KÖNIZER ZEITUNGNOVEMBER 2005
Gepackt hat‘s ihn in Kana-
da. Auf einer Husky-Farm
fand John seine Leiden-
schaft. Heute teilt er in
Moos bei Köniz «Bockhüsi»
und Umschwung mit neun
Hunden. Zwei Mal in der
Woche fährt er mit seinem
Hundewagen aus.
Ungestüm springt Muna an ih-
rem Herrchen hoch. Die blauen
Augen der reinrassigen Siberian
Husky-Dame leuchten. Unbändige
Freude entlädt sich in federleich-
ten Sprüngen. Die Grossmutter
des «Wölfchens», wie John (so
möchte er selber genannt werden)
seine Muna liebevoll nennt, wurde
in der Wildnis Alaskas von einem
Wolf gedeckt. Durch Munas Adern
fliesst Wolfsblut: «Aber sie ist eine
Seele von einem Hund», schwärmt
John während er dem Husky zärt-
lich durchs glänzende Fell streicht.
Es reicht, dass sich ein Käfer ins
Gesicht des sensiblen Tieres ver-
irrt; schon rennt Muna zu ihrem
Beschützer um sich auszuheulen.
«Sie ist einfach ein fürchterlicher
‹Vati-Höck›», erklärt John. «Etwas
reiben und blasen, dann ist die Welt
wieder in Ordnung.»
Nur im Rudel glücklichHuskys sind nicht einfach zu hal-
ten. Sie haben einen ganz ande-
ren Charakter als andere Hunde.
«Huskys sind geborene Rudeltiere.
Sind sie alleine, leiden sie bald
unter psychischen Störungen»,
weiss der erfahrene Experte. Ein-
zeln sollten sie deshalb auf keinen
Fall gehalten werden. Oft fürchten
sich Spaziergänger wenn sie dem
Husky-Rudel von John begegnen.
Ihre Angst ist jedoch unbegründet:
Sollten sich mehrere Hunde von
ihrem Geschirr befreien, würden
sich ihre Aufmerksamkeit auf an-
dere Dinge richten. Gelingt es ih-
nen in der Gruppe auszubrechen,
sieht man sie so schnell nicht wie-
der; Kommandos werden in einem
solchen Fall einfach ignoriert. Im
Rudel bricht das Jagdfieber aus.
Vor allem Schafe sind beliebte Op-
MOOS
John und seine «singenden» HuskysIm Rudel sind sie stark – beim Heulen und beim Rennen fahren
fer, das musste auch John erfahren,
als im seine Hunde einmal durch
die offene Stalltür entwischten.
Zum Glück zeigte sich der Schaf-
besitzer verständnisvoll. Johns
Versicherung kam für den entstan-
denen Schaden auf.
Es begann in Kanada…Vor ungefähr 40 Jahren arbeitete
John auf einer Farm in Kanada.
Dort begann seine Leidenschaft
für Huskys. Von Beginn an faszi-
nierten ihn die anmutigen Vierbei-
ner. Sein Interesse war so gross,
dass er sich später in der Schweiz
ein eigenes Rudel anschaffte. In
seinem Wohnzimmer steht eine
Vitrine gefüllt mit Pokalen. Vor
allem bei Dog-Cart-Rennen war
John mit seinen Hunden eine
Zeit lang gut dabei. Zwar hat es
nie für den ersten Rang gereicht,
doch sind einige Podestplätze un-
ter seinen Trophäen zu entdecken.
Dog-Cart wird mit einem Zwei-
ergespann gefahren und ist Johns
Lieblingsdisziplin. Die Vier-Ki-
lometer-Strecke, die es bei einem
Dog-Cart-Rennen zu bewältigen
gilt, fährt John jeweils mehrfach
mit unterschiedlichen Hunden; so
hatte er an einem Renntag immer
ein volles Programm. Auch an
grossen Rennen nimmt John teil.
Nur ein einziges Mal ist er, dank
seines Leithundes, in der Rangliste
weit nach vorne – auf den dritten
Platz – gefahren. Das Rennen dau-
erte zwei Tage. Der Parcours war
riesig. Irgendjemand hatte die Mar-
kierungen entfernt. Die meisten
Teilnehmer hatten sich verfahren.
Nicht so John: sein Hund folgte
der richtigen Spur. «Das war ein
super Tier», schwärmt der 62-Jäh-
rige noch heute von seinem ver-
storbenen Leithund, «der fuhr das
Rennen ganz alleine. Ich musste
weder Links noch Rechts sagen.»
«Learning by doing»Vier Leute lernten bis heute bei
John mit den Huskys und den ent-
sprechenden Wagen umzugehen.
Seine Lehrlinge müssen von A bis
Z mithelfen: «Die können nicht
einfach kommen und fahren.» Sie
müssen die Hunde kennen ler-
nen, beim Anschirren helfen, den
Wagen vorbereiten, das Zugseil
kontrollieren und die Huskys nach
vorgegebener Reihenfolge ein-
spannen. Die ersten paar Fahrten
nehmen sie vorne auf dem Beifah-
rersitz Platz. Erst dann dürfen sie
das Gespann selber führen.
Gesänge bei VollmondHeute besitzt John neun Huskys.
In der Nacht, besonders aber bei
Vollmond, zeigt sich deren Ab-
stammung: wie Wölfe heulen sie
im Rudel den Mond an. Er sei froh,
dass sich die Leute in der Umge-
bung daran gewöhnt hätten, so
John: «Es tönt nämlich unglaublich
laut». Gegen den «Gesang» seiner
Huskys kann John nicht viel un-
ternehmen. Manchmal ermahnt er
sie mit harscher Stimme zur Ruhe;
für kurze Zeit halten sie dann inne.
Doch kaum dreht Herrchen ihnen
den Rücken zu, wird das «Lied-
chen fertig gejodelt».
Barbara Imboden
Der Dog-Cart-Sport
bim. Der Dog-Cart (oder
auch Sacco-Wagen) ist ein
drei- oder vierrädriger leichter
Wagen, der von einem oder
zwei Hunden gezogen wird.
Jeder Hund wird mit einem
Zuggeschirr in einen Füh-
rungsbügel gespannt, welcher
am Wagen befestigt ist. Der
Dog-Cart Sport wird in einer
1- und einer 2-Hunde-Klasse
betrieben. Im Sprint werden
Distanzen von 2,5 km bis 5
km auf einem Rundkurs über
Flur- und Waldwege zurück-
gelegt. Das Dog-Cart-Fahren
eignet sich nicht nur für die
traditionellen Schlittenhunde-
Rassen, sondern für alle lauf-
freudigen Hunde. Infos: www.
swissmushing.ch.
John mit zwei seiner Hunde. Foto: B. Imboden
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