Hausbesuche und
Ärztlicher Notdienst
Folker Musial Lehrbereich Allgemeinmedizin derMedizinischen Fakultät Homburg/Saar
Definition
• Ein Hausbesuch ist ein Besuch eines Patienten zu Hause oder in einer anderen Wohnung/Umgebung ,um ihn zu behandeln.
• Jeder niedergelassene Arzt ist dazu berufsrechtlich verpflichtet.
Zahlen
• In unserer Hausarztpraxis wurden im Jahr 2009/10 1100 Hausbesuche gefahren.
• Davon 626 als geplante Hausbesuche• 204 Hausbesuche als Akuthausbesuche• 606 sog. Mitbesuche • Insgesamt wurden 1456 Arzt-
Patientenkontakte bei Hausbesuchen geleistet.
Zahlen
• Die durchschnittliche Entfernung zu einem Hausbesuch in unserem Bezirk beträgt ca. 8 km eine Strecke.
• Daraus resultieren ca. 15600 km pro Jahr.• Bezogen auf die Gesamtarbeitszeit der
Praxis sind hier ca 25 % der Zeit zu veranschlagen.
Notdienst 1
• Durchmesser unseres Notdienstbezirkes ca 33 x 28 km
• Insgesamt 17 Ort-schaften
• Ca 17000 Patienten sind zu versorgen.
Notdienst 2
• Problematik:• Weite Wege• Ortskenntnis • Erreichbarkeit z.B.
Funkloch,schlechter Zustand der Strassen und Wege
Apparative Ausstattung beim Hausbesuch
• Der Hausbesuch stellt eine große Heraus- forderung an den Hausarzt dar,da apparative Hilfsmittel nur beschränkt zur Verfügung stehen.
• Gefragt sind hier vor Allem die Sinneswahrnehmun-gen des Arztes
Grundlegende Ausstattung
• Stethoskop • RR Messgerät• Reflexhammer• Handschuhe !!!• Formulare !!!
Grundlegende Ausstattung
• Bz Messgerät• Ampullarium
Fakultative Ausstattung
• Notfallkoffer mit O2- Flasche
• Infusionen• Spritzen etc.• O2-Sättigung• Ggf.
Troponinschnelltest
Fakultative Ausstattung
• Intubationsset und entsprechende Medikamente
Hausbesuchsformen
• Routinehausbesuch • Akuthausbesuch
Routinehausbesuch
Routinehausbesuch
• Meist in der sprechstundenfreien Zeit • Wenn möglich mit Anmeldung (z.B.
Einbeziehung der Angehörigen bzw. Pflegedienst )
Besonderheiten des Routinehausbesuches
• Je älter der Patient, desto notwendiger der Hausbesuch
• regelmäßige Kontakte• Exakte Kenntnis der
Vorgeschichte (erlebte Anamnese)
• Besichtigung der familiären Situation
• Kontrolle Medikation• enge Arzt-Patienten-
Beziehung
Ziel des Hausbesuches
• Aufrechterhalten des geistigen und körperlichen Funktionszustandes in der häuslichen Umgebung.
• Vermeidung von Krankenhauseinweisung so lange es geht.
• Prävention (frühzeitige Erkennung von Folgeschäden bei chron. Erkrankungen z.B. Ulzera bei PAVK, Decubitalulzera
Versorgungssituation zu Hause
• Hauptbezugsperson• Wohnumfeld (z.B. Zugang,Nachbarn,
Begehbarkeit,Krankenbett,Toilette)• Hausapotheke
(Medikamente,Medikamentenplan)• Behandlungen zu Hause (z.B.
Katheter,Pflegedokumentation)
Häufigste Indikation für Routinehausbesuche
• Herzinsuffizienz• Diabetes mellitus• Hypertonie • KHK• TIA• Z.n. Schlaganfall• Demenz (deutlich steigend)
Statistische Daten
• In Deutschland führt ein Hausarzt 10 mal mehr Hausbesuche als Kollegen in Portugal und dreimal mehr Hausbesuche als Kollegen in der Schweiz durch.
Statistische Daten
• Durch Hausbesuche wird die Versorgung insbesondere von Pflegepatienten sichergestellt.
• Der Hausbesuch sichert die Versorgung.
Problematik
• Hoher Zeitaufwand (ca. 1/4 der gesamten Arbeitszeit eines Hausarztes entfallen auf Hausbesuche )
• Durch enge Einbindung ins häusliche Umfeld auch starke psychische Belastung des Arztes (Sterbebegleitung, Konflikte mit Angehörigen)
Routinehausbesuch Fallbeispiel 1• Besuch in
Seniorenwohngemeinschaft.• 78 jähriger Patient mit Demenz
am ehesten vaskulärer Genese.• RR 120/80 mmHg, • Bz. 168 mg%• Leicht erhöhte Temperatur.• Klagt über leichte Schmerzn im
rechten Unterschenkel
Folie 2a• Klinisches BildVorfuß bläulich livide
verfärbt.Puls A. Poplitea re. tastbar.Puls A. Dorsalis pedis und A.
tibialis post fehlt.Vorfuß deutlich überwärmt
Folie 2 b
• Bei weiterer Untersuchung Ulcus an der Ferse
• Ödembildung
Folie 3
• Diagnose :• Ulcus der Ferse• pAVK• Beginnende
Fußphlegmone
Mein Vorgehen• Anruf Krankentransport• Stationäre Einweisung• Gefäßchirurgie• Dort Antibiose,
Prostavasininfusion, • bisher keine OP.
Fazit
• Der Routinehausbesuch ist nicht ein notwendiges Übel sondern wichtiger Bestandteil der hausärztlich allgemeinmedizinischen Versorgung.
• Durch regelmäßige Hausbesuche ist der Verbleib eines Patienten in seiner gewohnten Umgebung länger möglich.
Akuthausbesuch
Akuthausbesuch
• Akuthausbesuche meist im Rahmen des ärztlichen Notdienstes
• Häufigkeit ist abhängig von lokalen Gegebenheiten (Rettungsdienst,Stadt/Land)
• Akutbesuche aus der Sprechstunde heraus sind glücklicherweise selten.
Besonderheiten des Akutbesuches
• Meist nur einmaliger Kontakt• Fehlende Kenntnis der Anamnese (keine
erlebte Anamnese)• Kurzfristige sog. Restriktive Behandlung• Keine enge Arzt/Patientenbeziehung
Besonderheiten des Akutbesuches
• Häufiger Krankenhauseinweisung• In Abhängigkeit von der Organisation der
Versorgung z.B. Rettungsdienst,kommen „echte Notfälle“ gar nicht bis regelmäßig vor. (Vitale Indikation z.B. Reanimation)
Akutbesuch
• Aus ärztlicher Sicht sind Notfälle häufig weniger dramatisch ,wie für den Patienten selbst.
• Es steht immer das subjektive Empfinden des Patienten im Vordergrund.
• Wichtig ist einen abwendbar gefährlichen Verlauf zu erkennen.
Akutbesuch Telefonanamnese
• Die Telefonanamnese stellt ein wichtiges Instrument der Abschätzung des Risikos dar.
• z.B.: Reicht der Arzt alleine aus oder sollte direkt der Rettungsdienst mit alarmiert werden.
Häufigste Indikation für Akutbesuche
• Fieber,Halsschmerzen,Koliken,Dyspnoe• Asthma/Husten,schmerzhafte Miktion,• Erbrechen,Durchfall• Unfälle,Verletzungen• Brustschmerz/Schwindel
Voraussetzungen des Arztes
• Der Arzt sollte in der Akutbehandlung der wichtigsten Notfälle erfahren sein und das Notfallmanagement beherrschen.
• Im Zweifelsfall sollte man immer „auf Nummer sicher gehen“
Probleme des Akutbesuches
• Keine exakte Verlaufskontrolle möglich• Begrenzte diagnostische Möglichkeiten• Häufig subjektive Beeinflussung der
Entscheidung• Oft Problem der Übergabe an Kollegen
Fallbeispiel
• Anruf Patient zu Hause • Kann nicht aufstehen• Klagt über heftige Rückenschmerzen• Leichter DS im Oberbauch• Übelkeit (lt. Patient vor Schmerz)
Fallbeispiel
• 41 jähriger Patient liegt gerade im Bett• Kein Fieber• RR 120/80 mmHg• Klopfschmerz über der BWS• Schmerz gürtelförmig im Oberbauch
Fallbeispiel
• V.a. Akute Pankreatitis• Dorsalgie in Höhe Th11/12
Fallbeispiel
• Stationäre Einweisung
Fallbeispiel
• 2 Wochen später erneuter Anruf wegen gleicher Symptomatik
• Erneute stationäre Einweisung
Fallbeispiel 2
• Anruf um 09.30 Uhr :• Mein Bruder liegt leblos in seiner Wohnung• Hat eingenässt und eingekotet• Hat wohl keine Krankenversicherung• War immer „stur“ .• Hat seit Monaten keinen mehr in die
Wohnung gelassen
Fallbeispiel 2
• Mein Vorgehen • Akutbesuch ja/nein ?
Fallbeispiel 2
• Pat 1953 geboren• Erweckbar• Keine Angaben zur
Person• Desorientiert• RR 60/.......• HF 140/min
Fallbeispiel 2
• Stat.Einweisung• HB 2,3 g%• HKT 9,1%• Urosepsis• Prognose ?• Bisher 7 EK• Dialyse
Diagnose : Verhungern !!!
Fallbeispiel 2
Zusammenfassung
• Hausbesuche sind kein Relikt aus alten Zeiten sondern gehören in ein modernes Konzept der hausärztlichen, flächendeckenden Versorgung.
Zusammenfassung
• Ziel ist es den Patienten zu Hause zu lassen. • Es sollte eine Restautonomie für den
Patienten erreicht werden.• Die Selbstbestimmung des Patienten steht
im Vordergrund.
Beispiel Hausbesuch 2• Pat 66 Jahre • Auffallend Cushing
Facies• Dg.: metastasiertes
Bronchial-Ca mit Fortecortin-Medikation
• Lebt bei Tochter zu Hause.
Beispiel Hausbesuch 3
• Pat > 80Jahre• Dg.: Alzheimer
Demenz• Dg.: Z.n. Hüft THEP
nach Sturz• Lebt bei Tochter zu
Hause
Hausbesuche
Vielen Dank
Folker Musial
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