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Dr. med. Gerhard Fleischner

Verlag Neuer Merkur GmbH

Podologische Orthopädie

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Dr. med. Gerhard Fleischner – Podologische Dermatologie1. Auflage 2003 – ISBN 978-3-929360-89-9Vollständig überarbeitete Ausgabe des Bandes „Der schmerzende Fuß“ (1991)

Layout: Peter HänsslerTitelgestaltung: Gabriele Meier und Peter Hänssler

Druck: CPI Books GmbH, Ulm

Vorwort des Autors

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Der jetzt neu gestaltete Band II des Kompen-diums der medizinischen Fußpflege war früherdem schmerzenden Fuß mit einer Monographiegewidmet. Auf Grund der medizinischen undberufspolitischen Fortentwicklung erschien esnotwendig, eine Neuauflage zu erstellen.

Das hiermit vorliegende Buch hat als Folge derumfangreichen Änderungen auch dementspre-chend einen anderen Titel erhalten. Zudem istdie Intention des Buches insofern geändert, alsdass es nun als Lehrbuch verwendet werdenkann. Die Anordnung der Kapitel richtet sichjetzt streng nach den Erfordernissen des Podolo-gengesetzes (PodG), speziell nach der vom Bun-desgesundheitsministerium erlassenen Ausbil-dungs- und Prüfungsverordnung (PodAPrV).

Dazu sind einige Kapitel völlig neu eingefügtworden, andere im Text und Inhalt ergänzt, so-dass die Neuauflage erheblich umfangreicher ist.Das Bildmaterial wurde zum Teil drucktechnischdeutlich verbessert, neue Bilder eingefügt und ei-ne Reihe von Röntgenbildern ausgetauscht.

Von Seiten des Verfassers sind 30 Jahre Praxisund wissenschaftliche Studien bei der Diagnoseund Behandlung des Fußes eingebracht. Im Hin-blick auf das Berufsbild der Podologin und des

Podologen ist unter Berücksichtigung der Fach-bezogenheit, wie dies die PodAPrV vorsieht, beiden einzelnen Themen eine starke Gewichtungdurchgeführt worden. Sie soll damit auch Aus-bildern erleichtern, die Schwerpunkte in der täg-lichen podologischen Praxis im Unterricht besserherauszuarbeiten. Nachdem Dermatologie undOrthopädie die wichtigsten medizinischen Teil-gebiete für die Podologie sind, wurden zusätz-lich fachübergreifende Themen eingefügt. Nichtzuletzt hat der Autor aus seiner Tätigkeit alsLehrer und Schulleiter einer Berufsfachschulefür Podologie es als notwendig erachtet, auchGrenzgebiete wie die Behandlung mit Orthosenund Nagelspangen aufzuführen. So steht demBerufstand der Podologinnen und Podologen einGrundlagenwerk zur Verfügung, das eine abge-rundete Übersicht auf dem Fachgebiet Ortho-pädie ermöglicht.

Es bleibt zu hoffen, dass auch die zweiteAuflage dieses Buches, das unter viel Mühe unddankenswerter Mithilfe des Verlages NeuerMerkur GmbH, München, zustande gekommenist, die notwendige Aufmerksamkeit zuteil wird.

Schliersee, 2003, Gerhard Fleischner

Vorwort des Autors

I. Auswirkungen von Statikund Krankheiten auf den Fuß 13Die krankhafte Wirbelsäule 13Skoliose (seitliche Rückgrat-

verbiegung) 13Kyphose (Buckel) 14Dorsum planum (Flachrücken) 15Orthopädische Ursachen im

Bereich des Beckens 15Angeborene Hüftluxation 15Hüftdysplasie 16Ursachen im Bereich des Ober-

schenkels 19Fehlstellungen 19Verletzungen 20Ursachen im Bereich des Unter-

schenkels 20Erkrankungen mit Veränderungen

der Knochensubstanz 20Verletzungen 21Neurologische Störungen 21

II. Systemerkrankungen 22Rheuma 22Das rheumatische Fieber 23Die Chronische (rheumatische)

Polyarthritis (CP) 23Andere rheumatische

Erkrankungen 25Morbus Reiter 25Morbus Bechterew 25Pathophysiologie der rheumatischen

Entzündung 25Therapieansätze der rheumatischen

Arthritis 26

Podologische Behandlungsgrund-züge bei rheumatischer Arthritis 30

Psoriasis (Schuppenflechte) 30Andere Systemerkrankungen 32

III. Stoffwechselstörungen 36Gicht 36Diabetis mellitus 37Das diabetische Fußsyndrom 37Die diabetische Neuropathie 40Diabetische Veränderungen am Fuß 40Einteilung der diabetischen

Veränderungen am Fuß 41Orthopädische Einteilung 41Internistische Einteilung 42Dermatologische Einteilung 43Orthopädische Problematik beim

diabetischen Fuß-Syndrom (DFS) 43Lokale Auswirkungen am Fuß 44Gewölbeschwäche 44Gefäßreaktion 45Atrophie der Nerven 45Fettpolsteratrophie 45Fibrose des Bindegewebes 45Osteoarthropathie 46Charcot-Fuß 47Dysregulation der Hornhautbildung 47Orthopädische Therapie beim dia-

betischen Fußsyndrom. Allgemei-ne Therapieansätze und orthopä-disch-podologische Maßnahmen 48

Orthopädische Maßnahmen 48Angiologische Therapieansätze bei

Diabetes und Gefäßerkrankungen 48Podologische Therapie beim DFS 49

Inhalt

9

Inhalt

Seltenere Stoffwechsel-erkrankungen 49

Lipoidosen und Hyperlipidämien 49Osteoporosen 50Morbus Sudeck 50

IV. Der Kinderfuß 53Die normale Entwicklung des

Kinderfußes 53Die Embryonale Entwicklung 53Entwicklung nach der Geburt 54Erkrankungen und Fehlentwick-

lungen an der unteren Extremi-tät beim Kind 57

Krankheitsfolgen im Kindesalter 57Missbildungen und Fehlbildungen 60Deformitäten der unteren Extre-

mitäten im Kindesalter 62Fehlbildungen, Veränderungen

und Deformationen am Kinderfuß 63

Die knöcherne Entwicklung desFuß-Skeletts 63

Spezielle wachstumsbedingte Ossi-fizierungsstörungen am Kinderfuß 63

Allgemeine Entwicklungsstörungenam Kinderfuß 65

V. Klassische Fußdeformitätenund Fußtypen 70Fußtypen 70Klassische Fußdeformitäten 72Klumpfuß 72Spitzfuß 74Hohlfuß 74Hackenfuß 76Sichelfuß 76Kletterfuß 76Knick-Senk-Spreizfuß 76Plattfuß 77

VI. Vorfußdeformitäten undDeformitäten an den Zehen 80Vorfußdeformitäten 80Deformitäten an den Zehen 82Veränderungen der Großzehe 82Krallenzehe 86Hammerzehe 86Reiterzehe 87

VII. Gelegenheitsursachen vonFußbeschwerden.Schmerzhafte Fußübel 89Gelegenheitsursachen 89Fußübel 89Formveränderungen, Auswüchse 89Hautveränderungen 97Weichteilveränderungen 111Lokale Überlastungs-Syndrome 114Kompressions-Syndrome 114Weichteilreaktionen 118Schleimbeutel (Bursae) 122Ermüdungsreaktionen der Knochen 125Gelenküberlastungen 127Sohlenbrennen 132Konservative Behandlung ortho-

pädischer, chronischer nicht-operativer Fußerkrankungen.Behandlungsschema 132

Diagnosen und Indikationen 132Therapiespektrum 133

VIII. Haut-, Bindegewebe- undKnochenveränderungen 135Haut und Nägel. Veränderungen

und Erkrankungen des Nagels 135Anatomische Vorbemerkungen

Der normale Nagel 135Infektionen 137Allgemeine und Systemerkran-

kungen mit Nagelbeteiligung 144Zirkulationsstörungen 145Spezielle Veränderungen am Nagel

und im Nagelbereich 146Nagelveränderungen durch

Traumen 149Unspezifische Nagelveränderungen 150Behandlungsgrundzüge von

Nagelkrankheiten 158Knochenveränderungen 161Tumore und Zysten 161Spezielle Formen am Fuß 161Knochentumore 162Bösartige (maligne) Knochen-

tumore 164Zysten 165

IX. Zirkulationsstörungen 168Arterielle Durchblutungs-

störungen 168Arteriosklerose 168

Inhalt

10

Arterielle Embolie 169Thrombotischer, arterieller

Verschluss 169Arteriitis 170Organische Arterienerkrankungen

ohne Verschlüsse 170Venöse Durchblutungsstörungen 171Krampfadern (Varizen) 172Tiefe Beinvenen 173Oberflächliche Beinvenen 173Verbindungsvenen 173Sypmptome und Folgen der

Varikosis (Krampfadernkrankheit) 175Venenentzündungen 175Thrombosen 175Postthrombotisches Syndrom 176Lymphödeme 179Erscheinungsform und Ursachen 179

X. Neurologische Erkrankungen182Mechanische Schäden 182Infektiöse und toxische Schäden 182Idiopathische Ursachen 182Lähmungen 183Neuralgien 184Neuritiden 184Die Neuropathie am Fuß 186

XI. Verletzungen am Bewegungsapparat 190Muskel- und Sehnenverletzungen 190Achillessehne 191Ischämische Muskelkontraktur 191Ausriss der kurzen Wadenmuskel-

sehne 192Peronaealsehnenluxation 192Direkte Muskelverletzungen 193Isolierte Sehnenverletzungen 194Bandverletzungen und

Luxationen 194Bandverletzungen 194Luxationen 198Knochenverletzungen 198

XII. Wiederherstellung undHeilung 208Formen der Wiederherstellung 208Ablauf der Wiederherstellung 209Methoder der Wiederherstellung 209Chirurgische Maßnahmen 209

Konservativ-orthopädischeBehandlung 211

Physikalische Therapie 212Psychiatrische und psychologische

Behandlung 212Soziologische Betreuung 212Rehabilitation 213Die Wundversorgung 213Die Knochenbruchversorgung 213Heilungsvorgänge 214Die Knochenbruchheilung 214Die Wundheilung 215

XIII. Entzündungen und Infek-tionen am Bewegungs-apparat 218Entzündungen 218Stoffwechselentzündungen 218Überlastungen 218Infektionen 218Chirurgische Infektionen 219Hautinfektionen 221Tetanus (Wundstarrkrampf) 222Gasbrand 222Fachbezogene Infektionen 222Pilzerkrankungen (Mykosen) 222Mykosen 223Spezielle Formen von Infektionen

am Bewegungsapparat 224

XIV. Operationen am Fuß undVorfuß 226Vorfußoperationen 236

XV. Grundzüge der Biomechanik 253Biomechanische

Untersuchungen 266Direkte Feststellungen 266Indirekte Feststellungen 267Fototechnische Erfassung 267Mechanische Erfassung 267Pedographie 267

XVI. Schuhwerk, Schuhzurich-tungen, Einlagen und ortho-pädische Schuhe 269Der Schuh 269Der fußgerechte Schuh 269Schuhtypen 270Schuhzurichtungen 276

Inhalt

11

Zurichtungen an der Sohlengruppe 280Rollen 281Einlagen 292Einlegesohlen 292Fußstützen 294Ortohpädische Einlagen 295Materialien 296Biegsame Einlagen 298Einlagen-Anpassung 301Einlagetypen 303Einlagenzurichtungen 310Misserfolge bei der Einlagen-

therapie 310Falsche Indikation 311Ungeeigneter Schuh 311Fehler bezüglich Material und

Verarbeitung 312

XVII. Hilfsmittel, Verbände undpodologische Materialien 323

Materialien 323Gipsverband 323Kunststoffverband 324Binden 324Tapes und Pflaster 325Zinkleim- und Steifgazeverband 327Spezielle Verbände am Fuß 328Podologische Verbände 331Orthosen 333Orthosearten 334Indikationen der Orthoplastik 334Materialien und Shore-Härten 334Spangen 336Wirkungsprinzip der Spange 336Materialien 337

Literaturverzeichnis 339

Stichwortverzeichnis 341

Inhalt

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IEs gibt wenige Krankheiten, die im Endeffektkeine Auswirkung auf den menschlichen Fußhaben. Einen noch gewichtigeren Einfluß hat dieVeränderung der Statik des menschlichen Kör-perbaus auf den Fuß. Die Statik alleine ist jedochnicht der ausschlaggebende Faktor. Man kannheutzutage durch biomechanische Messungennachweisen, dass Folgen vieler Krankheiten denmenschlichen Bewegungsapparat erheblich be-einflussen. Als unterste Etage und Aufsatzpunktauf der Erde hat darunter fast in jedem Fall derFuß zu leiden.

So beeinflussen Infektionskrankheiten wie diespinale Kinderlähmung, Tuberkulose, infektiöseGelenkentzündungen, Herderkrankungen undOsteomyelitis, aber auch Pilzerkrankungen undpränatale Erkrankungen die Funktionsfähigkeitdes Fußes, auch dessen Entwicklung und Wachs-tum.

Einige spezielle Erkrankungen des Stoffwech-sels wie Gicht, Diabetes sowie Ernährungsstö-rungen und auch Systemerkrankungen sindnicht selten Ursache von Fußbeschwerden undVeränderungen am Fuß.

Auf dem orthopädischen Fachgebiet kommenneben erworbenen und degenerativen Verände-rungen vor allen Dingen angeborene Störungen,Geburtslähmungen und Anlageanomalien zumTragen. Die meisten führen auch zu Behinde-rungen am Fuß und sind daher mehr oder weni-ger Gegenstand der Thematik in diesem Buch.Wer sich mit Fußdeformitäten, ihren Ursachenund deren Wirkung beschäftigt darf nicht außeracht lassen, dass Deformitäten am Fuß häufigdurch Fehlstellungen im Bereich des gesamtenSkeletts ausgelöst werden. Deswegen erscheint

es notwendig, bei der Vorstellung von Fußdefor-mitäten auch auf entferntere Ursachen einzuge-hen.

Die wichtigsten Fehlstellungen im Skelettor-gan, die sich auf die Statik des Fußes auswirken,seien nachstehend angesprochen:

Die krankhafteWirbelsäulenhaltungSkoliose(seitliche Rückgratverbiegung)Ursache: Es gibt viele Ursachen von Skoliosen,wobei die wichtigste die angeborene Variante ist.Ferner kennen wir die idiopathische Skoliose(idiopathisch, weil ihre Ursache nicht erkennbarist), die statische, auf Grund einer Beckenschief-stellung oder Beinverkürzung, die muskuläreoder neurogene Skoliose, die durch Muskel-verkrampfungen und Lähmungen auftritt. Zunennen ist auch die Narbenskoliose, die durchSchrumpfungsprozesse einer Brusthälfte zustan-de kommt, die traumatische, also unfallbedingteSkoliose, die durch Verletzungen und Unfälleverursacht wird, aber auch Skoliosen durchKrankheiten wie Tuberkulose. Es liegt auf derHand, dass eine Skoliose mit deutlicher Seitaus-biegung der Wirbelsäule auch zur Beeinflussungdes Beckenstandes, der Muskulatur an der Wir-belsäule, auch der Beckenknochen und der unte-ren Extremitäten führt. Im wesentlichen bestehtdie Auswirkung einer Skoliose in einem Becken-schiefstand, zum Teil mit Beckenverdrehung, in

I. Auswirkungen von Statik und Krankheiten auf den Fuß

13

Auswirkungen vonStatik und Krankheiten auf

den Fuß

der Regel mit unterschiedlich ausgebildeter Mus-kulatur. Dies führt zu einer einseitigen Biome-chanik, also einem Gang- und Belastungsablauf,der seitenunterschiedlich ist. Man kann sichleicht vorstellen, dass bei einem Menschen, des-sen Muskulatur einseitig ausgebildet ist, aucheine untere Extremität mehr oder weniger starkbelastet wird. Das hat in jedem Fall Folgen aufdie Statik des gesamten Beines und auch desFußes, wobei es dort zu einer einseitigen Über-lastung kommt. Die Folgen sieht der Fußthera-peut, wenn er sich die Fußsohlen ansieht: DasFußlängs- und -quergewölbe ist abgeflacht, dieVerschwielung auf einer Seite verstärkt, gewöhn-lich auch die Schuhsohle einseitig abgelaufen.

Im Gefolge sehen wir am Fuß die üblichenbekannten Dekompensationen: die starke Be-schwielung mit Hühneraugen und schmerzhaf-ten Druckstellen.

Kyphose (Buckel)Kyphose bedeutet eine über das normale Maßhinausgehende verstärkte Ausbiegung derWirbelsäule nach hinten (Abb. 2). Die Kyphosehat verschiedene Ursachen. Teilweise ist sieangeboren, rachitisch, aber auch erworbendurch den Morbus Scheuermann (Erkrankungdes wachsenden Skeletts), der zu einerKeilwirbelbildung mit Deformierung und ver-stärkter Rundrückenbildung führt. Auch dieKyphose hat Auswirkungen auf die Statik derunteren Extremitäten, wenn auch nicht so starkwie die Skoliose. Die hauptsächlichen Ursachenund Störungen der Biodynamik und auch derStatik bestehen darin, dass die Stellung des

Kreuzbeines und des Beckens im Sinne einesHohlkreuzes (Hyperlordose) beeinträchtigt wirdund dementsprechend auch die Muskelansätzeder Oberschenkelmuskulatur. Auch der Schwer-punkt wird dadurch verlagert. Dies führt zurFehlbelastung der unteren Extremitäten, zu-nächst der Kniegelenke, der Sprunggelenke undletztendlich der Fußgelenke.

I. Auswirkungen von Statik und Krankheiten auf den Fuß

14

Abb. 2:Kyphose. Buckelbildung. Keilförmig deformierte

Wirbelkörper im Röntgenbild.

Abb. 1: Schematische Darstellung der wichtigsten Wirbelsäulenverbiegungen

Dorsum planum (Flachrücken, dorsum = Rücken, planum = flach)Auch für den Flachrücken gilt, was für denRundrücken, die Kyphose, dargelegt wurde. DieFolge auf die gesamte Dynamik und Statik derunteren Extremitäten besteht in der Änderungder Stellung des Beckens. Beim Flachrückenimponiert dieses aufgerichtet. Wir beobachtenmuskuläre und gelenkbedingte Fernwirkungenauf die Füsse durch einseitige Beanspruchungder Beuger und Strecker, Schwerpunktverla-gerung in den Gelenken mit dementsprechen-dem verstärkten Verschleiß sowie Überlastungder Bänder (Abb.3).

Orthopädische Ursa-chen im Bereich des BeckensAngeborene Hüftluxation (angeborene Hüftgelenksverrenkung =Luxatio coxae)Bei dieser Krankheit besteht die Neigung, weni-ger oft bereits der Zustand, dass der Kopf desOberschenkels aus der Pfanne nach oben wan-dert, weil eine Hypoplasie, das heißt eine Unter-entwicklung des Gelenks gegeben ist. Anzumer-ken ist, dass die angeborene Hüftgelenksverren-kung mit zu den häufigsten angeborenen Miss-bildungen beziehungsweise Fehlanlagen gehört.Heute wird diese Erkrankung meist schonbeim Neugeborenen oder auch später im Kin-desalter erkannt und behandelt. Das Charakte-ristikum der angeborenen Hüftluxation bestehtdarin, dass die Gelenkpfanne zum einen nichtrichtig ausgebildet ist, zum anderen zu steil stehtund obendrein der Schenkelhals einen zu steilenWinkel zum Oberschenkelschaft aufweist. Ver-gesellschaftet ist dieser zu steile CCD-Winkel(Collo-Caput-Diaphysenwinkel) mit einer zu star-ken Vorwärtsdrehung (Antetorsion) des Halsesgegenüber dem Schaft, einer Deformierung desKopfes, einer Erweiterung der Kapsel und auchder Pfanne. Die unangenehme Folge einer Hüft-luxation, insbesondere wenn sie einseitig ist, be-steht darin, dass das Hüftgelenk in seiner Be-

wegungsfähigkeit, der Abspreizfähigkeit vor al-lem, beeinträchtigt und das Bein der krankenSeite verkürzt wird. Man unterscheidet zwi-schen einer absoluten Beinverkürzung durchden Minderwuchs des gesamten Beines und ei-ner relativen Beinverkürzung, die dadurch ent-steht, dass der Kopf nach oben wandert oder derCCD-Winkel (Schenkelhals-Schaftwinkel) (Abb.4) verändert ist. Bei Kindern entsteht zunächsteine Einschränkung beim Abspreizen, späterdann auch eine Einschränkung in der Innen- undAußendrehung des Hüftgelenks, was sich durchFaltenasymmetrie und Schnappen beim Bewe-gen äußert. Wichtig ist darauf hinzuweisen, dassein Mensch mit Hüftluxation beim Gehen nachder kranken Seite hin einknickt: Ein Teil derGesäßmuskulatur wird so schwach, dass beimStehen auf dem kranken Bein die gesunde Hüfteherabsinkt. Infolge der Beinverkürzung kommtes bei älteren Kindern und Erwachsenen zurSkoliose und anderen schwerwiegenden Folgen,beispielsweise Spitzfuß, Arthrose, Muskel-schwund, außerdem zu einer Hüftarthrosedurch die Fehlbelastung.

Es ist allgemein verständlich, dass solche

I. Auswirkungen von Statik und Krankheiten auf den Fuß

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Abb. 3:Flachrücken mit Seitausbiegung der Lendenwirbelsäule und

Beckenschiefstand mit Beckenkippung nach rechts.

Störungen in der Dynamik und Statik zu Aus-wirkungen auf die unteren Extremitäten führen.Jedes Hinken, jede Minderbelastung und Scho-nung, jede Verschmächtigung der Muskulaturbegünstigt eine unterschiedliche Belastung derKnie-, Sprung- und Fußgelenke, auch der Sehnenund Bänder. Dann finden wir an den Füssen dietypischen Dekompensationszeichen, d. h. Zei-chen der nicht mehr ausgeglichenen Überbela-stung wie Senkfuß, Spreizfuß, einseitige Belas-tungszeichen der Beschwielung, Druckstellen anbestimmten Stellen und auch eine Gesamtver-schmälerung des betroffenen Fußes.

HüftdysplasieDie Hüftdysplasie bedeutet eine Fehlanlage sämt-licher am Hüftgelenk beteiligter Elemente, bei-spielsweise der Hüftpfannen, der Schenkelhälse,der Gelenkkapseln und der Achsenverhältnisse.Die gravierendsten Fehlanlagen sind neben derzu steilen und flachen Hüftgelenkspfanne dieCoxa vara.

Coxa vara(Coxa = Hüfte, varus = o-förmig)Bei der Coxa vara handelt es sich um eine Ver-kleinerung des Schenkelhalsneigungswinkels imSinne einer vermehrten O-Stellung (Abb. 5). DieUrsachen können angeboren sein, aber auch Er-krankungen wie Rachitis, Zerstörungsprozesseam Kopf und am Hals mit Entzündungen, auchnichtentzündliche Hüftkopfzerstörungen (Hüft-kopfnekrosen) wie der Morbus Perthes kommendafür in Frage. Weitere Ursachen sind Verlet-zungen, beispielsweise Schenkelhalsbrüche. Eskommt bei einseitiger Coxa vara zu einer Ver-kürzung und Verschmächtigung des Beines, zueinem Hinken sowie zu der TrendelenburgschenBeckenabkippung der gesunden Gesäßseite, so-fern der Patient auf dem erkrankten Bein steht.Die Gesäßmuskeln auf der kranken Seite sind zukurz oder zu schwach und können das Beckennicht waagrecht halten. Des weiteren lassen sichauch Bewegungseinschränkungen, bevorzugtdie Hemmung der Abspreizung und Innendre-hung, feststellen. Die Auswirkungen auf Ober-und Unterschenkel sowie auf die Statik und Me-

I. Auswirkungen von Statik und Krankheiten auf den Fuß

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Abb. 4:Hüftluxation links. Diese Hüftverrenkung wurde im Kindesalter nicht erkannt.

Der Kopf ist aus der Pfanne nach oben gewandert.

chanik des Fußes nehmen mit dem Alter zu,sowohl auf der kranken als auch auf der meistüberlasteten gesunden Seite und führen zu nach-haltigen Veränderungen am Fuß.

Coxa valga(Coxa = Hüfte, valgus = x-förmig)

Bei der Coxa valga ist der Schenkelhalsnei-gungswinkel zu steil beziehungsweise vergrö-ßert. (Abb. 5). Die Ursachen sind erbliche Fehl-anlagen, Krankheiten, Stoffwechselstörungen,auch Rachitis und eine Störung des Muskel-gleichgewichts. In seltenen Fällen kommt esdurch Verminderung des Muskelzuges bei Läh-

I. Auswirkungen von Statik und Krankheiten auf den Fuß

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Abb. 5:Hüftdysplasie. Die Darstellung zeigt den steil nach oben gerichteten Schenkelhals bei der Coxa valga und den verkleinerten,

bodenwärts geänderten Schenkelhalsneigungswinkel bei der Coxa vara.

Coxa vara

Coxa valga normal

normalca. 10°

Verstärkte Antetorsion des Hüftkopfes(von oben gesehen)

mungen oder durch Ausschalten des Körper-gewichts beim Gehen und Stehen mittels Ap-paraten, so nach Amputationen, zur Coxa valga.Oft ist sie vergesellschaftet mit einer verstärktenVorwärtsdrehung des Schenkelhalses (Antetor-sion). Die Coxa valga führt nicht selten durch dieentstehende Beinverlängerung, sofern sie einsei-tig ist, zur Überlastung im Knie, Sprunggelenkund Fußbereich, auch zum Beckenschiefstandund zu Wirbelsäulenverbiegungen. Nicht weni-ge Patienten haben durch die Steilstellung desSchenkelhalses eine Fehlbelastung im Hüftge-lenk und klagen bei längerem Gehen und Stehenüber Leistenschmerzen. Der steile Winkel führtzur falschen Belastung der Pfannenoberfläche.Es können Schmerzen auftreten – die Vorwar-nung jener üblen Verschleißerscheinung, der ge-fürchteten Coxarthrose. Sie verschlechtert sichmit dem Alter, was zu Schmerzhinken führt undebenfalls die Statik und Dynamik der gesamtenunteren Extremitäten beeinflusst. Oft klagen Pa-tienten mit einer Coxarthrose zunächst überSchmerzen im Knie oder im Fuß, und erst dieärztliche Untersuchung zeigt als Ursache eineHüfterkrankung auf.

BeckenschiefstandEin Beckenschiefstand ist selten ohne Becken-torsion, wobei das Becken in sich gedreht er-scheint und eine Seite gekippt ist. Man sieht,sofern der Beckenschiefstand anlagebedingt ist,eine Fehlmechanik in beiden Hüften und dem-entsprechende Auswirkungen auf die unterenExtremitäten. In der Regel ist jedoch der Becken-schiefstand eine Folge anderer Erkrankungenwie beispielsweise der Wirbelsäulenskoliose odervon Hüftgelenkserkrankungen und Beinverkür-zungen durch Unfall oder Veranlagung.

CoxarthroseAls Coxarthrose bezeichnet man die Verschleiß-erkrankung des Hüftgelenks, wobei diese ver-schiedene Ursachen haben kann. Zum einenkommt eine verstärkter Abnutzung durch Fehl-stellungen im Sinne einer Coxa vara oder Coxavalga in Frage, zum anderen Gelenkentzündun-gen, aber auch entwicklungsbedingte Störungen,wie das Abrutschen des Hüftkopfes im Bereichseiner Wachstumsfuge (Epiphysiolysis). AuchAufbaustörungen wie der Morbus Perthes spie-len eine Rolle.

I. Auswirkungen von Statik und Krankheiten auf den Fuß

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Abb. 6: Coxarthrose. Man sieht auf der linken Seite eine Arthrose des Hüftgelenks mit zystischer Degeneration des Hüftkopfesund Gelenkspaltverschmälerung in der Auflastungszone unter dem Pfannenerker. Rechts ist bereits ein künstliches Hüftgelenk

implantiert. Durch Verkalkungen kam es dort wieder zur Einsteifung.

Man sieht bei der Coxarthrose Zerstörungendes Gelenkknorpels, Verengungen des Gelenk-spalts, Knochenanbauten und sogar hohlraumar-tige Gebilde (Zysten) mit teilweisen Verschleiß-ablagerungen, den sogenannten Geröllzysten(Abb. 6).

Sämtliche Störungen an der Hüftgelenksme-chanik führen früher oder später zu Bewegungs-einschränkungen, Kapselschrumpfungen, Mus-kelverschmächtigungen, meist auch zu Schmerz-hinken und Veränderung des Gangbildes bei Be-lastung, was sich über Knie- und Sprunggelenkedesgleichen auf die Füsse auswirkt. Insbesonderebei der Coxarthrose neigen die Patienten dazu,eine Schmerzentlastung des Hüftgelenks durchAußenrotationshaltung zu erreichen, da dieschmerzende Gelenkkapsel so am besten ent-spannt ist. Das führt naturgegeben zu einer Fehl-belastung im Knie, im Sprunggelenk und in denFußgelenken beim Abrollen.

Ursachen im Bereich des OberschenkelsFehlstellungenMan zählt dazu insbesondere Fehlstellungen, diedie Längen- und Achsenstellung verändern unddie meistens nicht angeboren sind. Dabei kommtes zu einer O-Bein- oder X-Beinstellung desOberschenkels durch Verbiegung nach Eiterun-gen und Entzündungen, wie Tuberkulose. Ur-sache sind auch Fernwirkungen von Rücken-markerkrankungen, beispielsweise bei Tabes dor-salis, einer Spätfolge der Syphilis. Es sind jedochauch wachstumbedingte Fehlstellungen desOberschenkels durch eine Fehlmechanik imKniegelenk möglich. Des weiteren können sol-che Fehlstellungen, insbesondere in O-Beinrich-tung, durch Ernährungs- und Stoffwechselstö-

I. Auswirkungen von Statik und Krankheiten auf den Fuß

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Abb. 7: O-Bein-Fehlstellung

Überlastung am innerenKniegelenkspalt

Überlastung am äußerenSprunggelenkspalt

rungen (Rachitis) hervorgerufen werden. Siebetreffen dann auch den Unterschenkel (Abb. 7).

VerletzungenVerletzungen (beispielsweise Knochenbrüche)führen, sofern ihre Behandlung nicht ausrei-chend durchgeführt werden konnte, zu einerVerkürzung, oft zu einer Fehlstellung in O-(Va-rus)- oder X-(Valgus)Form, gelegentlich zu einerAbknickung nach vorne (Antecurvation) odernach hinten (Recurvation). Auch können Verlet-zungen zu einem erheblichen Muskelschwundführen: durch direkte Schädigung des Muskelsoder durch Mangel an Bewegung während einerGipsruhigstellung usw.

Neben lähmungsbedingten Ursachen einesMuskelschwundes sieht man solche Atrophienbei unbewusster oder bewusster Schonhaltungauf Grund von Schmerzen bei Meniskusschä-den, Kniescheibenerkrankungen oder Bandschä-den. Alle diese Störungen beeinflussen die Me-chanik des Knie- und Sprunggelenks und somitauch den Fuß. Es kommt zur einseitigen Über-belastung der Gelenke und zur Störung der Fuß-mechanik durch Humpeln, Fußnachziehen, teil-weises oder verdrehtes Aufsetzen des Fußes aufdie Außen- oder Innenkante.

Ursachen im Bereich des UnterschenkelsIm wesentlichen sind hier dieselben Gründe füreine Fehlstatik und Fehlmechanik aufzuführen,wie im Oberschenkelbereich. Zusätzlich kom-men auch noch Verletzungen im Bereich desoberen Sprunggelenks beziehungsweise der Knö-chelgabel zum Tragen. Auch bei isolierten Fehl-stellungen von einem oder beiden Unterschen-kelknochen kommt es in den Fußgelenken zufrühzeitigen Verschleißerscheinungen, Kapsel-schrumpfungen und Arthrosen (Abb. 8). GeradeEinsteifungen oder schmerzhafte Bewegungsbe-hinderungen im oberen und auch im unterenSprunggelenk führen durch Fehlbelastungen inden Fußgewölben zu Schrumpfungen der Kap-sel, zu schlechterer Durchblutung, Verhärtun-gen, zur Fehlmechanik beim Abrollen, insgesamtalso zu den typischen Überlastungsfolgen amVorfuß mit Spreizfußbildung, Hallux valgus;

Schwielen, Hammer- und Krallenzehen und der-gleichen mehr. Wie es im einzelnen dazukommt, ist im Kapitel der klassischen Fußdefor-mitäten beschrieben.

Zu den Veränderungen und ihren Ursachenam Unterschenkel sind aus orthopädischer Sichthauptsächlich nachfolgende tabellarisch zusam-mengestellte Erkrankungen zu nennen. Sie sindin den einzelnen Kapiteln näher beschrieben.

Erkrankungen mit Verände-rungen der Knochensubstanz AchsenabweichungenGenu varum, Genu valgumCrus varum, Crus valgum

I. Auswirkungen von Statik und Krankheiten auf den Fuß

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Abb. 8: Crus varum beidseits.

Genu recurvatumTibiofibulare Rotation.

Chondrodystrophie

OsteodystrophieOsteogenesis imperfektaOsteomalazieRachitisMorbus PagetOsteoporoseOsteomyelitis (Knochenmarkeiterung)

Verletzungen

Neurologische StörungenNeuralgien und NeuritidenNeuropathienIschiadikusschädenAngeborene und vererbbare Nervenkrank-heiten

I. Auswirkungen von Statik und Krankheiten auf den Fuß

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