GIZ Wirkungsdaten 2016
Qualitative ergänzende Auswertung
Impressum
Als Bundesunternehmen unterstützt die GIZ die deutsche Bundesregierung bei der Erreichung ihrer
Ziele in der Internationalen Zusammenarbeit für nachhaltige Entwicklung.
Als Stabsstelle Evaluierung der GIZ untersteht sie organisatorisch direkt dem Vorstand und ist vom
operativen Geschäft getrennt. Diese Organisationsstruktur stärkt ihre Unabhängigkeit. Die Stabs-
stelle Evaluierung ist mandatiert, zur Entscheidungsfindung evidenzbasierte Ergebnisse und Emp-
fehlungen zu generieren, einen glaubwürdigen Wirkungsnachweis zu erbringen und die Transpa-
renz zu den Ergebnissen zu erhöhen.
Autor:
Oliver Karkoschka
Konzeption, Koordination und Management
Claudia Kornahrens, Gruppenleiterin Stabsstelle
Evaluierung
Dr. Judith Müller-Gerold, GIZ Stabsstelle Evaluierung
Verantwortlich:
Dr. Ricardo Gomez, GIZ, Leiter Stabsstelle Evaluie-
rung
Herausgeberin:
Deutsche Gesellschaft für
Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH
Sitz der Gesellschaft
Bonn und Eschborn
Friedrich-Ebert-Allee 36 + 40
53113 Bonn, Deutschland
T +49 228 4460-0
F +49 228 4460 - 1766
I www.giz.de/evaluierung
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www.facebook.com/gizprofile
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Design/Layout etc.:
DITHO Design GmbH, Köln
Druck und Vertrieb:
GIZ, Bonn
Gedruckt auf 100 % Recyclingpapier, nach FSC-
Standards zertifiziert.
Erscheinungsort und -Jahr:
Bonn, September 2017
Das vorliegende Dokument ist auf der GIZ-Website
als pdf-Download verfügbar unter www.giz.de/evalu-
ierung. Anfragen nach einer gedruckten Ausgabe
richten Sie bitte an [email protected]
Inhalt
1 Hintergrund, Ziel und Einordnung ..................................................................................... 6
2 Vorgehen und Methodik ..................................................................................................... 7
3 Wirkungen im Bereich Beschäftigung ............................................................................... 9
3.1 Breitenwirksame Wachstums- und Beschäftigungsförderung in Nigeria .................. 10
3.2 Förderung von Wirtschaft und Beschäftigung in Ruanda ......................................... 15
3.3 Beschäftigungsförderung durch Energieeffizienz und erneuerbare Energien in
Moscheen. Teil der Sonderinitiative Nordafrika, Nahost .......................................... 20
3.4 Beschäftigung für nachhaltige Entwicklung in Afrika (E4D) ..................................... 24
4 Wirkungen im Bereich Berufliche Bildung ...................................................................... 28
4.1 Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung in Ghana, Durchführungsbereich Berufliche
Bildung .................................................................................................................... 28
4.2 Unterstützung der Berufsbildungsreform in Pakistan ............................................... 34
4.3 Berufliche Bildung im Norden und Osten Sri Lankas ............................................... 39
5 Gute Regierungsführung: Demokratieförderung, Dezentralisierung und
Kommunalentwicklung ........................................................................................................ 44
5.1 Unterstützung der Dezentralisierung und Kommunalentwicklung in Benin .............. 45
5.2 Politische Teilhabe an Governance Reformprozessen und Armutsminderung in
Sambia .................................................................................................................... 51
5.3 Reformprogramm zur Kommunalentwicklung in Palästina ...................................... 54
5.4 Bürgerbüros im Vorhaben „Kommunalentwicklung im Südkaukasus“ ...................... 58
4
Abkürzungen AV Auftragsverantwortliche/r bzw. Auftragsverantwortung BDC Business Development Committee BMZ Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung CBN Central Bank of Nigeria CBT Competency Based Training CIM Centrum für Internationale Migration COVTET Council for Technical and Vocational Education and Training CV Curriculum Vitae CVT Cooperative Vocational Training DFID Department for International Development DW Deutsche Welle E4D Employment for Development ECOWAS Economic Community of West African States EH Entwicklungshelfer/in EU Europäische Union FMB Fach- und Methodenbereich FZ Finanzielle Zusammenarbeit GIS Geographisches Informationssystem GIZ Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit IF Integrierte Fachkraft KESC Kigali Employment Service Centre KKMU Kleinst-, Kleine und Mittlere Unternehmen KMU Kleinst- und Kleinunternehmen KOICA Korea International Cooperation Agency MA Mitarbeiter/in MFB Mikrofinanzbank NFK Nationale Fachkräfte NORAD Norwegian Agency for Development Cooperation NPC Non-Profit Company NRO Nichtregierungsorganisation PEV Projektevaluierung PV Programmvorschlag
5
SDG Sustainable Development Goal SIE Société d'Investissements Energétiques (Marokko) SLGTI Sri Lanka-German Training Institute SOGA Employment and Skills for Eastern Africa TRIMS Trade Route Incident Mapping System TZ Technische Zusammenarbeit UNDP United Nations Development Programme ZGO Zivilgesellschaftliche Organisation
6
1 Hintergrund, Ziel und Einordnung
GIZ Wirkungsdaten 2016
Wirkungsorientierung ist ein wichtiges Qualitätsmerk-
mal der Arbeit der GIZ. Die Steuerung der Vorhaben
sowie Monitoring und Evaluierungen in der GIZ sind
daher stark darauf ausgerichtet, das Erreichen von
Wirkungen zu fördern und Wirkungen nachzuweisen.
Anhand einzelner Projekte und Beispiele ist das gut
machbar. Aber lassen sich diese Wirkungen auch ag-
gregiert, also über Projekt- und Ländergrenzen hin-
weg, regional oder weltweit gebündelt darstellen?
Wie können einzelne Wirkungen von Projekten mit
unterschiedlichen Rahmenbedingungen und aus un-
terschiedlichen Kontexten zusammengefasst wer-
den? Wie sich solche projekt- und länderübergrei-
fende Wirkungen erfassen lassen, damit hat sich die
GIZ in der Theorie und Praxis intensiv beschäftigt.
Das Ergebnis: Seit 2014 erfasst die GIZ diese Wir-
kungen mit Hilfe sogenannter Aggregationsindikato-
ren. Dabei ist zu beachten, dass Projekte, die von
der GIZ im Auftrag umgesetzt werden, immer ge-
meinsam mit Partnerorganisationen und Menschen
vor Ort und gegebenenfalls auch gemeinsam mit wei-
teren Gebern agieren. Folglich leistet die GIZ einen
von vielen Beiträgen, die zur Erreichung von Wirkun-
gen führen. Somit berichtet die GIZ über ihren Bei-
trag (‚contribution‘) zu einer bestimmten Wirkung,
schreibt sich das Erzielen dieser Wirkungen jedoch
nicht alleine zu (Zuordnung: ‚attribution‘).
Die Erhebung der Aggregationsindikatoren der GIZ
Wirkungsdaten 2016 war eine unternehmensweite
Initiative, die von den Stabsstellen Evaluierung und
Unternehmenskommunikation koordiniert wurde.
Ausgehend von den Erfahrungen aus der ersten Er-
hebung und den neuen Prioritäten der Bundesregie-
rung hat der Vorstand für die Erhebung Anfang 2016
22 Themen ausgewählt, die in 11 Sektoren mit Hilfe
von 34 Indikatoren im Sommer 2016 erhoben wur-
den. Die Ergebnisse wurden dann bis Mitte Novem-
ber 2016 in Kooperation zwischen der Stabstelle
Evaluierung, den jeweiligen Fachplaner/innen des
FMB und der Stabstelle Unternehmenskommunika-
tion plausibilisiert und veröffentlicht
(https://www.giz.de/de/downloads/giz2015-de-evalu-
ierungsbericht_2012-2014.pdf)1. Die GIZ ist dadurch
besser in der Lage, zu strategisch wichtigen und für
die Öffentlichkeit interessanten Aspekten ihrer Arbeit
in den verschiedenen Sektoren weltweit oder
1 Die Möglichkeiten und Grenzen der aggregierten Wirkungsberichterstattung sowie
die Erfahrungen und Ergebnisse der Datenerhebung 2016 werden in einer Broschüre
zusammengefasst, die im Herbst 2017 veröffentlicht wird.
regional zu berichten. Die Ergebnisse der Datenerhe-
bung können von allen Kolleginnen und Kollegen der
GIZ genutzt werden, beispielsweise für die öffentlich-
keitswirksame Kommunikation, in den parlamentari-
schen Raum, als Referenz im Dialog mit Auftragge-
bern sowie für die Akquisition neuer Aufträge.
Zielsetzung der Studie – Zoomen in beispielhafte
Wirkungen
Die sich aus der Erhebung der Wirkungsdaten erge-
benden quantitativen Ergebnisse sollen durch den
vorliegenden Bericht qualitativ ergänzt werden. Die
Wirkungsdaten 2016 sollen beispielhaft durch das
„Zoomen“ in einzelne Vorhaben und deren Wirkun-
gen auf Zielgruppeneben beschrieben werden. Dar-
über hinaus soll die Wirkungslogik einzelner Vorha-
ben von der Beratungsleistung bis zur Erreichung der
Zielgruppe exemplarisch beleuchtet werden. Die er-
reichten Wirkungen sollen auch in den Kontext der
Agenda 2030 und der Ziele für nachhaltige Entwick-
lung gestellt werden. Es ist darüber hinaus vorgese-
hen, die im Bericht dargestellten Ergebnisse auch in
eine Publikation der Stabstelle zu den Wirkungsdaten
2016 einfließen zu lassen.
Die Komplexität der Ansätze und Wirkungszusam-
menhänge der einzelnen Vorhaben wird dabei nur
beispielhaft beleuchtet, jedoch in keinem Fall umfas-
send abgebildet2. Auch werden die Vielfalt und Stra-
tegien der Ansätze in den Sektoren nicht vollständig
wiedergegeben. Der Anspruch dieser Studie ist ledig-
lich die Kontextualisierung einzelner Wirkungen, um
die Zahlen der Wirkungsdaten 2016 dadurch zu ver-
anschaulichen.
Struktur des Berichtes
Die drei Sektoren Beschäftigung, berufliche Bildung
und Good Governance bilden mit ihren Kapiteln die
Grundstruktur des Berichtes. Zu Beginn jeden Kapi-
tels erfolgt eine kurze Zusammenfassung der Wir-
kungen, Ansätze und Kontexte der einzelnen Vorha-
ben des jeweiligen Sektors. Auch wird auf
Gemeinsamkeiten und Unterschiede bzw. Besonder-
heiten zwischen den Vorhaben hingewiesen. Die
Darstellung der einzelnen Vorhaben beginnt jeweils
2 Die umfassende Darstellung der Wirkungszusammenhänge und die Bewertung des
Erfolges der Vorhaben einschließlich deren Wirkungen erfolgt im Rahmen des Evalu-
ierungssystems der GIZ unter anderem durch die Projektevaluierung.
7
mit einer kurzen Einführung zum Kontext und nennt
die jeweilige Zielsetzung und Ansatzpunkte des Vor-
habens. Im Folgenden werden dann beispielhaft aus-
gesuchte Wirkungen der Vorhaben sowie die Wir-
kungszusammenhänge der Leistungen illustriert.
Zum Abschluss jedes Vorhabens werden deren Wir-
kungen auch im Kontext der Agenda 2030 eingeord-
net und die Ziele für nachhaltige Entwicklung aufge-
zählt, zu denen das Vorhaben einen Beitrag leistet.
2 Vorgehen und Methodik
Die qualitative ergänzende Auswertung der Wir-
kungsdaten 2016 sollte beispielhaft zu einigen Indi-
katoren und anhand ausgewählter Vorhaben erfol-
gen. Die dafür erforderliche Fokussierung erfolgte in
mehreren Schritten:
1. Zunächst wurden durch die Stabsstelle Eva-
luierung im Dezember 2016 drei Sektoren
für die qualitativ ergänzende Auswertung
ausgewählt: Berufliche Bildung, Beschäfti-
gung und Good Governance. Dadurch erga-
ben sich fünf Indikatoren (siehe Kasten).
2. Für jeden der drei Sektoren wurde anschlie-
ßend eine Liste von ca. 20 Vorhaben als
Grundlage für die weitere Auswahl erstellt.
Dies erfolgte durch zwei sich ergänzende
Vorgehensweisen:
2.1 Aufnahme von Vorschlägen des Fach- und
Methodenbereichs (FMB) anschaulicher „ty-
pischer“ Vorhaben, welche sich für die Aus-
wertung eignen. Die Auswahl erfolgte auf
Basis der Erfahrungen der (Senior)/Fachpla-
ner/innen.
Wie arbeitet die GIZ?
Die GIZ arbeitet für nachhaltige Entwicklung durch einen ganzheitlichen Ansatz und die partnerschaftli-
che Verantwortung für die Zielerreichung in verschiedenen Rollen z.B. beratend, vermittelnd, mediato-
risch und mitgestaltend. Die GIZ unterstützt Menschen dabei, Fachwissen sowie Handlungs- und Steu-
erungskompetenz zu erwerben. Organisationen, Behörden und Unternehmen erhalten Beratung, um ihre
Organisations-, Management- und Produktionsstrukturen leistungsfähiger zu machen. Und sie berät Re-
gierungen darin, Ziele und Veränderungsprozesse in Gesetzen und Strategien zu verankern und landes-
weit umzusetzen. Wirkungsvolle und nachhaltige Reformen sind die politischen und gesellschaftlichen
Rahmenbedingungen. Ohne sie bleiben Veränderungen auf lokaler Ebene oft punktuell und mittelfristig
wirkungslos. Die Arbeit auf nationaler Ebene verbessert darüber hinaus die Breitenwirksamkeit von Lö-
sungen und Wirkungen auf lokaler Ebene. Daher arbeitet die GIZ auf mehreren Ebenen: lokal, subnati-
onal, national und in einigen Vorhaben auch regional bzw. kontinental. Die angestrebten langfristigen
Wirkungen werden darüber hinaus mit den Interessengruppen aus Staat, Privatwirtschaft und Zivilge-
sellschaft erarbeitet und abgestimmt.
Von rund 18.000 Beschäftigten der GIZ in mehr als 120 Ländern sind rund 70 Prozent als nationales
Personal vor Ort tätig. Außerdem entsendet die GIZ derzeit etwa 640 Entwicklungshelferinnen und Ent-
wicklungshelfer. Darüber hinaus vermittelt CIM, eine Arbeitsgemeinschaft aus GIZ und der Bundesagen-
tur für Arbeit, jährlich fast 1.000 Integrierte und Rückkehrende Fachkräfte an lokale Arbeitgeber in den
Einsatzländern und unterstützt diese finanziell und durch Beratungs- und Serviceleistungen.
8
2.2 Identifikation der Vorhaben, welche bei den
Wirkungsdaten 2016 hohe Beiträge zu den
ausgewählten Indikatoren leisten.
3. Durch Sichtung der verfügbaren Dokumente
wie Programmvorschläge und PEV-Berichte
zu den insgesamt ca. 60 Vorhaben wurden
im Dezember 2016 und Januar 2017 unter-
schiedliche Wirkungsbereiche, Ansätze und
Kontexte identifiziert. Es sollte sichergestellt
werden, dass Beispiele in die Auswertung
einfließen, die unterschiedliche Haupt- und
Subthemen beinhalten. So wurde die Anzahl
der Vorhaben pro Sektor auf ca. 8 – 10 redu-
ziert.
4. Eine Auswahl von ca. 6 – 8 Vorhaben er-
folgte dann wiederum in einem Gespräch
zwischen Stabsstelle Evaluierung, FMB und
Gutachter. Dabei ging es darum, bei den
ausgewählten Beispielen die Verschieden-
heit der Kontexte und der behandelten The-
men zu gewährleisten. Darüber hinaus spiel-
ten praktisch Gründe wie parallele andere
Belastungen bei Vorhaben oder die Präsenz
aussagefähiger Ansprechpartner/innen zu
den Vorhaben eine Rolle bei der Auswahl.
5. Eine weitere Reduzierung auf 4 Vorhaben
pro Sektor erfolgte dann durch praktische
Gründe wie die Verfügbarkeit von Ansprech-
partner/innen im Zeitraum der Interviews
März 2017.
Für die Darstellung der einzelnen Beispiele der quali-
tativen Ergänzungen der Wirkungsdaten 2016 wur-
den Dokumente und weitere Materialien der Vorha-
ben genutzt, insbesondere der Programmvorschlag,
Projektevaluierungsberichte, Projektfortschrittsbe-
richte sowie weitere durch die Vorhaben erstelltes
Material wie beispielsweise Filme oder Erfolgstories.
Zusätzlich wurden Interviews mit den Auftragsverant-
wortlichen der Vorhaben durchgeführt. Teilweise zo-
gen die Auftragsverantwortlichen weiteres Projekt-
personal zu den Gesprächen hinzu oder delegierten
diese Aufgaben. Die Originalzitate wurden durch die
Vorhaben eingeholt, teilweise konnte bereits vorlie-
gendes Interviewmaterial genutzt werden, teilweise
wurden die Gespräche im Kontext dieses Berichtes
durchgeführt.
Sektor Indikator Wirkungsaussage
Beschäftigung Anzahl der Menschen, die durch
den Beitrag von GIZ-Maßnahmen
bzw. -Vorhaben in Beschäftigung
gekommen sind.
Durch den Beitrag der GIZ und ih-
rer Partner sind zwischen 2010-
2015 weltweit 869.919 Menschen
in Beschäftigung gekommen. Der
Anteil der durch den Beitrag der
GIZ beschäftigten Frauen betrug
rund 50%.
Anzahl der Menschen, die durch
den Beitrag von GIZ-Maßnahmen
bzw. –Vorhaben von besseren Ar-
beitsbedingungen profitiert haben.
Anzahl der Menschen, die durch
den Beitrag von GIZ-Maßnahmen
bzw. –Vorhaben über ein höheres
Einkommen verfügen.
Durch den Beitrag der GIZ und ih-
rer Partner profitierten zwischen
2010-2015 weltweit mehr als 2
Millionen Menschen von besse-
ren Arbeitsbedingungen.
Durch den Beitrag der GIZ und ih-
rer Partner profitierten zwischen
2010-2015 weltweit mehr als 3
Millionen Menschen von einem
erhöhten Einkommen.
Berufliche Bildung Anzahl der Aus- und Fortzubilden-
den, die durch die Maßnahmen
bzw. Vorhaben der GIZ erreicht
wurden.
Durch den Beitrag der GIZ und ih-
rer Partner wurden zwischen 2010-
2015 weltweit über 1,3 Millionen
Aus- und Fortzubildende erreicht.
Übersicht über die für den Bericht ausgewählten Sektoren und Indikatoren
9
3 Wirkungen im Bereich Beschäftigung
Die beiden Indikatoren der Wirkungsdaten 2016 des
Themas Beschäftigungseffekte beziehen sich auf die
Anzahl der in Beschäftigung gekommen Menschen
sowie die Anzahl der Menschen, die von verbesser-
ten Arbeitsbedingungen profitierten, was auch erhöh-
tes Einkommen umfasst. Die Menschen in den unten
dargestellten Beispielen, die durch die Arbeit der GIZ
in Beschäftigung gekommen sind, sind vor allem Ab-
solvent/innen verschiedenster Qualifizierungsmaß-
nahmen in den unterschiedlichsten Sektoren.
Der Arbeitskontext der Menschen, welche durch die
Arbeit der GIZ von besseren Arbeitsbedingungen
profitieren oder (auch) ein höheres Einkommen erzie-
len, sind alleine in den wenigen Beispielen sehr un-
terschiedlich. Sehr häufig sind es die sowohl Lei-
ter/innen als auch Mitarbeiter/innen Kleinster, Kleiner
und Mittlerer Unternehmen in den verschiedensten
Sektoren. Auch im informellen Sektor tätige Perso-
nen wie z. B. lokale Verkäuferinnen von Früchten
konnten von verbesserten Arbeitsbedingungen und
gleichzeitig auch von einem höheren Einkommen
profitieren. Alle dargestellten Vorhaben erzielen Wir-
kungen zu den beiden Indikatoren „Anzahl der in
Beschäftigung gekommen Menschen“ sowie „Anzahl
der Menschen, die von verbesserten Arbeitsbedin-
gungen profitiert haben“. So führen eine höhere Pro-
duktivität oder bessere Vermarktungsbedingun-
gen für kleinste Unternehmen zu einem höheren
Betriebseinkommen und erlauben Investitionen in
mehr Arbeitsplätze und bessere Arbeitsbedingungen.
Da die in dieser Studie aufgeführten Projektbeispiele
auch Elemente der Qualifikation umsetzen und Aus-
und Fortzubildende erreichen, tragen sie darüber hin-
aus auch zum entsprechenden Indikator des Themas
Berufliche Bildung bei. Die Ansätze der Projektbei-
spiele basieren alle auf einer Analyse der Gründe für
Arbeitslosigkeit, Unterbeschäftigung oder schlechten
Arbeitsbedingungen. Die konkreten Maßnahmen sind
oft unterschiedlich und auch innerhalb der Länder auf
den jeweiligen spezifischen Kontext ausgerichtet. Sie
setzen an zwei Punkten an:
Ein Hebel ist die Schaffung von Arbeitsplätzen und
die Verbesserung der Arbeitsbedingungen, insbeson-
dere durch Privatwirtschaftsförderung beispielsweise
durch Verbesserungen des Geschäftsumfeldes, die
im Rahmen von Privaten-öffentlichen Dialogen identi-
fiziert wurden. Auch führte der Zugang zu Business
Development Services oder zu Finanzdienstleistun-
gen durch Entwicklung des Finanzsystems zu den
beabsichtigten Wirkungen. Oft gehen dabei techni-
sche Aspekte wie Produktinnovationen und Entwick-
lung neuer Businessmodelle Hand in Hand mit der
Förderung von Dialog und Zusammenarbeit wie bei-
spielsweise der Förderung eines strukturierten Dia-
logs zwischen Staat und Privatwirtschaft zur Verbes-
serung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und
des Geschäfts- und Investitionsklimas. Ansätze zur
Förderung von Zusammenschlüssen von Vertretern
der lokalen Wirtschaft tragen ebenfalls dazu bei,
dass Menschen von verbesserten Arbeitsbedingun-
gen profitieren. In einem Beispiel sind auch Ertrags-
steigerungen in landwirtschaftlichen Wertschöpfungs-
ketten der Anlass für höheres Einkommen, in einem
anderen Beispiel ermöglichte die verminderte
Gute Regierungsführung Anzahl der Menschen, die mit Un-
terstützung von Maßnahmen bzw.
Vorhaben der GIZ von mehr politi-
scher Mitbestimmung profitiert ha-
ben
Durch den Beitrag der GIZ und ih-
rer Partner profitierten zwischen
2010-2015 weltweit mehr als 34
Millionen Menschen von mehr po-
litischer Mitbestimmung.
Anzahl der Menschen, die mit Un-
terstützung von Maßnahmen bzw.
Vorhaben der GIZ Zugang zu
staatlichen Dienstleistungen erhal-
ten haben.
Durch den Beitrag der GIZ und ih-
rer Partner haben über 91 Millio-
nen Menschen Zugang zu staatli-
chen Dienstleistungen erhalten.
Dies umfasst auch den verbesser-
ten Zugang zu kommunalen
Dienstleistungen.
10
Korruption höhere Betriebseinkünfte und Einkom-
men. Weiterer zentraler Ansatzpunkt ist die Verbes-
serung der Beschäftigungsfähigkeit durch (berufliche)
Bildung und Qualifizierung. In den Beispielen spielen
dabei marktorientierte und qualitativ hochwertige
Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen zu fachlich
technischen Inhalten wie auch zu weiteren Themen
wie Entrepreneurship teilweise spezifisch für Ge-
schäftsfrauen eine wichtige Rolle. Dies führt einer-
seits dazu, dass die besser qualifizierten Menschen
überhaupt in Beschäftigung kommen, andererseits
ermöglicht es kleinsten Unternehmen oft die Verbes-
serung ihres Einkommens. Das Beispiel aus Ruanda
setzt darüber hinaus noch an der Verbesserung der
Abstimmungsmechanismen auf dem Arbeitsmarkt
an, um Menschen zu einer Beschäftigung zu verhel-
fen. Drei der vier Vorhaben setzen auch auf nationa-
ler Ebene an. Lokale Aktivitäten werden verknüpft mit
Maßnahmen auf nationaler Ebene, um Reformen zu
unterstützen, Rahmenbedingungen zu verbessern
sowie Nachhaltigkeit und Breitenwirksamkeit zu för-
dern. Zur Sicherung der Nachhaltigkeit spielen in den
Beispielen auch Mechanismen für den verbesserten
Austausch und Zusammenarbeit zwischen staatli-
chen und privatwirtschaftlichen Akteuren eine wich-
tige Rolle.
Liste der Beispiele im Bereich Beschäftigung
3.1 Breitenwirksame Wachstums- und Beschäftigungsförderung in Nigeria
3.2 Förderung von Wirtschaft und Beschäftigung in Ruanda
3.3 Beschäftigungsförderung durch Energieeffizienz und erneuerbare Energien in Moscheen. Teil
der Sonderinitiative Nordafrika, Nahost
3.4 Beschäftigung für nachhaltige Entwicklung in Afrika (E4D)
3.1 Breitenwirksame Wachstums- und Beschäftigungsförderung in Nigeria
Geringe Beschäftigungsmöglichkeiten durch un-
günstige Rahmenbedingungen für kleinere Unter-
nehmen
Trotz hoher Wachstumsraten ist die wirtschaftliche
und soziale Situation in Nigeria weiterhin von hoher
Armut und Unterbeschäftigung geprägt. Zwei Drittel
der Bevölkerung leben unterhalb der Armutsgrenze.
Die Schaffung neuer Arbeitsplätze hält mit dem Be-
völkerungswachstum nicht Schritt. So sind über 40%
der Menschen im erwerbsfähigen Alter entweder ar-
beitslos, unterbeschäftigt oder haben sich aufgrund
mangelnder Beschäftigungsmöglichkeiten vom Ar-
beitsmarkt zurückgezogen. Gleichzeitig besteht ins-
besondere für Kleinst-, Kleine und Mittlere Unterneh-
men (KKMU) ein Entwicklungspotenzial, das sich aus
dem mit knapp 180 Millionen Einwohnern sehr gro-
ßen inländischen Markt ergibt. Auch bieten sich Ex-
portchancen insbesondere im Raum der Westafrika-
nischen Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS).
Beschränkend sind jedoch unzureichende wirt-
schaftspolitische Rahmenbedingungen und der stark
eingeschränkte Zugang der Kleinst-, Kleinen und
Mittleren Unternehmen zu Investitionskapital und Fi-
nanzdienstleistungen. Mikrofinanzierung ist noch
nicht weit verbreitet in Nigeria. Die Anzahl der vom
formalen Finanzsektor ausgeschlossenen Menschen,
die keinen Zugang zu Krediten haben, ist mit fast 37
Millionen sehr hoch.
Umfassende Lösungsansätze des Vorhabens für
breitenwirksames Wachstum
Das Vorhaben „Breitenwirksame Wachstums- und
Beschäftigungsförderung in Nigeria“, finanziert durch
das BMZ und die Europäische Union, setzt an meh-
reren Hebeln an: es fördert das wirtschaftliche
Wachstum, die Schaffung von produktiven und men-
schenwürdigen Arbeitsplätzen sowie die Erhöhung
der Einkommen vor allem armer Haushalte. Um die-
sem Anspruch gerecht zu werden arbeitet das Vorha-
ben auf nationaler Ebene, in drei Bundesstaaten so-
wie in ausgewählten Kommunen. Inhaltlich arbeitet
das Vorhaben in vier Handlungsfeldern, die sich ge-
genseitig ergänzen: Im Bereich Finanzsystement-
wicklung, mit dem Schwerpunkt Zugang von KKMU
zu effizienten und kundenorientierten Finanzdiens-
leistungen, Verbesserung des Geschäfts- und
Investitionsklimas durch Reformmaßnahmen, Han-
delspolitik zur Stärkung der nigerianischen Exporte
sowie die Förderung der Wertschöpfungsketten Kar-
toffel, Maniok und Reis, sowie der nicht-landwirt-
schaftlichen Wertschöpfungskette Hausbau (af-
fordable housing).
11
Verbesserung des Geschäfts- und Investitionskli-
mas durch Zusammenschlüsse und „One-Stop-
Shops“
Das Vorhaben berät staatliche Akteure bei der Ent-
wicklung und Umsetzung von Politiken und Reformen
zur Verbesserung des Geschäfts- und Investiti-
onsklimas. Ein wichtiger Ansatzpunkt ist dabei die
Stärkung der Zusammenarbeit von staatlichen Stel-
len mit Unternehmensverbänden sowie privaten
Kompetenzzentren. Das Vorhaben unterstützt dazu
auch die Bildung von freiwilligen Zusammenschlüs-
sen von Vertretern der lokalen Wirtschaft (Business
Development Committees, BDCs). In diesem Rah-
men wird die Planung und Umsetzung konkreter Initi-
ativen der lokalen Wirtschaftsentwicklung verbessert.
Beispielsweise wurden für Unternehmerinnen spezifi-
sche Trainingsmodule entwickelt. In 96 Schulen wur-
den die Themen Entrepreneurship und Karrierepla-
nung nachhaltig in den Lehrplänen verankert. Dafür
wurden durch das Vorhaben Unternehmer/innen- und
deren Zusammenschlüsse durch Fortbildungen,
Mentoring, Durchführung evidenzbasierter Studien
sowie durch die Bereitstellung externer Expertise un-
terstützt.
Durch die erzielte stärkere Einbindung von Kammern
und Verbänden der Privatwirtschaft in die Entwick-
lung und Umsetzung von Reformen sowie die öffent-
lichen Foren über Gesetzesinitiativen konnte die
Transparenz von Reformprozessen für alle erhöht
werden.
Ein wichtiges Element der Maßnahmen in den insge-
samt 32 Kommunen in drei Bundesstaaten ist die Or-
ganisation von öffentlich-privaten Dialogforen zu
verschiedenen Themen. Daraus ergab sich auch die
Einrichtung zentraler Anlaufstellen für Privatunter-
nehmen, wozu das Vorhaben die zuständigen öffent-
lichen Institutionen berät. Durch die sogenannten
„One-Stop-Shops“ werden die staatlichen Dienstleis-
tungen für Unternehmen unter einem Dach gebün-
delt. Die One-Stop-Shops werden zusätzlich von Mi-
nisterien und Behörden durch die Abordnung von
Mitarbeiter/innen unterstützt. So konnten beispiels-
weise alleine im Bundesstaat Niger seit 2014 Investi-
tionen von über 75 Mio. US$ erreicht werden.
Finanzdienstleistungen zur Entwicklung von klei-
nen Unternehmen Im Handlungsfeld Finanzsystementwicklung setzt das Projekt an ganz unterschiedlichen Stellen an:
1. Die GIZ berät ausgewählte politische Ent-
scheidungsträger und bildet das Personal
von Ministerien und Behörden auf bundes-
staatlicher Ebene sowie bei Lokalregier-
ungen weiter. Ziel ist die Umsetzung von Re-
formen und die Entwicklung neuer Politiken,
Strategien, und Gesetze auf Basis einer ver-
besserten Datengrundlage. Dabei soll die
Relevanz der erweiterten Angebote für är-
mere Bevölkerungsschichten sowie die Aus-
richtung an den Bedürfnissen von Frauen si-
chergestellt werden. Auch wird dazu
beigetragen, dass die Gestaltung von Mikro-
finanzprodukten fair und kundenfreundlich
erfolgt. Dazu werden Aufsichtsinstanzen
durch Fortbildungen und Beratung von Ar-
beitsgruppen unterstützt. Eines der Beispiele
erfolgreicher Unterstützung ist die verab-
schiedete Mikroversicherungsrichtlinie.
Das Vorhaben spielte auch eine maßgebli-
che Rolle im nationalen Steuerungskomitee
zu Mikroversicherungen. Dieses hatte einen
Arbeitsplan entwickelt und eines der ersten
und wichtigsten Ergebnisse ist die Entwick-
lung und Verabschiedung eines Ausbil-
dungsplans zu Mikroversicherungen beim
Ausbildungsinstitut für Versicherungen und
Finanzmanagement. Dies sichert die Na-
chhaltigkeit der Wirkungen.
2. Ein Hauptaugenmerk liegt auch in der Unter-
stützung der Zentralbank (Central Bank of
Nigeria, CBN) bei der Wahrnehmung ihrer
Überwachungsfunktion im Bereich Mikrofi-
nanz sowie bei der Umsetzung der sich aus
den Unternehmensleitbildern ergebenden
sozialen Zielen der Mikrofinanzbanken. Dar-
über hinaus wird angestrebt, dass die Mikro-
finanzbanken eine angemessene Kosten-
kalkulation und Preisgestaltung entwickeln
und somit langfristig und nachhaltig die Kre-
ditzinsen im Bereich Mikrofinanz in Nigeria
gesenkt werden. Damit die CBN ihre Über-
wachungsfunktion effizienter ausüben kann
und die Mikrofinanzbanken selbst einschät-
zen können, ob sie die Vorgaben der CBN
erfüllen, wird zurzeit ein vom Vorhaben ent-
wickeltes Instrument zur Eigenbewertung
von Mikrofinanzinstituten mit dem Prü-
fungsansatz der Zentralbank harmoni-
siert.
3. Parallel dazu unterstützt das Vorhaben auch
den Zugang zu Finanzdienstleistungen von
Geschäftsbanken. Für einige spezifisch aus-
gewählte Wertschöpfungsketten wie Kartof-
fel oder Maniok hat das Vorhaben ein Instru-
ment zur wirtschaftlichen Gesamtbetrach-
tung und Beurteilung von Wertschöpfungs-
ketten, welche integrale Bestandteile der
12
Kreditfähigkeit sind, erarbeitet. Geschäfts-
banken können dadurch die Kreditfähig-
keit eines (potentiellen) Kreditnehmers
besser beurteilen.
4. Ergänzend stärkt das Vorhaben auch die
Kompetenzen und Bankfähigkeit der
KKMU selbst. Dies erfolgt über die Verbes-
serung von Beratungsdienstleistungen priva-
ter Anbieter sowie über gesteigerte Kompe-
tenzen zur Unterstützung von für KKMU
relevanten Wirtschaftsverbänden, und -kam-
mern. Darüber hinaus werden ausgewählte
Teilnehmer/innen direkt durch das Vorhaben
betriebswirtschaftlich ausgebildet, um diese
zu Unternehmensgründungen zu ermutigen
bzw. für den Arbeitsmarkt zu qualifizieren.
Eine sehr breite bessere finanzielle Grund-
bildung wird auch im Rahmen von „Road-
shows“ und der Verbreitung von Aufklä-
rungsmaterialien z.B. am Weltspartag
gefördert. Jugendlichen und Arbeitssuchen-
den wird so eine Perspektive aufgezeigt,
sich als Kleinstunternehmer/innen eine Exis-
tenz im eigenen Land aufzubauen.
5. Um die Ressourcen des Vorhabens zielge-
richtet einsetzen zu können, wurden in der 2.
Phase die Partner Mikrofinanzbanken des
Vorhabens in 3 Kategorien klassifiziert, um
die weitere leitungs- und potenzialge-
rechte Unterstützung der Banken durch
das Vorhaben zu ermöglichen. Als Ergebnis
dieser Maßnahmen entwickelten die Finan-
zinstitutionen, adäquate und kundenorien-
tiere Finanzdienstleistungen für KKMU und
ökonomisch aktive Haushalte. Über die Un-
terstützung des Projektes wurde so das Kre-
ditvolumen der Mikrofinanzbanken seit 2014
um 22% gesteigert. Die Anzahl der gegen-
wärtig 214.000 Kreditnehmer/innen pro Mik-
rofinanzbank erhöhte sich durch die Unter-
stützung um durchschnittlich 55%. Diese
können ihr wirtschaftliches Potenzial besser
nutzen. Die GIZ trägt so dazu bei, dass Men-
schen unternehmerische Ideen umsetzen
und aus eigener Kraft ein Einkommen erzie-
len können.
Ein Beispiel für entwicklungswirksame Mikrofinanzie-
rung ist Herr Abiodun aus Ota, einer Stadt im Bun-
desstaat Ogun. Gleich nachdem die Mikrofinanzbank
„Landgold MFB Ltd.“ in seinen Ort kam, hat er ein
Bankkonto eröffnet. Bald bekam er auch seinen ers-
ten Kleinstkredit über umgerechnet 200 Euro. Das
war vor vielen Jahren, als seine kleine Backstube
dringend eine Finanzspritze brauchte. Mit kleinen
Schritten und fristgerechter Zurückzahlung weiterer
Kredite hat er heute die in seinem Stadtteil größte
Bäckerei mit über 10 Angestellten. Und nicht nur das,
er konnte sich auch ein zweites Standbein aufbauen.
Sein letzter Kredit von Landgold MFB über immerhin
6.750 Euro ermöglichte ihm, einen leistungsstarken
Stromgenerator für seinen professionellen Event-
Mietservice zu erwerben.
Zur Erhöhung der Breitenwirksamkeit werden die Er-
fahrungen aus der Unterstützung der Mikrofinanz-
banken in den drei Bundesländern so aufbereitet,
dass Partnerinstitutionen diese auch in Regionen ein-
setzen können, in denen das Vorhaben keine direkte
Unterstützung leistet.
Entwicklung von verbesserten Technologien und
Geschäftsbeziehungen für Kleinbäuerinnen und
Kleinbauern
Im Handlungsfeld Wertschöpfungskettenförderung
werden die Geschäftsbeziehungen zwischen den
Kartoffel- oder Maniokproduzierenden KKMU und
den in der Weiterverarbeitung tätigen Unternehmen
ausgebaut. Dazu werden durch das Vorhaben u.a.
Geschäftskontakte vermittelt, der Einsatz neuer und
verbesserter Technologien gefördert sowie Finanzie-
rungsfragen geklärt. Dazu analysierte das Vorhaben
zunächst die besondere Relevanz der Wertschöp-
fungsketten für ärmere Bevölkerungsschichten, so-
wie die spezifischen Bedarfe weiblicher Arbeitskräfte
und der von Frauen geführten KKMU. Entsprechend
der Ergebnisse wurden dann die Fördermaßnahmen
gestaltet. Für jede einzelne Wertschöpfungskette
wurden Unterstützungsnetzwerke aus öffentlichen
und privaten Organisationen geschaffen und spezifi-
sche Fortbildungsmaßnahmen organisiert und durch-
geführt.
Eine besondere Erfolgsgeschichte ist die Förderung
der Kartoffel-Wertschöpfungskette. Der Konsum von
Kartoffeln hat sich in Nigeria im letzten Jahrzehnt
verdoppelt. Kartoffeln sind jedoch oft von schlechter
Qualität und teuer. Wichtige Anbauprinzipien werden
nicht befolgt. Mangelnde Lagermöglichkeiten führen
zu hohen Ernteverlusten.
Das Vorhaben entwickelte dafür einen umfassenden
Ansatz:
1. Vor Beginn des Projektes waren in Nigeria
nur vier Kartoffelsorten registriert, in Südaf-
rika beispielsweise sind es dagegen über
200. In Kooperation mit der German Food
Partnership wurden 12 neue Sorten einge-
führt.
13
2. Schulungen zu verbesserten landwirtschaft-
lichen Praktiken von mehr als 1.000 Bauern
und Bäuerinnen sowie Trainings für die wei-
tere Verarbeitung und Vermarktung von Kar-
toffeln wurden durchgeführt, um die Wert-
schöpfung zu erhöhen.
3. Zur Stärkung des unternehmerischen
Handelns kam das „Farmer Business
School“ Konzept zum Einsatz.
4. Als Produktinnovation wurde der bis dahin
in Nigeria unbekannte Kartoffelpuffer einge-
führt. Das Rezept wurde an den lokalen
Gaumen angepasst und etwa 1.000 Betrei-
berinnen von Garküchen wurden trainiert.
Dies förderte den Kartoffelkonsum und stei-
gerte besonders das Einkommen von
Frauen.
5. Durch den Bau von 12 Kartoffel-Lagerhäu-
sern konnten die Einnahmen von Kartoffel-
bauern um etwa 30 % erhöht werden.
6. Der Kartoffelverband wurde darin gestärkt,
die Interessen der Kartoffelbauern besser
zu vertreten. Dies betrifft z.B. die Gesetzge-
bung, Verfahren für Saatgutimporte, sowie
Zugang zu Dünger.
Dieser Ansatz zeigte seine Wirkungen: die Erträge
von Kartoffelbauern konnten von 3-6 t/ha auf über 12
t/ha gesteigert werden. Durch die größeren Mengen,
die Qualitätssteigerung und den Zusammenschluss
der zahlreichen Einzelgruppen zu einem Dachver-
band der Kartoffel-Produzenten im Bundesstaat Pla-
teau konnten Kleinbauern die Anforderungen von
landesweit agierenden Supermarktketten erfüllen und
fest in deren Zulieferketten eingebunden werden. Der
neue Kleinbauernverband übernimmt die Abwicklung
des Geschäftes, einschließlich Bedarfsvorschau, La-
gerung und Transport sowie die weitere Fortbildung
der Mitglieder. Diese erzielen pro Jahr rund 230.000
Euro Mehreinnahmen durch das beschriebene Mo-
dell. Diese Erfolge haben für die betroffenen Men-
schen eine besondere Bedeutung, da der Bundestaat
Plateau aufgrund der sozioethnischen Spannungen
insgesamt ein eher schwieriges Investitionsumfeld
bietet. Ähnlich erwartet das Vorhaben auch bei der Wert-
schöpfungskette Maniok eine Umsatzsteigerung der
Maniokbauern um ca. € 200.000 / Jahr über direkte
Lieferbeziehungen mit 26 Verarbeitungsbetrieben.
Erleichterungen für den Handel und den Export
Im vierten Handlungsfeld werden wiederum vor allem
auf nationaler Ebene Handelserleichterungen durch
den Abbau administrativer Hürden in Kooperation mit
dem Handelsministerium und der Zollverwaltung an-
gestrebt. Dazu erstellt das Vorhaben Studien zu den
Wirkungen von Handelsmaßnahmen und unterstützt
die zuständigen öffentlichen Stellen bei der Umset-
zung von ECOWAS-Maßnahmen im Handelsbereich.
Insgesamt wurden so rund 700 Beamte des Zolls und
anderer Institutionen im Bereich Handelsförderung
geschult. Unternehmensverbände und bisher ca.
1.000 KKMU werden durch das Vorhaben direkt zu
Handelsfragen informiert, sensibilisiert und fortgebil-
det. Dabei werden gezielt auch Unternehmerinnen
gestärkt. Sie können so die Vorteile von bestehenden
Handelsabkommen, wie z.B. die zollfreie Einfuhr von
Waren besser nutzen.
Weiterhin werden die Auswirkungen von Straßenkon-
trollen auf den Gütertransport und den Handel syste-
matisch beobachtet und ausgewertet. Das Vorhaben
geht dabei gemeinsam mit dem Bundestaat Ogun
und der Handelskammer einen völlig neuen Weg.
Eine spezifisch entwickelte Smartphone-App ver-
sucht, die Eindämmung der Korruption mit der
Verbesserung wirtschaftlicher Entwicklung zu
verbinden.
„Die Korruption in Nigeria
ist möglicherweise eines
der größten Hindernisse
für Demokratie, wirtschaft-
liche Entwicklung und die
Sicherheit der Menschen“,
urteilt der nigerianische
Rechtssoziologe Etannibi
Eo Alemika. So berichtete
Human Rights Watch in ih-
rem Report 2010, dass die
weit verbreitete Korruption
im Polizeiapparat zum Missbrauch am Bürger führe
und die Rechtsstaatlichkeit untergrabe.
Die im Rahmen des Vorhabens entwickelte Smart-
phone-App Trade Route Incident Mapping System
(TRIMS) erlaubt die anonyme Meldung von illegalen
Checkpoints an Handelsrouten und Grenzübergän-
gen. Mit TRIMS wird der Whistle-Blowing-Ansatz
erstmals im Zoll-und Warenverkehrswesen einge-
setzt und dem nigerianischen Länderkontext ange-
passt. Wichtiges Merkmal von TRIMS ist der Einsatz
moderner und zugleich allgemein verfügbarer Infor-
mations- und Kommunikationstechnologien. So kann
zukünftig jede Person, die von Korruption oder Ge-
walt betroffen ist, eine anonymisierte Nachricht an
14
eine netzbasierte
Crowdsourcing-
Plattform senden.
Gemeldet wird, wo
der Vorfall statt-
fand, welche Be-
hörde involviert
war, ob Gewalt an-
gewendet, wie lange man aufgehalten wurde und
welcher Betrag als Schmiergeld gezahlt werden
musste. Da keine Namen genannt werden, wird die
Möglichkeit ausgeschlossen, das System zur Denun-
ziation zu missbrauchen. Mit Unterstützung des Vor-
habens wurde das Instrument durch Radiopro-
gramme, Reklametafeln und
Informationsveranstaltungen auf den 35 Haupt-
distriktmärkten bekannt gemacht und die App ist in-
zwischen in ganz Nigeria nutzbar.
Einer der Nutzer ist Herr Sunday, ein 74-jähriger
Holzkohle-Händler. Für ihn hat TRIMS sehr wichtige
Veränderungen mit sich gebracht. Er zahlte vorher
regelmäßig mehr als das doppelte an Bestechungs-
geldern zusätzlich zu den regulären Straßengebüh-
ren auf seinen mit dem Kleinlaster zurückgelegten
Strecken. „Inzwischen haben wir nur noch selten
Probleme mit den Beamten. Wenn wir sagen, dass
wir nicht zahlen, ist es für sie meist in Ordnung“. Bislang sind 2.200 Meldungen eingegangen.
Die Auswertung zeigt ein klares Muster der Be-
schwerden, ca. 70% beziehen sich auf die Polizei.
Um daraus auch Verbesserungen zu entwickeln, un-
terstützte das Vorhaben in einem Bundesland die
anonymisierte Verbreitung der gesammelten Daten in
einem Newsletter und die Diskussion auf einer Ver-
anstaltung mit Vertretern aller Sicherheitsbehörden.
Ein entsprechender Verhaltenskodex von den Si-
cherheitsbehörden und seitens der verfassten Wirt-
schaft wurde im Zuge dessen erarbeitet und unter-
schrieben. Weitere Dialogveranstaltungen wurden
durch die National Association of Nigerian Traders
organisiert, um einen gemeinsamen Aktionsplan
aufzusetzen.
Ansatz zur Sicherung der Nachhaltigkeit und der
Breitenwirksamkeit
Durch die parallelen und komplementären Unterstüt-
zungsmaßnahmen auf nationaler, bundesstaatlicher
sowie lokaler Ebene und die systematische Aufberei-
tung von Lernerfahrungen und deren Einspeisung in
den Politikdialog auf der nationalen Ebene wird die
weitere Nutzung und dadurch die Breitenwirksamkeit
des Vorhabens gefördert. Durch die gleichzeitige Un-
terstützung von privaten und öffentlichen Akteuren
sowie die Förderung des Dialogs zwischen ihnen
konnten strukturelle Hindernisse für die Finanz- und
Privatsektorentwicklung überwunden werden. Wich-
tige Synergien ergeben sich auch durch die Verzah-
nung mit der deutschen Finanziellen Entwicklungszu-
sammenarbeit durch den komplementären Einsatz
von Investitionen und Beratung durch die GIZ bei der
Förderung und Beratung von Mikrofinanzbanken o-
der KKMU.
Herr Sunday
15
3.2 Förderung von Wirtschaft und Beschäftigung in Ruanda
Hohes Wirtschaftswachstum mit nur geringer Be-
schäftigungswirkung
Seit Mitte der 90er Jahre hat sich Ruanda wirtschaft-
lich und politisch schnell entwickelt und die Wirtschaft
verzeichnete in den vergangenen Jahren mit fast 8%
ein hohes Wachstum.Trotz dieses hohen Wirtschafts-
wachstums gehören Arbeitslosigkeit und Unterbe-
schäftigung weiterhin zu den größten Herausforde-
rungen Ruandas. Die Mehrheit der Bevölkerung
arbeitet im landwirtschaftlichen Sektor oder nur mit
geringem Einkommen.
Wirkungsbereiche des Vorhabens
Das Vorhaben leistet mit seinen Wirkungen einen Beitrag zu den drei Aggregationsindikatoren der Wirkungs-
daten 2016
Menschen in Beschäftigung: Anzahl der Menschen, die durch den Beitrag von GIZ-Maßnahmen bzw.
-Vorhaben in Beschäftigung gekommen sind.
Verbesserung von Arbeitsbedingungen: Anzahl der Menschen, die durch den Beitrag von GIZ-Maß-
nahmen bzw. –Vorhaben von besseren Arbeitsbedingungen profitiert haben. Sowie Anzahl der Men-
schen, die durch den Beitrag von GIZ-Maßnahmen bzw. –Vorhaben über ein höheres Einkommen ver-
fügen.
Qualifizierung/Berufliche Bildung: Anzahl der Aus- und Fortzubildenden, die durch die Maßnahmen
bzw. Vorhaben der GIZ erreicht wurden.
Die erfolgreiche Unterstützung von KKMU und Mikrofinanzbanken fördert das wirtschaftliche Wachstum, die
Schaffung von produktiven und menschenwürdigen Arbeitsplätzen, die Erhöhung der Einkommen ärmerer
Haushalte und die Verringerung der Armut. Das Vorhaben hat somit positive Auswirkungen auf
• das SDG 8: Dauerhaftes, inklusives und nachhaltiges Wirtschaftswachstum, produktive Vollbeschäfti-
gung und menschenwürdige Arbeit für alle fördern,
insbesondere auch die Unterziele:
o 8.3: Entwicklungsorientierte Politiken fördern, die produktive Tätigkeiten, die Schaffung menschen-
würdiger Arbeitsplätze, Unternehmertum, Kreativität und Innovation unterstützen, und die Forma-
lisierung und das Wachstum von Kleinst-, Klein- und Mittelunternehmen unter anderem durch den
Zugang zu Finanzdienstleistungen begünstigen,
o 8.10: Die Kapazitäten der nationalen Finanzinstitutionen stärken, um den Zugang zu Bank-, Versi-
cherungs- und Finanzdienstleistungen für alle zu begünstigen und zu erweitern.
• das SDG 1: Armut in allen ihren Formen und überall beenden
• das SDG 5: Geschlechtergleichstellung erreichen und alle Frauen und Mädchen zur Selbstbestimmung
befähigen.
16
Insbesondere Frauen arbeiten meist im informellen
Sektor in wenig produktiven Beschäftigungen. Die
Produktivität der ca. 90 % Kleinst- und Kleinunter-
nehmen (KMU) mit ein bis drei Arbeitskräften ist ge-
ring. Dafür sind auch das geringe Niveau der berufli-
chen Qualifizierung sowie geringe Kapazitäten
staatlicher und privater Wirtschaftsförderinstitutionen
verantwortlich. Die relevanten öffentlichen und priva-
ten Akteure sind noch nicht ausreichend leistungsfä-
hig, um einzeln oder gemeinsam zur Entwicklung
nachhaltiger Beschäftigung beizutragen.
Die Förderung von Beschäftigung steht weit oben auf
der nationalen Entwicklungsagenda. Die größten
Herausforderungen sind mehr Beschäftigungsmög-
lichkeiten insbesondere für Frauen und Jugendliche
und die Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Ru-
anda möchte die berufliche Qualifizierung verbes-
sern, die Privatwirtschaft fördern und in den Arbeits-
markt intervenieren. Ruanda plant jährlich 200.000
neue Arbeitsplätze zu schaffen und bis 2020 ein
Land mittleren Einkommens zu werden.
Privatwirtschaftsförderung und berufliche Qualifi-
zierung für mehr und produktivere Beschäftigung
Das Ziel des durch das BMZ finanzierten Vorhabens
Förderung von Wirtschaft und Beschäftigung in Ru-
anda ist es, die individuelle und gemeinschaftliche
Leistungsfähigkeit von öffentlichen und privaten Insti-
tutionen zur Entwicklung nachhaltiger Beschäftigung
zu verbessern. Dafür kombinierte das Vorhaben drei
Arbeitsgebiete3:
1. Privatwirtschaftsentwicklung: Das Vorha-
ben verbesserte die Wettbewerbsfähigkeit
von kleinen und mittleren Unternehmen. Die
Unterstützung durch die GIZ ist auf die Ver-
besserung des Geschäfts- und Investitions-
klimas auf nationaler und lokaler Ebene kon-
zentriert. In allen ausgewählten Sektoren
haben Umweltaspekte und Ansätze zur För-
derung von Frauen hohe Priorität.
2. Berufliche Bildung und Qualifizierung:
Schwerpunkt ist die Gestaltung eines nach-
frageorientierten, nachhaltigen und qualitativ
hochwertigen Angebots beruflicher Qualifi-
zierung für die wachsende Zahl von Leh-
rer/innen, Schüler/innen und Mitarbeiter/in-
nen in Unternehmen.
3 Das Vorhaben entwickelte 2016 seine Strategie weiter. Die Beispiele und Aussagen
hier beziehen sich auf den Zeitraum der Wirkungsdaten 2010 – 2015, auch wenn Teile
auch heute noch fortgeführt werden.
3. Das Handlungsfeld Arbeitsmarktinterven-
tionen ist das Bindeglied zwischen den bei-
den genannten Bereichen. Die Unterstüt-
zung fördert die Integration der Zielgruppen
in den Arbeitsmarkt. Dafür werden kohärente
nationale Strategien für Beschäftigung entwi-
ckelt und die Koordination und Umsetzung
von Interventionen für Beschäftigung wie
beispielsweise Arbeitsvermittlungszentren
und -dienstleistungen gestärkt.
Neben der gemeinsamen Steuerung des Vorhabens
mit den Partnern leistet die GIZ gegenüber den Part-
nern vor allem technische Beratung und Organisati-
onberatung und qualifiziert Fach- und Führungskräfte
der Partnerorganisationen. Außerdem spielt die GIZ
eine zentrale Rolle als Moderator und Facilitator für
die Gestaltung des Austausches und der Zusammen-
arbeit zwischen staatlichen Akteuren und dem Privat-
sektor, sowie bei der Entwicklung und Gestaltung der
Mechanismen der Zusammenarbeit. Im Folgenden
werden einzelne Wirkungen dieses Ansatzes exemp-
larisch dargestellt:
Strukturierter Dialog zwischen Staat und Privat-
wirtschaft zur Verbesserung der wirtschaftlichen
Rahmenbedingungen
Austauschmög-
lichkeiten zwi-
schen Vertretern
von staatlichen
Behörden und
der Privatwirt-
schaft - meistens
in Form von Dia-
logveranstaltun-
gen - wurden auf
Distriktebene geschaffen, um wichtige Fragestellun-
gen und Probleme der lokalen Wirtschaft zu themati-
sieren und Verbesserungen zu entwickeln. Diese
Treffen, die sogenannten Rwanda Public Private Dia-
logues, wurden durch das Projekt und das zustän-
dige nationale Sekretariat unterstützt.
Für diese Dialogforen organisierte das Vorhaben dar-
über hinaus vorbereitende Workshops für Geschäfts-
frauen, damit sie ihre Anliegen besser einbringen und
vom Dialog profitieren können. Geschäftsfrauen ar-
beiten meist unter anderen Bedingungen als Männer
und sind daher oft spezifischen Problemen ausge-
setzt. „Durch das Rollenspiel im Rahmen der Vorbe-
reitung habe ich verstanden, wie wichtig es ist, dass
Marie-Bonne Consilie Musumayiri
17
wir mit Selbstbewusstsein auftreten, nicht nur als Ge-
schäftsfrau, sondern auch gegenüber unseren Ehe-
männern. Wir spielen eine wichtige Rolle, nicht nur
bei der Entwicklung unserer Familie, sondern auch
zur Entwicklung der Gesellschaft und des Landes“,
meint Marie-Bonne Consilie Musumayiri, Geschäfts-
frau aus Muhanga.
Rose Kanyange vom RPPD Sekretariat erklärt: „Die
Dialogveranstaltung hilft Frauen ihre Probleme zu
analysieren, mit denen sie bei ihren wirtschaftlichen
Aktivitäten konfrontiert sind. Die strukturierten Dia-
loge sollen einen Weg finden, diese zu lösen.
In jedem Distrikt führen wir daher vorher sogenannte
Roadshows durch, um über den Ablauf und die Mög-
lichkeiten der Dialoge zu sensibilisieren“.
Durch die Vor-
bereitung er-
halten die
Frauen die
Möglichkeit,
mit Unterstüt-
zung einer
Moderation
ihre Probleme
zu analysieren, ihre Prioritäten zu klären und bei der
Veranstaltung mit einer Stimme zu sprechen. Dabei
werden auch realistische Lösungsvorschläge entwi-
ckelt. „Wir haben uns entschlossen, eine Kooperative
zu gründen. Gemeinsam mit der Distriktregierung ha-
ben wir dann einen geeigneten Ort auf dem kommu-
nalen Markt gefunden, wo wir zukünftig unsere Wa-
ren verkaufen können“, sagt Triphonie
Nyiramagambo aus Rubavu.
Auch Claudine Nyirakanyana aus Musanze kann von
einer sehr positiven Entwicklung dank der Dialogver-
anstaltung berichten. Um Steuern zu sparen, mietete
sie keinen Verkaufsstand auf dem Markt, sondern
verkaufte ihre Früchte aus dem Korb. Allerdings
musste sie immer auch ein Auge auf sich eventuell
nähernde Polizisten haben. Diese hatten ihr immer
wieder die gesamte Ware abgenommen, da der Ver-
kauf auf offener Straße illegal ist. Dies hatte für die
34 Jahre alte Mutter von 4 Kindern harte Konsequen-
zen, da ihr Mann arbeitslos ist und die Familie voll-
ständig von ihrem Einkommen abhängt. Allerdings
verband Claudine keine großen Hoffnungen mit dem
Gespräch und der Lösungsfindung mit den staatli-
chen Behörden. Später war sie dann überrascht,
dass sie und ihre Verkaufs-Kolleginnen in der Lage
waren, ihre Situation, die Probleme und die damit
verbundenen Risiken zu schildern. Die Sache wurde
tatsächlich ernst genommen und das Anliegen dem
Bürgermeister vorgebbracht. „Wir glaubten, dass un-
ser Anliegen zu wenig Bedeutung für die Behörden
hat, von daher haben wir nie den Kontakt mit den
Behörden gesucht. Aber der Dialog half uns, unser
Anliegen vorzubringen“. Als Ergebnis wurde dann
durch die lokale Regierung entschieden, dass
Frauen, die von informellen bzw. illegalen Verkaufs-
aktivitäten zu den offiziellen Marktständen wechseln,
zunächst für sechs Monate steuerbefreit sind. „Das
ist für den Distrikt gut, aber auch für uns vorteilhaft
und beendet viele Probleme mit denen wir bisher
konfrontiert waren. Der Dialog hat auch uns gestärkt.
Wenn man bedenkt, wie wir vorher von offizieller
Seite aus behandelt wurden, sind wir jetzt sehr zu-
frieden. Auf unseren Verkaufsständen wird nichts
mehr durch die Polizei konfisziert. Das hat nun ein
Ende und wir sind sehr glücklich“, meint Claudine
Nyirakanyana aus Musanze.
Insgesamt wurden bisher in 145 Dialogveranstal-
tungen auf Distriktebene 388 Beschlüsse gefasst,
die eine direkte Auswirkung auf die Unternehmenser-
gebnisse von Kleinen und Mittleren Unternehmen ha-
ben.
Neben diesen direkten Verbesserungen durch den
Dialog konnte auch eine bessere Zusammenarbeit
zwischen Lokalregierung und Privatsektor nachhaltig
verankert werden. In 30 Distrikten wurden Vertre-
ter/innen der Privatwirtschaft als Teilzeit-Mitglieder
der Distriktregierung ernannt. So kann die Privatwirt-
schaft ihre Anliegen in die Diskussion und zur Ent-
scheidungsfindung der Distriktregierung kontinuier-
lich einbringen.
Privatwirtschaftsentwicklung durch Business De-
velopment Services
Ein weiterer Ansatz zur Entwicklung der Privatwirt-
schaft waren Beratungsdienstleistungen für Unter-
nehmen, sogenannte Business Development Ser-
vices zur Verbesserung ihrer Wettbewerbsfähigkeit.
Dies ist vor allem für Kleine und Mittlere Unterneh-
men von großer Bedeutung, da sie meist nur gerin-
gen Zugang zu beruflichen Aus- und Weiterbildungs-
maßnahmen und Beratungsleistungen haben. Das
Vorhaben arbeitete bei der Umsetzung des Ansatzes
der Business Development Services mit den Unter-
nehmensverbänden und Kammern zusammen. Je-
weils 10 – 15 Unternehmen eines Sektors schlossen
sich dabei zu einem „Nukleus“ zusammen. Dieser
schaffte den Unternehmer/innen einen Raum, in dem
sie mithilfe eines Moderators ihre Probleme fundiert
analysieren und sich und ihre Situation mit den ande-
ren Betrieben vergleichen konnten (Benchmarking).
So konnten sie voneinander lernen und auch ge-
meinsam und selbstbestimmt unterstützende Dienst-
leistungen nachfragen. Der Vorteil ist einerseits der
Austausch und voneinander zu lernen, gleichzeitig
auch die Möglichkeit, Kosten bei der gemeinsamen
Triphonie Nyiramagambo
18
Umsetzung der Lösungen zu sparen. Dieser Prozess
führt nicht nur zu Verbesserungen der Betriebe, son-
dern schafft auch Selbstbewusstsein der Betriebslei-
ter/innen. Insgesamt organisierten sich mehr als 350
Unternehmen in 27 aktiven Nukleus-Gruppen. Da-
bei war die Nachfrage nach Angeboten der berufli-
chen Aus- und Weiterbildung besonders groß. So
auch in einem Fall von Kfz-Werkstätten in der Haupt-
stadt Kigali, die sich zu einem Nukleus zusammenge-
schlossen haben. Viele Werkstätten in Ruanda ha-
ben das Problem der nicht ausreichend qualifizierten
Mitarbeiter/innen. Dies reduziert die Qualität der Leis-
tungen sowie die Produktivität. Darüber hinaus wird
der Aufsichts- und Kontrollbedarf durch den Werk-
stattleiter bzw. den Besitzer sehr groß.
„Durch den Zusammenschluss profitiert die Hälfte
meiner Mitarbeiter. Ich habe die zu trainierenden Mo-
dule / Themen mit ausgewählt. Dadurch erwarte ich
mir nicht nur eine höhere Arbeitsproduktivität in mei-
ner Werkstatt, sondern auch mehr Kunden“, meint
Leandre Munyororo, der Besitzer der ATECAR Werk-
statt in Kigali. Die Werkstätten des Nukleus hatten
sich gemeinsam maßgeschneiderte Fortbildungen
bei einer Berufsschule eingekauft. Dadurch profitie-
ren nicht nur die Werkstätten von ausgezeichneten
Weiterbildungsmaßnahmen entsprechend ihres Be-
darfs. Auch die Ausbildungszentren der Berufsschule
können durch die dabei gesammelten Erfahrungen
der Praxis der Werkstätten nicht nur ihre normalen
Trainings und Ausbildungen dem Bedarf des Marktes
anpassen, sondern auch noch zusätzliche Einnah-
men generieren. Andere gemeinsam entwickelte und
organisierte Unterstützungsleistungen der Nukleus-
Gruppen sind beispielsweise Trainings zu Fragestel-
lungen wie Buchhaltung oder auch gemeinsame Prä-
sentationen auf Messen.
Darüber hinaus wurden mittlerweile auch für 12 Sek-
toren sogenannte „Sector Skills Councils" mit Beteili-
gung privater und öffentlicher Stakeholder gebildet,
die sich regelmäßig treffen, um den Qualifikationsbe-
darf in einem Sektor zu diskutieren und festzulegen.
Um auch deren Nachhaltigkeit zu sichern und sie in
die Politik von Ruanda zu integrieren, hat das Vorha-
ben auf nationaler Ebene die relevanten Behörden
wie das Industrie- und Handelsministerium und die
nationale Wirtschaftsförderorganisation involviert und
beraten. Dadurch konnte schließlich ein nationaler
Rahmen durch das Kabinett verabschiedet werden,
der die Existenz der Plattformen absichert und ihnen
Orientierung gibt.
Ebenfalls auf nationaler Ebene beriet das Vorhaben
Verbände und Wirtschaftskammern fachlich und me-
thodisch. Letztere unterstützte das Projekt dabei,
Dienstleistungen für ihre Mitglieder zu erbringen und
die Interessen der kleinen und mittleren Unterneh-
men zu vertreten.
Verbesserungen bei System und Umsetzung der
Berufsbildung - Theoretisches Wissen und Praxis
entsprechend des Bedarfs
Mit Verantwortlichen aus Berufsschulen, privaten Bil-
dungsinstituten und dem Bildungsministerium erar-
beitete das Projektteam ein arbeitsmarktorientiertes
Angebot zur beruflichen Qualifizierung. Die Partner
führten in den vier vom Vorhaben geförderten Bran-
chen die kooperative, duale Berufsausbildung ein.
Mit dem Bildungsministerium, der Berufsbildungsbe-
hörde und Vertretern der Privatwirtschaft entwickelte
das Vorhaben das nachfrageorientierte Berufsbil-
dungssystem weiter. Wichtiges Element dabei war
die Weiterentwicklung eines Systems der Aus- und
Fortbildung von Berufschullehrer/innen und die Quali-
fizierung betrieblicher Ausbilder. Die Training of Trai-
ners Initiative verbesserte dabei die praktischen und
technischen Fähigkeiten der Lehrer/innen der berufli-
chen Aus- und Weiterbildung. Insgesamt wurden
1.832 Berufsschullehrer/innen, davon 206 Lehrerin-
nen sowie 475 betriebliche Ausbilder/innen qualifi-
ziert.
Die Bedarfsorientierung der Ausbildung bestätigt
der 24-jähirge Dieudoné Niyonsega. Er hat eine Bau-
gewerbe-Ausbildung abgeschlossen und konnte di-
rekt im Anschluss eine Arbeit aufnehmen. „Die Unter-
richtsmethodik ist gut, ich habe das erforderliche
theoretische Wissen und alle praktischen Fähigkeiten
erlernt, die ich jetzt für meine Arbeit brauche. Schon
vom ersten Spatenstich dieses Gebäudes bin ich hier
als Vorarbeiter dabei“ sagt er nicht ohne etwas Stolz,
was auch das aufgebaute Selbstvertrauen in seine
Fähigkeiten ausdrückt. „Ich hatte seit meinem Ar-
beitsbeginn noch nie Schwierigkeiten, auch dank
meiner praktischen Vorerfahrungen bei anderen Bau-
stellen im Rahmen der dualen Ausbildung“.
Dieudoné Niyonsega
Darüber hinaus wurden 364 Berufsschuldirektoren zu
Managementfragen qualifiziert. 42 Direktoren betei-
ligten sich auch in Nukleus-Gruppen, die sie dabei
unterstützten und begleiteten, ihre Schulen noch
mehr in einer unternehmerischen Art und Weise zu
19
führen. Auch in diesem
Handlungsfeld spielten
die Beratungsleistun-
gen des Vorhabens
auf nationaler Ebene
eine wichtige Rolle.
Die guten Erfahrungen
der konkreten Umset-
zung auf lokaler Ebene
konnten für die
Entwicklung von Politi-
ken und Strategien im
Sektor genutzt werden. Die durch das Kabinett im
September 2015 verabschiedete Politik der berufli-
chen Aus- und Weiterbildung kann dafür als Beispiel
dienen. Ein anderes Beispiel ist der entwickelte und
genehmigte Rahmen für die Implementierung der
Training of Trainers Initiative durch die Berufsbil-
dungsbehörde. Diese ermöglicht nicht nur die Brei-
tenwirksamkeit, sondern sichert auch die Nachhaltig-
keit der lokal erzielten Erfolge ab.
Insgesamt wurde so das System der Beruflichen
Aus- und Weiterbildung in Ruanda effizienter und
effektiver, indem es mehr dem Bedarf der wach-
senden und sich verändernden Wirtschaft in Ru-
anda gerecht wird.
Verbesserungen im Arbeitsmarkt als wichtiges
Bindeglied zwischen Berufsausbildung und Pri-
vatwirtschaftsförderung
In der Hauptstadt Kigali eröffnete mit Unterstützung
des Vorhabens das erste Arbeitsvermittlungszentrum
(Kigali Employment Service Centre, KESC) im Mai
2013. Es bietet sowohl Arbeitssuchenden seine
Dienstleistungen an und hilft Unternehmen, ihre offe-
nen Stellen zu besetzten. Mehr als 1.500 Arbeitssu-
chende haben sich bereits registriert. Mittlerweile ha-
ben 1.000 Arbeitssuchende ein Unterstützanagebot
bekommen, insbesondere Berufsberatungen oder
auch Trainings zum Verfassen des CV oder zur Vor-
bereitung auf Bewerbungsgespräche. 80 Personen
wurde erfolgreich ein Praktikum vermittelt, 361 Ar-
beitssuchende wurden in Beschäftigung gebracht. Ei-
ner davon ist Marius Rwangasore: „Ich habe an der
Universität Informationstechnologie studiert. Nach
meinem Abschluss habe ich nicht gleich einen Job
gefunden, das war nicht einfach. Ich lernte das KESC
über Freunde kennen, so habe ich zunächst Fortbil-
dungen bekommen, vor allem im unternehmerischen
Handeln und zum Web Design. Außerdem wurde ich
in die Datenbank für Arbeitssuchende aufgenommen.
So habe ich es dann geschafft, bei „Property Mode“
zu arbeiten. Ich kann nur allen Arbeitssuchenden
empfehlen, das KESC zu nutzen, sich online zu re-
gistrieren und selbst auch in der Datenbank immer
wieder die offenen Stellen anzuschauen.“
Das KESC bietet auch in Zusammenarbeit mit der
Ruandischen Kammer für Unternehmerinnen mit der
technischen Unterstützung des Vorhabens ein Men-
toring-Programm zur Unternehmens- und Mitarbeiter-
führung spezifisch für Frauen an. Umuhire Espe-
rance ist eine der weiblichen Führungskräfte, die
dieses Programm absolviert haben. Das dreiwöchige
Training kam für sie zur rechten Zeit als sie arbeitslos
war. Es half ihr, wieder aus der zum Teil selbst be-
wirkten Isolierung herauszutreten und neue Möglich-
keiten zu sehen und zu erschließen. „Ich fühlte mich
als Arbeitslose alleine. Dank des Programms habe
ich wieder viele Leute kennengelernt, mit denen ich
seit dem Kurs im Oktober 2014 immer noch in Kon-
takt bin.“ Nach dem Training bewarb sie sich für
mehrere Positionen. „Bei den Bewerbungsgesprä-
chen war ich positiv überrascht, dass ich durch
meine Mentorin bestens vorbereitet war. So konnte
ich sehr selbstbewusst auftreten und meinen jetzigen
Job bekommen“.
Eine Umfrage bestätigte die Zufriedenheit der
Kund/innen mit den Leistungen des KESC. 89% der
Arbeitssuchenden und 95% der Unternehmen sind
mit den Dienstleistungen zufrieden.
Marius Rwangasore
20
3.3 Beschäftigungsförderung durch Energieeffizienz und erneuerbare Ener-
gien in Moscheen. Teil der Sonderinitiative Nordafrika, Nahost
Energiewende auch zur Sicherung des sozialen
Friedens in Marokko
Marokko ist neben Algerien das einzige nordafrikani-
sche Land, das bisher von gravierenden politischen
und wirtschaftlichen Krisen im Zuge des arabischen
Frühlings verschont geblieben ist. Die marokkanische
„Ausnahme“ ist jedoch gefährdet. Hohe Arbeitslosig-
keit und Entwicklungsdefizite insbesondere in ländli-
chen Gebieten gefährden den sozialen Frieden. Zu-
dem belasten kontinuierlich steigende Energiepreise
die Wirtschaftsentwicklung. Marokko verfügt mit Aus-
nahme von Phosphat über keine nennenswerten Bo-
denschätze. Energieträger wie Öl und Gas werden
zu 95 Prozent importiert. Energieimporte sowie -sub-
ventionen belasten zunehmend den Staatshaushalt.
Unter steigenden Energiepreisen leiden insbeson-
dere ärmere Haushalte, wodurch soziale Unter-
schiede verschärft werden.
Der Ausbau erneuerbarer Energien und die Verbrei-
tung energieeffizienter Technologien gehören daher
zu den obersten Prioritäten der marokkanischen
Wirkungsbereiche des Vorhabens
Das Vorhaben leistet mit seinen Wirkungen einen Beitrag zu den drei Aggregationsindikatoren der Wirkungs-
daten 2016
Qualifizierung/Berufliche Bildung: Anzahl der Aus- und Fortzubildenden, die durch die Maßnahmen
bzw. Vorhaben der GIZ erreicht wurden
Menschen in Beschäftigung: Anzahl der Menschen, die durch den Beitrag von GIZ-Maßnahmen bzw.
-Vorhaben in Beschäftigung gekommen sind.
Verbesserung von Arbeitsbedingungen: Anzahl der Menschen, die durch den Beitrag von GIZ-Maß-
nahmen bzw. –Vorhaben von besseren Arbeitsbedingungen profitiert haben. Sowie Anzahl der Men-
schen, die durch den Beitrag von GIZ-Maßnahmen bzw. –Vorhaben über ein höheres Einkommen ver-
fügen.
Das Vorhaben leistet mit seinen Wirkungen einen Beitrag zu den
SDG 4: Inklusive, gleichberechtigte und hochwertige Bildung gewährleisten und Möglichkeiten lebens-
langen Lernens für alle fördern
SDG 8: Dauerhaftes, breitenwirksames und nachhaltiges Wirtschaftswachstum, produktive Vollbe-
schäftigung und menschenwürdige Arbeit für alle fördern,
o 8.3: Entwicklungsorientierte Politiken fördern, die produktive Tätigkeiten, die Schaffung menschen-
würdiger Arbeitsplätze, Unternehmertum, Kreativität und Innovation unterstützen, und die Forma-
lisierung und das Wachstum von Kleinst-, Klein- und Mittelunternehmen unter anderem durch den
Zugang zu Finanzdienstleistungen begünstigen,
o 8.6 Bis 2020 den Anteil junger Menschen, die ohne Beschäftigung sind und keine Schul- oder
Berufsausbildung durchlaufen, erheblich verringern.
21
Politik. Marokko nimmt eine Vorreiterrolle bei der
Energiewende in der arabischen Welt ein. Bis 2030
sollen 52 Prozent des Stroms in Marokko aus erneu-
erbaren Energien gewonnen werden. Programme zur
Förderung des Einsatzes regenerativen Energien so-
wohl in Moscheen und anderen öffentlichen Gebäu-
den als auch in privaten Haushalten und Betrieben
sollen entwickelt werden. Bislang sind die positiven
Wirkungen des verstärkten Einsatzes dieser Zu-
kunftstechnologien auf Wirtschaft und Beschäftigung
jedoch noch gering. Entscheidungsträger und Bevöl-
kerung sind bislang eher skeptisch. Durch das lan-
desweite Programm „Grüne Moscheen“ will die ma-
rokkanische Regierung die energetische
Modernisierung von Moscheen und die Verbreitung
erneuerbarer Energien und energieeffizienter Tech-
nologien ankurbeln.
Sonderinitiative des BMZ in Nordafrika und Nah-
ost für nachhaltige Wirtschaftsentwicklung
Die BMZ-Sonderinitiative Stabilisierung und Entwick-
lung in Nordafrika und Nahost zielt u.a. auf eine
nachhaltige Wirtschaftsentwicklung und die Schaf-
fung bzw. Sicherung von Arbeitsplätzen ab. Beide
Ziele werden im durch das BMZ finanzierten Vorha-
ben „Beschäftigungsförderung durch Energieeffizienz
und erneuerbare Energien in Moscheen“ verbunden.
Es strebt an, Geschäfts- und Beschäftigungsmöglich-
keiten in den Bereichen Energieeffizienz (EE) und er-
neuerbare Energien (RE) zu schaffen. Dafür entwi-
ckelt das Vorhaben einen Ansatz mit mehreren
Hebeln.
Stärkung der Nachfrage nach Dienstleistungen in
den Bereichen Energieeffizienz und erneuerbare
Energien
Damit Unternehmen aus dem Bereich Energieeffizi-
enz und erneuerbare Energien Arbeitsplätze
schaffen können, benötigen sie Aufträge. Viele Ent-
scheidungsträger und potentielle Klienten sind sich
jedoch noch nicht der Vorteile erneuerbarer Energien
und der bestehenden Einsparpotentiale bewusst. Ein
zentraler Ansatz des Vorhabens besteht daher darin,
potentiellen Kunden die Vorteile deutlich zu machen,
um die Nachfrage nach Dienstleistungen in diesen
Bereichen zu stärken. Die Moscheen sind dafür ein
sehr günstiger Ausgangspunkt. Einerseits wird die
Stromrechnung von rund 15.000 Moscheen im Land
zentral vom Ministerium für religiöse Angelegenhei-
ten bezahlt. Für das Ministerium ergibt sich demnach
ein signifikantes Potential für Energieeffizienz und
Kostensenkung. Gleichzeitig sind Moscheen ein
zentraler Punkt im Leben vieler Marokkaner, können
daher die Menschen für das Thema sensibilisieren
und somit auch das Bewusstsein der Öffentlichkeit
stärken. Dies ist eine Voraussetzung, damit auch Mo-
dernisierungsmaßnahmen in anderen öffentlichen
und privaten Bereichen zur Energieeffizienz durchge-
führt werden und Arbeitsplätze schaffen und einen
Beitrag zu wirtschaftlicher Stabilisierung leisten. „Es
geht auch darum, erneuerbare Energien zu entmysti-
fizieren. Immer noch sind viele Menschen skeptisch
und haben Angst, dass die LED-Leuchten die religi-
öse Atmosphäre zerstören und die Gebetsräume wie
Operationssäle aussehen lassen könnten. Die Men-
schen sehen den Nutzen noch nicht, weil Energie in
Marokko noch relativ günstig ist“, sagt Ahmed Bou-
zid, Projektleiter der staatlichen Energieinvestitions-
gesellschaft SIE. Als nachgeordnete Institutionen des
zuständigen Energieministeriums ist die SIE ein
wichtiger Partner des Vorhabens. Neues Businesssmodell durch Energieeinspa-rung mit vielen Gewinnern
Zentrales Element der Unterstützung im Rahmen des
Vorhabens ist die Beratung der Partnerinstitutio-
nen bei der Entwicklung eines Finanzierungs-
und Vertragsmodells für die zu sanierenden Mo-
scheen, das rentabel und dadurch mittelfristig selbst-
tragend ist. Zunächst werden staatliche Moscheen in
den Ballungsräumen Rabat, Casablanca, Fès und
Marrakesch umgebaut. Begonnen hat das Vorhaben
mit der energetischen Modernisierung der ersten 100
Moscheen. Da-
bei wurden auch
die beiden größ-
ten Moscheen in
Marrakesch und
eine Moschee im
ländlichen Tad-
mamt als Pilot-
projekte mit LED-
Beleuchtung, Photovoltaik und Solarthermie ausge-
stattet. Die Solarzellen sollen für Strom und warmes
Wasser sorgen, LED-Leuchten den Stromverbrauch
senken. Mindestens 40 Prozent des Energiebedarfs
sollen so eingespart werden. Beim Pilotprojekt, der
As-Sunna Moschee in Rabat, sind dadurch die Ener-
giekosten von umgerechnet monatlich 600 Euro
auf rund 100 Euro gesunken.
Arbeitsplätze und Dienstleistungsqualität durch
Qualifikation
Allerdings sind Fachkräfte für Dienstleistungen der
Installation und Wartung von Erneuerbare-Energien-
Anlagen vielfach noch nicht ausreichend ausgebildet.
Daher ist das Schaffen der erforderlichen Qualifi-
kationen ein weiterer Hebel des Vorhabens, um Be-
schäftigungsmöglichkeiten in den Bereichen
Energieeffizienz und erneuerbare Energien zu
22
schaffen. Eine besondere Herausforderung bestand
für das Vorhaben darin, die in den einzelnen maro-
kkanischen Regionen sehr unterschiedlichen wirt-
schaftlichen Strukturen bei der Konzeption der Fort-
bildungsangebote zu berücksichtigen. Dabei mode-
rierte das Vorhaben Konsultationsprozesse, an
denen neben Vertretern verschiedener staatlicher
Behörden auch Mitarbeiter/innen von Banken und
zahlreichen Unternehmen und Fachkräfte aus ande-
ren Sektoren beteiligt wurden. Es wurde unter ande-
rem deutlich, dass eine starke Nachfrage nach Mo-
dernisierungsmaßnahmen zur Steigerung der
Energieeffizienz unter Nutzung regenerativer Ener-
gien existiert, jedoch die bisher bestehenden Ange-
bote der Firmen noch nicht ausreichend bekannt
sind.
Im Vorhaben wurden dann gemeinsam zwischen GIZ
und den marokkanischen Partnern auf die lokalen
Bedürfnisse zugeschnittene Fortbildungsangebote
entwickelt. Inhalte der ca. 3-wöchigen Fortbildungen
sind Themen wie Unternehmensführung oder die
Entwicklung von Businessplänen sowie Marketing.
Dabei war die Durchführung so praxisorientiert, dass
Teilnehmer/innen bereits als Teil der Fortbildung
erste potentielle Klienten (z.B. Hotels) kontaktierten
und sich in der Formulierung ihres Angebots üben,
um sie für ihre zukünftigen Dienstleistungen zu ge-
winnen. So werden Neugründungen von Firmen ge-
fördert und Handwerker/innen und Techniker/innen
bei ihrer Ausbildung und Professionalisierung unter-
stützt. Die Firmen werden dabei beraten, ihre Wett-
bewerbsfähigkeit zu verbessern und neue Markt-
segmente zu erschließen. Gleichzeitig werden
Arbeitssuchende gezielt qualifiziert und weitergebil-
det, um sie in Beschäftigung zu bringen und vor-
handene sowie neu entstehende Stellen erfolgreich
besetzen zu können.
Yassine Alj hat
sich vor etwas
mehr als zwei
Jahren in
Agadir selbst-
ständig ge-
macht und hat
an mehreren
Fortbildungen
des Projekts teilgenommen. Er gründete die Firma
Ecotaqa, ein auf Energiedienstleistungen speziali-
siertes Unternehmen. Mittlerweile hat er drei Perso-
nen eingestellt und damit neue Arbeitsplätze ge-
schaffen. Yassine Alj ist Energie- und
Umweltingenieur. „Die Anfänge waren schwer, aber
mittlerweile kommt Schwung in unser Geschäft.
Durch die Erfahrungen mit dem Projekt „Energieeffi-
zienz in Moscheen“ konnten wir unsere Arbeit im Be-
reich Energieeffizienz in öffentlichen Gebäuden ver-
bessern, und somit auch international konkurrenzfä-
higer werden. Ich habe unter anderem einen auf
Energieeffizienz spezialisierten Ingenieur und zwei
Techniker einstellen können. Mein Ziel ist es, diese
geschaffenen Arbeitsplätze durch die Akquisition wei-
terer Projekte dauerhaft zu sichern.“
Bislang haben durch das Vorhaben 117 Personen
einen neuen Arbeitsplatz gefunden. Eine davon ist
auch Jihade Kamouss, Mitarbeiterin einer LED-Firma
in Salé, der Nachbarstadt von Rabat. Jihade Kamo-
uss studierte Energieeffizienz an der Hochschule für
Angewandte Wissenschaften in Tanger. Im Rahmen
des Projekts „Energieeffizienz in Moscheen“ führte
sie eine nationale Marktstudie zu LED-Lampen
durch, um das Potential der LED-Technologie im Hin-
blick auf Beschäftigungsförderung in Marokko zu
analysieren. Darüber hinaus unterstützte sie den
Energieaudit in einer Pilotmoschee in Marrakech.
„Die Mehrheit meiner Kommilitonen finden nach dem
Studium keine Arbeit. Über den von mir durchgeführ-
ten Energieaudit und die Marktstudie zu LED-Tech-
nologien gewann ich wichtige technische Einblicke
und hatte die Gelegenheit, mich mit Branchenexper-
ten zu LED auszutauschen. Nun konnte ich einen
Job als Außendienstmitarbeiterin im Bereich der So-
lar-LED-Straßenbeleuchtung bei einer Firma in Salé,
der Nachbarstadt von Rabat finden.“
Auch Mohamed Belhaj profitierte von seiner Teil-
nahme an einer Fortbildung des Projektes „Durch
diese Fortbildung konnte ich neue Kompetenzen in
der Vermarktung von Dienstleistungen, in der Ge-
sprächsführung mit Kunden und in der Marktbearbei-
tung im Bereich Energieeffizienz und erneuerbare
Energien gewinnen. Mein Profil wurde durch diese
neuen Skills attraktiver und ich konnte einen Job bei
einer Firma im Bereich Straßenbeleuchtung und in-
dustrielle Beleuchtung im Anschluss an die Fortbil-
dung finden.“
Nachhaltige Marktentwicklung zur Sicherung der
Beschäftigungswirkung
Für den vom Vorhaben entwickelten Ansatz zur Ein-
sparung von Energie und zur Senkung von Energie-
kosten besteht alleine bei Moscheen ein großes Po-
tenzial. Bisher wurden hundert Moscheen
energetisch modernisiert. Um eine nachhaltige Mark-
tentwicklung und Beschäftigungswirkung zu errei-
chen, wird das vom Vorhaben für die Moscheen ent-
wickelte Modell auch auf weitere öffentliche und
private Gebäude übertragen. Mittlerweile wird der
Ansatz z. B. im marokkanischen Parlament und in ei-
Yassine Alj
23
ner großen Universität angewandt. Bislang ist die öf-
fentliche und private Nachfrage nach Dienstleistun-
gen in den Bereichen Energieeffizienz und regenera-
tive Energien noch gering, da sich viele
Entscheidungsträger und potentielle Klienten noch
nicht der Vorteile erneuerbarer Energien und der be-
stehenden Einsparpotentiale bewusst sind. Von da-
her sind Sensibilisierungsmaßnahmen ein wesent-
licher komplementärer Aspekt des Vorhabens.
Berichte in den Medien, zum Beispiel, über die Vor-
teile der zum Einsatz kommenden Technologien die-
nen der Bewusstseinsbildung der Bevölkerung.
Das Vorhaben arbeitet dazu auch direkt mit Multipli-
katoren in den Moscheen, wie Imamen und Mourch-
idas (Lehrkräften in Koranschulen), zusammen. Fast
400 Imame, Mourchidas und Funktionäre des Religi-
onsministeriums (davon 94 Frauen) nahmen bislang
an den Sensibilisierungs-Workshops des Vorhabens
teil und gaben die erworbenen Kenntnisse anschlie-
ßend in ihrem Umfeld weiter. Die Teilnehmer lernten
bereits während der Workshops voreinander, Predig-
ten und Präsentationen zu den Themen Energieeffizi-
enz und erneuerbare Energien zu halten und dabei
gezielt Botschaften aus dem Koran einfließen zu las-
sen. In ihrer täglichen Arbeit kommen sie mit Gläubi-
gen ins Gespräch und erklären, wie auch zu Hause
Strom gespart werden kann. Aus diesem Prozess
entstand ein Leitfaden mit religiös abgeleiteten Ar-
gumenten für Energieeffizienz und die verstärkte
Nutzung erneuerbarer Energien.
Wirkungsbereiche des Vorhabens
Das Vorhaben leistet mit seinen Wirkungen einen direkten Beitrag zu den beiden Aggregationsindikatoren der
Wirkungsdaten 2016
Menschen in Beschäftigung: Anzahl der Menschen, die durch den Beitrag von GIZ-Maßnahmen bzw.
-Vorhaben in Beschäftigung gekommen sind.
Verbesserung von Arbeitsbedingungen: Anzahl der Menschen, die durch den Beitrag von GIZ-Maß-
nahmen bzw. –Vorhaben von besseren Arbeitsbedingungen profitiert haben. Sowie Anzahl der Men-
schen, die durch den Beitrag von GIZ-Maßnahmen bzw. –Vorhaben über ein höheres Einkommen ver-
fügen.
Qualifizierung/Berufliche Bildung: Anzahl der Aus- und Fortzubildenden, die durch die Maßnahmen
bzw. Vorhaben der GIZ erreicht wurden
Durch die geschaffenen Arbeitsplätze und die Unterstützung der Umsetzung der marokkanischen Politik zum
Ausbau erneuerbarer Energien und zur Verbreitung energieeffizienter Technologien trägt das Vorhaben zu fol-
genden Zielen für nachhaltige Entwicklung bei:
• SDG 7: Zugang zu bezahlbarer, verlässlicher, nachhaltiger und moderner Energie für alle sichern.
• SDG 8: Dauerhaftes, inklusives und nachhaltiges Wirtschaftswachstum, produktive Vollbeschäftigung
und menschenwürdige Arbeit für alle fördern, insbesondere auch zu den Unterzielen:
24
3.4 Beschäftigung für nachhaltige Entwicklung in Afrika (E4D)
Wirtschaftswachstum und Investitionen als
Motor für Beschäftigung – nur unter bestimm-
ten Voraussetzungen
Das Wirtschaftswachstum, der Reichtum an natür-
lichen Ressourcen sowie die junge, wachsende
Bevölkerung bieten große Potentiale für eine
nachhaltige Entwicklung in Afrika. Voraussetzung
ist jedoch, dass dieses Wachstum der jungen Ge-
neration Einkommen und Beschäftigung bringt. In
vielen Ländern spiegelt sich bislang ein hohes
Wirtschaftswachstum jedoch noch nicht in einem
adäquaten Anstieg der Beschäftigung wider. Un-
terbeschäftigung und prekäre Arbeitsbedingungen
prägen die Situation auf den Arbeitsmärkten vieler
Länder Afrikas. Unterbeschäftigte wie Taglöhner
ohne festes Beschäftigungsverhältnis oder auch
schlecht entlohnte Arbeitskräfte gehen zwar einer
bezahlten Tätigkeit nach, leiden jedoch trotz Ar-
beit an Armut. Um die Armut zu reduzieren, sozi-
ale Sicherheit und Kohäsion zu erreichen und
Konflikten vorzubeugen, sind mehr und qualitativ
bessere Beschäftigungsangebote in den Ländern
notwendig.
Die Privatwirtschaft treibt die wirtschaftliche Ent-
wicklung in Afrika an und ist somit zentraler Akteur
für die Generierung von Arbeitsplätzen und Ein-
kommen. Doch bislang führen private Investitio-
nen oft nicht zu substantieller Beschäftigung. Nur
wenn private Geschäftsmodelle neue Kunden-
gruppen erreichen sowie lokale Arbeitskräfte und
Zulieferer integrieren und dadurch inklusiv gestal-
tet sind, entstehen Arbeitsplätze und steigen Ein-
kommen.
Viele afrikanische Regierungen erkennen den Pri-
vatsektor zunehmend als wichtigen Partner bei
der Gestaltung und Umsetzung ihrer
Entwicklungsagenden an. Sie erwarten immer öf-
ter von multinationalen und nationalen Unterneh-
men, v. a. auch in Rohstoffsektoren, dass sie ver-
stärkt lokale Dienstleister nutzen, natürliche
Ressourcen effizienter bewirtschaften und einen
Beitrag zu lokaler Beschäftigung und Qualifizie-
rung leisten. Die Unternehmen sind sich ihrerseits
bewusst, dass sie nur dann langfristig Gewinne
erzielen können, wenn sie in die Verbesserung ih-
rer unmittelbaren sozialen, wirtschaftlichen und
ökologischen Rahmenbedingungen investieren.
In Ländern wie Ghana, Kenia und Südafrika ist die
Generierung von Einkommen und Beschäftigung
eine Priorität der nationalen Regierungen. In fast
allen Ländern ist die Verbesserung der Beschäfti-
gungssituation in den Zielen der Armutsbekämp-
fungsstrategien verankert.
Flexibles Anreizinstrument zur Beteiligung der
Privatwirtschaft an lokaler Beschäftigungsför-
derung
Das Vorhaben setzt an diesem Potenzial an und
bietet ein flexibles Anreizinstrument für die in Af-
rika ansässige Privatwirtschaft, sich stärker an
Entwicklungsprozessen zu beteiligen. Ziel ist es,
in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft Beschäfti-
gung für 38.570 Menschen zu erreichen, die Ein-
kommen von 100.000 Menschen zu steigern und
die Arbeitsbedingungen für 32.000 Menschen zu
verbessern. Das Vorhaben arbeitet in 7 Ländern:
Ghana, Kamerun, Kenia, Mosambik, Südafrika,
Tansania und Uganda. Neben der Finanzierung
durch das BMZ werden Teile des Vorhabens auch
durch DFID, NORAD, dem EU Emergency Trust
Fund for Africa, der koreanische Entwicklungs-
agentur KOICA sowie von Unternehmen
finanziert.
o 8.3: Entwicklungsorientierte Politiken fördern, die produktive Tätigkeiten, die Schaffung menschen-
würdiger Arbeitsplätze, Unternehmertum, Kreativität und Innovation unterstützen, und die Forma-
lisierung und das Wachstum von Kleinst-, Klein- und Mittelunternehmen unter anderem durch den
Zugang zu Finanzdienstleistungen begünstigen,
o 8.4: Bis 2030 die weltweite Ressourceneffizienz in Konsum und Produktion Schritt für Schritt ver-
bessern und die Entkopplung von Wirtschaftswachstum und Umweltzerstörung anstreben, im Ein-
klang mit dem Zehnjahres-Programmrahmen für nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster, wo-
bei die entwickelten Länder die Führung übernehmen.
25
Das Vorhaben entwickelt, verhandelt und im-
plementiert öffentlich-private Partnerschaften,
die mehr produktive und menschenwürdige Be-
schäftigung in den Zielländern fördern. Einerseits
werden durch Beschäftigungsinitiativen mit Unter-
nehmen, Aus- und Weiterbildungsangebote
aufgebaut und stärker an der Marktnachfrage aus-
gerichtet, so dass die Produktivität und Beschäfti-
gungsfähigkeit von Menschen im formellen und in-
formellen Sektor steigt. Andererseits werden
lokale Kleinst-, Klein- und Mittelständische Un-
ternehmen (KKMU) gefördert, wettbewerbsfä-
hig zu werden und sich in internationale Wert-
schöpfungsketten zu integrieren. Employment for
Development (E4D) kooperiert mit Unternehmen,
so dass diese lokale Beschäftigung fördern, in in-
klusive Geschäftsmodelle investieren, Arbeitsbe-
dingungen verbessern und vermehrt lokale Res-
sourcen im formellen und informellen Sektor
nutzen können. Viele Projekte stärken besonders
die wirtschaftliche Teilhabe von Frauen und Ju-
gendlichen.
Als formeller Kooperationsrahmen dienen häufig
Entwicklungspartnerschaften mit der Wirtschaft.
Dies sind Projekte, die von Unternehmen, der GIZ
und anderen Partnern gemeinsam geplant, finan-
ziert und realisiert werden. Die wirtschaftlichen In-
teressen der privaten Partner werden dabei mit
Entwicklungszielen zum Nutzen aller beteiligten
Akteure verknüpft.
Das Vorhaben arbeitet außerdem in vielen ande-
ren Kooperationsmodellen mit der Wirtschaft zu-
sammen wie über runde Tische der Industrie, stra-
tegische Partnerschaften oder Kofinanzierungen.
Maximierung der Beschäftigungseffekte von
Investitionen in natürliche Ressourcen – Regi-
onale Beschäftigungsinitiative in Ostafrika
Die Initiative E4D/SOGA – Employment and Skills
for Eastern Africa ist eine von DFID, NORAD,
Shell und EU Trust Fund kofinanzierte Beschäfti-
gungsinitiative in Kenia, Mosambik, Tansania und
Uganda. Ziel ist es, die Entwicklungsimpulse zu
nutzen, die von großen, geplanten Investitionsvor-
haben im Umfeld von natürlichen Ressourcen
ausgehen, um lokale Beschäftigung zu fördern.
Dabei geht es nicht um Jobs in den Rohstoffunter-
nehmen selbst, sondern in deren vor- und nach-
gelagerten Wertschöpfungsketten in Sektoren wie
Bau, Infrastruktur, Dienstleistungen und Catering.
Die Initiative arbeitet hierzu mit allen in den Inves-
titionsketten involvierten Unternehmen zusam-
men: den Rohstoffunternehmen selbst, potentiel-
len „Engineering-procurment-construction
companies“, sowie Bauunternehmen und lokalen
Zulieferern. Insgesamt sollen 32.000 Menschen
durch die Initiative in Beschäftigung gebracht wer-
den.
Ein Beispiel einer mit Unterstützung der GIZ ent-
wickelten Partnerschaft: In Kenia setzt E4D/SOGA
mit dem Minenunternehmen Base Titanium eine
Partnerschaft um, die potentielle lokale Zulieferer
im Umfeld der Mine identifiziert und qualifiziert.
Das Unternehmen setzt sich zum Ziel, die Ein-
kaufquote von lokalen Waren und Dienstleistun-
gen auf 80% zu erhöhen. Insgesamt sollen durch
die Maßnahme 400 Menschen in Beschäftigung
kommen und sich das Einkommen von 1.000
Menschen erhöhen.
Lokale Partnerschaften mit vielen Gewinnern –
Ein Beispiel in Ghana
Mit momentan 7 laufenden Projekten und 12 Pro-
jektkonzepten in der Pipeline setzt das Vorhaben
in Ghana eines der größten Landesportfolios um.
Wie in jedem der sieben Länder wurden auch in
Ghana durch die GIZ zunächst Arbeitsmarktanaly-
sen durchgeführt. Dadurch wurden Sektoren und
Handlungsfelder ausgewählt, die ein hohes Poten-
zial besitzen, Menschen in Beschäftigung zu brin-
gen und Einkommen zu steigern. Ein Fokus liegt
entsprechend auf Beruflicher Grundbildung, u.a.
für den informellen Sektor, in von der Wirtschaft
nachgefragten Berufen. Bergbau- und
Minenunternehmen sind in Ghana wichtige Ko-
operationspartner. Sie erhalten Abbaulizenzen,
setzen große Investitionsprojekte um und fahren
hohe Gewinne ein. Im Gegenzug erwarten die Re-
gierung und die Bevölkerung, dass sie zur Ver-
besserung der lokalen Beschäftigungssituation
beitragen.
Gemeinsam mit dem
Vorhaben E4D, hat
die Goldminengesell-
schaft Asanko Gold
seit 2013 zwei Be-
rufsschulen im Um-
feld der Minen auf-
gebaut, die
Qualifizierungsange-
bote für Maurer,
Dachdecker und Ca-
tering anbieten. Da-
von profitierte Gladys Agyemang in Esaase. „Als
Asanko begann, ihre größte Mine in der Nähe
meines Wohnortes zu bauen, hatte man 1.500
neue Arbeitsplätze in Aussicht gestellt,“ erinnert
sie sich. Allerdings waren Gladys und ihre
Gladys Agyemang
26
Freunde bald enttäuscht als sie feststellten, dass
sie nicht die erforderlichen Qualifikationen und Ab-
schlüsse für eine Einstellung mitbrachten. Durch
die Partnerschaft mit der GIZ wurde Gladys und
etwa 180 anderen jungen Erwachsenen die
Möglichkeit gegeben, einen Beruf zu erlernen,
der eine Beschäftigung sichert. „Für mich als al-
leinerziehende Mutter war es eine echte Heraus-
forderung: die Ausbildung zu besuchen und ne-
benbei zu lernen, mich um die Ernährung und
Erziehung meines kleinen Kindes zu kümmern,
immer wieder meine ältere Mutter zu unterstützen
und dann auch noch auf meiner kleinen Ka-
kaofarm zu arbeiten. Heute hoffe ich, dass ich ein
gutes Beispiel für andere weibliche Auszubildende
gebe,“ meint Gladys Agyemang nach ihrer Ausbil-
dung als Elektroinstallateurin. Wenn sie später ge-
nügend Geld angespart hat, möchte sie ein Elekt-
rogeschäft eröffnen, verknüpft mit dem Angebot
professioneller Installations-Dienstleistungen. Da-
mit nicht ein lokales Überangebot an Arbeitskräf-
ten entsteht, wurden die von der Initiative profitie-
renden jungen Erwachsenen auch in zahlreichen
anderen Berufen wie Elektroinstallation, Maurer
oder Schweißer ausgebildet oder erlernten Cate-
ring. „Wir müssen berücksichtigen, dass bereits
ungefähr 180 junge Leute schon unser Programm
durchlaufen haben“, erklärt Solomon Ahenguah
Anokye, die die beiden vom Projekt unterstützten
Trainingszentren leitet. In Zukunft sollen jährlich
240 junge Personen ihren Abschluss dort machen
und Beschäftigung finden.
Allerdings reichen für alle Auszubildenden gute
handwerkliche Fähigkeiten und Kenntnisse alleine
nicht aus, um erfolgreich zu sein. Daher werden
allen Teilnehmenden auch Fertigkeiten im finanzi-
ellen Management vermittelt. Darüber hinaus hat
die GIZ inzwischen auch die Abgänger/innen un-
terstützt, Kooperativen zu gründen, um so ge-
meinsam weiter ihre Fähigkeiten zu entwickeln.
Auch Asanko Gold profitiert von der Partnerschaft.
Dem Unternehmen ist das gute Verhältnis zur lo-
kalen Bevölkerung wichtig. So wollen sie vermei-
den, dass aus Unzufriedenheit und Frustration bei
der lokalen Bevölkerung negative Auswirkungen
wie Blockaden oder andere Unruhen entstehen.
„Im Jahr 2015 investierten wir 470.000 USD in lo-
kale Gemeinden“, erklärt Dr. Ben Adoo, Asanko’s
Vorsitzender in Ghana. Das Unternehmen führt
mehrere Unterstützungsprogramme durch, „die
spezifisch für die lokale Situation entwickelt wer-
den, um auf die jeweiligen Erwartungen und Hoff-
nungen zu reagieren und Antworten zu finden“.
Aufbau dezentraler Gesundheitsdienste – ein
Beispiel aus Südafrika
Südafrika ist ein an-
deres der sieben
Länder, in denen
das Vorhaben arbei-
tet. Dort steht das
nationale Gesund-
heitssystem vor zahlreichen Herausforderungen.
84% der Bevölkerung ist von dem überlasteten
nationalen Gesundheitssystem abhängig. Dabei
hat die Mehrheit der Bevölkerung aufgrund von
Kosten, Zeit oder Transportproblemen nur be-
schränkten Zugang zu dessen Leistungen. Be-
handlungen werden meist in Kliniken durchge-
führt, während lokale Dienste und
Gesundheitsvorsorge vernachlässigt werden.
In diesem Kontext haben Imperial Health Sci-
ences, Afrikas führendes Unternehmen für Lo-
gistikleistungen im Gesundheitssektor und Unjani
Clinics NPC, eine Non-Profit Organisation, ein
Modell zur medizinischen Grundversorgung entwi-
ckelt, das auf den Prinzipien von sozialer Konzes-
sionierung beruht. Es liefert qualitative hohe, lo-
kale Gesundheitsleistungen zu erschwinglichen
Preisen und schafft gleichzeitig Beschäftigung.
Durch die Initiative werden professionelle Kran-
kenschwestern dazu befähigt, eine „Container-Ge-
sundheitsstation“ in einer Gemeinde ihrer Wahl zu
eröffnen. Die Patienten erhalten eine lokale Ver-
sorgung zu erschwinglichen Behandlungskos-
ten. Gleichzeitig wird der Druck auf die öffentli-
chen Kliniken in den Städten reduziert. Bislang hat
Unjani Clinics NPC 25 Container-Gesundheitssta-
tionen gegründet, durch die über 100.000 Patien-
ten bedient werden. Die Mehrzahl der Krankensta-
tionen schreibt bereits schwarze Zahlen.
E4D unterstützt Unjani Clinics NPC dabei, das
Geschäftsmodell auszuweiten und Kleine- und
mittelständische Unternehmen als Kunden zu ge-
winnen. Einerseits soll so u.a. die Anzahl der Klini-
ken von 25 auf 50 erhöht werden, damit sich das
Geschäftsmodell langfristig selbst trägt und mehr
Beschäftigung entsteht. Andererseits, erhalten die
Unternehmen eine medizinische Grundversorgung
für ihre Mitarbeiter/innen und können ihre Arbeits-
bedingungen verbessern. Zusätzlich leistet das
Projekt auch die Entwicklung eines IT-basierten
Managementsystems einschließlich Patienten-ma-
nagement und -Monitoring, Beschaffung und
Buchhaltung, das den selbstständigen Kranken-
schwestern das Management erleichtert.
Das Vorhaben hat mehrere Gewinner/innen: Die
27
fortgebildeten Krankenschwestern haben eine si-
chere Einkommensquelle und es sind mindestens
75 Menschen in Beschäftigung gebracht wor-
den. Über 180.000 Patient/innen der Gesund-
heits-Stationen erhalten eine verbesserte Versor-
gung durch kürzere Wege und den einfachen
Zugang zu Vorsorgeleistungen. Ca. 250 Unter-
nehmen, die ein Abkommen mit einer oder mehre-
ren Gesundheitsstationen abschließen, profitieren
indem sie ihre Attraktivität als Arbeitgeber erhö-
hen und ihre Arbeitsproduktivität sichern bzw.
erhöhen können. Die Arbeitsbedingungen von
mindestens 2.500 Mitarbeiter/innen werden
verbessert. Imperial Health Sciences profitiert da-
von, mehr und gesicherte Abnehmer für seine
Dienstleistungen zu besitzen.
Wirkungsbereiche des Vorhabens
Das Vorhaben leistet mit seinen Wirkungen einen Beitrag zu den Aggregationsindikatoren der Wirkungs-
daten 2016
Menschen in Beschäftigung: Anzahl der Menschen, die durch den Beitrag von GIZ-Maßnah-
men bzw. -Vorhaben in Beschäftigung gekommen sind.
Verbesserung von Arbeitsbedingungen: Anzahl der Menschen, die durch den Beitrag von
GIZ-Maßnahmen bzw. –Vorhaben von besseren Arbeitsbedingungen profitiert haben. Sowie An-
zahl der Menschen, die durch den Beitrag von GIZ-Maßnahmen bzw. –Vorhaben über ein hö-
heres Einkommen verfügen.
Qualifizierung/Berufliche Bildung: Anzahl der Aus- und Fortzubildenden, die durch die Maß-
nahmen bzw. Vorhaben der GIZ erreicht wurden
Die erfolgreiche Implementierung der Partnerschaften fördert das wirtschaftliche Wachstum, die Schaf-
fung von produktiven und menschenwürdigen Arbeitsplätzen, die Erhöhung der Einkommen ärmerer
Haushalte und die Verringerung der Armut. Das Vorhaben hat somit positive Auswirkungen auf folgende
Ziele für nachhaltige Entwicklung:
das SDG 8: Dauerhaftes, inklusives und nachhaltiges Wirtschaftswachstum, produktive Vollbe-
schäftigung und menschenwürdige Arbeit für alle fördern, insbesondere auch die Unterziele:
o 8.5: Bis 2030 produktive Vollbeschäftigung und menschenwürdige Arbeit für alle Frauen
und Männer, einschließlich junger Menschen und Menschen mit Behinderungen, sowie
gleiches Entgelt für gleichwertige Arbeit erreichen.
o 8.6: Bis 2020 den Anteil junger Menschen, die ohne Beschäftigung sind und keine
Schul- oder Berufsausbildung durchlaufen, erheblich verringern.
28
4 Wirkungen im Bereich Berufliche Bildung
Im Sektor Berufliche Bildung bezieht sich der Indika-
tor der Wirkungsdaten 2016 auf die Anzahl der Aus-
und Fortzubildenden, die durch die Maßnahmen
bzw.- Vorhaben der GIZ erreicht wurden.
In den ausgewählten Beispielen handelt es sich bei
den aus- und fortzubildenden Menschen um Leiter/in-
nen von Betrieben des formellen und informellen
Sektors, deren Mitarbeiter/innen, Meister/innen sowie
Auszubildende. Die Berufsfelder sind dabei sehr um-
fangreich und werden durch die jeweilige Bedeutung
für die wirtschaftliche Entwicklung im Land bzw. der
spezifischen Region bestimmt.
Die Beispiele leisten darüber hinaus auch Beiträge
zum Indikator „Anzahl der in Beschäftigung gekom-
men Menschen“ des Themas "Beschäftigung", da die
Menschen durch die erworbenen Qualifikationen in
Beschäftigung gekommen sind.
Mit den Ansätzen der dargestellten Vorhaben werden
die stärkere Ausrichtung der Beruflichen Qualifizie-
rung am Bedarf der Wirtschaft und die Verbesserung
der Qualität der Ausbildungen angestrebt. Zentrale
Hebel sind hier eine stärkere Praxisorientierung und
die Entwicklung der Fähigkeiten des Lehrpersonals in
technischer als auch pädagogischer Hinsicht. Bei al-
len dargestellten Vorhaben spielen die Stärkung der
Beteiligung der Wirtschaft an der Gestaltung und
Umsetzung der beruflichen Bildung sowie die direkte
Unterstützung ausgewählter öffentlicher bzw. privater
Trainingsinstitute bei der Entwicklung ihrer Berufsbil-
dungsprogramme und der Umsetzung der neuen
Aus- und Weiterbildungskurse eine zentrale Rolle.
Außerdem werden durch Unterstützungsmaßnahmen
auf nationaler Ebene Reformen unterstützt und die
Breitenwirksamkeit sowie Nachhaltigkeit gefördert.
Die Vorhaben „Förderung von Wirtschaft und Be-
schäftigung in Ruanda“ (siehe 3.2) sowie „Nachhal-
tige Wirtschaftsentwicklung in Ghana“ verbinden die
berufliche Bildung mit der Wirtschaftsförderung. Eine
Besonderheit des Vorhabens in Ghana ist die Aus-
richtung der Förderung auf den informellen Sektor
und die Verbesserung der traditionellen Berufsbil-
dung. Eine Besonderheit des Vorhabens Berufliche
Bildung im Norden und Osten Sri Lankas ist die Ziel-
setzung durch verbesserte Beschäftigungsmöglich-
keiten und andere Maßnahmen einen direkten Bei-
trag zu Friedensförderung und Konflikttransformation
im Land zu leisten.
Liste der Beispiele im Bereich Berufliche Bildung
4.1 Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung in Ghana, Durchführungsbereich Berufliche Bildung
4.2 Unterstützung der Berufsbildungsreform in Pakistan
4.3 Berufliche Bildung im Norden und Osten Sri Lankas
3.2 Förderung von Wirtschaft und Beschäftigung in Ruanda (siehe oben)
4.1 Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung in Ghana, Durchführungsbereich
Berufliche Bildung
Begrenzte Wettbewerbsfähigkeit durch Schwä-
chen der Ausbildung im informellen Sektor
Trotz nennenswerter Fortschritte in der Armutsredu-
zierung in den vergangenen Jahren, stellen man-
gelnde soziale Sicherung, die ungleiche Verteilung
wirtschaftlicher Chancen, des Einkommens und Ver-
mögens eine Herausforderung für die sozio-ökonomi-
sche Entwicklung des westafrikanischen Landes
Ghana dar. Mehr als 80 Prozent der über 11 Millio-
nen umfassenden Erwerbsbevölkerung ist in Ghana
informell beschäftigt. Auch die Mehrzahl der Jugend-
lichen in Ghana absolviert ihre Ausbildung außerhalb
des formalen Bildungssystems in Form der traditio-
nellen Lehrlingsausbildung. Diese dauert im Durch-
schnitt drei Jahre und findet bisher ausschließlich im
Betrieb und "on-the-job" statt. Neuere technologische
Entwicklungen werden selten berücksichtigt, da diese
29
in der informellen Wirtschaft kaum verbreitet sind.
Die Ausbildung folgt weder einem Lehrplan, noch gibt
es offiziell anerkannte Abschlussprüfungen, die The-
orie kommt viel zu kurz. Es gibt weder Eingangsvo-
raussetzungen wie beispielsweise allgemeine Schul-
bildung noch offizielle Standards. Die traditionelle
Ausbildung ermöglicht in den meisten Fällen daher
keinen Zugang zu einer sicheren Beschäftigung, we-
der im informellen Sektor, noch in der modernen for-
malen Wirtschaft.
Die Konsequenzen für die wirtschaftliche Entwicklung
insgesamt werden in einer verminderten Wettbe-
werbsfähigkeit vieler kleiner und mittleren Unterneh-
men sichtbar, da ihr Bedarf an qualifizierten Arbeits-
kräften nicht gedeckt wird. Auch quantitativ wird der
insbesondere in den für Beschäftigung relevantesten
Sektoren stark wachsende Bedarf an Aus- und Wei-
terbildungsmöglichkeiten sowohl die Nachfrage nicht
gedeckt.
Ein wichtiges Potenzial ist die bereits durch die gha-
naische Regierung angestoßene Reform in der Be-
rufsbildung, die einen Paradigmenwechsel von einem
überwiegend angebotsgetriebenen zu einem kompe-
tenz-basierten, an der Nachfrage ausgerichteten
Aus- und Weiterbildungsansatz darstellt.
Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit durch
kompetenz-basiertes Training
Genau an diesen Bemühungen der Regierung setzt
das durch das BMZ finanzierte Vorhaben „Nachhal-
tige Wirtschaftsentwicklung in Ghana“ an. Es zielt da-
rauf ab, die Beschäftigungsfähigkeit der
Auszubildenden und Beschäftigten zu fördern. Eine
besondere Rolle kommt dabei der traditionellen Lehr-
lingsausbildung im informellen Sektor zu, die 80-90%
der gesamten beruflichen Aus- und Weiterbildung in
Ghana ausmacht. Im Bereich Berufliche Bildung
strebt das Vorhaben an, dass jugendliche Arbeitssu-
chende, Auszubildende, Arbeitskräfte und Inhaber/in-
nen von KKMU in ausgewählten Sektoren zuneh-
mend bedarfsgerecht aus- und weitergebildet
werden.
Um dies zu erreichen setzt das Vorhaben an drei He-
beln an:
Stärkung der Beteiligung der Wirtschaft an
der Gestaltung und Umsetzung der berufli-
chen Bildung.
Direkte Unterstützung ausgewählter öffentli-
cher und privater Trainingsinstitute bei der
Entwicklung ihrer Berufsbildungsprogramme
und der Umsetzung der neuen kompetenz-
basierten Aus- und Weiterbildungskurse.
Aufbau eines nationalen Systems zur Quali-
tätssicherung für die modernisierten Aus-
und Weiterbildungsangebote.
Im Mittelpunkt der Leistungen der GIZ steht die fach-
liche Beratung der nationalen Berufsbildungsagentur
COTVET, der Wirtschaftsverbände und der Tra-
ningsanbieter bei der Ausgestaltung und Weiterent-
wicklung der Rahmenbedingungen für kompetenz-
basierte Aus- und Weiterbildung. Trainingsinstitutio-
nen und Wirtschaftsakteure werden auch durch Ka-
pazitätsentwicklungsmaßnahmen unterstützt. Ergän-
zend wird Organisationsentwicklung geleistet. Die
Zusammenarbeit zwischen Akteuren wird auch bei
der Unterstützung der Koordination in den Regionen
durch Trainingsinstitute und Wirtschaftsakteure ge-
fördert.
Beteiligung der Wirtschaft an der Gestaltung und
Umsetzung der beruflichen Bildung
Ein zentraler Ansatzpunkt des Vorhabens ist die
Stärkung der Beteiligung der Wirtschaft an der Ge-
staltung und Umsetzung der beruflichen Bildung.
Vom Vorhaben werden dafür Betriebe, Verbände und
Kooperativen unterstützt, im Rahmen des öffentlich-
privaten Dialogs ihre Bedarfe in die Gestaltung der
Fort- und Ausbildungsangebote einfließen zu lassen.
Dazu werden einerseits die Interessensvertretungen
der Wirtschaft in ihrer Organisationsstruktur gestärkt,
wie beispielsweise der Dachverband der Wirtschafts-
verbände. Der Dialog und die Zusammenarbeit zwi-
schen den staatlichen Instituten der Berufsbildung
und der Privatwirtschaft wird durch das Vorhaben ge-
fördert, um die Berufsbildungsinhalte und Angebote
zu entwickeln. Experten aus den Handwerksverbän-
den, wie z.B. in Elektronik, arbeiten an der Entwick-
lung der Curricula und den einzelnen Kursen mit und
bringen auf diese Weise ihre praktische Expertise ein
bei der Formulierung der Ausbildungsinhalte. So si-
chern die staatlichen und privatwirtschaftlichen Betei-
ligten die Orientierung der traditionellen Ausbildung
am Bedarf der Wirtschaft.
Wie in den meisten Reforminitiativen spielen dabei
die Stakeholder eine entscheidende Rolle. Daher ist
es neben der fachlichen und Management bezoge-
nen Weiterqualifikation der Schlüsselpersonen der
beteiligten Institutionen durch die GIZ ganz beson-
ders wichtig, Identifikation und die Übernahme von
Eigenverantwortung der Partner zu fördern. Damit
die Ergebnisse des Vorhabens nachhaltig sind, müs-
sen Verbände und Berufsbildungsanbieter selbst in
der Lage sein, für die Modernisierung des Ausbil-
dungssystems auf politischer Ebene ihre Interessen
30
zu vertreten. Der Dachverband der Handwerksver-
bände und seine Mitglieder werden mittlerweile von
der nationalen Berufsbildungsagentur in den entspre-
chenden Fachausschüssen eingebunden, kompe-
tenz-basierte Trainingsmaterialen zu bewerten.
Bisher konnten Kooperationen zwischen 16 staat-
lichen und privaten Trainingsanbietern mit 9 Wirt-
schaftsverbänden und ihren Mitgliedsunterneh-
men etabliert werden. Über diese Partnerschaften
wird die Zusammenarbeit der Berufsschulen mit dem
informellen Sektor formalisiert und organisiert. Damit
steht eine Plattform zur Verfügung, auf der sich
Wirtschaft und Berufsschulen selbstständig und
bedarfsorientiert organisieren. Die Bereitstellung
von Trainingsstätten wird geregelt und die Ausgestal-
tung der Lehrpläne festgehalten, z.B. wann die Kurse
für die Auszubildenden aus dem informellen Sektor
stattfinden – stundenweise oder auch als Block, z.B.
in den Schulferien. Auf diese Weise werden die Ka-
pazitäten der Schule sowie die Arbeitsspitzen der
Auszubildenden in den Betrieben berücksichtigt.
Nutzen des Potenzials von Entwicklungspartner-
schaften für die Umsetzung der kompetenz-ba-
sierten Ausbildung
Aufbauend auf den guten Erfahrungen des Vorha-
bens auch im Berufsfeld Elektrotechnik wurde sei-
tens des durch die GIZ umgesetzten Regionalvorha-
bens “Beschäftigung für nachhaltige Entwicklung in
Afrika (E4D)” (siehe 3.4) eine sog. Entwicklungs-
partnerschaft mit der Wirtschaft entwickelt, die aus-
schließlich Mädchen eine Ausbildung zu Elektronike-
rinnen ermöglicht. Dafür konnten der Technikkonzern
Samsung und die südkoreanische Agentur für Ent-
wicklungszusammenarbeit KOICA als Partner ge-
wonnen werden.
Mädchen und Frauen sind, sowohl was den Zugang
zur beruflichen Aus- und Weiterbildung als auch zu
sicheren Beschäftigungsverhältnissen betrifft, beson-
ders benachteiligt. Da viele Berufe männerdominiert
sind, ist es für sie schwer in diesen Sparten Fuß zu
fassen. Meist ist ihnen der Weg in höhere Positionen
verschlossen und sie sind zeitweise Anfeindungen
ausgesetzt. Es fehlt in einigen Bereichen ein grundle-
gendes Verständnis für die Gleichberechtigung von
Frauen im Berufsleben. Da Frauen in Ghana oft aber
einen wesentlichen Beitrag zum Familieneinkommen
leisten müssen, stellt dies eine besondere Herausfor-
derung dar.
Auch der im Dezember 2016 neu gewählte ghanai-
sche Präsident Akufo-Addo betont immer wieder die
Bedeutung von Bildung und Ausbildung, insbeson-
dere auch von Frauen und Mädchen, für die Entwick-
lung des Landes: “…more and more of our girls can
have access to affordable and quality education,
which will, in turn, speed up the development of our
country.”
Durch die Unterstützung der GIZ wird dieser An-
spruch bereits umgesetzt. An vier Berufsschulen wer-
den nun deutlich mehr Mädchen ausgebildet. Ziel ist
es, den Anteil von weiblichen Elektronik-Absolventen
von rund zwei Prozent im Jahr 2012 auf 30 Prozent
im Jahr 2017 zu steigern. „Es lohnt sich, in Mädchen
zu invetieren. Denn die meisten unserer Schülerin-
nen werden eines Tages selbst Mütter sein. Sie wer-
den dann dafür sorgen, dass auch ihre eigenen Kin-
der eine gute Ausbildung erhalten“, sagt Edna Boafo,
die das Accra Girls‘ Vocational Institute in der ghana-
ischen Hauptstadt Accra leitet. „Unser Bildungs- und
Ausbildungssystem soll so gut werden, dass Gha-
naer sich nicht mehr gezwungen sehen, ihr Land zu
verlassen, wenn sie einen anspruchsvollen Beruf er-
lernen wollen“. Zudem will sie mit ihrer Schule dafür
sorgen, dass schlecht ausgebildete Mädchen nicht in
die Prostitution abrutschen, früh verheiratet werden
und schon als Teenager Kinder bekommen.
Jaqueline Asiedu und ihre Klassenkameradin Hilda
Sam sind zwei von mehr als 100 jungen Frauen die
Accra Girls‘ Vocational Institute eine Ausbildung zur
Elektronikerin machen und so von der GIZ Unterstüt-
zung profitieren.
Sie haben sich schon viele abwertende Sprüche von
Jungen und Männern anhören müssen. Verunsichern
lassen sich die selbstbewussten Mädchen von dem
Gerede mittlerweile nicht mehr. „Die Jungs sind ein-
fach neidisch, dass wir später Berufe ergreifen kön-
nen, die sie gerne hätten“, sagt Hilda. Elektrikerin bei
einer internationalen Firma, Verkäuferin in einem
Technikmarkt, Inhaberin eines eigenen Elektroshops,
gute Jobs bei Polizei und Militär – wenn die beiden
jungen Frauen ihre Ausbildung in etwas mehr als
zwei Jahren abgeschlossen haben, wird der ghanai-
sche Arbeitsmarkt ihnen viele Chancen bieten.
Direkte Unterstützung von Trainingsinstituten bei
der kompetenz-basierten Aus- und Weiterbildung
Das Vorhaben berät ausgewählte öffentliche und pri-
vate Trainingsinstitute zur Entwicklung bzw. Anpas-
sung ihrer Berufsbildungsprogramme für die Umset-
zung der neuen kompetenz-basierten Aus- und
Weiterbildungskurse. Diese Institute werden bei der
Gestaltung und Durchführung von Aus- und Fortbil-
dungskursen für Eigentümer/innen und Mitarbeiter/in-
nen von Kleinunternehmen sowie deren Auszubilden-
den unterstützt.
Die Ausbildung gliedert sich dabei den Prinzipen des
kompetenz-basierten Trainings folgend in verschie-
dene Module, in denen die einzelnen Kompetenzen
31
vermittelt werden wie beispielsweise Rohrschweißen
oder das Anfertigen von Toren oder die Fertigung
von Containern im Bereich Schweißen. Auch generi-
sche Fächer wie Englisch, Mathematik oder Entre-
preneurship werden in Kursen angeboten. Die Kurs-
dauer beträgt dabei pro Modul ca. 2 Wochen und
ergänzt die Ausbildung im Betrieb. Dafür werden
durch das Vorhaben einerseits die Kapazitäten von
Schlüsselpersonen wie das Lehrpersonal und die
Managementebene gestärkt. Sie benötigen die erfor-
derlichen fachlichen und berufspädagogischen
Kenntnisse und Fertigkeiten, um moderne kompe-
tenz-basierte Ausbildungsinhalte vermitteln zu kön-
nen. Andererseits werden auch in den Instituten er-
forderliche strukturelle Veränderungen oder neue
Verfahren und Prozesse eingeführt, um die neuen
Ansätze umzusetzen.
Um die Anschlussfähigkeit der traditionellen Ausbil-
dung an die formelle Wirtschaft und das
formelle (Berufs-)Bildungssystem sicherzustellen,
war es hilfreich, das Berufsbildungssystem von
Ghana insgesamt modular und kompetenz-basiert zu
gestalten. Die Modularität erlaubt das Angebot von
Kursen, die die traditionelle Ausbildung im Rahmen
bereits bestehender Standards ergänzen und vervoll-
ständigen. Die kompetenz-basierte Umsetzung er-
leichtert die Anerkennung der Kompetenzen, die
durch traditionelle Ausbildung erworben wurden.
Die modernisierte traditionelle Ausbildung wurde
bisher an 16 Berufsschulen in fünf Berufsfeldern
(Elektronik, Schweißen, Kfz, Bekleidung und
Kosmetik/Friseur) in drei der zehn Regionen Gha-
nas pilothaft durchgeführt. Dabei wurden je 232 Aus-
zubildende und Meister/innen aus- bzw. weiterge-
bildet. 38% der Teilnehmenden waren Meisterinnen
und 42% der Auszubildenden waren dabei Frauen.
188 Auszubildende (81%) schlossen die Ausbildung
mit dem staatlich anerkannten Zertifikat für das Ni-
veau Proficiency Level 1 ab.
Die unterstützten Berufsbildungsträger können ihr In-
teresse als Wissensvermittler ausbauen und werden
durch das einkommensgenerierende zusätzliche
Kursangebot gestärkt. Ihr Knowhow ist im Hinblick
auf Schulmanagement und Lehrerfortbildung verbes-
sert worden, so dass ein effektives Training für die je-
weiligen Zielgruppen aus der informellen Wirtschaft
angeboten werden kann. Dies bestätigt auch die Lei-
terin des Accra Girls' Vocational Institute, Edna
Boafo: “Diese Initiative hat wirklich geholfen, unsere
Schule mit Betrieben, auch denen im informellen
Sektor, in Verbindung zu bringen, wovon beide Sei-
ten, aber in erster Linie die Auszubildenden profitie-
ren.” Die Ergebnisse werden auch von den Lehrer/in-
nen geschätzt, bestätigt der Berufsschullehrer Osei
Fokuo am Accra Girls' Vocational Institute. “Durch die
Einführung des kompetenz-basierten Ausbildungsan-
satzes habe ich damit aufgehört, Schüler miteinander
zu vergleichen; ich konzentriere mich jetzt darauf,
dass jeder und jede in der Klasse die erforderlichen
Kompetenzen erwirbt, um das nächste Qualifikations-
niveau zu erreichen“. “Die Schülerinnen sind jetzt viel
mehr auf die Praxis ausgerichtet. Das motiviert sie
noch mehr zum Lernen und macht sie auch selbstbe-
wusster” ergänzt Isaac Dzimabi, Ausbildungsleiter für
Elektrotechnik am Accra Girls' Vocational Institute.
Betriebe erhalten nun förderliche Dienstleistungen
und Schüler/innen bzw. Weiterbildungsteilnehmer/in-
nen einen aktivierenden Unterricht, da sich Lehrme-
thoden und Schulorganisation verbessert haben.
Durch die Einbeziehung lokaler Dienstleister und In-
stitutionen (z.B. University of Education) wurden dar-
über hinaus Kapazitäten für zukünftige Entwicklungs-
maßnahmen aufgebaut. Dies bestätigen auch die
Teilnehmenden wie der Meister Isaac Oware aus Ac-
cra: “Das Vorhaben hat mir andere Bereiche meines
Berufs nähergebracht, die ich zuvor nicht als wichtig
angesehen hatte. Dadurch konnte ich zum einen
mehr Kunden gewinnen und meinen Umsatz stei-
gern, zum anderen interessieren sich jetzt auch mehr
Jugendliche für eine Ausbildung bei mir.” Die Auszu-
bildende Confidence Dogbe aus Accra hebt hervor,
“die kombinierte Ausbildung in Betrieb und Schule
hat bei mir bewirkt, dass ich die Kundenorientierung
in den Mittelpunkt meines Schaffens stelle.”
95% der Auszubildenden haben bestätigt, dass sich
die Qualität der Ausbildung verbessert hat.
77% der Meister/innen bestätigen, dass sich die Be-
schäftigungsfähigkeit der Auszubildenden signi-
fikant verbessert hat. Es besteht daher eine sehr
große Nachfrage nach weiteren Kursen und Ausbil-
dungszyklen.
Aufbauend auf den daraus gewonnenen Erfahrungen
und durch eine Kofinanzierung aus Mitteln der Euro-
päischen Union wird der Ansatz nun in insgesamt
sechs der zehn Regionen Ghanas und in acht Be-
rufsfeldern einschließlich Landwirtschaft verbreitet.
Durch ein im Rahmen der Finanziellen Zusammenar-
beit aufgesetztes Gutscheinprogramm werden in
Kürze sowohl die Ausbildungskurse derjenigen Aus-
zubildenden als auch die Fortbildung der entspre-
chenden Meister/Meisterinnen finanziert werden, die
Teil der von der GIZ unterstützten Ghana Skills De-
velopment Initiative sind. Dieses enge Zusammen-
spiel von TZ und FZ wird eine Ausweitung des Ansat-
zes auf bis zu 15.000 Begünstigte erreicht.
Unterstützung der Qualitätssicherung und der
Breitenwirksamkeit auf nationaler Ebene
32
Die Arbeit des Vorhabens auf der nationalen Ebene
ergänzt die beiden dargestellten Ansatzpunkte und
spielt eine wichtige Rolle für Breitenwirksamkeit und
Nachhaltigkeit. Dabei unterstützt die GIZ die Entwick-
lung und Implementierung von Akkreditierungs-, Prü-
fungs- und Zertifizierungsverfahren, um ein System
zur Qualitätssicherung für die modernisierten Aus-
und Weiterbildungsangebote aufzubauen. Auch Lern-
mechanismen sollen entwickelt werden. Es wird zu-
dem die Weiterentwicklung der Technical Examina-
tion Unit unter dem Bildungsministerium zu einer
Prüfungseinrichtung für kompetenz-basiertes Trai-
ning gefördert. Dabei werden strategische Kompe-
tenzentwicklung und Organisationsentwicklung ein-
gesetzt. Dadurch wird angestrebt, die
Rahmenbedingungen für die weitere Entwicklung und
Durchführung bedarfsgerechter kompetenz-basierter
Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen zu verbessern,
um die Nachhaltigkeit sicherzustellen. Die Reformini-
tiativen sollen dabei auch in die entsprechenden nati-
onalen Strategiepapiere einfließen. Auf diese Weise
sollen entsprechende Mechanismen zur Förderung
dieser Ausbildungsform, und insbesondere zu ihrer
Anschlussfähigkeit an das formale (Berufs-) Bil-
dungssystem entwickelt und nachhaltig etabliert wer-
den.
Durch die weitreichende Unterstützung der nationa-
len Berufsbildungsagentur COTVET (Council for
Technical and Vocational Education and Training)
zur Koordinierung und Steuerung der Berufsbildungs-
reform konnten Rahmenbedingungen für einheitli-
che, national anerkannte Berufsbildungsstan-
dards sowie für einen nationalen Ansatz zur
Prüfung und Zertifizierung einer bedarfsgerech-
ten modernisierten traditionellen Ausbildung er-
arbeitet und teilweise implementiert werden.
33
Wirkungsbereiche des Vorhabens
Das Vorhaben leistet mit seinen Wirkungen einen direkten Beitrag zu den Aggregationsindikatoren der Wir-
kungsdaten 2016
Qualifizierung/Berufliche Bildung: Anzahl der Aus- und Fortzubildenden, die durch die Maß-
nahmen bzw. Vorhaben der GIZ erreicht wurden
Menschen in Beschäftigung: Anzahl der Menschen, die durch den Beitrag von GIZ-Maßnah-
men bzw. -Vorhaben in Beschäftigung gekommen sind.
Das Vorhaben leistet mit seinen Wirkungen außerdem einen Beitrag zu den Zielen für nachhaltige Entwick-
lung
SDG 4: Inklusive, gleichberechtigte und hochwertige Bildung gewährleisten und Möglichkeiten le-
benslangen Lernens für alle fördern.
Relevant sind insbesondere die Unterziele:
o 4.3: Bis 2030 den gleichberechtigten Zugang aller Frauen und Männer zu einer erschwingli-
chen und hochwertigen fachlichen, beruflichen und tertiären Bildung einschließlich universitä-
rer Bildung gewährleisten,
o 4.4: Bis 2030 die Zahl der Jugendlichen und Erwachsenen wesentlich erhöhen, die über die
entsprechenden Qualifikationen einschließlich fachlicher und beruflicher Qualifikationen für
eine Beschäftigung, eine menschenwürdige Arbeit und Unternehmertum verfügen,
o 4.5: Bis 2030 geschlechtsspezifische Disparitäten in der Bildung beseitigen und den gleich-
berechtigen Zugang der Schwachen in der Gesellschaft, namentlich von Menschen mit Be-
hinderungen, Angehörigen indigener Völker und Kindern in prekären Situationen, zu allen Bil-
dungs- und Ausbildungsebenen gewährleisten.
o SDG 5: Geschlechtergleichstellung erreichen und alle Frauen und Mädchen zur Selbstbestim-
mung befähigen.
o SDG 8, insbesondere 8.6: Bis 2020 den Anteil junger Menschen, die ohne Beschäftigung sind
und keine Schul- oder Berufsausbildung durchlaufen, erheblich verringern.
o SDG 17, insbesondere 17.17: Die Bildung wirksamer öffentlicher, öffentlich-privater und zivil-
gesellschaftlicher Partnerschaften aufbauend auf den Erfahrungen und Mittelbeschaffungs-
strategien bestehender Partnerschaften unterstützen und fördern.
34
4.2 Unterstützung der Berufsbildungsreform in Pakistan
Der Kontext der Herausforderungen im Bereich
berufliche Bildung
Pakistan steht vor enormen wirtschaftlichen und sozi-
alen Herausforderungen wozu die globale Wirt-
schafts- und Finanzkrise und die sehr große Zahl in-
terner Flüchtlinge beitragen. Millionen junge
Menschen strömen jedes Jahr auf den Arbeitsmarkt,
ihnen fehlt jedoch oft die nötige Qualifikation, um ei-
nen Job zu finden. Das formale Berufsbildungsange-
bot kann nur einem sehr kleinen Teil der Nachfrage
nachkommen. Auch leben 70% der Bevölkerung auf
dem Land, die meisten Berufsbildungseinrichtungen
befinden sich jedoch in den Städten.
Insbesondere für Frauen ist der Zugang zur berufli-
chen Bildung und der Einstieg in den formalen Ar-
beitsmarkt schwierig. Landesweit haben Mädchen
zwar einen Anteil von 37% an den Auszubildenden,
aber sie erlernen nur wenige, vorwiegend traditio-
nelle Berufe. Diese münden kaum in formelle Be-
schäftigung und werden den kulturellen Tabus fol-
gend häufig zuhause ausgeübt.
Über die Hälfte der einstellenden Unternehmen füh-
ren aufgrund der unzureichenden Qualität der Ausbil-
dung 3- bis 6-monatige "on-the-job" Trainings für die
Absolventen/innen durch. Pakistan ist es daher noch
nicht gelungen, eine nachhaltige wirtschaftliche und
soziale Entwicklung auf Basis der vorhandenen Ener-
gieressourcen, der guten landwirtschaftlichen Gege-
benheiten und der geopolitischen Funktion als Han-
delskorridor für angrenzende Staaten zu initiieren.
Reform der Berufsbildung für mehr Qualität und
Chancengerechtigkeit
Die GIZ unterstützt daher im Auftrag des BMZ die
Pakistanische Regierung bei der Reform der Berufs-
bildung, um den Zugang junger Arbeitskräfte zur Be-
rufsbildung sowie Relevanz, Qualität und Chancen-
gerechtigkeit der Berufsbildung zu verbessern. Das
Vorhaben begann im Jahr 2011 und wurde auch von
der Europäischen Union, den Niederlande und Nor-
wegen finanziell unterstützt. Ab Januar 2017 läuft
eine neue Programmphase mit Unterstützung der
Europäischen Union und angepassten Interventions-
schwerpunkten. Die GIZ setzt mit ihren Leistungen
an mehreren Hebeln an, die in den folgenden Ab-
schnitten genauer beleuchtet werden.
Neben der technischen Beratung spielt die GIZ eine
zentrale Rolle als Moderator und Facilitator für die
Gestaltung von effektiven und nachhaltigen horizon-
talen und vertikalen Kooperationsstrukturen. Dabei
hat sich auch die Klärung von Rollen und Mandaten
der unterschiedlichen Kooperationspartner ange-
sichts der immer wieder konkurrierenden Mandate
zwischen Sektorministerien sowie zwischen nationa-
ler und Provinzebene als ein wichtiger Erfolgsfaktor
herausgestellt.
Berufsbildungspolitik für Qualität, geteilte Verant-
wortung und "on-the-job" training
Auf nationaler Ebene steht die Beratung bei der Ent-
wicklung und Umsetzung einer Berufsbildungspolitik
mit dem Kernstück eines kompetenz-basierten Aus-
bildungssystems im Mittelpunkt. Mit Unterstützung
des Vorhabens wurde zum ersten Mal eine nationale
Berufsbildungspolitik Pakistans entwickelt und im
März 2015 verabschiedet. Die wichtigsten Beiträge
der GIZ lagen in der Beratung zu inhaltlichen Aspek-
ten, bei der Umsetzung der Reform spielt nun auch
Organisationsberatung eine zentrale Rolle. Zudem
geht es fortlaufend darum, die konstruktive Zusam-
menarbeit der zahlreichen an der Reform und deren
Umsetzung beteiligten Akteure wie die Vertreter/in-
nen anderer Sektorministerien, der Provinzen, der
Ausbildungsinstitute sowie des Privatsektors zu mo-
derieren und die Nationale Berufsbildungs-kommis-
sion als wichtigsten Partner des Vorhabens in ihrer
koordinierenden Rolle zu unterstützen. Die Reform
stellt einen Paradigmenwechsel in der Entwicklung
der Kompetenzen von Millionen junger Männer und
Frauen dar. Sie gilt auch als wichtiger Baustein, um
die politisch gesetzten wirtschaftlichen und Entwick-
lungsziele Pakistans zu erreichen. Schulische und
betriebliche Ausbildung werden dadurch eng ver-
knüpft. Wo Berufsschulen in Pakistan früher nur vor-
wiegend Theorie vermittelten, lernen die Auszubil-
denden nun von Anfang an den realen Berufsalltag
kennen und erlernen so wichtige Fähigkeiten. Die
neue Politik setzt die Rahmenbedingungen für die
berufliche Bildung und spielt eine wichtige Rolle bei
der Qualitätssicherung, der Ausrichtung an den Erfor-
dernissen des Arbeitsmarktes und der Industrie so-
wie bei der Standardisierung von Abschlüssen. Aus-
bildungsgänge werden nun verstärkt durch die in-
und ausländischen Unternehmen anerkannt und
nachgefragt. Dabei ist insbesondere für viele bisher
im informellen Sektor tätigen Personen von Bedeu-
tung, dass auch ihre berufliche Vorerfahrung mit
berücksichtigt werden. Dies ist in Pakistan aufgrund
der großen Bedeutung des informellen Sektors be-
35
sonders wichtig. Auch die Qualifikation und Personal-
entwicklung für Berufsschullehrer sowie die Pilotie-
rung umfassender Monitoring- und Evaluierungs-Sys-
teme im Berufsbildungsbereich sind Teil der neuen
Politik und werden vom Vorhaben durch landesweite
Maßnahmen unterstützt.
Ein zentrales Ergebnis der
Beratung des Vorhabens
ist ferner die mittlerweile
im Rahmen der Politik
festgelegte und institutio-
nalisierte geteilte Ver-
antwortung zwischen öf-
fentlichen Partnern und
der Industrie bei der Ge-
staltung und Umsetzung
der Berufsbildung als auch
bei der Bewertung des Er-
folges. Ein Schwerpunkt
war hier die Einführung von kompetenz-basiertem
Training, das den Bedürfnissen der Industrie ent-
spricht. Nach den ersten erfolgreichen Absolventen
des neuen Trainingssystems arbeiten inzwischen
landesweit 175 Institute nach den neuen Prinzi-
pien. 72 verschiedene Qualifikationen stehen zur
Anwendung bereit. Mittlerweile haben mehr als
17.000 Berufsschüler/innen in ganz Pakistan
solch ein kompetenz-basiertes Training aufge-
nommen.
Im Zusammenhang der geteilten Verantwortung
wurde auch das Konzept einer partnerschaftlichen
Berufsausbildung (Cooperative Vocational Training,
CVT) entwickelt und umgesetzt. Dabei wird die Aus-
bildung in Instituten mit Training in den Unter-
nehmen verbunden. Die Abgänger erlernen so die
erforderlichen Fähigkeiten, die sie später in ihrem
Berufsleben benötigen. Daran beteiligen sich zurzeit
145 Unternehmen und mehr als 1.000 Auszubil-
dende haben bereits ihre Ausbildung abge-
schlossen.
Konkrete Verbesserungen für Unternehmen und
Abgänger/innen durch Praxisorientierung und
Mentoringsystem
Dass die im Zuge
der neuen Berufsbil-
dungspolitik Pakis-
tans neu konzipier-
ten Ausbildungen
und Trainings der
richtige Ansatz ist
meint auch Khurram
Azeem Khan aus Sialkot. Er ist Eigentümer der Firma
Acorp Safety Products mit etwa 250 Mitarbeiter/in-
nen. Er setzt auf die Qualität der Produkte seiner re-
lativ jungen Firma und benötigt dafür nicht nur sehr
engagierte, sondern auch bestens ausgebildete
Facharbeiter/innen. „Qualität ist das Markenzeichen
meiner Produkte. Ich bin sehr zufrieden mit den von
mir eingestellten Mitarbeiter/innen, welche die neu
konzipierte Ausbildung absolviert hatten. Sie können
gut die neuesten Maschinen mit den aktuellen digita-
len Anwendungen bedienen. Gleichzeitig können sie
durch ihre Kundenorientierung und ihr Kommunikati-
onsverhalten die Kunden so professionell bedienen,
wie ich es mir vorstelle.“
In Lahore war Misbah
Naz eine der ersten
Absolventinnen des
kooperativen Ausbil-
dungsprogramms,
das die GIZ in Zu-
sammenarbeit mit na-
tionalen und internati-
onalen Unternehmen
und öffentlichen wie privaten Trainingsinstituten ent-
wickelt hat. Frau Naz hatte nach ihrem vierjährigen
Wirtschaftsstudium kaum praktische Erfahrung. Wie
die meisten ihrer Freunde fand sie als Absolventin ei-
ner Universität keinen Job. Daher bewarb sie sich für
die einjährige Ausbildung zur Kundenberaterin. Nach
sechs Monaten in der Berufsschule trat sie bei dem
Unternehmen CEI Supply Chain eine Traineestelle
im Bereich Logistik an. Naz theoretische Ausbildung
bestand aus den Fächern Kundenservice, Soziale
Kompetenzen, Informatik und Englisch. Zu Beginn ih-
rer Praxisphase lernte sie mit vorher nie gehörten
Begriffen umzugehen und bekam Einblick in die ver-
schiedenen Abteilungen. „Ich beherrsche jetzt jede
Aufgabe hier. Wenn irgendwo jemand ausfällt, kann
ich seine Arbeit erledigen.“ Das ist auch das Ver-
dienst einer Trainingskoordinatorin, die die Auszubil-
denden bei CEI Supply Chain während der Praxis-
phase betreut. Die Mentoren werden in von der GIZ
organisierten Pädagogikseminaren geschult. Ihrem
Chef Amir Munir fiel die Wahl nicht schwer. Gleich im
ersten Vorstellungsgespräch habe er gespürt, dass
Naz seine Firma bereichern wird. „Sie ist sehr ehrgei-
zig und weiß, wie man sich im Geschäftsleben ver-
halten muss“, lobt der Manager. Er stellt auch mehr
Selbstbewusstsein bei den Auszubildenden nach
Einführung des kooperativen Systems fest. Seine
Firma gehört zu den ersten 145 Unternehmen in
Lahore und Karatschi, die nach dem neuen Verfah-
ren ausbilden. „Was die Berufsschüler im Unterricht
in der Schule lernen, passt nun mit dem zusammen,
was sie im Unternehmen erfahren.“ Den Lehrplan für
die Logistik-Ausbildung hat Munir gemeinsam mit der
GIZ entwickelt.
Khurram Azeem Khan
Amir Munir
Shumaila Naz
36
Verbesserung der pädagogischen Konzepte in
der Berufsbildung
Ein wichtiger Ansatzpunkt des Vorhabens ist auch
die Verbesserung der Qualität der Berufsausbil-
dung in den Instituten. Shabir Hussain aus der Pro-
vinz Khyber Pakhtunkhwa ist Ausbilder für Berufs-
schullehrer/innen im Fach Pädagogik. Er ist einer von
etwa 100 Ausbildern, die vom Vorhaben in neuen
und innovativen Unterrichtsformen und Methoden
fortgebildet wurden. Insgesamt wurden so 8.500 Be-
rufschullehrer/innen in ganz Pakistan erreicht, um
ihre pädagogischen Fähigkeiten weiter zu entwickeln.
Eines der innovativen Elemente dabei ist ein „Blen-
ded Learning“ Konzept, das die Vorteile von Prä-
senzveranstaltungen und E-Learning kombiniert.
„Der Blended Learning Kurs und das ergänzende
Material waren sehr umfassend. Ich konnte durch die
vom Vorhaben unterstützten Fortbildungen meine
Fähigkeiten entwickeln und meine Kurse für Berufs-
chullehrer anpassen, neue und moderne Lehrmetho-
den verwenden und die Lernziele besser erreichen.
Dadurch helfe ich den Lehrer/innen, ihre Ausbildung
besser und wirksamer zu gestalten“.
Den großen Erfolg dieser Maßnahme bestätigt auch
Shumaila Naz. Sie ist Berufsschullehrerin am Vocati-
onal Training Institute für Frauen in Affandi Town,
Hyderabad, Sindh. Sie ist eine der 8.500 Berufs-
schullehrer/innen, welche das berufsbegleitende pä-
dagogische Training erhalten haben. „Ich bin sehr
glücklich über das Training, das für mich ein Kataly-
sator für meine Wirksamkeit in meinem Beruf war. Es
hat mich in die Lage versetzt, meine Fähigkeiten als
Lehrerin besser in Wert zu setzen.“ Aus ihrer Sicht ist
das durchgeführte Training und die Investition in die
Lehrer/innen ein wichtiger Erfolgsfaktor des Vorha-
bens in Pakistan, da es nicht nur in deren Fähigkei-
ten investiert, sondern auch deren Motivation erhöht
und die Persönlichkeit entwickelt. „Das Training hat
meine Haltung und Einstellung verändert, wie ich
meinen Unterricht gestalte und die Schülerinnen be-
werte. Letztlich stelle ich dadurch auch bei meinen
Schülerinnen einen Wandel fest“.
All diese für ganz Pakistan geltenden Errungenschaf-
ten sind das Ergebnis mehrerer auch vom Vorha-
ben unterstützten Konsultationsrunden von zahl-
reichen staatlichen Stellen mit wichtigen
Akteuren des Berufsschulwesens sowie nationa-
len und internationalen Vertretern des Privatsektors.
Die Standardisierung von Lehrplänen an den rund
3.500 pakistanischen Berufsschulen bleibt eine nicht
einfach zu bewältigende Herausforderung in einem
Land, in dem die Zentral- und Provinzverwaltungen
noch unzureichend miteinander kooperieren.
Innovative und flexible Ausbildungselemente zur
Beschäftigung für Frauen, Flüchtlinge und Ju-
gendliche
Neben den Verbesserungen der formalen Berufsaus-
bildungsgänge initiierte das Vorhaben für Pakistan
kürzere innovative Trainings. Mit dem von 2011 bis
2016 durchgeführten Ansatz der „Lernenden Re-
gion“ brachte das Vorhaben wichtige Partner zusam-
men. Bildungsbehörden, Berufsschulen sowie Ver-
bände und Unternehmen der Privatwirtschaft
entwickelten insbesondere in Grenzprovinzen und für
ausgewählte Sektoren effektive Berufsbildungsmaß-
nahmen, um vor allem Frauen, Flüchtlingen und Ju-
gendlichen aus armen Haushalten den Zugang zum
Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Zusätzlich wurden über
einen Nationalen Berufsbildungsfonds innovative
Ausbildungsprojekte mit Pilotcharakter für die Be-
rufsbildungsreform auf Initiative der einreichenden
Organisationen gefördert. Durch die neuen Modelle
der Zusammenarbeit zwischen Wirtschaftsunterneh-
men und Trainingszentren wurden erforderliche Qua-
lifizierungsbedarfe gedeckt und Beschäftigungspo-
tenziale erschlossen. Neue Curricula für neue
Teilnehmerprofile wurden so gemeinsam mit der Un-
terstützung des Vorhabens entwickelt.
Die Abgänger sind dadurch wesentlich besser für
die Erfordernisse des Arbeitsmarktes ausgebil-
det. Eine unabhängige Erhebung hat gezeigt, dass
mehr als 90% der Abgänger/innen sowie der Unter-
nehmer/innen mit den Ergebnissen zufrieden sind.
Bisher konnten so mehr als 125.000 Menschen in
36 Berufsausbildungskursen teilnehmen. Für den
pakistanischen Kontext ist dabei besonders hervor-
zuheben, dass unter den Teilnehmenden mehr als
37.000 Frauen und 90.000 Personen aus armen
Haushalten stammen. Darüber hinaus wurden in
zwei Grenzregionen 1.800 Personen in zu landwirt-
schaftlichen Techniken und Fischproduktion ge-
schult.
Naila Parveen aus Gilgit ist eine der 125.000 Teilneh-
menden an den Kursen. Sie wohnt in Gilgit, eine ent-
legenen Region Pakistans in den Bergen des Hi-
malayas. Aufgrund der Abgeschiedenheit ist diese
Gegend für viele konventionelle Geschäftsmodelle
weniger geeignet. Naila Parveen besuchte einen der
dreimonatigen Trainingskurse zu E-Marketing und
konnte auch direkt im Anschluss ihre neu erworbe-
nen Fähigkeiten profitabel einsetzen. „Ich habe kürz-
lich aufgrund meiner neuen Qualifikation einen Auf-
trag für eine Malaysische Firma zu einem
Datenerhebungsprojekt durchgeführt. Mit Aufträgen
dieser Art bin ich nun in der Lage, meine Ausbil-
dungsgebühren selbst zu verdienen und dabei auch
noch meine Familie zu unterstützen“.
37
Dieser Ansatz ist seit Januar 2017nicht mehr Teil des
Programms. Das Vorhaben dokumentierte diese gu-
ten Erfahrungen aus Berufsbildungs- und Beschäfti-
gungsförderungsprogrammen für spezielle Zielgrup-
pen sowie aus „Lernenden Regionen“ für die
landesweite Verbreitung, um die Breitenwirksamkeit
zu steigern.
Naila Parveen
Informations- und Evaluierungssystem als Vo-
raussetzung zur Steuerung der Berufsbildung
Verlässliche Informationen zum Arbeitsmarkt spielen
auch eine wichtige Rolle bei Entscheidungen zur Be-
rufsbildungspolitik. Erhebungen zum Arbeitskräftebe-
darf gab es jedoch bis zum Beginn des Vorhabens
nicht. In diesem Zusammenhang wurde ein nationa-
les Informationssystem in der nationalen Berufs-
bildungskommission eingeführt. Die Information
stehen darüber hinaus auch den mit der Planung be-
trauten Partnern, Ausbildungsinstituten, der Industrie
und auch Arbeitssuchenden und Student/innen zur
Verfügung. Gegenwärtig sind die Informationen von
mehr als 70.000 Unternehmen und 700.000 ausgebil-
deten Arbeitnehmer/innen auf der Webseite verfüg-
bar (www.skillingpakistan.org). Täglich laden mehr
als 400 Arbeitssuchende ihre Profile auf der Web-
seite hoch. Informationen von über 3.500 privaten
und öffentlichen Berufsbildungsinstitutionen sind ver-
fügbar und zeigen die angebotenen Kurse und wei-
tere Informationen. Diese Plattform ist ein Schritt in
Richtung einer nachhaltigen Verbindung zwischen öf-
fentlichen und privaten Akteuren der Berufsbildung.
Ferner ist eine evidenzbasierte Steuerung in der Be-
rufsbildung ohne eine zuverlässige Datenlage nicht
möglich. Die in der neuen Politik vorgesehenen Mo-
nitoring und Evaluierungssysteme werden daher
vom Vorhaben entwickelt und pilotiert, um evidenz-
basierte politische Entscheidungen zur Steuerung zu
ermöglichen. Abdul Sami Khan arbeitet in der staatli-
chen Aufsichtsbehörde für das Berufsschulwesen in
der Provinz Azad Jammu und Kashmir (Azad Jammu
and Kashmir Technical Education and Vocational
Training Authority, AJK-TEVTA). Seiner Behörde un-
terstehen derzeit 67 Berufsschulen und 82 Trainings-
zentren. Jährlich werden in diesen öffentlichen und
privaten Instituten 15.000 Teilnehmende aus- bzw.-
fortgebildet. Die Entwicklung des neuen Monitoring
und Evaluierungssystems wurde durch das Vorhaben
pilothaft unterstützt. Nach der erfolgreichen Pilotie-
rung bis Januar 2015 wird das System gegenwärtig
im ganzen Land verbreitet. „Es ist für mich wie ein
Traum, der Wirklichkeit wird, nun alle Daten über den
Berufsschulsektor in einer transparenten Art und
Weise und ohne Dopplungen zusammengestellt zu
haben“, sagt Abdul Sami Khan, Vorsitzender der Be-
hörde.
Nachhaltigkeit durch Qualitätssicherung und ge-
meinsame Verantwortung
Die Nationale Berufsbildungskommission steht mit
der Umsetzung der Neuerungen vor der Herausfor-
derung, Rollen und Verantwortlichkeiten aller an
der Berufsbildung beteiligten Organe wirksam zu
steuern, die Politik- und Strategieentwicklung vo-
ranzubringen und ein Qualitätssicherungssystem
zu initiieren und zu leiten. Koordinierung und Ver-
netzung mit anderen Ministerien, der Plankommis-
sion und den Wirtschaftsorganen spielen dabei eine
große Rolle. Die GIZ unterstützt dabei durch Organi-
sationsentwicklung und Beratung in Schlüsselprozes-
sen. Auf Provinzebene sind die zuständigen Berufs-
bildungsbehörden die zentralen Akteure, um den
Erfolg zu messen und die Qualität der Berufsausbil-
dung zu sichern. Sie spielen eine entscheidende
Rolle in der Umsetzung der nationalen Politik und der
Einführung der Neuerungen auf Provinzebene und in
den Instituten. Die Anforderungen an das Manage-
ment und die Steuerung sind dadurch erheblich ge-
wachsen. Das Vorhaben griff diesen wichtigen As-
pekt auf und bildete 880 leitende und höhere
Angestellte in einem Training zu Managementfra-
gen aus, um die gestiegenen Anforderungen im
Management, Verwaltung und strategischer Ent-
wicklung zu erfüllen.
38
Wirkungsbereiche des Vorhabens
Das Vorhaben leistet mit seinen Wirkungen einen direkten Beitrag zu den beiden Aggregationsindikatoren
der Wirkungsdaten 2016
Qualifizierung/Berufliche Bildung: Anzahl der Aus- und Fortzubildenden, die durch die Maßnah-
men bzw. Vorhaben der GIZ erreicht wurden
Menschen in Beschäftigung: Anzahl der Menschen, die durch den Beitrag von GIZ-Maßnahmen
bzw. -Vorhaben in Beschäftigung gekommen sind.
Das Vorhaben leistet mit seinen Wirkungen einen indirekten Beitrag zum Aggregationsindikator der
Wirkungsdaten 2016
Verbesserung von Arbeitsbedingungen: Anzahl der Menschen, die durch den Beitrag von GIZ-Maß-
nahmen bzw. –Vorhaben von besseren Arbeitsbedingungen profitiert haben. Sowie Anzahl der Men-
schen, die durch den Beitrag von GIZ-Maßnahmen bzw. –Vorhaben über ein höheres Einkommen ver-
fügen. Das Vorhaben leistet mit seinen Wirkungen einen Beitrag zu den folgenden Zielen für
nachhaltige Entwicklung
SDG 4: Inklusive, gleichberechtigte und hochwertige Bildung gewährleisten und Möglichkeiten le-
benslangen Lernens für alle fördern. Relevant sind insbesondre die Unterziele
o 4.3: Bis 2030 den gleichberechtigten Zugang aller Frauen und Männer zu einer erschwingli-
chen und hochwertigen fachlichen, beruflichen und tertiären Bildung einschließlich universitä-
rer Bildung gewährleisten,
o 4.4: Bis 2030 die Zahl der Jugendlichen und Erwachsenen wesentlich erhöhen, die über die
entsprechenden Qualifikationen einschließlich fachlicher und beruflicher Qualifikationen für
eine Beschäftigung, eine menschenwürdige Arbeit und Unternehmertum verfügen,
o 4.5: Bis 2030 geschlechtsspezifische Disparitäten in der Bildung beseitigen und den gleichbe-
rechtigen Zugang der Schwachen in der Gesellschaft, namentlich von Menschen mit Behinde-
rungen, Angehörigen indigener Völker und Kindern in prekären Situationen, zu allen Bildungs-
und Ausbildungsebenen gewährleisten.
SDG 8, insbesondere 8.6: Bis 2020 den Anteil junger Menschen, die ohne Beschäftigung sind und
keine Schul- oder Berufsausbildung durchlaufen, erheblich verringern.
39
4.3 Berufliche Bildung im Norden und Osten Sri Lankas
Der Kontext der Herausforderungen im Bereich
berufliche Bildung
Im Jahr 2009 ist in Sri Lanka der bewaffnete Konflikt
zwischen der sri-lankischen Regierung und den um
einen unabhängigen tamilischen Staat kämpfenden
Liberation Tigers of Tamil Eelam nach über 25 Jah-
ren zu Ende gegangen. Die Kriegsjahre waren durch-
militärische Kampfhandlungen, Vertreibung,
Menschenrechtsverletzungen und Zerstörungen vor
allem in der überwiegend von Tamilen bewohnten
Nordprovinz sowie im Osten des Landes geprägt.
Auch heute sind die Auswirkungen des Krieges in der
Region noch spürbar. Die Gesellschaft ist geprägt
von Armut und den psychischen und physischen Fol-
gen des Krieges. Landesweit leben 6,7 % der Bevöl-
kerung unterhalb der Armutsgrenze, ein hoher Anteil
der Bevölkerung leidet an Unterbeschäftigung bzw.
prekären Beschäftigungsverhältnissen. In den frühe-
ren Konfliktgebieten und den angrenzenden Regio-
nen ist die Arbeitsmarktsituation noch angespannter.
Einerseits fehlt es an Berufsbildungsangeboten, die
sich an den Bedarfen der Wirtschaft, aber auch an
den Bedürfnissen der Gesellschaft orientieren.
Eine besondere Herausforderung ist es, jungen
Frauen und Menschen mit Behinderung sowie weite-
ren marginalisierten Personengruppen vor allem im
ländlichen Raum einen Zugang zu einer formalen Be-
rufsausbildung zu verschaffen. Die Entfernungen, tra-
dierte Rollenbilder sowie familiäre und wirtschaftliche
Verpflichtungen am Wohnort schränken die Möglich-
keiten stark ein. Andererseits gibt es einen deutlichen
Mangel an qualifizierten Fachkräften. Dies beein-
trächtigt die Wirtschaftsentwicklung. In den Berufsbil-
dungszentren fehlt es häufig noch an adäquat qualifi-
ziertem Lehrpersonal, um den Absolventen/innen die
von der Wirtschaft geforderten Kenntnisse und Fer-
tigkeiten zu vermitteln. Konfliktmindernde Aspekte,
die durch den jahrzehntelangen Krieg entstandene
Feindseligkeiten gegenüber anderen Bevölkerungs-
gruppen abbauen und ein friedliches Miteinander för-
dern sollen, werden in den staatlichen Ausbildungsin-
stitutionen bisher kaum berücksichtigt.
Bedarfsorientierte Qualifizierung von Fachkräften
kann die nachhaltige Wirtschaftsentwicklung in der
Region fördern. Darüber hinaus können neue Er-
werbsmöglichkeiten entstehen, wie etwa durch die
Ansiedlung neuer Unternehmen, die insbesondere
der jungen Generation neue Einkommensmöglichkei-
ten bieten kann.
Ansatz des Vorhabens: verbesserte Beschäfti-
gungsmöglichkeiten für Jugendliche auch als
Beitrag zur Friedenssicherung
Ziel des Vorhabens Berufliche Bildung im Norden
und Osten Sri Lankas ist es, dass Jugendliche ein
verbessertes und bedarfsorientiertes Ausbildungsan-
gebot in der Nord- und Ostprovinz Sri Lankas nutzen.
Durch die dadurch verbesserten Beschäftigungsmög-
lichkeiten soll unmittelbar auch ein Beitrag zu Frie-
densförderung und Konflikttransformation im Land
geleistet werden.
Das Vorhaben unterstützt derzeit 15 Berufsbildungs-
einrichtungen im Norden und Osten Sri Lankas da-
bei, ihr Ausbildungsangebot qualitativ und quantitativ
zu verbessern. Die Unterstützung der Berufsschulen
umfasst insbesondere Beratungsleistungen zur Qua-
litätssteigerung der Ausbildungsangebote, die Qualifi-
zierung von Lehr- und Managementpersonal, klei-
nere Ausstattungsleistungen, die Betreuung von
Betriebspraktika ("on-the-job" Training), die Unter-
stützung von Prüfungen und Akkreditierungen, die
Einführung von Englischkursen sowie die bedarfsori-
entierte Anpassung von Curricula. Neben dieser
technischen Beratung spielt das Personal der GIZ
eine zentrale Rolle als Moderator für die Gestaltung
der Zusammenarbeit zwischen staatlichen Behörden
und der Privatwirtschaft, sowohl auf lokaler Ebene
als auch im nationalen Kontext. Durch eine direkte
Einbindung der Wirtschaft in Prozesse der berufli-
chen Ausbildung und der Förderung von Kooperati-
onsmechanismen zwischen staatlichen Berufsbil-
dungsakteuren und der Wirtschaft wird die
Bedarfsorientierung und Nachhaltigkeit der Ausbil-
dungsangebote sichergestellt. In dem vom BMZ fi-
nanzierten Vorhaben wird die Unterstützung der Be-
rufsbildungsangebote in der Ostprovinz durch eine
Kofinanzierung des Schweizer Staatsekretariats für
Migration ermöglicht.
Entwicklung neuer und praxisrelevanter Ausbil-
dungsgänge gemeinsam mit der Privatwirtschaft
Das Vorhaben hat bislang insgesamt 104 Aus- und
Weiterbildungsgänge in den Fachbereichen Auto-
mobiltechnik, Bauwesen, Nahrungsmittelverarbei-
tung, Mechanik, Elektrik und Elektronik, Informations-
und Kommunikationstechnologie, Hotel- und Gast-
wirtschaft sowie Handwerksberufe wie Schneiderei,
Kosmetik und Frisörhandwerk neu eingeführt oder
qualitativ aufgewertet. Auch wurden Lehrpläne neu
entwickelt, um eine enge Orientierung der Ausbil-
dung an den Bedarfen des Arbeitsmarktes sicher zu
40
stellen. Damit die Absolventen/innen auch tatsächlich
verbesserte Möglichkeiten der Beschäftigung erhal-
ten, arbeitet das Projekt intensiv mit der Privatwirt-
schaft bei der Gestaltung der Ausbildungen zusam-
men.
Die Partnerorganisationen werden bei der Vermitt-
lung von betrieblichen Ausbildungsphasen ("on-
the-job" Training“) unterstützt. Durch das sechs- bis
zwölfmonatige „on-the-job" Training wird sicherge-
stellt, dass alle Auszubildenden aus den von der GIZ
unterstützten Ausbildungseinrichtungen einen be-
trieblichen Ausbildungsteil durchlaufen. Darüber hin-
aus werden Unternehmensvertreter in die Ausbil-
dungseinrichtungen eingeladen, um den Dialog
zwischen Unternehmen und zukünftigen Fachkräften
zu fördern.
Der Austausch zwischen Regierungsorganisatio-
nen und Privatsektor wird durch die Organisation
von Unternehmensforen zu ausgewählten Themen
unterstützt. Eine Veranstaltung stand beispielsweise
unter dem Thema erneuerbare Energien. Es wurde
unter anderem diskutiert, wie die Curricula ange-
sichts der neuen Technologien angepasst werden
müssen und wie Lehrpersonal und Auszubildende
mehr für „grüne“ Themen wie Abfallentsorgung, Was-
sernutzung, Energieeffizienz sowie die Nutzung von
erneuerbaren Energien sensibilisiert werden können.
Essentieller Baustein ist die Qualifizierung des
Lehr- und Managementpersonals der Berufsschu-
len auf der Grundlage zuvor identifizierter Fortbil-
dungsbedarfe. Neben den Inhalten zur Sicherung der
technischen Qualität der Kurse und der pädagogi-
schen Fähigkeiten spielen in allen Schulen auch die
Kompetenzen zur Gleichberechtigung der Ge-
schlechter, zur Friedenssicherung und Konflikttrans-
formation sowie zur Förderung sozialer Kompeten-
zen und Schlüsselqualifikationen eine zentrale Rolle.
Ein besonderer Schwerpunkt liegt auch auf der Ver-
besserung der Englischsprachkompetenz der Auszu-
bildenden. Englisch ist eine wichtige Brückensprache
zwischen den singalesisch und tamilisch sprechen-
den Volksgruppen und trägt somit zur Mobilität auf
dem Arbeitsmarkt und zur Verständigung bei.
Studienreisen zu anderen Berufsschulen in Süd-
ostasien ergänzen das Qualifizierungsangebot für
ausgewählte Teilnehmer/innen. Kontinuierliche, in-
tensive Beratung und Unterstützung findet dabei
auch auf höchster Managementebene statt.
In einer Erhebung bestätigten etwa drei Viertel der
am "on-the-job" Training beteiligten Betriebe, dass
die Kompetenzen der Absolvent/innen zu ihrer
Zufriedenheit sind. Optimierungsbedarfe wurden
seitens der Betriebe hinsichtlich der Sprach-
kompetenzen sowie bei Soft Skills wie Kommunika-
tion, Pünktlichkeit oder Arbeitsmoral gesehen.
Strukturelle Verbesserungen zur Zusammenar-
beit zwischen staatlichen Strukturen und der Pri-
vatwirtschaft auf der nationalen Ebene
Neben der Arbeit in der Nordprovinz sowie im Osten
des Landes stellte das Vorhaben auf nationaler
Ebene sicher, dass die entwickelten Berufsbildungs-
angebote den staatlichen Rahmenbedingungen ent-
sprechen. Auf dieser Grundlage hat das Vorhaben
die zuständige Berufsbildungsuniversität und die Be-
rufsbildungskommission beraten. Oben dargestellte
Neuerungen konnten so nachhaltig im Berufsbil-
dungssystem verankert werden.
Darüber hinaus fördert das Vorhaben Dialogprozesse
zwischen staatlichen Akteuren und der Privatwirt-
schaft auf nationaler Ebene und begleitet Pilotpro-
zesse. Das Veranstaltungsformat „Private Sector Fo-
rum“ hat sich als Plattform zur Förderung des
Austauschs zwischen der Privatwirtschaft und den
staatlichen Akteuren etabliert. So konnte das Vorha-
ben Impulse setzen, die Privatwirtschaft zukünftig
stärker in die Curriculumsentwicklung sowie in
Ausbildungsprozesse und -strukturen einzubin-
den.
Perspektiven für zahlreiche Jugendliche und
junge Erwachsene
2012 eröffnete das erste im Rahmen des Vorhabens
geförderte Ausbildungszentrum. Die Eröffnung des
als Exzellenzzentrum für berufliche Bildung konzi-
pierte Sri Lanka-German Training Institute (SLGTI)
am 18. Juli 2016 war ein bedeutender Meilenstein
des Projekts. Die Eröffnung fand in Anwesenheit des
sri-lankischen Präsidenten, des sri-lankischen Be-
rufsbildungsministers sowie des deutschen Botschaf-
ters statt. Im Vorfeld der Eröffnung wurde eine Wer-
bekampagne für das SLGTI durchgeführt,
insbesondere auch um Jugendliche aus dem Osten
und Süden des Landes zu einer Bewerbung an den
angebotenen Ausbildungsgängen zu motivieren.
Mehr als 1000 junge Männer und Frauen bewarben
sich schließlich auf die 233 angebotenen Ausbil-
dungsplätze. Von den angenommen Auszubildenden
sind 63,5 % Tamilen, 21 % Muslime und 15,5 % Sin-
ghalesen. Somit wurde das Ziel erreicht, einen Ort zu
schaffen, an dem Auszubildende verschiedener Eth-
nien und Religionen gemeinsam ausgebildet werden.
Die Zahl der Auszubildenden an den bereits geför-
derten Einrichtungen ist aufgrund der Rekrutierung
und des Angebots zusätzlicher Ausbildungsgänge
kontinuierlich gestiegen. 1.075 Auszubildende haben
41
mittlerweile ihre Ausbildung bereits abgeschlossen.
An den 15 geförderten Einrichtungen absolvieren
derzeit 2.075 Auszubildende ihre Ausbildung. 40,8 %
der Auszubildenden und Absolventen sind weiblich,
was eine deutliche Steigerung zu den 30 % Frauen-
anteil zu Beginn des Projekts ist. Diese Entwicklung
geht u.a. auf die Bemühungen des Vorhabens zur
Sensibilisierung im Bereich der Berufsorientierung
zurück, in die Eltern und Ehemänner einbezogen
werden. Darüber hinaus werden regelmäßig Gender-
trainings mit Partnern, Lehr- und Managementperso-
nal sowie den Auszubildenden durchgeführt. Bei der
Durchführung aller Maßnahmen wird auf eine mög-
lichst ausgewogene Geschlechterverteilung geachtet.
Die Kooperation mit Jetwing ist ein gutes Beispiel für
die Kooperation mit Unternehmen im Bereich der be-
ruflichen Ausbildung und den erfolgreichen Über-
gang von Jugendlichen in den Arbeitsmarkt. Im
Rahmen einer Kooperationsvereinbarung zwischen
der GIZ, der nationalen Berufsbildungsbehörde und
Jetwing Hotels Ltd erhielten 58 Auszubildende des
Ausbildungszentrums Karainagar die Möglichkeit, ei-
nen berufspraktischen Ausbildungsteil in einem der
zahlreichen Jetwing-Hotels in Sri Lanka zu absolvie-
ren. Anschließend wurden 42 Absolvent/innen im neu
eröffneten Jetwing-Hotel Jaffna eingestellt.
Susikaran Vinotha
aus Skandapuram ist
20 Jahre alt und hat
die Ausbildung zur
Elektronikerin abge-
schlossen. „Ich habe
zahlreiche Unter-
schiede zwischen
der Ausbildung in der
Schule und der Be-
rufsausbildung festgestellt. Zum Beispiel habe ich in
der Schulzeit nie mit den Jungs gesprochen. Aber in
der Berufsschule haben wir alle zusammen gelernt,
gearbeitet und auch unser Wissen ausgetauscht. Als
ich das erste Mal einen Fernseher in allen Einzeltei-
len sah, war das sehr seltsam und fast erschreckend.
Auch habe ich vorher nicht gewusst, was Mobiltele-
fone wirklich sind und wie sie funktionieren. Heute,
nach dem "on-the-job" training ist es für mich normal,
sie zu reparieren. Dabei habe ich auch gelernt, dass
nicht nur Jungen, sondern auch Mädchen vieles kön-
nen. Auch habe ich viele andere Menschen und Teile
des Landes während der Ausbildung kennen gelernt.
Allerdings musste dann dort immer wieder übersetzt
werden, da ich Tamil spreche und meine geringen
Englischkenntnisse nicht ausreichten. Inzwischen
war ich auch dank der Ausbildung drei Mal in Co-
lombo. Meinen Eltern musste ich nicht nur alles zu
Elektronik erklären, sondern auch verteidigen, warum
diese Ausbildung für Mädchen gut ist. Sie verstanden
es nach meinem praktischen Aufenthalt bei Sri Lanka
Telecom. Anschließend erlaubten sie meiner
Schwester, dass sie eine Ausbildung als Elektrikerin
macht. Mit dem Abschlusszertifikat kann man leicht
eine Anstellung finden oder sogar sein eigenes Un-
ternehmen gründen.“
Beitrag zu Frieden und Konflikttransformation
Vor dem Hintergrund des erst vor acht Jahren been-
deten jahrzehntelangen Konfliktes wurde besonders
angestrebt, durch die berufliche Bildung auch einen
Betrag zur Versöhnung und Konflikttransformation zu
leisten. Das Vorhaben unterstützt die Berufsschulen
dabei, Konzepte und innovative Aktivitäten der
Friedensförderung und Konflikttransformation in
die Ausbildungen zu integrieren. In enger Zusam-
menarbeit mit nationalen und internationalen Exper-
ten hat das Vorhaben ein Handbuch für Friedenser-
ziehung und Konfliktprävention für Lehrer/innen
und Managementpersonal der Berufsbildungsinstituti-
onen entwickelt. Das Handbuch "Manual to
strengthen social competencies of vocational trai-
nees" enthält neben einem einführenden Teil in die
Thematik detaillierte Lehr- und Lernmodule. Darin
werden Themen behandelt, die die Rolle als verant-
wortungsbewusste/r Bürger/in und Kommunikation
behandeln. Die sozialen Kompetenzen betreffen wei-
terhin die persönliche Entwicklung, körperliches und
geistiges Wohlergehen sowie Lernstrategien.
Für Jeyakulanathan Jenoji brachte die Ausbildung
eine wichtige persönliche Entwicklung mit sich: „Ich
habe eine Freundin, die eine Ausbildung als Elektro-
nikerin machte. Nach einiger Zeit reifte bei mir der
Gedanke, dass ich auch eine Berufsausbildung ma-
chen will. Als ich darüber mit meiner Mutter sprach,
war sie zunächst von der Idee jedoch nicht begeis-
tert, ich habe dann doch begonnen. Später, das erste
Mal in meinem
praktischen "on-
the-job" training,
war ich am An-
fang sehr nervös.
Ich lernte aber
dann mit mehr
Mut zu arbeiten.
Inzwischen habe
ich so viel Selbst-
vertrauen, dass ich bei Beschwerden alleine mit den
Kunden bespreche, um diese zu lösen. Dafür waren
die Kurse für soziale Kompetenzen in der Berufs-
schule sehr wichtig. Ich will gerne noch mehr lernen
und Ingenieurin werden“.
Susikaran Vinotha
Jeyakulanathan Jenoji
42
An bisher 21 Trainingsmaßnahmen durch Förde-
rung der sozialen Kompetenzen nahmen mehr als
1.000 Schüler/innen und Lehrer/innen der vom
Vorhaben unterstützten Berufsbildungseinrichtungen
teil. Die durchgeführten Trainingsmaßnahmen bein-
halteten unter anderem ein interkulturelles Training.
Mitglieder aller ethnischen Gruppen – Singhalesen,
Tamilen und Muslime – teilten Besonderheiten ihrer
Kultur, Religion und Essen miteinander. Dadurch
konnten die Jugendlichen Dinge voneinander erfah-
ren, die sie vorher noch nicht wussten. Darüber hin-
aus wurden berufliche Situationen simuliert, wie etwa
ein Jobinterview, das Gespräch mit einem Vorgesetz-
ten oder die Lösung von Konflikten am Arbeitsplatz.
Durch die regelmäßig durchgeführten Trainingsmaß-
nahmen werden gezielt Vorurteile gegenüber an-
deren Bevölkerungsgruppen abgebaut und ein
friedliches Miteinander gefördert.
Die Themen Friedenserziehung und Konfliktpräven-
tion werden zudem durch zielgruppenspezifische
Veranstaltungen adressiert: Das Event „North
meets the South“ ist eine Studienreise von Berufs-
schüler/innen aus dem Norden des Landes nach Co-
lombo. Neben dem Kennenlernen von neuesten
Technologien und Arbeitsprozessen und dem direk-
ten Austausch mit Unternehmensvertretern, fördert
diese Veranstaltung auch den Austausch zwischen
Jugendlichen aus Nord und Süd. Das Event fand
bislang viermal (2012 bis 2015) statt, mit einer Teil-
nehmerzahl von insgesamt 562 Auszubildenden,
davon 185 Teilnehmer/ innen aus Colombo.
Die Veranstaltung „Young and Diverse“ ist ein Sport
und Kulturevent zur gezielten Förderung der sozialen
und kulturellen Integration. Die kulturelle, religiöse
und soziale Vielfalt steht bei dieser Veranstaltung im
Mittelpunkt. Auch hier kommen junge Leute verschie-
dener Ethnien, Religionen und sozialer Hintergründe
zusammen und es entstand ein gegenseitiges Ver-
ständnis und Vertrauen. Der Austausch fand bislang
dreimal statt, mit einer Teilnehmerzahl von insgesamt
etwa 1.600 Auszubildenden.
Verbessertes Image beruflicher Bildung für Ju-
gendliche aus ländlichen Gegenden
Das Projekt hat einen positiven Einfluss auf das An-
sehen der Berufsbildung im Norden und Osten Sri
Lankas genommen. Unter den Jugendlichen gilt es
als attraktive Option, an den modernen Maschinen in
den Ausbildungszentren ausgebildet zu werden und
nach der schulischen Ausbildung für das "on-the-job"
Training in einen anderen Landesteil zu gehen und
dort in einem bekannten Unternehmen zu arbeiten.
Auch das Angebot Englisch zu lernen, wird sehr posi-
tiv gesehen, da es neue Möglichkeiten eröffnet.
Um Jugendliche
insbesondere in
ländlichen Ge-
genden über das
Angebot und die
Potenziale einer
bedarfsorientier-
ten Berufsausbil-
dung zu informie-
ren und deren Teilnahme zu befördern, legt das
Vorhaben einen starken Schwerpunkt auf die Bil-
dungs- und Berufsberatung. Diese wurde zu Beginn
des Projekts mit einem Trainingsbus durchgeführt,
aus dem mithilfe von Broschüren, Flyern, Filmen,
Straßentheater und Diskussionsveranstaltungen in
den Gemeinden für die Berufsausbildungsangebote
geworben wurde. Später wurden Mitarbeiter/innen
der Ausbildungszentren in Bildungs- und Berufsbera-
tung qualifiziert. Diese besuchen die weiterführenden
Schulen in der Region, um Schüler und Eltern über
die Ausbildungsmöglichkeiten zu informieren. Drei
fest installierte Bildungs- und Berufsberatungs-Büros
in Kilinochchi, Jaffna und Trincomalee stehen dar-
über hinaus als Anlaufstellen zur Verfügung.
Jeyakumar Inthuyan, Auszubildender am Kilonochchi
Central College: „Wir wurden über die Perspektiven
auch in wirtschaftlicher Hinsicht der unterschiedli-
chen Berufsausbildungsgänge informiert. Diese Ori-
entierungen waren für uns wichtig, um die richtige
Entscheidung für unsere Zukunft treffen zu können“.
Ein besonderer Fokus wird hierbei auf die Aufklärung
und Sensibilisierung junger Frauen und deren Eltern
und/oder Ehemänner gelegt, mit dem Ziel, kulturelle
Barrieren abzubauen und jungen Frauen eine Berufs-
ausbildung und -ausübung zu ermöglichen. Die Maß-
nahmen haben zu einem besseren Ansehen von Be-
rufsbildung in der Gesellschaft und damit zu einer
Zunahme der Nachfrage nach Berufsausbildung an
den geförderten Schulen geführt.
Jeyakumar Inthuyan
43
Wirkungsbereiche des Vorhabens
Das Vorhaben leistet mit seinen Wirkungen einen Beitrag zu den beiden Aggregationsindikatoren der Wir-
kungsdaten 2016
Qualifizierung/Berufliche Bildung: Anzahl der Aus- und Fortzubildenden, die durch die Maßnah-
men bzw. Vorhaben der GIZ erreicht wurden
Menschen in Beschäftigung: Anzahl der Menschen, die durch den Beitrag von GIZ-Maßnahmen
bzw. -Vorhaben in Beschäftigung gekommen sind.
Das Vorhaben leistet mit seinen Wirkungen einen Beitrag zu den folgenden Zielen für nachhaltige Entwick-
lung:
SDG 4: Inklusive, gleichberechtigte und hochwertige Bildung gewährleisten und Möglichkeiten le-
benslangen Lernens für alle fördern. Relevant sind insbesondre die Unterziele
o 4.3: Bis 2030 den gleichberechtigten Zugang aller Frauen und Männer zu einer erschwingli-
chen und hochwertigen fachlichen, beruflichen und tertiären Bildung einschließlich universitä-
rer Bildung gewährleisten,
o 4.4: Bis 2030 die Zahl der Jugendlichen und Erwachsenen wesentlich erhöhen, die über die
entsprechenden Qualifikationen einschließlich fachlicher und beruflicher Qualifikationen für
eine Beschäftigung, eine menschenwürdige Arbeit und Unternehmertum verfügen,
o 4.5: Bis 2030 geschlechtsspezifische Disparitäten in der Bildung beseitigen und den gleichbe-
rechtigen Zugang der Schwachen in der Gesellschaft, namentlich von Menschen mit Behinde-
rungen, Angehörigen indigener Völker und Kindern in prekären Situationen, zu allen Bildungs-
und Ausbildungsebenen gewährleisten.
SDG 8: insbesondere 8.6: Bis 2020 den Anteil junger Menschen, die ohne Beschäftigung sind und
keine Schul- oder Berufsausbildung durchlaufen, erheblich verringern.
SDG 16: Friedliche und inklusive Gesellschaften für eine nachhaltige Entwicklung fördern, allen
Menschen Zugang zur Justiz ermöglichen und leistungsfähige, rechenschaftspflichtige und inklu-
sive Institutionen auf allen Ebenen aufbauen.
44
5 Gute Regierungsführung: Demokratieförderung, Dezentralisierung und Kommunalentwicklung
Die beiden Indikatoren der Wirkungsdaten 2016 be-
treffen die Anzahl der Menschen, die durch die GIZ
von mehr politischer Teilhabe profitieren sowie die
Anzahl der Menschen, die durch die GIZ Zugang zu
staatlichen und kommunalen Dienstleistungen erhal-
ten haben.
Die Wirkungen der dargestellten Beispiele tragen alle
zu beiden Indikatoren bei. Bei den Vorhaben in Be-
nin, Sambia und Palästina wird auch deutlich, dass
der Zugang zu einigen kommunalen Dienstleistungen
erst durch die verbesserte politische Teilhabe der
Menschen und ihrer zivilgesellschaftlichen Organisa-
tionen ermöglicht wurde. Das Beispiel aus Georgien
zeigt die Verbesserungen durch die Einrichtung von
Bürgerbüros. Im Vorhaben in Palästina werden Me-
dien und innovativen Formen der Informations- und
Kommunikationstechnologie genutzt, um politische
Teilhabe und Zugang zu Basisdienstleistungen zu
verbessern.
Die im Rahmen der beiden Indikatoren profitierenden
Menschen sind in aller Regel Bürger/innen in Kom-
munen. Häufig sind die Ansätze der Vorhaben so
ausgerichtet, dass besonders Frauen oder auch
Menschen aus ärmeren Haushalten von Verbesse-
rungen profitiren. Die Basisleistungen umfassen Bil-
dung, Gesundheit, Zugang zu Wasser und im Falle
des Beispiels in Benin auch Basisleistungen wie Not-
hilfe und den Schutz vor Risiken.
Die Ansätze der dargestellten Vorhaben setzen an
folgenden zentralen Hebeln an: die direkte Stärkung
von Kommunen zur Verbesserung ihrer Leistungser-
bringung, die Unterstützung von Reformen auf natio-
naler Ebene um die Rahmenbedingungen für die
Kommunen zu verbessern, beispielsweise was ihre
Kompetenzen oder ihre Finanzen betrifft. In allen Fäl-
len ist die Stärkung zivilgesellschaftlicher Akteure
Teil der Unterstützung durch die GIZ, um die Voraus-
setzung für politische Teilhabe zu verbessern sowie
verbesserte Dienstleistungen einfordern zu können.
Gemeinsames Element der Beispiele ist die große
Bedeutung der Förderung der Zusammenarbeit zwi-
schen Akteuren, um die Wirkungen zu erreichen.
Dies betrifft die Zusammenarbeit zwischen staatli-
chen Stellen wie z. B. zwischen Ministerien sowie
auch zwischen der nationalen Ebene und den dekon-
zentrierten Diensten sowie den dezentralisierten Ver-
waltungen. Zentral ist auch die Stärkung des Dialo-
ges zwischen staatlichen und zivil-gesellschaftlichen
Akteuren. Dabei steht die Einrichtung und die Effizi-
enz von dauerhaften Mechanismen und Formen wie
Public Hearings, moderierte, öffentliche Anhörungen,
etc. im Mittelpunkt.
Liste der Beispiele im Bereich Good Governance
5.1 Unterstützung der Dezentralisierung und Kommunalentwicklung in Benin
5.2 Politische Teilhabe an Governance Reformprozessen und Armutsminderung in Sambia
5.3 Reformprogramm zur Kommunalentwicklung in Palästina
5.4 Bürgerbüros im Vorhaben „Kommunalentwicklung im Südkaukasus“
45
5.1 Unterstützung der Dezentralisierung und Kommunalentwicklung in Benin
Der Kontext der Grundversorgung der Bevölke-
rung mit öffentlichen Dienstleistungen
Benin ist eines der ärmsten Länder der Welt. Etwas
mehr als ein Drittel der ca. zehn Millionen Beniner/in-
nen lebt unterhalb der Armutsgrenze. Insbesondere
in ländlichen Bereichen ist die Armut mit rund 50 Pro-
zent der Bevölkerung besonders stark. Laut UNDP
Weltentwicklungsbericht 2016 beträgt die Alphabeti-
sierungsrate 38 Prozent bei den über 15-Jährigen
und 42 Prozent bei den unter 15-jährigen Beniner/in-
nen. Im Jahr 2015 belegte Benin den Platz 167 von
188 Ländern im Human Development Index.
Ein wichtiges Ziel der nationalen Entwicklungsstrate-
gie ist daher, die Lebensbedingungen der Bevölke-
rung in Benin nachhaltig zu verbessern. Ein zentraler
Baustein darin ist die Verbesserung der Grundversor-
gung der Bevölkerung mit öffentlichen Dienstleistun-
gen. Die territoriale Verwaltungsreform legte dafür
bereits eine wichtige Grundlage. In ihr ist festgelegt,
dass Kompetenzen und Ressourcen von der Zentral-
regierung in Benin an die Gebietskörperschaften
übertragen werden. Dabei steuert das Dezentralisie-
rungsministerium den Reformprozess. Auch wurde
ein Mechanismus zum Finanzausgleich zwischen
Staat und Gemeinden entwickelt. Trotz dieser förder-
lichen Rahmenbedingungen steht die erfolgreiche
Umsetzung der Dezentralisierungsreform noch vor
vielfältigen Herausforderungen.
Wichtige Zuständigkeiten der Grundversorgung der
Bevölkerung mit öffentlichen Dienstleistungen sind
zwar an die Kommunen übertragen worden. Die
meisten Fachministerien üben jedoch weiterhin kom-
munale Kompetenzen aus und übertragen durch-
schnittlich nur ca. 2% ihres Budgets an ihre dekon-
zentrierten Dienste auf Ebene der Départements und
der Kommunen. Die Investitionsausgaben der Kom-
munen sind zwischen 2008 und 2015 durchschnittlich
um 212%4 gestiegen, allerdings bleibt der Anteil der
kommunalen Ausgaben an den Gesamtausgaben
des Staates mit ca. 7%5 (2014) relativ gering. Zudem
werden in den kommunalen Entwicklungsplanungen
und lokalen politischen Prozessen die spezifischen
Bedürfnisse von benachteiligten Gruppen wie
Frauen, Kinder, Jugendlichen oder Menschen mit Be-
hinderung nicht ausreichend berücksichtigt. Die lo-
kale Zivilgesellschaft ist schwach und noch nicht in
der Lage, die Interessen der verschiedenen Gruppen
von Bürgerinnen und Bürgern zu vertreten und effek-
tiv in die Gestaltung der lokalen Entwicklung einzu-
bringen. Dies gilt besonders für die benachteiligten
Gruppen.
Die Managementkapazitäten der Kommunen haben
sich seit den ersten Kommunalwahlen 2002 zwar er-
heblich verbessert, allerdings bestehen in vielen Be-
reichen weiterhin große Defizite. Die Kommunen ver-
fügen noch nicht über die nötigen Kapazitäten und
Ressourcen zur Selbstverwaltung. Prinzipien guter
Regierungsführung werden auf kommunaler Ebene
noch nicht konsequent beachtet. Zahlreiche kommu-
nale Amts- und Mandatsträger haben das beste-
hende Recht der Bürgerinnen und Bürger auf politi-
sche Teilhabe noch nicht umfassend akzeptiert, auch
sind Bedarfsorientierung, Rechenschaftslegung oder
Kundenfeedback bei der Bereitstellung öffentlicher
Dienstleistungen noch nicht in die lokale politische
Kultur eingegangen. Dies hat zur Folge, dass der Zu-
gang der Bevölkerung zu quantitativ und qualitativ
hinreichenden Dienstleistungen zur Grundversorgung
noch nicht gewährleistet wird.
Ansatzpunkte des Vorhabens auf lokaler und na-
tionaler Ebene
Das Vorhaben Unterstützung der Dezentralisierung
und Kommunalentwicklung im Auftrag des BMZ hat
zum Ziel: „Die beratenen Kommunen nutzen ihre ver-
besserten Kapazitäten zur Selbstverwaltung für die
Bereitstellung qualitativ hochwertiger Basisdienstleis-
tungen für die Bürgerinnen und Bürger unter Beach-
tung der Prinzipien guter Regierungsführung.“ Das
Vorhaben konzentriert seine Interventionen auf loka-
ler Ebene auf 25 von 77 Kommunen in 9 der 12 Dé-
partements Benins. Ausgewählt wurden sie nach Kri-
terien, bei denen der Beratungsbedarf, das
Entwicklungspotenzial und die Komplementarität zu
den Interventionen weiterer Entwicklungspartner im
Mittepunkt stehen. Darüber hinaus verbessert das
Vorhaben die Rahmenbedingungen für lokale Ent-
wicklung und Demokratie durch seine Interventionen
auf nationaler und präfektoraler Ebene und wirkt
dadurch auch auf das gesamte Land. Im Folgenden
wird dies an konkreten Beispielen erläutert.
4 Von 15.525.975 € in 2008 auf 48.430.503 € in 2015 5 Quelle: Aide-mémoire revue sectorielle 2015 « Décentralisation, Déconcentration et
Aménagement du Territoire », exercice budgétaire 2014
46
Aufbau einer leistungsfähigen und bürgerorien-
tierten kommunalen Verwaltung
In 25 Gemeinden werden Managementkompetenzen
und -ressourcen zum Aufbau einer leistungsfähigen
und bürgerorientierten kommunalen Verwaltung
durch bedarfsorientiertes Coaching gestärkt. Die
Kommunen werden auch direkt bei der Erstellung
von kommunalen Entwicklungsplänen unterstützt und
die Zusammenarbeit von Gemeinden in Zweckver-
bänden wird gefördert. Zudem wird durch die fachli-
che Begleitung und Moderation von Dialogprozessen
die Kooperation zwischen Kommunalverwaltungen
und Fachdiensten der Sektorministerien z. B. für
Grundbildung oder Trinkwasserversorgung verbes-
sert. Die Kommunen werden ferner durch beratende
Begleitung sowie durch gezielte Trainings weiter qua-
lifiziert, um eine kundenorientierte Verwaltung von
Basisdienstleistungen einzuführen.
Auch in Anbetracht
der Konzentration
zahlreicher Ressour-
cen in der Hauptstadt,
spielt dabei die Ver-
besserung des Perso-
nalmanagements und
der Personalentwick-
lung in den Kommu-
nen eine wichtige
Rolle. In Zusammen-
arbeit mit dem De-
zentralisierungsministerium, Kommunen und den
Akteuren haben vor allem Fachkräfte des GIZ-Teams
ein Instrument entwickelt, das die Kommunen bei der
Einführung und Umsetzung eines ergebnisorien-
tierten Managementsystems unterstützt. Dabei
werden auch die Arbeitsleistungen des Kommunal-
personals bewertet und entsprechende Prämien ver-
geben. Nach einer Pilotphase in drei Kommunen
wurde das Managementsystem 2013 in den 25 Part-
nerkommunen des Vorhabens eingeführt.
Beispiel Zogbodomey: Erhöhung der Pachtein-
nahmen aus der Wasserversorgung
Eine dieser Kommunen ist Zogbodomey mit mehr als
90.000 Einwohnern in 80 Dörfern, etwa 150 km nörd-
lich der Hauptstadt Cotonou. Die Einführung des In-
strumentes hatte einen positiven Effekt auf die Leis-
tungsfähigkeit der Kommunalverwaltung und somit
auch auf die Qualität der kommunalen Dienstleistun-
gen. So achten die Verantwortlichen der Kommunen
im Bereich Gebühren- und Steuererhebung nun mehr
darauf, ihre Jahresziele zu erreichen. Das stark moti-
vierte Personal konnte die Einnahmen aus dem Be-
reich der ländlichen Wasserversorgung innerhalb
von zwei Jahren (2014 auf 2016) um mehr als das
Doppelte steigern. Damit stehen mehr Gelder für
andere kommunale Leistungen zur Verfügung.
Ein Großteil der kommunalen Infrastruktur zur Was-
serversorgung der Bevölkerung in Zogbodomey ist
verpachtet. Betreibern, die ihre Leistungen wie die
Sicherstellung des Betriebs oder zeitnahe Reparatu-
ren nicht erbracht haben wurde gekündigt. Das war
ein starkes Zeichen - seither sind die vertraglich ver-
einbarten Leistungen besser und die Einnahmen der
Kommune gestiegen. Die Fachkräfte der GIZ unter-
stützen die Kommune bei der Einführung des ergeb-
nisorientierten Managements. Ein Element dabei war
die Durchführung eines Workshops, bei dem alle Ab-
teilungsleiter/innen und die Verantwortlichen anderer
Dienste teilnahmen. Die dabei entwickelten Vor-
schläge und Richtlinien wurden vom Gemeinderat
bestätigt.
Die Umsetzung der Maßnahmen führte dann zur Ver-
doppelung der Einnahmen in zwei Jahren. Dies zeigt
das große Potenzial, da diese bisherigen Wirkungen
zunächst nur auf den Aktivitäten in vier der insge-
samt elf Landkreise basieren.
Auch die Beauftragte für die Wasserinfrastruktur im
Dorf Houanzounmè, Véronique Assofounle ist mit der
Entwicklung zufrieden: „Wir verpflichteten uns mit un-
serer Unterschrift unter den Vertrag mit der Kom-
mune bestimmte Regeln einzuhalten. Dazu gehört
nicht nur das regelmäßige Durchführen von Maßnah-
men zur Sicherung der Hygiene, wie die tägliche
Säuberung der Wasserstelle, sondern auch einen
Teil der Wassergebühren mindestens einmal im Jahr
an die Kommune zu entrichten. Diesen Verpflichtun-
gen kommen wir nun konsequent nach. Da auch die
Kommune ihre Verpflichtung übernimmt und bei-
spielsweise im Falle eines Problems allfällige Repa-
raturen übernimmt, haben wir hier nun immer saube-
res Wasser.“
47
Midomahoulomè Ad-
jassoho ist General-
sekretärin der Kom-
munalverwaltung in
Zogbodomey und äu-
ßert sich auch sehr
zufrieden über die
Entwicklung in der
Kommunalverwal-
tung: „Das Instrument
ist ein umfassendes
System zur Evaluie-
rung der Leistung
unserer Kommune und der Mitarbeiter/innen. Unsere
Kommune Zogbodomey hat begonnen, systematisch
damit zu arbeiten. Es wäre falsch zu behaupten,
dass dadurch bereits alle Probleme gelöst wären.
So sind unsere Mitarbeiter/innen oft noch nicht aus-
reichend ausgebildet und wir haben noch einige
wichtige Positionen nicht besetzt. Unsere Mitarbei-
ter/innen werden sich jedoch mehr und mehr darüber
bewusst, dass es auf die Ergebnisse ankommt und
handeln entsprechend.
Dafür war auch das Ansetzen von Prämien zuträg-
lich, die transparent bergründet und vergeben wer-
den und die im Budget der Kommune verankert sind.
Allerdings benötigen wir noch mehr Zeit und Unter-
stützung, um diese Haltung im Alltag auch gegen-
über den Bürger/innen und bei allen Mitarbeiter/innen
erfolgreich zu verinnerlichen. Essentiell ist auch,
dass Bürgermeister und Generalsekretär an einem
Strick ziehen, denn der Bürgermeister muss mich un-
terstützen.“
Stärkung der politischen Teilhabe von Bürgerin-
nen und Bürgern zur Verbesserung der Grund-
versorgung der Bevölkerung mit öffentlichen
Dienstleistungen
Ein weiterer Schwerpunkt der Unterstützung des Vor-
habens auf lokaler Ebene sind Beratungsmaßnah-
men und Unterstützung von 25 Gemeinden bei ihrer
öffentlichen Rechenschaftslegung und der Bürgerteil-
habe. Dazu wird die Kommune unterstützt, Dialogfo-
ren und andere Verfahren der Bürgerbeteiligung ein-
zurichten. Parallel werden Bürger und
zivilgesellschaftliche Akteure durch Fortbildungen
und Sensibilisierungsmaßnahmen gestärkt, sich in
die kommunalen Entscheidungsprozesse einzubrin-
gen. Auch die verbesserte Organisation der zivilge-
sellschaftlichen Akteure spielt eine wichtige Rolle.
Ein wichtiger Hebel ist die Beteiligung und das Ein-
bringen der Interessen bei der Erstellung der kommu-
nalen Entwicklungspläne. In Benin sind alle Kommu-
nen verpflichtet, alle fünf Jahre einen kommunalen
Entwicklungsplan zu erarbeiten. Die Umsetzung der
Maßnahmen erfolgt über jährliche Investitionspläne.
Oft sind jedoch zivilgesellschaftliche Gruppen weder
bei der Erstellung der Pläne, noch beim Monitoring
der Umsetzung im Rahmen der jährlichen Investiti-
onspläne wesentlich beteiligt. Dies hat unter ande-
rem zur Folge, dass die in den Plänen enthaltenen
Projekte nicht immer die Prioritäten der Bevölkerung
widerspiegeln und die Umsetzung durch Mängel ge-
kennzeichnet ist. Dies ist eine zentrale Ursache für
den mangelnden Zugang der Bevölkerung zu Basis-
dienstleistungen. Genau da setzt das Vorhaben an
und unterstützt über eine Entwicklungshelferin und
eine nationale Fachkraft Nichtregierungsorganisatio-
nen (NRO) wie beispielsweise RODEL in der Kom-
mune Natitingou.
Die Nichtregie-
rungsorganisa-
tion RODEL
begann im
Jahre 2014 in
Zusammenar-
beit mit 7 Kom-
munen einen Mechanismus der Bürgerbeteiligung
zu entwickeln und umzusetzen. Bei der parallelen
Unterstützung von Bürgerbewegungen und Basis-
gruppen durch RODEL in der Kommune Natitingou
wurde beispielsweise deutlich, dass der Bau einer
Grundschule in Yokossi zwar 2009 begonnen wurde,
die Bauarbeiten jedoch vor Fertigstellung abgebro-
chen wurden. Dies hatte zur Folge, dass der Unter-
richt von zwei Klassen zwischen 2010 und 2014 in ei-
nem Raum stattfinden musste, was die
Unterrichtsbedingungen deutlich einschränkt. Auch
das Gesundheitszentrum in Kotopounga in der glei-
chen Kommune wurde nicht fertig gestellt (siehe Bil-
der). RODEL unterstützte die lokalen zivilgesell-
schaftlichen Gruppen, ihre Anliegen im Rahmen
des vorgesehenen Mechanismus des Bürgerdia-
logs einzubringen. Dabei mussten die Bürgerorga-
nisationen zunächst überhaupt Zugang zu den Infor-
mationen - beispielsweise zum öffentlichen Auftrag
für die Bauunternehmer oder zum Stand der Ausga-
ben der Baumaßnahmen - erhalten. Die Gruppen er-
reichten schließlich, dass die Kommunalvertreter
eine Besichtigung der Baustellen durchführten und
sich dabei auch über den aktuellen Stand mit den
Unternehmern und den sich daraus ergebenden
Schwierigkeiten für Lehrer/innen, Schüler/innen und
andere betroffene Bürger/innen informierten. Die Bür-
gerorganisationen ihrerseits erstellten einen Bericht
zum Sachstand und formulierten konkrete Vor-
schläge, die im Rahmen einer Bürgeranhörung vor-
gestellt und diskutiert wurden. Dies war der Grund-
stein zur Fertigstellung der Baumaßnahmen und
verbesserte nicht nur die konkrete Situation und die
Midomahoulomè- Adjassoho
48
Grundversorgung der Bevölkerung mit den öffentli-
chen Dienstleistungen, sondern machte auch ande-
ren Organisationen Mut. Es zeigte, dass durch Bür-
gerengagement und zivilgesellschaftliches Lobbying
etwas erreicht werden kann. „Wir sind dem Vorhaben
und RODEL sehr dankbar, denn seit 2010 hatte sich
bei den Baumaßnahmen nichts mehr getan, obwohl
wir gegenüber der Kommune vorstellig wurden.
Durch die systematische Organisation des Dialogs
mit allen relevanten Beteiligten der Kommune und
der staatlichen Dienste haben wir es erreicht, dass
wir nun zwei Klassenräume haben und nicht mehr
beide Klassen in nur einem Raum, der durch eine im-
provisierte Wand getrennt ist, unterrichten müssen“,
bestätigt Laurent Atcha, der Direktor der Grund-
schule in Sotchirantchikou.
Zustand der Grundschule nach Unterbrechung
der Bauarbeiten von 2010 - 2014
Zustand der Grundschule nach dem erfolgrei-
chen Dialog der Bürger mit der Kommune 2015
49
Verbesserung der Rahmenbedingungen und der
Breitenwirksamkeit auf nationaler Ebene
Ein weiterer Ansatzpunkt des Vorhabens ist die Stär-
kung des Dezentralisierungsministeriums in seiner
strategischen Handlungskompetenz zur Umsetzung
der Dezentralisierungspolitik. Die Unterstützung ist
vor allem auf zwei Kernbereiche für den Erfolg des
Dezentralisierungsprozesses ausgerichtet: die Erhö-
hung der Finanztransfers an die Kommunen sowie
die Integration der Fachministerien in den Prozess
der Dezentralisierung. Ohne diese beiden Kernberei-
che ist eine sichtbare Verbesserung der Grundver-
sorgung der Bevölkerung mit öffentlichen Dienstleis-
tungen, wie sie in den Beispielen oben dargestellt
sind, nicht zu erreichen. Bei beiden Themen spielt
die Koordination durch das Dezentralisierungsminis-
terium eine zentrale Rolle. Die GIZ unterstützt über
Fortbildungen, Coaching und Organisationsberatung
das Ministerium, sein Management und den bedarfs-
orientierten Einsatz seiner Personalressourcen zu
optimieren. Dabei wird das Dezentralisierungsminis-
terium auch in seiner Rolle als federführendes Mi-
nisterium und als Koordinator des Dezentralisie-
rungsprozesses gestärkt. Das interministerielle
Komitee zur Koordination der Umsetzung der
Dezentralisierungspolitik sowie die ihm zuarbeiten-
den Strukturen sowie das Gremium zur Koordinie-
rung der Beiträge der verschiedenen internationalen
Entwicklungspartner stehen dabei im Mittelpunkt.
Zum anderen gilt es, die Kommunalaufsicht und die
Koordinierung der Fachdienste auf Departements-
Ebene zu optimieren. Die sechs Präfekturen auf regi-
onaler Ebene werden dafür bei der Wahrnehmung
ihrer Aufsichts- und Beratungsfunktion gegen-
über den Kommunen begleitet, damit die Kommu-
nen ihre zugedachte Rolle einnehmen können und
wie in den oben dargestellten Beispielen gezeigt die
Grundversorgung der Bevölkerung mit öffentlichen
Dienstleistungen verbessern und sicherstellen kön-
nen.
Ein weiterer Ansatzpunkt zur Verbesserung der fi-
nanziellen Situation der Kommunen ist die Beratung
des Finanzministeriums mit seinen dekonzentrier-
ten Diensten. Einerseits werden dadurch die Bedin-
gungen für erhöhte Eigeneinnahmen der Kommu-
nen verbessert, indem die Kommunen und lokale
Steuerbehörden innovative Instrumente und Verfah-
ren zur Erhebung lokaler Steuern und Abgaben ein-
führen. Andererseits werden die Finanztransfers
Risikomanagement und Nothilfe durch die Kommune Das Beispiel aus der Kommune Zagnanado zeigt die Bedeutung der kommunalen Entwicklungspläne
auch für den Zugang der Bevölkerung zu Basisleistungen wie Nothilfe und den Schutz vor Risiken.
Seit 2011 begleitet das Vorhaben die Kommune Zagnanado unter anderem bei der Erstellung von
Kommunalen Plänen zum Risikomanagement was auch Überschwemmungen einschließt. Mittler-
weile ist dadurch die Bevölkerung besser auf derartige immer wiederkehrende Risiken vorbe-
reitet und hat Zugang zu einem Frühwarnsystem. Auch wurde von der Kommune eine Landfläche
mit Häusern und Zugang zu Wasser für frühere Opfer von Überschwemmungen bereitgestellt.
Die Maßnahmen wurden zum Teil mit Eigenmitteln der Kommune errichtet, und auch von internatio-
nalen Entwicklungsorganisationen unterstützt. Davon profitieren zurzeit ungefähr 15.000 Personen.
Einer davon ist Herr Pierre Tchedo aus Kpoto in der Kommune Zagnanado. „Vor der großen Über-
schwemmung im Jahr 2010 wohnte ich in Kpoto. Dadurch haben wir praktisch alles verloren, unser
Haus, all unser Vieh. zum Glück haben wir alle überlebt. Wegen der Überschwemmung bin ich nun
nach Zagnanado gekommen. Zunächst haben sich alle Einwohner der beiden betroffenen Dörfer
Kpoto et Hozouminin der Schule in Agondji gerettet. Nach und nach haben wir dann in anderen Dör-
fern Zuflucht gefunden, da sich die Kommune unser Leiden zu Herzen genommen und dieses Grund-
stück besorgt hat. Als wir hier ankamen gab es nichts, kein Licht, kein Wasser. Wir mussten zunächst
Wasser aus dem Fluss trinken, der sehr weit entfernt ist. Inzwischen haben wir durch die Kommune
nicht nur Unterkunft, sondern auch eine Wasserstelle im Dorf erhalten“.
50
von Fachministerien an die Kommunen über den
nationalen Finanztransfermechanismus namens
FADeC gesteigert. Dafür bietet die GIZ neben der
Fachberatung auch Trainings zur Organisation und
Leitung von Koordinationsgremien und bietet weitere
Fortbildungen an. So konnte bereits eine erhebliche
Steigerung der ungebundenen Transfers an die Kom-
munen von umgerechnet ca. 38.000 € im Jahr 2012
auf über 60.000 € im Jahr 2015 erreicht werden. Zu-
sätzlich dazu konnten die vom Vorhaben beratenen
25 Kommunen ihre Eigeneinnahmen steigern. Außer-
dem wird der Finanztransfermechanismus von mehr
und mehr Entwicklungspartnern für den Transfer von
Investitionsmitteln an die Kommunen genutzt.
Die Unterstützung auf nationaler Ebene ist auch ein
Hebel zur Stärkung der Breitenwirksamkeit, in dem
die im Rahmen der lokalen Unterstützung erarbeite-
ten positiven Beispiele durch die Beninischen Verant-
wortlichen in weitere Kommunen landesweit verbrei-
tet werden.
Wirkungsbereiche des Vorhabens Das Vorhaben leistet mit seinen Wirkungen einen Beitrag zu den beiden Aggregationsindikatoren der
Wirkungsdaten 2016
Staatliche Dienstleistungen: Anzahl der Menschen, die mit Unterstützung von Maßnah-
men bzw. Vorhaben der GIZ Zugang zu staatlichen Dienstleistungen erhalten haben. Dies
umfasst auch den verbesserten Zugang zu kommunalen Dienstleistungen.
Politische Teilhabe: Anzahl der Menschen, die mit Unterstützung von Maßnahmen bzw.
Vorhaben der GIZ von mehr politischer Mitbestimmung profitiert haben.
Außerdem leistet das Vorhaben durch den verbesserten Zugang der Bevölkerung zu (verbesserten)
Basisdienstleistungen und die weiteren Wirkungen Beiträge zu folgenden Zielen für nachhaltige Ent-
wicklung:
SDG 4: Inklusive, gleichberechtigte und hochwertige Bildung gewährleisten und Möglichkei-
ten lebenslangen Lernens für alle fördern.
SDG 6: Verfügbarkeit und nachhaltige Bewirtschaftung von Wasser und Sanitärversorgung
für alle gewährleisten.
SDG 16: Friedliche und inklusive Gesellschaften im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung
fördern, allen Menschen Zugang zur Justiz ermöglichen und effektive, rechenschaftspflich-
tige und inklusive Institutionen auf allen Ebenen aufbauen. Insbesondere:
o 16.6: Leistungsfähige, rechenschaftspflichtige und transparente Institutionen auf allen
Ebenen aufbauen.
o 16.7: Dafür sorgen, dass die Entscheidungsfindung auf allen Ebenen bedarfsorientiert,
inklusiv, partizipatorisch und repräsentativ ist.
51
5.2 Politische Teilhabe an Governance Reformprozessen und Armutsminde-
rung in Sambia
Armut trotz Wirtschaftswachstum und be-
schränkte Möglichkeiten der politischen Teilhabe
der Zivilgesellschaft
Sambia ist ein politisch relativ stabiles Land. Seit der
Einführung des Mehrparteiensystems 1991 verliefen
Wahlen und Regierungswechsel stets friedlich. Dies
bot gute Bedingungen für ein nun mehr als 15 Jahre
anhaltendes beständiges Wirtschaftswachstum. In
den letzten 10 Jahren betrug das Wirtschaftswachs-
tum durchschnittlich sieben Prozent, hat sich jedoch
2014 nach Schätzungen des Internationalen Wäh-
rungsfonds (IWF) auf 5,6 Prozent und 2015 auf rund
3 Prozent reduziert. Ein wichtiger Grund für die der-
zeitige Wirtschaftskrise und die schlechte Haushalts-
situation ist ein drastischer Einbruch der Erlöse für
Kupfer auf dem Weltmarkt, das zu mehr als 70 Pro-
zent der sambischen Exporterlöse beiträgt.
Das durchschnittliche Einkommen hat sich in Sambia
in den letzten 15 Jahren dennoch vervierfacht und
betrug laut Weltbank im Jahr 2015 1.490 US$. Damit
liegt Sambia heute im unteren Bereich der Länder mit
mittlerem Einkommen. Das wirtschaftliche Wachstum
und die damit gestiegenen Einkommen sind jedoch
extrem ungleich verteilt und öffentliche Investitionen
tragen nur wenig zur Armutsbekämpfung bei. Vor al-
lem in ländlichen Gebieten leben über 60 Prozent der
Bevölkerung der etwa 15 Mio. Einwohner/innen Sam-
bias auch heute noch von weniger als einem Dollar
pro Tag. Unterernährung bei Kindern und stillenden
Müttern ist weit verbreitet. Sambia befindet sich mit
Platz 139 von 187 des Human Development Index
der Vereinten Nationen daher noch immer im unteren
Viertel.
Sambia zeichnet sich durch eine lebendige Zivilge-
sellschaft aus, die sich an Reformen für eine bessere
Regierungsführung beteiligt und sich dafür einsetzt,
dass das Wachstum auch den ärmeren Bevölke-
rungsteilen zugute kommt. Allerdings sind die Mög-
lichkeiten der Zivilgesellschaft, an Prozessen der Wil-
lensbildung zu gesellschaftlichen und politischen
Fragen teilzuhaben und Transparenz und Rechen-
schaft des Regierungs- und Verwaltungshandels ef-
fektiv einzufordern, nach wie vor begrenzt. Das Ver-
hältnis zwischen staatlichen Institutionen und
zivilgesellschaftlichen Interessenvertretungen ist an-
gespannt und von Misstrauen geprägt. Der Zugang
zu Recht ist für weite Teile der Bevölkerung stark ein-
geschränkt.
Verbesserung der Voraussetzung für politische
Teilhabe
Das bis März 2015 durchgeführte Vorhaben mit dem
Namen „Zivilgesellschaftliche Teilhabe an Gover-
nance Reformprozessen und Armutsminderung in
Sambia“ hatte die Verbesserung der Zusammenar-
beit zwischen Staat und Zivilgesellschaft zum Ziel.
Das Vorhaben arbeitete entlang von vier Handlungs-
bereichen: 1. Zivilgesellschaftliche Teilhabe an politi-
schen Entscheidungsprozessen, 2. Mitwirkung der
Zivilgesellschaft an der Umsetzung von Reformpoliti-
ken, 3. Monitoring von Politiken durch die Zivilgesell-
schaft und 4. Unterstützung des Justizreformpro-
gramms Access to Justice. Das seit 2015
durchgeführte und auch vom BMZ finanzierte Vorha-
ben Politische Teilhabe von Zivilgesellschaft an
Governance-Reformen und Armutsminderung baut
auf den Ergebnissen und Erfahrungen des vorange-
gangenen Projektes auf und hat zum Ziel, die Vo-
raussetzungen für politische Teilhabe und den Zu-
gang zu Recht zu verbessern. Das aktuelle Vorhaben
setzt an zwei Hebeln an: zum einen berät es staatli-
che Institutionen zu Reformen, um rechtliche und in-
stitutionelle Rahmenbedingungen für politische Teil-
habe und die Inanspruchnahme von Recht zu
verbessern. Dazu unterstützt es auch ausgewählte
zivilgesellschaftliche Partnerorganisationen dabei,
sich konstruktiv und wirksam in Governance-Reform-
prozessen einzubringen. Zweitens unterstützt das
Vorhaben zivilgesellschaftliche Organisationen bei
der Steigerung ihrer Kompetenzen und Leistungsfä-
higkeit und fördert ihren Zugang zu finanziellen Res-
sourcen. Dafür konzentriert sich das Vorhaben insbe-
sondere darauf, die Zambian Governance
Foundation als nationale Förderinstitution für die Zi-
vilgesellschaft weiter zu stärken und ihre Nachhaltig-
keit zu sichern. Im Folgenden werden ausschnitts-
weise die Wirkungen der Vorhaben seit 2005
beleuchtet.
Teilhabe von Zivilgesellschaft bei politischen Ent-
scheidungsprozessen
Eine der Zielsetzungen des Vorhabens bis 2015 war
das Einbringen zivilgesellschaftlicher Positionen zur
Armutsminderungspolitik oder Governance-Reform-
prozessen in politische Entscheidungsprozesse.
Dazu förderte das Vorhaben ausgewählte zivilgesell-
schaftliche Organisationen und Netzwerke, die sich
im Bereich Governance-Reformen engagierten.
52
Basierend auf einer Analyse ihrer Organisation und
Fähigkeiten wurden passgenaue Strategien zur Ent-
wicklung ihrer Leistungsfähigkeit entwickelt und um-
gesetzt. Dies umfasste Fortbildungen, Verbesserun-
gen von internen Prozessen durch Organisations-
beratung und auch die Stärkung der Netzwerksarbeit,
um bestehende Kapazitäten zu bündeln. Insgesamt
konnten sich dadurch die zivil-gesellschaftlichen Or-
ganisationen besser in politische Entscheidungspro-
zesse einbringen und die Umsetzung von Reformpo-
litiken verantwortungsvoll begleiten. Auch wurde ihre
Fähigkeit gestärkt, die Transparenz und Rechen-
schaft des Staates einzufordern. Ein wichtiges Er-
gebnis der Unterstützung durch das Vorhaben war in
diesem Zusammenhang auch, die interne Transpa-
renz, Legitimität und Rechenschaftslegung der zivil-
gesellschaftlichen Organisationen und Netzwerke zu
stärken.
Parallel setzte das Vorhaben daran an, den Dialog
und die Zusammenarbeit zwischen Staat und Zivilge-
sellschaft zu stärken. Dabei ging es insbesondere um
Reformen zur Ausgestaltung der Prozesse von Poli-
tikformulierung und -umsetzung sowie um Normen,
Institutionen und Verfahren, die das Handeln staatli-
cher und nichtstaatlicher Akteure regeln. Ein wichti-
ger Prozess war die Entwicklung bzw. Anpassung
des Gesetzes zur Arbeit von Nichtregierungsorgani-
sationen (NRO), das grundlegende Voraussetzungen
und Rahmenbedingungen für zivilgesellschaftliches
Engagement festschreibt. Weitere Reformbereiche
waren der Zugang zu Recht und Armutsbekämpfung.
Als Ergebnis dieser Unterstützung durch das Vorha-
ben brachten verschiedene zivilgesellschaftliche
Gruppierungen ihre abgestimmten Positionen in drei
Papieren in die politische Debatte ein. Zwar hatte die
sambische Regierung damals anerkannt, dass NRO
eine wichtige Rolle für die Entwicklung Sambias spie-
len, allerdings schränkte das Gesetz zur Regulierung
von NRO die zivilgesellschaftlichen Organisationen in
ihrer Unabhängigkeit ein. Kritisiert wurde vor allem
der Einfluss der Regierung bei der Registrierung.
Zahlreiche zivilgesellschaftlichen Organisationen
(ZGO) sahen sich selbst und ihre Möglichkeiten der
politischen Teilhabe bedroht, wie auch Goodwell
Lungu von Transparency International Zambia dar-
legt: „Damals war durch die Umsetzung des NGO
Acts unsere Existenz gefährdet“. Mit Unterstützung
der GIZ wurde daraufhin ein Gutachten durchgeführt,
das die kritischen Punkte herausarbeitete und Emp-
fehlungen für den weiteren Reformprozess gab. Auf
dieser Basis vereinbarten Regierung und Vertreter
der Zivilgesellschaft gemeinsam einen Zeitplan und
notwendige nächste Schritte zur Überarbeitung des
geltenden Gesetzes. Die Zusammenarbeit wurde
durch eine technische Arbeitsgruppe formalisiert, in
der Regierung und ZGO vertreten waren. Dadurch
entwickelte sich über die letzten Jahre eine Atmo-
sphäre der konstruktiven Zusammenarbeit und des
gegenseitigen Verständnisses, die die Rahmenbedin-
gungen für die politische Teilhabe der ZGO in Sam-
bia deutlich verbesserte: „Wir haben gemeinsam ge-
kämpft und schließlich erreicht, dass die Regierung
die Umsetzung des drakonischen Rechts beendet“.
Zivilgesellschaftliche Organisationen brachten auch
abgestimmte Positionspapiere zu zahlreichen ande-
ren relevanten Reformen und Prozessen ein, wie bei-
spielsweise zu den Inhalten der Verfassungsreform
und dem Ablauf des Verfassungsreformprozesses,
zur Verbesserung der Menschenrechtssituation (drei
thematische Vorschläge), Entwurf der Entwicklungs-
und Haushaltsplanungspolitik zur Verbesserung der
Wirksamkeit der Unterstützung von Entwicklungs-
hilfe, zum Format und Inhalt einer bürgernahen Ver-
sion des Staatshaushalts sowie zur Einnahmen- und
Ausgabenpolitik für die Haushaltsplanungen 2013,
2014 und 2015. Durch diese politische Mitwirkung
konnten zahlreiche Verbesserungen bewirkt werden,
die auch für die Zielgruppen relevant sind, wie die fol-
genden Beispiele zeigen:
• Die Regierung erhöhte – u.a. aufgrund der Emp-
fehlungen des vom Jesuit Centre for Theological
Reflections erstellten Basic Needs Basket –
deutlich die Mindestlöhne.
• Die Empfehlungen, z.B. zur Erhöhung des Bil-
dungsetats und zur Besteuerung des Bergbau-
sektors, die das Civil Society for Poverty Reduc-
tion als Netzwerk gemeinsam mit mehreren
ZGO eingereichten, wurden in den Haushalts-
plänen 2013, 2014 und 2015 berücksichtigt.
• Einige ZGO setzten sich für eine Entwicklungs-
und Haushaltsplanungspolitik ein und kommen-
tierten den Politikentwurf des Finanzministeri-
ums. Die zentrale Empfehlung, den Planungs-
prozess des Budgets partizipativer zu gestalten,
wurde übernommen.
• Zahlreiche Vorschläge, die ZGO in der Verfas-
sungsreformdebatte eingebracht hatten, sind in
der 2016 verabschiedeten Verfassung wieder-
zufinden.
• Mehrere Vorschläge, die verschiedene Frauen-
und Gender-Organisationen unter der Führung
des NGO Coordinating Council entwickelt hat-
ten, wurden in die Nationale Gender-Politik
2014 aufgenommen, die das Ministry of Gender
and Child Development Anfang 2015 der Öffent-
lichkeit vorstellte.
53
Mitwirkung von Zivilgesellschaft an der Umset-
zung von Politiken
Parallel zu der oben dargelegten Unterstützung auf
nationaler Ebene unterstützte das Vorhaben auch
Prozesse zur verbesserten politische Teilhabe auf
subnationaler Ebene in ausgewählten Provinzen und
Distrikten. Dies umfasst auch die strukturbildende
Unterstützung in zweifacher Hinsicht. Auf subnatio-
naler Ebene werden Plattformen und Mechanismen
für Dialog und Zusammenarbeit zwischen zivilgesell-
schaftlichen und staatlichen bzw. kommunalen Akt-
euren unterstützt. Darüber hinaus werden Strukturen
und Prozesse innerhalb der Zivilgesellschaft zur Ver-
bindung der nationalen mit der subnationalen Ebene
gestärkt.
Ein Beispiel für diese Maßnahmen ist die Unterstüt-
zung des Abfallmanagements im Distrikt Mazabuka.
Durch die wirtschaftliche Entwicklung und das Bevöl-
kerungswachstum sowie durch die Zunahme der ille-
galen Abfallbeseitigung ist der Problemdruck in den
letzten Jahren gewachsen. Die lokalen Behörden al-
leine waren mit der Lösung des Abfallproblems über-
fordert. Mit Unterstützung des Vorhabens wurde die
Initiative “Keep Mazabuka Clean” gegründet, um das
Problem anzugehen und die Umsetzung zu evaluie-
ren. Zusätzlich zu den kommunalen Stellen wurden
Akteure des Privatsektors und der Zivilgesellschaft
einbezogen. Das Vorhaben unterstützte die Initiative
und stärkte die Zusammenarbeit, insbesondere auch
die zivilgesellschaftliche Beteiligung durch das Pe-
ople’s Action Forum.
Als wichtige Formalisierung und Plattform für Zusam-
menarbeit wurde das Thema auch im Rahmen der
Komitees zur Entwicklung der Stadtviertel behandelt.
Darüber hinaus unterstützte das Vorhaben die Initia-
tive durch Fortbildungen, um sowohl Bürgerinnen
und Bürger als auch Mitarbeiter/innen der öffentli-
chen Verwaltung und Vertreter/innen der Privatwirt-
schaft in ihrer Rolle zur Mobilisierung des Engage-
ments und zur Sensibilisierung wichtiger
Interessensgruppen zu stärken. Dabei wurden bei-
spielsweise Theatergruppen eingesetzt, um die Prob-
lematik mit der Bevölkerung umfassend zu beleuch-
ten und zu diskutieren, also nicht nur Anweisungen
zum Umgang mit Abfall mit „erhobenem Zeigefinger“
zu geben. Außerdem wurden so auch erfolgreiche
Beispiele gesammelt, weiterentwickelt und deren
Verbreitung gefördert. Janet Myoni vom People’s Ac-
tion Forum sieht einen wichtigen Erfolgsfaktor der Ini-
tiative in der stärkeren Einbindung der Bevölkerung
und anderer Akteure: „Früher wurde Abfallmanage-
ment als reine Aufgabe der Kommune gesehen. Nun
sieht vor allem die Bevölkerung auch ihre eigene
Rolle darin. Durch die Initiative konnte die Zusam-
menarbeit zwischen den lokalen Behörden, der Pri-
vatwirtschaft und der Bevölkerung zur Lösung des
Problems verbessert werden. Zahlreiche weitere po-
sitive Initiativen sind in diesem Zusammenhang ent-
wickelt worden. Auch hat sich das Verantwortungs-
bewusstsein der Bevölkerung deutlich verbessert,
illegale Abfallbeseitigung ist deutlich reduziert“. Dies
bestätigt auch Jim Fikoloma, Lehrer und Journalist in
Mazabuka: “Man sieht jetzt wesentlich weniger Abfall
in der Stadt. Wir haben auch dazu beigetragen, in-
dem wir Wettbewerbe in Schulen veranstaltet haben,
welche Schule die geringsten Mengen an Abfall ver-
ursacht“. Für Frau Karen, die zuständige Person für
das Abfallmanagement der lokalen Behörden in Ma-
zabuka ist die Veränderung des Verhaltens der Be-
völkerung ein Schlüsselergebnis: „Durch die Initiative
hat sich die Mentalität der Bevölkerung verändert.
Auch hat sich das Verhältnis zwischen Verwaltung
und Bevölkerung deutlich verbessert“.
Auch in 14 weiteren Distrikten haben lokale NRO mit
Unterstützung des Vorhabens insgesamt 24 Vor-
schläge zur Qualitätsverbesserung kommunaler
Dienstleistungen eingereicht, beispielsweise in den
Bereichen städtische und ländliche Trinkwasserver-
sorgung, den Bau und die Instandhaltung von Bus-
stationen oder bei den öffentlichen Märkten.
Andere institutionalisierte Kooperationen zwischen
staatlichen Institutionen und zivilgesellschaftlichen
Organisationen gibt es auch im Bereich der Prozess-
und Rechtsberatungshilfe in allen 10 Provinzhaupt-
städten sowie in vier weiteren Gemeinden. Diese ha-
ben spürbar zur Verbesserung der Beziehungen zwi-
schen ZGO und den Strafrechtsinstitutionen
beigetragen. So werden zum Beispiel regelmäßige
gemeinsame Inspektionen von Gefängnissen und
Polizeistationen durchgeführt, um die Wahrung der
Menschenrechte der Insassen zu gewährleisten. In
Ndola und Livingstone konnten Bearbeitungssysteme
für Fälle geschlechtsspezifischer Gewalt eingeführt
werden.
54
5.3 Reformprogramm zur Kommunalentwicklung in Palästina
Kommunen und Versorgung der Bevölkerung mit
Basisdienstleistungen geprägt von wirtschaftli-
cher und politischer Krise
Die Situation in den Palästinensischen Gebieten ist
wesentlich durch die seit 1967 dauernde israelische
Besatzung, die eingeschränkte Souveränität der Pa-
lästinensischen Behörde im Westjordanland und die
Abriegelung Gazas geprägt. Hinzu kommt die seit
2007 andauernde innerpalästinensische Spaltung
zwischen Westjordanland und Gaza.
Die konfliktbedingte wirtschaftliche Stagnation hat
den Lebensstandard der Bevölkerung und die Ein-
nahmen-situation der Gemeinden dauerhaft ver-
schlechtert. Gleichzeitig führt das anhaltend hohe
Bevölkerungswachstum zu einem steigenden Bedarf
an sozialen und wirtschaftlichen Dienstleistungen,
den die Gemeinden nur unzureichend decken kön-
nen. Die Kapazitäten des zuständigen Kommunalmi-
nisteriums sowie der Kommunen sind sehr schwach.
Das Verhältnis zwischen Ministerien und Gemeinden
ist bislang mehr von zentraler Kontrolle als von
Wirkungsbereiche des Vorhabens Das Vorhaben leistet mit seinen Wirkungen einen direkten Beitrag zu den beiden Aggregationsindi-
katoren der Wirkungsdaten 2016
Politische Teilhabe: Anzahl der Menschen, die mit Unterstützung von Maßnahmen bzw.
Vorhaben der GIZ von mehr politischer Mitbestimmung profitiert haben.
Staatliche Dienstleistungen: Anzahl der Menschen, die mit Unterstützung von Maßnah-
men bzw. Vorhaben der GIZ Zugang zu staatlichen Dienstleistungen erhalten haben. Dies
umfasst auch den verbesserten Zugang zu kommunalen Dienstleistungen.
Das Vorhaben leistet auch Beiträge zu den folgenden Zielen für nachhaltige Entwicklung:
SDG 5: Geschlechtergleichstellung erreichen und alle Frauen und Mädchen zur Selbstbe-
stimmung befähigen
SDG 10: Ungleichheit in und zwischen Ländern verringern
SDG 11: Städte und Siedlungen inklusiv, sicher, widerstandsfähig und nachhaltig gestalten,
insb. Unterziel 11.6: Bis 2030 die von den Städten ausgehende Umweltbelastung pro Kopf
senken, unter anderem mit besonderer Aufmerksamkeit auf der Luftqualität und der kommu-
nalen und sonstigen Abfallbehandlung
SDG 16: Friedliche und inklusive Gesellschaften für eine nachhaltige Entwicklung fördern,
allen Menschen Zugang zur Justiz ermöglichen und leistungsfähige, rechenschaftspflichtige
und inklusive Institutionen auf allen Ebenen aufbauen.
o 16.3 Die Rechtsstaatlichkeit auf nationaler und internationaler Ebene fördern und den
gleichberechtigten Zugang aller zur Justiz gewährleisten.
o 16.7 Dafür sorgen, dass die Entscheidungsfindung auf allen Ebenen bedarfsorientiert,
inklusiv, partizipatorisch und repräsentativ ist.
55
entwicklungsorientierter, beratender Kommunalauf-
sicht geprägt. Als Rückgrat der öffentlichen Verwal-
tung tragen die Kommunen in den Palästinensischen
Gebieten besondere Verantwortung für die Versor-
gung der Bevölkerung mit Basisdienstleistungen.
Städte und Gemeinden sind allerdings erheblich von
den Auswirkungen der Besatzung und damit einher-
gehend von einer wirtschaftlichen und politischen
Krise betroffen. Trotz der deutlichen Erhöhung parti-
zipativer Planungselemente ist die überwiegende
Zahl der lokalen Gebietskörperschaften noch nicht in
der Lage, kommunale Dienstleistungen effektiv zu er-
bringen. Eine systematische und strukturelle Partizi-
pation der Bevölkerung an politischen Entscheidun-
gen, insbesondere von Frauen, Jugendlichen und
Menschen mit Behinderung, institutionalisiert sich nur
langsam. Mechanismen zur Rechenschaftslegung
und Transparenz werden bisher nur punktuell einge-
setzt. Der palästinensischen Bevölkerung fehlt es an
Möglichkeiten, die Rechenschaft der öffentlichen
Hand einzufordern. Fehlende Möglichkeiten der poli-
tischen Teilhabe tragen zu einer weiteren Schwä-
chung der Legitimation der Palästinensischen Be-
hörde bei.
Umfassender Ansatz des Vorhabens für verbes-
serte öffentliche Dienstleistungen als Beitrag zur
sozialen Kohäsion in der palästinensischen Ge-
sellschaft
Ziel des durch das BMZ finanzierten Vorhabens „Re-
formprogramm zur Kommunalentwicklung“ ist: Ent-
wicklungs- und Raumplanung sowie Finanzen und
Rechenschaftslegung der palästinensischen Kommu-
nen sind verbessert. Leistungsfähigere und transpa-
rentere Kommunen sollen einen effektiveren und in-
klusiven Zugang aller Bevölkerungsgruppen zu ver-
besserten öffentlichen Dienstleistungen ermöglichen
und somit zur Sicherung und Verbesserung der Le-
bensgrundlagen der Bevölkerung beitragen. Die sozi-
ale Kohäsion in der palästinensischen Gesellschaft
soll gestärkt und regionale Disparitäten sowie territo-
riale Desintegration sollen nicht weiter verschärft
werden. Dies soll dazu beitragen, die Realisierbarkeit
einer friedlichen und inklusiven Lösung des Konflikts
mit Israel aufrechtzuerhalten.
Das Vorhaben wird seit 2015 durchgeführt und baut
auf den erfolgreichen Maßnahmen seines Vorgän-
gerprogramms „Förderung der Zivilgesellschaft auf
kommunaler Ebene auf“. Ein zentraler Ansatzpunkt
des neuen Vorhabens ist die Verbesserung der Be-
ziehungen zwischen Staat und Bürger. In einem wei-
teren Handlungsfeld werden die kommunalen Kapa-
zitäten zur Generierung von Einnahmen, einschließ-
lich des Zugangs zu Entwicklungsfonds, gestärkt.
Auf nationaler Ebene werden darüber hinaus die Vo-
raussetzungen für die kommunale Entwicklungs- und
Raumplanung verbessert und in einem vierten Hand-
lungsfeld wird das Ministerium für Kommunalangele-
genheiten dabei unterstützt, eine klare Rollen- und
Aufgabenteilung zwischen der nationalen Ebene und
den Kommunalverwaltungseinheiten herbeizuführen.
Dies wirkt komplementär in alle anderen Handlungs-
felder.
Die GIZ setzt das Vorhaben in Kooperation mit meh-
reren palästinensischen Partnerorganisationen um,
darunter mit dem Ministerium für Kommunalangele-
genheiten, dem Palästinensischen Kommunalent-
wicklungsfonds sowie ausgewählten Gemeinden und
zivilgesellschaftlichen Organisationen.
Verbesserung der Staat-Bürger-Beziehungen
durch mehr Transparenz und Rechenschaft
Um die Beziehungen zwischen Staat und Bürgern zu
verbessern und um Transparenz und Rechenschafts-
legung als wichtige Prinzipien für staatliches Handeln
auf breiter Ebene zu befördern, setzt das Vorhaben
in diesem Handlungsfeld an mehreren Hebeln an:
1. Auf lokaler Ebene werden Kommunen darin
unterstützt, ihre Transparenz- und Rechen-
schaftspflichten wahrzunehmen. Sie werden
deswegen unterstützt, Dialog-veranstaltun-
gen mit der Bevölkerung zu kommunalen
Themen und Prioritäten durchzuführen, über
den Haushalt und andere kommunale Ent-
scheidungen transparent zu informieren und
andere, IT-basierte Mechanismen zur trans-
parenten Entscheidungsfindung und Re-
chenschaftslegung einzuführen.
2. Die Bevölkerung, zivilgesellschaftliche Orga-
nisationen und Medienvertreter werden für
die Aufgaben und Mandate sowie die Re-
chenschaftspflichten kommunaler Akteure
sensibilisiert.
3. Auf nationaler Ebene wird die Nationale Ar-
beitsgruppe zu Sozialer Rechenschaftsle-
gung beraten, Mechanismen zur Rechen-
schaftslegung in die Arbeit des Ministeriums
für Kommunalangelegenheiten und lokalen
Gebietskörperschaften zu institutionalisieren
und weiterzuentwickeln. In der Arbeits-
gruppe sind Vertreter/innen aus Ministerien,
der Kommunalverwaltungseinheiten sowie
der Zivilgesellschaft beteiligt.
Die Aktivitäten auf lokaler Ebene umfassen einerseits
eher klassische Maßnahmen wie beispielsweise die
Durchführung eines umfassenden Ansatzes zur
Stärkung der Beteiligten und der Gesellschaft: die
56
Beratung zur Gestaltung der Rahmenbedingungen
sowie der Zusammenarbeit und Vernetzung wird
kombiniert mit der Stärkung wichtiger Organisationen
wie z. B. die Kommunalverwaltungen durch Organi-
sationsentwicklung. Dabei werden beispielsweise Ab-
läufe, Prozesse und Strukturen entwickelt, damit
Kommunen Dialogplattformen und Kommunikations-
formate aufbauen, die zivilgesellschaftlichen Grup-
pen, Medien und der Bevölkerung ermöglichen, sich
einzubringen. Ein Instrument ist dabei Public Hea-
rings, moderierte, öffentliche Anhörungen, bei denen
Bürger dringende Themen vorbringen und mit Vertre-
tern ihrer Kommunalverwaltungen diskutieren kön-
nen. Zivilgesellschaftliche Organisationen und Me-
dien werden darin gestärkt, sich und die Belange
benachteiligter Bevölkerungsgruppen einzubringen.
Dies stärkt die Fähigkeiten der Kommune insgesamt
zur Gestaltung ihrer Entwicklung. Ergänzend dazu
werden die Kompetenzen ausgewählter Personen-
gruppen aufgabenbezogen entwickelt. Insbesondere
die Fach- und Führungskräfte der Kommunalverwal-
tung und die kommunalen Mandatsträger werden in
ihren Managementkompetenzen durch Beratung,
Aus- und Fortbildung sowie Fachstudienreisen ge-
stärkt.
Zusätzlich geht das Vorhaben auch neue Wege mit
der Nutzung von innovativen Formen der Infor-
mations- und Kommunikationstechnologie zur
Entwicklung lokaler Plattformen für Bürgerjourna-
lismus und im Rahmen der Stärkung der Bürgerbetei-
ligung. Das multimediale Nachrichtenportal "Dooz"6
ist Ergebnis einer Kooperation des Vorhabens mit
der Deutsche Welle (DW) Akademie sowie der An-
Najah Universität Nablus. Das Team von Dooz hat es
sich zur Aufgabe gemacht, die Bürger mit ihrer Kom-
munalverwaltung ins Gespräch zu bringen. Dooz ist
multimediales Nachrichtenportal mit eigener Face-
bookseite und als wordpress-basierte Webseite und
Austauschplattform in einem. Der Themenfokus ist
ausschließlich lokal. "Wir greifen auf, was die Men-
schen unmittelbar betrifft, was vor ihrer Haustür pas-
siert", erzählt Dooz-Redakteurin Majdoleen
Hassouna. "Wir lassen die Bürger zu Wort kommen
und tragen die Belange weiter." Hassouna ist eine
der drei hauptverantwortlichen Redakteure im Kern-
team der jungen Redaktion. Das Dooz-Team hat kre-
ative journalistische Formate entwickelt, um einer
jungen Zielgruppe ansprechende und verlässliche In-
formationen über aktuelle Ereignisse aus der Region
zu bieten. Personalisierte Geschichten oder Stra-
ßenumfragen wie die Rubrik "Wenn ich Bürgermeis-
ter wäre…" lassen Bürger zu Wort kommen;
Siehe auch http://www.dw.com/de/pal%C3%A4stina-neue-plattform-f%C3%BCr-
b%C3%BCrger-in-nablus/a-17495044, sowie http://www.dw.com/de/shaden-ghan-
nam-aus-pal%C3%A4stina/a-17575895 6
Dossiers, Serviceangebote oder Terminübersichten
informieren tagesaktuell. Im Format "Ein Verantwortli-
cher spricht" stehen Politiker zu einem bestimmten
Thema Rede und Antwort. "Ziel ist, die Bürger umfas-
send auf die Public Hearings vorzubereiten, sie mit
Hintergrundinformationen zu versorgen und für The-
men zu sensibilisieren, damit gut argumentiert wer-
den kann", erklärt Abed Othman, DW Akademie-Trai-
ner und Projektmanager.
Die 25-Jährige Shaden Ghannam gehört zu den
Hauptverantwortlichen des jungen Redaktionsteams.
Dooz ist für sie ein Herzensprojekt - als Journalistin
wie auch als Bürgerin. Für sie schlägt es eine Brücke
zwischen Bevölkerung und Kommunalpolitik.
„Die größte Her-
ausforderung für
uns war der
multimediale
Ansatz von
"Dooz". Bislang
gibt es in Paläs-
tina kaum On-
line-Portale, die multimedial berichten. Unser enga-
giertes Team hat jedoch die Hürden gemeistert.
Außerdem waren wir besorgt, ob wir für unsere Be-
richterstattung die nötigen Informationen von den lo-
kalen Behörden bekommen würden. Aber auch diese
Schwierigkeiten konnten wir überwinden. Die Kom-
munalverwaltung, der Gouverneur aber auch die
Menschen in Nablus kennen uns mittlerweile. Wenn
wir in den Straßen drehen, sprechen sie uns an und
sagen: "Ah, ihr seid von 'Dooz'. Wir haben bereits
von euch gehört! Dieses Projekt bedeutet mir sehr
viel, da ich hier meine journalistischen Fähigkeiten
weiterentwickeln kann. Ich vernetze mich und lerne
lokale Behörden von innen kennen. Das Projekt liegt
mir aber auch deswegen am Herzen, weil es die An-
liegen der Lokalbevölkerung in den Mittelpunkt stellt.
Wir bringen die Kommunalverwaltung mit der Bevöl-
kerung zusammen - das ist für mich auch als Bürge-
rin von Nablus wichtig. Das Angebot von "Dooz" ist
einzigartig - vor allem in der Region Nablus. Medien,
die sich mit lokalen Themen beschäftigen und sich
detailliert mit der palästinensischen Gesellschaft aus-
einandersetzen, gibt es hier bislang nicht. Besonders
mag ich auch unsere Rubrik "Dooz fragt", weil sie
den Bürgern eine Stimme gibt. So zum Beispiel uns
ere vergangene Umfrage zu dem Thema: ‚Was wün-
schen Sie sich von der Kommunalverwaltung?‘“
Shaden Ghannam (Quelle: DW/Wendisch)
57
Das Redaktionsteam sucht immer auch den Dialog
mit den Regierungsverantwortlichen. Über kleine
Umfragen zum Beispiel können die Nutzer von Dooz
ihre Wünsche und Fragen an die Politik richten. Zu-
dem gab es bereits Interviews mit dem Bürgermeister
und dem Gouverneur sowie öffentliche Anhörungen,
bei denen die Bürger mit den Politikern diskutieren
konnten. Die Gespräche sind für alle einsehbar und
auf der Webseite dokumentiert.
Es ist vor allem Dooz‘s alltägliche Rolle als „Watch-
dog“ bzw. zivile Kontrollinstanz, zu beobachten, wel-
che konkreten Verbesserungen der Basisdienstleis-
tungen für die lokale Bevölkerung wirkt. Wenn Dooz
die öffentliche Aufmerksamkeit auf Missstände in den
öffentlichen Dienstleistungen lenkt (z.B. Infrastruktur
oder Gesundheit) reagieren die Behörden für ge-
wöhnlich schnell und beseitigen die Missstände, um
keinen Imageverlust zu erleiden. Ein Beispiel dafür
ist die Sanierung eines öffentlichen Parks/Spielplat-
zes. Ein Kleinkind hatte sich beim Spielen auf einem
Kinderspielplatz an einem Metallgerüst Finger abge-
schnitten. Die Großmutter kontaktierte daraufhin
Dooz via Facebook und schilderte den Vorfall. Noch
am selben Tag besichtigten Dooz Redakteure den
7 Die Geschichte kann auf Arabisch auf der Dooz Website aufgerufen werden
http://dooz.ps/p/41027 :
Spielplatz und
dokumentierten
die für Kinder
höchst gefährli-
chen Zustände
in dem Park. Au-
ßerdem verfilm-
ten sie die Ge-
schichte des
Kindes und be-
richteten über den Vorfall. Sie gaben auch der Stadt-
verwaltung die Möglichkeit einer Stellungnahme. Der
Fall sorgte für großes öffentliches Interesse und am
Ende entschied der Bürgermeister den Park/Spiel-
platz sanieren zu lassen7.
Wie beliebt das Projekt ist, zeigen auch die mehr als
300.000 Abonnenten der Facebook-Seite und etwa
eine Million Aufrufe der Facebook Seite pro Woche.
Ab Juni 2017 wird Dooz damit beginnen, Ableger in
Tulkarem und Jenin aufzubauen und dort Redakteure
auszubilden. Die Möglichkeit eines Ablegers im Ga-
zastreifen wird derzeit geprüft.
Wirkungsbereiche des Vorhabens Das Vorhaben leistet mit seinen Wirkungen einen direkten Beitrag zu den beiden Aggregationsindi-
katoren der Wirkungsdaten 2016
Politische Teilhabe: Anzahl der Menschen, die mit Unterstützung von Maßnahmen bzw.
Vorhaben der GIZ von mehr politischer Mitbestimmung profitiert haben.
Staatliche Dienstleistungen: Anzahl der Menschen, die mit Unterstützung von Maßnah-
men bzw. Vorhaben der GIZ Zugang zu staatlichen Dienstleistungen erhalten haben. Dies
umfasst auch den verbesserten Zugang zu kommunalen Dienstleistungen.
Eine rationale Verwendung öffentlicher Mittel und eine erhöhte Effizienz der Kommunen sind zudem
wichtige Rahmenbedingungen für wirtschaftliche Entwicklung und tragen durch verbesserte Dienst-
leistungserbringung mittelbar zur Armutsreduzierung und dem Ziel 1 für nachhaltige Entwicklung bei:
SDG1: Armut in allen ihren Formen und überall beenden.
SDG 10: Ungleichheit in und zwischen Ländern verringern, insbesondere mit dem Unterziel:
Dooz Reporterin während eines Public Hearings in der Kommunalverwaltung von Nablus Quelle: DW/Wendisch
58
5.4 Bürgerbüros im Vorhaben „Kommunalentwicklung im Südkaukasus“
Kommunale Dienstleistungen sind nur wenig effi-
zient und entwicklungsorientiert
Der Fall der Sowjetunion hatte erhebliche wirtschaftli-
che und gesellschaftspolitische Auswirkungen auf die
drei Länder des Südkaukasus: Armenien, Aserbaid-
schan und Georgien. Die Hälfte der Bevölkerung lebt
noch heute unterhalb der Armutsgrenze. Bürger-
kriegserfahrungen innerhalb der Länder (Abchasien),
aber auch Kriegs- und bewaffnete Konfliktsituationen
(Berg-Karabach, Süd-Ossetien) zeichnen immer
noch das Bild der Region. Die Kommunen tragen bis-
her kaum zur Verbesserung der Lebenssituation der
Bevölkerung bei. Im Bereich der Kommunalentwick-
lung stehen die Länder vor vergleichbaren Herausfor-
derungen. Wesentliche Schwächen in allen drei Län-
dern sind die unzureichenden technischen und
personellen Kapazitäten, um kommunale Dienstleis-
tungen effektiv und entwicklungsorientiert zu erbrin-
gen.
Die Abstimmung zwischen den Verwaltungsebenen
ist in der Regel noch unzureichend und die Kompe-
tenzen sind oft nicht ausreichend geklärt. In den drei
Ländern ist bisher der normative Rechtsrahmen für
die kommunale Selbstverwaltung nur ansatzweise
umgesetzt. Der Einfluss und die Fähigkeiten der
Kommunalverbände sind schwach. Ein zentrales
Problem ist auch das geringe Vertrauen der Bürge-
rinnen und Bürger in die lokalen Verwaltungsstruktu-
8Das Vorhaben wurde 2016 beendet, der Titel des Folgevorhabens ab Januar 2017
lautet aktuell „Gute lokale Regierungsführung im Südkaukasus“
ren. Erfahrungen mit ausufernder Bürokratie, lang-
wierigen Behördengängen und nicht selten der Ver-
dacht amtlicher Willkür erklären die traditionell ge-
ringe Wertschätzung der Bevölkerung für die
kommunalen Verwaltungen.
Die südkaukasischen Länder Armenien, Aserbaid-
schan und Georgien haben sich mit der Ratifizierung
der Europäischen Charta der Kommunalen Selbst-
verwaltung dazu verpflichtet, lokale Selbstverwaltung
und Demokratie zu stärken und die erforderlichen
rechtlichen und institutionellen Rahmenbedingungen
zu schaffen. Die Umsetzung der notwendigen Refor-
men ist unterschiedlich weit in den Ländern fortge-
schritten. Vorreiter ist bislang Georgien, während Ar-
menien und Aserbaidschan noch am Anfang ihres
Reformprozesses stehen.
Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung
Das Vorhaben Kommunalentwicklung im Südkauka-
sus8 arbeitete mit dem Ziel, die kommunale Selbst-
verwaltung und gute lokale Regierungsführung im
Südkaukasus zu verbessern. Zentral ist die Stärkung
der Zusammenarbeit der dafür relevanten Akteure.
Die drei Handlungsfelder machen die unterschiedli-
chen Ansatzpunkte des Vorhabens deutlich:
o 10.2 Bis 2030 alle Menschen unabhängig von Alter, Geschlecht, Behinderung, Rasse,
Ethnizität, Herkunft, Religion oder wirtschaftlichem oder sonstigem Status zu Selbstbe-
stimmung befähigen und ihre soziale, wirtschaftliche und politische Inklusion fördern.
SDG 16: Friedliche und inklusive Gesellschaften für eine nachhaltige Entwicklung fördern,
allen Menschen Zugang zur Justiz ermöglichen und leistungsfähige, rechenschaftspflichtige
und inklusive Institutionen auf allen Ebenen aufbauen, insbesondere mit den Unterzielen
o 16.6 Leistungsfähige, rechenschaftspflichtige und transparente Institutionen auf allen
Ebenen aufbauen.
o 16.7 Dafür sorgen, dass die Entscheidungsfindung auf allen Ebenen bedarfsorientiert,
inklusiv, partizipatorisch und repräsentativ ist.
59
1. Gute lokale Regierungsführung: Die Leis-
tungsfähigkeit der Kommunen für gute lokale
Regierungsführung wird verbessert. Unterstüt-
zung erfolgt durch das Entwickeln und Verbrei-
ten von guten Beispielen für transparentes,
bürgerorientiertes und effizientes kommunales
Finanzmanagement und für bessere kommu-
nale Dienstleistungen. Hier arbeitet das Vorha-
ben mit kommunalen und zivilgesellschaftli-
chen Akteuren in Pilotregionen und
Pilotkommunen und stärkt deren Handlungsfä-
higkeit.
2. Verbesserung der nationalen Rahmenbedin-
gungen für kommunale Entwicklung: Poli-
tisch-administrative Rahmenbedingungen wer-
den durch die Beratung von nationalen
Standards für Kommunalentwicklung oder bei
der beteiligungsorientierten Umsetzung von
Gebiets- und Verwaltungsreformen verbessert.
Dabei werden die Erfahrungen aus der lokalen
Zusammenarbeit mit Kommunen zur Beratung
auf nationaler Ebene genutzt und mit Trai-
ningsmaßnahmen ergänzt, um durch verbes-
serte Politiken oder deren Umsetzung landes-
weite Wirkungen zu erreichen. Bei der
Politikberatung wird auch darauf geachtet, die
Rolle der Kommunalverbände in allen drei
Partnerländern zu stärken.
3. Governance auf subnationaler Ebene: Die
Kooperation und Koordination zwischen Kom-
munen und regionaler sowie nationaler Verwal-
tungsebene werden verbessert, beispielsweise
durch die Beratung bei der Erarbeitung und
Umsetzung regionaler Entwicklungsstrategien.
Ein kleiner Ausschnitt aus dem Vorhaben - Bür-
gerbüros in Georgien
In Georgien lag ein Fokus der Beratung durch das
Vorhaben auf der Entwicklung und Umsetzung der
regionalen Entwicklungsstrategien. Die georgische
Regierung hat mit Unterstützung der GIZ ihre natio-
nale Strategie für Regionalentwicklung erarbeitet.
Das Vorhaben hatte drei Regionen bei ihrer Strate-
gieentwicklung beraten. Dabei waren Kommunen
und nationale Ebene, Zivilgesellschaft und Privatwirt-
schaft einbezogen. Die Strategien wurden vom Kabi-
nett verabschiedet und werden zurzeit umgesetzt.
Die durch das Programm der GIZ unterstützten Re-
formen entsprachen dem strukturpolitischen Ansatz
der EU und leisteten einen Beitrag zur EU-Annähe-
rung.Schwerpunkt der Beratung auf lokaler Ebene in
Georgien war die Verbesserung der Leistungsfähig-
keit der Kommunen für „Gute Regierungsführung“.
Das umfasst einerseits die verbesserte Einbeziehung
der Bevölkerung in lokale Entscheidungsprozesse,
andererseits auch die verbesserte Erbringung von
kommunalen Dienst-
leistungen. Dabei bilde-
ten modernisierte Ver-
waltungsstrukturen und
ein geschultes Perso-
nal die Grundlage da-
für, dass Kommunen
ihre Dienstleistungen
effizient, transparent
und auf die Bedürf-
nisse der Bürger ausge-
richtet erbringen. Seit 2007 unterstützt die GIZ in die-
sem Kontext auch den Aufbau von Bürgerbüros als
zentrale öffentliche Anlaufstellen, an die sich Bür-
ger mit all ihren Fragen und Anliegen wenden kön-
nen. Auch bekannt als „One-Stop-Shop“ oder „Sin-
gle-Window“ sollen sie kommunale Dienst-
leistungen effizienter, transparenter und kunden-
orientierter gestalten. In Bürgerbüros werden u.a.
folgende kommunale Dienstleistungen erbracht: ver-
schiedene Dienstleistungen im sozialen Bereich, An-
erkennung von Grundstücken, Baugenehmigungen,
Informationen über kommunale Dienstbetriebe und
lokale Ausschreibungen, Dienstleistungen für die
Umsetzung des Berggesetzes,
Anträge über Bürgerinitiativen, Anträge über Na-
mensgebung von Straßen etc.
Die Einrichtung einer zentralen Anlaufstelle für kom-
munale Dienstleistungen erfordert in aller Regel tief-
greifende Umstrukturierungen und Veränderun-
gen in der kommunalen Verwaltung:
standardisierte Bearbeitungsprozesse und klare Vor-
gaben sind notwendig, um Anträge entgegenzuneh-
men, weiterzuleiten und auch innerhalb einer festge-
legten Frist zu beantworten. Bearbeitungsprozesse
müssen daher definiert werden und es muss klar
sein, welche Verwaltungsstellen in welcher Reihen-
folge einzubeziehen sind. Auch eine verbesserte
Kundenorientierung der Verwaltung ist häufig mit
zahlreichen Neuerungen verbunden. Gebühren und
Fristen müssen nicht nur transparent und einheitlich
gestaltet, sondern auch kommuniziert und eingehal-
ten werden. Eine oft noch bedeutendere Verände-
rung für erfolgreiche Bürgerbüros kann sich nur in
den Köpfen der Verwaltungsangestellten selbst voll-
ziehen: sie müssen sich als Dienstleister/in verste-
hen, nicht mehr als „Verwalter“. Aus den Antragstel-
lern werden Kund/innen und Bürger/innen.
Irma Nosadze
60
Diese neuen Haltun-
gen zu entwickeln ist
nicht immer eine
leicht zu erreichende
Veränderung, vor al-
lem für Angestellte,
die teilweise bereits
jahrzehntelang eine
andere Einstellung
zu ihrer Arbeit besaßen. So sind auch Ängste und
Befürchtungen gegenüber den neuen Herausforde-
rungen nicht selten. „Wir sind ein bisschen besorgt
über all diese neuen Dinge. Wir hoffen, wir lernen da-
mit umzugehen. Die Bürger sollen mit unseren
Dienstleistungen zufrieden sein“, meint Nino Chan-
duneli aus dem Front Office des Bürgerbüros in Su-
rami. Von daher bezog sich die Unterstützung der
GIZ nicht nur auf die rein technische Beratung zur
Organisation der Bürgerbüros und für die Analyse
und Restrukturierung der Arbeitsprozesse und -Ver-
fahren, sondern beinhaltete auch die Unterstützung
der Veränderungen und Entwicklung von Einstellun-
gen und Haltungen im Rahmen von Trainings oder
durch Backstopping und einen Erfahrungsaustausch
unter Kolleg/innen.
In Georgien verfügen mittlerweile bereits mehr als
die Hälfte der 76 Kommunen über Bürgerbüros.
Dadurch sind heute der Zugang zum Rathaus sowie
die reibungslose, transparente Abwicklung von Anfra-
gen und Anträgen der Bürger in vielen Kommunen
möglich. Für zahlreiche administrative Verfahren
reicht ein einziger Behördengang aus. Die wichtig-
sten dadurch erzielten Verbesserungen sind:
Schnellere Bearbeitungszeiten. Die durch-
schnittliche Bearbeitungszeit von Anträgen
sank um mehr als 50 Prozent.
Bessere Rechenschaftslegung und mehr
Transparenz durch die direkte Interaktion
zwischen Bürger/innen und Verwaltung und
die Online-Verfügbarkeit zahlreicher Infor-
mationen, Möglichkeit des Verfolgens von
Maßnahmen, Statistiken oder auch des Bud-
gets der Kommune (Monitoring) durch zivil-
gesellschaftliche Gruppen.
Höhere Effizienz als Ergebnis von fokussier-
ten und vereinfachten und automatisierten
Verwaltungsabläufen, Vermeidung von Pa-
rallelprozessen.
Zusätzliche Außenstellen ermöglichen die
Erreichbarkeit auch in abgelegenen Sied-
lungen der Gemeinden.
Tatia Brodlidze, Koordinatorin des Front Offices in
Khasuri ergänzt, dass die Neuerungen durch das
Bürgerbüro nicht nur Vorteile für die Bürger/innen,
sondern auch für die Verwaltung bringt: „Seit der Ein-
führung des Bürgerbüros wurden alle Prozesse und
Verfahren einfacher. Anders als vorher mussten die
Bürger nicht mehr so vielen Hürden in der Verwal-
tung überwinden. Und letztlich wurde die Arbeit auch
für uns angenehmer. Wir leisten unsere Dienste
schnell und transparent. Die Bürger wurden unsere
Kunden.“
Vorteile sieht auch Irma Nosadze vom Back Office in
Khasuri: „…so werden zum Beispiel alle Bauanträge
durch das Front Office entgegengenommen und auf
Vollständigkeit geprüft. Wir im Back Office bekom-
men jetzt nur noch die vollständigen Dokumente“.
Und ihre Kollegin Lia Meskhidze ergänzt: „Wir haben
wir mehr Zeit, uns den inhaltlichen Punkten des An-
trages zu widmen. Dadurch sind wir in der Lage effi-
zienter zu arbeiten.“ David Chkheidze aus Gori
meint, dass „so auch unser Bürgermeister entlastet
wird, der sich auf die wichtigen Projekte für unsere
Stadt konzentrieren kann“.
In Umfragen bewerten 80 % der Bürger/innen die
Dienstleistungen als gut oder sehr gut, 75% fühlen
sich kompetent beraten, 85% der Befragten bestäti-
gen, dass Bearbeitungsfristen eingehalten. 90% sind
insgesamt zufrieden mit ihrem Bürgerbüro wie zwei
Zitate von einer
Bürgerin und ei-
nem Bürger zei-
gen: „Es war vor-
her nicht wirklich
schlecht, aber wir
mussten länger
warten und waren
mehr mit Gleich-
gültigkeit oder so-
gar Ablehnung
konfrontiert“. „Der
Unterschied ist enorm. Vorher mussten wir in langen
Schlangen warten, jetzt werden wir aufgerufen, alles
läuft sehr pünktlich ab.“
Moderation des konstanten Verbesserungspro-
zesses
Die Erhebungen der Bürger/innen Zufriedenheit die-
nen dazu, die Dienstleistungen der Bürgerbüros
fortwährend zu verbessern. Die GIZ organisiert
dazu jährliche
Workshops mit
Vertreter/innen
der Verwaltungen
mehrerer Kom-
munen. Dabei
werden die Zu-
friedenheitswerte Tatia Brodlidze
David Chkheidze
Nino Chanduneli
61
zu den einzelnen Kriterien zwischen den Kommunen
verglichen. Jede Kommune kann so einerseits ihre
Stärken im Vergleich zu anderen erkennen und erhält
Wertschätzung für ihre Anstrengungen und Be-
mühungen. Gleichzeitig werden in dem Vergleich
eventuelle Schwachstellen deutlich. Der moderierte
Austausch hilft Verbesserungen auf Basis von ande-
ren guten Erfahrungen zu entwickeln. Weitere Ergeb-
nisse dieses Prozesses sind die Entwicklung und Ab-
stimmung passender Software, ein von den
Gemeinden gemeinsam getragener Monitoring-Stan-
dard sowie Qualitätssicherungsmaßnahmen.
Einbinden zahlreicher Partner für gemeinsames
Lernen
Neben den öffentlichen Verwaltungen und Akteuren
aus der Zivilgesellschaft waren auch Bildungseinrich-
tungen und die Privatwirtschaft in die Umsetzung des
Vorhabens einbezogen. So konnte ein breites Spekt-
rum an Erfahrungen und fachlichen Kompetenzen
auch für die Entwicklung und Verbesserung der Bür-
gerbüros genutzt werden.In diesem Kontext unter-
stützte die GIZ auch den internationalen Erfahrungs-
austausch im Rahmen des „Städtenetz
Südkaukasus“. Darin wird die Zusammenarbeit von
südkaukasischen und deutschen Kommunen ermög-
licht. Themen wie Verbesserung kommunaler Dienst-
leistungen, lokale Wirtschaftsförderung oder Abfall-
und Altlastenmanagement werden regional gemein-
sam bearbeitet.
In der aserbaidschanischen Stadt Sumgait zum Bei-
spiel wurde mit Unterstützung des Städtenetzes ein
digitales Altlastenkataster eingerichtet, um in der
stark belasteten Stadt Grundlagen für nachhaltige
Stadtentwicklung zu schaffen. Die Stadtverwaltung in
Saarbrücken war bei der Einrichtung des ersten ge-
orgischen Bürgerbüros in Tiflis, der Hauptstadt Geor-
giens beteiligt. Dass nicht nur die Partner aus dem
Südkaukasus profitieren bestätigt Heike Bornholdt-
Fried, die im Büro für wirtschaftliche Entwicklung in
Saarbrücken arbeitet: „Viele Themen sind auch für
uns aktuell. Zum Beispiel die Frage der Wettbe-
werbsfähigkeit der Städte, wie gewinnt man und wie
hält man Talente, das sind auch Herausforderungen
für uns in Saarbrücken. Da können wir von den Er-
fahrungen der anderen Partner profitieren. Wir tau-
schen uns mit den Partnern auf Augenhöhe aus.
Dadurch reflektiert man seine eigene Situation ge-
nauer und kann die eigene Betriebsblindheit überwin-
den. Manches wird einem dann klarer und es erge-
ben sich Vorteile für die eigene Stadt“.
Verbesserung der Breitenwirkung
Die positiven Erfahrungen mit den Bürgerbüros führ-
ten dazu, dass das Vorhaben in Georgien einen lan-
desweiten Veränderungsprozess auf Basis der loka-
len Erfahrungen unterstützen konnte. Das Konzept
der Bürgerbüros wurde mittlerweile zum Selbstläufer.
Benachbarte Gemeinden fragen bei ihren Kolle-
gen/innen oder bei der GIZ Erfahrungen und Unter-
stützung an. Inzwischen wurde das entwickelte Kon-
zept zur Einführung von Bürgerbüros vom
zuständigen Ministerium zum nationalen Standard er-
klärt. Diese Erfolge wurden durch folgende Elemente
der Strategie des Vorhabens bzw. Faktoren begüns-
tigt. Essentiell war der Ansatz des Vorhabens, mit
den verantwortlichen Akteuren der Kommunen auf
der lokalen Ebene zu arbeiten, aber auch zahlreiche
andere Akteure funktional zu beteiligen. So wurden
wichtige Partner im zuständigen Ministerium auf
nationaler Ebene nicht nur informiert, sondern
durch ihre Beteiligung konnten sie Interesse ent-
wickeln und machten sich schließlich den Ansatz
auch zu Eigen. In diesem Rahmen unterstützte das
2009 gegründete Ministerium für Regionalentwick-
lung und Infrastruktur in Kooperation mit GIZ die wei-
tere Verbreitung zum einen durch die Erstellung ei-
nes Methodenhandbuchs und zum anderen durch die
Empfehlung an alle Gemeinden, Bürgerbüros zu
etablieren. Klare politische Signale und persönliches
Engagement von nationalen Akteuren bereiteten so
den Boden für die weite Verbreitung der Idee des
Bürgerbüros. Auch die Thematisierung der Bürgerbü-
ros im Rahmen der Städtepartnerschaft machten das
Konzept weiter bekannt. Ferner waren auch die di-
rekte Kommunikation durch das GIZ Team, Medien-
arbeit, politische Signale der nationalen Ebene und
die Einbeziehung von Verbänden nützlich.
Angeregt durch den regionalen Austausch schreitet
auch in Armenien die Verbreitung der Bürgerbüros
voran.
62
Wirkungsbereiche der Bürgerbüros Das Vorhaben leistet mit seinen Wirkungen durch die Bürgerbüros einen direkten Beitrag zu den
beiden Aggregationsindikatoren der Wirkungsdaten 2016
Staatliche Dienstleistungen: Anzahl der Menschen, die mit Unterstützung von Maßnah-
men bzw. Vorhaben der GIZ Zugang zu staatlichen Dienstleistungen erhalten haben. Dies
umfasst auch den verbesserten Zugang zu kommunalen Dienstleistungen.
Politische Teilhabe: Anzahl der Menschen, die mit Unterstützung von Maßnahmen bzw.
Vorhaben der GIZ von mehr politischer Mitbestimmung profitiert haben.
Das Vorhaben leistet mit seinen Wirkungen einen Beitrag zu den folgenden Zielen für nachhaltige
Entwicklung:
SDG 16: Friedliche und inklusive Gesellschaften für eine nachhaltige Entwicklung fördern,
allen Menschen Zugang zur Justiz ermöglichen und leistungsfähige, rechenschaftspflichtige
und inklusive Institutionen auf allen Ebenen aufbauen, insbesondere mit dem Unterziel
o 16.6 Leistungsfähige, rechenschaftspflichtige und transparente Institutionen auf allen
Ebenen aufbauen
63
Fotonachweise und Quellen
Fotonachweise/Quellen:
© GIZ / Nashwan Al-Sumari, Sebastian Koch, Ranak Martin, Ursula Meissner, GIZ, DW/Wendisch
URL-Verweise:
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