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METEORITEN
Ein großes Meteoriten-Streufeld in der Schweiz
Im Schweizer Jura, nördlich des Bieler Sees, wurde das größte Streufeld vonMeteoriten-Bruchstücken in Europa entdeckt. Bislang wurden rund 600 Eisenmeteoritengeborgen. Sie stammen alle aus einem lang zurückliegenden Fall und gehören zu einembesonders seltenen Typ von Eisenmeteoriten.
http://www.spektrum.de/news/groesstes-meteoriten-streufeld-europas-in-der-schweiz-entdeckt/1420435
© BGR(Ausschnitt)
News | 19.08.2016
von Tilmann Althaus
Vor rund 160 000 Jahren, als die Riss-Eiszeit Europa fest im klimatischen Würgegriff
hatte und Mammuts, Neandertaler und Vorfahren des modernen Menschen durch die
Tundra streiften, leuchtete plötzlich der Himmel über der heutigen Schweiz grell auf.
Eine riesige Feuerkugel spaltete für wenige Sekunden den Himmel, war kurzzeitig heller
als die Sonne, und gewaltiges Donnergrollen ertönte. Danach regnete es metallische
Trümmer. So etwa muss es gewesen sein, als die Twannberg-Meteoriten im Gebiet des
Bieler Sees im Schweizer Jura niedergingen. Ähnliches haben wir zuletzt am 15. Februar
2013 über der russischen Stadt Tscheljabinsk erlebt. Erstaunlich ist vor allem, dass wir
nach so langer Zeit noch Zeugnisse dieses Meteoritenfalls finden können. Das liegt unter
anderem daran, dass Twannberg ein solider Eisenmeteorit ist. Die weitaus häufigeren
Steinmeteoriten sind schon nach wenigen Jahrzehnten bis Jahrhunderten im Boden
vollständig verwittert und nicht mehr zu erkennen.
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© Naturhistorisches Museum der Burgergemeinde Bern(Ausschnitt)
Ein Twannberg-Meteorit
©
Naturhistorisches Museum der Burgergemeinde Bern
(Ausschnitt)
Noch von seiner Rostkruste überzogen ist dieses wenige Zentimeter große
Bruchstück des Twannberg-Meteoriten, der rund 160 000 Jahre lang nach seinem
Fall im Boden des Schweizer Juras lag. Er konnte nur mit einem Metalldetektor
aufgespürt werden.
Die moderne Geschichte des Twannberg-Meteoriten begann im Jahr 1984, als eine
Bäuerin in einem frisch umgepflügten Haferfeld in der Nähe des Orts Twannberg einen
rostigen und ungewöhnlich schweren "Stein" fand. Er wurde alsbald als Eisenmeteorit
erkannt und befindet sich heute im Naturhistorischen Museum in der Schweizer
Hauptstadt Bern. Wie bei Meteoriten üblich, wurde er nach dem Fundort benannt.
Dieses Exemplar ist der größte und mit rund 16 Kilogramm schwerste der acht bislang
in der Schweiz gefundenen Meteoriten. Die mineralogischen Untersuchungen am
Naturhistorischen Museum zeigten, dass Twannberg zu einem äußerst seltenen Typ von
Eisenmeteoriten gehört, von dem weltweit nur fünf andere Exemplare bekannt sind.
Lange Zeit war es ruhig um den Twannberg-Meteoriten, bis im Jahr 2000 ein Schreiner
auf dem Dachboden eines renovierungsbedürftigen Hauses ein weiteres, rund
2,2 Kilogramm schweres Bruchstück entdeckte. Es war irgendwann von jemandem
Unbekannten aufgelesen und danach offenbar vergessen worden.
In den Jahren danach stießen Goldwäscher nochmals auf drei kleine
Meteoritenbruchstücke in der Twannbergschlucht im Jura. Immer mehr kleine
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© Peter Auchli / Naturhistorisches Museum der Burgergemeinde Bern(Ausschnitt)
Meteoriten aus der Schlucht tauchten in den Jahren 2009 bis 2013 auf. Deshalb
beschloss der Geowissenschaftler Beda Hofmann vom Naturhistorischen Museum Bern,
den Meteoriten in einer systematischen Suche nachzugehen. Er organisierte in enger
Zusammenarbeit mit der Universität Bern und 50 seriösen Meteoritensuchern in aller
Verschwiegenheit eine dreijährige Suchkampagne, die bis Juni 2016 andauerte. Dabei
konnten insgesamt 570 Fragmente des Meteoriten aufgespürt und geborgen werden.
Bei den ersten Exemplaren aus den 1980er und 2000er Jahren waren die Fundstücke
jedoch von Menschen oder einem Fluss vom ursprünglichen Aufschlagsort entfernt
worden. Erst die Hinweise durch die weiteren Funde ab 2009 erlaubten es, das
Suchgebiet vernünftig einzugrenzen. Nach der Auswertung der neuen Funde aus der
Suchkampagne seit 2013 zeigt sich, dass Twannberg einer der größten Meteoriten-
Schauer über Europa gewesen sein muss. Die Fundzone am Mont Sujet nördlich vom
Bieler See ist rund fünf Kilometer lang und mehrere hundert Meter breit – vielleicht ist
sie sogar bis zu 15 Kilometer lang. Die Gesamtmasse aller bisherigen Fundstücke
beträgt 72,5 Kilogramm. Aus den bislang gefundenen Fragmenten schließen die
Forscher um Beda Hofmann, dass der eintretende Körper rund 6 bis 20 Meter groß
gewesen sein und einige tausend Tonnen gewogen haben muss. Von ihnen hat aber nur
ein geringer Teil den Erdboden erreicht; der größte Teil ist in der Erdatmosphäre beim
Eintritt verglüht. Noch unklar ist allerdings, wie die Meteoritenbruchstücke die beiden
letzten Eiszeiten überdauert haben. Möglicherweise war die Vergletscherung im Bereich
des heutigen Fundgebiets eher gering, so dass die Meteoriten nicht von den eiszeitlichen
Gletschern erfasst und auf Nimmerwiedersehen abtransportiert wurden.
© Peter
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Auf der Suche nach einem Bruchstück desTwannberg-Meteoriten
Auchli / Naturhistorisches Museum der Burgergemeinde Bern
(Ausschnitt)
Nein, hier wird nicht nach Trüffeln gesucht. Nur mit Metalldetektor, Hacke und
Schaufel ist es möglich, im Schweizer Jura erfolgreich Bruchstücke des
Eisenmeteoriten Twannberg aufzuspüren. Bislang wurden schon rund 600 Stücke
entdeckt. Für die Suche ist eine offizielle Genehmigung des Kantons Bern
erforderlich.
Alle neuen Meteoritenfunde waren nur durch den Einsatz von modernen
Metalldetektoren möglich, denn die Bruchstücke verbergen sich wie Trüffel in rund 15
bis 20 Zentimeter Tiefe unter der Grasnarbe oder dem Waldboden und sind somit
unsichtbar. Bei der Suche gingen den Forschern aber nicht nur Meteoriten ins Netz,
sondern auch Unmengen an Eisenschrott wie Nägel, 400 Ochsen-Hufeisen, Klöppel von
Kuhglocken und vieles mehr. Auch archäologisch interessante Funde wurden gemacht,
darunter römische Münzen, Gewandfibeln oder ein bronzezeitliches Messer. All dies
belegt, dass die Region am südlichen Rand des Schweizer Juras schon seit
Jahrtausenden vom Menschen genutzt und bewohnt wird. Was es aber mit dem sehr
neuzeitlichen Versteck von alkoholischen Getränken in der Fundregion auf sich hat, kann
wohl nur der ehemalige Besitzer verraten …
Wer selbst auf die Suche nach Meteoriten in der Schweiz gehen möchte, dem sei
angeraten, sich exakt an die Regeln des Kantons Bern zur Suche nach archäologischen
Fundstücken zu halten, denn in solchen Dingen verstehen die Eidgenossen nur wenig
Spaß. Zudem müssen die lokalen Regeln der betroffenen Gemeinden und der
Grundstückseigentümer beachtet werden, unter anderem dürfen Wiesen und
Viehweiden nicht einfach durchwühlt werden. Die Suche mit Metalldetektoren ist mit
einer vorherigen Bewilligung des Kantons Bern erlaubt, die unkompliziert über das
Naturhistorische Museum Bern beantragt werden kann. Alle eventuellen Fundstücke
müssen dem Museum zur wissenschaftlichen Begutachtung vorgelegt werden, von dem
Material darf der Finder aber den größten Teil behalten. Wer sich, ohne zu graben, einen
Eindruck von den Twannberg-Meteoriten verschaffen möchte, kann ab sofort eine neu
eröffnete Sonderausstellung im Naturhistorischen Museum besuchen, in der einige
Prachtstücke der Öffentlichkeit präsentiert werden.
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QUELLEN
Website zum Twannberg-Meteoriten
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