Geothermie | WS 2011
Technik geothermischer Heizkraftwerke
Am Beispiel Landau
Hausarbeit zur Vorlesung Geothermie bei Prof. Dr. Thomas Schabbach
Wintersemester 2011/2012
Tim Pullmann
Matr.Nr.: 22731
Email: [email protected]
Nordhausen, den 11. Januar 2012
FH-Nordhausen | Geothermie | Tim Pullmann Seite 2 von 15
Inhaltsverzeichnis
1. Einfhrung ............................................................................................................... 3
2. Grundlagen ............................................................................................................. 3
2.1 Was ist Geothermie? ........................................................................................ 3
2.2 Nutzungsmglichkeiten .................................................................................... 4
2.2.1 Petrothermale Nutzung mithilfe des HDR-Verfahrens ................................... 4
2.2.2 Hydrothermale Nutzung ................................................................................ 5
2.3 Varianten der Stromerzeugung......................................................................... 6
3. Geothermie am Beispiel Landau ............................................................................. 8
3.1 Welches Verfahren wird in Landau angewendet? ............................................. 8
3.2 Standortwahl .................................................................................................... 8
3.3 Erbauung ......................................................................................................... 9
3.4 Allgemeines ..................................................................................................... 9
3.5 Funktionsweise ................................................................................................ 9
3.6 Aktuelles .........................................................................................................14
Literaturverzeichnis ........................................................................................................15
Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Wirkungsgradverlauf von ORC- und Kalina-Prozess im Vergleich [5] .......... 7
Abbildung 2: Schema des geothermischen Heizkraftwerks Landau [7] ...........................11
Abbildung 3: Schematisches T, s-Diagramm von Isopentan [13] ....................................12
Abbildung 4: Schaltbild eines geothermischen ORC Kraftwerks [13] ..............................12
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1. Einfhrung
Im Rahmen dieser Arbeit werden die technischen Gegebenheiten geothermischer
Heizkraftwerke und ihre Funktionsweise unter dem Fokus der Mglichkeiten der
Strom- beziehungsweise der Wrmegewinnung dargestellt und am Kraftwerk
Landau gezeigt, wie diese in der Praxis umgesetzt werden.
Am Anfang meiner Arbeit werde ich die Geothermie allgemein nher betrachten
und diverse Nutzungskonzepte aufzeigen. Im Speziellen werde ich mich dann mit
dem geothermischen Heizkraftwerk Landau in der Pfalz beschftigen und an
diesem Beispiel die Standortwahl und verschiedene Mglichkeiten der
Realisierung von geothermischen Heizkraftwerken darstellen. Ich werde den
Prozess der Stromgewinnung durch geothermische Energie nher beleuchten
und Schwierigkeiten offenlegen. Am Ende meiner Arbeit stelle ich die aktuelle
Situation des geothermischen Heizkraftwerks Landau dar.
2. Grundlagen
2.1 Was ist Geothermie?
Der Begriff Geothermie leitet sich aus dem griechischen ab und bedeutet
Erdwrme.
Als die Erde vor 4,5 Milliarden Jahren entstand, war eine der drei regenerativen
Primrquellen geboren. Neben der Sonne, die fr Wind, Globalstrahlung,
Meeresstrme, Wellen, Niederschlag, Verdunstung, das Wachstum jeglicher
Biomasse und der Erwrmung von Erdoberflche, Meeren und Atmosphre,
sowie fr die vergangene Bildung von Kohle, Erdgas und Erdl verantwortlich ist
und der Planetengravitation und bewegung, welche die Gezeiten ermglicht, ist
die Erdwrme verantwortlich fr das warme Erdinnere.
Diese im Inneren der Erde gespeicherte thermische Energie bewirkt einen
Wrmestrom an die Erdoberflche, welcher sich nach [1] aus drei verschiedenen
Quellen speist:
1. Whrend der Erdentstehung wurde Gravitationsenergie fast vollstndig in
Wrmeenergie umgewandelt, welche die erste Quelle darstellt.
2. Die schon vor der Erdentstehung vorhandene, sogenannte Ursprungswrme
bildet die zweite Quelle.
3. Die dritte Quelle sind radioaktive Zerfallsprozesse, die vorwiegend in der
Erdkruste ablaufen.
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2.2 Nutzungsmglichkeiten
Dieser Wrmestrom lsst sich auf verschiedene Arten nutzen. Man unterscheidet
hierzu zwischen oberflchennaher und tiefer Geothermie. Die Grenze hierzu
wurde bei 400m festgelegt [2].
Bei der oberflchennahen Geothermie gibt es verschiedene Mglichkeiten, die
genutzt werden, um mithilfe einer Wrmepumpe Wohnhuser zu heizen oder
Trinkwasser zu erwrmen. Auf diese Variante werde ich jedoch nicht nher
eingehen, da sie fr Heizkraftwerke keine Rolle spielt.
In der tiefen Geothermie unterscheidet man zwischen drei verschiedenen
Verfahren:
1. Hydrothermale Nutzung
2. Nutzung durch tiefe Einzelsonden
3. Petrothermale Nutzung mittels HDR Verfahren
Ich werde nun nher auf die petrothermale Nutzung mittels HDR- Verfahren und die hydrothermale Nutzung eingehen. Diese beiden Verfahren sind die einzigen, die sowohl zur Strom- als auch zur Wrmeerzeugung einsetzbar sind. Die Nutzung durch tiefe Einzelsonden ist nach [1] eher als Behelfsmethode fr verunglckte Bohrungen zu verstehen, wenn beispielsweise eine Bohrung ein Thermalvorkommen nicht wie geplant erschlieen konnte oder wenn sie nicht mehr als Injektions- oder Frderbohrung genutzt werden kann.
2.2.1 Petrothermale Nutzung mithilfe des HDR-Verfahrens
Petrothermale Nutzung meint die Nutzung des trockenen Erdreichs in groer
Tiefe zur Energiegewinnung. Hierbei wird das HDR-Verfahren benutzt, um den
Wrmestrom aus der Tiefe bereitzustellen. HDR ist eine Abkrzung fr die
englischen Worte Hot dry rock, was heier trockener Stein bedeutet. Der Name
leitet sich von der Grundidee des Verfahrens ab, Gesteinsformationen in groer
Tiefe als Wrmetauscher zu benutzen. Das Wasser wird hierbei durch Pumpen
von der Oberflche aus injiziert. Damit der Stein als Wrmetauscher funktioniert,
sind Risse ntig. In der Vergangenheit wurde dies mit dem sogenannten Los-
Alamos-Konzept versucht. Hierbei wird Wasser mit hohem Druck in die tiefen
Gesteinsschichten injiziert, sodass es zu Rissen im Gestein kommt. Durch diese
Risse soll spter das Medium flieen, das erwrmt werden soll. Einige Kilometer
von der Injektionsbohrung entfernt soll das Wrmetrgermedium durch die
Frderbohrung zurck an die Oberflche gepumpt werden.
Dieses Konzept hat sich aber aufgrund des geringen Volumenstroms durch das
Gestein als unpraktisch erwiesen, da die mehrere 100 Liter pro Sekunde
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Frdervolumenstrom, die nach [1] fr die Stromerzeugung notwendig sind, durch
die kleinen Risse im Gestein nicht erreicht werden konnten. Aus diesem Grund
setzt ein deutsch-franzsisches Forscherteam in Soultz im Oberelsa bei der
Realisierung eines geothermischen Kraftwerks zur Stromerzeugung auf eine
Methode aus England. Das HDR-Konzept aus Cornwall sieht vor, dass das
Gestein schon vor der knstlichen Rissbildung durch das eindringende Wasser
Risse haben sollte, um hhere Volumenstrme zu erreichen.
Insgesamt ist die HDR Technologie noch sehr unerforscht. Es gibt nur wenige
Pilotprojekte, die zeigen sollen, ob die Technologie eine sichere und langfristige
Stromproduktion ermglicht. Das Potential, das die HDR-Technologie bietet, ist
auf jeden Fall enorm gro, wesentlich grer als das der anderen Technologien
zur Nutzung von Erdwrme. In Deutschland existiert in der Tiefe von 3000m bis
7000m eine gespeicherte Energie, die die bundesweite Nachfrage bertrifft. [1]
2.2.2 Hydrothermale Nutzung
Die hydrothermale Nutzung der Erdwrme erfordert eine wasserfhrende Schicht
in ausreichender Tiefe. Dieses Thermalwasser wird angebohrt und gefrdert.
Seine hohe Temperatur kann fr Wrmenetze, in einigen Fllen auch zur
Stromerzeugung, genutzt werden. Das abgekhlte Thermalwasser wird nun durch
eine Injektionsbohrung wieder in die Erde zurckgespeist. Wichtig ist, dass immer
gengend Wasser rckinjiziert wird, um eine nachhaltige Energiegewinnung zu
ermglichen und das Aquifer nicht auszutrocknen.
Die hydrothermale Nutzung bietet zahlreiche Vorteile gegenber der HDR
Technologie: Es muss nicht so tief gebohrt werden. In geeigneten Regionen, auf
die ich im Kapitel Standortwahl noch eingehen werde, findet man schon in relativ
geringer Tiefe geeignete Grundwassertrger, sogenannte Aquifere. Auerdem ist
das Wasser im Aquifer als Wrmetrgermedium nutzbar und muss nicht erst in
die Tiefe gepumpt werden. Natrlich kommt es bei der Suche nach der richtigen
Bohrtiefe auch auf den Verwendungszweck des gefrderten Thermalwassers an.
Zur Nutzung der geothermischen Wrme in Fern- und Nahwrmenetzen sind
weniger hohe Thermalfluidtemperaturen notwendig, als zur geothermischen
Stromerzeugung. Ein weiterer Vorteil des hydrothermalen Verfahrens besteht
darin, dass das Wrmetransportmedium schon vorhanden ist und im Prozess
weitestgehend erhalten bleibt. Der groe Nachteil ist jedoch, dass dieses
Verfahren eben nur an Orten einsetzbar ist, an denen es Aquifere in geeigneter
Tiefe gibt. Des Weiteren sind die Temperaturen, die beim HDR-Verfahren erreicht
werden knnen, wesentlich hher, was einen hheren Wirkungsgrad zur Folge
hat. Zur geothermischen Stromerzeugung eignet sich das petrothermale
Verfahren aufgrund der hheren Temperaturen mehr.
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2.3 Varianten der Stromerzeugung
Die Stromerzeugung wird nach [3] in 3 Varianten unterschieden:
- Offenes System (Thermalfluid stellt das Arbeitsmittel dar)
- Geschlossenes System (Thermalfluid bertrgt Wrme auf ein anderes, hufig
organisches Arbeitsmittel)
- Kombinierte Systeme
Offene Systeme erfordern berhitzten Dampf, der aus dem Erdreich kommt. Bei
der direkten Dampferzeugung muss dieser Anteil des berhitzten Dampfs im
Wasser-Dampf-Gemisch sehr hoch sein, da bei diesem Verfahren der Dampf
nicht vom Rest separiert wird. Bei geringerem Dampfgehalt eignen sich
sogenannte Single oder Double Flash Systeme, bei welchen das Gemisch zuerst
in einem Flash Behlter teilentspannt wird. [3] Hierdurch wird der Dampfanteil
erhht, was eine Leistungssteigerung der Dampfturbine zur Folge hat. Ich mchte
nicht nher auf offene Systeme eingehen, da diese in Deutschland keine
Anwendung finden und auch in Zukunft, aufgrund der geringen Fluidtemperaturen
und des, wenn berhaupt vorhandenen, dann sehr geringen Dampfanteils, nicht
finden werden.
Geschlossene Systeme nutzen das hoch temperierte Thermalwasser zur
Erwrmung eines Arbeitsfluides. Der Grund hierfr ist die Vermeidung einer
hohen Salzkonzentration im Arbeitsmedium, die die direkte Nutzung des
Thermalfluides mit sich bringt. Diese kann nmlich einen hheren Verschlei der
Anlage zur Folge haben. Auerdem existiert die Mglichkeit, durch organische
Arbeitsmittel (ORC-Prozess) den Dampfdruck auch schon bei geringeren
Temperaturen zu erreichen. Beim ORC-Prozess zirkuliert, wie beim Kalina-
Prozess, ein Arbeitsmedium in einem abgeschlossenen Kreislauf. Der
Unterschied zwischen den beiden Prozessen ist jeweils das Arbeitsmedium. Im
ORC (Organic Rankine Circle)-Prozess wird ein organsiches Arbeitsmedium
verwendet, welches, im Vergleich zu Wasser, schon durch geringere
Wrmezufuhr verdampft und berhitzt werden kann. Im Kalina-Prozess wird in
Wasser gelster Ammoniak verwendet, welcher jedoch stark toxisch ist. [4] Im
Wirkungsgrad liegt der Kalina-Prozess leicht ber dem ORC-Prozess, wobei es
auf das im ORC-Prozess verwendete organische Arbeitsmedium ankommt. In
Abbildung 1 sind die elektrischen Wirkungsgrade der beiden Prozesse in
Abhngigkeit von der Thermalwassertemperatur abgetragen. Es wird deutlich,
dass der Wirkungsgrad des ORC-Prozesses bis zu einer Temperatur von 180 C
noch deutlich unter dem des Kalina-Prozesses liegt.
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Abbildung 1: Wirkungsgradverlauf von ORC- und Kalina-Prozess im Vergleich [5]
Das Arbeitsmittel ist auch der Grund fr eine erhhte Korrosivitt an Turbine und
Wrmebertrger beim ORC-Prozess. Ein weiterer Vorteil des Kalina-Prozesses
ist die Turbine. Es kann, im Gegensatz zu dem ORC-Prozess, bei welchem
aufgrund des differierenden Molekulargewichts und der geringen spezifischen
Wrmekapazitt spezielle Turbinen bentigt werden, eine Wasserdampfturbine
verwendet werden. Der Nachteil am Kalina-Prozess ist die, aufgrund des
schlechteren Wrmebertragungsverhaltens und der geringeren
Temperaturdifferenzen in den Wrmebertrgern, erhhte Gre der Anlage.
Dazu kommt, dass es nur wenige Anlagen mit Kalina-Prozess gibt. [3] Der groe
Vorteil von geschlossenen Systemen mit ORC- beziehungsweise Kalina-Prozess
ist die Mglichkeit, schon geringe Fluidtemperaturen zur Dampferzeugung nutzen
zu knnen. Bei der Nutzung von Wasser als Arbeitsmedium sind Temperaturen
von ber 400 C notwendig, um mit einer Turbine Strom zu erzeugen. Da man in
der Geothermie in Deutschland jedoch durch kein Verfahren
Thermalwassertemperaturen jenseits der 200 C erreichen wird, scheidet Wasser
als Arbeitsmedium im geschlossenen Prozess aus. Es muss also zur
geothermischen Stromerzeugung entweder der ORC- oder der Kalina-Prozess
gewhlt werden. Welcher Prozess zum Einsatz kommt, hngt von den bereits
beschriebenen Faktoren ab.
Kombinierte Systeme bestehen meistens aus einem Single Flash-Prozess,
welcher mit einem ORC-Prozess gekoppelt wird. Auch hierbei ist ein bestimmter
Dampfgehalt im Thermalwasser Voraussetzung. Eine Anwendung hierfr sehe ich
zum Beispiel in Italien, also an Orten, an denen das Thermalwasser mit hohem
Dampfgehalt gefrdert wird.
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3. Geothermie am Beispiel Landau
3.1 Welches Verfahren wird in Landau angewendet?
Das geothermische Heizkraftwerk in Landau ist eine hydrothermale Anlage. Sie
nutzt nach [6] ein Aquifer in ungefhr 3000m Tiefe. Die Anlage frdert nach [7] 50
80 l/s knapp 160 C heies Thermalwasser, welches zur kombinierten Strom
und Wrmeerzeugung genutzt wird. Das Verfahren eignet sich in Landau, da man
hier schon in geringen Tiefen hohe Temperaturen vorfindet. In diesen Tiefen
finden sich Aquifere mit Thermalwasser mit hoher Konzentration an gelsten
Salzen [6].
Zur Stromerzeugung wird in Landau ein geschlossenes System mit einem ORC-
Prozess genutzt. Die verbleibende Restwrme des Thermalwassers wird an ein
Fernwrmenetz abgegeben. Im gesamten Prozess wird das Wasser von 160 C
auf 50 C abgekhlt und wieder in das Aquifer injiziert.
3.2 Standortwahl
Das Besondere am Standort Landau ist der hohe Temperaturgradient. Dieser
beschreibt die nderung der Temperatur pro Kilometer Bohrtiefe. Die
durchschnittliche Temperaturzunahme in Deutschland betrgt 30 C pro
Kilometer. In Landau liegt dieser Wert nach [6] bei 47 C pro Kilometer. Nur so
kann Thermalwasser mit einer Temperatur von 160 C schon in einer Bohrtiefe
von 3300m gefrdert werden.
Der Oberrheingraben, in welchem Landau liegt, bietet ein groes geothermisches
Potential. Weitere Gebiete, in denen auch heute schon geothermische Kraftwerke
betrieben werden, sind das norddeutsche Becken und das Molassebecken im
Sden Bayerns.
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3.3 Erbauung
Die wichtigsten Schritte der Erbauung des geothermischen Heizkraftwerks
Landau sind in der nachfolgenden Tabelle nach [7] dargestellt:
Mitte 2003 Beginn der Vorbereitungen
August bis November 2005 Frderbohrung
Januar bis April 2006 Injektionsbohrung
Februar 2006 Vorbereitung des Kraftwerks
Dezember 2006 Baubeginn Kraftwerk
Mrz bis Mai 2007 Zirkulationstest
Mai 2007 Bau der Khlanlage fr den ORC-Prozess
August 2007 Bau des Turbogenerators
21. November 2007 Inbetriebnahme
Januar 2008 Aufnahme des Dauerbetriebs
Hervorhebenswert ist, dass die Erbauung von der ersten Bohrung bis zur
Inbetriebnahme nur etwas ber 2 Jahre gedauert hat.
3.4 Allgemeines
Die Thermalwassertemperatur von 160 C ist die hchste in deutschen
Geothermiekraftwerken. Dieser hohe Wert berraschte am Anfang selbst die
Bauingenieure positiv, die mit einer ca. 10 C geringeren Temperatur gerechnet
hatten. Der Volumenstrom von 50 80 l/s, den die Anlage frdert, ist ebenfalls ein
vergleichsweise hoher Wert, der aber in letzter Zeit nicht aufrecht erhalten werden
konnte. Mehr dazu im Kapitel 3.6 Aktuelles.
3.5 Funktionsweise
Das Heizkraftwerk besteht, wie jedes geothermische Kraftwerk, aus einem Ober-
und einem Untertageteil.
Der Untertageteil besteht aus Frder- und Injektionsbohrung. Die Erschlieung
des unterirdischen Reservoirs erfolgt mithilfe von Bohrtechnologien, die aus
Erdl, Erdgas und Wassergewinnung bekannt sind. [3] Eine Besonderheit des
Untertageteils des geothermischen Heizkraftwerks Landau ist die
Thermalwassererschlieung. Sie erfolgt nicht mit der einfachsten
Erschlieungsvariante der Dublette, bei der zwei parallele gerade Bohrungen in
gleicher Tiefe enden, sondern durch abgelenkte Bohrungen (siehe Abbildung 2).
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Der Vorteil ist der geringe Abstand, den die beiden Bohrungen bertage
voneinander haben. Dieser betrgt in Landau lediglich 7m. Damit der
Untertageabstand der Bohrungen, der zur Wiedererwrmung des
Thermalwassers durch den heien Untergrund ntig ist, eingehalten wird, wurden
die Bohrungen ab einer Tiefe von 1000m voneinander abgelenkt. [8] Die eine
Bohrung wurde um 25, die andere um 33 abgelenkt. [7] So entsteht nach [8] ein
Untertageabstand der beiden Bohrungen von 1200m. Der geringe Abstand
bertage trgt dazu bei, die Trassenfhrung kurz zu halten, wodurch
Investitionen gespart werden knnen.
Der bertageteil des Heizkraftwerks hat folgende Aufgaben:
- Frderung des Thermalwassers und Druckerhhung vor der Injektion
- Wrmebertragung an ORC-Prozess
- Wrmebertragung an das Heizwerk
- Reinjektion und vorherige Qualittssicherung des Thermalwassers
Zur Frderung des Thermalwassers werden Pumpen verwendet, die unterhalb
der Hhe des Wasserspiegels angebracht werden. Der Wasserspiegel sinkt
aufgrund von Reibungsdruckverlusten in der Bohrung bei Betrieb der Pumpe
volumenstromabhngig unter das Niveau bei Stillstand. Deshalb werden Pumpen
in Tiefen von 100m 400m eingebaut. Die Pumpe sollte trotz ihres
Einsatzzweckes zur Bereitstellung einer Grundlast eine Regelungstechnik
besitzen, um sowohl auf vernderte Speichereigenschaften reagieren zu knnen
als auch ein speicherschonendes An- und Abfahren der Anlage zu ermglichen.
[3]
Zur Wrmebertragung werden in den meisten Fllen Plattenkondensatoren aus
Titan eingesetzt, da sich diese bei Kontakt mit Thermalwssern als
korrosionsunempfindlich erwiesen haben. Um zu vermeiden, dass Thermalwasser
in den Heizkreislauf strmt, was eine Erhhung der Salzkonzentration im
Heizungswasser des Wrmenetzes zur Folge htte, wird dieser mit berdruck
betrieben. Zwischen ORC-Kreislauf und Thermalwasserkreislauf muss unbedingt
darauf geachtet werden, dass auf keiner Seite eine Vermischung auftritt. Dies
erfolgt durch permanente berwachung der Leitfhigkeit. [3]
Die Sicherung der Qualitt des Reinjektionswassers ist notwendig, um das
chemische Gleichgewicht im Aquifer zu gewhrleisten. Verunreinigungen sind zu
vermeiden. In einigen Fllen kann es zum Beispiel beim Anfahren der Anlage
dazu kommen, dass Schmierl der Pumpe in den Thermalwasserkreislauf
eindringt. Aufgrund solcher Ereignisse ist es notwendig, das Thermalwasser vor
der Reinjektion zu filtern. [3]
FH-Nordhausen | Geothermie | Tim Pullmann Seite 11 von 15
Bei der Reinjektion ist aufgrund der Druckverluste in den Rohrleitungen der
Injektionsbohrung und dem gewnschten berdruck, der ntig ist, um das
Thermalwasser in die Mitte des unterirdischen Speichers zu pumpen, eine
Druckerhhung erforderlich. Der ntige berdruck ist abhngig vom gefrderten
Volumenstrom. [3]
Zusammengefasst sieht das geothermische Heizkraftwerk im Modell Landau
folgendermaen aus:
Abbildung 2: Schema des geothermischen Heizkraftwerks Landau [7]
Dem heien Thermalwasser wird ber ein geschlossenes System mithilfe eines
Wrmetauschers Wrme entzogen, die auf ein organisches Arbeitsmedium, bei
dem es sich in Landau nach [7] um Isopentan handelt, bertragen wird. Das
Thermalwasser wird hierbei bis auf 70 C herabgekhlt. Das Kltemittel
verdampft und treibt eine Turbine an, die ber einen Generator Strom erzeugt.
Das Kraftwerk Landau erzeugt so 3 MW elektrische Leistung.
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Abbildung 3, die ein schematisches Temperatur, Entropie-Diagramm von
Isopentan darstellt, soll zur Verdeutlichung des ORC-Kreisprozesses dienen.
Abbildung 3: Schematisches T, s-Diagramm von Isopentan [13]
Abbildung 4: Schaltbild eines geothermischen ORC Kraftwerks [13]
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Erluterung der Abbildungen 3 und 4:
Es handelt sich hierbei um einen ORC Prozess. Die einzelnen Ziffern
entsprechen den Prozessschritten, die sowohl im T, s-Diagramm (siehe
Abbildung 3), als auch im Schaltbild (siehe Abbildung 4), gekennzeichnet sind. Im
Folgenden wird erklrt, was bei den einzelnen Prozessschritten genau passiert:
1 2 Pumpe
2 3 interner Rekuperator, der das Isopentan mithilfe von Restwrme aus
der Turbine vorwrmt.
3 4 Vorwrmer wrmt das Isopentan mithilfe des nach dem Verdampfer
schon etwas abgekhlten Thermalwassers vor.
4 5 Verdampfer Verdampft das Isopentan mithilfe des direkt aus der
Frderbohrung kommenden Thermalwassers ber einen
Wrmetauscher.
5 6 Turbine Entspannt das Isopentan und erzeugt dabei ber einen
Generator Strom.
6 7 interner Rekuperator Nutzt das noch nicht kondensierte Isopentan zur
Vorwrmung am Punkt 2.
7 1 Kondensator Kondensiert das Isopentan mithilfe von Umgebungsluft
ber einen Wrmetauscher.
Zuerst wird das Arbeitsmittel also nach dem Kondensator, der es durch kalte
Umgebungsluft kondensieren lsst, durch heies Arbeitsmittel, das kurz nach der
Turbine abgefhrt wird, vorgewrmt. Danach wird es vom Thermalfluid
vorgewrmt und dann von selbigem verdampft. Die Turbine dient nun dazu,
mithilfe des Generators dazu Strom zu erzeugen.
Nach der Stromerzeugung mithilfe des ORC-Prozesses folgt in Landau die
Nutzung der Restwrme:
Das nach dem ersten Wrmetauscher fr den Stromerzeugungsprozess nur noch
70 C warme Thermalwasser wird ber einen zweiten Wrmetauscher auf 50 C
abgekhlt. Diese Wrme wird auf in einem Fernwrmenetz zirkulierendes Wasser
abgegeben. Dieses kann zu Spitzenlastzeiten durch eine fossile Zusatzfeuerung
weiter erwrmt werden. (siehe Abbildung 2) Die Zusatzfeuerung erwrmt hierbei
ein Fluid in einem geschlossenem Kreislauf, welches seine Wrme ber einen
Wrmetauscher an das zuvor durch das Thermalwasser erwrmte Heizwasser
abgibt. Das hat den Vorteil, dass die fossile Zusatzfeuerung bei der Erwrmung
eines kleineren Kreislaufs weniger Ressourcen verbraucht. Auerdem kann die
Erhhung der Temperatur im Heizwasser ber den Volumenstrom des den
FH-Nordhausen | Geothermie | Tim Pullmann Seite 14 von 15
Wrmetauscher durchflieenden fossil erwrmten Wassers genau reguliert
werden.
Das geothermische Heizkraftwerk Landau besitzt eine thermische Leistung von 6-
8 MW, die in Zukunft zur Beheizung von bis zu 1000 Haushalten dienen soll.
Dazu wurde das Kraftwerk auf dem ehemaligen Gelnde des franzsischen
Militrs errichtet, welches ein hohes Potential fr den Ausbau des
Fernwrmenetzes bietet. [7]
3.6 Aktuelles
Das geothermische Heizkraftwerk Landau nahm im Januar 2008 seinen
Dauerbetrieb auf. [7] Im Oktober 2010 folgte der Dauerbetrieb des
Fernwrmenetzes mit zu dieser Zeit rund 550 Haushalten. Die geo-x GmbH, die
das Kraftwerk betreibt, ist zu diesem Zeitpunkt noch zuversichtlich bis 2014
weitere 750 Haushalte mit Energie aus Erdwrme versorgen zu knnen. [9] Es
gibt jedoch in Landau nach [10] seit September 2009 kleinere Beben mit einer
Magnitude von bis zu 3 auf der Richter Skala. Die Geothermienutzung wird dafr
zur Verantwortung gezogen. Im Dezember 2010 fordern Experten den
Kraftwerksbetreiber auf die Umgebung seismisch zu beobachten, nachdem sie in
ihrem Gutachten das geothermische Heizkraftwerk fr die Erdbeben
verantwortlich machen. [11]
Infolge dessen muss der Betreiber den Volumenstrom des gefrderten
Thermalwassers reduzieren, um weiteren Beben vorzubeugen. Das fhrt dazu,
dass man mehr fossile Zusatzenergie bentigt, um die Wrme fr das
Fernwrmenetz bereitzustellen. Diese zustzlichen Kosten fhren dazu, dass das
Kraftwerk keinen Gewinn mehr abwirft, sondern Schulden macht.
Der Energieversorger Energie Sdwest, der zusammen mit den Pfalzwerken
Geldgeber fr das Projekt ist, will nach [12] aus dem Projekt aussteigen. Noch
Anfang 2012 soll ber Ausstiegsszenarien verhandelt werden. Dem Projekt droht
ohne Geldgeber der Bankrott.
FH-Nordhausen | Geothermie | Tim Pullmann Seite 15 von 15
Literaturverzeichnis
[1] M. Kaltschmitt, E. Huenges und H. Wolff, Energie aus Erdwrme, Heidelberg,
Spektrum Akademischer Verlag, 2009.
[2] V. Wesselak und T. Schabbach, Regenerative Energietechnik, Heidelberg,
Springer Verlag Berlin, 2009.
[3] M. Kaltschmitt, W. Streicher und A. Wiese, Erneuerbare Energien Systemtechnik
Wirtschaftlichkeit Umweltaspekte, Berlin Heidelberg, Springer-Verlag, 2006, p. 547ff.
[4] P. Loose, Erdwrmenutzung, Heidelberg, C.F. Mller, 2009, p. 17.
[5] C. Kuck, Uni Stuttgart, 1 Februar 2011. [Online]. Available: http://www.ige.uni-
stuttgart.de/fileadmin/ressourcenRedakteure/pdf/Vorlesung/Sonderprobleme/WS10_11
/20110201_Tiefengeothermie.pdf. [Zugriff am 6 Januar 2012].
[6] BINE Informationsdienst, Tiefer Erdwrme auf der Spur, BINE Informationsdienst,
Bonn, 2011.
[7] BINE Informationsdienst, Geothermische Stromerzeugung in Landau, BINE
Informationsdienst, Bonn, 2007.
[8] VDI Nachrichten, 1 Dezember 2006. [Online]. Available: http://www.vdi-
nachrichten.com/artikel/Unser-Kraftwerk-ist-die-Erde/30912/2. [Zugriff am 6 Januar
2012].
[9] Pfalzwerke, Pfalzwerke.de, 27 Oktober 2012. [Online]. Available:
http://www.pfalzwerke.de/unternehmen/presse/5497_6301.php. [Zugriff am 6 Januar
2011].
[10] P. Bethge und C. Lauenstein, Das Beben von Landau, Der Spiegel, 39/2009.
[11] Spiegel Online, Geothermiekraftwerk soll Beben ausgelst haben, 8 Dezember
2010. [Online]. Available:
http://www.spiegel.de/wissenschaft/technik/0,1518,733530,00.html. [Zugriff am 6
Januar 2012].
[12] Allgemeine Zeitung, Geothermie-Kraftwerk in Landau droht das Aus, 15
Dezember 2011. [Online]. Available: http://www.allgemeine-
zeitung.de/nachrichten/politik/rheinland-pfalz/11481922.htm. [Zugriff am 6 Januar
2012].
[13] Heberle, www.geothermie.de, 17 November 2009. [Online]. Available:
http://www.geothermie.de/fileadmin/useruploads/aktuelles/Geothermiekongress/vortrae
ge/TF13_Heberle.pdf. [Zugriff am 6 Januar 2011].
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