUMPF

Hüttinger und IXYS Semiconductor den

Einsatz von Leistungshalbleiterschaltern

aus Siliziumkarbid. Das Bundesfor-

schungsministerium fördert das Projekt

mit rund 800.000 Euro.

Von der Halbleiterfertigung über die

Beschichtung von Displays bis hin zu

Prozessen im Automobilbau: Viele

industrielle Verfahren verbrauchen große

Mengen elektrischer Energie. Darunter

sind auch Technologien, die eine wich-

tige Rolle für die Energiewende spielen,

wie das Zonenschmelzverfahren (Float

Zone Verfahren) zum Herstellen von

hochreinen kristallinen Werkstoffen: Die

Substanz wird in einer schmalen Zone

elektrisch geschmolzen; die Schmelzzone

wird nach und nach weitergeführt. Hinter

der Schmelzzone kristallisiert die Subs-

tanz reiner als zuvor. Das Zonenschmelz-

verfahren liefert unter anderem hochreine

Silizium-Einkristalle für die Herstellung

von Solarzellen.

Zur Stromversorgung von Zonenschmelz-

anlagen werden bis jetzt auf Röhrentech-

nologie basierende Systeme eingesetzt,

die einen elektrischen Wirkungsgrad von

maximal 65 Prozent aufweisen. Durch

eine Umstellung auf Leistungshalbleiter

aus Siliziumkarbid ließe sich der Wir-

kungsgrad der Prozessstromversorgun-

gen auf über 80 Prozent steigern. Dies

würde große Mengen an elektrischer

Energie einsparen und Treibhausgas-

emissionen reduzieren. Zum Beispiel

würde sich für eine einzige Float Zone

Großanlage, bestehend aus 20 x 150

kW-Prozessstromversorgungen, bei einer

jährlichen Laufzeit von 4.800 Stunden

eine Einsparung von mehr als 200.000

kWh elektrischer Energie und damit 109

Tonnen CO2 (Umweltbundesamt, Stand

Juli 2013) ergeben.

Die Realisierbarkeit solcher Prozessstrom-

versorgungen untersuchen Forscher am

Lichttechnischen Institut (LTI) des KIT

gemeinsam mit den Partnern TRUMPF

Hüttinger GmbH + Co. KG (Freiburg)

und IXYS Semiconductor GmbH (Lam-

pertheim) im Verbundprojekt „Modulare

Mittelfrequenz-Prozessstromversorgung

mit Siliziumkarbid-Leistungshalbleiter-

schaltern“ (MMPSiC). Als Halbleiterma-

terial bietet Siliziumkarbid verschiedene

Vorteile: Dank der größeren elektroni-

schen Bandlücke ermöglicht es deutlich

höhere Betriebstemperaturen als konven-

tionelle Halbleiter. Leistungselektronik mit

Siliziumkarbid zeichnet sich besonders

durch höhere Energieeffizienz und Kom-

paktheit aus.

„Bei der Stromversorgung von ener-

gieintensiven industriellen Anwendungen

wie dem Zonenschmelzverfahren ist es

erforderlich, mit hohen Frequenzen zu

schalten“, erklärt der Leiter des Projekts,

Dr. Rainer Kling vom LTI des KIT. „Silizi-

umkarbid ist für diese hohen Frequen-

zen noch nicht erprobt; wir betreten

damit Neuland.“ Neben der Prüfung der

Langzeitbeständigkeit gehören auch die

Ansteuerung und das Layout der Schal-

tung zu den Aufgaben der KIT-Forscher

im Verbundprojekt MMPSiC.

Das Bundesministerium für Bildung

und Forschung (BMBF) unterstützt das

Projekt MMPSiC auf der Grundlage des

Programms „Informations- und Kom-

munikationstechnologie 2020“ (IKT

2020) im Rahmen der Fördermaßnahme

„Leistungselektronik zur Energieeffizienz-

steigerung“ (LES 2) mit rund

800.000 Euro. Davon erhält das LTI

des KIT rund 439.000 Euro. Insgesamt

beträgt das Projektvolumen 1,3 Millionen

Euro. Das Verbundprojekt startete 2014

und ist auf drei Jahre angelegt.

http://www.kit.edu

Abbildung der Abschmelzstelle eines Silizium-Einkristall-stabs, der mit dem Zonenschmelzverfahren hergestellt wurde. (Abbildung: TRUMPF Hüttinger)

TU DARMSTADT: GRÜNE CHEMIE TRIFFT NANO

Neues Verfahren zur Herstellung von

Nanoröhren aus Gold

Eine Doktorandin in den Materialwissen-

schaften stellt multifunktional einsetzbare

Nanoröhren aus Gold her – mit Hilfe

von Vitamin C und anderen harmlosen

Substanzen.

Kaffee, Apfelsaft und Vitamin C: Was

andere Leute täglich zu sich nehmen, ist

für die Chemikerin Eva-Maria Felix Experi-

mentiermaterial.

Die Doktorandin in der Arbeitsgrup-

pe von Professor Wolfgang Ensinger,

Fachgebiet Materialanalytik, beschäftigt

sich mit der Herstellung von Nanoröhren

aus Gold. Sie scheidet das Edelmetall

aus einer wässrigen Lösung auf einer

vorbehandelten Folie mit vielen winzigen

Kanälen ab.

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NanoMat Newsletter 01 | 2015 12

peratur und ohne äußere Stromzufuhr

abläuft und so Energie spart. Im Gegen-

satz zu anderen Methoden sind zudem

keine teuren Geräte erforderlich. Die Folie

mit den Nanokanälen wird lediglich in

das Abscheidungsbad gelegt.

„Eigentlich unglaublich, dass man mit

wässrigen Lösungen und einfachen

Grundchemikalien so präzise Nanostruk-

turen produzieren kann“, findet Post-

doktorand Münch. „Green meets Nano“

lautet der Leitspruch der TU-Forscher. Das

einzige noch nicht grüne an dem Verfah-

ren sei die als Vorlage verwendeten Folie,

bemerkt Ensinger. Tests mit biobasierten

Kunststoffen stehen zwar schon auf der

Agenda, aber noch bestehen die Folien

aus Polycarbonat, aus dem auch CDs

gefertigt werden, oder aus Polyethylente-

rephthalat, kurz PET, bestens bekannt von

Plastikflaschen für Getränke.

Um die formgebenden Mini-Kunststoff-

kanäle zu erzeugen, wird eine runde

Folie mit einem Durchmesser von fünf

Zentimetern senkrecht mit einem Ionen-

strahl beschossen. Jedes Ion hinterlässt

in der Folie eine geradlinige Spur, die

anschließend zu einem feinen Loch,

mikroskopisch betrachtet zu einem Kanal,

aufgeätzt wird. Dessen Durchmesser lässt

sich exakt einstellen – bis auf deutlich

unter 100 Nanometer.

Die Goldnanoröhren sind daher einige

hundert mal feiner als ein menschliches

Haar. Ihre Wandstärke hängt sowohl von

der Dauer der Abscheidung als auch von

der Goldkonzentration der Ausgangslö-

sung ab. Nach Auflösung der Folie erhält

man – je nach Versuchsbedingung – eine

Ansammlung einzelner Nanoröhren oder

ein Array aus hunderttausenden mitein-

ander verbundenen Röhren.

http://www.tu-darmstadt.de

Erfolgreich im Experimentieren: Professor Wolfgang Ensinger, Doktorandin Eva-Maria Felix, Dr. Falk Münch (v.li.). Bild: Sandra Junker

Elektrochemische Messzelle für Anwendungsversuche der Nanoröhren in der Sensorik. Bild: Sandra Junker

Die Kanäle geben die Form der Nano-

röhren vor; die Folie wird anschließend

aufgelöst. Die Technik an sich ist nicht

neu, doch Felix hat sie modifiziert:

„Die dafür üblicherweise verwendeten

Chemikalien waren mir einfach zu giftig.“

Auf Cyanid und Formaldehyd, auf Arsen-

und Schwermetallsalze wollte sie lieber

verzichten. Ein Fachartikel von Forschern,

denen die Silberabscheidung mit Kaffee

gelungen war, spornte sie an.

Mit Kaffee führte auch Felix ihre ersten

Versuche durch. Doch mit dem dunklen

Gebräu im Laborgefäß konnte sie die

Reaktion nicht beobachten. Als nächstes

testete sie Apfelsaft, dann Vitamin C. Das

erschien ihr am besten geeignet, denn

„bei Kaffee und Apfelsaft weiß man

nie genau, was drin ist“. Vitamin C, im

Fachjargon Ascorbinsäure, hingegen gibt

es in reiner Form im Chemikalienhandel

– die Voraussetzung für reproduzierbare

Studien. Doch was hat das Vitamin mit

der Abscheidung von Gold zu tun? Im

Körper macht Vitamin C freie Radikale

unschädlich, indem es Elektronen auf sie

überträgt.

„Nach demselben Prinzip funktioniert

auch die Goldabscheidung. Nur dass sich

das Vitamin hier keine Radikale schnappt,

sondern Goldionen“, erklärt Falk Münch,

Postdoktorand und Betreuer der Disser-

tation von Felix. Die im Abscheidungsbad

gelösten Goldionen wandeln sich durch

die Elektronenaufnahme in metallisches

Gold um.

„Das ist wirklich grüne Chemie“

Für den Prozess sind noch weitere

Chemikalien erforderlich. Alle sind jetzt

so harmlos, dass Doktorvater Ensinger

sagt: „Ich würde die Lösung des Abschei-

dungsbades trinken. Das ist wirklich grü-

ne Chemie.“ Grün ist das Verfahren aber

nicht nur wegen der ungiftigen Substan-

zen, sondern auch weil es bei Raumtem-

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NanoMat Newsletter 01 | 2015 13

UNI DUISBURG-ESSEN: ERSTMALS BEOBACHTET: REAKTIVES MOLEKÜL

Zum ersten Mal ist es Forschern gelun-

gen, ein für die Verbrennung zentrales

Molekül aufzuspüren und dessen Reak-

tivität gegenüber Sauerstoff zu messen.

Dank dieser bahnbrechenden Leistung,

an der Dr. Oliver Welz von der Universität

Duisburg-Essen (UDE) beteiligt ist, kön-

nen nun Verbrennungsprozesse besser

vorhergesagt werden. Die Entdeckung

ermöglicht u.a. sauberere und effizientere

Kraftfahrzeuge. Die Ergebnisse wurden

kürzlich in der renommierten Fachzeit-

schrift „Science“ veröffentlicht.

Entdeckt und erstmals nachgewiesen

haben die Forscher Hydroperoxyalkyl-

Radikale, die außerordentlich schwer zu

beobachten sind. Radikale sind für eine

Verbrennung unverzichtbar: Sie initiieren

sie und halten sie aufrecht. Andererseits

laufen bei einer Verbrennung zigtausend

chemische Reaktionen nahezu gleich-

zeitig ab. In diesem Umfeld Radikale

zu identifizieren ist auch deshalb sehr

schwer, weil sie sehr schnell reagieren

und dabei neue chemische Bindungen

eingehen. Dennoch sind viele Aspekte

der Verbrennung bereits gut untersucht.

Offene Fragestellungen betreffen vor

allem die Zündung und die chemischen

Reaktionen, die darüber entscheiden, ob

und wie schnell sich ein Brennstoff-Luft-

Gemisch entzündet.

Oliver Welz: „Dank der Vorarbeiten

wussten wir bereits, dass Hydroperoxy-

alkyl-Radikale zentral sind im komplexen

Netzwerk der Zündreaktionen. Das zeigte

sich nämlich schon in den Reaktionspro-

dukten der Zündchemie.“ Zusammen mit

Kollegen an den Sandia National Labora-

tories in Livermore (USA) gelang ihm nun

erstmals die Entdeckung eines solchen

Radikals. „Wir probierten verschiedene

Ideen aus, hatten aber zunächst keinen

Erfolg“, so Oliver Welz. „Diese Spezies

ist wirklich extrem reaktiv und kurzlebig.

Entscheidend ist die Wahl des geeigneten

Brennstoffmoleküls.“ Die richtige Idee

hatte der Sandia-Kollege Dr. John Savee.

Er schlug vor, 1,3-Cycloheptadien zu

verwenden, ein Ringmolekül mit sieben

Kohlenstoffatomen.

Für die Überprüfung nutzte das Forscher-

team ein Multiplex-Photoionisierungs-

Massenspektrometer (MPIMS). Der

direkte Nachweis des spektralen Finger-

abdrucks gelang dann am Advanced

Light Source-Synchrotron in Berkeley,

USA, dank der intensiven durchstimm-

baren Synchrotronstrahlung. Gestützt

wurde diese Beobachtung durch quan-

tenmechanische Rechnungen. Welz: „In-

teressant ist, dass das jetzt aufgespürte

Radikal eine ungewöhnlich lange Lebens-

dauer hat und deutlich langsamer mit

Sauerstoff reagiert als ursprünglich an-

genommen. Nun muss herausgefunden

werden, wie sich dies auf die technische

Weiterentwicklung von Verbrennungspro-

zessen auswirkt.“

Oliver Welz ist begeistert, denn seinem

Forscherteam war bereits 2012 und 2013

der direkte Nachweis von Criegee-Inter-

mediaten gelungen, einer anderen Klasse

an reaktiven Molekülen: „Teil dieser For-

schergruppe zu sein, dem der Nachweis

von gleich zwei Schlüsselintermediaten

gelingt, ist für mich unbeschreiblich.“

https://www.uni-due.de

UNI DUISBURG-ESSEN: ZUSÄTZE ENTSCHEIDEND

Das Smartphone als Gesundheitsmonitor,

3D-Druck für Jedermann oder energie-

effizientere Autos: Photonische Produk-

tionsabläufe werden immer wichtiger.

Umso erstaunlicher, dass sich viele der

verwendeten Materialien kaum für die

Laseranwendung eignen oder dafür

optimiert sind. Wie Materialien für die

photonische Prozessierbarkeit besser ad-

aptiert werden können, zeigt eine Studie

unter der Leitung von Dr. Bilal Gökce von

der Universität Duisburg-Essen (UDE). Der

viel versprechende Lösungsansatz wurde

jetzt in der führenden Fachzeitschrift für

Optische Technologien abgedruckt.

Das Herstellen individueller und kom-

plexer Produkte, nur einen Knopfdruck

entfernt – möglich ist dies durch die

geschickte Verkettung photonischer

Fertigungsprozesse. Hier sind Design,

Konstruktion, Materialauswahl und

Produktionsabläufe als ein ganzheitli-

ches System auf die optische Fertigung

ausgerichtet. Damit soll der zunehmen-

den Bauteilkomplexität durch individuelle

Produkte zu marktfähig hergestellten

Preisen begegnet werden. Gökce: „Meist

bleibt es jedoch beim Wunschdenken,

denn das enorme Potenzial photonischer

Fertigungsverfahren wurde bisher nicht

ausgeschöpft.“

Der Grund: viele verfügbare Materialien

sind noch unzulänglich für die heutzuta-

ge geforderten Bearbeitungsaufgaben.

Eine bundesweite Wissenschaftlergruppe

zeigt nun auf, wie Materialien an die zu-

nehmend verbreiteten photonischen Pro-

duktionsprozesse und spezifischen Wech-

selwirkungen angepasst werden können.

Lasergestützte Verfahren gehören zu den

wichtigsten Produktionsverfahren der

Zukunft, sowohl wegen ihres Durchsatzes

als auch wegen ihrer Präzision. „Vor-

aussetzung ist, dass Metalle, Polymere

und deren Kompositmaterialien gezielt

verändert werden. Zumindest kann es sie

wesentlich verbessern“, davon ist Prof.

Dr.-Ing. Stephan Barcikowski vom Center

for Nanointegration Duisburg-Essen

(CENIDE) überzeugt. Einen Lösungsansatz

sieht Dr. Gökce in der generativen Ferti-

gung: Hierbei werden meistens pulver-

förmige oder seltener auch drahtförmige

Zusatzwerkstoffe verwendet. Betrachtet

man alle relevanten Prozessparameter

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NanoMat Newsletter 01 | 2015 14

Materialien. Attraktiv ist der Ansatz auch

deshalb, weil eine hohe Bandbreite kom-

merzieller Rohpulver verwendet werden

kann.“

Auch verzweigte Makromoleküle schei-

nen für photonische Prozesse attraktiv:

Neue Werkstoffe mit geeigneten Funkti-

onseigenschaften wie optische Lichtleiter,

leitfähige Materialien oder Biohybrid-

materialien können in mikroskaligen

Bauteilen die Bandbreite der Anwendung

erweitern. Für das selektive Laserschmel-

zen von funktionalen Polymer-Nanokom-

positen bieten Nano-Füllstoffe dabei die

Möglichkeit, die Bauteileigenschaften

und die thermische Stabilität der polyme-

ren Ausgangstoffe zu verbessern. Zudem

können Funktionen wie Leitfähigkeit, ma-

gnetische oder auch bestimmte optische

Eigenschaften in das polymere Material

eingebracht werden.

Ein hohes Potenzial bietet auch hier

bietet die Nutzung von verzweigten Poly-

merarchitekturen als Additive und Blend-

komponenten zur Fließverbesserung,

thermischen Stabilisierung und verbes-

serten Wechselwirkung mit nanoskaligen

Füllstoffen. Neuartige Materialien führen

deshalb zu besonderen Funktionalitäten

des Endprodukts in laserbasierten Produk-

tionsverfahren. Die vollständig beschrie-

benen Lösungsansätze mit Beiträgen

aus den Universitäten Aachen, Bremen,

Bochum, Dresden und Hannover sind

nachzulesen in: Photonik – Fachzeitschrift

für Optische Technologien, 1.2015, 47,

24–28 (2015). Photonik ist die auflagen-

stärkste deutschsprachige Fachzeitschrift

für Optische Technologien.

https://www.uni-due.de

eines generativen Fertigungsprozesses,

so ist der Zusatzwerkstoff der wichtigste

Prozessparameter. Der Anwender kann

ihn nur im Rahmen der marktverfügba-

ren Lösungen beeinflussen. Er ist jedoch

ausschlaggebend für die Eigenschaften

und Qualität des generativ gefertigten

Bauteils.

Ein eher einfacher aber wirksamer Ansatz

zur Anpassung von verschiedenen Materi-

alklassen an die photonische Bearbeitung

ist das Additivieren mit Nanopartikeln.

Für pulverförmige Ausgangsmaterialien

kann dies durch Mischen von Mikropul-

vern mit flüssigen Nanopartikel-Suspen-

sionen erreicht werden. Beispiele zeigen,

dass Metalle, Keramiken und Polymere

für zugesetzte Nanopartikel zugänglich

sind. Gökce: „Hier ist ein großes Potential

für die verbesserte Prozessierbarkeit von

Mirijam Zobel und Prof. Dr. Reinhard Neder während des Experiments an der European Synchroton Research Facility in Grenoble. (Bild: FAU), 16. Januar 2015

FAU: WIE NANOPARTIKEL INTERNE STRUKTUR VON FLÜSSIGKEITEN UMORDNEN

FAU-Wissenschaftler weisen nach, wie

sich Flüssigkeiten an der Oberfläche eines

Nanopartikels verändern

Fast unbemerkt sind sie Teil unseres

täglichen Lebens geworden: Nanopartikel

führen in Kosmetika, Nahrungsmitteln

und Medikamenten, aber auch in Kata-

lysatoren zu besonderen Eigenschaften

der Produkte. In den meisten Anwen-

dungsgebieten werden die Nanopartikel

in Flüssigkeiten aufgelöst, denn viele ihrer

Eigenschaften entstehen an den Grenz-

flächen. Bisher konnten Wissenschaftler

jedoch nur theoretisch modellieren, ob

und wie sich die interne Struktur einer

Flüssigkeit an der Oberfläche eines Nano-

partikels verändert. Physikern der FAU ist

nun erstmals der experimentelle Nach-

weis gelungen. Ihre Ergebnisse haben

sie jetzt in dem renommierten Wissen-

schaftsjournal Science* veröffentlicht.

Flüssigkeiten wie Wasser oder Alkohole

besitzen eine interne Struktur: Sauerstoff-

elemente wechselwirken mit Wasserstoff-

atomen, wodurch sich Strukturen wie

beispielsweise Ringmotive oder Ketten

innerhalb der Flüssigkeit bilden. Diese

Struktur bricht in der Nähe von glatten

Oberflächen – wie beispielsweise Gefäß-

wänden – auf. Für Nanopartikel sagten

Wissenschaftler eine ähnliche Verhal-

tensweise voraus, es fehlte bisher jedoch

der experimentelle Nachweis. Den haben

nun die FAU-Wissenschaftler Prof. Dr.

Reinhard Neder und Mirijam Zobel von

der Professur für Allgemeine Mineralogie/

Kristallographie geliefert.

Für den Nachweis benutzen die FAU-Wis-

senschaftler die Pair Distribution Function

(PDF; deutsch: Paarverteilungsfunktion).

Da weltweit nur wenige Geräte die prä-

zisen PDF-Messungen erlauben, reisten

die FAU-Wissenschaftler zur European

Synchroton Radiation Facility ins fran-

zösische Grenoble. Dort bestrahlten die

Wissenschaftler die Proben – eine Vielzahl

selbst hergestellter und käuflich erwor-

bener Nanopartikel wie beispielsweise

Zinkoxid oder Silber aufgelöst in verschie-

denen Lösungsmitteln – mit hochener-

getischen Röntgenstrahlen. Die Strahlen

erzeugten ein Röntgenbild sobald sie

auf die Elektronen des Nanopartikels

und des Lösungsmittels treffen. Mithil-

fe dieser Aufnahme berechneten die

Wissenschaftler, wie weit die einzelnen

Atome voneinander entfernt sind – und

wiesen so nach, dass sich die Moleküle

an der Grenzfläche von Nanopartikel und

Flüssigkeit neu ordnen. Diese Umordnung

ist direkt an der Grenzfläche am stärksten

und erstreckt sich über etwa fünf Mole-

külschichten, bis weiter von der Grenz-

fläche entfernt wieder die Eigenschaften

der reinen Flüssigkeiten angenommen

werden. „Wir erwarten, dass unsere

allgemeingültigen Ergebnisse die Model-

lierung von chemischen Reaktionen an

Oberflächen maßgeblich beeinflussen“,

erklärt Mirijam Zobel.

https://www.fau.de

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UNI STUTTGART: SCHADSTOFFE AUS PHOTO- VOLTAIK-MODULEN

Solarenergie aus Photovoltaikanlagen gilt

eigentlich als umweltfreundlich. Doch die

meisten Photovoltaik-Module enthalten

Schadstoffe, darunter Cadmium und Blei.

Diese können bei der Entsorgung in den

Boden oder das Grundwasser gelangen.

Wissenschaftler der Universität Stuttgart

untersuchen nun, auf welchen Wegen

die Gifte austreten und wie dies verhin-

dert werden kann.

Als grünes Nischenprodukt gestartet, ist

die Photovoltaik mittlerweile zu einem

Weltmarkt gewachsen. Weltweit sind

mehr als 17 Millionen Tonnen an Mo-

dulen mit einer Leistung von etwa 140

Gigawatt installiert. Die Nutzungsdauer

heutiger Photovoltaik-Module wird auf

20 bis 25 Jahre geschätzt. Das klingt zwar

lang, aber dennoch ist diese Zeitspanne

begrenzt. Es stellt sich also die Frage, was

mit den Modulen nach ihrer Nutzung

passiert. Leider enthalten die meisten

Module Schadstoffe – ohne,

dass dafür eine technische

Notwendigkeit besteht.

So werden in allen Modul-

technologien Lötbändchen

verwendet, die im Lötzinn das

Schwermetall Blei enthalten.

Den Großteil an Lötbändchen

verbrauchen die Module aus

kristallinem Silizium durch die

Zell-zu-Zell-Verbindungen. Auch

in der Dünnschicht-Technologie

kommen die Lötbändchen zum

Einsatz, um die Modulbox mit

den Zellen zu verbinden. Welt-

weit verkaufen nur ganz wenige Firmen

bleifreie Photovoltaikmodule.

Neben Blei kommen noch andere Schad-

stoffe vor, darunter Cadmiumsulfid, das

in der Dünnschicht-Technologie mit Zellen

aus Kupferindiumgallium-Diselenid oft

als Pufferschicht zum Einsatz kommt. Bei

Cadmiumtellurid-Modulen besteht sogar

das aktive Zellmaterial selbst aus Schad-

stoffen. Nur Module aus amorphem Silizi-

um sind schadstofffrei, solange sie keine

bleihaltigen Lötbändchen verwenden. Im

Gegensatz zu sonstigen elektrischen oder

elektronischen Produkten sind Cadmium

und Blei ausgerechnet in Photovoltaikmo-

dulen bisher innerhalb der Europäischen

Union nicht verboten.

Vor diesem Hintergrund werden Wissen-

schaftlerinnen und Wissenschaftler der

Institute für Photovoltaik (ipv) und für

Siedlungswasserbau, Wassergüte- und

Abfallwirtschaft (ISWA) der Universität

Stuttgart gemeinsam untersuchen, auf

welchen Wegen die Schadstoffe aus

den Modulen austreten können und

Schwachstellen identifizieren Ihr Ziel ist

es, die Mechanismen der Schadstofffrei-

setzung so gut zu verstehen, dass das

Austreten in Zukunft verhindert oder

verlangsamt werden kann – zumin-

dest, so lange Blei und Cadmium auch

weiterhin eingesetzt werden. Das Projekt

mit dem Namen „Schadstofffreisetzung

aus Photovoltaik-Modulen, kurz PV

Schadstoffe) wird vom Bundesministeri-

um für Wirtschaft und Energie mit rund

800.000Euro gefördert.

Bereits in einer vorausgegangenen

Worst-Case-Studie für das Ministerium

für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft

Baden-Württemberg haben die beiden

Institute gemeinsam gezeigt, dass die

Schadstoffe austreten können, wenn

die Module nicht mehr intakt sind und

über die Defekte wässrige Lösungen in

das Modul eindringen. Um das Auslau-

gen zu quantifizieren, untersuchen die

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaft-

ler Modulstücke in wässrigen Lösungen

mit unterschiedlichen pH-Werten, die

unterschiedliche Umweltbedingungen

simulieren.

http://www.uni-stuttgart.de

Kante eines Photovoltaik-Moduls aus kristallinen Silizium-Solarzellen. Die Lötbändchen, mit denen die Zellen untereinander verschaltet sind, enthal-ten Blei. Foto: Universität Stuttgart

UNI ULM: ERSTER CHEMIEBAUKASTEN DER UNI ULM ZUR NANOTECHNOLOGIE AUF DEM MARKT

Sie stecken in Zahncreme, Solarzellen

und sorgen für den berühmten „Lotus-

effekt“. Nanopartikel sind für unsere

Augen unsichtbare Alleskönner, die bei

Verbrauchern aber auch Ängste wecken.

Auf eine völlig ungefährliche Reise in die

Nanowelt können sich Schülerinnen und

Schüler mit dem Chemiekoffer der Uni

Ulm begeben. Über mehrere Jahre haben

Chemiker um Professor Ulrich Ziener und

Lehramtsstudierende den „Baukasten“

in enger Zusammenarbeit mit Schulen

zusammengestellt. „Die Wahl fiel auf

Nanotechnologie, weil sich viele Schüler

für dieses Thema interessieren, es aber

nicht auf dem Lehrplan steht“, erklärt

Ulrich Ziener, der am Institut für Organi-

sche Chemie III zu den winzigen Teilchen

forscht.

Mit dem Kofferinhalt lassen sich alle

Experimente aus dem mitgelieferten

Handbuch in einem üblichen Chemie-

raum durchführen. Zielgruppe sind

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NanoMat Newsletter 01 | 2015 16

Prof. Ulrich Ziener (links) mit dem Nanotechnologie-Koffer

Kinder und Jugendliche an weiterführen-

den Schulen von der fünften Klasse bis

zum Abschluss, weshalb sich die Versu-

che im Schwierigkeitsgrad stark unter-

scheiden. Die jüngsten Forscher lernen

zum Beispiel den Lotuseffekt kennen,

indem sie ein speziell beschichtetes,

schmutzabweisendes Glas mit einem Glas

ohne Nanopartikel vergleichen. Fortge-

schrittene Nachwuchsforscher können

Flüssigkristalle herstellen, die ihre Farbe

bei Druck oder Wärmeeinwirkung ändern

und etwa in Flachbildschirmen verwendet

werden. Oder sie basteln sich ihr eigenes

„Reaktionsdurchschreibpapier“ – bekannt

Ulm die Verantwortung für das Produkt

trägt, mussten zunächst etliche juristische

Fragen geklärt werden. Nach etlichen

Tests – unter anderem im Advanced

Science Camp für Siebt- und Achtklässler

an der Uni Ulm – kann der Koffer nun für

390 Euro netto von Schulen erworben

werden. Hersteller ist die Firma Hedinger,

ein Spezialist für Lehrmittel. Die Entwick-

lung des Baukastens wurde übrigens von

der Robert Bosch-Stiftung unterstützt.

„Von Lehrern, die unsere Experimente

bereits durchgeführt haben, erhalten wir

positive Rückmeldungen“, sagt Ziener,

der den Koffer kontinuierlich weiterent-

wickeln möchte.

Wie man Kinder und Jugendliche für

Chemie begeistert, wissen die Forscher

des Instituts für Organische Chemie III

aus ihrem eigenen Schülerlabor. Einmal

in der Woche können Schulklassen das

Labor unter fachkundiger Aufsicht besu-

chen und sich an kleinen Experimenten

versuchen. Dabei wird früher oder später

sicher auch der Chemiekoffer zum Einsatz

kommen.

http://www.uni-ulm.de

von alten Überweisungsformularen.

„Dabei bestreichen die Jugendlichen ein

Blatt mit den winzigen Kapseln, legen

ein weiteres Blatt darauf und bringen

die Kapseln per Stiftdruck zum Platzen“,

beschreibt Ulrich Ziener. Den theoreti-

schen Hintergrund dieser alltagsnahen

Experimente können Lehrer und Schüler

im Handbuch zum Koffer nachlesen.

Vom Pappkoffer zum Nanotechnolo-

gieset

Von der Idee über einen ersten Pappkof-

fer bis zum fertigen Chemiebaukasten

war es ein weiter Weg. Da die Universität

UNI ULM: BIOLOGISCHE NANOPARTIKEL IM DIENST DER MEDIZIN

EM-Aufnahme von Amyloid-Oligomeren.

Bisher haben Amyloid-Proteinkomplexe

vor allem als mutmaßliche Alzheimer-

diese Ergebnisse nun in der einschlägigen

Nano-Technologie-Zeitschrift ACS Nano

(IF 12).

Die Wissenschaftler fanden mit höchstau-

flösenden spektroskopischen Verfahren

Erstaunliches zur molekularen Form und

Struktur von sogenannten Amyloid-Oligo-

meren. „Im Vergleich zu den faserartigen

Amyloid-Fibrillen sind Amyloid-Oligomere

mit einer Größe zwischen 15 und 30

Nanometern kleiner und viel kompak-

ter, und können besser in ein Gewebe

eindringen. Die Proteinkomplexe haben

zudem eine rundliche Form und sind

Auslöser eher unliebsame Bekanntheit

erlangt. Biochemiker und Molekularbio-

logen aus Ulm und Jena haben nun ent-

deckt, dass sich diese Komplexe aufgrund

ihrer Molekülstruktur aber auch nützlich

machen können. „Wir haben Amyloid-

Proteinkomplexe auf ihre biochemischen

und physikalischen Eigenschaften hin

untersucht und sind dabei auf ganz

besondere, biophysiologisch relevante

Moleküleigenschaften gestoßen, die

eine medizinische Nutzung nahe legen“,

so Professor Marcus Fändrich, Leiter

des Instituts für Biotechnologie an der

Universität Ulm. Veröffentlicht wurden

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NanoMat Newsletter 01 | 2015 17

erklärt Professor Thomas Simmet, Leiter

des Instituts für Naturheilkunde und

Klinische Pharmakologie an der Universi-

tät Ulm.

Amyloid-Oligomere können gut

hergestellt werden und sind biokom-

patibel

Außerdem gibt es vielversprechende

biotechnologische Aspekte: Nanopartikel

wie diese Amyloid-Oligomere können

leicht und in beliebigen Mengen im

Labor - also in vitro - hergestellt werden,

und es ist möglich, sie chemisch gezielt

zu modifizieren, um sie pharmakologisch

zu funktionalisieren. Und was mögliche

aufgrund ihrer quasi-kristallinen Struktur

im Kern dicht gepackt“, erläutert Dr.

Matthias Görlach, Leiter der Biomoleku-

laren NMR-Spektroskopie am Leibniz-Ins-

titut für Altersforschung - Fritz-Lipmann-

Institut Jena (FLI). „An der Oberfläche

hingegen geht es dynamischer zu. So

konnten wir mehrfach beobachten, dass

die Proteinkomplexe Untereinheiten

ausgetauscht haben“, ergänzt Erstautor

Senthil T. Kumar. Der Doktorand aus der

Gruppe Fändrich weiter: „Als biologi-

sche Nanopartikel könnten diese damit

beispielsweise eingesetzt werden, um

pharmakologische Wirkstoffe kontrolliert

und gezielt abzugeben.“

Den Wissenschaftlern gelang zudem

der Nachweis, dass sich mit diesen

Oligomeren bestimmte Zellpopulationen

gezielt ansteuern lassen. Hierfür wurden

Nanopartikel aus magnetisiertem Eisen-

oxid mit Amyloid-Oligomeren dekoriert,

die von Makrophagen - den Fresszellen

des Immunsystems - besonders stark

aufgenommen werden. „Man könnte

diese besonderen Proteinkomplexe in der

medizinischen Bildgebung einsetzen, um

krankheitsbedingte Ansammlungen von

Makrophagen sichtbar zu machen, wie

sie beispielsweise bei atherosklerotischen

Plaques in den Blutgefäßen vorkommen“,

Risiken und Gesundheitsgefahren angeht,

glauben sich die Wissenschaftler nach

bisherigen Erkenntnissen auf der sicheren

Seite. Anders als herkömmliche Nano-

Partikel sind Amyloid-Oligomere poten-

tiell bio-kompatibel, weil sie mit Hilfe

natürlicher Enzyme abgebaut werden

können. „Diese Proteinkomplexe sind

nicht automatisch toxisch, weil sie wie bei

Alzheimer an bestimmten Fehlbildungs-

prozessen bei der Proteinfaltung beteiligt

sind. Es sind ganz bestimmte Amyloid-

Oligomere, die für den Organismus

gefährlich sind. Und selbstverständlich

sollte man diese nicht für biologische

Anwendungen einsetzen“, so der Ulmer

Alzheimer-Forscher und Amyloid-Experte

Fändrich. Als biologische Nano-Partikel

könnten Amyloid-Oligomere also dem

Menschen durchaus von Nutzen sein - ob

als medizinische Wirkstofftransporter

oder als Biomarker. Sie sind auf jeden Fall

mehr als nur Krankheitserreger.

Beteiligt an diesem Forschungsprojekt

waren Wissenschaftler der Universität

Ulm, des Fritz-Lipmann-Instituts Jena (FLI)

sowie vom Leibniz-Institut für Naturstoff-

Forschung und Infektionsbiologie -

Hans-Knöll-Institut Jena -

HKI (PD Dr. Uwe Horn).

http://www.uni-ulm.de

FRAUNHOFER ICT: VERBESSERTE SICHERHEIT VON LITHIUM-IONEN-AKKUS DURCH GEZIELTE ANALYTIK

Die Sicherheit von Li-Ionen-Akkus zu ver-

bessern, haben sich die Wissenschaftler

des Fraunhofer ICT zum Ziel gemacht. Ein

wichtiges Werkzeug dazu sind Sicher-

heitstests. Aber erst die Kombination

mit einer ausgefeilten Analytik der bei

Missbrauchsversuchen aus Li-Ionen-Akkus

freigesetzten Gase liefert die zielführen-

den Detailinformationen für die Ausle-

gung von Batteriepacks.

In zunehmendem Maße werden wie-

deraufladbare Lithium-Ionen-Akkus

(Li-Ionen) in allen Bereichen des tägli-

chen Lebens verwendet. Findet man sie

schon seit einigen Jahren in kabellosen

Handwerker-Geräten wie Bohrhammer,

Akkuschrauber, usw. dringen Li-Ionen-

Akkus nun immer weiter in alle Bereiche

vor, in denen bislang Nickel-Cadmium-

(NiCd) oder Nickel-Metallhydrid-Akkus

(NiMH) verwendet werden. Auch als

stationäre Energie-Zwischenspeicher ge-

winnen Lithium-Ionen-Akkus zunehmend

an Bedeutung. Drei Aspekte machen den

Einsatz von Li-Ionen-Akkus attraktiv:

• ihre hohe Energiedichte

• kein nennenswerter Memory-Effekt

• ihre niedrige Selbst-Entladerate

Während die letzten beiden Punkte v.

a. den Anwender freuen, ermöglicht

die hohe Energiedichte erst die lange

kabellose Laufzeit von Mobilfunktelefo-

nen, Laptops und anderen elektronischen

Konsumgütern, bei vergleichsweise

geringen Abmessungen des Akkus. Be-

sonders aber die Elektromobilität in Form

von Elektroautos oder Elektrofahrrädern

benötigt diese hohen Energiedichten,

um bei minimalen Einbauvolumina der

Batterie eine ausreichend hohe Reichwei-

te zu erzielen. Gegenüber den üblichen

Konsumenten-Geräten ist hier aber ein

Mehrfaches an Akkuzellen in einem

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NanoMat Newsletter 01 | 2015 18

konnte am Fraunhofer Institut für Che-

mische Technologie (Fraunhofer ICT) ein

Batterie-Testgebäude errichtet werden,

dass neben sehr variablen Testaufbauten

für Batteriesicherheitstests im Besonderen

über eine einzigartige, dedizierte Analytik

der bei Sicherheitstests freigesetzten bzw.

entstehenden Gase verfügt. Dadurch

können z. B. wichtige Informationen zur

Entwicklung und Auswahl von (Früh-)

Warnsensoren erhalten werden, die den

Nutzer rechtzeitig vor Gefahren wie

Gasfreisetzung oder Brand von Li-Ionen-

Akkus warnen können. Dazu können die

verschiedenen Stufen der Batteriesicher-

heit von der Zellebene über Batterie-Mo-

dule bis hin zu ganzen Batteriepacks mit

ihrem Batteriemanagementsystem (BMS)

untersucht werden. Ebenso können

vergleichende Tests durchgeführt werden,

um z. B. die Fortschritte im Bereich

Elektrolyt, Separator oder Elektrodenma-

terialien in Bezug auf Sicherheitsaspekte

aufzeigen zu können.

Schon einige renommierte Firmen haben

vor Markteinführung von Li-Ionen-

Akkus in ihre Produkte die Ingenieure

und Wissenschaftler des Fraunhofer ICT

den schlimmsten anzunehmenden Fall

(worst-case) und deren Folgen testen

lassen. Dies spricht für ihre besondere

Verantwortung gegenüber ihrem Markt-

segment: Ein einziges in Verruf geratenes

- mit Li-Ionen-Akku betriebenes - Endpro-

dukt kann das gesamte Marktsegment

schädigen. Ein gutes Beispiel sind die

wenigen Brände von Elektroautos, die

ein weites Echo in der Presse und sogar

einen Rückgang des Aktienkurses eines

betroffenen Fahrzeugherstellers ausge-

löst haben. Die tagtäglichen Brände von

Autos mit Verbrennungsmotor hinge-

gen werden nicht beachtet. Dass diese

Analytik nicht nur auf das Fraunhofer ICT

örtlich beschränkt ist, konnte bereits bei

zwei Crashtests mit Elektrofahrzeugen in

Zusammenarbeit mit der Bundesanstalt

für Straßenwesen (bast) gezeigt werden.

Durch die mobile und trotzdem sehr

sensible Analytik konnte nach den Crashs

„grünes Licht“ für die Feuerwehr gege-

ben werden, da keinerlei entzündliche

oder giftige Gase ausgetreten sind und in

beiden Fällen die Batterie des Elektrofahr-

zeugs unversehrt blieb.

Da das Fraunhofer ICT selber an Batte-

riesystemen forscht und auch ein reger

Informationsaustausch über die Batterie-

Allianz der Fraunhofer Gesellschaft

stattfindet, kennen die Wissenschaftler

auch schon die Anforderungen an die

Sicherheitstests der Batteriesysteme von

morgen und übermorgen.

http://www.ict.fraunhofer.de

Batterie-Testgebäude am Fraunhofer ICT© Fraunhofer ICT

Dokumentation des thermischen Durchgehens einer Li-Ionen-Zelle© Fraunhofer ICT

Batteriepack verbaut. Mit zunehmender

Anzahl der Zellen steigt neben dem Aus-

fallrisiko vor allem das Unfallrisiko bzw.

dessen Schwere. Die Sicherheitsforschung

an Li-Ionen-Zellen hat daher durch den

Bereich der Elektromobilität einen beson-

deren Schub erfahren. In diesem Rahmen

FRAUNHOFER IFAM: RÜCKSTANDSFREIE BAUTEILENTFORMUNG DURCH PERMANENTE WERKZEUGBESCHICHTUNG

Kunststoffteile werden täglich millio-

nenfach in einer Werkzeugform herge-

stellt. Das Aufbringen eines Trennmittels

verhindert bei diesem Fertigungsprozess

ein Verkleben des Bauteils mit der Form

– eine aufwendige und kostenintensive

Methode. Eine sichere und vor allem

trennmittelfreie Entformung ermöglichen

Technologien aus dem Fraunhofer IFAM.

Das sogenannte ReleasePLAS® -Trenn-

schichtsystem wurde für die Kunststoff-

verarbeitung entwickelt und kann an

ganz unterschiedliche Anforderungen

der Materialien, Verarbeitungsmethoden

und Bauteilgeometrien angepasst wer-

den. Eine größere Herausforderung war

bislang die trennmittelfreie Fertigung von

Polyurethan-Kunststoffen – kurz PUR. In

einem industriellen Gemeinschaftsprojekt

konnten Wissenschaftler nun durch eine

Anpassung der PUR-Rezeptur deutlich

niedrigere Entformungskräfte erzielen

und eine Produktion ohne Trennmittel

ermöglichen.

Da ausreagierende Polyurethane eine

hohe Haftungsneigung zu metallischen

Oberflächen entwickeln, werden in der

diskontinuierlichen Verarbeitung Trenn-

mittel eingesetzt, um einen prozesssiche-

ren Verfahrensablauf zu gewährleisten. In

der industriellen Praxis werden dabei in-

terne und externe Trennmittel verwendet,

die jedoch von einem Trennmittelübertrag

auf die Werkzeug- bzw. Bauteiloberfläche

begleitet werden. In der Folge entstehen

zusätzliche Arbeitsschritte und Kosten. So

müssen die PUR-Bauteile z. B. aufwendig

von Trennmittelrückständen gereinigt

werden, um ein anschließendes Lackieren

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NanoMat Newsletter 01 | 2015 19

PUR wird von einer permanent beschichteten, nanostrukturierten Metalloberfläche sauber abgelöst. Durch die Nanostruktur kommt es im Bild zur Lichtbeugung und damit zur Farbgebung.© Fraunhofer IFAM/Wolfgang Hielscher

oder Verkleben zu ermöglichen. Darüber

hinaus reichern sich die Trennmittel im

Laufe mehrerer Entformungszyklen auf

der Werkzeugoberfläche an und bilden

Ablagerungen, was zu einer schlechteren

Abformgenauigkeit führt.

Industrie und Wissenschaft verfolgen des-

halb konsequent das Ziel, eine dauerhafte

und trennmittelfreie Fertigung – auch für

Polyurethane – zu realisieren. Bei dem

vom Fraunhofer-Institut für Fertigungs-

technik und Angewandte Materialfor-

schung IFAM in Bremen entwickelten

ReleasePLAS®-Trennschichtsystem wird

die Beschichtung direkt auf die Form auf-

getragen. Sie bildet dabei Oberflächen-

strukturen perfekt ab und kann in ihrem

Eigenschaftsprofil unterschiedlichen

Anforderungen angepasst werden. Die

stark hydrophob und abweisend wirken-

de plasmapolymere Schicht besteht aus

einem siliziumorganischen Netzwerk und

hat sich für viele Kunststoffarten und

Fertigungstechniken bewährt.

Polyurethane reagieren anders

In der Polyurethan-Verarbeitung bieten

permanente Trennschichten bisher nicht

die gewünschten Vorteile gegenüber

konventionellen Trennmitteln. In der Re-

gel besteht keine ausreichende Langzeit-

stabilität der Trennwirkung, sodass auch

hier kostenintensive Reinigungen und

Wiederbeschichtungen notwendig sind.

Zum Trennverhalten reaktiver Polyure-

thane auf permanenten Trennschichten

konnte bislang nachgewiesen werden,

dass die Entformungseigenschaften in

Abhängigkeit vom verwendeten PUR-

System stark variieren. Das Versagen der

Trennwirkung wird dabei durch Ablage-

rungen auf der Trennschichtoberfläche

verursacht, die im Laufe weniger Entfor-

mungszyklen entstehen und zu einem

Anstieg der Haftkräfte führen.

Durch aufwendige chemische und phy-

sikalische Analysen sowie oberflächen-

technische Untersuchungen konnten die

Fraunhofer IFAM-Forscher nun den Grund

für das Versagen des Trennmechanismus

herausfinden: Neben dem angestrebten

Adhäsionsbruch zwischen Bauteil und

Werkzeugoberfläche kommt es auch

zu einem Kohäsionsbruch in der ober-

flächennahen Grenzschicht des Bauteils

(Interphase). Diese zum Zeitpunkt der

Entformung nicht ausreichend stabile

Interphase des PUR bewirkt, dass nano-

feine Ablagerungen auf der Oberfläche

des Werkzeugs verbleiben.

Um derartige Materialübertragungsme-

chanismen zu unterbinden, und somit

einen vollständigen Adhäsionsbruch

zur Trennschicht zu erzeugen, wurden

alle Parameter zur Interphasenstabilität

untersucht. Eine weitere Forschungs-

aufgabe war die Identifikation von

Stabilisatoren – beispielsweise oberflä-

chenaktive Additive.

Entwicklung trennfreundlicher PUR-

Formulierungen mit stabiler Inter-

phase

Um die Zusammenhänge bei der Inter-

phasenbildung zu verstehen und diese

gezielt zu beeinflussen wurden zwei

verschiedene, sich ergänzende Lösungs-

strategien verfolgt: Zum einen wurde

der Einfluss der PUR-Rezeptur auf die

Interphase analysiert, wobei systematisch

verschiedene Inhaltsstoffe, wie Polyol,

Isocyanat und der Katalysator verändert

wurden. Zum anderen wurde die Inter-

phase des sich bildenden PUR-Bauteils

durch grenzflächenaktive Additive

modifiziert und zusätzlich der Einfluss

der Masse- und Formtemperatur auf die

Fertigungsrandbedingungen untersucht.

Unter praxisnahen Verarbeitungsbedin-

gungen konnten PUR-Modellrezepturen

identifiziert werden, die bei der Ent-

formung keine Ablagerungen auf der

permanenten Trennschicht hinterlassen.

Die Projektergebnisse zeigen, dass insbe-

sondere das Polyol und der verwendete

Katalysator einen deutlichen Einfluss auf

das Entformungsverhalten haben. Darü-

ber hinaus konnte ein Additiv identifiziert

werden, welches die Entformbarkeit der

getesteten PUR-Rezepturen in Kombina-

tion mit der ReleasePLAS®-Trennschicht

für schlechter trennende Systeme deut-

lich verbessert. Es wirkt dabei nicht wie

ein herkömmliches internes Trennmittel,

da es nach aktuellem Kenntnisstand

nicht aus dem Bauteil migriert. Das

Additiv wird in die molekulare Struktur

des PUR eingebunden, sodass bei einer

Verwendung deutlich höhere Werkzeug-

standzeiten erzielt werden können. Die

Erkenntnis, dass ein geringer Unterschied

der Formtemperatur bereits eine sprung-

hafte Reduktion der Trennkräfte bewirkt,

muss ebenfalls in den Fertigungsprozess

einfließen. Ob für die Automobilbranche,

die Medizintechnik, den Maschinen- und

Anlagenbau oder die optische Industrie –

die Ergebnisse des Projekts ermöglichen

den Weg hin zu einer sauberen und

trennmittelfreien PUR-Produktion. Neben

den benannten Vorteilen ermöglicht die

trennmittelfreie Produktion eine gleich-

zeitige Einstellung von unterschiedlichen

Oberflächeneigenschaften. So gelingt

durch dieses System eine einfache und

wirtschaftliche Fertigung von nano- und

mikrostrukturierten Oberflächen.

http://www.ifam.fraunhofer.de

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NanoMat Newsletter 01 | 2015 20

In Industrieanlagen oder bei der Verstro-

mung von Biogas fällt Wärme an, die

häufig ungenutzt verloren geht. Eine

neue Technologie kann dies künftig

ändern: Sie ermöglicht es, die Wärme

über längere Zeiträume hinweg verlustfrei

zu speichern und bei Bedarf zu nutzen.

Auf der Messe BAU zeigt das Fraunhofer

IGB vom 19. bis 24. Januar 2015, wie die

sorptive Wärmespeicherung funktioniert

und technisch umgesetzt wird.

Etwa 40 Prozent der Energie wird in den

industrialisierten Ländern für das Heizen

und Kühlen verbraucht. Auf der anderen

Seite fällt in Industrieanlagen und bei der

Verstromung von Biogas Abwärme an,

die häufig ungenutzt verloren geht. Der

Knackpunkt: Die Wärme wird meist nicht

zu dem Zeitpunkt gebraucht, an dem sie

entsteht. Ähnliches gilt für die Wärme,

die sommers in Solaranlagen erzeugt

wird. Mit Wärmespeichern kann Ab- und

Überschusswärme gespeichert werden.

Am Markt derzeit verfügbare Systeme

speichern die Wärme auf der Basis von

Wasser. Die Nachteile: Sie können ledig-

lich eine begrenzte Menge Wärme auf-

nehmen. Diese lässt sich zudem nur über

kurze Zeiträume speichern, denn trotz

Isolierung gibt das Wasser die Wärme im

Laufe der Zeit an die Umgebung ab.

Eine Erfolg versprechende Alternative

ist die sorptive Wärmespeicherung, bei

FRAUNHOFER IGB: MIT ABWÄRME HEIZEN UND KÜHLEN

der die gespeicherte Wärme durch

physikalisch-chemische Prozesse fest ge-

bunden ist. Ein sorptiver Speicher kann

daher drei- bis sechsmal so viel Wärme

speichern wie Wasser. Zudem hält er die

Wärme über lange Zeiträume ohne Ver-

luste und kann auch bei Temperaturen

deutlich über 100 Grad Celsius arbeiten.

Ein adsorptives Wärmespeichersystem

hat das Fraunhofer-Institut für Grenzflä-

chen- und Bioverfahrenstechnik IGB in

einer ersten Demonstrationsanlage um-

gesetzt. Das System basiert auf der Ad-

sorption von Wasserdampf in den Poren

von Zeolithen. Zeolithe sind kristalline

Mineralien mit poröser Gerüststruktur.

Kommt ihre Oberfläche mit Wasser-

dampf in Berührung, bindet es diesen

in den Poren und Wärme entsteht.

Zur Wärmespeicherung trocknet man

den Werkstoff. Die thermische Energie

wird erst wieder frei, wenn sich erneut

Wasserdampf anlagert. Verhindert man,

dass der getrocknete Zeolith mit Wasser

in Berührung kommt, kann die Wärme

ohne zeitliche Beschränkung gespeichert

werden.

»Wir haben das Prinzip aufgegriffen

und technisch umgesetzt«, sagt Simone

Mack, Gruppenleiterin Wärme- und

Sorptionssysteme am IGB. Zunächst

haben die Forscher in einem Labor-

Reaktor gezeigt, dass das Verfahren

grundsätzlich funktioniert. »Wir haben

uns angeschaut, wie wir das Wärmespei-

cherprinzip technisch umsetzen können

und die Prozess- und Verfahrenstechnik

entwickelt«, erläutert Mack. Beson-

deres Augenmerk legten die Forscher

dabei auf einfach und flexibel gestaltete

Wärmetauscher, von denen pro Wärme-

speicher zwei benötigt werden. Der eine

sammelt die Ab- oder Überschusswärme

und speist sie in das Zeolithbett ein, der

zweite überträgt die in den Zeolithen

gespeicherte Wärme auf das Heizungs-

wasser, wenn es dort gebraucht wird.

Zudem sorgt eine optimierte Strömungs-

führung im Zeolithfestbett für eine

effizientere Speicherung der Wärmeener-

gie pro Raumvolumen: Die spezifischen

Energiespeicherdichten, die die Fraunho-

fer-Ingenieure mit dem System erreichen,

liegen bei 150 bis 240 Wattstunden pro

Kilogramm Speichermaterial. »Durch ein

optimiertes Speicherkonzept konnten

wir die Prozessdynamik verbessern und

höhere Speicherdichten sowie Lade- und

Entladeleistungen erzielen«, bekräftigt

Mack. In Zusammenarbeit mit Partnern

aus der Industrie wurden erste Demons-

trationsanlagen entwickelt und unter

praxisnahen Bedingungen erprobt. Um

die Wirtschaftlichkeit zu erhöhen, sollen

die transportablen Speicher weiter opti-

miert und an verschiedenen Standorten

getestet werden.

Des Weiteren verfolgen die Wissenschaft-

ler den Ansatz, mit Zeolith-Speichern zu

kühlen. Wenn das hygroskopische Zeolith

Wasserdampf in seinen Poren bindet (und

hier Wärme freigesetzt wird), entsteht

auf Seite des Wasserbehälters, dem der

Wasserdampf entzogen wird, Verdamp-

fungskälte, die für eine Kühlung genutzt

werden kann.

http://www.igb.fraunhofer.de

Diese Zeolith-Kügelchen binden Wasserdampf in ihren Poren – dabei entsteht Wärme.© Fraunhofer IGB

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NanoMat Newsletter 01 | 2015 21

Wissenschaftler aus Deutschland und

Japan haben einen neuen Magnetsensor

entwickelt, der dünn, robust und flexibel

genug ist, um sich der menschlichen Haut

und ihren Bewegungen anzuschmie-

gen, sogar den starken Krümmungen

der Handflächen. Das weckt die Vision,

uns Menschen mit einem Magnetsinn

auszustatten. Der Magnetsinn ist bei

Bakterien und Insekten verbreitet. Sogar

einige Wirbeltiere wie Vögel und Haie

haben diese Fähigkeit, Magnetfelder

zu detektieren und für die Orientierung

und Navigation zu nutzen. Der Mensch

verfügt natürlicherweise nicht über ein

Sinnesorgan für magnetische Felder. Dr.

Denys Makarov und sein Team haben nun

eine elektronische Haut mit einem Mag-

netsensor entwickelt, die es dem Inhaber

FRAUNHOFER IFW: MAGNETSINN FÜR JEDERMANN

Freistehende Anordnung von fünf magneto-sensorischen Elementen auf einer PET Folie von anderthalb Mikrometern Dicke. (Foto: IFW Dresden)

Unauffälliger Magnetsensor auf einer Handfläche. Ein Element ist mit dem Ausleseschaltkreis verbunden.(Foto: IFW Dresden)

ermöglicht, mit einer Art sechstem Sinn

statische und dynamische Magnetfelder

wahrzunehmen. Die neuen Magnetsen-

soren sind weniger als zwei Mikrometer

dünn. Mit einem Gewicht von nur drei

Gramm pro Quadratmeter können sie

sogar auf einer Seifenblase schweben.

Sie können gefaltet und gebogen werden

und halten dabei extreme Krümmungs-

radien von weniger als drei Mikrometer

aus, ohne dass die Funktionalität beein-

trächtigt wird. Um das zu demonstrieren

haben die Forscher die Sensoren wie

Papier zwischen den Fingern zerknüllt.

Wenn man die Sensoren auf ein Gum-

miband aufbringt, kann man sie mehr

als 270 Prozent dehnen, und das mehr

als tausend Mal, ohne dass sie Schaden

nehmen.Diese mechanische und funktio-

nelle Robustheit wird durch die Verwen-

dung einer ultradünnen, flexiblen und

widerstandsfähigen Polymerschicht als

Unterlage erreicht.

„Wir haben eine Interaktionsplattform

zwischen Mensch und Maschine ent-

wickelt, die berührungslos ist und auf

die Haut aufgebracht werden kann. Das

eröffnet ein großes Anwendungsfeld für

Bewegungssensoren bei Soft-Robotern

oder bei funktionellen medizinischen

Implantaten sowie für Magnetsenso-

ren, die direkt auf die Haut aufgebracht

werden.”, sagt Michael Melzer, der als

Doktorand im Team von Denys Makarov

tätig ist. Denys Makarov leitet im Leibniz-

Institut für Festkörper- und Werkstofffor-

schung Dresden (IFW) die vom Europä-

ischen Forschungsrat (ERC) mit einem

ERC Starting Grant geförderte Gruppe

„Flexible Magnetoelektronik“.

„Diese mechanisch extrem robusten,

ultradünnen magnetischen Sensoren sind

ideal geeignet für tragbare, aber unauf-

fällige Orientierungs- und Manipulations-

hilfen.“, fügt Prof. Dr. Oliver G. Schmidt

hinzu, der im IFW Dresden das Institut für

Integrative Nanowissenschaften leitet.

Diese Ergebnisse wurden am IFW Dresden

und an der TU Chemnitz in enger Zusam-

menarbeit mit Partnern an den Universität

Tokyo und Osaka in Japan erzielt und

wurden publiziert in: Nat. Commun. 6,

6080 (2015) http://www.nature.com

http://www.ifw-dresden.de

FRAUNHOFER IGB: SCHADSTOFFE IM WASSER EINFACH BINDEN

In der porösen Trägerstruktur der Membranad-sorber sind winzige Polymerpartikel einge-bet-tet, die Schadstoffe aus dem Wasser binden.© Fraunhofer IGB

Neuartige Membranadsorber entfernen

nicht nur unerwünschte Partikel aus

Wasser, sondern gleichzeitig auch gelöste

Substanzen wie das hormonell wirkende

Bisphenol A oder giftiges Blei. Hierzu bet-

ten Forscher des Fraunhofer-Instituts für

Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik

IGB selektive Adsorberpartikel in Filtrati-

onsmembranen ein.

Erst im Januar 2015 hat die europäische

Lebensmittelbehörde EFSA den Grenz-

wert für Bisphenol A in Verpackungen

gesenkt. Die hormonell wirksame Mas-

senchemikalie ist unter anderem ein Aus-

gangsstoff für Polycarbonate, aus denen

beispielsweise CDs, Plastikgeschirr oder

Brillengläser hergestellt werden. Auf-

grund seiner chemischen Struktur wird

Bisphenol A in den biologischen Stufen

der Kläranlagen nicht vollständig abge-

baut und gelangt so über den Ablauf der

Kläranlage in Flüsse und Seen.

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NanoMat Newsletter 01 | 2015 22

sind auch optimal zugänglich«, erklärt

Dr. Thomas Schiestel, Leiter der Arbeits-

gruppe »Anorganische Grenzflächen und

Membranen« am Fraunhofer IGB.

»Da die Schadstoffe bei unseren Memb-

ranadsorbern anders als bei herkömmli-

chen Adsorbern konvektiv, das heißt mit

dem schnell durch die Membranporen

strömenden Wasser transportiert werden,

reicht eine nur Sekunden dauernde

Kontaktzeit aus, um Schadstoffe auf der

Partikeloberfläche zu adsorbieren«, so der

Experte. Bis zu 40 Prozent des Gewichts

der Membranadsorber geht auf die Par-

tikel zurück, entsprechend hoch ist ihre

Bindekapazität. Gleichzeitig können die

Membranadsorber bei niedrigen Drücken

betrieben werden. Da die Membranen

sehr eng gepackt werden können, lassen

sich schon mit kleinen Anlagen sehr gro-

ße Volumina behandeln.

Funktionelle Adsorberpartikel

Die Adsorberpartikel selbst stellen die

Forscher in einem einstufigen, kosteneffi-

zienten Verfahren her. In dem patentier-

ten Prozess werden Monomer-Bausteine

mithilfe eines Vernetzers zu 50 bis 500

Nanometer kleinen Polymerkügelchen

polymerisiert. »Je nachdem, welche

Stoffe aus dem Wasser entfernt werden

sollen, wählen wir aus einer Reihe unter-

schiedlicher Monomere, die sich in ihren

funktionellen Gruppen unterscheiden,

das jeweils passende aus«, so Schiestel.

Die Bandbreite reicht dabei von eher

hy-drophobem Pyridin, über kationische

Ammoniumverbindungen bis hin zu anio-

nischen Phosphonaten.

Selektive Entfernung von Schadstof-

fen und Metallen

In verschiedenen Tests konnten die For-

scher zeigen, dass die Membranadsorber

durch die für den jeweiligen Schadstoff

maßgeschneiderten Partikel Schadstoffe

sehr selektiv entfernen. So binden Memb-

ranadsorber mit Pyridin-Gruppen das

hydrophobe Bisphenol A besonders gut,

während solche mit Aminogruppen das

negativ geladene Salz des Antibiotikums

Penicillin G adsorbieren.

»Die verschiedenen Adsorberpartikel

lassen sich sogar in einer Membran

kombinieren. Auf diese Weise können wir

mehrere Mikroschadstoffe gleichzeitig

mit nur einem Membranadsorber entfer-

nen«, weist Schiestel auf weitere Vorzüge

hin. Mit anderen funktionellen Gruppen

bestückt, können die Membranadsorber

auch toxische Schwermetalle wie Blei

oder Arsen aus dem Wasser entfernen.

Phosphonat-Membranadsorber etwa

adsorbieren mehr als 5 Gramm Blei pro

Quadratmeter Membranfläche – 40 Pro-

zent mehr als ein kommerziell erhältlicher

Membranadsorber.

Wirtschaftlich und regenerierbar

Damit die Membranadsorber mehrfach

verwendet werden können, müssen die

adsorbierten Schadstoffe wieder von den

Partikeln in der Membran gelöst wer-

den. »Mem-branadsorber für Bisphenol

A lassen sich durch eine Verschiebung

des pH-Werts vollständig regenerieren«,

erläutert Schiestel. Die konzentrierten

Schadstoffe können dann wirtschaftlich

entsorgt oder mit geeigneten oxidativen

Verfahren abgebaut werden.

Die Regenerierbarkeit der Membra-

nadsorber eröffnet zudem eine weitere

Anwendung: Die abgetrennten Mole-

küle wiederzuverwerten. Das macht die

Technologie auch für die Rückgewinnung

wertvoller Edelmetalle oder Seltene-

Erden-Metalle interessant.

http://www.igb.fraunhofer.de

Um Chemikalien, Antibiotika oder

Schwermetalle aus Ab- oder Prozess-

wasser zu entfernen, werden bereits

Aktivkohle oder andere Adsorberma-

terialien eingesetzt. Ein Nachteil dieser

hochporösen Materialien ist jedoch die

lange Kontaktzeit, die nötig ist, damit die

Schadstoffe in das Poreninnere diffundie-

ren können. Damit auch in kürzerer Zeit

möglichst alle Schadstoffe abgefangen

werden, setzen die Kläranlagen daher

größere Adsorbermengen ein, in entspre-

chend großen Behandlungsbecken. Ak-

tivkohle kann allerdings nur unter hohem

Energieeinsatz regeneriert werden, sodass

zumeist große Mengen schadstoffbelade-

nen Materials entsorgt werden müssen.

Auch die Membranfiltration mit Nano-

filtrations- oder Umkehrosmosememb-

ranen, die prinzipiell solche Schadstoffe

entfernen können, ist für die Entfernung

gelöster Moleküle aus großen Volumen-

strömen wie Prozess- oder Abwasser

noch nicht wirtschaftlich. Membranen

filtern das Wasser durch ihre Poren, wenn

auf einer Seite der Membran ein Druck

aufgebaut wird und halten dabei größere

Moleküle und Feststoffpartikel zurück.

Je kleiner die Membranporen aber sind,

desto größeren Druck – und damit desto

mehr Energie – muss man aufwenden,

um die Wasserinhaltsstoffe abzutrennen.

Membranadsorber – Filtern und Bin-

den in einem Schritt

Einen neuen Ansatz, der die Vorteile

beider Verfahren kombiniert, haben Wis-

senschaftler am Fraunhofer-Institut für

Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik

IGB in Stuttgart gewählt: Bei der Herstel-

lung der Membranen fügen sie kleine,

polymere Adsorberpartikel hinzu. Die

entstehenden Membranadsorber können

zusätzlich zu ihrer Filtrationsfunktion in

Wasser gelöste Stoffe adsorptiv binden.

»Wir nutzen die unter der Trennschicht

der Membran liegende poröse Struktur.

Die Poren bieten nicht nur eine sehr hohe

spezifische Oberfläche, um möglichst vie-

le Partikel einbetten zu können, sondern

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NanoMat Newsletter 01 | 2015 23

Im Dünnschichtlabor des Max-Planck-

Institutes für Intelligente Systeme in

Stuttgart werden Kristalle in Nanome-

terdimension hergestellt, die als idealer

Baustoff für kleinstformatige Roboter

dienen können. Diese Faden-Kristalle

sind vollkommen im Gefüge und äußerst

belastbar: sie behalten auch unter

mechanischer Beanspruchung ihre Form

langfristig bei. Ein Team internationaler

Wissenschaftler berichtet in Zusammen-

arbeit mit Stuttgarter Physikern über

ihre Forschungsergebnisse. Wechselt

man vom Makro- in den Nanobereich,

so verändern sich die physikalischen und

chemischen Eigenschaften von Metallen.

Dies wussten bereits Forscher und Künst-

ler vor mehreren hundert Jahren.

Zerkleinert man zum Beispiel das Edel-

metall Gold in winzige Goldpartikel mit

einem Durchmesser von wenigen Nano-

metern, so wird man die typisch goldene

Färbung vergebens suchen: die Goldpar-

tikel zeigen nun eine tiefrote Farbe, die

bereits vor Jahrhunderten dazu verwen-

det wurde, beeindruckende Bilder in Kir-

chenfenstern zu gestalten. Nicht minder

überraschend ist, dass die Blaufärbung

solcher Malereien von Silberkolloiden

stammen, also von Silber-Nanopartikeln.

Doch nicht nur die Farbe verändert sich

beim Übergang in den Nanobereich: auch

mechanische Eigenschaften, wie zum Bei-

spiel die Fähigkeit zur Verformung ist von

der Größe des Gegenstandes abhängig.

Wird beispielsweise wenig Druck auf

eine metallische Oberfläche ausgeübt, so

ist die Verformung nur vorübergehend.

Dies verdeutlicht ein einfaches Beispiel

aus dem Alltag: die Karosserie des PKW

springt bei geringfügigem Druck in die

Ausgangslage zurück. Übersteigt die

Krafteinwirkung eine bestimmte Grenze,

so ist die Beule im geliebten Autoblech

dauerhaft: der Physiker spricht von

plastischer Verformung. Wie hoch die

Kraft sein muss, dass aus der reversiblen

Einbuchtung eine dauerhafte Beule wird,

ist von der Größe der Metallkörpers ab-

hängig: „Grundsätzlich gilt: the smaller,

the stronger“, erläutert Dr. Gunther

Richter, Leiter des Dünnschichtlabores am

MPI-IS in Stuttgart. „Bei Nanostrukturen

ist eine vergleichsweise höhere Kraft zur

Verformung notwendig, als bei größeren

Strukturen, d.h. um den Übergang von

elastischer zu plastischer Verformung zu

erreichen.“

Gunther Richter stellt diese Nano-Haare

in seinem Dünnschichtlabor am MPI-IS in

Stuttgart her: mittels Verdampfungsanla-

ge werden verschiedene Metallgase (z.B.

Palladium, Silber, Gold) unter Vakuumbe-

dingungen auf einem Träger abgeladen.

Dadurch wachsen haarähnliche Kristalle,

die gerade einmal 20 µm lang und nur

100 nm im Durchmesser sind.

„Das MPI-IS ist als einzige Einrichtung

weltweit dazu in der Lage“, betont Gun-

ther Richter. Diese im Vakuum gewach-

senen Fadenkristalle sind absolut perfekt:

sie sind frei von jeglichen Defekten, und

ebenmäßig in der (Kristall-)Struktur.

Erst über mechanische Beanspruchung,

die zu Verformung führt, werden Defekte

in der Struktur eingeführt. Diese Belas-

tungsproben untersuchen die Wissen-

schaftler im Transmissionselektronenmi-

kroskop und berichteten darüber bereits

im sehr renommierten Nature Communi-

cations [1]. Die metallischen Nano-Struk-

turen werden unter Last im Druck und im

Zug untersucht: mechanische Verformun-

gen werden erzeugt, die aber vollständig

reversibel sind. Dies liegt an der voll-

kommenen, Defekt-freien Struktur. Die

Stuttgarter Fadenkristalle halten somit

Spannungen extrem gut aus, ohne dass

die Form des Nano-Objektes langfristig

verändert wird.

Anders sieht es aus, wenn solche Faden-

Kristalle in der Flüssigphase hergestellt

werden: die Struktur ist defekt-behaftet

und nicht so gleichmäßig wie bei der

Vakuum-Variante. Im Transmissionselek-

tronenmikroskop sehen die Forscher den

MPI STUTTGART: DAS PERFEKTE BAUMATERIAL FÜR NANO-ROBOTER

entscheidenden Unterschied: bei zykli-

scher Belastung verändert sich der Nano-

Kristall aufgrund plastischer Verformung

[2]. Faden-Kristalle, die in Flüssigkeiten

gezogen wurden, reagieren somit instabi-

ler auf mechanische Belastung.

Dies macht die Faden-Kristalle, die am

MPI-IS hergestellt werden zum idealen

Baustoff für intelligente Systeme im

Nano-Format: sie sind äußerst belastbar,

verbrauchen wenig Energie und reagieren

reversibel auf mechanische Belastungen:

sie springen immer wieder in die Aus-

gangsform zurück.

Die Wissenschaftler haben sich bereits

die nächsten Ziele gesteckt: sie möchten

untersuchen, ob und wie sich mechani-

sche und auch magnetische Eigenschaf-

ten von Nano-Kristallen unter thermischer

Belastung verändern.

http://www.is.mpg.de

Nano-Haare, die im Dünnschichtlabor am MPI-IS in Stuttgart hergestellt werden: im Vakuum werden verschiedene Metallgase (z.B. Palladium, Silber, Gold) auf einen Träger aufgedampft. Die haarähnlichen Kristalle sind gerade ein-mal 20 µm lang und nur 100 nm im Durchmesser.Dr. Gunther Richter

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NanoMat Newsletter 01 | 2015 24

Eine neue Materialentwicklung aus dem

Fraunhofer-Institut für Silicatforschung

ISC in Würzburg bringt die flexible

Displaytechnologie einen großen Schritt

voran: Gedruckte Sensoren für eine Folie,

die Verformungen »spürt«.

Die großflächige flexible Folie kann ihre

Verformung direkt und hochauflösend als

Steuersignal an einen Rechner senden.

Kombiniert wird sie mit einem Display, so-

dass Tablet PCs oder Smartphones nicht

nur über virtuelle Schalter und Buttons

bedient werden können, sondern über

Verformung und Bewegung der Folie

mit Hilfe von Eingabemuster, die direkt

digitalisiert und räumlich dargestellt

werden können. Diese Idee läutet einen

Paradigmenwechsel in der Bedienung von

E-books, Tablets und anderen digitalen

Medien ein. Passend dazu stellten kürz-

lich einige Partner des seit Oktober 2013

laufenden EU-Projekts FLASHED – Joan-

neum Research, das Media Interaction

Lab der Hochschule FH Oberösterreich,

FlexEnable (vormals Plastic Logic) und

Microsoft Research – das FLEX SENSE Dis-

play der Öffentlichkeit vor. FLEX SENSE ist

eine solche flexible Folie mit einer berüh-

rungsempfindlichen Oberfläche, die jede

Verformung selbst misst. Verantwortlich

dafür sind gedruckte quasi transparente

Piezosensoren, die die Verformung regis-

trieren. Zusammen mit der Entwicklung

von flexiblen Displays werden dadurch in

Zukunft innovative Eingabemöglichkeiten

entstehen, mit denen sich ein elektroni-

sches Gerät viel intuitiver steuern lässt als

über Tasten, Schalter oder »Wischfunkti-

onen«.

Möglich wurde diese neue Touch-Sensor-

technologie durch die Materialentwick-

lungen aus dem Fraunhofer ISC in Würz-

burg, ebenfalls ein FLASHED-Partner. Die

FRAUNHOFER ISC: FLASHED! TOUCH-SCREENS FÜR FLEXIBLE DISPLAYS

Würzburger Forscher entwickelten dafür

neuartige piezoelektrische Druckpasten,

die eine flexible Polymerfolie sensitiv ma-

chen und den flexiblen Aufbau von elek-

tronischen Drucksensoren mit simplen

Printverfahren erlauben. Damit wurden

die für FLEX SENSE nötigen Druck- und

Biegesensoren direkt auf flexible Folien-

substrate aufgedruckt.

Druckbare Sensoren – nicht nur

druckempfindlich

Die kostengünstig herstellbaren Sensoren

registrieren außer den Veränderungen

des mechanischen Drucks – beispiels-

weise beim Biegen und Bewegen des

flexiblen Displays – auch Temperaturän-

derungen. Damit lassen sie sich auch für

die Näherungssensorik einsetzen. So löst

schon eine kleine Temperaturänderung,

z. B. wenn sich eine Hand dem Sensor

nähert, ein entsprechendes Signal aus.

Diesen Effekt können die Entwickler

aber auch unterdrücken, wenn er nicht

benötigt wird. Für das FLEX SENSE

Display ist es beispielsweise vorteilhaft,

wenn die Temperatursensitivität kom-

plett ausgeschaltet wird, um eine höhere

Ortsauflösung zu erreichen. Bisher wird

das durch die Zugabe von bleihaltigen

Partikeln erreicht. Ein wichtiges Ziel für

die ISC-Forscher ist es jedoch, bei der

neuen Materialentwicklung das umwelt-

schädliche Blei zu vermeiden, ohne allzu

große Einbußen bei der Sensitivität hinzu-

nehmen. Dazu werden in Würzburg neue

ferroelektrische Partikel-Matrix-Systeme

entwickelt und für gängige Siebdruckver-

fahren angepasst.

Darüber hinaus können die gedruckten

Drucksensoren auch als Aktoren ge-

nutzt werden und so z. B. ein haptisches

Feedback ermöglichen. Für viele An-

wendungen kann die Kombination der

Sensoreigenschaften mit einem hapti-

schen Feedback die Nutzerfreundlichkeit

verbessern und den Funktionsumfang

erhöhen.

Flexible Displays –

robust, kostengünstig und vielseitig

Großer Vorteil gedruckter flexibler

Touch-Displays ist ihre Designfreiheit. Sie

können an nahezu beliebige Oberflächen

angeformt werden. Die Displayfläche

kann »ausgerollt« und so an jeden Bedarf

angepasst werden.

Touch-Displays auf Polymerbasis sind

leichter und robuster als die bisher

üblichen harten, glasbasierten berüh-

rungsempfindlichen Displays von Tablet

und Co. Preisgünstige Ausgangsmateria-

lien, der Verzicht auf kritische Rohstoffe

wie Blei und die einfache Verarbeitung

standen für die FLASHED-Projektpartner

bei den Anforderungen an die neue

Entwicklung ganz oben. So kann mit den

neuen Druckpasten des Fraunhofer ISC

ein Sensor auf einer flexiblen Folie in nur

drei Druckschritten aufgebaut werden.

Die Projektergebnisse von FLASHED sollen

helfen, zukünftig großflächige, leichte,

robuste und flexible Touchscreens zu

realisieren.

http://www.isc.fraunhofer.de

IMPRESSUM

Ansprechpartner

Prof. Dr. Jasmin Aghassi

Geschäftsstelle NanoMat

Karlsruher Institut für Technologie

Hermann-von-Helmholtz-Platz 1

76344 Eggenstein-Leopoldshafen

Email: [email protected]

WWW.NANOMAT.DE