Landesbank Baden-Württemberg
Richtungsweisend. Made in Germany. Commodity Yearbook 2014Aktuelle Trends und Entwicklungen an den Rohstoffmärkten.
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Commodity YearbookMai 2014
Commodity Yearbook Mai 2014
Seite 3
Inhalt
Einführung 4
Makroökonomisches Umfeld 9
Energie 13
Edelmetalle 43
Basismetalle 66
Absicherung von Rohstoffrisiken 83
Rohstoffe als Assetklasse 91
Rohstoffinvestments� 104
Prognoseüberblick 127
Anhang 128
Seite 4 Commodity YearbookMai 2014
Einführung
Commodity Yearbook Mai 2014
Seite 5
Einführung
Rohstoffpreise auch 2013 im MinusGemessen am DJ/UBS Rohstoffindex (Excess Return) verbuch-ten die Preise für die „Commodities“ zuletzt drei Jahre in Fol-ge Abschläge. Das Jahr 2011 schloss der DJ/UBS Index mit einem Minus von mehr als 13 % ab, während es 2012 um gut 1 % nach unten ging. Im Jahr 2013 beschleunigte sich der Ab-wärtstrend wieder, so dass am Ende des Jahres durchschnitt-liche Preisrückgänge von knapp 10 % zu verzeichnen waren. Ende des Jahres 2013 hatte der DJ/UBS-Index schließlich wie-der das Niveau vom Sommer 2009 erreicht.
Der Blick auf den Jahresverlauf der DJ/UBS Subindizes zeigt, dass der Rohstoffmarkt im letzten Jahr keine homogene Ent-wicklung aufwies. Während die Energiepreise (auf Spotbasis) relativ deutlich zulegten, schlossen alle anderen Rohstoffsek-toren im Minus. Bei den Basismetallen lagen die Abschläge bei etwa 10 %, für die Agrarrohstoffe ging es fast 20 % nach unten und die Edelmetalle gaben im Schnitt sogar 30 % nach.
Der Vergleich mit der Entwicklung an den Aktienmärkten zeigt, dass die Abkopplung der Rohstoffe von DAX und Co., die im Jahr 2012 begann, sich im letzten Jahr sogar noch ver-stärkt hat. Während die deutschen Blue Chips seit Anfang 2011 im Schnitt um fast 40 % zulegen konnten, verbuchten die Rohstoffe im selben Zeitraum ein Minus von mehr als 20 %.
Rohstoffe 2014 mit Chance auf Comeback
Kann sich die negative Korrelation von Aktien und Rohstoffen weiter fortsetzen? Hat sich bei den Commodities in den letzten drei Jahren Nachholpotenzial aufgestaut? Lassen sich die relativ niedrigen Rohstoffpreise mit den aktuell wieder verbesserten Konjunk-turperspektiven vereinbaren? Und bietet das relativ niedrige Preisniveau am Rohstoffmarkt mögliche Chancen für Hedger und Investoren? Antworten auf diese Fragen gibt das Commodity Yearbook 2014.
Quelle: Thomson Reuters
DJ/UBS Index (ER) von 2011 bis 2013 im Rückwärtsgang(indexiert; 1.8.2009 = 100)
2009 2010 2011 2012 201395
100
105
110
115
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140
DJ/UBS Commodity Index (ER)
95
100
105
110
115
120
125
130
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140
Quelle: Thomson Reuters
Entwicklung der DJ/UBS Subindizes im Jahr 2013(indexiert; 1.1.2013 = 100)
201365
70
75
80
85
90
95
100
105
110
115
DJ UBS Energy SpotDJ UBS Indust. Metals SpotDJ UBS Agriculture Spot
DJ UBS Precious Metals Spot
65
70
75
80
85
90
95
100
105
110
115
DJ/UBS-Index und DAX von Anfang 2011 bis Ende 2013(indexiert; 1.1.2011 = 100)
2011 2012 201370
80
90
100
110
120
130
140
DAX 30 AktienindexDJ/UBS Commodity Index (ER)
70
80
90
100
110
120
130
140
Quelle: Thomson Reuters
Seite 6 Commodity YearbookMai 2014Einführung
Damit stellen sich eine Reihe von Fragen: Kann sich diese ne-gative Korrelation von Aktien und Rohstoffen weiter fortset-zen? Hat sich bei den Commodities in den letzten drei Jahren Nachholpotenzial aufgestaut? Lassen sich die relativ niedri-gen Rohstoffpreise mit den aktuell wieder verbesserten Kon-junkturperspektiven vereinbaren? Und bietet das relativ nied-rige Preisniveau am Rohstoffmarkt mögliche Chancen für Hedger und Investoren?
Commodity Yearbook 2014Antworten auf diese Fragen gibt das Commodity Yearbook 2014. Die vorliegende Publikation bietet eine umfangreiche Übersicht über aktuelle Entwicklungen, Zusammenhänge und Trends, welche die Rohstoffmärkte von Aluminium und Erd-gas, über Gold, Kupfer und Nickel, bis hin zu Öl, Silber und Zink derzeit bewegen. Die Studie richtet sich sowohl an An-leger und Investoren, die über ein Engagement in der Asset-klasse Commodities nachdenken, wie auch an Unternehmen, die sich als Rohstoffverbraucher seit einigen Jahren steigen-den Rohstoff-Volatilitäten und zunehmenden Preisrisiken aus-gesetzt sehen.
Der Fokus des Commodity Yearbook 2014 liegt in der funda-mentalen Analyse der einzelnen Rohstoff-Teilmärkte und Roh-stoff-Sektoren sowie dem daraus abgeleiteten Ausblick auf die kommenden Monate. Hierzu gehört auch das aktuelle weltwirtschaftliche Umfeld, insbesondere im Hinblick auf die Konjunkturlage im Euroraum, in den USA und in China. Für Rohstoffverbraucher wird die Bedeutung der Absicherung von Rohstoffrisiken dargestellt. Zudem werden Investmentmög-lichkeiten im Rohstoffbereich von Aktien und Fonds, über Münzen und Barren bis hin zu Zertifikaten aufgezeigt. Die Publikation wird durch die Preisprognosen der wichtigsten Commodities von A (wie Aluminium) bis Z (wie Zink) abge-rundet.
Bisherige Entwicklung 2014 und AusblickDas Jahr 2014 begann bereits mit einer kleinen Hausse bei den Rohstoffen. Diese ist jedoch zu einem großen Teil auf Preissteigerungen in den Sektoren Agrar und Vieh zurückzu-
führen. So führte der Konflikt um die Ukraine zu steigenden Notierungen bei Weizen und Mais, da die Wahrscheinlichkeit steigt, dass die in der Vergangenheit sehr hohen ukrainischen Mais- und Weizenexporte das Niveau der Vorjahre nicht mehr erreichen können. Kaffee haussierte nach einer Dürreperiode im wichtigsten Anbauland Brasilien. Und in den USA sorgte ein grassierender Schweine-Virus für eine Angebotsverknap-pung bei Schweinefleisch und anziehende Preise.
Auch nach den Preissteigerungen im ersten Quartal 2014 no-tiert der DJ/UBS Index unter Herausrechnung der Sektoren Agrar und Vieh immer noch im Bereich des tiefsten Stands seit viereinhalb Jahren. Aus unserer Sicht ist die Wahrschein-lichkeit hoch, dass nach dem jüngsten Preisanstieg bei Agrar und Vieh auch der breite Markt nach drei Minusjahren wieder in eine Aufwärtsbewegung übergeht. Insbesondere die stär-kere Wachstumsdynamik der Weltwirtschaft sollte die Nach-frage nach den meisten Rohstoffen weiter ansteigen lassen. Wichtigster Motor des globalen Wachstums bleiben die Schwel-lenländer; allerdings sollten auch die USA wieder mehr und mehr zu ihrer Rolle als Lokomotive für die Weltkonjunktur finden.
Quelle: Thomson Reuters
2010 2011 2012 201380
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110
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150
DJ/UBS Commodity Index (ER)DJ/UBS ex Agrar und Vieh (ER)
80
90
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DJ/UBS-Index und DJ/UBS ex Agrar und Vieh seit September 2009(indexiert; 1.9.2009 = 100)
»Nach 3,0 % Wachstum im Vorjahr rechnen wir für 2014 mit einem Weltwirtschaftswachstum von 3,8 %. Die stärkere Konjunkturdynamik wird damit die Rohstoffnachfrage im laufenden Jahr wieder kräftiger anziehen lassen.« Uwe Burkert (LBBW Chefvolkswirt)
Commodity Yearbook Mai 2014
Seite 7
Im Energiesektor rechnen wir tendenziell mit einem leichten Abwärtstrend bei der Preisentwicklung. Ein moderater Anstieg der Ölnachfrage im laufenden Jahr dürfte problemlos durch die gut ausgestattete Angebotsseite ausgeglichen werden. Stärkere Preisausschläge sind nur bei zunehmenden politi-schen Spannungen (z.B. Russland/Ukraine) zu erwarten. Po-sitiv für Hedger und Investoren ist die Tatsache, dass fast der komplette Energiebereich (Brent, WTI, Benzin, Heizöl) in Back-wardation notiert. Die Rollgewinne sollten dabei die erwarte-ten Preisrückgänge zumindest teilweise kompensieren. Die einzige Ausnahme bleibt US-Erdgas, das dank unkonventio-neller Fördermethoden („Fracking“) weiterhin im Überfluss vorhanden ist. Auch nach dem strengen Winter in Nordame-rika dürfte sich an den relativ günstigen US-Erdgaspreisen vorerst nur wenig ändern, da es weiterhin an der nötigen In-frastruktur für den Export von US-Natural Gas in ausreichen-dem Maße mangelt.
Mit Aufwärtspotenzial rechnen wir bei den meisten Basisme-tallen. Die Preise liegen aktuell zwischen 15 % und 30 % nied-riger als Anfang 2011. Mit Blick auf die Lagerbestände zeigt sich derzeit zwar weiterhin eine insgesamt gute Versorgungs-lage. Dennoch scheinen die verbesserten Konjunkturaussich-ten auf dem aktuellen gedrückten Preisniveau noch nicht an-gemessen berücksichtigt zu sein. Angesichts verbesserter Weltwirtschaftsperspektiven sollte das Nachfragewachstum bei den Industriemetallen intakt bleiben. Unseren Prognosen zufolge liegt dieses 2014 bei durchschnittlich rund 5 %. Teil-weise dürfte das Angebot mit dieser Nachfragedynamik nicht Schritt halten können (so bei Blei und Zink). Unter dem Strich dürften sich die genannten Faktoren in tendenziell steigen-den Preisen bei Kupfer und Co. niederschlagen.
Der Blick auf den Goldpreis macht deutlich, dass das Jahr 2013 eine Zäsur bedeutete. Der kräftige Aufschwung der Vor-jahre konnte nicht mehr fortgesetzt werden, so dass die Haus-se nach einem ununterbrochenen Preisanstieg von zwölf Jah-ren in Folge endete.
Nachdem im Jahr 2013 physisch hinterlegte Goldinvestments mit einem Volumen von mehr als 850 Tonnen aufgelöst wur-den, sieht es momentan nicht danach aus, dass die Anleger wieder auf den Geschmack gekommen sind, ihre Portfolien verstärkt mit dem gelben Metall zu diversifizieren. Die Gold-käufe der Notenbanken sind seit 2012 rückläufig, die Minen-produktion hat dagegen ein neues Rekordniveau erreicht. Und schließlich hat auch die 2013 in mehreren Schritten angeho-bene Importsteuer in Indien die Nachfrage auf dem Subkon-tinent gedämpft. Fundamental sieht es damit zunächst nicht
Einführung
Quelle: IWF, LBBW Research
4,6
5,2 5,4
2,9
-0,5
5,2
3,9
3,2 3,0
3,8 3,9
-2,0
-1,0
0,0
1,0
2,0
3,0
4,0
5,0
6,0
-2,0
-1,0
0,0
1,0
2,0
3,0
4,0
5,0
6,0
2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014e 2015e
Weltwirtschaftswachstum 2014 und 2015 wieder mit höhererDynamik (Angaben in %)
Quelle: Thomson Reuters
Basismetallpreise zwischen 15 und 30 % niedriger als Anfang 2011(indexiert; 1.1.2011 = 100)
2011 2012 2013 201450
60
70
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BleiKupferZink
AluminiumNickel
50
60
70
80
90
100
110
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400
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1600
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Gold in USD pro Feinunze
200
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1000
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2000
2013 brachte das Ende der Goldhausse
Quelle: Thomson Reuters
Seite 8 Commodity YearbookMai 2014
danach aus, dass der Goldpreis demnächst wieder in den Haussemodus übergeht. Anders stellt sich die Situation bei den weißen Edelmetallen dar, bei denen angesichts des stär-keren Weltwirtschaftswachstums mit einer Zunahme der in-dustriellen Nachfrage zu rechnen ist. Insbesondere bei Palla-dium und Platin herrschen auf der Angebotsseite Probleme, da die politischen Spannungen um die wichtigsten Abbaulän-der Südafrika und Russland zunehmend zum Risikofaktor werden. Zudem boomt die Nachfrage aus der Automobilin-dustrie. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass das Ange-bot mit der Nachfrage nicht Schritt halten wird.
Unter dem Strich bietet die Assetklasse Commodities aus An-legersicht damit durchaus Perspektiven. Insbesondere Basis-metalle und weiße Edelmetalle verfügen über Preissteige-rungspotenzial. Investoren mit mittel- bis langfristigem An-lagehorizont könnten vor allem in diesen Segmenten über einen Einstieg nachdenken. Ebenso sollten Hersteller, welche diese Rohstoffe als Inputfaktoren in der Produktion benöti-gen, die Chance nutzen und - in Anbetracht der verbesserten Aussichten für die Weltwirtschaft - das aktuelle Preisniveau über geeignete Sicherungsgeschäfte längerfristig festschrei-ben.
Eine anregende Lektüre des Commodity Yearbooks wünscht
Uwe Burkert, Chefvolkswirt der LBBW
und das LBBW Commodity Research-Team:Dr. Frank Schallenberger, Thorsten Proettel, Frank Klumpp und Achim Wittmann
»Vor allem bei Palladium und Platin gibt es auf der Angebotsseite mit den wichtigsten Abbauländern Südafrika und Russland ein strukturelles Problem. Zudem boomt die Nachfrage aus der Automobilindustrie. Steigende Preise scheinen damit vorprogrammiert. « Dr. Frank Schallenberger (Head of LBBW Commodity Research)
Einführung
Commodity Yearbook Mai 2014
Seite 9
Das Expansionstempo der Weltwirtschaft hat sich im abge-laufenen Jahr - entgegen unserer Erwartung - nicht beschleu-nigt. Die Weltwirtschaft wuchs im Jahr 2013 mit einer Verän-derungsrate von geschätzt 3,0 %, nach 3,1 % im Jahr 2012. Während die Schwellenländer ihr Expansionstempo im ver-gangenen Jahr mit geschätzt rund 5 % in etwa beibehalten konnten, kühlte sich die Konjunktur in den entwickelten Volks-wirtschaften etwas ab. Dort ging die gesamtwirtschaftliche Wachstumsrate von 1,4 % im Jahr 2012 auf geschätzt 1,1 % im Jahr 2013 zurück. Nichtsdestotrotz ist die ausgebliebene Wachstumsbeschleunigung der Weltwirtschaft in erster Linie darauf zurückzuführen, dass die chinesische Volkswirtschaft im Jahr 2013 eine Wachstumsrate von 7,7 % verzeichnete und damit hinter unserer Prognose vom Jahresanfang 2013 zu-rückblieb. Es kam hinzu, dass die Wirtschaft des Euroraums im Jahr 2013 entgegen unserer Erwartung weiter schrumpfte. In den Vereinigten Staaten konnte die gesamtwirtschaftliche Leistung – entsprechend unserer Erwartung – indes mit einer Rate von knapp 2 % gesteigert werden.
Die Betrachtung der Wachstumsrate für das Gesamtjahr 2013 verdeckt jedoch die Tatsache, dass sich in den entwickelten Volkswirtschaften das Wachstumstempo im Jahresverlauf be-schleunigt hat. Die Veränderungsrate des Bruttoinlandspro-dukts gegenüber dem Vorjahresquartal stieg in den G3-Wäh-rungsgebieten (Vereinigte Staaten, Euroraum und Japan) nach unseren Berechnungen von 0,3 % im ersten Quartal 2013 auf 2,0 % im vierten Quartal 2013 an. Im Einklang mit dieser Auf-wärtsentwicklung steht, dass im Verlauf des vergangenen Jahres die Einkaufsmanagerindizes für das Verarbeitende Ge-werbe im Euroraum, in Großbritannien und in Japan über die so genannte Expansionsschwelle geklettert sind. In den Ver-einigten Staaten stieg der ISM-Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe von 50,0 Punkten im Mai 2013, dem Jahrestief, in der Spitze bis auf 57,0 Punke im November 2013 an.
Die Konjunkturentwicklung in der VR China glich indes einem Sägeblatt. Im vergangenen Jahr lagen die Veränderungsraten des Bruttoinlandsprodukts gegenüber dem Vorjahresquartal im Bereich zwischen 7,5 % und 7,8 %. Der vom britischen Fi-nanzdatenanbieter Markit erhobene HSBC-Einkaufsmanager-
index für das Verarbeitende Gewerbe Chinas schwankte im Jahr 2013 um die so genannte Expansionsschwelle von 50 In-dexpunkten.
Nach unserer Einschätzung ist das im Jahresverlauf 2013 dy-namischer werdende Wachstum in den entwickelten Volks-wirtschaften auf zwei Ursachen zurückzuführen. Zum Ersten behielt die US-amerikanische Zentralbank (Federal Reserve) – entgegen den allgemeinen Erwartungen – die ultra-expan-sive Ausrichtung ihrer Geldpolitik im vergangenen Jahr un-verändert bei. Erst im Dezember 2013 hatte die Federal Re-serve beschlossen, ihre Anleihekäufe mit Wirkung zum Janu-ar 2014 um 10 Mrd. US-Dollar auf 75 Mrd. US-Dollar pro Monat zu reduzieren. Im Euroraum und in Japan haben die Zentral-banken ihre ultra-expansive Geldpolitik sogar noch weiter ge-lockert. Zum Zweiten scheint in den Vereinigten Staaten der Abbau der gesamtwirtschaftlichen Ungleichgewichte weitge-hend abgeschlossen zu sein. Dieser Umstand hat sich unter anderem in wieder anziehenden Preisen für Wohnimmobilien und gelockerten Kreditvergabekriterien niedergeschlagen. Im Euroraum haben die sich abzeichnenden Erfolge der Haus-haltskonsolidierungen in den Peripheriestaaten im Verbund mit den Beschlüssen zur Errichtung einer Bankenunion die Spekulationen über ein Auseinanderbrechen der Währungs-union eindämmen können. Vor diesem Hintergrund haussi-erten die Aktienmärkte in den entwickelten Volkswirtschaften, was - für sich genommen - wiederum sowohl die Finanzie-rungsbedingungen der Unternehmen verbesserte als auch das Nettovermögen der privaten Haushalte erhöhte und damit deren Konsumneigung beflügelte.
Die stockende Konjunktur in der VR China dürfte im Verbund mit einer Streikwelle in Südafrika, politischen Unruhen in Bra-silien, in Thailand, der Ukraine und der Türkei dafür mitur-sächlich gewesen sein, dass die Schwellenländer in ihrer Ge-samtheit von der im Jahresverlauf an Dynamik gewinnenden Konjunktur in den entwickelten Volkswirtschaften kaum pro-fitieren konnten. Im Frühjahr 2013 kam erschwerend hinzu, dass Spekulation, die Federal Reserve werde das Volumen ih-rer monatlichen Anleihekäufe in Kürze zurückfahren, zu Ka-pitalabflüssen bei den Schwellenländern führte, was mit Tur-bulenzen an den Aktien- und Devisenmärkten einherging.
Makroökonomisches Umfeld
Im laufenden Jahr dürften in den entwickelten Volkswirtschaften die nachlassenden Belas- tungen seitens der Fiskalpolitik im Verbund mit einer weiterhin ultra-expansiven Aus- richtung der Geldpolitik und der Abnahme der politischen Unsicherheit in den Vereinigten Staaten bewirken, dass sich der Aufschwung in den Industrieländern festigt. Demzufolge sollte sich der Beitrag der entwickelten Volkswirtschaften zum Wachstum der Weltwirtschaft erhöhen.
Seite 10 Commodity YearbookMai 2014Makroökonomisches Umfeld
Im laufenden Jahr dürften in den entwickelten Volkswirtschaf-ten die nachlassenden Belastungen seitens der Fiskalpolitik im Verbund mit einer weiterhin ultra-expansiven Ausrichtung der Geldpolitik und der Abnahme der politischen Unsicher-heit in den Vereinigten Staaten bewirken, dass sich der Auf-schwung in den Industrieländern festigt. Demzufolge sollte sich der Beitrag der entwickelten Volkswirtschaften zum Wachstum der Weltwirtschaft erhöhen.
Vereinigte StaatenDie US-Wirtschaft hat im Verlauf des Jahres 2013 deutlich an Dynamik gewinnen können. Während im ersten Halbjahr 2013 die auf das Jahr hochgerechnete Veränderungsrate (Jahresra-te) des Bruttoinlandsprodukts lediglich 1,8 % lautete, ist für die zweite Jahreshälfte 2013 eine Jahresrate von 3,7 % zu ver-zeichnen. Im Gesamtjahr 2013 legte die gesamtwirtschaftli-che Leistung mit einer Veränderungsrate von 1,9 % gegenüber dem Vorjahr zu, nach einer entsprechenden Rate von 2,8 % im Jahr 2012. Hauptwachstumsträger im Jahr 2013 war erneut der persönliche Verbrauch, welcher mit einer Rate von 2,0 % zulegte und somit knapp 1,4 Prozentpunkte zur gesamtwirt-schaftlichen Leistung beitrug. Die Zahl der Beschäftigten stieg nach der Unternehmensumfrage des US-Arbeitsministeriums im Jahr 2013 mit einer Rate von 1,7 % gegenüber dem Vorjahr an, nach einer Rate von ebenfalls 1,7 % im Jahr 2012. Da am Jahresanfang 2013 jedoch einer Erhöhung der Arbeitnehmer-beiträge zur Sozialversicherung erfolgte, konnte das Verfüg-bare Einkommen der privaten Haushalte in realer Rechnung um lediglich 0,7 % gegenüber dem Vorjahr zulegen, nach ei-ner Rate von 2,0 % im Vorjahr. Da die Verbraucher auf diesen Kaufkraftentzug mit einer Senkung ihrer Sparquote von 5,6 % im Jahr 2012 auf 4,5 % im Jahr 2013 reagierten, konnte der persönliche Verbrauch jedoch noch eine Wachstumsrate von 2,0 % verzeichnen, nach einer Veränderungsrate von 2,2 % im Jahr 2012. Die Hausse am Aktienmarkt sowie die Erholung der Hauspreise dürften zu dieser Konsumfreude maßgeblich beigetragen haben. Damit war der persönliche Verbrauch im abgelaufenen Jahr – wie bereits genannt – erneut der Haupt-wachstumsträger, gefolgt von den Investitionen in Wohnbau-ten. Letztgenannte wurden mit einer Veränderungsrate von
12,0 % gegenüber dem Vorjahr ausgeweitet und stiegen da-mit das zweite Jahr in Folge mit einer zweistelligen Verände-rungsrate an. Die Belebung der Wohnbauinvestitionen ist auf eine Reihe von Faktoren zurückzuführen. Hier sind in erster Linie die niedrigen Hypothekenzinsen und die Aufhellung am Arbeitsmarkt zu nennen. Zudem dürfte der Abbau der auf-gestauten Nachfrage sowie die vorsichtige Lockerung der Kri-terien für die Herausreichung von erstklassigen Hypothekar-krediten zur regen Wohnungsbautätigkeit beigetragen haben.
Die Veränderungsrate der Ausrüstungsinvestitionen gegen-über dem Vorjahr verringerte sich indessen von 12,9 % im Jahr 2011 auf 7,6 % im Jahr 2012 und auf nur noch 2,9 % im Jahr 2013. Diese trotz hervorragender Finanzierungsbedin-gungen und sprudelnder Unternehmensgewinne abnehmen-de Dynamik der Ausrüstungsinvestitionen könnte auf die über weite Strecken des genannten Zeitraums vorherrschende po-litische Unsicherheit, unter anderem hervorgerufen durch den im US-Kongress erbittert ausgetragenen Konflikt über die Re-form der Krankenversicherung, die Erhöhung der Staatschul-denobergrenze sowie über die Verlängerung der Überbrü-ckungshaushalte, zurückzuführen sein.
Die Ausgaben für Staatsverbrauch und -investitionen sanken im abgelaufenen Jahr um 2,2 % gegenüber dem Vorjahr und belasteten damit die gesamtwirtschaftliche Leistung rechne-risch mit gut 0,4 Prozentpunkten. Während der Staat auf Ebe-ne der Länder und Kommunen seine Ausgaben für Verbrauch und Investitionen jedoch nur um 0,2 % gegenüber dem Vor-jahr herunterschraubte, kürzte der Zentralstaat seine entspre-chenden Ausgaben um rund 5 % gegenüber dem Vorjahr. Da-mit ist der Verbrauch des Zentralstaates das dritte Jahr in Folge gefallen.
Die Grundlagen für eine durchgreifende Erholung der US-Wirtschaft sind bereits seit geraumer Zeit gelegt: Die Privat-wirtschaft hat ihre Verschuldung reduziert, der Wohnimmo-bilienmarkt hat seine Talsohle durchschritten und das US-Bankensystem funktioniert nahezu reibungslos. Ferner hat sich die internationale Wettbewerbsfähigkeit der US-Industrie durch die gesunkenen und im internationalen Vergleich nun
Weltwirtschaft(Beiträge zum Wachstum der Weltwirtschaft in Prozentpunkten)
-2
-1
0
1
2
3
4
5
6
2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 (S) 2014 (P)
Entwickelte Volkswirtschaften Schwellenländer
3,0
3,8
Quellen: Thomson Reuters, LBBW Research
80
100
120
140
160
180
200
220
240
80
100
120
140
160
180
200
220
240
1990 1994 1998 2002 2006 2010 2014
FHFA-Hauspreisindex ("purchase only")(saisonbereinigte Monatswerte, Januar 1991 = 100)
Quellen: Thomson Reuters, LBBW Research
Commodity Yearbook Mai 2014
Seite 11
Makroökonomisches Umfeld
sehr niedrigen Gaspreise verbessert. Die im Januar 2014 er-folgte Verabschiedung eines ordentlichen Haushalts für das Fiskaljahr 2014, die im Februar 2014 beschlossene Ausset-zung des Gesetzes zur Staatsschuldenobergrenze bis zum 15. März 2015 und die – wenn auch holprige – Umsetzung der Krankenversicherungsreform (Obamacare) sollten nun die politischen Unsicherheiten vorerst beseitigt haben und damit einen gewichtigen Bremsklotz der Investitionstätigkeit aus dem Weg geräumt haben. Es kommt unterstützend hinzu, dass sich der negative Konjunkturimpuls seitens der Fiskal-politik nach unseren Berechnungen, basierend auf Angaben des Internationalen Währungsfonds (IWF), von 2,4 % des BIP im Jahr 2013 auf 0,7 % im Jahr 2014 verringern dürfte.
Im Ergebnis sollte die US-Wirtschaft nach unserer, seit gerau-mer Zeit vertretener Prognose im laufenden Jahr eine robus-te Wachstumsrate von 3,0 % erreichen.
EuroraumDie Wirtschaft im Euroraum konnte im Frühjahr 2013 die Re-zession überwinden und auf einen flachen Erholungskurs einschwenken. Gleichwohl schrumpfte die Wirtschaftsleistung im Jahresdurchschnitt 2013 um 0,4 % gegenüber dem Vorjahr, nach einem Rückgang um 0,6 % im Jahr 2012.
Die Staatsschuldenkrise im Euroraum hat im abgelaufenen Jahr – ungeachtet der im Frühjahr aufgetretenen Turbulenzen in Zypern – an Brisanz verloren. Die Strukturreformen in den Peripheriestaaten des Euroraumes scheinen Wirkung zu zei-gen. Irland, Spanien und Portugal konnten im Verlauf von 2013 wieder auf einen Erholungskurs einschwenken. Aller-dings bleibt die Wirtschaftslage in vielen Staaten des Eu-roraums wolkenverhangen. Die Schwergewichte Italien und Frankreich weisen eine anhaltende Wachstumsschwäche auf. In Frankreich schrumpfte die Wirtschaftsleistung im Jahr 2013 in zwei von vier Quartalen. In Italien ging die Wirtschaft so-gar neun Quartale in Folge in Richtung Süden, ehe im Schlus-squartal 2014 ein geringes Plus von 0,1 % verzeichnet werden konnte.
Auf der wirtschaftspolitischen Ebene war das Jahr 2013 ereig-nisreich. Nach den Beschlüssen zu Zypern, welche dem Land im Gegenzug für ein Hilfspaket im Umfang von 10 Mrd. Euro ein umfangreiches Reformpaket und eine Beteiligung der Bankkunden an der Abwicklung und Sanierung zweier großer Kreditinstitute des Landes auferlegten, mussten keine weite-ren Hilfen vom Deutschen Bundestag genehmigt werden. Mar-kant waren auf europäischer Ebene die Fortschritte zur Schaf-fung einer EU-weiten Bankenunion. Insbesondere wurden die Weichen für eine einheitliche Bankenaufsicht der größten Ban-ken durch die Europäische Zentralbank (EZB) und eine Ab-wicklungsrichtlinie vereinbart, die u.a. eine Haftungskaskade vorsieht, die mit dem Eigenkapital beginnt und mit den un-gesicherte Kundeneinlagen endet, bevor für die Rettung einer Bank öffentliche Gelder in Anspruch genommen werden.
Im laufenden Jahr wird die Wirtschaftsleistung des Euroraums nach unserer Prognose mit einer Veränderungsrate von 1,0 % gegenüber dem Vorjahr zulegen. Dabei sollte der Euroraum von der erwarteten Zunahme des Wirtschaftswachstums in den Vereinigten Staaten und Großbritanniens profitieren kön-nen. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass sich die Ban-kenbranche des Euroraums in ihrer Gesamtheit erholen kann. Es kommt jedoch noch für die Konjunktur unterstützend hin-zu, dass der negative Impuls seitens der Fiskalpolitik im lau-fenden Jahr geringer ausfallen sollte als im Vorjahr.
Ein Abgleiten der Konjunktur in eine Deflationsspirale ähnlich wie in Japan in den Neunzigerjahren ist nach unserer Einschät-zung nicht zu erwarten. Zwar ist im Euroraum der Preisauf-trieb aufgrund leicht rückläufiger Energiepreise und unter-ausgelasteter Kapazitäten gedämpft gewesen - die Inflations-rate für das Jahr 2013 lautet auf 1,4 % - aber im Laufe dieses Jahres dürfte mit der erwarteten Konjunkturbelebung auch der Preisüberwälzungsspielraum der Unternehmen wieder zunehmen. Gleichwohl sollte die Veränderungsrate des Har-monisierten Verbraucherindex für das Gesamtjahr 2014 le-diglich 0,9 % betragen und damit etwas geringer ausfallen als im Vorjahr.
Volksrepublik ChinaDie Veränderungsrate des Bruttoinlandsprodukts gegenüber dem Vorjahr belief sich in der Volksrepublik China im Jahr 2013 auf 7,7 %, nach ebenfalls 7,7 % im Vorjahr, und lag da-mit etwas über dem Regierungsziel von 7,5 %. Während nach unseren Berechnungen die Investitionsausgaben 4,2 Prozent-punkte und die Konsumausgaben 3,9 Prozentpunkte zum ge-samtwirtschaftlichen Wachstum beitrugen, stellte die Verän-derung der Nettoexporte eine Belastung von 0,3 Prozentpunk-ten dar.
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1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014
Insgesamt Index ohne Energie, Nahrungsmittel, Alkohol und Tabak
Harmonisierter Hauspreisindex(Veränderung gegenüber dem Vorjahresmonat in Prozent)
Quellen: Thomson Reuters, LBBW Research
Seite 12 Commodity YearbookMai 2014Makroökonomisches Umfeld
Im Jahresverlauf schwankte das gesamtwirtschaftliche Expan-sionstempo kaum, die Veränderungsraten des Bruttoinlands-produktes lagen im Band von 7,5 % und 7,8 %. Demnach ver-mochten es die von der Regierung im Sommer gesetzten Kon-junkturspritzen nicht, eine Beschleunigung des chinesischen Wirtschaftswachstums zu bewirken. Die im Frühjahr 2013 aufgetreten Verwerfungen am chinesischen Geldmarkt, die kontinuierliche Aufwertung des Renminbi gegenüber dem US-Dollar und die Turbulenzen in einigen Schwellenländern kom-men als Gründe für das Ausbleiben einer gesamtwirtschaft-lichen Wachstumsbeschleunigung in Betracht. Dessen unge-achtet hat die chinesische Automobilkonjunktur im Jahr 2013 an Schwung gewinnen können, es wurden nach VDA-Abgren-zung rund 14 % mehr Personenkraftwagen abgesetzt als im Vorjahr.
Im Jahr 2014 sollte die Wirtschaft im Reich der Mitte etwas an Dynamik verlieren. Der Start in das laufende Jahr ist bereits enttäuschend ausgefallen. Der von dem britischen Finanzda-tenanbieter erhobene HSBC Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe ist von 50,5 Punkten im Dezember 2013 auf 49,5 Punkte im Januar 2014 gefallen und liegt damit nun unter der so genannten Expansionsschwelle. Da die chi-nesische Notenbank in ihrem jüngsten Bericht die Geschäfts-banken auf zukünftig höhere und volatilere Geldmarktsätze einstimmte und zuletzt Meldungen über in letzter Minute noch abgewendete bzw. tatsächlich eingetretene Zahlungs-ausfälle bei „Wealth Management Products“ durch die Presse gingen, steht zu befürchten, dass dadurch die Finanzierungs-bedingen für Investitionen und somit auch deren Wachstum beeinträchtigt werden. Dies gilt umso mehr, da die politische Führung ohnehin anstrebt, die Wachstumskräfte der chinesi-schen Wirtschaft von Investitionen und Exporten zum priva-ten Verbrauch zu verlagern. Zudem deuten die fallenden Pro-duzentenpreise auf bereits bestehende Überkapazitäten und somit geringen Investitionsbedarf hin. Im Ergebnis dürfte sich im laufenden Jahr das Wachstum der Investitionen verlangsa-men und damit bewirken, dass auch das gesamtwirtschaftli-che Wachstum an Fahrt verliert. Nach unserer Prognose wird sich daher die Wachstumsrate der chinesischen Wirtschaft von 7,7 % im Jahr 2013 auf 7,3 % im Jahr 2014 verringern.
Dirk Chlench (LBBW Research)
»Die US-Wirtschaft hat im Verlauf des Jahres 2013 deutlich an Dynamik gewinnen können.« Dirk Chlench (LBBW Research)
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Konsum Investitionen Nettoexporte BIP
Quellen: Thomson Reuters, LBBW Research
Chinesisches Bruttoinlandsprodukt(Veränderung gegenüber dem Vorjahr in Prozent bzw. Wachstumsbeiträge)
Commodity Yearbook Mai 2014
Seite 13
Energie
Sektorüberblick 14
Primärenergiemix 15
Rohöl 19
Gasoil 28
US-Natural Gas 33
Erdgas 39
Seite 14 Commodity YearbookMai 2014
Ölpreise tendieren seitwärts
Seit rund drei Jahren befindet sich der Ölmarkt weitgehend im Gleichgewicht, der Ölpreis
tendiert in einem breiten Band seitwärts. Neben einigen weiteren Faktoren ist es letztlich
das Zusammenspiel zwischen Angebot und Nachfrage, welches die Preisentwicklung von
Rohöl bestimmt. Auf der Nachfrageseite besteht jedoch wenig Überraschungspotenzial: In
einem freundlichen konjunkturellen Umfeld, wie es aktuell zu beobachten ist, dürfte die
globale Ölnachfrage 2014 im Durchschnitt zwischen 1,2 und 1,4 Mio. Barrel pro Tag zule-
gen. Die Angebotsseite ist deutlich „aufregender“. Hier sind vor allem die Fracking-Erfolge
in den USA zu nennen, die der Haupttreiber des Non-OPEC-Förderwachstums 2014 von über
1,4 mbpd sind. Damit wird der Marktanteil der OPEC weiter sinken. Es bleibt spannend, wie
das Kartell auf diese strukturellen Veränderungen reagiert.
Geopolitische Risiken dominieren
Die Annexion der Krim durch Russland und die folgende Eskalation in der Ostukraine rück-
te geopolitische Themen wieder zurück auf die Agenda der Marktteilnehmer. Der Ölmarkt
reagiert sensibel auf politische Themen, sofern wichtige Ölförderländer betroffen sind.
Russland ist mit 7,2 Mio. Barrel pro Tag zweitgrößtes Exportförderland nach Saudi Arabien.
Hinzu kommt, dass die Angebotsstörungen derzeit ohnehin auf Rekordniveau liegen. Es
fallen nach Angaben der EIA derzeit über drei mbpd am Markt aus. Neben Russland und
Libyen steht Iran im Fokus, wo im Atomstreit eine endgültige Einigung noch auf sich war-
ten lässt. Hinzu kommen Proteste in Venezuela; das Land kommt nach dem Tod Chavez´
nicht zur Ruhe. Insgesamt dürfte jedoch bereits vieles in den Preisen berücksichtigt sein.
Die politische Risikoprämie dürfte über 10 US-Dollar betragen. Mit Blick auf das Jahresende
sollten sich die fundamentalen Kräfte wieder durchsetzen und die Rohölpreise wieder nach-
geben.
Gaspreise auf Erholungskurs
Derzeit ist der Preis für US-Natural Gas vor allem durch den zuletzt harten Winter in weiten
Teilen der USA beeinflusst, und die Lagerbestände befinden sich – ganz im Gegensatz zur
Lage in Europa – auf langjährigen Tiefständen. Hinzu kommen spekulative Kräfte, die den
Preis zusätzlich nach oben getrieben haben. CFTC-Daten zufolge setzen derzeit viele An-
leger auf weiter steigende Preise. Sollte sich die Situation normalisieren, drohen Glattstel-
lungen, was die Preise wieder drücken dürfte. Eine Normalisierung dürfte jedoch noch eine
Weile dauern, da zum Einen das Angebot nur mit Zeitverzögerung auf das gestiegene Preis-
niveau reagiert, und zum Anderen die geleerten Lager erst einmal über das saisonübliche
Maß hinaus aufgefüllt werden müssen. Dagegen dürfte die Nachfrage aus dem Versorger-
sektor abnehmen, da der Coal-to-Gas-Switch zum erhöhten Preisniveau weniger attraktiv
ist. In den kommenden Monaten erscheint ein Preisniveau zwischen 4 und 5 US-Dollar re-
alistisch. Erst mittel- bis längerfristig können weitere Arbitragemechanismen greifen und
noch höhere Preisniveaus erreicht werden.
Frank Klumpp, CFA
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Brent in USD/BarrelWTI in USD/Barrel
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Quelle: Thomson Reuters
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US -Ölproduktion (in mbpd)
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Quelle: Thomson Reuters, EIA
Globale Angebotsausfälle (in Tsd. bpd)
Quelle: EIA
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Jan 11 Jan 12 Jan 13 Jan 14
Iran Libyen Nigeria Irak non OPEC
2008 2009 2010 2011 2012 20130
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Natural Gas Henry Hub(Front Month Future in USD/MMBtu)
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14Natural Gas Preis in USD/MMBtu
Quelle: Thomson Reuters, EIA
Sektorüberblick
Commodity Yearbook Mai 2014
Seite 15
Primärenergiemix
„Peak Oil“, „das Ende des Ölzeitalters“, „Erneuerbare Energien“ – solche Schlagzeilen deuten darauf hin, dass die Zeit fossiler Brennstoffe bald zu Ende sein könnte. Derzeit ist eine rasche Abkehr von Öl, Gas & Kohle nicht in Sicht, diese Rohstoffe machen aktuell rund 87 % des Primärenergieverbrauchs aus. Mit einem Anteil von 33 % hat Rohöl deutlich vor Kohle (30,3 %) und Erdgas (23,7 %) immer noch den größten Anteil am weltweiten Energieverbrauch.
Energie
Langfristige Trends
Revolutionäre Veränderungen im Energiemix sind keine Frage von Jahren oder Jahrzehnten, sondern eher von Jahrhunder-ten. So haben fossile Brennstoffe, vor allem Öl, um 1890 Bio-masse als Hauptenergieträger abgelöst, was sie bis heute sind. Für die Mehrheit unserer Leserschaft dürfte sich daran zu ihren Lebzeiten nichts ändern. Benzin- und Dieselmotoren sowie Gas- und Dampfturbinen dürften ihre globale Markt-führerschaft in Transport und Stromerzeugung noch eine Weile inne haben.
Längerfristig, mit einem Horizont von 20-30 Jahren, könnte sich der energetische Mix bestenfalls moderat verschieben. Hierüber geben eine Reihe von Studien Aufschluss, die in den letzten Monaten von IEA, OPEC, EIA und BP veröffentlicht wur-den und diesen Zeithorizont umfassen.
BP Energy Outlook: BP geht von einem Primär-Energiewachs-tum von 12,5 Mrd. Tonnen Öläquivalent (toe) im Jahr 2011 auf 17,6 Mrd. toe (1,5 % p.a.) im Jahr 2035 aus. Die Annahme hierbei ist ein globales jährliches BIP-Wachstum von 3,5 % in Verbindung mit einer Verbesserung der Energieintensität von rund 1,9 % p.a.
Dabei dürfte Öl weiter an Bedeutung verlieren. Preisentwick-lungen, politische Maßnahmen sowie neue Technologien in Verbrauch und Produktion treiben die Verschiebung voran, die den Anteil vom Öl um fast 5 %-Punkte sinken lassen dürf-te. Insgesamt konvergieren die fossilen Brennstoffe hin zu einem Anteil von rund 27 % im Jahr 2035.
Quelle: BP
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Öl Erdgas KernenergieWasserkraft Erneuerbare Energien Kohle
Globaler Primärenergiemix seit 1986(in Mio. t. Öläquivalent)
Quelle: Vaclav Smil, Energy Transitions (1800-1960), Exxon (1970-2040)
Biomasse Kohle ÖlGas Wasserkraft KernenergieErneuerbare Energie
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Globaler Primärenergiemix je Dekade, 1800-2040
Quelle: BP
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Welt-Energienachfrage in Mrd. Tonnen Öläquivalent
Anteil Verbrauch Primärenergie global
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Öl 1) 39,0 % 33,1 % 28,3 %
Gas 21,8 % 23,9 % 26,4 %
Kohle 27,2 % 29,9 % 27 %
Nuklear 5,6 % 4,5 % 4,9 %
Wasserkraft 6,0 % 6,7 % 7,1 %
Erneuerbare 0,3 % 1,9 % 6,4 %
1) inklusive Biofuels Quelle: BP
Seite 16 Commodity YearbookMai 2014Energie
Interessant an der BP-Vorgehensweise ist die detaillierte Be-rücksichtigung der Veränderung der Energieintensität in der Top-Down-Datenerhebung, also der Energie, die für eine BIP- Einheit aufgewendet wird (und entsprechend der historischen Erfahrungswerte künftig erwartet werden dürfte). Ergänzend zur jährlichen Veröffentlichung des „Energy Outlook“ hat der Chefökonom Christof Rühl bereits 2012 gemeinsam mit wei-teren Autoren ein Paper unter dem Titel „Economic Develop-ment and the Demand for Energy: A Historical Perspective on the Next 20 Years“ 1) publiziert, das sich diesem Thema wid-mete. Demnach hat die Energieintensität im Zeitablauf die Form einer Glockenkurve, deren Verlauf und Höhe des Ener-gie-Intensitäts-Maximums vor allem von vier verschiedenen Faktoren erklärt werden kann:
1) Pfad der Entwicklung einer Volkswirtschaft:In der ersten Phase der Industrialisierung, während der der Anteil der Industrie stark wächst, nimmt auch die Energiein-tensität zu. Bei abnehmender Wachstumsdynamik des indus-triellen Sektors nimmt die Energieintensität bereits wieder ab. Dieser Trend setzt sich im weiteren Transformationspro-zess einer Volkswirtschaft weiter fort, wenn der tertiäre Sek-tor an Bedeutung gewinnt.
2) Technologie: Effizienzgewinne durch technologische Innovationen senken die Energieintensität z.B. durch spritsparende Fahrzeuge, energieoptimierte Neubauten, effizientere Kraftwerke.
3) Besitz von Rohstoffvorkommen: Sofern Länder auf Energieimporte angewiesen sind, wird der Gipfel der Energieintensität im Zeitablauf niedriger sein als bei Ländern, die sich selbst versorgen können (vgl. Grafik).
4) Ökonomisches System: Zentral verwaltete Volkswirtschaften tendieren zu höherer Energieintensität, weil zum Einen der Fokus auf die Schwer-industrie gelegt wird, und zum Anderen marktregulierende Preismechanismen fehlen.
Diese historischen Erfahrungen lassen lt. BP darauf schließen, dass sich die Energieintensität weltweit von 1990 bis zum Jahr 2035 mehr als halbieren dürfte. Während 1990 für eine Mil-lion USD an BIP 197 toe aufgewendet wurden, dürften es 2035 noch etwas über 90 Tonnen sein. Dabei beschleunigt sich BP zufolge die Dynamik der Einsparungen, und die erwartete jährliche Verbesserung dürfte nach 2020 doppelt so hoch sein wie im Zeitraum zwischen 2000-2010. Zwischen 2010 und 2035 bedeutet dies eine jährliche Effizienzsteigerung von rund 2 %.
IEA World Energy Outlook: Die Internationale Energieagen-tur in Paris legt ihren längerfristigen Ausblick bis zum Jahr 2035 an. Die Annahmen für das globale BIP-Wachstum liegen bei rund 3,2 % p.a. Im Hauptszenario („New Policies Szena-rio“) wird ein Primärenergiewachstum von 1,2 % p.a. auf 16,7 Mrd. toe im Jahr 2035 erwartet. Hinsichtlich des Energiemix sieht auch die IEA besonders starkes Wachstum bei Gas, bei zugleich sinkendem Ölanteil. Fossile Brennstoffe werden dem-nach auch in 23 Jahren noch einen Anteil von 75 % aufweisen. Die Ölnachfrage steigt von aktuell rund 90 Mio. Barrel pro Tag auf 99,7 Mio. Barrel pro Tag (Stand: Dez. 2012).
Die IEA veröffentlicht während des Jahres weitere „Special Re-ports“, die übergeordnete strategische Themen beleuchten. Im Jahr 2013 veröffentlichte die Pariser Institution die beiden Reports „Redrawing the Energy Climate Map“ (Juni) und „Ener-gy Effiency Market Report“ (Oktober) und unterstreicht damit den Fokus auf Klimawandel und Effizienzgewinne. In ihrem Hauptszenario rechnet die IEA mit jährlichen Effizienzsteige-rungen von 1,8 % – eine vergleichbare Annahme zu den 2 % p.a., die BP verwendet. Dies dürfte jedoch nicht ausreichen, um Klimaschutzziele zu erreichen. Im Hauptszenario sei eine langfristige Erderwärmung von 3,6 °C zu erwarten. Um die Erderwärmung auf die von Klimaschützern propagierten 2 °C zu begrenzen, seien weiter reichende politische Beschlüsse und Energiesparmaßnahmen anzustreben. In ihrem Special Report vom Juni nennt die IEA vier bis zum Jahr 2020 zu re-alisierende Maßnahmen, um das langfristige 2-Grad-Ziel wei-ter im Blick zu behalten. Diese „4-für-2 Grad“ Maßnahmen umfassen: Abbau von Subventionen für Öl und Gas (vor allem in Nahost), Vermeidung von Methanaustritt in die Atmosphä-re im Rahmen der Öl- und Gasförderung, Abschaltung ineffi-zienter Kohlekraftwerke sowie Förderung der Energieeffizienz.
Da das letztgenannte Maßnahmenpaket „Verbesserung der Energieeffizienz“ nahezu die Hälfte der nötigen CO
2-Einspa-
rungen, ingesamt 1,5 Gigatonnen, ermöglichen könnte, hat die IEA diesem Thema im Oktober einen eigenen Report ge-widmet. Das größte Einsparpotenzial bzw. die höchsten Effi-ziengewinne wiederum schlummert im Gebäudesektor. Ver-besserungen in Heiz- und Kühltechnik sowie Hausgeräten und Beleuchtung könnten 0,8 Gt CO
2-Emissionen einsparen.
Quelle: BP
USA UK IndienFSU/Russland China JapanWelt
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Energieverbrauch in Tonnen Öläquivalentpro 1.000 USD Bruttoinlandsprodukt
1) Rühl C., Appleby P., Fennema J., Naumov A., Schaffer ME. (2012). Economic develop-ment and the demand for energy: a historical perspective on the next 20 years. Energy Policy, vol 50
Commodity Yearbook Mai 2014
Seite 17
Energie
Um diese Potenziale zu heben, sind umfangreiche Investitio-nen notwendig. Im Jahr 2011 lagen die Investionen in Ener-gieeffizienz nur bei knapp der Hälfte der Energiesubventio-nen (519 Mrd. USD). Das bedeutet im Klartext: Die Verschwen-dung von Ressourcen wurde weltweit doppelt so stark gefördert wie die Einsparung!
OPEC World Oil Outlook: Die OPEC wählt ebenfalls einen Horizont bis zum Jahr 2035. In seinem Basisszenario hat das Kartell seine BIP-Wachstumserwartungen von 3,4 % p.a. auf 3,5 % p.a. angehoben, mit entsprechenden Implikationen auf den Primärenergieverbrauch. Im letzten WEO hatte die OPEC noch ein Primärenergiewachstum von 1,43 % p.a. gesehen, nun erwartet das Kartell ein Plus von 1,63 % p.a. auf 381,1 mboe. Vor diesem Hintergrund überrascht es kaum, dass sich die OPEC mit Blick auf das Jahr 2035 auf einen Tagesverbrauch von 108,5 mbpd einstellt (Vorjahr: 107,3 mbpd). Dies bedeu-tet nach eigenen Angaben die erste Aufwärtsrevision der lang-fristigen Prognose der Ölnachfrage seit Veröffentlichung des WEO. Dementsprechend sollte das Kartell nicht von Nachfra-gesteigerungen überrascht werden und die entsprechenden
Weichen in Form von Investments stellen, damit die Nachfra-ge auch gedeckt werden kann – schließlich repräsentiert das Kartell derzeit über 40 % der globalen Ölförderung (inklusive Natural Gas to Liquid (NGL) und unkonventioneller Ölförde-rung).
EIA Annual Energy Outlook: Die EIA, das Amt für Energie-statistik im US-Energieministerium, legt den Fokus naturge-mäß auf die USA. Der im zweijährigen Rhythmus aufgelegte „International Energy Outlook“ mit globaler Perspektive er-schien zuletzt im Juli 2013. In ihrem Annual Energy Outlook 2014 Early Release Hauptszenario „Reference Case“ hat die Agentur ihre Langfristschätzungen des Vorjahres hinsichtlich der heimischen Öl- und Gasproduktion kräftig nach oben re-vidiert. Nun erwartet die Agentur im Jahr 2040 eine jährliche Ölproduktion von rund 20.000 Mrd. btu, die bisherige Schät-zung lag 15 % darunter. Die erwartete US-Gasproduktion wur-de ebenfalls nach oben revidiert, von 33.800 Mrd. btu auf 38.370 btu. Offenbar ist man selbst in den USA von den Er-folgen der neuen Fördermethoden überrascht, so dass sich die Abhängigkeit von Energieimporten reduzieren wird. Im Jahr 2040 wird eine Energie-Importquote von 9 % erwartet. Im Falle der Rohölimporte wird eine Importquote im Jahr 2040 von 32 % gesehen, im Vorjahr waren dies noch 37 %. Ein in-teressantes Detail im 2014er Early Release ist auch die neu berechnete Erwartung der Nachfrage nach Kraftstoffen unter Berücksichtigung von geänderten Rahmenbedingungen, vor allem in puncto Demografie und Mobilität. So erwartet man nun einen Anstieg der jährlich gefahrenen Meilen von Light Duty Vehicles (LDV = PKWs und leichte Nutzfahrzeuge) von 0,9 % bis 2040, im Vorjahr waren es noch 1,2 % p.a. gewesen. Die verbesserten Verbrauchswerte der Fahrzeugflotte führt zu einem LDV-Kraftstoffverbrauch von 13.000 Mrd. btu im Jahr 2040, nach aktuell 16.000 Mrd. btu.
Frank Klumpp, CFA
Quelle: IEA WEO 2012
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Realisierte EffizienzpotenzialeUnrealisierte Effizienzpotenziale
Realisierte und unrealisierte Effizienzpotenzialeim IEA Hauptszenario
Seite 18 Commodity YearbookMai 2014Energie
Mittelfristausblicke im Vergleich – Prämissen & Prognosen
IEA – New Policies Szenario (Hauptszenario)
BP Energy Outlook
OPEC World Oil Outlook
EIA AEO 2013 ER – Reference Case
EIA International Energy Outlook
Zeithorizont 2035 2035 2035 2040 2035
Veröffentlichung Nov 2012 Jan 2014 Nov 2013 Dec 2013 Juli 2013
BIP-Wachstum global in % p.a. ~ 3,2 % 3,5 % 3,5 % 2,4 % 3) 3,6 %
Primärenergiewachstum in % p.a. 1,3 % 1,5 % 1,7 % 0,4 % 3) 1,5 %
Veränderung der Energieintensität / „Energieeinsparungen“ in % p.a.
- 1,8 % -1,9 % -1,8 % -2,0 % 3) -2,1 %
Anteil am Primärenergiemix in % 1) 2) 4)
Öl 4) 31,5 % 28,3 % 28,9 % 34,4 % 28,4 %
Gas 25,8 % 26,4 % 28,8 % 31,5 % 22,8 %
Kohle 27,0 % 27 % 30,0 % 18,3 % 28,0 %
Erneuerbare 4) 4,5 % 4,9 % 3,1 % 3,8 % 13,9 % 5)
Wasserkraft 3,4 % 7,1 % 2,9 % 2,89 %
Kernenergie 7,9 % 6,4 % 6,2 % 8,27 % 6,8 %
Ölnachfrage (mbpd) 101,0 109,0 108,5 109,5 109,8
1) Die prozentualen Angaben zum Primärenergiemix sind an die BP-Sichtweise adjustiert, wonach Biomasse (v.a. zum Heizen und Kochen verwendete Brennstoffe, aber auch Biomasse-kraftwerke) zwar ein Primärenergieträger ist, jedoch nicht mit in die Berechnung einfließt. 2) Stand: November 2011.3) Angaben der EIA für den Verbrauch USA, keine globalen Angaben verfügbar. Öl inkl. NGL (Natural Gas to Liquid), CTL (Coal to Liquid) und Biokraftstoffe.4) Öl inklusive Biokraftstoffe, Erneuerbare ex. Biokraftstoffe (globaler Anteil 2011: ca. 0,45 %; 2030 ca. 0,77 %).5) Renewables und Wasserkraft.
Commodity Yearbook Mai 2014
Seite 19
Energie
Rückblick: Seitwärtstrend setzt sich fortDer breite Seitwärtstrend an den Ölmärkten setzte sich auch 2013 fort; die Preise der beiden Benchmarks notierten sich im Jahresschlussvergleich nahezu unverändert. Der Ölpreis bewegte sich im Spannungsfeld zwischen „bearishen“ Funda-mentals, die zwischenzeitlich zu fallenden Preisen führten und geopolitischen Themen, die Störungen des Ölangebots bzw. die Furcht hiervor auslösten. Der Al-Qaida-Anschlag auf ein Gasfeld in Algerien am 16. Januar markierte den Auftakt eines sehr unruhigen Jahres in Nahost und Nordafrika, in dem schließlich der höchste Angebotsausfall seit Jahren verzeich-net werden sollte. Nur ein sehr üppiges Ölangebot bewahrte die Märkte vor größeren Verwerfungen, vor allem dank Swing-Produzent Saudi-Arabien und den USA, die derzeit einen dy-namischen Förderboom erleben. Der Seitwärtstrend an den Ölmärkten setzte sich bis dato auch 2014 fort, vor allem im Hinblick auf die bedeutendere Benchmark Brent.
Preisdifferenzen nun auch bei Light Lousiana SweetBesonders im Fokus steht die Preisdifferenz zwischen der US-Benchmark WTI und dem europäischen Pendant Dated Brent. Weil die Infrastrukturinvestitionen in Pipelines nicht mit dem dynamischen Förderwachstum in North Dakota und Texas Schritt halten konnten, findet WTI-Öl nur zu entsprechenden Preisabschlägen seine Abnehmer. In Cushing selbst sind die Kapazitäten der Raffinerien bereits nahezu voll ausgelastet, und wer dieses Nadelöhr umgehen möchte, muss entspre-chend höhere Transportkosten einkalkulieren. Zwischenzeit-lich verschwand der Spread beinahe, was nur zum Teil auf neue Pipelinekapazitäten zurückgeführt werden konnte. Das
Luxusproblem der USA verschwand jedoch nicht, im Gegen-teil: Das Nadelöhr hat sich von Cushing, Oklahoma auf den Golf von Mexico ausgeweitet, was an dem Preisabschlag der Sorte Light Lousiana Sweet (LLS) abzulesen ist. Zwar sind die Tage der rekordhohen Lagerbestände von über 50 Mio. Barrel in Cushing gezählt, landesweit lagert jedoch mit 382 Mio. Barrel nach wie vor überdurchschnittlich viel Rohöl.
Ausblick 2014: Nachfrage dürfte moderat wachsenAuf drei Jahre mit sinkenden Wachstumsraten dürfte die Welt-konjunktur im laufenden Jahr wieder stärker wachsen, wir erwarten ein reales Plus von 3,8 %. Dies dürfte auch die Öl-nachfrage positiv beeinflussen. Die monatlichen Ausblicke der OPEC, IEA und EIA erwarten in diesem Konjunkturszena-rio ein Plus zwischen 1,14 mbpd (OPEC) und 1,4 mbpd (IEA). Die OPEC hat jedoch für ihre Prognose bereits Revisionsbe-darf angemeldet. Damit dürfte die globale Ölnachfrage im Jahr 2014 bereits das vierte Jahr in Folge mit einer vergleichs-weise geringen Dynamik zulegen. Dies erscheint plausibel, da jährliche Verbesserungen der Energieintensität von über 2 % im Trend der letzten Jahre liegen. Große Überraschungen drohen nur in einem Negativszenario (analog 2002/2009) – im Best Case sind 200.000 bpd mehr als derzeit erwartet denkbar, die jedoch kaum ins Gewicht fallen.
Schwellenländer versus Industriestaaten Im kommenden Jahr dürfte sich die Tendenz der vergange-nen Jahre fortsetzen: Der Ölverbrauch in Industriestaaten sollte trotz aufgehellter konjunktureller Aussichten stagnie-ren bzw. bestenfalls leicht zunehmen, während die Nachfra-
Rohöl
Auf drei Jahre mit sinkenden Wachstumsraten dürfte die Weltkonjunktur im laufenden Jahr wieder stärker wachsen, wir erwarten ein reales Plus von 3,8 %. Dies dürfte auch die Ölnachfrage� positiv� beeinflussen.� Die�monatlichen�Ausblicke� der�OPEC,� IEA� und� EIA�erwarten in diesem Konjunkturszenario ein Plus zwischen 1,14 mbpd (OPEC) und 1,4 mbpd (IEA).
Brent in USD/FassWTI in USD/Fass
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Quelle: Thomson Reuters
Brent und WTI in USD
Wachstum globale Ölnachfrage und BIP-Wachstum (real)
Quelle: IWF, BP, LBBW Research
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1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014e
BIP-Wachstum global (in % p.a., real)
Wachstum Ölnachfrage global (in % p.a.)
Seite 20 Commodity YearbookMai 2014Energie
ge aus den Schwellenländern deutlicher anziehen dürfte. Die Ölnachfrage aus den Nicht-OECD-Staaten (46,1 mbpd) dürfte im laufenden Jahr erstmals diejenige der OECD-Staaten über-treffen (45,5 mbpd). Der Löwenanteil des Wachstums, rund 340.000 Barrel pro Tag, wird voraussichtlich erneut auf die Volksrepublik China entfallen.
Ölnachfrage
2012 (mbpd)
2013
(mbpd)
Differenz
(mbpd)
2014
(mbpd)
Differenz
(mbpd)
Differenz
(in %)
OPEC 88,96 90,00 1,04 91,14 1,14 1,27%
EIA 89,17 90,38 1,21 91,60 1,22 1,35%
IEA 90,10 91,30 1,20 92,70 1,40 1,53%
LBBW 89,07 90,20 1,14 91,40 1,20 1,33%
Quellen: OPEC MOMR March, EIA STEO März, IEA OMR März, LBBW Datenbasis: OPEC, EIA, LBBW: Crude; IEA: Products
China: Größtes Wachstum im ÖlverbrauchVor diesem Hintergrund überrascht es kaum, dass China die USA im Oktober 2013 als größtes Ölimportland abgelöst hat. Dies dürfte kein einmaliger Ausreißer auf Monatsbasis sein, sondern spiegelt strukturelle Verschiebungen im globalen Ölhandel wider. Während die USA dank boomender heimischer Förderung und Energiesparmaßnahmen immer weniger Öl auf den Weltmärkten nachfragen muss, kann China seine För-derung von derzeit rund 4,4 mbpd bestenfalls leicht steigern, da Chinas größte Ölfelder ihr Fördermaximum bereits über-schritten haben und in weitere Fördertechnologie investieren, um die Förderung in diesen Feldern auf hohem Niveau zu halten. Daneben investieren die Staatsmonopolisten CNPC (China National Petroleum Corporation), Sinopec und CNOOC (China National Offshore Oil Corporation) in neue Förderstät-ten in westlichen Provinzen sowie in Offshore-Felder. Die Nachfrage legt hingegen dynamisch zu. Im laufenden Jahr 2014 wird ein Zuwachs in der Größenordnung des Vorjahres erwartet. Im Jahr 2013 legte die chinesische Ölnachfrage um 380.000 bpd auf 10,66 mbpd zu (Quelle: EIA), 2014 wird ein Zuwachs von knapp 340.000 bpd bzw. 3,2 % p.a. erwartet. Somit ist auch in China eine stetige Verbesserung der Ener-gieintensität zu beobachten – schließlich wächst das Reich der Mitte derzeit über 7 % pro Jahr. Momentan bemüht sich China um ein nachhaltigeres Wachstum hin zu mehr Konsum-nachfrage, um die Abhängigkeit von Investitionen und Export
zu reduzieren. Dies sollte die dortige Ölnachfrage – knapp die Hälfte hiervon entfällt auf den Transportsektor – nicht ne-gativ beeinflussen, da die Stärkung des heimischen Konsums letztlich auch die bereits dynamisch wachsende Fahrzeug-nachfrage stützen würde. Und bis die Bestrebungen aus Pe-king in Richtung Elektromobilität in den Ölstatistiken ables-bar sind, dürfte es noch eine Weile dauern, obwohl die schlechte Luftqualität in den Ballungszentren die staatlichen Elektromobilitäts-Initiativen beschleunigt haben dürfte. Zei-tungsberichten zufolge plant China bis zum Jahr 2020 fünf Millionen Elektro- bzw. Hybridfahrzeuge zuzulassen. Im Jahr 2013 wurden jedoch lediglich 17.600 solcher Fahrzeuge in Betrieb genommen, insgesamt maximal 50.000 fahren bereits auf Chinas Straßen.
Der Markt ist angebotsgetriebenInsgesamt ist also ein Wachstum der globalen Ölnachfrage von ca. 1,3 % im laufenden Jahr wahrscheinlich. Zwar dürften die Preise durchaus auch auf Veränderungen der Konjunktur-aussichten und damit auch der Erwartungen hinsichtlich der Ölnachfrage reagieren. Größere Verschiebungen des Preisni-veaus dürften im laufenden Jahr jedoch eher von der Ange-botsseite ausgelöst werden. Zum Einen gehören vor allem durch politische Krisen ausgelöste Störungen im Ölangebot zum Alltag. Derzeit sind ca. 3 mbpd im Iran, Libyen, Irak usw. ausgefallen, laut Angaben der EIA so viel wie seit Beginn ih-rer Datenreihe im Januar 2011 nicht mehr. Zum Anderen ver-
94 95 96 97 98 99 00 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 1320
25
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55
Ölnachfrage OECD-Länder (in mbpd)Ölnachfrage Nicht-OECD-Länder (in mbpd)
20
25
30
35
40
45
50
55
Ölnachfrage OECD vs. Non-OECD
Quelle: Thomson Reuters
Fahrzeugabsatz China
Quelle: Thomson Reuters
2009 2010 2011 2012 2013600
800
1000
1200
1400
1600
1800
2000
Fahrzeugabsatz China (Monatswerte in Tausend)Fahrzeugabsatz China (Monatswerte in Tausend, 12-Monatsdurchschnitt)
600
800
1000
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1600
1800
2000
Quelle: Thomson Reuters
Ölimporte China (in mbpd)
2009 2010 2011 2012 20132.00
2.50
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3.50
4.00
4.50
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7.00
China Ölimporte in Mio. Barrel pro Tag12-Monats-Durchschnitt
2.00
2.50
3.00
3.50
4.00
4.50
5.00
5.50
6.00
6.50
7.00
Commodity Yearbook Mai 2014
Seite 21
Energie
schiebt sich durch rekordhohe Zuwächse außerhalb der OPEC die Angebotsstruktur zwischen den Ölförderländern erheb-lich. Zwischen 2012 und 2014 sollte das Ölangebot rund 2,5 mbpd zunehmen, während die OPEC selbst 1,2 mbpd weniger liefern dürfte.
Globales Ölangebot und Ölnachfrage
2012 2013 2014e Differenz
OPEC 31,13 30,50 30,00 -0,50
+ non-OPEC 52,92 54,14 55,43 1,29
+ OPEC NGL 5,57 5,80 5,95 0,15
= Angebot 89,62 90,44 91,38 0,94
Nachfrage 89,05 90,20 91,35 1,15
Überschuss (+) /Defizit (-) + 0,58 + 0,24 + 0,03
Quellen: OPEC (Angebot bis 2012, non-OPEC-Supply); LBBW (Nachfrage; OPEC-Supply 2013 ff.)
Non-OPEC-Supply: Allzeitrekorde in den USADer Löwenanteil der Angebotsausweitung außerhalb der OPEC ist auf die anhaltende Erfolgsstory der amerikanischen Ölin-dustrie zurückzuführen, die weiter von Infrastrukturinvesti-tionen in Fracking-Technologie und Pipelines getragen ist. So dürfte die tägliche US-Ölförderung im Jahr 2014 rund 3,5 Mio. Barrel höher liegen als noch zu Beginn der Dekade. Dadurch konnte der größte Ölverbraucher der Welt seinen Importbe-darf deutlich senken. Interessant ist, dass offenbar selbst die heimische Statistikbehörde EIA von der Renaissance der Öl-industrie in North Dakota und Texas überrascht wird. Sie er-wartet - trotz der Abwärtsrevision im Monatsvergleich - im aktuellen monatlichen „Short Term Energy Outlook“ eine För-derrate von 8,45 mbpd im laufenden Jahr. Noch zu Beginn des Jahres 2013 wurde weniger als 8 mbpd erwartet - ein Überraschungsfaktor, größer als das Wachstum im bedeuten-den Nachfrageland China.
“Call on OPEC”: 2014 wieder unter 30 Mio. Barrel?Um den Ölmarkt in der Balance zu halten, muss die OPEC die Märkte im laufenden Jahr mit weniger Öl versorgen als noch im Vorjahr – ob die Schwelle von 30 Mio. Barrel wieder unter-schritten wird, bleibt jedoch noch offen. Grund ist die einfa-che Arithmetik eines höheren Förderwachstums außerhalb der OPEC (ca. 1,3 mbpd, Quelle OPEC) im Vergleich zum glo-balen Nachfrageplus von rund 1,2 mbpd, Veränderungen der Lagerbestände und des Angebotes von Natural Gas Liquids einmal außen vor gelassen. Vor diesem Hintergrund gerät die OPEC-Sitzung im Juni 2014 stärker ins Blickfeld. Zwar dürfte die offizielle Förderquote von 30 Mio. Barrel pro Tag unver-ändert bleiben. Dennoch bleibt spannend, wie das Kartell auf das steigende Angebot außerhalb der OPEC reagieren wird. Historische Parallelen zu den 80er Jahren drängen sich auf – spätestens wenn die derzeitigen Angebotsstörungen wieder in den Hintergrund rücken (vgl. auch Exkurs: „History re-peats?“).
Rekordhohe Förderausfälle werden kompensiertWie bereits angedeutet, haben die Angebotsausfälle ein re-kordhohes Niveau um drei mbpd (Quelle: EIA) erreicht. Vor diesem Hintergrund ist überraschend, dass der Ölpreis nicht wesentlich höher notiert. Dies liegt zum Einen daran, dass Saudi-Arabien in die Bresche springen konnte, und zum An-deren an den Förderausweitungen außerhalb der OPEC. Die größten Ausfälle entfallen auf Iran (600 Tsd. bpd), Libyen
Ölproduktion USA (in mbpd)
86 88 90 92 94 96 98 00 02 04 06 08 10 123
4
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7
8
9
10
US-Ölproduktion (in Mio. Barrel pro Tag)
3
4
5
6
7
8
9
10
Quelle: Thomson Reuters, EIA
5
6
7
8
9
5
6
7
8
9
Jan 11 Jul 11 Jan 12 Jul 12 Jan 13 Jul 13 Jan 14
2011 2012 2013 2014 2015
Quelle: Thomson Reuters, EIA
Ölproduktion USA (in mbpd)
84 86 88 90 92 94 96 98 00 02 04 06 08 10 1214
16
18
20
22
24
26
28
30
32
34
OPEC Ölangebot in Mio. Barrel pro Tag (Quartalsdaten, IEA)
14
16
18
20
22
24
26
28
30
32
34
Quelle: Thomson Reuters
"Call-on-OPEC" (in mbpd)
Seite 22 Commodity YearbookMai 2014
(1.110 tbpd), Nigeria (280 tbpd), Irak (370 tbpd) und – außer-halb der OPEC – Syrien (264 tbpd).
Iran: Geschichtsträchtige Einigung im AtomstreitTatsächlich sind die Produktionsausfälle im Iran deutlich hö-her als von der EIA angegeben, die eine kürzerfristige, enge-re Definition hat. So förderte der Iran in der Periode von 2003 bis 2011 über 4,3 mbpd, aktuell dürften es nur rund 2,7 mbpd sein. Davon gelangen derzeit rund 1,0 mbpd auf den Welt-markt. 2011 waren es laut BP knapp 2,5 mbpd, die exportiert wurden. Die Sanktionen der US-Regierung gegen Iran haben also offenbar ihre Wirkung nicht verfehlt. Im November 2013 einigten sich die Sechsergruppe und Iran auf einen „Gemein-samen Aktionsplan“, in dem Iran zu großen Zugeständnissen bereit ist. Demnach verpflichtet sich Iran während der kom-menden sechs Monate, seine Atomaktivitäten zurückzufah-ren. Hierzu zählt (1) Stopp der Urananreicherung auf 5 %, (2) keine Neuinstallation von Zentrifugen, (3) Baustopp des Schwerwasserreaktors in Arak, (4) Enges Überwachungspro-gramm durch die internationale Atomenergiebehörde IAEA, die täglichen Zugang zu kritischen Anlagen in Natans, Fordo und Arak erhalten. Damit wurde der IAEA eine entscheidende Rolle zugewiesen; sie ist die Instanz, die letztlich beurteilt, wie ernst es Iran ist, und ob die avisierten Zugeständnisse auch umgesetzt werden.
Und nun, ein paar Monate später? Das wohl wichtigste Zugeständnis an Iran war die Lockerung der Sanktionen gegenüber Finanzgeschäften. So ist es nun asiatischen Ölkäufern wieder möglich, ihre offenen Ölrech-nungen zu bezahlen, und auch europäische Versicherer dür-fen iranische Öllieferungen wieder absichern. Der übrige Sanktionsmechanismus bleibt weiter intakt. Damit besteht zwar Hoffnung, dass asiatische Käufer ihre Importe aus Iran wieder erhöhen. Ein weiter gehender Anstieg auf das „Vor-Embargo-Niveau“ dürfte jedoch noch in weiter Ferne liegen. Die Signale sind zwar derzeit auf Entspannung gerichtet – ein wesentlicher Unterschied im Vergleich zu Beginn des Jahres 2013, als wir den Atomkonflikt mit dem Iran als geopolitisches Risiko Nummer eins identifiziert hatten. Die aktuell laufenden Verhandlungen gestalten sich jedoch schwierig. Mitte März besuchte die EU-Außenbeauftragte Ashton den Iran, in ihrer Funktion als Verhandlungsführerin der so genannten Sech-sergruppe (5 Vetomächte + Deutschland). Bis Ende Juli soll das im November verabschiedete Interimsabkommen konkre-tisiert werden, mit dem Ziel, dem Iran die friedliche Nutzung von Atomenergie zu erlauben, und im Gegenzug sämtliche Sanktionen gegen den Iran aufzuheben. Bis dahin ist es je-doch noch ein weiter Weg, wie Ashton feststellte. Ein Abkom-men sei nicht garantiert. Die Erwartung einer schnellen Rück-kehr iranischen Öls an die Weltmärkte könnte sich daher als zu optimistisch erweisen.
Allmähliche Verbesserung in LibyenEin weiteres OPEC-Land, das unter hohen Angebotsausfällen leidet, ist Libyen. Nach dem Ende des Bürgerkrieges im Ok-tober 2011 erholte sich Libyens Ölförderung rasch auf 1,5 mbpd (2012, BP), in den beiden Jahren vor Ausbruch des Ara-bischen Frühlings wurden 1,6 mbpd gefördert. Diese Erholung sollte sich jedoch nur als Zwischenhoch entpuppen. Die Lage des nordafrikanischen Staates erwies sich als instabil; Libyen ist über zwei Jahre nach dem Umstutz immer noch tief ge-spalten. Die Zentralregierung in Tripolis steht einer Autono-miebewegung im ölreichen Osten des Landes gegenüber, die seit Mitte 2013 die Exportanlagen an der Küste durch Milizen blockiert. Lediglich „Offshore“-Anlagen im Mittelmeer (Bouri und Al Jurf) sind in Betrieb. Laut Angaben der IEA von Mitte Februar beläuft sich der Output des Landes auf 250.000 bpd, davon werden rund 150.000 bpd im Land selbst verbraucht. Betroffen sind unter anderem auch Anlagen der BASF-Tochter Wintershall, die ihre Förderung komplett einstellen musste. Auch BP hat seine Expansionspläne in Libyen wegen Sicher-heitsbedenken auf Eis gelegt. Es scheint ein weiter Weg zur Normalisierung zu sein. Dennoch werten wir die aktuelle Lage im Hinblick auf unsere Prognosen „bearish“, schließlich sind die Exporte bereits versiegt, und ausgehend vom aktuellen Niveau kann es fast nur noch besser werden. Hierfür müssen sich jedoch die Aufständischen im Osten des Landes sowie die Zentralregierung an den Verhandlungstisch bewegen. Ers-tere versuchen, das Öl selbst zu vermarkten (was sich als schwierig darstellt, weil ohne Mandat), letztere hat keine Handhabe gegen die Milizionäre, weil ein rechtsstaatlicher institutioneller Rahmen fehlt, der einen demokratischen Staat
Energie
Globale Angebotsausfälle (in Tsd. bpd)
Quelle: EIA
Iran Libyen Nigeria Irak non OPEC
500
1 000
1 500
2 000
2 500
3 000
3 500
4 000
500
1 000
1 500
2 000
2 500
3 000
3 500
4 000
Jan 2011 Jan 2012 Jan 2013 Jan 2014
2 000
2 500
3 000
3 500
4 000
4 500
5 000
2009 2010 2011 2012 20132 000
2 500
3 000
3 500
4 000
4 500
5 000
Ölproduktion Iran (in Tsd. bpd)
Quelle: Bloomberg, Thomson Reuters, LBBW Research
Commodity Yearbook Mai 2014
Seite 23
Energie
ausmacht – nach 40 Jahren unter einem autokratischen Re-gime muss sich ein solcher erst einmal entwickeln. Eine nach-haltige Lösung gestaltet sich also schwierig. Verhandlungs-erfolge waren zuletzt nur kurzfristige Lichtblicke, wie die nur tempörare Aufnahme der Ölproduktion im bedeutenden Öl-feld El Sahara (Kapazität 340.000 bpd) zeigte. Zudem schätzt die IEA in ihrem OMR vom Februar 2014, dass die Schäden an der Upstream- und Midstream-Infrastruktur die tägliche Pro-duktionskapazität auf 1,2 Mio. Barrel reduziert haben.
Lagerbestände in den USA hoch, in Europa moderatInsgesamt ist der Ölmarkt trotz der Angebotsstörungen, wie bereits skizziert, vordergründig recht gut versorgt. Ein Blick auf die Lagerbestände – und hier besteht lediglich für die OECD-Staaten eine hohe Transparenz – zeigt jedoch, dass diese global betrachtet in den letzten Monaten stark abge-nommen haben. Die Bestände des Monats Dezember 2013 notierten 100 Mio. Barrel unter dem 5-Jahresdurchschnitt, nachdem der Lagerabbau im vierten Quartal 2013 rekordho-he 137 Mio. Barrel erreicht hatte, was einem täglichen Lage-rabbau von 1,5 mbpd entsprach! Offenbar war der Ölmarkt nur unter hohem Lagerabbau in der Lage, die rekordhohen Angebotsstörungen in Libyen, Iran und weiteren Ölförderlän-dern zu kompensieren.
Spekulanten setzen auf steigende PreiseTerminkontrakte für Rohöl und Ölprodukte sind nach Anga-ben der CFTC weiter beliebt bei Long-Investoren. Auch wird WTI offenbar positiver eingeschätzt als Brent. Aktuell beläuft sich der Nettosaldo aus WTI-Long- und Shortpositionen auf knapp 350.000 Kontrakte, oder 350 Mio. Barrel. Im Falle von Brent sind es knapp 150.000 Kontrakte. Dies dürfte auch an den überwiegend attraktiven Terminkurven im Energiesektor liegen. Brent, WTI sowie die Produkte Gasoil und RBOB Gaso-line werden in der Zukunft günstiger gehandelt als auf den Spotmärkten. Diese Backwardation-Situation ist günstig für Terminanleger, weil so Rollgewinne in Aussicht stehen. Grund-sätzlich hat der hohe Aufbau von Positionen in den letzten 12 Monaten – insbesondere in WTI-Kontrakte – weder zu ei-nem deutlich höheren Preisniveau noch zu einer höheren Vo-latilität geführt.
Die insbesondere im Vergleich zu Brent ausgeprägte Long-positionierung dürfte vor allem auf die relative Einschätzung von Brent und WTI zurückzuführen sein. Hedgefonds setzen also offenbar massiv auf eine Einengung des WTI-Brent-Spreads. Hier ist die Volatilität auch durchaus vorhanden – in den letzten 12 Monaten lief der Spread einmal von fast 20 USD WTI-Abschlag auf Parität und wieder zurück, um aktuell bei knapp 7 USD zu notieren. Sofern sich das fundamentale Bild (hohes Angebot, moderate Nachfrage) in den kommen-den Monaten gegenüber geopolitischen Krisen (und damit überraschenden Störungen des Angebots) durchsetzt und das Preisniveau nachgeben sollte, könnte aufgrund dieser Konstellation WTI besonders unter Druck geraten, weil hier die Spekulationsneigung entsprechend groß ist und damit Hedge-Fonds zur Glattstellung gezwungen werden.
200
400
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2009 2010 2011 2012 2013
200
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1 200
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1 800
2 000
Quelle: Bloomberg, Thomson Reuters, LBBW Research
Ölproduktion Libyen (in Tsd. bpd)
Lagerbestände OECD (in Mio. Barrel)
Quelle: IEA OMR, Bloomberg
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2500
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2600
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2800
2850
2900
Jan Feb Mar Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez
5-Jahres-Durchschnitt 2008 bis 2012min max 2013 2014
Nettopositionierung WTI und WTI-Preis (in Tsd. Kontrakten)
2009 2010 2011 2012 20130
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NYMEX Light Crude (WTI) Netto Long Managed Money (in Tsd. Kontrakten)
US Light Crude (Endloskontrakt, WTI, in USD/Barrel)(rechte Skala)
Quelle: CFTC, Thomson Reuters
Seite 24 Commodity YearbookMai 2014Energie
Fazit: Grund zur ZuversichtDie Rohölpreise bewegten sich im Jahr 2014 bisher auf einem relativ hohen Niveau. Wir sehen für den weiteren Jahresver-lauf gute Chancen, dass das Preisniveau etwas nachgibt. Dies klingt in einem insgesamt freundlichen konjunkturellen Um-feld, wie wir es erwarten, zunächst etwas überraschend. Die Nachfrageseite, die in einer ähnlichen Größenordnung wie in den beiden Vorjahren zulegen dürfte, sollte jedoch 2014 nicht der entscheidende Faktor für die Preisbildung an den Ölmärk-ten sein. Größere Verwerfungen sind eher auf der Angebots-seite zu erwarten. Dank neuer Fördertechnologien (Stichwort "Fracking") dürften die USA auch 2014 ihre Förderung um na-hezu 1 Mio. Barrel pro Tag steigern können. Das Wachstum der Ölförderung außerhalb der OPEC dürfte insgesamt zwi-schen 1,31 (OPEC-Schätzung) und 1,8 mbpd steigen und da-mit das Wachstum der Nachfrage übertreffen; hier liegt die Bandbreite der Schätzungen zwischen 1,14 mbpd (OPEC) und 1,4 mbpd (IEA). Wenn die OPEC ihrerseits ihre Förderung in etwa konstant hält, können die global gesehen unterdurch-schnittlich gefüllten Rohöllagerbestände wieder aufgefüllt werden. Es wird spannend, wie die OPEC-Staaten auf diese Veränderungen reagieren – vor allem vor dem Hintergrund, dass die Angebotsausfälle derzeit mit rund 3 mbpd (OPEC und non-OPEC) bereits auf einem rekordhohen Niveau liegen. Hinzu kommt, dass mit dem Irak ein OPEC-Mitglied die För-derung kräftig ankurbelt und Ende 2014 rund 1 mbpd mehr als noch vor Jahresfrist fördern möchte. Insgesamt also ein „bearishes“ Bild für den Ölpreis, oder, aus Sicht des Verbrau-chers, Grund zur Zuversicht. Allerdings besteht auch kein Anlass, zu starke Preiseinbußen an den Ölmärkten zu be-fürchten, zumal immer wieder neue geopolitische Risiken auf dem Radarschirm auftauchen. In einigen bedeutenden För-derländern haben sich im bisherigen Jahresverlauf die Risiken zuletzt wieder erhöht (Russland, Venezuela, Iran) bzw. hat sich die ohnehin bereits schlechte Lage nicht verbessert (Li-byen). Aufgrund dieser Rahmenbedingungen erwarten wir per Jahresende einen Ölpreis der Sorte Brent um 100 US-Dol-lar.
Frank Klumpp, CFA
EXKURS: Wohin mit dem US-Öl?
Eine Bestandsaufnahme
Brent-WTI-Spread im Fokus
Seit nahezu drei Jahren hat sich zwischen der – qualitativ höher-
wertigen – US-Benchmark Western Texas Intermediate und dem
europäischen Pendant „Dated Brent“ ein Spread geöffnet, der ho-
hen Schwankungen unterworfen ist. Dank „Fracking“ steigert die
USA ihren Öloutput zwar kräftig, die nötigen Infrastrukturinves-
titionen, vor allem in Pipelines, hinken jedoch der Förderentwick-
lung hinterher. Teurere Alternativen (Tanklastzüge, Bahn) sind
daher nötig, um das überschüssige Schieferöl sowie Öl aus kana-
dischen Ölsanden zu den Raffinerien zu bringen. Da US-Öl derzeit
nur sehr eingeschränkt exportiert werden darf, verbleiben als
Nachfrager an den Küsten (so man denn das Öl bis dahin trans-
portiert hat) also nur die dort ansässigen Raffinerien, nicht aber
Exporteure. Die Raffinerien sind die Gewinner dieser Konstellati-
on, da sie günstige Inputpreise genießen, und gleichzeitig von
der Möglichkeit zum Export Gebrauch machen können – Produk-
te wie Benzin und Heizöl gelangen so auf den Exportmarkt. Die
USA sind in diesem Umfeld zu einem großen Produktexporteur
aufgestiegen (von 1 mbpd 2003 auf 3 mbpd 2013, vgl. Grafik).
Zwei News in diesem Kontext zu Beginn des Jahres 2014 machen
eine sukzessive Normalisierung dieser Ungleichgewichte wahr-
scheinlicher.
2013 2014100
150
200
250
300
350
400
-20
-18
-16
-14
-12
-10
-8
-6
-4
-2
0
NYMEX Light Crude (WTI) Netto Long Managed Money (in Tsd. Kontrakten)WTI-Brent Spread (Front-Month)(rechte Skala)
Nettopositionierung WTI und Brent-WTI Spread
Quelle: CFTC, Thomson Reuters
Spot und Terminkurse Brent
2012 2013 201480
85
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95
100
105
110
115
120
125
130
Brent Crude Oil Spot in USD/BarrelBrent Crude Oil Dez 14 ICE in USD/BarrelBrent Crude Oil Dez 15 ICE in USD/Barrel
80
85
90
95
100
105
110
115
120
125
130
Quelle: Thomson Reuters
2011 2012 2013-10
-5
0
5
10
15
20
25
30
Preisabschlag LLS zu Brent (in USD/Barrel)Preisabschlag WTI zu Brent (in USD/Barrel)
-10
-5
0
5
10
15
20
25
30
Brent weiterhin teurer als US-Öl
Quelle: Thomson Reuters
Commodity Yearbook Mai 2014
Seite 25
Energie
Keystone XL könnte Entspannung bringen
Keystone XL ist Teil eines Pipelinenetzes des Betreibers TransCana-
da, welches Rohöl von Kanada über Alberta bis zum Golf von Me-
xico transportieren soll. Die Keystone-Pipeline ist bereits in Betrieb,
soll aber über die „XL“-Variante aufgestockt werden. Der südliche
Teil („XL-Extension“) von Steele City, Nebraska nach Cushing, Okla-
homa, ging bereits vor wenigen Monaten in Betrieb. „Keystone XL“
wurde zum Politikum für US-Präsident Obama, nachdem Umwelt-
schützer das Projekt als schädlich für die CO2-Bilanz einstuften. Das
Außenministerium verwarf diese Bedenken nun in einer veröffent-
lichten Studie. Der Bau der Pipeline habe keine maßgeblichen Aus-
wirkungen auf die Umwelt, so die Studie, womit das Projekt eine
wichtige Hürde nimmt.
Das Politikum Keystone XL
Quelle: TransCanada
Eine Reihe von weiteren Projekten hat 2013 bereits für Entspannung
gesorgt, und weitere sind in der Planung. Da die meisten davon im
mittleren Westen zur Normalisierung beigetragen haben, hat sich
die überschüssige Angebotssituation auf den Golf von Mexico aus-
geweitet, mit entsprechenden Effekten auf den Spread der Sorte
Light Lousiana Sweet zu Brent (vgl. Grafik).
Infrastrukturprojekte USA
Projekt Neue Kapazität
(in tbpd)
Inbetriebnahme
Enbridge Seaway Expansion 250 Q1 2013
Magellan Longhorn Reversal 135 Q2 2013
Plains All American Mississipian Lime 175 Q3 2013
Enbridge Enterprise Seaway Twin 450 Q1 2014
Enbridge Flanagan South 600 Q3 2014
Sunoco Logistics Permian E. C. 200 Q4 2014
Tallgrass Pony Express conversion 300 Q3 2014
Trans Canada Gulf Coast Project 700 Q1 2014
Quelle: IEA OMR Januar 2014-02-12, Reuters, Oil & Gas Journal
Exporte von Rohöl aus den USA legen zu
Zudem thematisierte die Nachrichtenagentur Reuters Anfang 2014
eine sukzessive Lockerung des US-Exportverbotes von Rohöl. Dem-
nach habe das Handelsministerium seit Januar 2013 insgesamt 120
Lizenzen erteilt, wovon der Löwenanteil für Ausfuhren nach Kana-
da beantragt wurde. Jedoch nahm auch der Anteil „ex-Kanada“ zu,
Genehmigungen für UK und Italien wurden bereits erteilt, und wei-
tere Anträge nach Europa und Asien werden derzeit bearbeitet.
Beide News deuten darauf hin, dass sich die Lage in Nordamerika
und damit die Brent/LLS- bzw. Brent/WTI-Spreads allmählich nor-
malisieren könnten. Oder anders herum: Eine weiter gehende Öff-
nung des Marktes ist zwingend notwendig, damit sich die Spreads
nicht noch weiter ausweiten. Zu bestimmten Preisen wird der Markt
die Ungleichgewichte schon selbst regulieren, und Teile des Ange-
bots werden sich verabschieden, welche sich aufgrund der Produk-
tionskosten nicht mehr lohnen. Dies dürfte jedoch auch nicht im
Interesse der USA sein. Auf der Nachfrage- und Transportseite (Mid-
stream und Downstream) sind außerhalb der regulatorischen Mög-
lichkeiten allerdings viele Möglichkeiten bereits ausgeschöpft, Raf-
finerien weisen eine hohe Auslastung auf, der Schienenverkehr läuft
auch Hochtouren, und auch die Exportwege nach Kanada wurden
ausgeweitet. Nun ist die Politik an der Reihe, die selbst auferlegten
Fesseln aus den 70er Jahren zu lösen.
EXKURS: History repeats?
Seit Anfang 2011 hat sich der Ölpreis Brent über der Marke von 100
Dollar pro Barrel etabliert. Um zu beurteilen, ob diese Konsolidie-
rung eine Pause in einer längerfristigen Aufwärtsbewegung ist oder
die Schwelle hin zu einem neuen Abwärtszyklus ausbildet, haben
wir die bisherigen Zyklen an den Ölmärkten betrachtet und in den
Kontext der aktuellen fundamentalen und politischen Lage gestellt.
Seit den 70er Jahren lassen sich sechs längerfristige Zyklen bzw.
Phasen identifizieren.
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US-Exporte Ölprodukte (welche Skala)US-Exporte Rohöl (welche Skala)
Exporte Öl und Ölprodukte (in tbpd)
Quelle: EIA
Seite 26 Commodity YearbookMai 2014Energie
1970 – 1980: Ölkrisen verteuern die Preise
In den siebziger Jahren legte der Ölpreis von nominal 2,30 US-Dol-
lar/Barrel auf bis zu 40 US-Dollar/Barrel zu. Vor allem politische
Faktoren waren für diese kräftige Verteuerung verantwortlich. Selbst
wenn man dies real betrachtet, hat sich das Preisniveau in dieser
Dekade kräftig erhöht. Der erste Anstieg 1973-1974 wurde durch
den Yom-Kippur-Krieg ausgelöst, als sich der Preis nahezu vervier-
fachte. Weil die USA in diesem Konflikt Israel unterstützten, wurde
ein Ölembargo gegen die USA und weitere Länder verhängt. In die-
sem Zusammenhang drosselte die Organisation der Erdöl expor-
tierenden Länder (OPEC) die Fördermengen um rund fünf Prozent.
Am Ölembargo nahmen Saudi-Arabien, Irak, Iran, Katar, Algerien,
Kuwait, Libyen und die Vereinigten Arabischen Emirate teil. In den
Jahren 1979/1980, während der zweiten Ölkrise, legte der Ölpreis
aus politischen Gründen weiter zu. Die Islamische Revolution, die
1979 zur Absetzung des Schah und damit zur Beendigung der Mo-
narchie im Iran führte, und der Angriff des Irak auf den Iran im Jahr
1980 ließen das Barrel auf in der Spitze 39,50 US-Dollar im April
1980 ansteigen.
1980 – 1986: Ölfunde in der Nordsee und sinkende Nachfrage
drücken die Preise
Das nun erreichte höhere Preisniveau blieb nicht ohne Folgen für
das Verhalten der Anbieter und der Nachfrager. Die höheren Preise
machten nun neben dem bis dato verfügbaren Öl auch weitere Öl-
felder rentabel, die zuvor unwirtschaftlich waren. So z.B. auch in
der Nordsee, wo bereits 1969 erste Vorkommen entdeckt wurden.
Damit gelangte neues Angebot auf den Markt, und die Nachfrage
nach OPEC-Öl ging entsprechend zurück. Gleichzeitig blieb auch
die Reaktion der Nachfrager auf das höhere Preisniveau nicht aus.
Aufgrund der höheren Erdölpreise und der gerade durchlittenen
Ölkrisen wurde in alternative Energiequellen investiert und zudem
Energieeinsparungen vorangetrieben, was in den Jahren 1979 bis
1983 den weltweiten Ölverbrauch um rund 10 % senkte. Im Jahr
1979 wurden 63,7 Mio. Barrel pro Tag verbraucht, 1983 waren es
nur noch 57,4 Mio. Barrel (Quelle: BP Statistical Yearbook).
Die Kombination aus rückläufiger Nachfrage und steigender Pro-
duktion außerhalb der OPEC – zwischen 1980 und 1985 legte allei-
ne die Ölproduktion in der Nordsee um 2 mbpd zu, auch Alaska
und weitere Regionen trugen dazu bei – führte nahezu zu einer
Halbierung des „Call-on-OPEC“ (OPEC-Förderung 1979: 30 mbpd,
1985: 15,9 mbpd). Saudi-Arabien als „Swing-Producer“ musste den
Großteil der Einbußen tragen, die Produktion des Königreichs sank
von 10 mbpd auf 3 mbpd. Diese heftigen Verluste an Marktantei-
len, verbunden mit Einschnitten in die Staatshaushalte der Förder-
länder hatten schließlich eine Grenze erreicht – die Ölhähne der
OPEC, allen voran Saudi-Arabiens, wurden wieder geöffnet, was
letztlich zum Ölpreiscrash 1986 führte, als der Preis für ein Barrel
Rohöl von rund 30 US-Dollar auf 10 US-Dollar einbrach. Vielleicht
ist die Phase zwischen 1980 und 1986 am ehesten mit der heutigen
Lage an den Ölmärkten vergleichbar. Zumindest sorgt sich die OPEC
spätestens seit dem OPEC-Meeting im Mai 2013 wegen des dyna-
mischen Förderplus von US-Schieferöl um den Verlust von Markt-
anteilen, und auch die Nachfrageseite erscheint derzeit wenig dy-
namisch.
1987 – 2000: Stabiles Preisniveau
Nach den starken Preiszuwächsen in den 70er Jahren durch die Öl-
krisen und dem Crash 1986 stabilisierte sich der Ölpreis auf ermä-
ßigtem Niveau. Zu Preisen von durchschnittlich 18 US-Dollar je Bar-
rel gelang es der OPEC zwischen 1987 und 1999, ihren Marktanteil
von 30 % auf über 40 % zu steigern, und im Jahr 1999 wurde die
bisherige Rekord-OPEC-Fördermenge von 30 Mio. Barrel aus dem
Jahr 1979 erstmals wieder übertroffen. Zwischenzeitliche Ausschlä-
ge nach oben, wie während des zweiten Golfkrieges 1990/1991
sollten ebenso ein kurzes Intermezzo bleiben wie der Rückgang
des Ölpreises während der Asienkrise, als das Barrel Erdöl im güns-
tigsten Fall 10,65 US-Dollar kostete. Die Asienkrise war jedoch nur
ein Faktor, der einen fallenden Ölpreis begünstigte. Bereits vor Aus-
bruch der Asienkrise lief das „Öl-für-Lebensmittel“-Programm mit
dem Irak aus. 1996 konnte der Irak seine Ölexporte wieder aufneh-
men, was die Angebots-Nachfrage-Bilanz entsprechend beeinfluss-
te und Preisdruck auslöste (vgl. Grafik). Über die gesamte Phase
hinweg (1987 bis 2000) blieben die Schwankungen jedoch über-
schaubar, und der Ölpreis vergleichsweise günstig.
75 77 79 81 83 85 87 89 91 93 95 97 99 01 03 05 07 09 11 138
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Ölpreis in US-Dollar/Barrel
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Quelle: Thomson Reuters
1984 1985 19860
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Öloutput Saudi-Arabien (in Mio. Barrel pro Tag / mbpd)Ölpreis Brent (in USD/Barrel) (rechte Skala)
Quelle: Thomson Reuters
Commodity Yearbook Mai 2014
Seite 27
2001 – 2007: Nachfrageschub verteuert Öl
Der letzte große Zyklus, der zu einer kräftigen Verteuerung der
Preise führte, wurde durch ein starkes Anziehen der globalen Nach-
frage ausgelöst, die bei steigenden Preisen überraschend unelas-
tisch schien. Hinzu kamen politische Störfeuer aus Nahost - Irak an
der Schwelle zum Bürgerkrieg, Streit um das iranische Atompro-
gramm - wobei diese im Vergleich zu den Krisen der 70er und 80er
Jahren (Yom-Kippur-Krieg, Ölembargos, erster und zweiter Golfkrieg)
vergleichsweise glimpflich ausfielen. Der Ölhunger stieg vor allem
in Emerging Markets wie China, und wurde von einer recht mage-
ren Reservekapazität der Förderländer flankiert.
2008 – 2009: Finanzkrise lässt Ölpreise kollabieren
Nachdem der Ölpreis im Jahr 2008 seine Hausse zunächst unge-
bremst fortsetzte und im Juli 2008 die Marke von 145 Dollar/Barrel
erreichte, brach er in der Folge der Finanzkrise wieder zusammen.
Die schwere Rezession ließ auch die weltweite Ölnachfrage zwischen
2007 und 2009 um 1,5 Mio. Barrel pro Tag einbrechen, was den
Ölpreis bis auf nahezu 30 US-Dollar drückte.
2010 – heute: Normalisierung nach der Finanzkrise
Die folgende Erholung der Weltwirtschaft belebte auch die Ölnach-
frage wieder; bereits Anfang 2011 wurde die 100-Dollar-Marke er-
neut überschritten. Seitdem pendelt der Ölpreis in einem breiten
Seitwärtsband.
Wohin geht die nächste größere Bewegung?
Größere Bewegungen der Ölpreise waren entweder überwiegend
auf politische Faktoren (z.B. Ölembargos in den 70er Jahren), auf
strukturelle Verschiebungen im Ölangebot (80er Jahre; Nordseeöl
und Alaska) oder auf überraschende Entwicklungen der Ölnachfra-
ge (80er Jahre, 2001 bis heute) zurückzuführen. Politische Entwick-
lungen lassen sich nur schwer prognostizieren. Nachdem von geo-
politischer Seite vor einigen Monaten – auch aufgrund der Char-
meoffensive des Iran - etwas Ruhe eingekehrt war, sind solche
Themen derzeit wieder zurück auf der Agenda. Was die längerfris-
tige Nachfrage anbelangt, verweisen wir auf das Kapitel zum Pri-
märenergiemix. Die dort angestellte Meta-Betrachtung der Lang-
fristausblicke (Horizont: 20 – 30 Jahre) von OPEC, BP, EIA und IEA
zeigt, dass die Ölnachfrage trotz recht optimistischer Annahmen
zum globalen BIP-Wachstum (Langfristwachstum bis zu 3,7 % p.a.)
nur moderat zulegen dürfte, vor allem dank deutlicher Verbesse-
rungen in der Energieintensität. Auf der Angebotsseite verschieben
sich derzeit aufgrund des starken Förderanstiegs außerhalb der
OPEC die Marktstrukturen.
Aktuelle Balance langfristig in Gefahr?
Der Ölmarkt ist aktuell im Gleichgewicht, vor allem wenn man die
Benchmark Brent betrachtet, die seit knapp drei Jahren um 110 US-
Dollar schwankt. Die historische Betrachtung zeigte jedoch – und
hier genügt ein Blick auf die Preisbewegungen – dass strukturelle
Verschiebungen des Preisniveaus vergleichsweise häufig gesche-
hen. Die aktuelle Balance kann daher nur vorübergehender Natur
sein, und es gibt genügend Konstellationen, die einen Ausbruch
nach unten bzw. nach oben auslösen könnten. Wie in der histori-
schen Betrachtung der Zyklen angedeutet, ist die Situation in den
frühen 80er Jahren am ehesten mit der heutigen vergleichbar. Soll-
te also die OPEC, um Marktanteilsverluste wegen des dynamischen
Wachstums der Ölförderung außerhalb der OPEC einzudämmen,
ihre Förderquote überraschenderweise ausweiten, sind stärkere
Preisrückgänge analog zu 1986 denkbar. Eine weitere historische
Parallele drängt sich aufgrund des aktuell etwas entschärften Atom-
konfliktes mit dem Iran auf: Als das „Öl-für-Lebensmittel“-Programm
mit dem Irak 1986 auslief, kamen die Preise bereits im Vorfeld der
Asienkrise 1987 unter Druck.
Energie
»Geopolitik ist derzeit das dominierende Thema am Ölmarkt. Sobald sich fundamentale Faktoren wieder durchsetzen, besteht Potenzial für sinkende Preise.«
Frank Klumpp, CFA
1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 19980
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Ölproduktion Irak (in Tsd. bpd, EIA)Ölpreis Brent (rechte Skala) (rechte Skala)
Quelle: Thomson Reuters
Output Irak und Brent (in USD/Barrel)
Seite 28 Commodity YearbookMai 2014
Gasoil das bedeutendste, Fuel Oil das günstigste ProduktNeben den im vorigen Kapitel untersuchten verschiedenen Ölsorten (u.a. Brent und WTI) sind sowohl für den Endver-braucher als auch für den Investor an den Rohstoffmärkten auch die Ölprodukte von Interesse. Die „Top-3“, gemessen am globalen Produktabsatz, sind Gasoil (Mitteldestillate), Mo-tor Gasoline („Mogas“) und Fuel Oil. Den höchsten Marktan-teil von rund 30 % vereint das Mitteldestillat Gasoil, das als Vorprodukt für Dieselkraftstoffe und Heizöl sowohl für Trans-port- als auch für Heizzwecke verbraucht wird. Rund 25 % der globalen Produktnachfrage entfallen auf Benzinprodukte. Knapp 9 % der Ölprodukte werden als Fuel Oil unter anderem in Schiffsdieselmotoren verbrannt. Das Schweröl „Fuel Oil“ ist ein Rückstandsprodukt im Raffinerieprozess, das aufgrund seiner Eigenschaften (hoher Schwefelgehalt, hohe Viskosität) als qualitativ minderwertiger einzustufen ist. In Verbindung mit der geringen Preiselastizität des Angebots – die Produk-tion von Fuel Oil lässt sich im Raffinerieprozess nur bis zu einem bestimmten Maß senken – ergibt sich daher auch der zuletzt rund 40 % günstigere Preis im Vergleich zu Benzin oder Gasoil.
Bedeutendste Handelsplätze Amsterdam und New YorkDie bedeutendsten Handelsplätze für Heizöl sind die NYMEX und die ICE. Die Kontrakte für US-Heizöl („Heating Oil“) an der NYMEX notieren in US-Cent pro Gallone und beziehen
sich auf 42.000 Gallonen, was 1.000 Barrel entspricht. Der Lieferort ist der Hafen von New York. An der ICE wird euro-päisches Heizöl („Gasoil“) gehandelt. Die ICE-Kontrakte notie-ren in USD und haben einen Umfang von 100 metrischen Ton-nen. Als Lieferort sind die die Hafenanlagen in der Region Antwerpen, Rotterdam und Amsterdam („ARA“) vorgesehen. Wie bei sämtlichen Rohwarenkontrakten dominiert bei Fällig-keit aber der Barausgleich.
Rückblick: Mitteldestillate 2013 etwas günstigerDie Preisentwicklung für europäische Mitteldestillate folgt naturgemäß weitgehend dem Preis für Nordseeöl „Dated Brent“, der Benchmark für knapp zwei Drittel der globalen Ölgeschäfte. Dementsprechend war die Preisentwicklung für das Mitteldestillat Gasoil vor allem von den Einflussfaktoren an den Rohölmärkten geprägt. Vordergründig hat sich hier im Jahresvergleich nicht viel getan: Am 31.12.2012 notierte die Benchmark Dated Brent auf Spotbasis bei 110,07 US-Dol-lar, ein Jahr später mit 110,25 US-Dollar nur marginal höher. Im Jahresverlauf machte sich die gute Versorgungslage den-noch im Preisniveau bemerkbar: Der für Verbraucher entschei-dende Durchschnittskurs lag 2,7 % unter Vorjahr. Naturgemäß übertrug sich dies auch auf den Markt für Ölprodukte. Weil sich die Raffineriemargen im Jahr 2013 aufgrund der hohen Wettbewerbsintensität weiter verschlechterten, lag der Durch-schnittspreis für eine Tonne Gasoil 2013 mit 918 US-Dollar
Gasoil
Von der Nachfrageseite nach Mitteldestillaten ist 2014 nur wenig zu erwarten, da in der Eurozone im laufenden Jahr gerade einmal ein Prozentpunkt BIP-Wachstum prognostiziert wird. Obwohl in dieser Betrachtung mit Großbritannien ein stärker wachsender Nachfrager fehlt,� dürfte� 2014� in� Europa� angesichts� der� Effizienzgewinne�wohl� kaum� ein� höheres�Nachfragewachstum als 2013 zu erwarten sein. Die IEA ist mit einem Minus von 20 000 Barrel noch am zuversichtlichsten. Die trotz des milden Winters in weiten Teilen Europas vergleichsweise niedrigen Lagerbestände sollten jedoch überproportionale Preisrückgänge relativ zu Brent abfedern.
2009 2010 2011 2012 20130
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Premium Gasoline ARA (bleifrei, 0,001 % Schwefelgehalt, USD/Tonne)Gasoil ARA (0,1 % Schwefelgehalt, in USD/Tonne)Fuel Oil ARA (1 % Schwefelgehalt, in USD/Tonne)
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Quelle: Thomson Reuters
Ölprodukte im Vergleich Quelle: Thomson Reuters
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Gasoil in USD/TonneGasoil in Euro/Tonne
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Gasoil in Euro und USD
Energie
Commodity Yearbook Mai 2014
Seite 29
Energie
rund 3,6 % unter Vorjahr. Für den hiesigen in Euro kalkulie-renden Verbraucher hat sich Gasoil wegen des festeren Euro-Dollarkurses im Durchschnitt während des Jahres 2013 um ca. 6,6 % auf 691 Euro verbilligt.
Heating Oil (USA) vs. Gasoil (Europa)Neben dem Ölpreis als Haupteinflussfaktor wirken sich auch Faktoren wie die Lagerbestände, die Raffineriekapazitäten und das Wetter auf den Preis für Heizöl aus. Da sich rund 70 % der US-Haushalte, die ihren Heizbedarf mit Heating Oil abdecken, im Nordosten der USA befinden, kommt insbeson-dere dem Klima in dieser Region eine hohe Bedeutung für die Preisbildung zu. Sofern die klimatischen Bedingungen im Nordosten der USA und in Europa stark differieren, sind tem-poräre Unterschiede in der Preisentwicklung zwischen Hea-ting Oil in den USA und Gasoil in Europa möglich. Insgesamt sollten die Preisunterschiede nicht allzu groß werden, da der Lieferort für Nymex Heating Oil der Hafen von New York ist und somit Arbitragemöglichkeiten gegeben sind – anders als im Rohölbereich, wo der WTI-Lieferort in Cushing, Oklahoma, eine Annäherung der Preise erschwert.
Wetter verteuert Heizöl in den USAWeite Teile der USA litten 2013/2014 unter einem überdurch-schnittlich kalten Winter, und wiesen daher überdurchschnitt-lich viele Heating Degree Days auf. Nach Angaben des Deut-schen Wetterdienstes war die Kältewelle die strengste seit 1994 bzw. 1996. Zwischenzeitlich erreichte die Kältewelle sogar die Golfküste; alle 50 Bundesstaaten vermeldeten Tem-peraturen unter dem Gefrierpunkt. Nach Angaben der Ame-rican Gas Association war der Januar 15,6 % kälter als voriges Jahr, und 5,6 % kälter als das langjährige Mittel. Auch die Monate November und Dezember fielen entsprechend kalt aus. Dagegen verlief der Winter in Europa vergleichsweise glimpflich. Dies macht sich auch in den relativen Preisen der Mitteldestillate bemerkbar: US-amerikanisches Heating Oil ist derzeit rund 1 % teurer als das europäische Pendant Gasoil. Damit ist das Arbitragefenster für europäische Raffinerien wieder geöffnet, und die Ostküste der USA ist ein potenziel-ler Absatzmarkt.
Der kalte US-Winter – ein Einmaleffekt, aber was für einer!?Ein überaus kalter Winter dieser Art führt zu einigen Verwer-fungen an den Märkten für Rohölprodukte. Der naturgemäße skizzierte Anstieg der Heizölnachfrage ist nur ein Aspekt. Auch die Stromnachfrage musste teilweise durch Ölkraftwer-ke gedeckt werden, die aufgrund des zwischenzeitlich erhöh-ten Gaspreises wieder interessant für die Versorger wurden. Außerdem sind Automobile bei diesen Temperaturen weniger effizient und verbrauchen daher mehr. Ein anderer Effekt dürf-te diesen physikalischen Zusammenhang jedoch überkom-pensieren: Die Menschen bleiben in einem solchen Umfeld eher zuhause, und das Automobil wird weniger bewegt. Auch Flüge müssen teilweise ausfallen. Per saldo dürfte der Effekt auf die Ölnachfrage insgesamt negativ gewesen sein; abschlie-ßende Daten liegen noch nicht vor. Dafür spricht auch, dass der Anteil der Haushalte, die mit Heating Oil heizen, abge-nommen hat. Waren es im Jahr 1991 noch knapp ein Fünftel der Haushalte in den USA, die auf Heizöl angewiesen waren, waren es zum letzten Zeitpunkt der Erhebung durch die EIA im Jahr 2009 („Residential Energy Consumption Survey“) nur noch weniger als 10 %. Dies lässt sich auch an der Gesamt-nachfrage nach Mitteldestillaten ablesen (vgl. Grafik).
2012 201390
95
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Ölpreis Brent (in USD/Barrel)Gasoil (in USD/Tonne)(rechte Skala) Source: Thomson Reuters Datastream
Quelle: Thomson Reuters
Brent und Gasoil
Quelle: Thomson Reuters
2010 2011 2012 2013-60
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Aufschlag Gasoil zu Heating Oil in US-DollarAufschlag Gasoil zu Heating Oil in Prozent (rechte Skala)
Aufschlag Gasoil zu Heating Oil
Quelle: Thomson Reuters
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Heating Degree Days USA population weighted (Quelle: EIA, NOAA)Nachfrage nach Mitteldestillaten USA (in Tsd. Barrel pro Tag)
Heating Degree Days und Nachfrage nach Mitteldestillaten
Seite 30 Commodity YearbookMai 2014Energie
Lagerbestände Mitteldestillate USA & EuropaZur Beurteilung der Gasoil-Preisentwicklung sollten daher auch die Lagerbestände sowohl in Europa als auch im Osten der USA betrachtet werden. In der Eurozone lagern mit aktu-ell 372 Mio. Barrel Heizöl und Diesel vergleichsweise wenig Mitteldestillate. Am Ende der Heizperiode kann man jedoch nicht von einer Knappheit sprechen, zumal auch die Nach-frage von der Transportseite aufgrund der schwachen Kon-junktur verhalten bleiben dürfte. An der US-Ostküste lagern mit 35,9 Mio. Barrel nach dem harten Winter entsprechend wenig Ölprodukte aus dem mittleren Destillatbereich, was die Preise insgesamt stützen dürfte.
EXKURS: Crackmargen
Ein entscheidender Faktor für den Preis von Gasoil - neben Ver-
fügbarkeit und Preis des Inputfaktors Rohöl - sind die Raffinerie-
kapazitäten und deren Preise („Margen“). Diese sind ein Indikator
für die Rohertragsmarge einer Raffinerie, da sie die Inputkosten
mit den Outputerlösen vergleichen, ohne jedoch weitere variable
und fixe Kosten zu berücksichtigen. Der 3:2:1-Spread ist eine be-
liebte Schätzung für die allgemeine Margensituation, drückt er
doch näherungsweise den typischen Output einer Raffinerie (3
Barrel Öl ergeben 2 Barrel Benzin sowie 1 Barrel Mitteldestillate)
aus. Tatsächlich fallen jedoch weitere Produkte an (z.B. Fuel Oil),
und auch das Verhältnis der Hauptprodukte Benzin und Mittelde-
stillate kann in bestimmten Grenzen verändert werden. Die fol-
gende Grafik zeigt die Raffinerieerlöse der US-Raffinerien in den
letzten 20 Jahren. Hier fällt u.a. ein steigender Anteil der Mittel-
destillate auf, der auch auf die Modernisierung der Raffineriean-
lagen zurückzuführen sein dürfte.
1) Distillate Fuel Oil; überwiegend Heating Oil und Diesel 2) und andere Vorprodukte für petrochemische Prozesse.3) u.a. Schmierstoffe, Petroleumkoks, Asphalt/Bitumen.4) Processing Gains sind Volumengewinne, d.h. die prozentuale Volumensteigerung des Produktoutputs zum Rohöloutput, der während des Raffinerieprozesses entsteht. Diese entstehen, weil der Output insgesamt eine geringere Dichte als der Inputfaktor Rohöl aufweist.
Um die Margensituation einzelner Produkte zu beurteilen, ist der
„direkte“ 1:1 Crack Spread heranzuziehen, auch wenn solch eine
Betrachtung mit der tatsächlichen Ökonomie eines Raffineriepro-
zesses nur wenig gemein hat. In dem nachstehenden Chart ist
die Raffineriemarge anhand von Front-Month-Futures am Beispiel
eines Brent/RBOB/Heating Oil Spreads berechnet. Dieser eignet
sich zur Beurteilung der Profitabilität von Raffinerien des atlanti-
schen Beckens (v.a. USA Golfküste und Ostküste sowie Europa),
da hier auf der Produktseite Arbitragemöglichkeiten bestehen und
auch der Preis des Inputfaktors Öl derzeit stark mit der Bench-
mark Dated Brent korreliert.
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Lagerbestände Mitteldestillate PADD1 Ostküste USA (EIA, in Mio Barrel)Lagerbestände Mitteldestillate Eurozone (Euroilst., in Mio Barrel)(rechte Skala)
Lagerbestände Mitteldestillate
Quelle: Thomson Reuters
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1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011-20
0
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100
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LRG (Ethan, Propan, Butan) Benzin KerosinMitteldestillate
1)Fuel Oil Naphta
2)
Sonstige3)
davon: Prozessgewinne4)
Quelle: EIA
Raffinerieerträge in % des Rohöleinsatzes nach Produkten USA
Quelle: Thomson Reuters
M J J A S O N D J F M A M J J A S O N D J F M0
5
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20
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30
3 2 1 Crack: 3 Brent 2 Gasoline 1 Heating Oil (in USD/bbl, Front month)4-Jahres-Durchschnitt
0
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15
20
25
30
Source: Thomson Reuters Datastream
3-2-1 Marge Brent/RBOB/Heating Oil
Commodity Yearbook Mai 2014
Seite 31
Energie
Gasoil-Margen unter langjährigem DurchschnittsniveauZuletzt lagen die Raffineriemargen für Gasoil auf vergleichs-weise niedrigem Niveau; europäische Raffinerien erlösen zur Produktion von Gasoil aktuell um 12,00 USD pro Barrel. Dies liegt unter dem langjährigen Durchschnitt von 14 USD. Damit hat Gasoil in dieser Betrachtung seine Überbewertung mehr als abgebaut – zwischenzeitlich wurden 2012 pro Barrel über 20 USD erlöst.
Neue Kapazitäten in Asien und NahostDie Entwicklung der Ölnachfrage wurde bereits beleuchtet. Der Trend, wonach diese in Schwellenländern ein robustes Wachstum aufweist, während die Nachfrage in Industrienati-onen bestenfalls stagniert, macht sich auch im Downstream-Bereich bemerkbar. So wandern die Kapazitäten sukzessive dorthin, wo die lokale Nachfrage nach Ölprodukten auftritt. Neue Raffineriekapazitäten lösen aus Sicht des Verbraucher-landes zwei Probleme: a) Ein Teil der Wertschöpfungskette ist im Heimatland, was sich positiv für das BIP auswirkt, b) Auf Veränderungen im Nachfrage-Produktmix kann mittels Modifikationen im Raffineriebetrieb kürzerfristig reagiert werden. Vor diesem Hintergrund überrascht es kaum, dass nach Angaben der IEA im Jahr 2013 in Nicht-OECD-Staaten 1,5 mbpd neue Kapazitäten in Betrieb gingen, während die Kapazitäten in OECD-Staaten um 315 tbpd reduziert wurden. Der Großteil der Kapazitätsausweitungen erfolgte in Asien, vor allem in China. Dort gingen in Pengzhou 200 tbpd, in Quanzhou 240 tbpd und in Yangzi und Anquing weitere Raf-finerien ans (Ölversorgungs-)Netz. 2014 soll sich dieser Trend fortsetzen, wobei das Gros in Indien kurz vor der Fertigstel-lung steht. Erwartet wird ein Kapazitätsausbau außerhalb der OECD in Höhe von 1,7 mbpd, davon 59 % in Asien und in Nahost 26 %.
Raffinerie-Wettbewerbssituation spricht gegen MargenplusAngesichts der angespannten Wettbewerbssituation auf dem europäischen Raffineriemarkt dürfte das Risiko größerer Mar-genausschläge nach oben begrenzt sein. Im September 2013 wurde laut Angaben der IEA wegen saisonalen Wartungsar-beiten und schwacher Margensituation in Europa der nied-rigste Raffinerieoutput seit April 1991 gemessen. Mittlerwei-le ist bereits die nächste Wartungssaison im Gange; an der schwachen Wettbewerbssituation ändert sich jedoch nichts. Die Grafik zeigt die Verschiebung der Kapazitäten, nachdem vor allem in Asien und Nahost neue Raffinerien in Betrieb ge-hen. Dagegen leidet Europas Raffineriemarkt weiter an Über-kapazitäten, obwohl der Mix aus sinkender Produktnachfrage und gestiegenem Wettbewerb bereits zu Schließungen geführt hat.
Quelle: Thomson Reuters
2009 2010 2011 2012 20134
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Gasoil/Brent Crude Spread USDGleitender Durchschnitt 4 Jahre
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Crack-Marge Brent-Gasoil25
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AmerikaEuropaAsien/Nahost
Quelle: Bloomberg, LBBW
Raffineriekapazitäten (in mbpd)
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Quelle: Bloomberg, LBBW Research
AmerikaEuropaAsien/Nahost
Raffinerieausfälle (in mbpd)
Seite 32 Commodity YearbookMai 2014Energie
Backwardation weiterhin intaktDie Backwardation-Situation bei Gasoil ist weiterhin intakt. Mit unter 1 % p.a. ist diese jedoch weniger ausgeprägt als bei Brent, wo der Preis auf Sicht von 12 Monaten 5 % unter den Spotpreisen gehandelt wird. Zum Teil dürfte die Backwarda-tion von Gasoil auf die mittelbare Knappheit von Brent zu-rückzuführen sein, teilweise jedoch auch auf die unmittelba-re Knappheit von Gasoil selbst, die sich an den niedrigen Lagerbeständen diesseits und jenseits des Atlantiks ablesen lässt. Solange Brent strukturell knapp bleibt, wovon wir zu-nächst ausgehen, dürfte auch die Backwardation-Situation bei Brentöl intakt bleiben. Dies dürfte sich auch entsprechend auf die Gasoil-Terminkurve auswirken, zumindest so lange die Lagersituation angespannt bleibt.
Ölnachfrage Europa
2013 (in mbpd) 2014 (in mbpd) Δyoy 2014 Δyoy% 2014
IEA 13,65 13,63 -20000 -0,15%
OPEC 13,59 13,44 -150000 -1,10%
EIA 13,63 13,57 -60000 -0,44%
Quelle: IEA OMR, EIA STEO, OPEC MOMR
FazitVon der Nachfrageseite nach Mitteldestillaten ist 2014 nur wenig zu erwarten, da in der Eurozone im laufenden Jahr ge-rade einmal ein Prozentpunkt Wachstum prognostiziert wird. Obwohl in dieser Betrachtung mit Großbritannien ein stärker wachsender Nachfrager fehlt, dürfte 2014 in Europa ange-sichts der Effizienzgewinne wohl kaum ein höheres Nachfra-gewachstum als 2013 zu erwarten sein. Die IEA ist mit einem Minus von 20 000 Barrel noch am zuversichtlichsten. Die trotz des milden Winters in weiten Teilen Europas vergleichsweise niedrigen Lagerbestände sollten jedoch überproportionale Preisrückgänge relativ zu Brent abfedern. Außerdem spricht die Wettbewerbssituation auf dem Raffineriemarkt gegen nachhaltige Margenanstiege. Wir gehen davon aus, dass die übergeordneten Trends von der Rohölseite von größerer Be-deutung für die Preisentwicklung sein dürften. Hier erwarten wir eine moderate Abwärtsbewegung. Die Rohölmärkte dürf-ten angebotsgetrieben bleiben, sofern negative Überraschun-gen auf der Nachfrageseite ausbleiben. Daher erwarten wir zum Jahresende Gasoilpreise von rund 850 US-Dollar, wobei günstigere Preise im Jahresverlauf nicht überraschen sollten.
Frank Klumpp, CFA
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AktuellVor 1 MonatVor 3 Monaten
Quelle: Bloomberg, LBBW Research
Terminkurve Gasoil (in USD/t)
Commodity Yearbook Mai 2014
Seite 33
Energie
US-Natural Gas auf ErholungskursNachdem der Spot-US-Gaspreis Henry Hub 2012 mit rund 2,25 USD/MMBtu ein mehrjähriges Tief erreicht hatte, stabilisier-ten sich die Preise. In den letzten 24 Monaten hat sich der Preis wieder erholt, zu Beginn des Jahres hat sich die Erho-lung vor allem durch den heftigen Wintereinbruch in den USA noch verstärkt. Mit aktuell rund 4,50 US-Dollar ist US-Natural Gas im historischen Vergleich nach wie vor sehr günstig.
Das Phänomen steigender Ölpreise & gleichzeitig sinkender US-Gaspreise führte dazu, dass das Verhältnis zwischen ei-nem Barrel Brent und einer MMBtu (Millionen Britische Ther-mal Units) US-Gas zwischenzeitlich auf das 60-fache anstieg! Die übliche Bandbreite im letzten Jahrzehnt lag bei dem 5- bis 10-fachen. Ein wesentlicher Grund für das nach wie vor günstige Preisniveau ist das steigende Angebot an unkon-ventionellem Gas.
Starkes Wachstum in den USA Im letzten Jahrzehnt legte die Förderung trockenen Schiefer-gases („Shale Gas“) in den USA von etwas über einer Mrd. Ku-bikfuß pro Tag (bcf/d) im Jahr 2000 auf 25,7 bcf/d im Jahr 2012 zu, was mittlerweile knapp 39 % der gesamten US-Gas-produktion entspricht. Dieser Anteil dürfte angesichts des Schiefergasbooms weiter ansteigen. Offenbar ist selbst die US-Statistikbehörde des Energieministeriums EIA überrascht vom Schiefergasboom. Bereits im Vorjahr (AEO2013 Early Re-lease) hatte sie ihre langfristige Projektion für die US-Gasför-derung um 8 % angehoben. Auch der 2014er Early Release brachte weitere Aufwärtsrevisionen der Langfristprognose, 2040 wird nun eine jährliche Gasproduktion (Gesamt, incl. Shale) von 1.074 Mrd. Kubikmeter erwartet, vor rund einem Jahr waren dies noch 948 Mrd. Kubikmeter (vgl. Grafik).
US-Natural Gas
Die Kurve der Nymex-Futures zeigt 1) die saisonale Komponente des Gaspreises durch höhere Preise in den Wintermonaten und 2) eine u.a. durch die hohe Angebots-/Nachfragediskrepanz auf dem Spotmarkt verursachte ausgeprägte Backwardation-Situation auf Jahressicht. Eine solche Backwardation ist bei Erdgas aufgrund der hohen Lagerkosten - nur Elektrizität ist teurer - nur sehr selten zu beobachten. Derzeit ist der Preis für US-Natural�Gas�vor�allem�durch�den�zuletzt�harten�Winter�in�weiten�Teilen�der�USA�beeinflusst,�und� die� Lagerbestände� befinden� sich� –� ganz� im�Gegensatz� zur� Lage� in� Europa� –� auf�langjährigen Tiefständen.
Spotpreis Natural Gas Henry Hub USD/MMBtu
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Natural Gas-Henry Hub $/MMBTU
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Quelle: Thomson Reuters
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Verhältnis Barrel Brent / Natural Gas Henry Hub MMBTU
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Verhältnis Spotpreis Brent/Natural Gas
Quelle: Thomson Reuters
Seite 34 Commodity YearbookMai 2014Energie
Auch kurzfristig ist die Veränderung der Erwartungen („sur-prise factor“) nach oben gerichtet. In ihrem monatlichen Re-port „Short Term Energy Outlook“ veröffentlicht die EIA ihre Erwartungen für einen kürzerfristigen Zeithorizont; auch die-se wurden zuletzt regelmäßig nach oben revidiert.
Reserveschätzungen erstmals nach unten revidiertSchätzungen über Gasvorkommen sind mit viel Unsicherheit behaftet, zumal viele Regionen nicht ausreichend erforscht sind. Die Internationale Energieagentur schätzte in ihrem 2012er Report „Golden Age of Gas“, dass weltweit rund 921 Bio. m3 unkonventionellen Gases im Erdreich verborgen sind - fünfmal so viel wie in konventionellen Vorkommen. Damit würden die Gasvorkommen bei aktuellen Produktionsraten erst in 250 Jahren zur Neige gehen. Die Angaben von BP sind etwas konservativer, vgl. Grafik.
Bis zum Jahr 2013 hat BP die Reserveschätzungen - zuletzt auch aufgrund der verbesserten Fördertechnologien - konti-nuierlich angehoben. Aktuell werden sichere („proved“) glo-bale Reserven von 187,3 Bio. m3 gesehen. Bei aktuellen Pro-duktionsraten reichen die globalen Gasreserven damit noch rund 56 Jahre. Allerdings sind die unkonventionellen Reser-ven in diesen BP-Schätzungen lediglich im „Shale-Gas“-Pio-nierland USA ansatzweise berücksichtigt. Im letzten Review Mitte 2013 hat BP erstmals seit 1980, als BP das Coverage dieser Datenreihe aufnahm, die globalen Gasreserven leicht
nach unten revidiert. Dies ist auf das reduzierte Preisniveau, vor allem in den USA, zurückzuführen. Da die Größe „proved reserves“ nicht nur technische, sondern auch wirtschaftliche Machbarkeit berücksichtigt, schlagen die günstigen Preise entsprechend negativ ins Reserve-Kontor.
Der Schiefergasboom ist vor allem in den USA in vollem Gan-ge. Der Export der „Idee“ bzw. der Fördertechnologien ge-staltet sich aus verschiedenen Gründen etwas problematisch. Unkonventionelle Vorkommen, die hierfür geeignet wären, gibt es zuhauf – die EIA hat die Chancen auf Basis technolo-gischer Machbarkeit im Vorjahr erhoben und dabei allein drei Länder mit größeren Reserven als in den USA ermittelt (vgl. Grafik).
Warum unkonventionell?Unkonventionelles Erdgas unterscheidet sich in der Zusam-mensetzung nicht von konventionellem Erdgas. Der Terminus „unkonventionell“ bezieht sich auf die Technik, die zur Ge-winnung des Gases eingesetzt wird. Bei konventionellem Erd-gas muss lediglich eine vertikale Bohrung in die Lagerstätte erfolgen, damit das Gas auf Grund des natürlichen Lager-drucks automatisch an die Oberfläche strömen kann. Im Ge-gensatz zu den konventionellen Vorkommen befindet sich das unkonventionelle Gas nicht in durchlässigen Gesteins-schichten, sondern in kleinsten Poren und Bruchzonen im Gestein. Die größten Vorkommen sind in Schiefer eingeschlos-sen. Aber auch in Tonschichten und Tundraböden finden sich Vorräte.
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Schätzungen AEO 2013
Schätzungen AEO 2014 Early Release
US-Produktion Natural Gas (in Mrd. Kubikmeter)
Quelle: EIA
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Total North America
Total S. & Cent. America
Total Europe & Eurasia
Total Middle East
Total Africa
Total Asia Pacific
1992: 117,6
2002: 155,1
2012: 187,3
Verteilung der Reserven (in Bio. Kubikmeter)
Quelle: BP, Cedigaz, OPEC
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1980 1985 1990 1995 2000 2005 20100
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Globale Gasreserven (in Bio. Kubikmeter)
Quelle: BP, Cedigaz, OPEC
0 5 10 15 20 25 30 35
Kanada
USA
Algerien
Argentinien
China
Schiefergasvorkommen (in Bio. Kubikmeter)
Quelle: EIA
Commodity Yearbook Mai 2014
Seite 35Energie
Schiefergas – Eine RevolutionDank neuer Technologien erlebt die Gasförderung derzeit eine Revolution, verbunden mit den skizzierten hohen Wach-tumsaussichten. Mit der neuen Bohrtechnik „Fracking“ lässt sich Erdgas aus Schiefergestein fördern. Dabei wird zunächst vertikal gebohrt, bis die gasführenden Gesteinsschichten er-reicht werden. Anschließend wird der Bohrvorgang horizontal weitergeführt (vgl. Grafik). Damit das Gas entweichen kann, wird das Gestein durch eine Mischung aus Wasser, Chemika-lien und Quarzkügelchen unter hohem Druck (ca. 1.000 bar) in Tausende Stückchen gesprengt. Dieses spezielle Druckver-fahren bezeichnet man als Fracking. Später wird das einge-setzte Gemisch teilweise aus dem Bohrloch wieder entfernt. Der Rest verbleibt jedoch im Boden.
EXKURS: Umweltbedenken ...
Insbesondere die Verwendung der über 500 verschiedenen Che-
mikalien ruft vermehrt Umweltschützer auf den Plan, die folgen-
de Risiken um die neue Fördertechnologie thematisieren:
1) Fracking benötigt große Wassermengen, die die regionale Was-
serversorgung aus dem Gleichgewicht bringen können.
2) Die Verwendung teilweise gefährlicher Chemikalien kann u.a.
das Grundwasser verseuchen.
3) Die großen Wassermengen verursachen entsprechende Abwas-
sermengen, die teilweise kontaminiert sind und entsprechend
entsorgt werden müssen.
4) Zudem könnte Fracking kleine Erdbeben verursachen, die je-
doch kein Sicherheitsrisiko darstellen sollten. Alles in allem füh-
ren diese Bedenken – und teilweise lokal auftretende Zwischen-
fälle – zu einer negativen Presse um Fracking.
... wurden relativiert
Zwei Forscher haben 2012 mit einer Studie über die Umweltfolgen
von Fracking für Aufsehen gesorgt. Die 414 Seiten starke Studie
trennt „Fakten von Fiktion“, so die beiden Wissenschaftler Charles
Groat und Danny Reible, die das Energieinstitut der Universität
von Texas leiten. Sie sehen zwar ebenfalls Umweltprobleme, die
jedoch auch bei konventionellen Fördermethoden auftreten. Zu-
dem seien zwar Umweltschäden verursacht worden, die jedoch
aus menschlichem Versagen und der Missachtung von Vorschrif-
ten resultierten. Allerdings geben die Forscher auch zu bedenken,
dass die Langfristfolgen unbeantwortet bleiben.
Umweltschutzdiskussion auch hierzulande
Auch in Deutschland dominieren derzeit eher die Umweltbeden-
ken als die positiven Aspekte der Rohstoffversorgung die Diskus-
sion. Laut einer Studie des Umweltbundesamtes könnte Deutsch-
land mit 1,3 Bio. m3 erschließbarem Potenzial rund 13 Jahre des
gesamten heimischen Gasbedarfs decken. Dennoch rät das UBA
von einem „großtechnischen Einsatz“ ab und warnt vor der Fra-
cking-Technologie. Demgegenüber kam das Bundesamt für Geo-
wissenschaften und Rohstoffe (BGR) zu dem Ergebnis, dass die
Umweltrisiken bei gründlicher Planung beherrschbar seien.
Umweltverträgliches Fracking möglich?
Gemeinsam mit den Institutionen GFZ und dem Hemholtz Zent-
rum für Umweltforschung UFZ trägt das BGR in Deutschland maß-
geblich zu einer sachlichen Diskussion über Fracking bei. Als Fa-
zit der Konferenz der drei Institutionen mit dem Thema „Umwelt-
verträgliches Fracking“ wurden folgende Schlussfolgerungen
abgeleitet:
1) Die Förderung von Schiefergas kann einen wichtigen Beitrag
zur Rohstoffversorgungssicherheit in Deutschland leisten.
2) Der Schutz des Trinkwassers muss oberste Priorität haben.
3) Ob Fracking umweltverträglich möglich ist, kann nicht pauschal
beantwortet werden. Hierfür sind fallweise Umweltverträglichkeits-
prüfungen unter Beteiligung der Umweltverwaltung und Wasser-
behörden durchzuführen.
4) Der Einsatz und die Entwicklung der Technologie zur Schiefer-
gasgewinnung in Deutschland erfordern ein transparentes und
schrittweises Vorgehen, beginnend mit Demo-Projekten, in die
alle Beteiligten einbezogen werden können.
Gas hat VorteileUnter den fossilen Energieträgern belastet Erdgas nach Mei-nung der meisten Experten am wenigsten das Klima pro Me-gawatt Leistung. Der CO
2-Ausstoß von Gaskraftwerken beläuft
sich auf rund die Hälfte konventioneller Kohlekraftwerke. Da-rüber hinaus sind Gaskraftwerke sehr flexibel regelbar und gleichen die Schwankungen bei erneuerbaren Energien wie Wind und Sonne perfekt aus. Die nur halb so hohen Baukos-ten von Gas- gegenüber Kohlekraftwerken führen dazu, dass sie auch bei geringer Auslastung wirtschaftlich arbeiten.
Quelle: EIA
Erdgasfalle (konventionell)Gas sammelt sich ausdarunterliegender Lagerstätte
Gas in tiefenGrundwasser-schichten
Erdgas inKohleflözen
Undurchlässige Gesteins-oder Tonschicht
Sandstein
GasreicheSchieferschichten
“Dichte” Erdgas-Speicher(wenig durchlässigerSandstein)
Gashydratunterhalbetwa 300 mWassertiefe
Erdgas überÖllagerstätten(konventionell)
Unkonventionelle Gasförderung, Querschnitt
Foto
: Thi
nkst
ock
Seite 36 Commodity YearbookMai 2014
Gleicher Brennwert, unterschiedlicher PreisDas hohe Angebot an „Shale Gas“ hat in den USA zu sehr niedrigen Gaspreisen geführt. Um diese günstigen Preise mit den (aktuell hohen) Ölpreisen zu vergleichen, sind diese ent-sprechend zu normieren. Dies kann z.B. auf Basis von Öläqui-valenten (barrel oil equivalent, boe) erfolgen. Eine boe ent-spricht einem Barrel Erdöl oder 6.000 Kubikfuß Erdgas, da der Energiegehalt von 1.000 Kubikfuß Erdgas einem Sechstel des Energiegehaltes eines Barrels Erdöl entspricht. Henry Hub Gas wird derzeit für rund 27 USD/boe gehandelt, über 80 % unter Brent Spot. Oder, auf Basis von Gas-Energiewerten: Hen-ry Hub Spot Gas kostet ca. 4,50 USD/MMBtu, während die verschiedenen Ölsorten zwischen USA und Asien zwischen 17 und 20 USD/MMBtu kosten.
Es ist unwahrscheinlich, dass eine solch ausgeprägte Diskre-panz langfristig Bestand hat, da (nationale und internationa-le) Abnehmer durch diese Preisdifferenz hohe Anreize zur Substitution der fossilen Energieträger Öl & Kohle haben.
Kohle-Gas-Switch: Spiegelbild Europa-USADie US-Schiefergasproduktion führte vor allem im Stromsek-tor – sowohl in den USA selbst als auch in Europa – zu kräf-tigen Verschiebungen im Energiemix. Der günstige Preis von US-Erdgas motivierte die Stromkonzerne, Kohlekraftwerkska-pazitäten durch Gaskraftwerkskapazitäten zu ersetzen, wo-durch Gaskraftwerke 2012 einen neuen Output-Rekord (1.295
TwH) erzielten. Das Klima freut´s, denn der US-amerikanische Coal-to-Gas-Switch brachte nach Berechnungen von BP letzt-lich eine CO
2-Reduzierung von 164 Millionen Tonnen! Spie-
gelverkehrte Welt in Europa: Hier schlug die nun in den USA nicht mehr benötigte Kohle auf – der überschüssige Rohstoff wurde zu günstigen Preisen angeboten, was die hiesigen Stromkonzerne im Umfeld hoher Gaspreise den umgekehrten Weg beschreiten und Kohlekraftwerke in Betrieb nehmen ließ. Der Gas-to-coal-switch in Europa führte zu einer Erhöhung der Kohlenstoffdioxid-Emissionen um 21 Mio. Tonnen! Dies, obwohl in Europa die Politik den Klimaschutz deutlich stärker auf der Agenda hat als in den USA – marktregulierende Me-chanismen wie CO
2-Zertifikate verfehlten also ihre Wirkung.
Die Schere zwischen Kohle- und Gaspreise hat sich zuletzt wieder geschlossen, was den Coal-to-Gas-Switch für die Ener-gieversorger unattraktiver macht.
Industrie weiterer ProfiteurAuch die Industrie, die ebenfalls rund 30 % der US-Gasnach-frage auf sich vereint, hat in den letzten drei Jahren mehr Gas nachgefragt. Dies könnte sich künftig fortsetzen, da der Pro-zess der Reindustrialisierung Amerikas erst begonnen haben dürfte. Vor allem die Chemieindustrie profitiert vom günsti-gen Einsatz von Natural Gas bei der Produktion von Ethylen.
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Holz Kohle Heizöl Erdgas
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Quelle: TIGAS
CO -Emissionen in Gramm CO /KWh im Abgas2 2
Harmonisierte Energiepreise
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Singapore Oil in USD/MMBtuBrent in USD/MMBtuWTI in USD/MMBtuNatural Gas Henry Hub in USD/MMBtu
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Quelle: EIA
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Kohlepreis (ICE, ARA, in US-Dollar/Tonne)Ölpreis Brent (in US-Dollar/Barrel)US-Natural Gas (in USD/mmBtu) (rechte Skala)
Preise Kohle, Rohöl, Erdgas
Quelle: Thomson Reuters
Gasnachfrage USA - Industrie und Versorger
Quelle: Thomson Reuters
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US-Gasnachfrage Industrie (in bcf)US-Gasnachfrage Versorger (in bcf)
Energie
Commodity Yearbook Mai 2014
Seite 37
Gas weniger einfach zu transportierenIm Gegensatz zum Weltölmarkt kann von einem Weltgasmarkt keine Rede sein. Dies hängt von der im Vergleich zum Öl er-heblich komplexeren Lagerungs- und Transportproblematik zusammen. Um den Handel mit Gas zu beleben und andere Energieformen zu substituieren, sind vor allem Investitionen in Infrastruktur erforderlich. Zwar ist es zu einem Weltgas-markt noch ein weiter Weg. Investitionen in Pipelines, Kraft-werke, LNG (Liquified Natural Gas)-Verflüssigungskapazitäten, LNG-Tanker und LNG-Hafenterminals dürften jedoch zu einer steigenden Nachfrage und damit auch einem höheren Anteil von Gas am Weltenergiemarkt führen.
Flüssiggas im KommenDer Gasmarkt wird aber auch durch technische Fortschritte bei der Gasverflüssigung flexibler. LNG ist Erdgas, das auf bis zu -164 Grad Celsius abgekühlt und dadurch auf ein Sechs-hundertstel seines Volumens komprimiert wird. Gas kann so per Spezialschiff statt per Pipeline transportiert werden und damit große Distanzen relativ kostengünstig überwinden.
Gasmarkt global 2012 (in Mrd. m3)
Welt-Gasproduktion 3363,90
davon importiert/exportiert 1033,40 30,7%
davon via Pipeline 705,5 68,2%
davon via LNG 327,90 31,7%
Quelle: BP
Aktuell werden bei steigender Tendenz rund 32 % des welt-weit grenzüberschreitend gehandelten Erdgases als LNG transportiert. Auf der Exportseite ist das Königreich Katar mit Verflüssigungskapazitäten von 100 Mrd. Kubikmetern p.a. zur Zeit weltweit der größte Anbieter. Im Vergleich zum Vor-jahr sank der Welthandel mit LNG (verflüssigtes Erdgas) im Jahr 2012 um knapp 0,5 %. Dieser Rückgang dürfte u.E. je-doch nur ein kurzes Intermezzo sein, zumal neue Infrastruk-turprojekte (Singapur, USA) bereits im Bau sind.
EXKURS: Cheniere-Energy – vom Pionier zum Pure-Play
Wohl kaum ein Chart erzählt die wundersame Verwandlung des
Energielandes Amerika von der Jahrtausendwende bis heute bes-
ser als der Aktienkurs von Cheniere Energy. Noch im Jahr 2006
hatte der Gründer von Cheniere mit Hilfe von Krediten in Höhe
von über 2 Mrd. USD ein Importterminal gebaut. Der kräftige Öl-
preisanstieg sowie die Gasschwemme als Folge der unkonventio-
nellen Fördermethoden torpedierten das Geschäftsmodell jedoch
rasch. Nun setzt Cheniere seinen Fokus auf den Gasexport: Nach-
dem der erste Teil des Exportterminals „Sabine Pass“ genehmigt
wurde, konnte im September 2012 mit dem Bau begonnen wer-
den. Cheniere Energy sicherte sich den Betrieb des Terminals über
langfristige Kontrakte mit British Gas (UK), Gas Natural Fenosa
(Spanien) und Gail (Italien). Demnach erwerben die internationa-
len Energiekonzerne in den nächsten zwanzig Jahren Flüssiggas
im Wert von über 28 Mrd. USD. Cheniere erhält 115 % des Henry
Hub Spotpreises zuzüglich einer Prämie von 2,25 USD/MMBtu.
Die ersten Lieferungen werden Mitte 2015 (Train 1 und 2) bzw.
Mitte 2016 (Train 3 und 4) erwartet. Das Exportvolumen aller bis-
her genehmigten Anlagen liegt bei 6,4 bcf/d. Zwischenzeitlich
liegen weitere Anträge von Cheniere Energy (Sabine Pass 5 & 6,
Corpus Christi) und anderen Unternehmen in der Warteschleife
beim US-Energieministerium.
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Quelle: IEA, Daten bis 2015 derzeit im Bau befindlich, Schätzungen 2020 auf Basisvon bereits geplanten bzw. kurz vor der Genehmigung stehenden Projekten
LNG-Produktionskapazitäten nach Regionen
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Cheniere Energy
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Aktienkurs Cheniere (in USD)
Quelle: Thomson Reuters
Energie
Seite 38 Commodity YearbookMai 2014
Normalisierung dürfte eine Weile dauernDie Kurve der Nymex-Futures zeigt 1) die saisonale Kompo-nente des Gaspreises durch höhere Preise in den Wintermo-naten und 2) eine u.a. durch die hohe Angebots-/Nachfrage-diskrepanz auf dem Spotmarkt verursachte ausgeprägte Back-wardation-Situation auf Jahressicht. Eine solche Backwar- dation ist bei Erdgas aufgrund der hohen Lagerkosten - nur Elektrizität ist teurer - nur sehr selten zu beobachten. Derzeit ist der Preis für US-Natural Gas vor allem durch den zuletzt harten Winter in weiten Teilen der USA beeinflusst, und die Lagerbestände befinden sich – ganz im Gegensatz zur Lage in Europa – auf langjährigen Tiefständen. Hinzu kommen spe-kulative Kräfte, die den Preis zusätzlich nach oben getrieben haben. CFTC-Daten zufolge setzen derzeit soviele Anleger wie schon lange nicht mehr auf weiter steigende Preise. Soll-te sich die Situation wieder normalisieren, warten viele Anle-ger auf Glattstellung, was die Preise wieder drücken dürfte. Eine Normalisierung dürfte jedoch noch eine Weile dauern, da zum Einen das Angebot nur mit Zeitverzögerung auf das gestiegene Preisniveau reagiert, und zum Anderen die geleer-ten Lager erst einmal über das saisonübliche Maß hinaus auf-gefüllt werden müssen. Dagegen dürfte die Nachfrage aus dem Versorgersektor abnehmen, da der Coal-to-Gas-Switch zum erhöhten Preisniveau weniger attraktiv ist. In den kom-menden Monaten erscheint ein Preisniveau um zwischen 4 und 5 US-Dollar realistisch. Erst mittel- bis längerfristig kön-nen aufgrund der skizzierten langfristigen Kontrakte und den Investitionen in Infrastruktur weitere Arbitragemechanismen greifen und noch höhere Preisniveaus erreicht werden.
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Quelle: Thomson Reuters
Erdgas Henry Hub (Nymex Front Month Future) (in USD/MMBtu)
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Natural Gas Forward-Kurve (in USD/MMBtu)
Quelle: Thomson Reuters
2012 2013 2014-150
-100
-50
0
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6.50
Net long Managed Money CFTC (in 100.000 Kontrakten)Natural Gas Henry Hub (Front Month Future) (rechte Skala)
Natural Gas Net Long spekulative Investoren
Quelle: CFTC, Bloomberg, LBBW
Lagerbestände Natural Gas (in Mrd. Kubikfuß)
Quelle: EIA, Bloomberg, LBBW
0
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Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Aug Sep Okt Nov Dez2014Durchschnitt (2004-2013)Max-Min (2004-2013)
2013
Energie
Commodity Yearbook Mai 2014
Seite 39
Erdgas
Der Gasmarkt in Europa vollzieht gegenwärtig einen fundamentalen Wandel in der Preisbildung. Bis vor wenigen Jahren waren fast ausschließlich ölpreisgekoppelte Gaslieferverträge üblich, inzwischen emanzipiert sich der Gasmarkt aber sukzessive von dieser traditionellen Ermittlung der Preise. Der Grund dafür ist vor allem in immer weiter verbesserten Transport- und Speichermethoden für Gas zu sehen.
Traditionelle Ölpreiskoppelung und SpotmärkteIm Sommer 2013 veröffentlichten die Nachrichtenagenturen das Ergebnis eines Schiedsgerichtsverfahrens vor der Inter-nationalen Handelskammer in Wien. Der russische Erdgas-produzent Gazprom muss die mit RWE bestehenden bisher ölpreisgekoppelte Gaslieferverträge um eine Gas-Spotpreis-Komponente erweitern und einen dreistelligen Millionenbe-trag - für in der Vergangenheit nach Ansicht des Schiedsge-richtes zu hohe Gasrechnungen - zurückerstatten. Schon 2012 hatten sich Gazprom und E.ON auf eine Rückerstattung bzw. Preisanpassung geeinigt.
Diese Nachricht war Wasser auf die Mühlen all jener, die schon seit längerem die Abschaffung der Ölpreiskoppelung von Gas-lieferverträgen fordern. Sicher nehmen alternative Preisfin-dungsmechanismen an Bedeutung zu, die Erwartung dass die Ölpreiskoppelung verschwindet, ist allerdings deutlich ver-früht.
Wahrscheinlicher ist, dass die kontinentaleuropäischen Gas-versorger, die durch gefallene Gaspreise auf der Verkaufssei-te und aufgrund nachhaltig hoher Ölpreise sowie gestiegener Gaspreise auf der Einkaufsseite mit negativen Margen arbei-teten, ihr Geschäftsmodell durch eine Anpassung bestehen-der Verträge wieder profitabel machen wollten. Ob der Wunsch nach einer Gas-Spotpreis-Komponente bei niedrigeren Ölprei-sen derart groß gewesen wäre, darf bezweifelt werden.
In der Tat vollzieht der Gasmarkt in Europa gegenwärtig ei-nen fundamentalen Wandel in der Preisbildung. Bis vor weni-gen Jahren waren fast ausschließlich ölpreisgekoppelte Gas-lieferverträge üblich, inzwischen emanzipiert sich der Gas-markt aber sukzessive von dieser traditionellen Ermittlung der Preise. Der Grund dafür ist vor allem in immer weiter ver-besserten Transport- und Speichermethoden für Gas zu se-hen.
War Gas bis vor wenigen Jahren noch ausschließlich ein lei-tungsgebundener Rohstoff, so ist mit der Entwicklung von Flüssiggastankschiffen und der Errichtung von Gasterminals in den großen Seehäfen ein weltweiter Transport von Gas ohne Pipelines möglich geworden. Vor allem die großen Förderlän-der im Mittleren Osten nutzen diese neuen Möglichkeiten, ihre Gasproduktion auf den Märkten Europas und Asiens zu platzieren. Auch australisches und bei weiter steigenden För-dermengen sogar US-amerikanisches Flüssigerdgas (LNG) wird dem Weltmarkt zur Verfügung stehen und lokale Preis-differenzen über Wettbewerbs- und Arbitragemechanismen einengen.
Im Unterschied zu den meisten anderen Rohstoffmärkten sind Gasmärkte in den verschiedenen Regionen der Welt wegen des großen Aufwandes bei Lagerung und Transport immer noch stark durch regionale Faktoren bestimmt. Werden die damit verbundenen Kosten durch technischen Fortschritt und Wettbewerb aber künftig weiter sinken, wird - vergleichbar mit dem Ölmarkt in den siebziger und achtziger Jahren - ein globaler Gasmarkt entstehen. Die zunehmende Liquidität an den Handelsplätzen und die Etablierung liquider und reprä-sentativer Terminmärkte in der nächsten Dekade wird Produ-zenten Kalkulationssicherheit ermöglichen, wie es bis heute nur der Rückgriff auf die Ölmärkte und ölgekoppelte Verträ-ge bietet.
Koppelung des Gaspreises an den ÖlpreisNeben dem ständig an Bedeutung zunehmenden Gasgroß-handelsmarkt, auf dem sich, wie auf jedem anderen Rohstoff-markt, die Preise als Funktion von Angebot und Nachfrage ergeben, gibt es nach wie vor ein bedeutendes Marktsegment, das den Gaspreis als Funktion eines Heizölpreises versteht.
Energie
Seite 40 Commodity YearbookMai 2014
Der Grund für die Existenz dieser ölpreisgekoppelten Gaslie-ferverträge ist die Tatsache, dass Gas und Heizöl in vielen Anwendungen (Wärmeerzeugung, Brennstoff für Kraftwerke) substituierbar sind. Manche bestehende Anlagen lassen sich mit relativ geringem Aufwand von Gas- auf Ölbetrieb umrüs-ten und auch bei Neuinvestitionen kann die Entscheidung, Gas oder Öl einzusetzen, alternativ getroffen werden. Histo-risch boten diese Vertragsverhältnisse auch für Produzenten eine allgemein anerkannte Kalkulationsbasis für Investitionen in Förder- oder Transportinfrastruktur. Häufig eingesetzte Referenzpreise in Gasverträgen sind die vom Statistischen Bundesamt in Wiesbaden veröffentlichten Preise für Leichtes Heizöl (HEL) und Schweres Heizöl (HSL). Diese Preise werden monatlich zur Monatsmitte durch das Statistische Bundesamt durch eine Umfrage unter inländischen Produzenten ermittelt und üblicherweise um den 21. des Folgemonats veröffentlicht. Unterschieden werden dabei verschiedene Verkaufsfälle (Ver-braucher, Großhandel, ab Raffinerie) und Marktorte (Deutsch-land, Rheinschiene).
Definitionen: � „HEL“: Leichtes Heizöl, Schwefelgehalt max. 0,2 %, ab 2008: 0,1 %, bei Lieferung in Tankkraftwagen an Verbraucher, 40-50 hl pro Auftrag, frei Verbraucher. � „Rheinschiene“: Durchschnittspreis aus den Marktorten Düsseldorf, Frankfurt, Mannheim/Ludwigshafen. Notiz in EUR/hl. � „HSL“: Schweres Heizöl, Schwefelgehalt max. 1 %, bei Lie-ferung in Tankkraftwagen an gewerbliche Verbraucher im Bereich von 30 Straßenkilometern ab Stadtmitte, bei Ab-nahme von 15 t und mehr im Monat, frei Betrieb. � „Deutschland“: Durchschnittspreis aus den Marktorten Hamburg, Hannover, Bremen, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Mannheim/Ludwigshafen, Stuttgart, München und Berlin. Notiz in EUR/t.
Die Berechnung eines Gaspreises mit Ölpreisbindung ge-schieht mittels einer Formel, die eine fixe Komponente und eine variable Komponente beinhaltet.
AP = 1,5 + 0,008 x (HSL – 100) (in ct/kWh)
bedeutet beispielsweise, dass für den Arbeitspreis (AP) der Gaslieferung eine fixe Komponente von 1,5 ct/kWh zugrunde gelegt wird und zusätzlich die HSL-Veröffentlichung des Sta-tistischen Bundesamtes, abzüglich einer fixen Größe, mit ei-nem Faktor multipliziert, in der Gaspreis eingeht. Steigt der Preis für schweres Heizöl, so steigt demnach auch der Gas-preis.
Ölpreise beeinflussen Gaspreise mit ZeitverzögerungEine Besonderheit von Gasverträgen ist die zeitverzögerte Wirkung der zugrunde liegenden Ölpreise auf den Gaspreis. Üblich sind Vertragsgestaltungen, die einen Mittelwert ver-gangener Ölpreise mit Zeitversatz für eine bestimmte Perio-de gelten lassen.
Der Vertragstyp 3-3-3 beispielsweise ermittelt einen Drei-Monatsdurchschnitt (Janu-ar/Februar/März) der HEL- oder HSL-Veröffentlichungen des Statistischen Bundesamtes, ver-schiebt diesen Mittelwert um drei Monate (April/Mai/Juni) und setzt eine Gültigkeit von wiederum drei Monaten (Juli/August/September) fest. Der Gaspreis für Juli bis September basiert also auf dem Heizölpreis des ersten Quartals. Ein Gasvertrag 6-3-3 mittelt dagegen über sechs Perioden, verschiebt um drei Perioden und hat ebenfalls drei Perioden Gültigkeit. Wei-tere übliche Vertragstypen sind 3-1-3 oder 6-1-3.
Wesentliche Einflussfaktoren auf den Heizölpreis HEL/HSL sind der Rohölpreis (Brent), die Raffineriemarge für die Wei-terverarbeitung (Gasoil/Fueloil), die Frachtraten vom wichti-gen Ölumschlagplatz der „ARA“ Region (Amsterdam/Rotter-dam/Antwerpen) zum Marktort „Rheinschiene“ oder „Deutsch-land“. Da Ölprodukte auf dem Weltmarkt und auch in Europa in USD gehandelt werden, die Indizes des Statistischen Bun-desamtes sich aber auf die Einheiten EUR/hl (HEL) bzw. EUR/t (HSL) beziehen, ist selbstverständlich auch der EURUSD-Wech-selkurs in eine Kalkulation mit einzubeziehen. Weitere übli-che Referenzgrößen für Gasverträge sind beispielsweise die vom Datenanbieter Platts veröffentlichten Preise für Gasoil (leichtes Heizöl) und Fueloil (schweres Heizöl).
Damit Gasverbraucher die Auswirkungen schwankender Gas-preise auf Gewinn- und Verlustrechnung und Bilanz minimie-ren können, kommen grundsätzlich zwei Strategien in Be-tracht:
1. Festpreisverträge mit dem Gaslieferanten2. Variable, ölpreisgekoppelte Gasverträge mit dem Gasliefe-
ranten und Absicherung mittels Termingeschäften/Swaps durch eine Bank
Jan Feb Mar Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez
Gültigkeit
Mittelung
Zeitversatz
Quelle: LBBW
Vertragstyp 3-3-3: Mittelung, Zeitversatz, Gültigkeit
Energie
Commodity Yearbook Mai 2014
Seite 41
Hohe Volatilität bei HEL und HSLEine fulminante Jahresanfangsrallye führte den Brent-Rohöl-preis von 109 USD/Barrel zum Jahresanfang 2013 bis auf ein Jahreshoch nahe 120 USD/bbl Anfang Februar.
Bis Mitte April dann verlor die europäische Öl-Benchmark deutlich über 20 USD bis auf knapp unter 97 USD/bbl. Schnell kletterten die Notierungen wieder über die 100 USD/bbl-Mar-ke, die für viele erdölexportierende Länder eine kritische Un-tergrenze ist, unterhalb derer Förderquotenkürzungen sinn-voll werden, um den Preis zu unterstützen. Den Rest des Jah-res 2013 pendelte der Ölpreis in immer geringer werdenden Ausschlägen um den 105-110 USD/bbl-Korridor, immer wieder getrieben von Förderproblemen in Libyen und gedämpft von Skepsis um die Wachstumsraten in den Schwellenländern.
Durch die Nähe zum Rohöl im Raffinerieprozess folgen die Gasoil- und Fueloilpreise und damit entsprechend auch die HEL- und HSL Notierungen auch 2013 im Wesentlichen den Vorgaben des Rohölmarktes.
Ein wirksames Instrument, die Preisrisiken von ölpreisgekop-pelten Gasverträgen abzusichern, ist das Gasoil-Terminge-schäft. Der an der ICE gehandelte Gasoil Future und darauf bezogene Termingeschäfte eignen sich aufgrund der hohen Korrelation von Gasoil-, Heizöl- und Dieselpreisen für die Preisabsicherung der wichtigsten Anwendungen fossiler Ener-gie in Europa. Im folgenden Schaubild ist die Preisentwick-lung des ICE Gasoilkontrakts (umgerechnet in EUR) der Ent-wicklung des von Statistischen Bundesamtes ermittelten HEL „Rheinschiene“-Index gegenübergestellt.
Es ist bereits beim Betrachten einfacher Charts deutlich er-sichtlich, dass die wesentlichen Preisbewegungen beider Zeit-reihen synchron ablaufen und nur ein kleines Basisrisiko ver-bleibt. Die Güte einer Preisabsicherung von ölpreisgekoppel-ten Gasverträgen durch Gasoil-Termingeschäfte lässt sich allerdings besser durch das Einfügen einer Regressionsgera-de in eine Punktwolke darstellen. Im untersuchten Zeitraum weist das Bestimmtheitsmaß mit 0,98 auf einen sehr engen Zusammenhang zwischen Gasoil-Preis und Preis für HEL hin. Die Stabilität dieses Zusammenhangs auch über einen langen Zeitraum zeigt, dass sich Gasoil-Termingeschäfte zur Absi-cherung von ölpreisgekoppelten Gasbezugsverträgen eignen.
Preisentwicklung von Brent-Rohöl an der ICE seit Anfang 2013
Quelle: Thomson Reuters
2013 201495
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115
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Brent in USD/Fass
95
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Preisentwicklung HEL Rheinschiene
Quelle: Statistisches Bundesamt, LBBW
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HEL "Rheinschiene" (40-50 hl) in EUR/hl
30
40
50
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Quelle: Statistisches Bundesamt, LBBW
Preisentwicklung HSL Deutschland
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300
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450
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650
HSL "Deutschland" (15t) in EUR/t
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300
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600
650
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Quelle: Statistisches Bundesamt, LBBW
Preisentwicklung von HEL und Gasoil
0
100
200
300
400
500
600
700
800
900
0
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30
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80
90
HEL "Rheinschiene" (40-50 hl) in EUR/hl (linke Skala)Gasoil ICE in EUR/t (rechte Skala)
2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016
Energie
Seite 42 Commodity YearbookMai 2014
Die Möglichkeit, sich mit Gasoil-Termingeschäften vor stei-genden bzw. fallenden ölpreisgekoppelten Gaspreisen in be-stehenden langfristigen Bezugs- bzw. Absatzverträgen zu schützen, wird von immer mehr kommunalen Gasversorgern, aber auch von großen Endkunden wahrgenommen und ist vor dem Hintergrund volatiler Ölpreise und dem Wunsch nach Kalkulationssicherheit sicherlich sinnvoll.
Der langfristige Ausblick für die Nachfrage nach immer bes-ser verfügbarem Erdgas deutet auf einen weiter zunehmen-den Bedarf hin. Die günstigen Eigenschaften von Erdgas im Hinblick auf saubere, kohlendioxidarme Energieerzeugung sind wichtig für schnell wachsende, mit Umweltverschmut-zung kämpfende Schwellenländer wie China. Zudem sollte sich die Abkehr von nuklearer Stromerzeugung in manchen Ländern Europas und in Japan weiter positiv auf die Gasnach-frage auswirken.
Dr. Eberhard Borgmann (LBBW Commodity Trading)
»Die Möglichkeit, sich mit Gasoil-Termingeschäften vor steigenden bzw. fallenden ölpreisgekoppelten Gaspreisen in bestehenden langfristigen Bezugs- bzw. Absatzverträgen zu schützen, ist vor dem Hintergrund volatiler Ölpreise und dem Wunsch nach Kalkulationssicherheit sicherlich sinnvoll.« Dr. Eberhard Borgmann (LBBW Commodity Trading)
Quelle: Statistisches Bundesamt, LBBW
Statistischer Zusammenhang von HEL und Gasoil
y = 0,0838x +11,721
R² =0,9846
0
10
20
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0 100 200 300 400 500 600 700 800 900
HEL (EUR/hl)
Gasoil (EUR/t)
0
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40
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Energie
Commodity Yearbook Mai 2014
Seite 43
Edelmetalle
Sektorüberblick 44
Gold 45
Silber 56
Platin 60
Palladium 63
Seite 44 Commodity YearbookMai 2014
� Der Goldpreis beendete die zwölfjährige Hausse 2013 mit einem deutlichem Minus. Das
Edelmetall verbilligte sich auf USD-Basis und bei Betrachtung des fortlaufenden Handels
um rund 27 % beziehungsweise um 28 % bei Gegenüberstellung des Londoner Fixings.
Im laufenden Jahr stieg die Notierung bislang um 8 % an.
� Die 2013er Bilanz der weißen Edelmetalle fällt gemischt aus. Der Silberpreis brach um
knapp 35 % ein, wohingegen Palladium zum Jahresende 1,7 % teurer gehandelt wurde.
Platin liegt mit einem Minus von 11,1 % in der Mitte. Zu Beginn des 2. Quartals 2014
bleibt die Rangfolge erhalten. Der Palladiumpreis stieg seit Jahresbeginn um 8 %, Platin
um knapp 6 % und Silber um 2 %.
� Wichtigster Treiber für den letztjährigen Niedergang des Goldpreises waren Verkäufe
durch institutionelle Anleger. Sie lösten vor dem Hintergrund der Tapering-Diskussion
ETC-Bestände im Umfang von 880 Tonnen Gold auf. Diese Menge entspricht fast 30 %
der Jahresförderung 2013.
� Anfang 2014 bewegten sich die Goldbestände der ETC-Emittenten unter kleineren Schwan-
kungen seitwärts. Der Verkaufsdruck besteht nicht mehr.
� Den Mittelabflüssen aus Gold-ETCs von mehr als 39 Milliarden USD stand 2013 eine
deutlich erhöhte Nachfrage nach Münzen und Barren gegenüber. Viele Menschen im
Westen wie auch in China nutzten das gesunkene Preisniveau für Käufe. In der Summe
brach die Anlegernachfrage jedoch um die Hälfte ein.
� Derzeit fällt die physische Goldnachfrage der Anleger trotz Krim-Krise sehr verhalten
aus. Dies dürfte sich erst im nächsten zyklischen Abschwung ändern beziehungsweise
sobald die Ungleichgewichte in der EWU wieder stärker in den Vordergrund treten.
� Die indische Regierung schränkte die Goldeinfuhren 2013 durch Importsteueranhebun-
gen und Handelshemmnisse massiv ein. Für die zweite Jahreshälfte 2014 erwarten wir
eine gewisse Lockerung. Wieder höhere offizielle Importe dürften dann den Goldschmug-
gel ersetzen.
� Die Gold- und Silberförderung erhöhte sich 2013. Dieser Trend der vergangenen Jahre
dürfte auch 2014 anhalten.
� Die Minen stemmen sich mit Kosteneinsparungen gegen den gesunkenen Preis. Die
durchschnittlichen Förderkosten der größeren Unternehmen sanken gemessen am Stan-
dard „All-in sustainig costs“ von rund 900 USD 2012 auf etwa 860 USD 2013.
� Die industrielle Silbernachfrage stieg 2013 zum ersten Mal seit 2010 wieder an. Der Son-
dereffekt durch den Boom der Solarzellenproduktion und der dann folgenden Sparmaß-
nahmen macht sich mittlerweile weniger stark bemerkbar.
Thorsten Proettel
Entwicklung der Edelmetalle in USD seit Anfang2013, umbasiert auf 100
Quelle: Thomson Reuters
60
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12/12 04/13 08/13 12/13
Gold Silber Platin Palladium
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130
Mittelzu- und abflüsse in börsengehandelteEdelmetallfonds in Mrd. USD
Quellen: Emittenten, Bloomberg, LBBW Research
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2004 2006 2008 2010 2012
Gold Silber Platin Palladium
-40
-30
-20
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10
20
Goldnachfrage zu Anlagezwecken in Tonnen
Quellen: World Gold Council, GFMS, LBBW Research
-1.000
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0
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1.000
1.500
2.000
-1.000
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0
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1.000
1.500
2.000
2011 2012 2013Barren MünzenMedaillen ETCs u.ä.Saldo
Industrielle Silbernachfrage in Tonnen und Indexder OECD-Industrieproduktion
Quellen: Silver Institute, Thomson Reuters GFMS, OECD, LBBW Research
50
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0
2.000
4.000
6.000
8.000
10.000
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16.000
18.000
1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2013
Silbernachfrage der Industrie in Tonnen (linke Skala)Index der Industrieproduktion (OECD-Staaten)
Sektorüberblick
Commodity Yearbook Mai 2014
Seite 45Edelmetalle
Gold
Die seit 2001 bestehende Reihe von Jahren mit höheren Goldpreisen wurde eindeutig beendet. Das folgende Kapitel dreht sich deshalb rund um die Frage, ob nun auch schon von einem Ende der langjährigen Goldhausse allgemein gesprochen werden kann beziehungsweise von dem Beginn einer Baisse, oder ob es sich nur um eine Unterbrechung im Aufwärtstrend handelt. Vor dem Beginn der allgemeinen Einschätzung und der fundamentalen Lage folgt ein kurzer Rückblick auf das Jahr 2013.
Gold nach Preiseinbruch im Jahr 2013 bislang festerDer Goldpreis zeigte sich im bisherigen Jahresverlauf gut er-holt. Vor allem die Krise in der Ukraine, die zu einer Krise um die Krim und die Ost-Ukraine eskalierte, trieb im Februar und März 2014 die Notierungen. Kostete das Edelmetall zum Jah-resende 2013 noch rund 1.200 USD, so mussten am 17. März 2014 in der Spitze knapp 1.392 USD je Feinunze bezahlt wer-den. Angesichts des Preiseinbruchs im Jahr 2013 ist dies für bereits in Gold investierte Anleger aber nur ein kleiner Trost. Das Edelmetall verlor im vergangenen Jahr auf USD-Basis rund 27 % an Wert und auf Euro-Basis war sogar ein Rückgang um 30,5 % zu verzeichnen.
Großanleger verließen aufgrund von Tapering-Diskussion den MarktEin wichtiger Grund für die Baisse im vergangenen Jahr waren unter anderem Goldverkäufe institutioneller Anleger vor dem Hintergrund des sich abzeichnenden Ausstiegs aus der Poli-tik des billigen Geldes in den USA. Bereits vor der eigentli-chen Drosselung der Anleihekäufe durch die US-Fed lösten viele größere Adressen Anlagen auf, die zuvor als Reaktion auf die Geldpolitik getätigt wurden. Der Ausstieg von Hedge- und Pensionsfonds aus dem Edelmetallmarkt materialisierte sich einerseits auf dem Terminmarkt. So sank das Engage-ment der Spekulanten auf den niedrigsten Stand seit Beginn der Finanzkrise. Die Netto-Long-Position der von der US-Ter-minmarktaufsicht als Money Manager klassifizierten Markt-teilnehmer fiel von fast 100.000 Kontrakten zum Jahresende 2012 auf nur noch knapp 18.000 Kontrakte am Jahresende 2013. Der hauptsächlich in der ersten Jahreshälfte vollzogene
Abschied aus dem Markt bedeutet rechnerisch den Verkauf von mehr als 250 Tonnen Gold. Diese Zahl dürfte das tatsäch-liche Volumen deutlich unterschätzen, da zu dem regulierten Terminmarkt noch der unregulierte hinzugerechnet werden müsste. Über ihn bestehen jedoch keine Daten. Zweitens wur-den mit physischem Gold besicherte Wertpapiere, so genann-te ETCs beziehungsweise ETFs, im Umfang von etwa 880 Ton-nen verkauft. Allein diese Menge entsprich knapp 30 % der letztjährigen Minenförderung und verdeutlicht den Einfluss auf die Preise. Der Goldbestand der Emittenten der ETCs re-duzierte sich ausgehend von seinem Allzeithoch bei etwa 2.630 Tonnen Anfang 2013 um ein Drittel.
Charttechnische Schwelle unterschrittenEine zumindest aus damaliger Sicht bedeutende Entwicklung für den Goldmarkt vollzog sich Mitte April 2013. Der Gold-preis bewegte sich zum unteren Ende der seit Ende 2011 gül-tigen Handelsspanne des Edelmetalls bei rund 1.525 USD. Die von vielen Akteuren vor allem in der kurzen Frist beachtete Charttechnik prognostizierte einen deutlichen Preisrückgang, sofern diese wichtige Unterstützung unterschritten werden sollte. Ein Absturz des Goldwertes für diesen Fall ließ sich aber auch anhand der allgemeinen Marktdynamik ableiten: Viele Großanleger hatten ihre Positionen im Bereich von 1.525 USD mit Stopp-loss-Verkaufsorders abgesichert, die bei einem Unterschreiten der Notierungen automatisch ausgelöst wer-den würden. Die offene Frage war nur, ob es dazu käme, denn bis dahin prallte das Edelmetall mehrmals an der genannten Marke ab.
Notenbanken verunsicherten GoldmarktAm 12. April 2013 vollzog sich dann exakt das oben beschrie-bene Crashszenario. Der Goldpreis tendierte bereits am Vor-mittag schwächer und fiel im Nachmittagshandel unter die Marke von 1.525 USD, woraufhin massive Verkäufe einsetz-ten. Zwei Ursachen können als Auslöser dieser Lawine ange-sehen werden. Erstens erläuterte EZB-Chef Mario Draghi be-reits am Nachmittag des Vortages seine Vorstellung über die finanzielle Eigenleistung der damals finanziell stark ange-schlagenen Inselrepublik Zypern. Er forderte die Notenbank in Nikosia zum Verkauf von Goldreserven im Umfang von 400 Millionen Euro auf, was zu diesem Zeitpunkt knapp 10,5 Ton-nen der insgesamt 13,9 Tonnen Zyperns entsprach. Die zyp-riotischen Währungsverantwortlichen widersprachen diesem Ansinnen zwar und Verkäufe in dieser überschaubaren Grö-
Quelle: Thomson Reuters
Gold in USD und EUR seit Anfang 2011
700
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Gold in USDGold in EUR
700
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1300
1500
1700
1900
2100
Seite 46 Commodity YearbookMai 2014Edelmetalle
ßenordnung hätte der Markt gut verkraften können. Da aber Zypern in Brüssel stets als „Blaupause“ für den Rest der Eu-rozone gehandelt wurde und von den anderen Peripheriestaa-ten wie Portugal, Spanien und Italien Goldreserven im Umfang von mehr als einer Jahresförderung gehalten werden, lag die Angst vor einer zukünftigen Goldschwemme nahe.
Der Beginn vom Ende des billigen Geldes in den USAEine weitere Hiobsbotschaft für Goldanleger aus dem Lager der Notenbanken hatte ihren Ursprung in den USA. Die Ver-öffentlichung des Sitzungsprotokolls des Offenmarktaus-schusses der US-Notenbank für März 2013 dokumentierte deutlich das Meinungsbild der vertretenen Notenbankgouver-neure, die sich für eine Beendigung von „QE 3“ ausgespro-chen hatten. Das Anleihenkaufprogramm, unter dem bis da-hin für 85 Mrd. USD pro Monat Staatsanleihen und Hypothe-kenpfandbriefe erworben wurden, war damit angezählt. Der Goldpreis brach im Verlauf des 15. Aprils 2013 bis auf 1.336 USD ein. Der Absturz des Edelmetalls um rund 200 USD in-nerhalb von nur zwei Handelstagen markierte den größten Goldpreisrückgang seit Anfang der 1980er Jahre.
Anlass für Verschwörungstheorien Das Geschehen Mitte April 2013 gab auch Anlass für Ver-schwörungstheorien. An der US-Terminbörse wurden allein am zweiten Crashtag mehr als 700.000 Kontrakte des damals wichtigsten Futures im rechnerischen Volumen von mehr als 2.100 Tonnen Gold gehandelt. Das entsprach der Goldförde-rung von 9 Monaten und ist allein schon deshalb bemerkens-wert, da sich das Open Interest, also die Summe der handel-baren Kontrakte, an diesem Tag nur auf 270.000 belief. Jeder Kontrakt wurde also mehr als zwei Mal umgesetzt. Außerdem wurde von Terminhändlern beobachtet, wie ein Marktteilneh-mer am 12. April eine ungewöhnlich hohe Order im rechne-rischen Umfang von 100 Tonnen Gold unlimitiert platzierte und so die Notierungen ins Rutschen brachte.
Gezielte Manipulation?Insgesamt bestehen damit durchaus Hinweise für ein geziel-tes Herunterdrücken der Goldnotierungen unter die chartte-schnische Marke von 1.525 USD. Offen ist, wer dies zu ver-antworten hat. Manche zu Verschwörungstheorien neigenden
Anleger brachten als Auftraggeber sogar Notenbanken ins Spiel, denen sie ein Interesse zur Diskreditierung von Gold-anlagen unterstellen. Gemäß diesen Mutmaßungen war das Ziel der Aktion, die Flucht der Anleger aus den Papiergeld-währungen aufzuhalten.
Es ist allerdings eher plausibel, dass Hedgefondsmanager oder andere kurzfristig orientierte Spekulanten ohne Ver-schwörungsmotiv - aber aus Gewinninteresse - aktiv waren. Sie könnten den Preis beispielsweise durch starke Verkäufe gedrückt haben, um die Terminkontrakte später billiger zu-rückzukaufen. Unabhängig hiervon ist es auch an ganz nor-malen Tagen üblich, dass Kontrakte im rechnerischen Umfang von mehreren Hundert Tonnen Gold den Besitzer wechseln. Außerdem werden Futures weltweit von Banken für die Absi-cherung von Goldzertifikaten verwendet, die Mitte April auch auf der Verkaufsliste vieler Anleger standen.
Übergeordnete Lage für Gold hat sich verschlechtert…Unabhängig hiervon sollten auch die Geschehnisse im April 2013 allgemein nicht überbewertet werden. Direkt nach dem Crash wurde am Markt vielfach argumentiert, der Preis hätte sich problemlos auf dem höheren Niveau halten können, wenn nur der Einbruch unter die Marke von 1.525 USD nicht ge-kommen wäre. Vom heutigen Standpunkt aus lässt sich diese Argumentation leicht widerlegen. Mittlerweile haben sich die Befürchtungen vor einem Ende des billigen Geldes in den USA in Gewissheit verwandelt. Die US-Notenbank hat längst mit der Drosselung der Anleihenkäufe begonnen und das Tape-ring auch unter ihrer neuen Chefin Jannet Yellen - trotz der verhaltenen Konjunkturentwicklung zum Jahresbeginn 2014 - fortgesetzt. Die USA befinden sich gut ein Jahr nach dem Goldpreiscrash in einem selbsttragenden Aufschwung und die Wirtschaftsleistung dürfte in diesem Jahr um 3 % gegen-über dem Vorjahr wachsen. Wir rechnen deshalb mit dem vollständigen Abschluss der Anleihenkäufe noch in diesem Herbst und mit den ersten Leitzinsanhebungen im Frühjahr 2015. Die Zinsen für längerfristige Kapitalvergaben sind in den USA bereits in den letzten Monaten angestiegen. Die Ren-dite von Staatsanleihen mit zehnjähriger Restlaufzeit kletter-te zum Jahresende 2013 bis auf 3,0 %. Und da zwischen New York und San Francisco nicht nur Anleihen sondern auch Ak-tien angesichts der guten Konjunktur mit Gewinnchancen aufwarteten, verlor Gold erheblich an Attraktivität. Die mit Milliardenbeträgen investierten Großanleger hätten den Edel-metallmarkt deshalb früher oder später ohnehin verlassen, wie sich zumindest in der Retrospektive feststellen lässt.
…und robuste Konjunktur dürfte anhaltenMit Blick auf die kommenden Quartale ist aus den USA kaum mit Rückenwind für den Goldpreis zu rechnen. Wie bereits beschrieben, befindet sich die weltweit immer noch wichtigs-te Wirtschaftsnation im Aufschwung. Hierfür sprechen selbst nachlaufende Indikatoren wie die Arbeitslosenquote, die sich von knapp 10 % Ende 2009 auf mittlerweile unter 6,7 % ver-besserte. Vor dem Hintergrund der guten Konjunktur und der voraussichtlichen Zinswende im kommenden Jahr ist auch
Quellen: Notenbanken, World Gold Council, GFMS, LBBW Research
Goldreserven der Notenbanken in den südlichenEuromitgliedsstaaten in Tonnen
13,9
111,8
281,6
382,5
2435,4
2451,8
0 500 1.000 1.500 2.000 2.500 3.000
Zypern
Griechenland
Spanien
Portugal
Frankreich
Italien
Commodity Yearbook Mai 2014
Seite 47Edelmetalle
eine Aufwertung des USDs gegenüber dem Euro wahrschein-lich, die etwas Druck auf das Gold ausüben dürfte. In der Eu-rozone wuchs die Wirtschaft im vierten Quartal 2013 nach einer längeren Rezession erstmals wieder. Und die Indikato-ren deuten für 2014 ebenfalls eine Fortsetzung der Erholung an (siehe auch Kapital 2). Mitte April 2014 kehrte sogar Grie-chenland an den Staatsanleihenmarkt zurück und begab eine Anleihe mit fünf Jahren Laufzeit, die mehrfach überzeichnet wurde. Ob gerechtfertigt oder nicht sei zunächst dahinge-stellt. Festzuhalten bleibt, dass der Euroraum zumindest ge-messen an der Konjunktur und an der Stimmung den Krisen-modus verlassen hat. Aus dem übergeordneten volkswirt-schaftlichen Bild als wichtigem Einflussfaktor für den Goldmarkt lässt sich deshalb bis auf weiteres kaum eine neue Goldhausse ableiten.
Physische Anlegernachfrage dürfte 2014 niedriger ausfal-lenDer starke Preisverfall im 2. Quartal 2013 motivierte Anleger rund um den Globus zu einer Schnäppchenjagd. Die Käufe von Goldbarren, -münzen und anderem physischen Invest-mentgold kletterten in dieser Zeit nach Angaben des World Gold Councils um 98 % gegenüber dem Vorjahreswert auf 585 Tonnen. Besonders stark stachen Indien und China her-vor, wo die Investmentnachfrage um 116 % beziehungsweise um 157 % anzog. Aber auch in anderen traditionellen Käufer-ländern wie Indonesien, Thailand, Ägypten und der Türkei kletterte die für Investment- und Schmuckzwecke nachgefrag-te Goldmenge um mehr als 50 % gegenüber dem 2. Quartal 2012. Für das Gesamtjahr 2013 ergibt sich immerhin noch ein Plus der physischen Anlegernachfrage um 28 % auf rund 1.650 Tonnen. Dieser Zahl sind jedoch die bereits erwähnten Ab-verkäufe durch Gold-ETCs gegenüberzustellen. In der Summe brach die aus physischen Käufen und der Bewegung der phy-sisch besicherten Wertpapiere bestehende Anlegernachfrage um mehr als 50 % auf nur noch 770 Tonnen Gold ein.
In diesem Jahr dürfte sich die Entwicklung beider Komponen-ten des Investmentmarktes exakt umdrehen. Ein nochmaliger drastischer Preisverfall wie im Frühjahr 2013 ist unwahrschein-lich, weshalb voraussichtlich keine große Welle von Schnäpp-chenjägern die Goldschalter von Banken und Sparkassen stür-
men wird. Eine Motivation für Angst- und Panikkäufe besteht ebenfalls nicht. Dementsprechend dürfte sich die Nachfrage nach Münzen und Barren eher verhalten entwickeln. Immer-hin wird das vermutlich weiterhin sehr niedrige Zinsniveau hierzulande für eine gewisse Basisnachfrage sorgen.
Abverkauf der ETCs offenbar abgeschlossenBei den ETCs könnte 2014 wieder ein leichtes Plus am Jahres-ende stehen. Der große Abverkauf scheint jedenfalls vorbei zu sein. Im ersten Quartal wurde die Talsohle durchschritten und im Zuge der Krim-Krise waren kleinere Käufe zu beob-achten. Immerhin hatten diejenigen Investoren, die ihre Gold-bestände zur Disposition stellen wollten, für Verkäufe im Jahr 2013 ausreichend Gelegenheit. Die verbliebenen Wertpapiere, die von rund 1.750 Tonnen Gold besichert werden, scheinen sich dagegen in den Händen von langfristig orientierten An-legern zu befinden.
Schmuckgoldnachfrage profitiert von gesunkenem PreisDer Preiseinbruch machte sich auch bei der Entwicklung der Schmuckgoldnachfrage bemerkbar. Sie kletterte nach Ein-schätzung des World Gold Councils von rund 1.900 Tonnen im Jahr 2012 auf 2.200 Tonnen 2013. Allerdings sanken die monetären Ausgaben für Goldschmuck um rund 1 % auf gut 100 Mrd. USD. Eine tatsächliche Nachfragesteigerung über den Preiseffekt hinaus hat also nicht stattgefunden.
Indien bremst GoldimporteDer größte Teil der Schmuckgoldnachfrage stammt aus Asien und hier wiederum spielt Indien eine herausragende Rolle. Im vergangenen Jahr wurde das Land jedoch von China als nun weltweit wichtigstem Absatzmarkt für Gold überholt. Ei-nerseits stieg die Nachfrage in der Volksrepublik an. Ande-rerseits verhinderten Importbeschränkungen höhere Käufe in Indien. Beispielsweise waren in den Sommermonaten 2013 teilweise überhaupt keine offiziellen Goldeinfuhren auf den Subkontinent möglich. Um Schaden von den exportorientier-ten Teilen der Juweliere abzuwenden, wurde später ein Quo-tensystem installiert, das diese stark begünstigt. Demnach müssen die Importeure für jede einzuführende Tonne Gold den Export von mindestens 200 kg Gold in Form von verar-beitetem Schmuck nachweisen.
Investmentnachfrage in Tonnen
-1.000
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500
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1.500
2.000
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2.000
2004 2006 2008 2010 2012 2014e
ETCs/ETFsMünzen, Barren u. Medaillen
Quellen: LBBW Research, WGC, GFMS
Schmuckgoldnachfrage in Tonnen und in Mrd. USD
0
20
40
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100
120
0
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3.000
3.500
2001 2003 2005 2007 2009 2011
Tonnen
Mrd. USD (rechte Skala)
Quellen: World Council, GFMS, LBBW Research
2013
Seite 48 Commodity YearbookMai 2014
Darüber hinaus begann die indische Regierung bereits im Ja-nuar mit der Anhebung der Importsteuer für Gold von 4 % auf 6 %. Diese Maßnahme zeigte zunächst aber keine Wirkung und die Bevölkerung reagierte in der Vorahnung weiterer Ein-schränkungen mit Hamsterkäufen. So kletterten die Goldein-fuhren im Mai auf den Rekordwert von 162 Tonnen. Zwei wei-tere Importsteueranhebungen um jeweils zwei Prozentpunk-te folgten im Juni und im August 2013. Vor allem aber die oben genannten Handelshemmnisse entfalteten eine große Wirkung, so dass die offiziellen Goldeinfuhren von rund 540 Tonnen in der ersten Jahreshälfte auf nur noch gut 120 Ton-nen von Juli bis Dezember einbrachen.
Der Grund für diese Einschränkung des freien Warenverkehrs war das rekordhohe Außenhandelsdefizit Indiens in Höhe von 4,8 % des Bruttoinlandsproduktes im Fiskaljahr 2012/13. Hier-zu hat unter anderem das nachlassende Wirtschaftswachstum beigetragen. Gleichzeitig ist Gold nach Rohöl für Indien der zweitgrößte Posten in der Importstatistik. Da das Edelmetall zumindest aus Sicht der Regierung überflüssig erscheint, sollte ein Importrückgang das Handelsdefizit mindern helfen. Das zweite Ziel in diesem Zusammenhang war die Stabilisie-rung der Rupie, die aufgrund der hohen Devisennachfrage für die Importe zur Schwäche neigte.
Lockerung der Importrestriktionen wahrscheinlichAngesichts der zwischen Anfang April und Mitte Mai 2014 stattfindenden Parlamentswahl in Indien und dem Missmut in der Bevölkerung entstand eine politische Diskussion über die Importrestriktionen. Als Ergebnis dieses Prozesses steht offenbar eine Überprüfung der Maßnahmen fest, sobald im Mai Daten über den Außenhandel im Fiskaljahr 2013/14 zur Verfügung stehen. Da das Defizit nach vorläufigen Berech-nungen spürbar gesunken sein soll, halten wir eine Lockerung der Importrestriktionen für wahrscheinlich. Dies dürfte den Goldabsatz in Indien zwar etwas ankurbeln. Ein großer Ein-fluss auf den Markt und die Notierungen ist aber wenig wahr-scheinlich, da die offiziellen Einfuhren vermutlich nur den zuletzt blühenden Goldschmuggel ablösen wurden. Gemäß anekdotischer Berichte aus Indien wurde in den letzten Mo-naten offenbar viel Fantasie dafür aufgewendet, Edelmetall
unbemerkt ins Inland zu bringen. Beispielsweise geht das World Gold Council von Goldeinfuhren nach Indien in Höhe von 205 Tonnen aus, während das Finanzministerium wie be-reits erwähnt lediglich rund 120 Tonnen angibt. Die Diskre-panz dürfte in den ersten Monaten 2014 vermutlich eher hö-her gelegen haben.
Quelle: Indisches Finanzministerium Reuters, LBBW Research
Indische Goldimporte seit Anfang 2013 in Tonnenund Importsteuer in %
0
2
4
6
8
10
12
0
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180
Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez Jan Feb
Goldimporte in TonnenImportsteuer in % (rechte Skala)
Edelmetalle
EXKURS: Goldschmuggel nach Indien
Als die indische Regierung die Goldimporte im Sommer 2013
schrittweise durch Handelshemmnisse erschwerte, war ihr offen-
bar nicht bewusst, wie schwierig sich die Durchsetzung in der
Praxis gestalten würde. Aus Sicht von Technokraten macht es na-
türlich keine Schwierigkeiten, den Zollstellen an Flug- und Seehä-
fen Anweisungen zu geben und entsprechende Verordnungen für
Spediteure zu erlassen. Gold gehört jedoch zu denjenigen Gütern,
deren Handel am allerwenigsten durch offizielle Einschränkungen
gestoppt werden kann. Es hat wie alle Edelmetalle eine hohe spe-
zifische Dichte, so dass auch große Mengen gemessen am Gewicht
nur wenig Raum einnehmen. Hierdurch und aufgrund des hohen
Wertes wird bereits der Transport von kleinen Mengen auf inoffi-
ziellen Wegen selbst bei großem Aufwand lukrativ. Zunächst bot
vor allem das Ziel, überhaupt Gold auf den abgeschotteten indi-
schen Markt zu bringen, einen großen Verdienstanreiz. Mittler-
weile können zwar beschränkte Mengen Gold in Einklang mit der
erläuterten Quotenregel offiziell eingeführt werden. Angesichts
der weiterhin bestehenden Importsteuer in Höhe von 10 % für das
unverarbeitete Metall besteht aber weiterhin eine Gewinnspanne
für Schmuggler in dieser Höhe. Gleichzeitig war und ist natürlich
nicht an eine Einschränkung der Reisefreiheit für die mehr als 1,1
Milliarden Menschen umfassende Bevölkerung in dem demokra-
tisch verfassten Staat zu denken. Das Gleiche gilt für den Waren-
verkehr. Und zu guter Letzt wird Indien hauptsächlich durch den
weiten Ozean und eine schwer kontrollierbare Landgrenze entlang
des Himalayas vom Ausland getrennt. Das Ergebnis dieser Fakto-
ren gepaart mit der Kreativität der Inder ist ein blühender Gold-
schmuggel, wie die folgenden Beispiele dokumentieren.
Eine beliebte Route für den inoffiziellen Import ist der Landweg
von Tibet aus über Nepal nach Nordindien. Das Gold wird zunächst
mit Lastwagen nach Kathmandu gebracht und dort auf kleinere
Fahrzeuge oder auch auf Maulesel umgeladen. Beispielsweise flog
letzten Sommer ein 24jähriger auf, der 35 Kilogramm Gold in der
Stoßstange seines Geländewagens nach Indien schmuggeln woll-
te. In einem anderen Fall wurden vier Männer gestoppt, die mit
insgesamt 16 Kilogramm Gold in den Sohlen ihrer Schuhe in Rich-
tung Grenze marschierten. Die nepalesische Polizei berichtete
zwar keine weiteren Details. Aber die Unterbringung von 2 Kilo-
gramm pro Fuß dürfte selbst bei klobigen Bergsteigerschuhen
eine Herausforderung gewesen sein.
Weitaus häufiger ist jedoch der Transport per Flugzeug. Beispiels-
weise wurden Ende Januar 27 Kilogramm Gold im Wert von rund
800.000 Euro in einem Frachtflugzeug aus Hongkong auf dem
Flughafen von Chennai entdeckt. Das Edelmetall befand sich in
Commodity Yearbook Mai 2014
Seite 49Edelmetalle
einer Ladung fabrikneuer Mobiltelefone, genauer gesagt in den
entkernten Smartphonegehäusen. Und der Zoll in Bangalore unter-
suchte im Januar eine Ladung verdächtige Stühle, die ebenfalls per
Transportflugzeug kamen. Es stellte sich heraus, dass die Sprung-
federn der Polster aus Gold im Gesamtgewicht von 1,5 Kilogramm
bestanden. Der Gegenwert – ohne Stühle – beträgt damit rund
45.000 Euro.
Stark frequentierte Schmuggelrouten sind vor allem die Flüge zwi-
schen Indien und den Arabischen Emiraten mit ihren wichtigen
Goldhandelsplätzen. Viele der dort lebenden indischen Gastarbei-
ter reisen regelmäßig in die alte Heimat und nutzen diese Gelegen-
heit offenbar für den versteckten Edelmetalltransport. Beispielswei-
se gehörte ein Passagier auf einem Flug von Dubai nach Neu Delhi
zu den ersten Schmugglern, die auf dem Höhepunkt der Importein-
schränkungen im Sommer letzten Jahres aufflogen. Der Mann brach-
te einen ordnungsgemäß eingeführten Fernseher mit. Dessen Papp-
verpackung schien aber aus Sicht des Zolls viel stärker als notwen-
dig getackert zu sein. Wie sich nach einer ausführlichen
Untersuchung herausstellte, bestanden die 109 Heftklammern aus
purem Gold im Gesamtgewicht von 755 Gramm mit einem Gegen-
wert in Höhe von mehr als 22.000 Euro. Dagegen ernten die zahl-
losen Versuche, Gold in den Teleskopstangen von Rollkoffern zu
schmuggeln, von den Zöllnern mittlerweile nur noch ein müdes
Lächeln.
Kreativität brachte auch ein Mann auf, der Gold zu einer Gürtel-
schnalle verarbeiten ließ und diese mit einer Rhodiumschicht über-
zog. Angeblich wird das Edelmetall dann nicht von den Detektoren
des Zolls entdeckt. Allerdings übertrieb er es etwas mit der Größe,
weshalb die Schnalle dennoch näher kontrolliert wurde. Kein Wun-
der, denn sie enthielt immerhin 1 Kilogramm Gold und soll dem
Träger auch noch Schmerzen bereitet haben. Bei einem anderen
Schmuggler wurden aus purem Gold hergestellte Batterieattrappen
in dessen Taschenlampe entdeckt. Die Beamten hätten das Metall
vermutlich nie gefunden, wenn sie nicht einen entsprechenden Tipp
des sogenannten Directorate of Revenue Intelligence (DRI), einer
Art Zoll-Geheimdienst erhalten hätten. Das Gleiche gilt für einen
anderen Fall, der sich Ende Dezember am Flughafen der Stadt Pune
im Bundesstaat Maharashtra abspielte. Der Zoll wusste von der Ab-
sicht des festgehaltenen Passagiers. Aber die Beamten fanden das
Edelmetall zunächst nicht. Erst nach längerer intensiver Suche ent-
deckten sie 400 Gramm in Form von Dattelsamen, die zudem noch
in die vom Schmuggler mitgeführten Früchte eingearbeitet waren.
Auf der einen Seite enthalten diese Anekdoten ein gewisse Prise
Räuber- und Gendarmenromantik. Sie erscheinen wie ein Katz- und
Mausspiel zwischen gewieften Menschen, die den Regeln ein
Schnippchen schlagen und mit allen Wassern gewaschenen Ord-
nungshütern. Im Grund genommen handelt es sich aber um eine
Tragödie mit weitreichenden Folgen. Die Regierung versuchte dem
Problem des Handelsdefizits mit einem von Beginn an kaum durch-
führbaren Einfuhrverbot sowie Steuererhöhungen zu begegnen.
Hierdurch schuf sie aber erst einen starken finanziellen Anreiz für
die Bürger, diese Regeln zu brechen. Und um den resultierenden
Schmuggel einzudämmen werden nun quasi Millionen von Reisen-
den in den Empfangsterminals der Flughäfen unter Generalverdacht
gestellt. Darüber hinaus werden Methoden angewandt, als ginge
es um die Abwehr von Staatsfeinden. Neben dem Zoll-Geheimdienst
soll angeblich auch die Financial Intelligence Unit (FIU) des Finanz-
amts Spitzel und Denunzianten anwerben. Die gezahlten Prämien
sind nach verschiedenen Presseberichten mittlerweile höher als für
Tipps zur Abwehr von Drogenschmuggel.
Gleichzeitig eröffnete die Regierung der organisierten Kriminalität
ein lukratives Betätigungsfeld. Die Drahtzieher gehen nicht persön-
lich ins Risiko, sondern lassen beispielsweise von ihren Handlan-
gern Gastarbeiter auf dem Weg in Richtung Heimat für den Schmug-
gel anwerben. Vieles spricht dafür, dass in diesen Fällen der Trans-
port des Edelmetalls im Körper stattfindet. In der jüngsten Zeit
häuften sich die Berichte von Indern, die kurz nach dem Flug mit
heftigen Bauchschmerzen und teilweise unter Vorwand die Notauf-
nahmen der Kliniken stürmten. Mehreren musste durch eine Not-
operation geholfen werden. Zuletzt machte Mitte April ein 63jäh-
riger Schlagzeilen, der den Schmuggel von 12 Barren à 33 Gramm
im Gesamtwert von knapp 12.000 Euro fast mit dem Leben bezahl-
te.
Neben der Gesundheitsgefährdung von Einzelpersonen entwickelt
sich der Goldschmuggel immer mehr zum Hindernis für den Luft-
verkehr. In Neu Delhi sollen neuerdings die Crews der Flugzeuge
und auch das Bodenpersonal lückenlos durchsucht werden. Anlass
hierfür sind Fälle in denen mutmaßlich Flugbegleiter und Reini-
gungskräfte verwickelt gewesen sein sollen. Dabei wurden offenbar
größere Goldmengen auf Auslandsflughafen wie Bangkok unter der
Innenverkleidung von Flugzeugtoiletten versteckt und nach der
Landung in Indien von Mitwissern entfernt. Ins Netz gehen den Be-
hörden dabei jedoch wiederum nur die kleinen Fische wie ein Air
India-Mitarbeiter, dem der Schmuggel von 7,2 Kilogramm vorge-
worfen wird. Der zufällige Fund von zwei Taschen mit letztlich 24
Kilogramm Gold auf einer Flugzeugtoilette in Kolkota löste Ende
letzten Jahres sogar einen Bombenalarm aus.
Insgesamt zeigt sich, dass der Regierung in Neu Delhi die Sache
aus dem Ruder gelaufen ist. Dabei wäre die Lösung für das Prob-
lem relativ einfach. Grundsätzlich sind die hohen Goldkäufe der
Bevölkerung unerwünscht, da der hiermit verbundene Umtausch
von Rupien in US-Dollar den Kurs der indischen Währung stark un-
ter Druck setzt. Dies bereitet wiederum ausländischen Investoren
Sorgen, deren Kapital von der Wirtschaft benötigt wird. Allerdings
haben die inflationsgewöhnten Inder auch allen Grund, ihr Erspar-
tes in Gold anzulegen. Wenn es nun gelänge, ein Netz von solven-
ten Kreditinstituten und eine solide Währung zu etablieren, dann
könnten die Goldimporte auf ein verträgliches Maß sinken und die
Unternehmen wären weniger von ausländischem Geld abhängig. In
dieser Situation könnten die Banken den Kapitalbedarf decken und
gleichzeitig das Bedürfnis der Sparer nach sicheren Anlagen befrie-
digen, die zudem gut verzinst würden. Zugegebenermaßen sind
von diesem Optimum derzeit aber nicht nur die Inder weit entfernt,
sondern auch viele Menschen in Europa.
Seite 50 Commodity YearbookMai 2014
Rekordhoher Goldabsatz in ChinaDie Schmuck- und Investmentgoldnachfrage in China kletter-te 2013 um mehr als ein Viertel auf den Rekordwert von rund 1.000 Tonnen. Besonders interessant in diesem Zusammen-hang sind jedoch die chinesischen Goldimporte. Die Volksre-publik veröffentlicht zwar keine Handelsstatistiken. Dafür gibt aber die Sonderwirtschaftszone Hongkong als bedeutende Edelmetalldrehscheibe für den asiatischen Raum Daten für den Handel mit Festlandchina bekannt. Demnach wurden un-ter Berücksichtigung von Re-Exporten und Importen netto mehr als 1.100 Tonnen Gold von Hongkong nach China aus-geführt. Die tatsächlichen Goldeinfuhren Chinas dürften be-trächtlich höher sein, da neben Hongkong auch andere Ha-fenstädte für den Edelmetallumschlag genutzt werden. Schät-zungen zufolge könnten weitere 200 Tonnen Gold im letzten Jahr ihren Weg nach China gefunden haben. Außerdem ver-fügt die Volksrepublik über eine beträchtliche Goldförderung, die letztes Jahr mehr als 400 Tonnen auf den Markt gebracht haben dürfte. Das auf dem chinesischen Markt verfügbare Angebot dürfte die Nachfrage also bei weitem übertroffen haben. Dennoch wurden in Shanghai im letzten Jahr Knapp-heitsprämien von zwischenzeitlich 20 USD je Feinunze über dem Londoner Fixing gezahlt.
Nutzung als Währungsreserve oder als Handelswährung?Möglicherweise werden die Angebotsüberschüsse von der Notenbank gekauft, die bereits in der Vergangenheit ihre Goldreserven mehrfach aufstockte. Zumindest offiziell ver-fügt die People’s Bank of China über lediglich 1.054 Tonnen des Edelmetalls und immer wieder fordern Politiker in Peking eine Angleichung an westliche Größenordnungen. Beispiels-weise betragen die US-Goldreserven mehr als 8.000 Tonnen. Denkbar ist aber auch eine Verwendung des Goldes zur Be-zahlung von Ölimporten aus dem Iran. Auf diese Weise wäre eine unauffällige Umgehung von UN-Sanktionen möglich. Die-se Vorgehensweise wurde letztes Jahr übrigens auch von tür-kischen Erdölhändlern praktiziert. Mittlerweile beachtet das Land am Bosporus aber die Sanktionen, woraufhin die türki-schen Goldimporte von 46 Tonnen im ersten Quartal 2013 auf nur noch 9 Tonnen im ersten Quartal 2014 einbrachen. Im zweiten Quartal 2013 beliefen sich die Einfuhren sogar
noch auf rund 133 Tonnen Gold. Unabhängig hiervon gehen örtliche Marktbeobachter von einer leicht niedrigeren Nach-frage der privaten chinesischen Haushalte im Jahr 2014 aus. Die jüngsten, eher verhaltenen Konjunkturmeldungen aus der Volksrepublik deuten in die gleiche Richtung. Wenn die Wirt-schaft weniger stark wächst, dürfte weniger Kapital für Gold-anlagen zur Verfügung stehen. Darüber hinaus wertete der Yuan gegenüber dem USD zuletzt etwas ab, so dass sich Gold auf dem Inlandsmarkt verteuerte. Leichte Preisabschläge im chinesischen Goldhandel gegenüber dem Londoner Fixing dokumentieren jedenfalls eine niedrige Nachfrage.
2013 ein Drittel weniger Goldkäufe der NotenbankenDer starke Rückgang des Goldpreises im vergangenen Jahr wirkte sich offenbar auch auf die Käufe der Notenbanken aus. Die Statistiker von Thomson Reuters GFMS beziffern die Höhe der Erwerbungen im Jahr 2013 in ihrem jüngsten Bericht auf 369 Tonnen. Abzüglich der mit 10 Tonnen insgesamt eher geringfügigen Notenbankverkäufe wie denjenigen der Deut-schen Bundesbank ergibt sich ein Saldo von 359 Tonnen. Dies wäre damit ein Rückgang um immerhin 34 % gegenüber 2012.
Großer Teil der Käufe bleibt im DunkelnAls größten Goldkäufer des letzten Jahres nennt GFMS Russ-land mit einem Bestandsaufbau in Höhe von 57 Tonnen. Die Goldreserven der Moskauer Notenbank sind seit der Jahrtau-sendwende um rund 600 Tonnen angewachsen und bewegen sich derzeit mit gut 1.000 Tonnen in der gleichen Region wie die der Schweiz und Chinas. Kasachstan werden Goldkäufe in Höhe von 24 Tonnen zugeschrieben und Südkorea 20 Ton-nen. Weitere kleinere Käufe wurden unter anderem von Aser-baidschan, Nepal und Sri Lanka getätigt, so dass sich Erwer-bungen in Höhe von rund 140 Tonnen direkt einzelnen No-tenbanken zuordnen lassen. Die Käufer der restlichen 225 Tonnen bleiben jedoch im Dunkeln, da GFMS aus Gründen der Geheimhaltung nähere Informationen nicht veröffentli-chen kann oder darf.
Wiederanstieg 2014 unwahrscheinlichÜber die wahren Gründe für die Kaufzurückhaltung 2013 lässt sich natürlich nur spekulieren. Der Preisverfall dürfte aber dazu beigetragen haben. Anders als die meisten Privatanle-ger müssen sich die Mandatsträger der Notenbanken für ihr
Saldo der Notenbankaktivitäten in Tonnen
Quellen: Notenbanken, WGC, IWF, LBBW Research
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Edelmetalle
Goldnachfrage der privaten Haushalte in Indien und Chinain Tonnen
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2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013
China
IndienQuellen: WGC, GFMS, LBBW Research
Commodity Yearbook Mai 2014
Seite 51
Handeln vor internen wie externen Gremien verantworten. Die Bekanntgabe eines Jahresfehlbetrages in Höhe von neun Milliarden Franken aufgrund von Buchverlusten bei Gold durch die Schweizer Notenbank am Jahresanfang 2014 gibt hierfür ein gutes Beispiel ab. Dementsprechend, dürften Währungs-hüter mit Goldaffinität deshalb entsprechend gehemmt agie-ren. Vor diesem Hintergrund rechnen wir nicht mit einem baldigen Anstieg der Notenbankkäufe. Der Einfluss dieses Marktfaktors auf den Preis dürfte entsprechend gering blei-ben.
Drittes Goldabkommen der Notenbanken läuft im Septem-ber ausAngesichts des Wandels des Zentralbanksektors von einem Angebots- zu einem Nachfragefaktor des Marktes spielte das derzeit gültige Goldabkommen der Notenbanken in den ver-gangen Jahren kaum eine Rolle. Die Währungshüter der Eu-rozone, der Schweiz und Schwedens beschränkten mit diesen Vereinbarungen seit 1999 ihre Goldkäufe, doch das Limit von derzeit 400 Tonnen pro Laufzeitjahr war im Gegensatz zur Zeit um die Jahrtausendwende nur noch eine theoretische Größe. Vor diesem Hintergrund hätte der Verzicht auf ein neues, viertes Abkommen keine Konsequenzen für den Markt. Anders sähe es lediglich in dem von uns derzeit nicht erwar-teten Fall einer erneuten Verschärfung der Eurokrise aus, die große Goldhalter wie Spanien, Portugal, Italien oder Frank-reich zu Verkäufen zwingen würde.
Goldangebot 2013 knapp unter dem VorjahreswertDie Goldförderung stieg 2013 um 5 % auf knapp 3.020 Ton-nen an. Das Altgoldaufkommen reagierte auf der anderen Seite zügig auf den Preisrückgang und ermäßigte sich um 14 % auf 1.370 Tonnen. In der Summe stand dem Markt da-mit rechnerisch ein etwas geringeres Angebot als 2012 zur Verfügung, das sich angesichts des großen Abverkaufs der ETCs allerdings nicht bemerkbar machte.
EXKURS: Die Förderkosten von Gold und die wechselseitige�Beeinflussung�von�Mengen�und�Preisen
Goldförderung auf Rekordhoch
Die täglichen Preisschwankungen des Goldes werden durch eine
Vielzahl von Faktoren beeinflusst. Hierzu gehören beispielsweise
stark beachtete Konjunkturdaten, Bewegungen der Aktienmärkte
sowie Wechselkurse und manchmal auch politische Ereignisse.
Die fundamentale Lage des Goldmarktes und hierbei insbeson-
dere die Angebotsseite macht sich kurzfristig zwar kaum, aber
dafür umso stärker als langfristiger Trendparameter bemerkbar.
Noch vor dem Recycling von Altgold stellt die Minenförderung die
wichtigste Quelle des Angebots dar. Angesichts der Hausse bis
2011 wurde in den letzten Jahren massiv in den Ausbau und die
Erweiterung bestehender Kapazitäten investiert. 2013 stieg die
Goldförderung deshalb das fünfte Jahr in Folge an und erreichte
wie beschrieben einen Umfang von 3.020 Tonnen. Im Jahr der
Lehman-Pleite 2008 betrug sie dagegen nur 2.410 Tonnen.
Bedeutung der Angebotsseite ist nicht zu unterschätzen
Die mittel- bis langfristige Bedeutung von Veränderungen der
Goldförderung verdeutlicht das folgende Beispiel: Wäre die Aus-
beute der Minen in den Jahren 2009 bis 2013 auf dem niedrigeren
Niveau des Jahres 2008 geblieben, dann wären in diesem Zeit-
raum insgesamt gut 1.900 Tonnen Gold nicht auf den Markt ge-
kommen. Dies ist deutlich mehr Edelmetall, als im gleichen Zeit-
raum in Form von Goldmünzen nachgefragt wurde. Der Bedarf
zur Prägung von australischen Kängurus über Krügerrands bis
hin zu österreichischen Philharmonikern summierte sich auf nur
knapp 1.200 Tonnen. Vor diesem Hintergrund fällt es nicht schwer,
sich vorzustellen, dass der Goldpreis bei einer stagnierenden För-
derung zunächst stärker angestiegen wäre. Und mit Blick auf das
Jahr 2013 wäre ein schwächerer Preisrückgang durch das knap-
pere Angebot denkbar gewesen. Im vergangenen Jahr umfassten
die den Preis stark belastenden Verkäufe durch ETCs rund 880
Tonnen. Das Plus der Minenförderung gegenüber 2008 machte
mit 610 Tonnen gut zwei Drittel dieser Edelmetallmenge aus.
Wechselseitiger Einfluss
Anders formuliert lässt sich die Erkenntnis aus diesem aktuellen
Beispiel auch folgendermaßen zusammenfassen: Wenn mehr Edel-
metall aus der Erde geholt wird, dann muss auch die Nachfrage
anziehen, damit der Preis nicht zurückgeht. Oder ein höheres An-
gebot kann bei gleichbleibender Nachfrage den Ausschlag für
eine Talfahrt der Notierungen geben. Die Krux an der Sache ist,
dass der Einfluss der Fördermenge auf den Preis keine Einbahn-
straße ist, sondern umgekehrt der Preis auch die Fördermengen
beeinflusst. Steigt er an, dann werden kostenträchtige neue Mi-
nenprojekte rentabel und der Abbau lohnt sich auch in Bergwer-
ken mit geringem Edelmetallgehalt in den Erzen. Die Folge ist
eine Zunahme der Goldgewinnung beziehungsweise im ungekehr-
ten Fall bei sinkenden Notierungen eine Abnahme.
Goldförderung reagiert auf Preisänderungen…
Die Vergangenheit bietet hierfür gute Beispiele. In den letzten 100
Jahren lassen sich drei große Phasen mit höherer Förderung auf-
grund ansteigender Goldpreise identifizieren. Die Abwertung der
US-Währung durch Präsident Roosevelt 1934 als Reaktion auf die
Weltwirtschaftskrise bedeutete spiegelbildlich eine schlagartige
Erhöhung des Goldwertes. Der Preis wurde von 20,68 USD auf
Goldförderung in Tonnen und Veränderungsrate in %
Quellen: World Gold Council, GFMS, LBBW Research
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Förderung in Tonnen (linke Skala)
Veränderung ggü. Vorjahr in %
Edelmetalle
Seite 52 Commodity YearbookMai 2014
35 USD je Feinunze angehoben. Dies war ein Anstieg um immerhin
69 %, der jedoch aufgrund der geringen absoluten Höhe von nicht
einmal 15 USD in langfristigen Abbildungen kaum auffällt (siehe
Chart). Die Weltgoldförderung stieg damals von 840 Tonnen um
mehr als 50 % auf gut 1.300 an, bis der Zweite Weltkrieg für eine
mehrjährige Unterbrechung sorgte. Der zweite große Anstieg der
Förderung erfolgte nach der Hausse in den 1970er Jahren und die
dritte, aktuell laufende Phase ist das Ergebnis der Preiserhöhungen
seit der Jahrtausendwende.
…mit erheblicher zeitlicher Verzögerung
Während sich der höhere Goldpreis in den 1930er Jahren relativ zü-
gig in höheren Fördermengen niederschlug, war in den beiden spä-
teren Phasen eine starke zeitliche Verzögerung zu beobachten. Die
Ausbeute begann erst 1981 zu steigen, nachdem die mehrjährige
Goldhausse bereits zu Ende war. Und die seit 2001 anziehenden
Notierungen machten sich wie eingangs geschildert erst ab 2009
in einem höheren Goldaufkommen bemerkbar. Dies entspricht Ver-
zögerungen von etwa 8 bis 10 Jahren, was unter anderem dem gro-
ßen Zeitbedarf von der Planung aufwendiger Minenprojekte bis zur
Umsetzung geschuldet ist.
Förderung sank erst nach 20 Jahren Baisse
Viel wichtiger aus Sicht von investierten Anlegern ist derzeit die
Frage, wann die Minenförderung auf den Preisrutsch des letzten
Jahres zu reagieren beginnt. Der Blick in die Vergangenheit macht
hierfür zunächst wenig Hoffnung. Die Goldhausse der 1970er Jah-
re, die im Januar 1980 mit Höchstpreisen von 850 USD je Feinunze
gipfelte, wirkte etwa zwei Jahrzehnte lang als Treibsatz der Minen-
industrie. Aus den Bergwerken wurde bis zum Jahr 2001 immer
mehr Gold geholt, obwohl dessen Preis im gleichen Zeitraum um
mehr als zwei Drittel zurückging.
Kosten je Feinunze werden als natürliche Preisuntergrenze an-
gesehen
Allerdings gibt es ein gutes Argument, weshalb es aktuell nicht
wieder 20 Jahre dauern dürfte, bis ein Absinken der Minenförde-
rung den Markt von der Angebotsseite her entlastet. Trotz der Bais-
se arbeiteten viele Bergwerke Ende der 1980er beziehungsweise
Anfang der 1990er Jahre bei Notierungen von rund 400 USD je
Feinunze profitabel. Immerhin lag der Goldpreis deutlich oberhalb-
vom Ausgangsniveau der Hausse bei 35 USD. Erst die letzte Phase
des Goldsinkfluges Ende der 1990er Jahre trieb viele Minenkonzer-
ne in die roten Zahlen. Der entscheidende Faktor ist deshalb vor
allem die wirtschaftliche Lage der Unternehmen und dabei insbe-
sondere die Rolle der Kosten je geförderte Feinunze. Fällt die Bör-
sennotierung unter diese Schwelle, dann machen die Minenkonzer-
ne Verluste und kommen in finanzielle Schwierigkeiten. Früher oder
später sollten sie aus dem Markt ausscheiden oder zumindest kein
Geld mehr für Ersatzinvestitionen übrig haben, so dass die welt-
weite Förderung ab einem gewissen Zeitpunkt automatisch zu sin-
ken beginnt. Aus dieser Perspektive ist es unerheblich, wie lange
die Baisse bereits dauert. Viel wichtiger ist die Frage, wie hoch die
Kosten liegen, beziehungsweise ab welchem Preisrückgang die Mi-
nen nicht mehr profitabel arbeiten.
Förderkosten: Viele Minen veröffentlichen keine Daten
Viele Anleger beschäftigt exakt diese Frage: Wie hoch sind aktuell
die Förderkosten? Aus verschiedenen Gründen lässt sich hierauf in
der Praxis aber leider keine schnelle beziehungsweise keine ein-
deutige Antwort geben. Erstens erfolgt ein nicht unerheblicher Teil
des Goldabbaus in mittelgroßen und kleinen Familienbetrieben,
zum Beispiel in China und in Brasilien. Diese Unternehmen - wenn
sie überhaupt so bezeichnet werden können - veröffentlichen keine
Kennzahlen über ihre Kosten, denn sie verfügen meistens über kein
nennenswertes Rechnungswesen oder arbeiten teilweise sogar ille-
gal. Nicht zu vergessen ist auch das Gold, das beispielsweise als
Beimischung der Kupferförderung ans Tageslicht kommt und für
das sich keine originären Kosten berechnen lassen. Somit bleiben
als Informationsquelle meist nur die größeren als Aktiengesellschaft
organisierten Minen mit regelmäßigen Geschäftsberichten. Die vor
allem in Kanada, den USA und Südafrika beheimateten Unterneh-
men stehen allerdings lediglich für etwas mehr als ein Drittel der
weltweiten Goldförderung, so dass sich aus ihren Angaben nur gro-
be Schlüsse für die gesamte Branche ergeben.
Erst seit Kurzem einheitliches Berechnungsschema
Zweitens besteht für Aktiengesellschaften zwar eine Verpflichtung
zur Veröffentlichung von Bilanzen sowie der Gewinn- und Verlust-
rechnung. Der Ausweis von Förderkosten ist aber eine Art freiwil-
lige Zusatzinformation für die Aktionäre. Kein Wunder also, wenn
in der Vergangenheit vor allem die stets sehr niedrigen „Cash Costs“,
also die variablen Förderkosten ausgewiesen wurden. Hinzu kam,
dass es bis vor kurzem kein einheitliches Berechnungsschema gab
und sich jede Minengesellschaften selbst aussuchen konnte, wel-
che Kosten angesetzt und welche in den Veröffentlichungen nicht
berücksichtigt werden. Zumindest in diesem Punkt hat sich Einiges
gebessert. Das World Gold Council (WGC) stellte Ende Juni 2013
erstmals ein einheitliches Berechnungsschema vor, das sich ver-
mutlich als Branchenstandard etablieren wird.
Barrick Gold: Sieben verschiedene Kennzahlen
Als eines der ersten Unternehmen begann der Branchenprimus Bar-
rick Gold mit dem Ausweis von Förderkosten gemäß WGC-Standard.
Doch die Veröffentlichung zeigt ein drittes Problem: Es ist in die-
sem Bereich relativ schwierig, eine einzige aussagekräftige Zahl zu
nennen. Barrick gibt deshalb in seinem jüngsten Geschäftsbericht
gleich sieben verschiedene an. Je nach Betrachtungsweise betrugen
die Förderkosten im Geschäftsjahr 2013 zwischen 566 USD und
Edelmetalle
Goldförderung in Tonnen und Goldpreis in USD seit 1920
Quellen: U.S. Geological Survey, LBBW Research
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Goldförderung in t (linke Skala)Goldpreis in USD (rechte Skala)
Commodity Yearbook Mai 2014
Seite 53
1.305 USD je Feinunze. Der untere Wert resultiert, wenn die einfa-
chen operativen Ausgaben der Förderung ohne Abschreibungen
auf das Sachkapital durch die geförderte Goldmenge geteilt wer-
den. Im Fall der Berücksichtigung von Abschreibungen ergeben sich
die „total production costs“. Sie betrugen bei Barrick im vergange-
nen Jahr immerhin 764 USD je Feinunze.
In dieser Zahl sind aber weder Verwaltungskosten enthalten, noch
Aufwendungen die notwendig sind, um neue Lagerstätten als Er-
satz für die ausgebeuteten zu erschließen. Werden sie einberech-
net, dann ergeben sich die „all-in sustaining costs“, die 915 USD je
Feinunze betrugen. Allerdings hatte das Unternehmen im vergan-
genen Jahr weitere Aufwendung im Zusammenhang mit Kapazitäts-
erweiterungen über den Status quo hinaus. Beispielsweise wurden
annähernd zwei Milliarden USD für das Pascua-Lama-Projekt in der
chilenisch-argentinischen Grenzregion ausgegeben. Unter Berück-
sichtigung dieser für das eigentliche operative Geschäft nicht zwin-
gend notwendigen aber dennoch getätigten Investitionen ergeben
sich so genannte „all-in costs“ in Höhe von 1.282 USD.
„by-product“ vs. “co-product”
Um die Verwirrung komplett zu machen, publiziert Barrick neben
diesen Kennzahlen auf so genannter „by-product“-Basis auch Alter-
nativen auf „co-product“-Basis. Der Unterschied liegt in der Berück-
sichtigung der anfallenden Nebenprodukte der Goldförderung, im
Fall von Barrick also vor allem in der Gewinnung von Kupfer. Dessen
Verkaufserlöse werden bei einer „by-product“-Kalkulation von den
angefallenen Kosten der Goldförderung abgezogen. Die Alternative
„co-product“ betrachtet dagegen Gold und Kupfer als eigenständi-
ge Erzeugnisse und verteilt deshalb die Kosten im Verhältnis der
jeweiligen Verkaufserlöse auf beide Metalle. Bei dieser Betrach-
tungsweise betragen die „adjusted operating costs“ 589 USD, die
„all-in sustaining costs“ 938 USD und die „all-in costs“ 1.305 USD.
Welche Kennzahl ist relevant?
Welche Kennzahl ist nun entscheidend? Da die Erlöse aus dem Ver-
kauf von Nebenprodukten bei der Goldgewinnung im Gegensatz
zur Silberförderung nur eine vollkommen untergeordnete Rolle
spielen, erscheinen die im letzten Abschnitt genannten Zahlen ver-
gleichsweise wenig relevant. Ansonsten lassen sich für jede Kenn-
zahl gute Argumente finden. Die umfassenden Aggregate doku-
mentieren die tatsächliche Situation des Unternehmens im Berichts-
zeitraum. Die Kennzahlen mit den niedrigen Förderkosten zeigen
gleichzeitig, wie viel Luft nach unten besteht. Denn die Investitio-
nen in Kapazitätserweiterungen lassen sich meistens zügig herun-
terfahren und zweitens kann ein Minenunternehmen zumindest
kurz- bis mittelfristig im Geschäft bleiben, solange die Umsatzer-
löse die variablen Kosten decken.
Preisrückgang macht sich derzeit noch nicht in der Menge be-
merkbar
Vor diesem Hintergrund wird auch verständlich, warum die Minen-
förderung trotz des Goldpreisrückgangs in den vergangenen Quar-
talen weiter anstieg. Erstens halten manche Unternehmen mit un-
rentablen Minen den Preisrückgang nur für eine vorübergehende
Erscheinung. Solange sie aber über genügend Liquiditätsreserven
oder Verschuldungsmöglichkeiten verfügen, besteht kein zwingen-
der Grund, den Goldabbau einzuschränken. Und zweitens laufen
derzeit bei praktisch jeder Bergbaugesellschaft massive Kostensen-
kungsmaßnahmen.
Sparen lautet das Gebot der Stunde.
Manche Bergbauunternehmen lassen zusätzliche Arbeitsschichten
durchführen, um die Sachkapitalnutzung zu optimieren. Und wäh-
rend die Vorstände noch vor wenigen Monaten mit dem Verspre-
chen von hohem Förderwachstum um Aktionäre buhlten, werben
sie inzwischen aggressiv mit ihrem schlanken Kostenmanagement.
Dabei schwingt auch immer die Hoffnung mit, die Konkurrenten
mögen zuerst mit der Marktbereinigung beginnen. Aktuell wird le-
diglich in Russland mit einem Absinken der Goldförderung bereits
in diesem Jahr gerechnet. Der Branchenverband Russian Gold In-
dustrialists Union geht von einem Rückgang des gesamten Gold-
aufkommens inklusive Recycling von Altgold um 5 % aus, da sich
ein Projekt von Polyus Gold nicht wie geplant realisieren lassen wird.
Divergierende Entwicklungen im Minensektor
Die Sparmaßnahmen machten sich bereits in den jüngsten Ge-
schäftsberichten der Bergbauunternehmen bemerkbar. Bei Barrick
Gold fielen die „all-in sustaining costs“ ohne Berücksichtigung der
Erweiterungsinvestitionen von 1.014 USD im Jahr 2012 auf 915 USD
im Jahr 2013. Die „all-in costs“ sanken von 1.404 USD auf 1.282 USD.
Ein weiterer Rückgang in diesem Jahr ist wahrscheinlich, da das
nicht unumstrittene Pascua-Lama-Projekt mittlerweile auf Eis gelegt
wurde. Angesichts der hierfür im vergangenen Jahr verbuchten Auf-
wendungen von knapp 2 Mrd. USD und knapp 7,2 Mio. veräußerten
Feinunzen ergibt sich zumindest theoretisch eine Einsparmöglich-
keit in Höhe von 280 USD je Feinunze. Der Rivale Newmont Mining
aus Denver erreichte ebenfalls ein Absinken der „all-in sustaining
costs“. Sie fielen von 1.177 USD im Jahr 2012 auf 1.104 USD 2013.
Goldcorp aus Vancouver verzeichnete dagegen einen Anstieg von
867 USD 2012 auf 1.011 USD im vergangenen Jahr. Die „all-in costs“
blieben mit vergleichsweise hohen 1.575 USD nahezu unverändert.
Je nach Mine unterschiedlich hohe Kosten
Die oben genannten Zahlen geben zwar einen ersten Eindruck von
der gegenwärtigen Situation der Branche. Im Grunde genommen
verstellen sie aber den viel wichtigeren Blick auf das Detail, denn
jeder der drei großen Konzerne unterhält mehrere Minen. Die „all-
in sustaining costs“, auf die sich die nachfolgende Darstellung be-
schränkt, variieren erheblich. Newmont gab für die Förderung in
der Batu Hijau-Mine letztes Jahr 2.848 USD je Feinunze aus. In der
Akyem-Mine des texanischen Konzerns kostete die Goldgewinnung
dagegen nur 326 USD. Und Goldcorp erreichte im vergangenen Jahr
in der Alumbrera-Mine sogar Kosten in Höhe von Minus 395 USD.
Das bedeutet, die Erlöse aus der Gewinnung von Nebenprodukten
waren um diesen Betrag höher als die Aufwendungen für die För-
derung einer Feinunze Gold.
Die folgende Grafik gibt die Situation für die drei größten Vertreter
der Branche, Barrick, Newmont und Goldcorp wieder, die letztes
Jahr zusammen etwa 480 Tonnen förderten. Dies entspricht einem
Anteil von knapp 16 % der weltweiten Goldgewinnung. Jede Mine
wird dabei aufsteigend nach ihrer Kostenhöhe und proportional ge-
messen an der Fördermenge dargestellt.
Edelmetalle
Seite 54 Commodity YearbookMai 2014
Im vergangenen Jahr erfolgte gut ein Viertel der Goldgewinnung
zu Kosten von 750 USD oder weniger und drei Viertel der Gold-
gewinnung erfolgten zu Kosten von 1.000 USD oder weniger. Aus
Anlegersicht besonders interessant sind die Minen mit den höchs-
ten Kosten am rechten Rand der Grafik. Der Anteil der Goldförde-
rung mit Kosten von über 1.300 USD betrug im vorletzten Jahr
noch knapp 7 %. 2013 ist er auf rund 3 % gefallen und ein weite-
res Absinken in diesem Jahr ist wahrscheinlich. Beispielsweise
möchte Goldcorp die Marigold-Mine aus dem Portfolio entfernen,
die 2013 Kosten in Höhe von 1.503 USD aufwies. In ihr wurden
aber nur 3,3 Tonnen Gold gewonnen. Hierbei zeigt sich eine wei-
tere Schwierigkeit im behandelten Themenkomplex. Die ausge-
wiesenen Förderkosten der Unternehmen verändern sich im Zeit-
ablauf nicht nur durch Änderungen der Preise für Energie, Sachin-
vestitionen und Löhne, sondern auch aufgrund von Neueröff-
nungen und Schließungen von Minen. Fallen die teuersten Pro-
duktionsstätten aus dem Portfolio, dann sinken die durchschnitt-
lichen Förderkosten automatisch.
Absinken der Mengen mittel- bis langfristig wahrscheinlich
Als Fazit sind somit drei Aspekte festzuhalten. Zum einen lassen
sich „die“ Förderkosten in der Praxis nicht so einfach benennen,
wie dies von vielen Anlegern verständlicherweise gewünscht wird.
Zum anderen sagen die durchschnittlichen Förderkosten sogar
relativ wenig aus. Bessere Rückschlüsse lassen sich dagegen aus
einer Kostenkurve ziehen. Und drittens bestehen diverse Gründe,
warum die Förderung auch trotz eines unter die Kosten gefalle-
nen Goldpreises weiterhin ansteigen kann.
Unabhängig hiervon dürften sich die erwähnten Sparmaßnahmen
mittel- bis langfristig aber bemerkbar machen. Jede Mine hat nur
eine gewisse Lebensdauer, bis sie ausgebeutet ist. Fortwährende
Explorationsanstrengungen sind deshalb wichtig, um die Höhe
der abbaubaren Reserven zu halten. Unternehmen, die nur die
nötigsten Investitionen tätigen, sind einem erhöhten Risiken aus-
gesetzt. Da sich die Inbetriebnahme von neuen Minen erfahrungs-
gemäß sehr oft hinauszögert, drohen in diesem Fall ungewollte
Fördereinschränkungen.
FazitIm ersten Quartal 2014 wurde mit dem Rückgang der Gold-verkäufe durch die ETC-Emittenten nicht nur eine Bodenbil-dung des Preises erkennbar. Die Krise in der Ukraine gab den Notierungen sogar Auftrieb und ließ das Edelmetall bis knapp an die Marke von 1.400 USD vorrücken. Die voraussichtliche Entwicklung der verschiedenen Angebots- und Nachfrage-komponenten spricht jedoch gegen eine Fortsetzung der Hausse. In Indien ist zwar eine Lockerung der Importrestrik-tionen nach der Bildung einer neuen Regierung nicht unwahr-scheinlich. Aber erstens würden offiziell wieder höhere Im-porte an die Stelle des zuletzt stark gestiegenen Goldschmug-gel treten. Und zweitens dürfte die Regierung die Entwicklung sehr aufmerksam verfolgen und bei der Gefahr neuer Defizi-te die Goldhändler wieder an die kurze Leine nehmen. Zudem wird die Goldnachfrage in China bestenfalls stagnieren. Im Westen ist allenfalls mit verhaltenen Münz- und Barrenkäufen zu rechnen. Die Notenbanken werden sich nach den jüngsten Erfahrungen vermutlich eher zurückhalten, wobei die Opera-tionen der chinesischen Währungshüter intransparent blei-ben. Gleichzeitig dürfte die Minenförderung zumindest in diesem Jahr einen neuen Mengenrekord aufstellen. Wir rech-nen deshalb mit einem leichten Rückgang des Goldpreises auf 1.200 USD zum Jahresende. Angesichts der von uns er-warteten USD-Abwertung dürfte der Goldpreis in Euro seit-wärts tendieren.
Auch das volkswirtschaftliche Bild spricht derzeit kaum für eine Wiederaufnahme des Haussemodus. Gold kam in den 2000er Jahren als davor lange Zeit vernachlässigte Wertanla-ge wieder in Mode und erlebte im Zuge der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise eine Neubewertung mit Notierungen von mehr als 1.900 USD im Sommer 2011. Im Nachhinein mag dieser steile Anstieg vielleicht als Blase gewertet werden. An-
Edelmetalle
Quelle: Unternehmen, LBBW Research
Kostenkurven der Goldförderung (Barrick, Newmont undGoldcorp) 2012 und 2013 in USD je Feinunze(„all-in sustaining, by-product“)
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Kostenkurve 2012
Kostenkurve 2013
Commodity Yearbook Mai 2014
Seite 55
gesichts der damals real erscheinenden Gefahr eines unmit-telbaren Auseinanderbrechens der Eurozone mit Staatspleiten von Lissabon über Madrid und Rom bis Athen und den damit einher gehenden Verwerfungen am globalen Finanzmarkt könnte diese Preisspitze aber durchaus als gerechtfertigt an-gesehen werden. Aus dieser Perspektive ist mit dem Absin-ken des Goldpreises keine Blase geplatzt. Die äußeren Um-stände haben sich lediglich gebessert, woraufhin der Krisen-indikator Gold weniger stark ausschlägt. Immerhin haben sich seit der Ankündigung von EZB-Chef Mario Draghi, alles zu unternehmen, um den Euro zu erhalten, die Renditen der eu-ropäischen Staatsanleihen spürbar an das niedrige Niveau der als sicher geltenden Bundesanleihen angenähert. Die Emission von griechischen Staatsanleihen Mitte April 2014 untermauert diesen Stimmungswechsel.
Eine Extrapolation des volkswirtschaftlichen Bildes in die Zu-kunft ergäbe die Erwartung eines weiter sinkenden Goldprei-ses. Wenn die Wirtschaft allerorten wächst und wieder aus-kömmliche Renditen mit sicheren Anlagen verdient werden können, dann wird die Nachfrage nach Gold gering ausfallen. Und möglicherweise beginnen nach einiger Zeit auch viele langfristige orientierte Privatanleger mit der Auflösung be-stehender Goldinvestments.
Angesichts der Kostensituation der Minenunternehmen ist eine Rückkehr des Goldpreises auf das Ausgangsniveau der Hausse jedoch sehr unwahrscheinlich. Zwar sind die Förder-kosten wie gezeigt zumindest mittelfristig eine variable Grö-ße. Im Vergleich zur Situation um die Jahrtausendwende ha-ben sich verschiedene Aufwandsfaktoren wie Energie und Löhne aber stark verteuert. Darüber hinaus dürfte die Verun-
sicherung weiter Anlegerkreise nach den Schockerlebnissen der Jahre seit 2008 noch lange anhalten. Hinzu kommt ein weiterer wichtiger Aspekt: Momentan erholen sich die USA und Südeuropa, wo die Banken- und die Staatsschuldenkrise begonnen hatte, zwar von dem Schrecken der Ereignisse. Da-mit ist aber noch nicht der Vorkrisenzustand erreicht. Die Staatsschuldenquoten sind in beiden Wirtschaftsräumen deut-lich gestiegen und bislang sind weder nachhaltige Anzeichen für eine Besserung, noch für den Willen hierzu erkennbar. Beispielsweise forderte Italiens Ministerpräsident Renzi jüngst eine Lockerung der Defizitquoten, obwohl die bisherigen schon deutlich über den Maastricht-Kriterien lagen. Damit engen sich aber die Handlungsspielräume für erneute Krisen ein. Ähnlich verhält es sich mit der Geldpolitik. Angesichts des sehr niedrigen Zinsniveaus bestehen keine Spielräume für weitere Zinssenkungen, wenn sich der nächste zyklische Abschwung abzeichnet. Vermutlich werden die Notenbanken in dieser Lage zu quantitativen Maßnahmen greifen, um die Wirtschaft zu stützen. Hiervon dürfte wiederum Gold als nicht-inflationierbare Wertanlage profitieren. Mit andern Worten ließe sich auch sagen, der Patient Weltwirtschaft ist zwar auf dem Wege der Besserung. Die Anfälligkeit für neue Infektio-nen ist aber außerordentlich hoch.
Thorsten Proettel
»Im nächsten konjunkturellen Abschwung werden die momentan nur ausgeblendeten Probleme wieder in den Fokus rücken. Gold hat dann Potenzial nach oben.«
Thorsten Proettel
Seite 56 Commodity YearbookMai 2014
Silber
Im Jahr 2013 brauchten in Silber investierte Anleger und die Silber verbrauchende Industrie angesichts des Preisrückgangs um mehr als ein Drittel ausgesprochen starke Nerven. Und auch im bisherigen Jahresverlauf 2014 wurde der Anstieg um bis zu 13 % im Februar mittlerweile wieder abgebaut. Die voraussichtlich höhere Industrienachfrage in diesem Jahr spricht jedoch für leicht höhere Notierungen. Das Potenzial bleibt aber begrenzt.
Drittgrößtes Verlustjahr in der GeschichteEin wesentlicher Treiber für die Abwärtsentwicklung im ver-gangenen Jahr war die Bewegung des Goldpreises, die sich häufig in den täglichen Schwankungen wie auch in den grö-ßeren Bewegungen überproportional stark auf dem Silber-markt bemerkbar macht. Während sich die Goldnotierungen um 27 % ermäßigten, fiel der Silberpreis um knapp 35 %.
Rückkehr zum Ausgangsniveau der Hausse 2010/112013 markiert zudem das Jahr mit dem drittstärksten Silber-preiseinbruch in der Geschichte. Lediglich 1980 und 1981 waren höhere Rückgänge zu verbuchen, die allerdings in Zu-sammenhang mit der Hausse von 1979 zu sehen sind. In ge-wisser Weise kann auch das jüngste Absinken als Ausgleich nach einem starken Anstieg interpretiert werden. Immerhin kletterte der Silberpreis im Jahr 2010 um mehr als 80 %, wo-mit das zweitstärkste Jahrsplus seit 1979 markiert wurde. Diese Silberhausse fand allerdings nicht im gesamten Kalen-derjahr 2010 statt, sondern sie begann erst im Sommer und erstreckte sich dann bis auf das Frühjahr 2011. Ausgehend von Notierungen um 18 USD je Feinunze im August 2010 klet-terte das Edelmetall bis auf knapp 50 USD im April 2011. Wie bereits in den beiden letzten Ausgaben des Commodity Ye-arbook erläutert, dürfte eine Ursache hierfür vor allem in Sil-berkäufen durch US-Investmentbanken zur Glattstellung von ungedeckten Short-Positionen zu suchen sein. Darüber hin-aus war auch die zuerst stark steigende und dann wieder fal-lende Silbernachfrage der Solarzellenindustrie nicht ganz un-beteiligt. Auf jeden Fall entfernten sich die Notierungen im Jahresverlauf 2011 von den Spitzenwerten und pendelten zu-
nächst um die Marke von 30 USD. Der Rückgang im vergan-genen Jahr mit Tiefständen unter 19 USD je Feinunze im Juni und Februar brachte Silber sozusagen wieder auf das Aus-gangsniveau der Hausse von 2010/11 zurück.
Rückgang aus fundamentaler Sicht bemerkenswertSo leicht sich die Preisentwicklung des vergangenen Jahres nachträglich in den großen Rahmen aus vorangegangener Hausse und Goldpreisabsturz einordnen lässt, so schwer fällt es andererseits, eindeutige fundamentale Erklärungen für den Rückgang zu finden. Die physische Silbernachfrage war nämlich durchaus vorhanden. Nach Angaben der Agentur Thomson Reuters GFMS erhöhten sich die Silberkäufe der wichtigsten Nachfragegruppen gegenüber 2012 sogar.
Für 2014 Fortsetzung der höheren Industrienachfrage er-wartetTraditionell geht der mit Abstand größte Teil der weltweiten Silbernachfrage auf die Industrie zurück, wo das Edelmetall unter anderem als elektrisches Leitermaterial eingesetzt wird. Gemäß GFMS betrug der Bedarf im Jahr 2013 knapp 14.800 Tonnen, was einem leichten Plus in Höhe von 1,1 % gegen-über 2012 entspricht. Die Industrienachfrage hat sich damit wieder stabilisiert, nachdem vor allem die Einsparmaßnahmen in der Solarzellenherstellung in den beiden vorangegangenen Jahren zu Rückgängen geführt haben. So war 2011 ein Minus der Industrienachfrage von 2,6 % und 2012 sogar eine Min-derung von 3,7 % zu verbuchen. Offenbar werden die noch immer fortgeführten Anstrengungen zur Verringerung des Silberbedarfs in der Photovoltaik inzwischen aber durch die
Silber in USD und EUR je Feinunze seit Anfang 2011
Quelle: Thomson Reuters
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Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research
Jahre mit den größten Silberpreisanstiegen bzw. -rückgängen,Angaben in %
80,3
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57,5
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2008
1984
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Edelmetalle
Commodity Yearbook Mai 2014
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allgemein höhere gewerbliche Nachfrage überkompensiert. Der jüngste Zuwachs der industriellen Nachfrage um 1,1 % blieb allerdings deutlich hinter den Vergleichswerten aus der Zeit vor der weltweiten Wirtschaftskrise zurück. In den Jahren 2004 bis 2007 wuchs der Silberbedarf dieser Abnehmergrup-pe um durchschnittlich 7,2 %, wobei das Wirtschaftswachstum in der genannten Zeitspanne mit gut 5 % auch um rund zwei Prozentpunkte höher lag als 2013. Im laufenden Jahr dürfte der industrielle Silberbedarf vermutlich etwas stärker steigen als im letzten. Hierfür spricht zum einen unsere Erwartung eines stärkeren Wirtschaftswachstums von 3,8 %. Zum ande-ren fallen die fortgesetzten Anstrengungen der Solarzellen-branche, immer weniger Silber einzusetzen, auf dem erreich-ten niedrigen Niveau weniger stark ins Gewicht. Wir kalkulie-ren mit einer Zunahme in Höhe von 1,5 % auf 15.000 Tonnen.
Verwendung als Schmuckmetall nahm zuDie Nutzung als Schmuckmetall ist der zweitwichtigste Ver-wendungszweck von Silber. Die Marktbeobachter von GMFS errechneten für das vergangene Jahr einen Anstieg um 5,6 % auf rund 6.000 Tonnen, was einem Anteil an der Gesamtnach-frage in Höhe von 18 % entspricht. Damit wurde gleichzeitig wieder der alte Höchststand aus dem Jahr 2010 erreicht, nach-dem der Schmucksilberbedarf 2011 und 2012 rückläufig war. Zu der jüngsten Entwicklung hat einerseits der niedrigere Preis beigetragen, der Silber für Käufer attraktiver machte. Andererseits führten die Importhemmnisse für Gold in Indien zu Ausweichreaktionen. So sind die indischen Goldimporte von 2.115 Tonnen im Jahr 2012 auf 6.125 Tonnen 2013 ange-stiegen. Im laufenden Jahr ist allerdings eher mit einer Stag-nation der Silbernutzung durch Schmuckhersteller zu rech-nen, zumal eine Lockerung der Einfuhrbestimmungen für Gold in Indien in der zweiten Jahreshälfte denkbar ist.
Run der Anleger auf SilberDer Preiseinbruch führte im vergangenen Jahr zu einem Run von Schnäppchenjäger auf Silber. In Deutschland befeuerte zudem die drohende Mehrwertsteuererhöhung auf Silbermün-zen die Nachfrage der Anleger (siehe hierzu auch Kapitel Roh-stoffinvestments). In der Summe stiegen die von GFMS beob-achteten Käufe um knapp 25 % auf rund 3.600 Tonnen an.
Dies entspräche einem Anteil der Investoren von 11 % an der Gesamtnachfrage. Die tatsächliche Menge der Anlegerkäufe dürfte aber sogar noch etwas höher ausgefallen sein. GFMS gibt in den Zahlenwerken stets einen Restposten in Höhe der Differenz zwischen Angebot und gemessener Nachfrage an. Diese als „Investitionszwecke und Lageraufbau“ bezeichnete Residualgröße betrug im vergangenen Jahr rund 4.300 Ton-nen. Aber auch andere Zahlen zeugen von einem hohen Be-darf. Das US-Münzamt prägte 2013 fast 42,7 Millionen Eagle-Münzen mit einem Feingewicht von je einer Unze. Insgesamt wurden somit 1.327 Tonnen Edelmetall allein für die Herstel-lung dieser Silberstücke aufgewendet und der bisherige Re-kord aus dem Jahr 2011 übertroffen.
Die vergleichsweise hohe Nachfrage nach Silver Eagles setzt sich im laufenden Jahr bislang fort. Im ersten Quartal 2014 wurden bereits 13,9 Mio. Stücke hergestellt, was knapp dem Wert aus dem Vorjahresquartal entspricht. Insgesamt dürften die Prägezahlen 2014 aber leicht rückläufig sein. Der Run der Anleger auf das weiße Edelmetall wurde nicht zuletzt durch den starken Preisrückgang im zweiten Quartal 2013 angekur-belt, und eine Wiederholung dieses Ereignisses ist wenig wahrscheinlich.
Silber-ETCs waren und sind gefragtDie Entwicklung der Silber-ETCs in den vergangenen Monaten gibt ebenfalls Zeugnis vom großen Interesse der Investoren an diesem Edelmetall. Während die mit physischem Gold hin-terlegten Wertpapiere den größten Abverkauf in ihrer Ge-schichte hinnehmen mussten, bestand für mit Silber besicher-te Wertpapiere zwischenzeitlich erhebliche Nachfrage. Der von Bloomberg errechnete Gesamtbestand aller Emittenten kletterte von rund 18.900 Tonnen zum Jahreswechsel 2012/13 bis auf knapp 19.750 Tonnen rund zweieinhalb Monate spä-ter. Diese Bewegung entsprach Mittelzuflüssen in Höhe von etwa 820 Millionen USD. Die große Baisse im zweiten Quartal 2013 veranlasste zwar die Anleger, einen Teil ihrer Silber-ETCs zu veräußern. Der Gesamtbestand sank deshalb im Juni un-ter den Jahresanfangswert. Zu Beginn des zweiten Halbjahres setzte das Interesse parallel mit den sich erholenden Notie-rungen aber wieder ein und Ende August kletterte der ETC-
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2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013
Industrie Fotoindustrie Schmuck
Besteck Dehedging AnlegerQuellen: LBBW Research, Thomson Reuters GFMS, Silver Institute
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Für die Prägung von Silver Eagle-Münzen verwendete Silbermengein Tonnen
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Quellen: U.S. Mint, LBBW Commodity Research
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Edelmetalle
Seite 58 Commodity YearbookMai 2014
Silberschatz erstmals über die Marke von 20.0000 Tonnen. Trotz abermals rückläufiger Tendenz im vierten Quartal blieb bei einem Stand von 19.375 Tonnen am Jahresende per Saldo eine Zunahme der Bestände im Kalenderjahr 2013 um 460 Tonnen und ein Netto-Mittelzufluss in Höhe von mehr als ei-ner halben Milliarde USD. Im laufenden Jahr waren trotz der verhaltenen Silberpreisentwicklung bislang Käufe der ETCs in Höhe von gut 370 Tonnen beziehungsweise Mittelzuflüsse von mehr als 250 Mio. USD zu beobachten. Angesichts des-sen und der für steigende Preise sprechenden fundamentalen Lage ist somit auch in den kommenden Monaten mit Käufen der häufig prozyklisch handelnden ETC-Anleger zu rechnen.
Rückläufige Nachfrage der Fotoindustrie hält anZu den kleineren Anwendungsgebieten für Silber gehören die Produktion von hochwertigem Tafelbesteck sowie die Herstel-lung von Filmen für nicht-digitale Fotokameras. Sie kamen im vergangenen Jahr mit Mengen in Höhe von knapp 1.600 Ton-nen und rund 1.460 Tonnen auf Anteile an der Gesamtnach-frage von 4,8 % beziehungsweise 4,5 %. Die Bedeutung dieser Einsatzfelder für den Silbermarkt hält sich somit in Grenzen. Kurz vor der Jahrtausendwende und damit vor dem Sieges-zug der Digitalkameras war der Silberbedarf der Fotoindust-rie jedoch noch bedeutend. Im Jahr 1999 wurden knapp 7.100 Tonnen des weißen Edelmetalls beziehungsweise 26 % der Gesamtnachfrage für die Filmherstellung aufgewendet. Da das Silber zum größten Teil wieder recycelt wurde und es sich somit um einen geschlossenen Kreislauf handelte, war die Höhe der fortwährend benötigten Menge aber wenig relevant. Der Rückgang der Nachfrage nach konventionellen Filmen und somit auch die Reduzierung des Silberbedarfs in dieser Branche setzten ab dem Jahr 2000 jedoch schätzungsweise mehr als 5.000 Tonnen Edelmetall frei, die sukzessive auf den Markt kamen. Aber auch diese Entwicklung berührt den Markt angesichts des erreichten, niedrigen Niveaus kaum noch. Während der Bedarfsrückgang von 2000 bis 2012 durch-schnittlich gut 10 % pro Jahr betrug, waren es 2013 zudem nur 5,5 %. Abgesehen hiervon dürfte der rückläufige Trend auch 2014 und darüber hinaus anhalten, zumal mittlerweile selbst für professionelle Ansprüche hochauflösende Digital-kameras verfügbar sind.
Silberbesteck zumindest 2013 wieder stärker gefragtÜberraschenderweise stieg die Nachfrage der Hersteller von Silberbesteck im vergangenen Jahr um 4,5 % an. Dies war das erste Plus seit 2005. Ob sich Unternehmen der Branche wie Robbe & Berking oder WMF über eine Trendwende freuen dür-fen, ist jedoch keineswegs ausgemacht. Ende der 1990er Jah-ren wurde noch doppelt so viel Silber für die Besteckherstel-lung aufgewendet wie heute. Ein Grund für diese strukturel-le Entwicklung könnte sein, dass Tafelsilber in den Industriestaaten als Statussymbol der Mittelschicht ausge-dient hat, während die aufstrebenden Bevölkerungsschichten in den asiatischen Schwellenländern angesichts ihrer Essge-wohnheiten überhaupt keinen Bedarf für Messer und Gabeln haben. Zumindest im arabischen Raum sind hochpreisige Be-stecksets aus deutscher Produktion aber begehrt, wie Bran-chenvertreter gerne betonen.
Minenförderung steigt weiter anDer Preisrückgang im vergangenen Jahr könnte natürlich auch von einer Angebotsschwemme ausgelöst worden sein. Tat-sächlich stieg die Silberförderung 2013 weiter an. Die gewon-nene Menge betrug gemäß Thomson Reuters GFMS insgesamt gut 25.300 Tonnen, was allerdings nur einem Plus von 3,5 % entspricht. Ein Preisrückgang von rund 35 % lässt sich hier-durch aber kaum erklären. Abgesehen hiervon soll aber die Erhöhung der Silberausbeute in den vergangenen Jahren nicht unerwähnt bleiben. Sie stieg in der letzten Dekade um rund ein Drittel an.
Mexiko kommt auf einen Anteil an der weltweiten Primärge-winnung in Höhe von 17,6 %. Nachdem die Eröffnung der Pe-ñasquito- und der Palmarejo-Mine das Land zwischen 2010 und 2012 auf den ersten Platz unter den Förderländern kata-pultierte, stagnierte die Ausbeute 2013 das zweite Jahr in Folge im Bereich von knapp 4.500 Tonnen. Für China als welt-weiter Nummer Zwei liegen noch keine abschließenden Zah-len vor. Die Förderung dürfte nach vorläufigen Einschätzun-gen um 5 % angestiegen sein, womit dem Boden der Volks-republik gut 3.800 Tonnen Silber beziehungsweise 15 % der Weltjahresmenge abgerungen wurden. Der dritte Platz geht wie auch im Vorjahr an Peru, das mit 3.650 Tonnen und ei-
Bestand der Silber-ETCs in Tonnen und Silberpreis in USD
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Bestände in Tonnen
Silber in USD (rechte Skala)
Quellen: Thomson Reuters, Bloomberg, LBBW Research
Silberangebot in Tonnen
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2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014e
Minenförderung Notenbankverkäufe
Recycling Hedging/Lagerabbau
Quellen: LBBW Research, Thomson Reuters GFMS, Silver Institute
Edelmetalle
Commodity Yearbook Mai 2014
Seite 59
nem Anteil über 14,4 % nur knapp hinter China liegt. Das An-denland erreichte vor allem in der zweiten Jahreshälfte Zuge-winne, so dass die Förderung 2013 um 4,9 % anstieg. Der Trend setzte sich Anfang 2014 fort.
Ein großer Teil der Zunahme der Silberausbeute in den letz-ten Jahren ist der so genannten sekundären Produktion ge-schuldet, die mehr als drei Viertel der Gesamtförderung aus-macht. Hierbei handelt es sich um die Gewinnung von Silber vor allem als Nebenprodukt des Kupfer-, Blei- und Zinkabbaus. Letztlich sind somit Investitionen in Basismetallminen ein wichtiger Faktor für das Silberangebot. Die vor allem 2011 und 2012 rückläufigen Notierungen dieser Rohstoffe gaben den Bergbaukonzernen bereits Anlass zur Überarbeitung ih-rer Expansionspläne. Insofern würde es kaum überraschen, wenn der Anstieg der Silberförderung in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts ein Ende findet. Für die Jahre 2014 und auch 2015 ist angesichts der bereits fest eingeplanten Kapazitäts-erweiterungen vor allem im Kupferbergbau aber noch mit leichten Zunahmen der Silberförderung zu rechnen.
Recycling stark preisabhängigDie Wiederaufbereitung von Silber aus abgenutztem Tafelbe-steck, altem Schmuck, nicht mehr verwendeten Elektronik-bauteilen oder Münzen und Barren führte im vergangenen Jahr zu einem sekundären Angebot in Höhe von knapp 7.300 Tonnen. Dies entspricht gut 22 % des Gesamtangebots und bedeutet ein Minus von 7,9 % gegenüber 2012. Der Grund für diesen Einbruch ist im gesunkenen Silberpreis zu suchen, der beispielsweise die aufwändige Bearbeitung von altem Elekt-ronikschrott weniger attraktiv macht. Umgekehrt führte der starke Preisanstieg 2010 und 2011 zu einem Anstieg des Re-cyclingvolumens von 14,5 % beziehungsweise 12,8 %. Im letzt-genannten Jahr kamen somit immerhin gut 8.000 Tonnen Altsilber auf den Markt, während es 2008 und 2009 nur gut 6.200 Tonnen waren. Angesichts des im Vergleich zu den vergangenen Jahren niedrigen Silberpreises gehen wir für 2014 von einem erneuten Rückgang des Recyclingvolumens aus und rechnen mit einem sekundären Angebot in Höhe von 6.500 Tonnen.
Terminbörse starker Einflussfaktor für Auf und Ab der Sil-bernotierungDie Entwicklung der Edelmetallnotierungen wird insbesonde-re in der kurzen Frist in entscheidendem Maße von den Ter-minbörsen beeinflusst. An ihnen sind neben Minen- und In-dustrieunternehmen beziehungsweise die sie dort vertretenen Banken auch Spekulanten aktiv. Einerseits sind die Spekulan-ten aus Sicht der anderen Marktteilnehmer willkommen, da sie die Liquidität der gehandelten Kontrakte erhöhen und so-mit zum Funktionieren der Börse beitragen. Andererseits sor-gen sie oftmals für zusätzliche Preisvolatilität. Die Entwick-lung auf dem Markt für Silberfutures in den vergangenen Monaten ist ein gutes Beispiel. Zum Jahresbeginn 2013 betrug die Netto-Long-Position der Money Manager an der US-Ter-minbörse gut 22.500 Kontrakte. Sie wurde bis Ende des zwei-
ten Quartals nicht nur vollständig abgebaut, sondern es wur-de kurzfristig sogar eine Netto-Short-Position aufgebaut. Die-se Bewegung entspricht rechnerisch dem Verkauf von 3.500 Tonnen Silber und diese Menge entspricht wiederum mehr als 10 % der weltweiten physischen Nachfrage im vergange-nen Jahr. Vor diesem Hintergrund fehlt es nicht schwer, die Aktivitäten dieser Akteure als ein Grund für den Preisrutsch auszumachen. Hinzu kommt, dass sich die hier genannten Zahlen nur auf den von der US-Aufsichtsbehörde CFTC be-trachteten Futureshandel in den USA beziehen. Da die Ent-wicklung im nicht regulierten OTC-Markt vermutlich stets in ähnlichen Bahnen läuft, dürfte der Druck vom Terminmarkt auf das Silber sogar noch höher ausgefallen sein. Im zweiten Halbjahr 2013 und auch während der Krim-Krise Anfang 2014 stieg die Netto-Long-Position zunächst beträchtlich an, brö-ckelte zuletzt aber wieder ab.
FazitDer starke Preiseinbruch des vergangenen Jahres lässt sich zumindest teilweise auf massive Verkäufe von Silberinvest-ments am Terminmarkt zurückführen, die vermutlich durch den Goldpreiseinbruch motiviert wurden. Darüber hinaus bleibt festzuhalten, dass sich der heftige Niedergang der No-tierungen nicht allein mit Fundamentaldaten erklären lässt. Zwar traf die insgesamt leicht gestiegene Nachfrage auf ein ausreichendes Angebot. In der Summe lässt sich daraus aber kein Preisrückgang von 35 % herleiten. Für die kommenden Monate rechnen wir angesichts des etwas stärkeren Wirt-schaftswachstums mit einer Zunahme der industriellen Nach-frage sowie mit einer weiterhin robusten Anlegernachfrage. Die Käufe dürften trotz der leicht ansteigenden Silberförde-rung auf ein in der Summe lediglich stagnierendes Angebot treffen, so dass wir von einer Verteuerung des Silberpreises auf rund 22 USD je Feinunze ausgehen. Eine zentrale Voraus-setzung hierfür ist das erwähnte rückläufige Recyclingauf-kommen. Die Sensibilität dieses Angebotsfaktors auf größe-re Preisschwankungen dürfte die Verteuerung des Edelmetalls begrenzen.
Thorsten Proettel
Netto-Long-Position der Money Manager und Silberpreis in USD
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03/201410/201304/201310/201204/201211/201105/2011
Netto-Position (Long-Short, Tsd. Kontrakte)(rechte Skala)
Silber (USD/Feinunze)Quelle: Bloomberg, LBBW Research
Edelmetalle
Seite 60 Commodity YearbookMai 2014
Platin
Der Platinmarkt ist im Vergleich zu den Märkten der bekannteren Edelmetalle Gold und Silber ausgesprochen klein. Im vergangenen Jahr bewegte sich der Platinbedarf auf Endkonsumentenbasis in der Größenordnung von lediglich 260 Tonnen, während eine Goldnachfrage von rund 4.400 Tonnen und ein Silberbedarf von knapp 33.000 Tonnen zu verzeichnen war. Der traditionell wichtigste Verwendungszweck von Platin ist die Nutzung als Katalysematerial in den Abgasumwandlern von Verbrennungsmotoren.
Platin 2013 stark vom Goldpreis beeinflusstDer Platinpreis stieg ausgehend von rund 1.540 USD zum Jahresbeginn 2013 zunächst bis auf 1.740 USD Anfang Feb-ruar. Danach tendierte das Edelmetall aber gen Süden und vor allem während des starken Goldpreisrückgangs im April letzten Jahres ermäßigten sich die Notierungen. So kostete Platin am 12. April 2013 im Hoch noch 1.533 USD je Feinun-ze. Nachdem der Goldpreis an diesem Tag aber unter die charttechnische wichtige Marke von rund 1.525 USD fiel und Stopp-loss-Verkäufe einsetzten, wurde auch Platin mitgeris-sen. Am Ende des darauffolgenden Handelstages schloss das weiße Edelmetall mit einer Notierung von nur noch 1.402 USD. Dieser Rückgang um gut 130 USD zeigt besonders deutlich, wie die Entwicklung des Goldes die Fundamentaldaten des Platinmarktes überlagern kann. Im weiteren Verlauf des letz-ten Jahres und des ersten Quartals 2014 pendelte Platin um die Marke von 1.440 USD seitwärts. Der Preis sank von 1.550 USD im Jahresdurchschnitt 2012 um 4,1 % auf 1.485 USD im Jahr 2013.
Kleiner Markt mit Fokus auf FahrzeugbrancheDer traditionell wichtigste Verwendungszweck von Platin ist die Nutzung als Katalysematerial in den Abgasumwandlern von Verbrennungsmotoren. Dort wurde Platin - abgesehen vom Bereich der Dieselfahrzeuge - in den letzten Jahren fast vollständig vom Schwestermetall Palladium verdrängt, das ähnliche physikalische Eigenschaften aufweist und gleichzei-tig deutlich weniger kostet. Besonders deutlich wird dieser Trend an den Einsatzmengen in der Kraftfahrzeugbranche.
Im Jahr 2006 wurden beide Metalle mit jeweils gut 120 Ton-nen noch nahezu paritätisch verwendet. 2014 wird der Palla-diumbedarf schätzungsweise aber mehr als 220 Tonnen be-tragen, wohingegen die Platinnachfrage weit abgeschlagen im Bereich von rund 100 Tonnen liegen dürfte.
Trotz dieser Entwicklung bleiben die Fahrzeughersteller die wichtigste Abnehmergruppe, die gemäß den Angaben des britischen Katalysatorenherstellers Johnson Matthey im ver-gangenen Jahr mit 97 Tonnen rund 40 % der Gesamtnachfra-ge auf sich vereinigte. Dies ist ein Rückgang der Nachfrage um 2 % gegenüber 2012. Neben der Substitution durch Palla-dium ist auch die verbleibende Nischenstellung im Dieselmo-torenbereich ein entscheidender Faktor für die Platinkäufe der Kfz-Branche. Der Einsatz von Dieselmotoren konzentriert sich zu einem erheblichen Teil auf Europa, wo der Fahrzeug-absatz konjunkturell bedingt in den letzten Jahren sehr ver-halten ausfiel. Während er in den USA 2013 gegenüber dem Vorjahr um 7,5 % zulegte und in China sogar um knapp 14 %, war in Europa ein leichter Rückgang um 1,7 % zu verzeichnen. Bereits im Vorjahr sank die Nachfrage nach neuen Fahrzeu-gen hierzulande um mehr als 11 %. Angesichts der seit dem 4. Quartal 2013 zu beobachtenden wirtschaftlichen Erholung auch in den Peripheriestaaten der Eurozone gehen wir für 2014 aber von einer erhöhten Nachfrage nach Fahrzeugen und auch von Platin aus. Hinzu kommen strengere Abgasvor-schriften für LKW in Europa seit diesem Frühjahr, die den Ein-satz von besseren Katalysatoren bedingen sowie die Pflicht zur Ausrüstung von Fahrzeugen mit Stickstoffmonoxidfallen
Platin in USD und EUR seit Anfang 2011
Quelle: Thomson Reuters
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Platinnachfrage in Tonnen pro Jahr
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2006 2008 2010 2012 2014eFahrzeugbau Sonst. Industrie Anleger
Schmuck Sonstiges
Quellen: Johnson Matthey plc., LBBW Research
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Edelmetalle
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Seite 61
ab diesem Herbst. Vor allem in kleinere Fahrzeuge dürften Geräte zur Abgasbehandlung auf Platinbasis eingebaut wer-den.
Platin als Schmuckmetall in China beliebtDer zweitwichtigste Verwendungszweck für Platin ist der Ein-satz als Schmuckmetall, der sich aber vor allem auf China konzentriert. Im letzten Jahr wurden etwa 85 Tonnen des wei-ßen Edelmetalls beziehungsweise 35 % der Gesamtnachfrage hierfür aufgewendet. Da die Käufer von edlen Ringen, Ketten und anderem Geschmeide aus Platin in der Vergangenheit zumindest teilweise sensibel auf die Entwicklung der Notie-rungen reagierten, ist eine Zunahme des Bedarfs von dieser Seite angesichts des vergleichsweise niedrigen Preisniveaus 2014 gut denkbar. Andere Einsatzfelder für Platin ergeben sich ebenso wie in der Kfz-Industrie durch die chemischen Eigenschaften des Metalls. Hierzu gehört die Herstellung von Katalysatoren für die Chemieproduktion und Erdölverarbei-tung wie auch für die Herstellung von Elektrobauteilen und Pharmazeutika.
Südafrikanischer Platin ETC stimuliert NachfrageFür Anleger werden Platinbarren und -münzen angeboten. Zumindest hierzulande sind diese physischen Investments aufgrund der beim Kauf anfallenden Mehrwertsteuer wenig beliebt. Auch international spielt Platin bei Barren und Mün-zen gegenüber Gold und Silber kaum eine Rolle. Eine gewis-se Nische haben sich dagegen börsengehandelte Wertpapie-re mit physischer Hinterlegung, so genannte ETCs bezie-hungsweise ETFs erarbeitet. Zu einem kleinen Boom führte die Auflegung eines neuen Platin-ETCs im Mai 2013 in Südaf-rika. Die Emittentin der Wertpapiere, Absa Capital, kaufte im Jahresverlauf knapp 30 Tonnen des Edelmetalls auf. Der Ge-samtbestand aller Emittenten kletterte entsprechend von 45 Tonnen am Jahresanfang auf 78 Tonnen am Jahresende. Die-
se Entwicklung stellt sogar die erstmalige Einführung von Platin-ETCs auf dem US-amerikanischen Markt im Jahr 2010 in den Schatten, als innerhalb eines Jahres nur knapp 14 Ton-nen zur physischen Hinterlegung der US-Fondsanteile erwor-ben wurden. Der wichtigste Grund für den Run südafrikani-scher Anleger auf Platin stellt die ungünstige Lage der Wirt-schaft am Kap dar. Korruption, Misswirtschaft, ein abwertender Rand und Verteilungskämpfe zwischen Minen-industrie und Gewerkschaften schaffen einen Anreiz für In-vestoren, möglichst große Teile des eigenen Portfolios mit Auslandsanlagen zu diversifizieren. Dies ist nach südafrika-nischem Recht für Institutionelle jedoch nur bis zur maximal 35 % des Vermögens zulässig. Der Platin-ETC bietet einen Ausweg. Da das Wertpapier an der Börse in Johannesburg zu-gelassen ist, handelt es sich um eine Inlandsanlage. Der Preis für das Underlying wird gleichwohl auf USD-Basis in London festgestellt. Und während Streiks in den Platinminen die hei-mische Wirtschaft und damit insbesondere Aktienanlagen und allgemein auch den Rand unter Druck bringen, besteht in diesem Fall für Platin sogar Aufwärtspotenzial.
Südafrika dominiert die Platinförderung2013 entfielen 72 % des primären Platinangebots in Höhe von rund 179 Tonnen auf die Förderung in südafrikanischen Pla-tinminen und knapp 14 % auf die Gewinnung als Nebenpro-dukt der russischen Nickelförderung. Die restlichen 12 % ge-hen im Wesentlichen auf Bergwerke in Südafrikas Nachbarland Simbabwe sowie in den USA und in Kanada zurück. Angesichts dieser starken Konzentration auf Südafrika können sich tat-sächliche oder befürchtete Unterbrechungen des Platinnach-schubes aus dem Land deutlich auf die Notierungen auswir-ken. Spektakuläre Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit waren Stromrationierungen für die Minenindustrie zum Jah-resanfang 2008 und ein großer Streik der Minenarbeiter im Sommer 2012. Seit Ende Januar 2014 werden die drei größten Platinförderer des Landes, Anglo Platinum, Impala Platinum
Fahrzeugverkäufe in Europa, den USA und in Chinain Millionen Einheiten
Quellen: Bloomberg, LBBW Research
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2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013Europa
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Platinbestände der ETCs in Tonnen (linke Skala) und Platinpreisin USD (rechte Skala) seit Anfang 2013
Quellen: Thomson Reuters, Bloomberg, LBBW Research
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Platinbestand der ETCs/ETFs in Tonnen
Platinpreis in USD (rechte Skala)
Edelmetalle
Seite 62 Commodity YearbookMai 2014
und Lonmin erneut bestreikt. Die Vorstände der drei Konzer-ne versicherten zwar, dass selbst für einen längeren Arbeits-kampf genügend Edelmetallbestände zur Versorgung der Ab-nehmer beziehungsweise zur Finanzierung laufender Ausga-ben vorhanden wären. Bei dieser Aussage könnte es sich aber um einen Bluff handeln, um gegenüber der Gewerkschaft Durchhaltewillen zu demonstrieren. Andererseits demonst-riert die verhaltene Preisentwicklung eindrucksvoll, dass of-fenbar keine Platinknappheit besteht. Das sekundäre Angebot aus dem Recycling von Platin betrug vergangenes Jahr nach Angaben des britischen Katalysatorenspezialisten Johnson Matthey übrigens 65,5 Tonnen.
FazitAus fundamentaler Sicht sprechen mehrere Argumente für eine leichte Verteuerung des Platinpreises. Hierzu gehört eine voraussichtlich etwas ansteigende Nachfrage in der Kfz-In-dustrie und in der Schmuckbranche. Gleichzeitig dürfte dem Markt in diesem Jahr allein aufgrund des großen Streiks seit Januar ein geringeres Angebot zur Verfügung stehen. Ande-rerseits zeigt gerade die jüngere Vergangenheit, dass die Fundamentaldaten keineswegs alle Bewegungen erklären und weitere Faktoren eine Rolle spielen können. So führten weder die massiven Platinkäufe des Absa-ETCs in den Sommermo-naten 2013 zu nennenswerten Preisveränderungen noch der Arbeitskampf in Südafrika Anfang 2014. Offenbar befinden sich ausreichende Metallmengen im Wirtschaftskreislauf, um solche Schocks abzufedern, wozu vor allem das Recycling ausgedienter Kfz-Katalysatoren beiträgt. Aus der Sicht von interessierten Anlegern birgt ein Engagement in Platin somit trotz guter Argumente für steigende Preise Unwägbarkeiten. Das Schwestermetall Palladium erscheint attraktiver. Unab-hängig hiervon muss aus der Perspektive von Platinnutzern in der Industrie vor dem Hintergrund der monopolartigen Angebotslage das Bestehen eines gewissen Preis- und Ver-fügbarkeitsrisikos festgestellt werden. Die Verteuerung des Edelmetalls im Zuge der Elektrizitätsknappheit im Jahr 2008 um rund 800 USD sowie der Anstieg um mehr als 300 USD während der Streiks 2012 belegen dies eindrucksvoll.
Thorsten Proettel
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Südafrika Russland
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Quellen: Johnson Matthey plc., LBBW Research
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Platinangebot in Tonnen pro Jahr
Edelmetalle
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Palladium
Mit einem Anteil in Höhe von 70 % ist der Einsatz in der Kfz-Industrie das wichtigste Anwendungsgebiet von Palladium. Es wird wie Platin zur Abgasnachbehandlung eingesetzt und erarbeitete sich in den vergangenen Jahren aufgrund seines günstigeren Preises eine dominierende Stellung. Im vergangenen Jahr entsprach die Einsatzmenge in der Fahrzeugbranche nach Angaben des britischen Katalysatorenspezialisten Johnson Matthey knapp 217 Tonnen, was einem Plus von 4 % gegenüber dem Vorjahr entspricht.
Palladiumpreis auf höchstem Stand seit August 2011Eine Feinunze Palladium kostete im vergangenen Jahr durch-schnittlich 725 USD je Feinunze und damit 82 USD mehr als 2012. Abgesehen von dieser Niveauverschiebung nach oben bewegten sich die Notierungen 2013 aber um die Marke von 730 USD seitwärts. Eine Tendenz nach oben zeichnete sich nicht ab und die Hochpunkte der Bewegung im März, April, Juni, August und November sowie zuletzt im Januar 2014 blie-ben jeweils unter dem vorangegangen Verlaufshoch zurück. Im März 2014 erfolgte eine Ausbruch nach oben, wobei die höchsten Notierungen seit August 2011 erreicht wurden. Be-flügelt wurde der Peis des Edelmetalls durch die Streiks in Südafrika und vor allem durch die Krim-Krise. Die oligopolis-tische Angebotsstruktur hat sich bereits in der Vergangenheit als wichtiger Einflussfaktor der Preisentwicklung erwiesen. Neu ist das zeitliche Zusammentreffen von Problemen hin-sichtlich beider Fördernationen.
Russland und Südafrika stellen zusammen 80 % der För-derungRund 42 % des primären Angebots in Höhe von jährlich knapp 200 Tonnen stammen aus Russland, wo Palladium vor allem als Nebenprodukt der Nickelförderung in den Minen des Berg-baukonzerns Norilsk Nickel anfällt. Da die Palladiumgewin-nung nicht den Hauptzweck des Unternehmens darstellt, schaffen steigende Weltmarktpreise im Gegensatz zur Situa-
tion bei anderen Metallen keinen Anreiz, die Förderung aus-zuweiten. Die Ausbeute auf russischem Boden sinkt seit ei-niger Zeit sogar aufgrund des rückläufigen Palladiumgehalts in den Nickelerzen. Vergangenes Jahr förderte Norilsk Nickel 80,2 Tonnen Palladium und damit 1,8 % weniger als 2012. Das Minus geht vor allem auf die Aktivitäten auf der Kola-Halbinsel in der Nähe zu Finnland zurück, wo 10,2 % weniger Palladium als im Vorjahr gewonnen wurde. Beim Nickelabbau in Sibirien wurde dagegen eine um 0,9 % höhere Palladium-ausbeute verzeichnet. In der Summe ist der nach unten ge-richtete Trend jedoch stabil. Im Jahre 2005 wurden noch 97,4 Tonnen Palladium gefördert, 2008 waren es immerhin noch 84,0 Tonnen.
Sorgen um russischen NachschubIn den vergangenen Jahren gelangte das russische Palladium ohne Schwierigkeiten zu den Abnehmern in den westlichen Ländern. Beispielsweise schloss das Chemieunternehmen BASF erst in diesem Januar einen nicht näher spezifizierten langjährigen Liefervertrag für Platinmetalle mit Norilsk Nickel ab. Das Ludwigshafener Unternehmen benötigt die Rohstoffe zur Produktion von Katalysatoren und für Medikamente. Auf-grund des Konflikts um die Ukraine begannen die Marktteil-nehmer aber die Verlässlichkeit von Palladiumlieferungen aus Russland zu hinterfragen. Eine Verzögerung der Ausfuhr wäre keine undenkbare Vergeltung für westliche Sanktionen. Sie träfe vor allem die in Westeuropa, den USA und in Japan be-heimatete Schlüsselindustrie Fahrzeugbau mit den dort gel-tenden strengen Abgasvorschriften. Außerdem wären Liefer-stopps für russisches Palladium keine Neuheit. Im Jahr 1998 wurde die Ausfuhr kurzfristig gestoppt, woraufhin sich der Preis von rund 200 USD auf 400 USD je Feinunze verdoppel-te. Und im Jahr 2000 kletterte die Notierung aufgrund von fehlendem russischen Nachschub sogar auf den bisherigen Spitzenwert in Höhe von 1.070 USD je Feinunze. Allerdings halten wir eine wie auch immer durchgeführte Behinderung der Palladiumausfuhr aus Russland derzeit für wenig wahr-scheinlich. Sie würde das Ausbleiben von Deviseneinnahmen bedeuten, die angesichts des derzeitigen Abzugs ausländi-schen Kapitals aus Russland nicht ganz unbedeutend sind.
Palladium in USD und EUR je Feinunze seit Anfang 2011
Quelle: Thomson Reuters
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Seite 64 Commodity YearbookMai 2014
Streiks mindern die Gewinnung in SüdafrikaIn Südafrika wird Palladium hauptsächlich als Nebenmetall der Platinförderung gewonnen. Die marode Infrastruktur, vor allem im Bereich der Elektrizitätsversorgung, sowie anhalten-de Verteilungskonflikte zwischen Gewerkschaften und Berg-bauunternehmen führten bereits in der Vergangenheit zu Unterbrechungen des südafrikanischen Nachschubs. Die drei größten Minenkonzerne für Platinmetalle, Anglo Platinum, Impala Platinum und Lonmin, werden seit dem 23. Januar be-streikt (siehe auch das Kapitel zu Platin). Der Palladiumpreis entfernte sich seit dem Beginn des Arbeitskampfes deutlich vom unteren Ende der Handelsspanne bei rund 700 USD, wo-bei auf dem Markt bislang noch keine wirklichen Engpässe zu beobachten waren. Sollten die Streiks längere Zeit andau-ern, dann dürften sich Angebotsengpässe früher oder später jedoch nicht vermeiden lassen. Auf der anderen Seite ist zu berücksichtigen, dass die südafrikanischen Minen auch in den vergangenen Jahren bestreikt wurden. Einen gewissen jährlichen Förderausfall sind die Märkte deshalb sozusagen schon gewöhnt.
Das restliche Fünftel der Palladiumförderung stammt vor al-lem aus Nordamerika. Dort wurde das Vorkrisenniveau mit einer Ausbeute von rund 30 Tonnen im letzten Jahr wieder erreicht. Unter den sonstigen Ursprungsländern sticht Sim-babwe hervor, wo die Gewinnung nach Angaben von Johnson Matthey von 4,2 Tonnen im Jahr 2007 auf 9,6 Tonnen 2013 zulegte. Das nicht nur wirtschaftlich am Boden liegende Land ist dringend auf die Deviseneinnahmen angewiesen, weshalb die Förderung von Platinmetallen in den letzten Jahren mit Hilfe von Investoren aus dem Nachbarland Südafrika forciert wurde.
Russische Staatsbestände vermutlich geleertDas Angebot wurde in der Vergangenheit durch zwei weitere Quellen erhöht. Zum einen verkaufte Russland aus staatlichen Beständen durchschnittlich 30 Tonnen Palladium pro Jahr. Das Edelmetall wurde zu Sowjetzeiten so wie heute auch als Nebenprodukt der Nickelförderung gewonnen und anschlie-ßend eingelagert, da bis Ende der 1980er Jahre nur gering-fügige Anwendungsmöglichkeiten bestanden. Dies änderte sich mit der Einführung von Palladiumkatalysatoren Ende der 1980er Jahre. Informationen über die Höhe dieser Bestände werden immer noch wie ein Staatsgeheimnis gehütet, wes-halb keine verlässlichen Aussagen über deren zeitliche Reich-weite möglich sind. Gemäß einer Schätzung aus dem Jahr 2007 auf der Grundlage von historischen Daten zur Nickel-förderung dürften es sich damals um 190 bis 250 Tonnen gehandelt haben. Da seitdem 126 Tonnen hiervon auf den Markt kamen, wäre es hiernach möglich, das alte Niveau der Verkäufe in Höhe von jährlich 30 Tonnen bis einschließlich 2015 oder sogar bis 2017 aufrechtzuerhalten. Vermutlich wur-den die Bestände aber überschätzt. Bereits 2011 sanken die Verkäufe auf 24,1 Tonnen, 2012 auf 8,1 Tonnen und im letz-ten Jahr nach Schätzung von Johnson Matthey nur noch auf 3,1 Tonnen. 2014 dürfte diese Palladiumquelle deshalb vor-aussichtlich endgültig versiegen.
Auf der anderen Seite erhöhte sich das Angebot aus dem Re-cycling von altem Palladiumschmuck, Elektroschrott und vor allem von ausgemusterten Katalysatoren deutlich. Dies ist kein Wunder, denn je mehr Fahrzeuge mit einem Abgasum-wandler auf Palladiumbasis ausgerüstet werden, desto größer ist die sich im Wirtschaftskreislauf befindliche Menge des Edelmetalls, die früher oder später auf den Markt zurück-kommt. Beeinflusst wird die Menge allerdings durch den Preis, wie der Rückgang im Jahr 2009 zeigt. Entsprechend unserer Erwartung steigender Notierungen gehen wir auch von einem höheren Recyclingaufkommen 2014 aus.
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Russland Südafrika Nordamerika
Simbabwe Sonstige
Quelle: Johnson Matthey plc., LBBW Research
Palladiumförderung in Tonnen
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Staatliche russische Verkäufe
Recyclingaufkommen
Quelle: Johnson Matthey plc., LBBW Research
Recyclingaufkommen und russische Staatsverkäufe in Tonnen
Edelmetalle
Commodity Yearbook Mai 2014
Seite 65
Anstieg der Kfz-Nachfrage erwartetMit einem Anteil in Höhe von 70 % ist der Einsatz in der Kfz-Industrie das wichtigste Anwendungsgebiet von Palladium. Es wird wie Platin zur Abgasnachbehandlung eingesetzt und erarbeitete sich in den vergangenen Jahren aufgrund seines günstigeren Preises eine dominierende Stellung. Die Wirt-schaftskrise 2008/09 führte lediglich zu einer vorübergehen-den Stagnation. Der Bedarf des Jahres 2007 in Höhe von rund 140 Tonnen wurde bereits 2010 mit einer Nachfrage von mehr als 170 Tonnen überschritten. Im vergangenen Jahr entsprach die Einsatzmenge in der Fahrzeugbranche nach Angaben des britischen Katalysatorenspezialisten Johnson Matthey knapp 217 Tonnen, was einem Plus von 4 % gegenüber dem Vorjahr entspricht. Da die US-Wirtschaft 2014 weiter an Fahrt gewin-nen und auch der europäische Markt wachsen dürfte, ist von einer abermals höheren Nachfrage auszugehen. Angesichts der fortwährenden Anstrengungen der Katalysatorenherstel-ler zur Minimierung des Materialeinsatzes kalkulieren wir je-doch nur noch mit einem Anstieg in Höhe von 2,9 % auf 223 Tonnen. Für die Elektrotechnik als zweitgrößtem industriellen Anwendungsgebiet antizipieren wir größere Einsparungen und gehen deshalb von einem Rückgang der Nachfrage um rund 10 % auf 29 Tonnen aus.
Zwei neue Palladium-ETCs am StartDie seit längerer Zeit erwartete Einführung eines Palladium-ETCs durch den südafrikanischen Emittenten Absa Capital wurde Ende März 2014 vollzogen. Darüber hinaus brachte die südafrikanische Standard Bank fast zeitgleich einen eigenen ETC an den Markt. Beide Emissionen dürften zu einer erhöh-ten Palladiumnachfrage für die physische Deckung der An-teilsscheine führen, wie bereits die Einführung von Absas Platin-ETC im April 2013 zeigte. Innerhalb von vier Monaten überholte der Edelmetallbestand dieses Fonds alle anderen
am Weltmarkt etablierten Emittenten. Der Grund hierfür liegt in der unvorteilhaften Situation institutioneller Anleger in Südafrika. Sie sind aufgrund der Misere der eigenen Volks-wirtschaft sehr an Auslandsanlagen interessiert, deren Anteil am Portfolio vom Staat aber auf 35 % gedeckelt wird. Platin- und Palladium-ETCs sind deshalb ideale Investments für An-leger zwischen Kapstadt und Johannesburg. Da Probleme der heimischen Wirtschaft oftmals in höheren Preisen der Edel-metalle resultieren, bilden entsprechende ETCs einen guten Hedge. Für eine zumindest vorübergehende Zunahme der Nachfrage sprechen auch Erfahrungswerte der vergangenen Jahre. Anfang 2010 brachte die erstmalige Einführung eines physisch besicherten Fonds für US-Anleger einen Nachfrage-schub. Anfang 2013 war das Gleiche bei der Auflegung eines Basket-Fonds für Platinmetalle in Kanada zu beobachten.
FazitDer Aufschwung in den USA, die Konjunkturerholung in Eu-ropa sowie die immer noch robuste Wirtschaft in China dürf-ten 2014 abermals für eine Nachfragesteigerung der Kfz-In-dustrie sorgen, die bereits jetzt mehr als 70 % des verfügba-ren Palladium aufkauft. Selbst bei einer vorsichtigen Abschätzung dieses Anstiegs und der anderen Nachfrage-komponenten ergibt sich aber eine Zunahme der Gesamt-nachfrage. Hierfür spricht auch der Start der beiden neuen ETCs in Südafrika. Auf der anderen Seite nimmt die Gefahr von Angebotsengpässen zu, auch wenn wir einen Ausfuhr-stopp für russisches Palladium vorerst für unwahrscheinlich halten. Vor diesem Hintergrund rechnen wir mit einer Verteu-erung des Palladiumpreises auf rund 850 USD zum Jahresen-de 2014.
Thorsten Proettel
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2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014eFahrzeugbau Elektronik ChemieZahnmedizin Schmuck InvestmentSonstiges
Quelle: Johnson Matthey plc., LBBW Research
Palladiumnachfrage in Tonnen
Palladium-ETCs in Tonnen und Palladiumpreis in USD
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Palladiumbestand der ETCs/ETFs in Tonnen
Palladiumpreis in USD (rechte Skala)
Quellen: Thomson Reuters, Bloomberg, LBBW Research
Edelmetalle
Seite 66 Commodity YearbookMai 2014
Basismetalle
Sektorüberblick 67
Kupfer 68
Aluminium 72
Nickel 76
Zink 79
Blei 81
Commodity Yearbook Mai 2014
Seite 67
� Die Preisentwicklung der Basismetalle zeigte sich im vergangenen Jahr zweigeteilt. In der
ersten Jahreshälfte dominierte die Sorge vor einer deutlichen Abschwächung des Wirt-
schaftswachstums in China, das mit einem Nachfrageanteil von über 40 % der bedeutends-
te Marktakteur ist. Als Folge gingen die Notierungen der Basismetalle deutlich zurück. Mit
der Stabilisierung der chinesischen Konjunkturdaten zur Jahresmitte und zunehmend
freundlicheren Perspektiven der Weltwirtschaft insgesamt, sind auch die Metallpreise in
der Folgezeit in eine Seitwärtsbewegung übergegangen. In Summe verzeichneten die In-
dustriemetalle, gemessen am LMEX, im Jahresverlauf 2013 einen Preisrückgang von 7,9 %.
� Vergleichsweise stark ausgeprägt war im vergangenen Jahr die Differenz in der relativen
Entwicklung der einzelnen Metalle. So zeigte Nickel bei weiterhin überschüssigem Angebot
und merklich ansteigenden Lagerbeständen mit minus 18,6 % einmal mehr die mit Abstand
schwächste Performance. Auf der anderen Seite lagen die Notierungen von Zink zum Ende
des Jahres wieder auf dem Niveau vom Jahresanfang. Die deutlich überdurchschnittliche
Performance resultierte aus einem im Jahresverlauf zunehmend defizitären Angebot.
� Auch zu Beginn des laufenden Jahres sind die Metallmärkte mit Unsicherheiten bezüglich
der konjunkturellen Entwicklung Chinas konfrontiert. Wir gehen jedoch davon aus, dass
sich das Wirtschaftswachstum im Reich der Mitte nur geringfügig von 7,7 % auf 7,3 % ab-
schwächt. Darüber hinaus sollte die Weltwirtschaft insgesamt getrieben durch die Wachs-
tumsimpulse aus den Industriestaaten wieder an Dynamik gewinnen. Insgesamt rechnen
wir daher auch für 2014 mit einem deutlichen Bedarfszuwachs an Basismetallen. Unseren
Prognosen zufolge liegt dieser bei durchschnittlich rund 5 %.
� Auf der Angebotsseite sehen wir sehr unterschiedliche Entwicklungen. Der Nickelmarkt ist
derzeit geprägt vom indonesischen Exportstopp von Nickelerzen, der bei Fortdauer die
Angebotsüberschüsse auf dem Markt deutlich reduzieren sollte. Auch bei Aluminium dürf-
ten weitere Kapazitätsanpassungen zu einer insgesamt ausgeglicheneren Balance zwischen
Angebot und Nachfrage führen. Die entgegengesetzte Entwicklung zeichnet sich auf dem
Kupfermarkt ab. Hier ist erstmals wieder mit einem überschüssigen Angebot in diesem
Jahr zu rechnen.
� Mit Blick auf die Lagerbestände zeigt sich derzeit eine insgesamt gute Versorgungslage
an den Metallmärkten. Dabei sind die traditionellen Marktmechanismen durch die Auslie-
ferungsproblematik einzelner LME-Lagerhäuser sowie die gestiegene Präsenz von Finan-
zinvestoren auf einzelnen Märkten in zunehmendem Maße verzerrt. Abzulesen ist dies
beispielsweise an den markant hohen Prämien, die gegenwärtig für die physische Lieferung
von Aluminium gezahlt werden.
� Auf der Basis von Jahresdurchschnittskursen erwarten wir für 2014 im Mittel leicht anzie-
hende Notierungen bei den Basismetallen, wobei wir auch für dieses Jahr von sehr unter-
schiedlichen Entwicklungen ausgehen. Das größte Potenzial für Preiszuwächse sehen wir
angesichts der guten Fundamentaldaten derzeit bei Nickel und Zink. Ein niedrigeres durch-
schnittliches Preisniveau erwarten wir in Folge des merklich zunehmenden Angebotes da-
gegen bei Kupfer.
Metallpreise im Jahr 2013(LME-Kassapreise, indexiert auf 100)
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Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research
Wirtschaftswachstum China vs. Metallpreise
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Wirtschaftswachstum China (% Veränderung)LME -Index (rechte Skala)
Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research
Erwartete Metallmarktsalden 2012/2013/2014e(Produktion-Verbrauch, in % der Jahresnachfrage)
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Aluminium Kupfer Nickel Blei Zink Zinn
Quelle: Thomson Reuters; LBBW Research
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Kupfer Blei Zinn Nickel Zink Aluminium
LME-Lagerbestände (in % des Jahresverbrauchs)10-Jahresdurchschnitt
Quelle: Thomson Reuters; LBBW Research
LME-Lagerbestände (in % des Jahresverbrauchs)
Sektorüberblick
Seite 68 Commodity YearbookMai 2014
Kupfer
Im vergangenen Jahr hat sich die Nachfrage auf dem weltweiten Kupfermarkt stärker entwickelt, als noch zu Jahresbeginn erwartet. Da sich der steigende Ausstoß der Kupferminen aufgrund planmäßiger und unplanmäßiger Stillstände verschiedener Raffinerien�nicht� in�erwartetem�Maße�auch�in�einem�höheren�Angebot�an�raffiniertem�Kupfer�niederschlug,�wies�der�Markt�auch�im�letzten�Jahr�ein�Defizit�aus.�Der�Trendwechsel�von�einem�defizitären�zu�einem�überschüssigen�Angebot�ist�unserer�Ansicht�nach�jedoch�nur aufgeschoben und nicht aufgehoben.
Preisstabilisierung im zweiten Halbjahr 2013In der ersten Hälfte des vergangenen Jahres fielen die Kup-fernotierungen von 7.900 USD/t auf ein 3-Jahrestief von knapp unter 6.700 USD/t. Ein wesentlicher Grund dafür waren die hinter den Erwartungen zurückgebliebenen Wirtschaftsdaten aus China. Die chinesischen Importe entwickelten sich rück-läufig und die Kupferbestände in den LME-Lagerhäusern stie-gen an. Die Mitte 2013 veröffentlichte Prognose der Interna-tional Copper Study Group (ICSG), wonach sich im Jahr 2013 erstmals wieder ein Angebotsüberschuss auf dem Kupfer-markt ergeben könnte, drückte ebenfalls auf die Marktstim-mung. Finanzinvestoren positionierten sich in zunehmendem Maße auf der Verkaufsseite und verstärkten damit den Preis-rückgang. Mit der Trendwende bei den chinesischen Konjunk-turdaten erfolgte ab der Jahresmitte 2013 auch eine Stabili-sierung der Kupfernotierungen. Infolge einer anziehenden Nachfrage sanken die LME-Bestände im weiteren Jahresverlauf deutlich. Temporäre Stillstände und umfassende Wartungs-intervalle verschiedener Raffinerien sorgten dafür, dass das gestiegene Konzentratangebot nicht in gleichem Maße wei-terverarbeitet wurde und die erwarteten Angebotsüberschüs-se auf dem Markt ausblieben. Unterstützt durch einen schwä-cheren US-Dollar setzte der Kupferpreis schließlich zu einer kleinen Jahresendrallye an und beendete das Jahr 2013 mit einer Notierung von 7.376 USD/t. Damit lag der Kupferpreis um 6,7 % niedriger als zu Jahresbeginn. Im Jahresdurchschnitt ergab sich ein Kurs von 7.330 USD/t gegenüber 7.950 USD/t im Vorjahr.
Nachfrageentwicklung überrascht positivDie Nachfrage nach Kupfer hat sich im vergangenen Jahr bes-ser entwickelt als erwartet. So ist der Kupferbedarf im Jahr 2013 nach Angaben der ICSG um 3,9 % auf 21,2 Mio. Tonnen gestiegen. Dabei entwickelte sich die Nachfrage besonders in der zweiten Jahreshälfte sehr dynamisch, lag sie doch zur Jahresmitte noch auf Vorjahresniveau. Das Wachstum in Chi-na beziffert die ICSG mit +7,0 %. Darin nicht berücksichtigt sind allerdings die Veränderungen in den Zolllagerstätten, über die es keine offiziellen Angaben gibt. Da diese nach Marktschätzungen im letzten Jahr jedoch merklich gefallen sind, dürfte die reale Kupfernachfrage in China mehr oder weniger deutlich über den Angaben der ICSG gelegen haben. Außerhalb Chinas ist der Kupferbedarf im letzten Jahr um 1,4 % gestiegen, wobei die Zuwachsraten in den USA, den Golfstaaten, Brasilien und Russland schwächere Verbrauchs-daten in Japan, Südkorea und den Ländern der Europäischen Union mehr als ausgeglichen haben. An der regionalen Ver-teilung der Nachfrage hat sich im letzten Jahr kaum etwas verändert. So entfallen 65 % des globalen Bedarfs auf Asien, 20 % auf Europa und 14 % auf die Staaten Nord- und Südame-rikas.
Chinas Kupferbedarf bleibt hochChina ist mit einem rund 40 %-igen Anteil an der weltweiten Nachfrage der wichtigste Akteur am Kupfermarkt. Hohe Wirt-schaftswachstumsraten und die Urbanisierung, die sich in Form des Wachstums der Städte bzw. der Ausbreitung städ-tischer Lebensformen in bisher ländliche Räume ausdrückt, sorgen für nachhaltigen Bedarf an Kupferprodukten. Zu Be-
Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research
LME-Kupfer Cash (in Tsd. USD/t und Tsd. EUR/t)
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Quelle: ICSG, LBBW Research
Anteile der weltweiten Kupfernachfrage (in %)
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13,8%
64,6%
19,9%
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Afrika
Amerika
Asien
Europa
Ozeanien
Basismetalle
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ginn des laufenden Jahres gibt es unterschiedliche Signale aus dem Reich der Mitte. So zeigten sich Konjunkturindika-toren wie der Einkaufsmanagerindex zuletzt schwächer. Auch hat das chinesische Ministerium für Industrie und Informati-onstechnologie für dieses Jahr eine etwas vorsichtigere Pro-gnose für das Wachstum der Industrieproduktion gegeben. Auf der anderen Seite sind die Kupferimporte zu Jahresbeginn auf neue Höchststände gestiegen. Da jedoch auch die Lager-bestände der SHFE und der Zollstationen gestiegen sind, ist der unmittelbaren Schluss auf eine steigende reale Nachfrage nur einschränkt möglich. Uneingeschränkt positiv für die Nachfrage nach dem roten Metall sind jedoch die Aussagen von China State Grid. Das Unternehmen, das für den Großteil des elektrischen Netzbetriebs in China zuständig ist, will sei-ne Investitionen im laufenden Jahr nochmals deutlich aufsto-cken. Da gut 40 % des chinesischen Kupferverbrauchs auf den Energiesektor entfällt, sollte dies entsprechend positive Nach-frageeffekte auslösen. Insgesamt erwarten wir für die chine-sische Wirtschaft nur eine geringfügige Abschwächung des Wirtschaftswachstums von 7,7 % auf 7,3 %. Wenngleich sich dadurch auch die Steigerungsraten des Kupferbedarfs leicht abschwächen könnten, bleibt dieser absolut gesehen hoch.
Verbesserte Nachfrageperspektiven außerhalb ChinasAußerhalb Chinas sollten sich die wirtschaftlichen Rahmen-bedingungen für den Kupfermarkt in diesem Jahr insgesamt verbessern. Die zu Jahresbeginn tendenziell enttäuschenden Konjunkturindikatoren in den USA dürften aufgrund der kal-ten Witterung temporärer Natur sein und ändern daher nichts an unserem grundsätzlich optimistischen Konjunkturbild. Die für den Kupfermarkt nachfragerelevante Einzelindikatoren wie die Hausneubauten oder die Automobilproduktion zeigen sich relativ robust. Auch in Europa gewinnt die Wirtschaft an Dynamik. So kehren neben den Schwergewichten Deutsch-land, Frankreich und Italien auch zunehmend die Krisenstaa-ten wie Griechenland und Portugal auf Wachstumskurs zu-rück. In Japan, das für rund 5 % des weltweiten Kupferver-brauchs steht, weisen die Stimmungsindikatoren einen zunehmenden Optimismus bei den Unternehmen aus. In Sum-me sollten die Bedarfszuwächse in den Regionen außerhalb Chinas eine mögliche Abschwächung der Verbrauchssteige-rungen im Reich der Mitte kompensieren, so dass auch im
laufenden Jahr ein Nachfragewachstum von gut 4 % auf 22,1 Mio. Tonnen erreichbar scheint.
Minenproduktion nimmt deutlich zuDie Minenproduktion ist im vergangenen Jahr stark gewach-sen. So weist die ICSG-Statistik einen Anstieg von 8,1 % auf 18,0 Mio. Tonnen aus. Damit ist die Minenproduktion im Jahr 2013 stärker gestiegen als über den gesamten Zeitraum von 2007 bis 2012. Dies lag zum einen daran, dass die Minen im vergangenen Jahr vergleichsweise wenig Produktionsstörun-gen zu verkraften hatten. So stieg die Kapazitätsauslastung mit knapp 85 % auf den höchsten Wert seit dem Jahr 2008. Exemplarisch dafür steht die Minenproduktion in Chile, die für gut 30 % der weltweiten Förderung steht und im letzten Jahr dank geringerer Ausfallquoten in den großen Minen Col-lahuasi und Escondida einen Zuwachs von 6 % verbuchte. Ne-ben der verbesserten Auslastung der Minen sorgte schließlich auch der Anlauf neuer Kapazitäten für den deutlichen Zuwachs an Kupferkonzentrat. Dieser sogenannte „ramp-up“ neuer Mi-nenprojekte wird sich auch im laufenden Jahr fortsetzen. So projeziert die ICSG für das Jahr 2014 erneut eine Zunahme der weltweiten Minenkapazitäten um 1,1 Mio. Tonnen.
Indonesien verteuert KonzentratexporteDie zu Jahresbeginn in Kraft getretenen Exportrestriktionen für mineralische Erze in Indonesien betreffen auch den Kup-fermarkt. Während das südostasiatische Land jedoch bei Ni-
Basismetalle
Kupferimporte China
Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research
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Weltwirtschaftsklima - LME-Kupfer Cash
98 99 00 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13LME-Kupfer Cash (% Veränderung)
IFO Weltwirtschaftsklima (% Veränderung)
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Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research
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Quelle: ICSG, LBBW Research
Weltweite Minenförderung von Kupfer
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Globale Kupferminenproduktion (% ggü. Vorjahr)Kapazitätsauslastung Kupferminen (%; rechte Skala)
Seite 70 Commodity YearbookMai 2014
ckel ein vollständiges Exportverbot verhängte, darf Kupfer-konzentrat bis zum Jahr 2017 weiterhin ausgeführt werden, allerdings versehen mit einer jährlich ansteigenden Export-steuer. Die zwei größten Minenbetreiber Freeport McMoran und Newmont Mining sehen damit vertragliche Vereinbarun-gen verletzt und sind in Verhandlungen mit der indonesischen Regierung getreten. Während dieser Verhandlungen haben die beiden Konzerne ihre Ausfuhren zunächst ausgesetzt. Zwar beträgt der Anteil Indonesiens am weltweiten Minenan-gebot nur rund 3 %, die Förderung ist jedoch stark konzent-riert. So betreibt Freeport in Indonesien mit Grasberg eine der weltweit größten Kupferminen, in der im letzten Jahr rund 445 Tsd. Tonnen Kupfer gefördert wurden. Etwa 30 bis 40 % der Kupferkonzentrate verarbeitet der Konzern innerhalb In-donesiens weiter, der Rest wird exportiert. Die Auswirkungen der Exportrestriktionen sind letztlich abhängig vom Ausgang der Verhandlungen und dem weiteren Vorgehen der Minen-betreiber. Der Kupfermarkt dürfte jedoch auch mit einem ge-ringeren Anteil aus Indonesien gut mit Konzentraten versorgt sein.
Engpass VerarbeitungWährend es in den letzten Jahren vermehrt zu Beeinträchti-gungen in der Förderung kam, gab es in den vergangenen zwölf Monaten Engpässe in der Verarbeitung. So ist das An-gebot an raffiniertem Kupfer nach ICSG-Angaben im Jahr 2013 mit 4,4 % deutlich geringer gestiegen als die Minenförderung. Streiks in Chile, wetterbedingte Ausfälle auf den Philippinen, planmäßige Wartungsstillstände sowie technische Probleme großer Hütten in China minderten das Angebot. Die durch-schnittliche Kapazitätsauslastung ist im vergangenen Jahr auf 78,5 % gesunken. Für das laufende Jahr erwarten wir einen höheren Angebotszuwachs. Die gute Verfügbarkeit an Kup-ferkonzentraten hat die Schmelz- und Raffinierlöhne mittler-weile merklich ansteigen lassen und damit die Anreize für die Raffinerien, ihren Output zu steigern, erhöht. China plant zudem, seine Schmelzkapazitäten im Jahr 2014 deutlich zu erweitern. Unter der Annahme geringerer Ausfälle rechnen wir für das laufende Jahr mit einem um 5,7 % steigenden Kup-ferangebot auf 22,2 Mio. Tonnen.
Prognostizierter Angebotsüberschuss aufgeschoben, nicht aufgehobenNoch im Oktober ging die ISCG davon aus, dass sich auf dem Kupfermarkt für das Gesamtjahr 2013 ein Trendwechsel von einem defizitären zu einem überschüssigen Angebot vollzieht. Nach den letzten Daten ergab sich jedoch in 2013 ein Defizit von 0,2 Mio. Tonnen. Die Gründe hierfür waren, wie bereits oben beschrieben, eine stärker als erwartete Nachfrage sowie die geringere Auslastung der Hütten. Unter der Annahme, dass sich die hohen Konzentratmengen sukzessive auch in einem entsprechend steigenden Angebot an raffiniertem Kup-fer niederschlagen, dürfte sich der Trendwechsel zu einem überschüssigen Kupferangebot jedoch lediglich zeitlich ver-schieben. So gehen wir davon aus, dass das Kupferangebot im Jahr 2014 die Nachfrage leicht um 0,2 Mio. Tonnen über-steigt. Konsens am Markt ist es derzeit, dass der Kupfermarkt auch im nächsten Jahr mehr als ausreichend versorgt sein wird.
LME-Bestände auf vergleichsweise niedrigem Niveau Die Kupferbestände in den weltweiten Lagerhäusern der Lon-don Metal Exchange vollzogen im letzten Jahr eine regelrech-te Berg- und Talfahrt. Stiegen diese zur Jahresmitte auf ein 10-Jahreshoch, so folgte in der zweiten Jahreshälfte mit stei-gender Nachfrage und defizitären Marktverhältnissen ein ge-nauso dynamischer Rückgang. Ende Februar summierten sich die LME-Bestände auf insgesamt rund 274 Tsd. Tonnen. Ge-messen am Jahresverbrauch liegt das Niveau damit unterhalb des langjährigen Mittels. Berücksichtigt man zudem, dass gut die Hälfte der Bestände dabei „off-warrant“, das heißt bereits zur Auslieferung bestimmt sind, lassen die Bestände insge-samt auf eine gegenwärtig eher knappe Verfügbarkeit schlie-ßen. Entsprechend befindet sich auch die Terminkurve wieder in leichter Backwardation. Die Bestände in Shanghai haben dagegen seit Jahresbeginn wieder merklich zugelegt. Auch die Bestände an den chinesischen Zolllagerstätten sind Markt-berichten zufolge zuletzt wieder gestiegen.
Basismetalle
ICSG-Projektionen zum Ausbau der Produktionskapazitäten
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MinenförderungRaffinerieproduktion
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Quelle: ICSG, LBBW Research
Marktbilanz Kupfer (Produktion - Nachfrage; in Tsd. Tonnen)
Quelle: ICSG, LBBW Research
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FazitIm vergangenen Jahr hat sich die Nachfrage auf dem weltwei-ten Kupfermarkt stärker entwickelt, als noch zu Jahresbeginn erwartet. Da sich der steigende Ausstoß der Kupferminen aufgrund planmäßiger und unplanmäßiger Stillstände ver-schiedener Raffinerien nicht in erwartetem Maße auch in ei-nem höheren Angebot an raffiniertem Kupfer niederschlug, wies der Markt auch im letzten Jahr ein Defizit aus. Der Trend-wechsel von einem defizitären zu einem überschüssigen An-gebot ist unserer Ansicht nach jedoch nur aufgeschoben und nicht aufgehoben. So erwarten wir trotz weiterhin robuster Nachfrage im laufenden Jahr einen Angebotsüberschuss in Höhe von 0,2 Mio. Tonnen. Auf Basis der avisierten Kapazi-
tätserweiterungen ist damit zu rechnen, dass das Angebot auch im nächsten Jahr die Nachfrage übersteigt. Zum Ende des ersten Quartals 2014 haben erneute Spekulationen um ein deutlich geringeres Wachstum in China sowie eine mög-liche Auflösung von in Finanztransaktionen gebundenen Be-ständen einen Preisrutsch am Kupfermarkt verursacht. Ange-sichts unseres Szenarios für China halten wir diesen starken Preisrückgang für etwas übertrieben und rechnen mit einer Preiserholung. Dieser dürfte jedoch aufgrund der erwarteten Fundamentaldaten vergleichsweise enge Grenzen gesetzt sein. Im Jahresmittel erwarten wir LME-Kupfer Cash bei 6.990 USD/t.
Achim Wittmann
Basismetalle
»Im laufenden Jahr erwarten wir für den Kupfermarkt trotz weiterhin robuster Nachfrage einen geringen Angebotsüberschuss.« Achim Wittmann
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LME -Kupfer Cash (USD/t)(rechte Skala)LME -Lagerbestände (Tsd. t)SHFE -Lagerbestände (Tsd. t)
LME-Kupfer Lagerbestände
Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research
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20
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Netto-Position (Long-Short, Tsd. Kontrakte)
LME -Kupfer Cash (USD/t)(rechte Skala)
LME-Kupfer CFT
Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research
Seite 72 Commodity YearbookMai 2014
Aluminium
Hohe Stabilität gepaart mit Leichtigkeit, Korrosionsbeständigkeit sowie gute elektrische Leitfähigkeit sind Merkmale von Aluminium, die den Werkstoff vielseitig einsetzbar machen.�Dementsprechend�findet�sich�Aluminium�in�zahlreichen�Bereichen�der�Wirtschaft�wieder, angefangen vom Transportwesen über die Bauwirtschaft, die Elektro- und Verpackungstechnik bis hin zum Maschinen- und Anlagenbau. Immer strengere Umweltvorschriften im Transportsektor führen dazu, dass Komponenten aus Stahl durch das leichtere Aluminium ersetzt werden.
Deutlicher Preisrückgang in 2013Zusammen mit Nickel gehörte Aluminium im letzten Jahr zu den Basismetallen mit überdurchschnittlich starken Preisrück-gängen. Mit einem Kurs von 2.041 USD/t in das Jahr 2013 gestartet, lagen die Notierungen für LME-Aluminium zum Jah-resende bei 1.755 USD/t und damit 14,0 % niedriger. Dabei war die Preisentwicklung im Jahresverlauf zweigeteilt. In den ersten sechs Monaten des vergangenen Jahres gingen die No-tierungen auf Talfahrt. Schwächer als erwartete Konjunktur-daten aus China und ein schwindendes Vertrauen in den glo-balen Aufschwung belasteten die Industriemetalle insgesamt. Nachrichten, wonach die chinesische Produktion Höchststän-de erreichte, sorgten auf dem unter Überkapazitäten und ho-hen Lagerbeständen leidenden Aluminiummarkt für anhal-tenden Preisdruck. Im Zuge freundlicherer Konjunkturdaten aus China, eines schwächeren US-Dollars und Kapazitätsan-passungen einiger wichtiger Anbieter konnten sich die Notie-rungen des Leichtmetalls in der zweiten Jahreshälfte stabili-sieren. Im Jahresdurchschnitt ergab sich ein Preis von 1.846 USD/t, der wiederum um 8,2 % unter dem Vorjahreswert lag.
Marktmechanismen außer Kraft gesetztAuf dem Aluminiummarkt scheinen die gängigen Marktme-chanismen derzeit außer Kraft gesetzt zu sein. So sind auf der einen Seite die Aluminiumnotierungen Anfang Februar auf ein 4 ½-Jahrestief gefallen. Die gesamten weltweiten Be-
stände befinden sich weiterhin auf einem hohen Niveau und die Terminkurve lässt angesichts eines relativ starken Con-tangos auf eine gute Verfügbarkeit des Leichtmetalls schlie-ßen. Andererseits sind die Prämien, insbesondere auf dem US-amerikanischen Markt, aber auch in Europa zuletzt sprung-haft angestiegen, was wiederum auf ein physisch knappes Angebot hindeutet. Die Erklärung für diese widersprüchlichen Entwicklungen dürfte im Wesentlichen darin liegen, dass ein großer Teil der Lagerbestände in Cash and Carry-Geschäften gebunden ist und somit nicht dem physischen Markt zur Ver-fügung steht. Darüber hinaus sind temporäre, lokale Ange-botsengpässe infolge von Kapazitätsreduzierungen in Europa und den USA nicht auszuschließen.
Dynamische Nachfrage dank vielfältiger Einsatzmöglich-keitenHohe Stabilität gepaart mit Leichtigkeit, Korrosionsbestän-digkeit sowie gute elektrische Leitfähigkeit sind Merkmale von Aluminium, die den Werkstoff vielseitig einsetzbar ma-chen. Dementsprechend findet sich Aluminium in zahlreichen Bereichen der Wirtschaft wieder, angefangen vom Transport-wesen über die Bauwirtschaft, die Elektro- und Verpackungs-technik bis hin zum Maschinen- und Anlagenbau. Immer strengere Umweltvorschriften im Transportsektor führen dazu, dass Komponenten aus Stahl durch das leichtere Alu-minium ersetzt werden. Zudem sorgt der vergleichsweise
Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research
LME-Aluminium Cash (in USD/t und EUR/t)
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LME- Alumnium Cash (USD/t)
LME- Alumnium Cash (EUR/t)
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1200
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1600
1800
2000
2200
2400
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LME-Aluminium US-Prämien
Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research
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Aluminium-Prämien in % des Kassapreises
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Basismetalle
Commodity Yearbook Mai 2014
Seite 73
niedrige Preis dafür, dass Aluminium in zunehmendem Maße als Substitut für Kupfer in der Elektrotechnik oder im Bauwe-sen eingesetzt wird. In Summe verwundert es daher nicht, dass Aluminium unter den großen NE-Metallen dasjenige ist, das für die letzten zehn Jahre mit durchschnittlichen Bedarfs-zuwächsen von rund 6 % pro Jahr das dynamischste Nach-fragewachstum aufweist.
Erholung in EuropaAuch für das laufende Jahr rechnen wir mit einem Anstieg des globalen Aluminiumbedarfs zwischen sechs und sieben Prozent. Dabei erwarten wir für China, das für etwa 45 % der gesamten weltweiten Nachfrage steht, eine Stabilisierung der Wachstumsraten auf dem Niveau von 10 %. Für die restliche Welt gehen wir von einem Bedarfszuwachs von rund 4 % aus. Dabei dürften insbesondere Indien und die südostasiatischen Staaten überdurchschnittliche Wachstumsraten aufweisen. Unterstützt durch eine positive Entwicklung in der Bauwirt-schaft und Automobilindustrie sollte sich die Nachfrage auf dem nordamerikanischen Markt weiterhin gut entwickeln. In Europa erwarten wir für das laufende Jahr angesichts verbes-serter Konjunkturindikatoren erstmals wieder einen positiven Wachstumsbeitrag.
Fahrzeugindustrie als Wachstumsmotor Während in den aufstrebenden Märkten der größte Anteil der Aluminiumnachfrage auf den Bausektor entfällt, ist der Trans-portbereich in den entwickelten Volkswirtschaften das Seg-ment mit dem anteilsmäßig höchsten Bedarf. In China entfällt laut der Marktforschungsgruppe Wood Mackenzie knapp 30 % des Aluminiumbedarfs auf den Transportsektor und 23 % auf die Baubranche. Nachdem die weltweiten Automobilverkäufe im letzten Jahr nach Angaben von LMC Automotive um 3 % gestiegen sind, sollte sich der Absatz in diesem Jahr dynami-scher entwickeln. So liegen die Schätzungen des Marktfor-schungsinstitutes für das Jahr 2014 bei 88 Mio. Einheiten, einem Plus von 5,4 %. Angetrieben wird dieses Wachstum vom größten Einzelmarkt China, dem im laufenden sowie im kom-
menden Jahr abermals zweistellige Wachstumsraten zugetraut werden. In Westeuropa dürfte der Absatz erstmals seit dem Jahr 2007 wieder steigen. Neben den absoluten Absatzzahlen steigt auch der Aluminiumanteil pro Fahrzeug kontinuierlich an. Einen Art Paradigmenwechsel könnte dabei die Anfang des Jahres stattgefundene Detroit Motor Show eingeleitet ha-ben. Dort stellte der Automobilhersteller Ford sein neuestes Modell des Pick-up F150 vor, das zu großen Teilen aus Alumi-nium gefertigt wurde. Das Modell ist das am meisten verkauf-te Fahrzeug des US-Produzenten. Damit scheint das Leicht-metall, das bislang vor allem von Premiumherstellern verwen-det wurde, nun auch den Weg in andere Fahrzeugklassen zu finden.
China sorgt für weiter ansteigendes AngebotNach Angaben des International Aluminium Institute (IAI) ist das weltweite Aluminiumangebot im vergangenen Jahr um 4,0 % auf 49,7 Mio. Tonnen gestiegen. Außerhalb Chinas war die Produktion um 1 % rückläufig. Sowohl in West- als auch in Osteuropa lagen die Produktionszahlen gemäß der IAI auf dem niedrigsten Niveau der letzten zehn Jahre. Verglichen mit dem Jahr 2008 wurde auf dem nordamerikanischen Markt im vergangenen Jahr 15 % weniger Aluminium hergestellt. Der Rückgang der Marktpreise unterhalb des Niveaus der durch-schnittlichen Produktionskosten hat große Produzenten wie Alcoa und Rusal zu erheblichen Kapazitätsstilllegungen in den letzten Jahren veranlasst. Gegenläufige Tendenzen sind im Mittleren Osten und in China zu beobachten. Da bei der Raffination von Aluminium rund 30 % der Herstellungskosten auf den Energieeinsatz entfallen, profitieren die Golfstaaten von ihrem Zugang zu günstigen Energieressourcen. Zwar hat das niedrige Preisniveau auch in China zu Angebotskürzun-gen geführt. Gleichzeitig wurden jedoch an Standorten mit geringeren Energiekosten Kapazitäten aufgebaut. In Summe verzeichnete die chinesische Produktion im vergangenen Jahr nach IAI-Angaben einen Zuwachs von 10 % auf 24,3 Mio. Ton-nen. Damit entfällt mittlerweile nahezu die Hälfte des welt-weiten Aluminiumangebotes auf China.
Basismetalle
Globale Aluminiumnachfrage
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%-Veränderung (linke Skala)Mio. Tonnen (rechte Skala)
Quelle: WMBS, LBBW Research
Aluminiumnachfrage – Automobilindustrie USA (in Tsd. Tonnen)
Quelle: Alcoa, LBBW Research
1.665 1.9302.530
735
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2012 2015 2025
Sekundär
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18 % CAGRPrimär
5 % CAGRPrimär
Seite 74 Commodity YearbookMai 2014
Indonesien stoppt BauxitexporteBauxit wird als Rohmaterial für die Aluminiumgewinnung be-nötigt. In der Regel sind etwa vier Tonnen Bauxit nötig, um zwei Tonnen Aluminiumoxid (Alumina) zu produzieren, wo-mit eine Tonne Aluminium hergestellt werden kann. Indone-sien hat zu Jahresbeginn einen Exportstopp für Nickelerze und Bauxit ausgesprochen, um mit dem Aufbau eigener Ver-arbeitungskapazitäten einen größeren Anteil der Wertschöp-fung im eigenen Land zu behalten. China importiert derzeit etwa 67 % seines Bauxitbedarfs. Rund 65 % der Einfuhren stammen aus Indonesien. Die unmittelbaren Auswirkungen des Exportstopps dürften begrenzt sein, da die Chinesen im Vorfeld ihre Bestände massiv ausgebaut haben. Mit zuneh-mendem Abbau der Bestände und einem Anhalten der indo-nesischen Exportrestriktionen muss China seinen Bauxitbe-darf jedoch aus anderen Regionen decken. Grundsätzlich ist das Aluminiumrohmaterial zwar weltweit in ausreichendem Maße verfügbar. Ganz spurlos an den Preisen dürfte diese Entwicklung jedoch nicht vorbeigehen. Steigende Preise für die Rohmaterialen wiederum würden den Druck auf die Alu-miniumhütten zusätzlich erhöhen.
Nahezu ausgeglichene MarktbilanzAuch wenn die hohen Prämien den Aluminiumproduzenten derzeit einen gewissen Puffer verschaffen, erwarten wir mit Bezug auf die Aussagen großer Hersteller weitere Angebots-kürzungen außerhalb Chinas im laufenden Jahr. Marktschät-zungen Rusals zufolge sollten sich diese in einer Größenord-nung von 1,5 Mio. t bewegen. Der russische Marktführer selbst will weitere Kapazitäten in Höhe von 325.000 Tonnen stillle-gen. In China ist ebenfalls mit der Reduzierung von kosten-intensiven und weniger effizienten Schmelzkapazitäten, die sich im Wesentlichen in den Ostprovinzen und der Landesmit-te befinden, zu rechnen. Der geplante Aufbau neuer Kapazi-täten in den nordwestlichen Provinzen dürfte diese jedoch mehr als kompensieren. So geht Alcoa in seinem Marktaus-blick von Kapazitätskürzungen in China in Höhe von 1,1 Mio t aus, denen Produktionserweiterungen in einer Größenordnung von 3,2 Mio. t gegenüberstehen. Insgesamt kann es im lau-fenden Jahr damit zwar zu defizitären Marktbilanzen außer-halb Chinas kommen. Das erwartete Produktionsplus im Reich der Mitte dürfte jedoch auch im Jahr 2014 für einen globalen Überschuss an Aluminium sorgen. Gemessen an der Gesamt-größe des Aluminiummarktes sollte dieser jedoch vergleichs-weise gering ausfallen, so dass man von der Erwartung einer nahezu ausgeglichenen Marktbilanz sprechen kann.
Neue LME-Lagerhaus-Regularien Im Zuge der Finanzkrise hatten sich die Aluminiumbestände in den weltweiten LME-Lagerhäusern im Jahr 2009 auf über 4 Mio. t mehr als verdoppelt und sind infolge der globalen An-gebotsüberschüsse in den letzten Jahren weiter gewachsen. Zum Ende des Jahres 2013 erreichten die Bestände eine Grö-ßenordnung von 5,4 Mio. t. In Relation zur Nachfrage hat sich das Niveau jedoch in den letzten Jahren stabilisiert. Etwa 70 % der LME-Bestände entfallen gegenwärtig auf die zwei Stand-orte Detroit in den USA und Vlissingen in den Niederlanden.
Basismetalle
Aluminiumangebot in China und RoW
Quelle: IAI, LBBW Research
-5,0
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15,0
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25,0
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2010 2011 2012 2013ChinaRoWTotal
Commodity Yearbook Mai 2014
Seite 75Basismetalle
Die Warenhausbetreiber sehen sich zunehmend Vorwürfen gegenüber, die Auslieferungen künstlich zu verlängern, um damit die Einnahmen aus den Lagergebühren zu erhöhen. Auf diese Vorwürfe hat die LME reagiert und die Ausliefe-rungsbedingungen mit geplantem Inkrafttreten zum 01. Ap-ril modifiziert. Einem Gerichtsurteil des Londoner High Court zufolge muss die LME jedoch diesbezüglich nacharbeiten und weitere Alternativen mit den Marktakteuren diskutieren, was zu entsprechenden Verzögerungen in der Umsetzung führt. Grundsätzlich müsste den physischen Märkten mit Einführung der neuen Regularien zukünftig wieder mehr Material zur Verfügung stehen, was wiederum einen Rückgang der hohen Prämien zur Folge hätte. Dem steht jedoch entgegen, dass ein wesentlicher Teil der Bestände in sogenannten Cash and Carry Deals gebunden ist. Angesichts der niedrigen Zinsen und vergleichsweise steil ansteigender Terminkurven ist die Attraktivität dieser Finanzgeschäfte ungebrochen hoch. Ins-gesamt dürfte sich daher die Verfügbarkeit des in den Lager-häusern befindlichen Aluminiums allenfalls mittelfristig ver-bessern.
FazitGetragen von stabilen Wachstumsraten in China und den Ver-einigten Staaten sowie der erwarteten konjunkturellen Erho-lung in Europa sollte sich die Nachfrage nach Aluminium auch im laufenden Jahr gut entwickeln. Ein wichtiger Impulsgeber wird dabei auch weiterhin der steigende Aluminiumanteil im Transportsektor bleiben. Auf der Angebotsseite besteht wei-terhin die Notwendigkeit, Kapazitäten zu reduzieren. Gefragt ist hierbei vor allem China, das sein Angebot in den westli-chen Provinzen unverändert ausbaut. In Summe erwarten wir zwar auch für das Jahr 2014 einen kleinen Angebotsüber-schuss. Gemessen an der Größe des Gesamtmarktes lässt sich jedoch in der Tendenz von einer relativ ausgeglichenen Marktbilanz sprechen, was unterstützend auf die Preisent-wicklung wirken sollte. Auch mit Blick auf die Produktions-kosten dürfte der Spielraum für sinkende Preise begrenzt sein.
Auf der anderen Seite ist bei diesem Szenario kein größerer Abbau der globalen Aluminiumbestände zu erwarten, was einen tendenziell preisdämpfenden Faktor darstellt. Insge-samt erwarten wir daher für LME-Aluminium Cash einen seit-wärts- bis leicht aufwärtsgerichteten Trend. Unsere Prognose für das Jahresmittel liegt bei 1.840 USD/t.
Achim Wittmann
Quelle: Thomson Reuters
LME-Aluminium Terminspread
2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013- 120
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Contango
Backwardation
LME- Aluminium 3 Monate - Cash (USD/t)
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Seite 76 Commodity YearbookMai 2014
Nickel
Die robusten Zuwachsraten in der globalen Edelstahlproduktion sowie die zunehmende Anwendung von Nickel in sogenannten Hochleistungslegierungen sorgen für einen ansteigenden Bedarf an dem silbrig-weißen Metall. Der starke Ausbau der NPI-Kapazitäten in China sowie die Inbetriebnahme neuer Minen ließen jedoch das Angebot in den letzten Jahren überproportional zunehmen. In Folge dessen stiegen die Lagerbestände auf ein historisch hohes Niveau und die Nickelnotierungen beendeten das Jahr 2013 erneut mit einem dicken Minus.
Der Verlierer unter den Basismetallen im Jahr 2013Mit einem Kursrückgang von 18,6 % wies Nickel im vergan-genen Jahr mit Abstand die schwächste Performance unter den Basismetallen auf. Der Jahresdurchschnittskurs betrug 15.023 USD/t. Mit der Hypothek eines überschüssigen Ange-botes und steigender Lagerbestände in das Jahr 2013 gestar-tet, hatte sich das fundamentale Bild im weiteren Jahresver-lauf nicht gebessert. Ganz im Gegenteil, die LME-Lagerbe-stände sind infolge eines weiterhin über der Nachfrage liegenden Angebotes auf historische Höchststände gestiegen. Im Juli erreichten die Notierungen ihren Tiefpunkt bei 13.230 USD/t. Noch im Februar 2011 zahlte man für eine Tonne Ni-ckel mit 29.300 USD/t deutlich mehr als das Doppelte. Auf Basis der drastisch gesunkenen Preise konnten sich die Kur-se in der zweiten Jahreshälfte 2013 stabilisieren. Meldungen, wonach die chinesische Edelstahlproduktion im dritten Quar-tal 2013 einen neuen Rekordwert erreichten und die Regie-rung plant, das niedrige Preisniveau zu nutzen, um strategi-sche Bestände zu erweitern stützten den Nickelpreis ebenso wie die Ankündigungen Indonesiens, ein Exportverbot für Nickelerze zu verhängen.
Indonesien verhängt Exportstopp für ErzeMit Wirkung vom 12. Januar 2014 hat Indonesien ein Export-stopp für Nickelerze in Kraft gesetzt. Hintergrund dieser Maß-nahme ist die Absicht, durch den Aufbau von Verarbeitungs-kapazitäten einen höheren Anteil der Wertschöpfung im ei-genen Land zu halten. Indonesien gehört zu den wichtigsten Förderländern und ist größter Exporteur von Nickelerzen. Der wichtigste Abnehmer ist China, das im vergangenen Jahr knapp 60 % seiner Erz- und Konzentratimporte aus dem süd-ostasiatischen Land bezog. Besondere Bedeutung haben die indonesischen Nickelerze bei der Produktion des sogenann-ten Nickel Pig Iron (NPI), einem ausschließlich in der chinesi-schen Edelstahlherstellung verwendeten Ersatz für Primärni-ckel. Marktschätzungen gehen davon aus, dass sich die NPI-Produktion im letzten Jahr zwischen 400 und 550 Tsd. Tonnen bewegte. Damit entfällt mehr als die Hälfte der chinesischen Nickelherstellung und gut ein Viertel der weltweiten Produk-tion auf NPI.
Basismetalle
2011 2012 2013 20148
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LME - Nickel Cash (Tsd. USD/t)LME - Nickel Cash (Tsd. EUR/t)
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LME-Nickel Cash (in Tsd. USD/t und Tsd. EUR/t)
Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research
China – Import von Nickelerzen und -konzentrat
2009 2010 2011 2012 20130
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Nickelerzimporte China (Tsd. t)Gleitender Durchschnitt (1 Jahr)
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Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research
Commodity Yearbook Mai 2014
Seite 77
Der Markt reagiert mit PreisanstiegenChina hat im Vorfeld der Exportrestriktionen seine Erzbestän-de bereits kräftig aufgestockt und sich die Versorgung somit temporär gesichert. Marktberichten zufolge haben die Be-stände eine Reichweite von mindestens sechs Monaten. Der dynamische Anstieg des Nickelpreises, der mittlerweile rund 40 % über dem Jahresbeginn notiert, dürfte daher bereits die Erwartungen eines zunehmend knapperen Angebotes zum Jahresende vorwegnehmen. Sollten die Exportrestriktionen anhalten, muss sich China früher oder später nach alternati-ven Bezugsquellen umschauen. Dabei kommen neben Impor-ten von den Philippinen, deren Erze jedoch grundsätzlich ei-nen geringeren Metallgehalt aufweisen, qualitativ höherwer-tige Erze aus Australien in Frage. So oder so dürften die Produktionskosten in der Tendenz steigen, was wiederum mittelfristig höhere Nickelnotierungen rechtfertigen würde. Eine weitere Alternative bestünde darin, die heimische Edel-stahlindustrie mit importiertem raffiniertem Nickel zu versor-gen, was zu einem reduzierten weltweiten Angebot und da-mit ebenfalls für tendenziell steigende Nickelpreise sprechen würde. Auf der anderen Seite ist nicht ausgeschlossen, dass die indonesische Führung den Exportstopp im weiteren Jah-resverlauf aufweicht. Das hohe Handelsbilanzdefizit, die Schwäche der eigenen Währung und die sozialpolitischen Auswirkungen potenzieller Produktionskürzungen in den Mi-nen könnten zu einem solchen Schritt führen, zumal in die-sem Jahr Parlaments- und Präsidentschaftswahlen anstehen.
Neue Minenprojekte fahren ihre Kapazitäten hochSeit dem Jahr 2009 ist das Angebot an raffiniertem Nickel um durchschnittlich gut 10 % pro Jahr gestiegen. Auch für das Gesamtjahr 2013 ergab sich ein Produktionsanstieg von 10,1 % auf 1,94 Mio. Tonnen. Verantwortlich für diese hohen Zuwächse ist im Wesentlichen die NPI-Produktion in China, die im Zeitraum 2009 bis 2013 Schätzungen des Bergbau- und Handelskonzerns Glencore zufolge von 112 Tsd. Tonnen bis 510 Tsd. Tonnen gewachsen ist. Bei einem Preisniveau von 14.000 USD/t dürfte rund ein Drittel der weltweiten Ni-ckelproduktion operativ nicht rentabel sein. Im Gegensatz zum Jahr 2008, als die Hütten mit einer deutlichen Angebots-kürzung auf die sinkenden Preise reagierten, blieben Kapa-zitätsanpassungen in größerem Stile dieses Mal jedoch bis-lang aus. Grund dafür dürfte eine mit Blick auf die Entwick-lung in Indonesien tendenziell abwartende Haltung vieler Anbieter sein. Für das laufende Jahr prognostiziert die Inter-
national Nickel Study Group (INSG) ein weitestgehend gleich-bleibendes Angebotsniveau. Größere Minenprojekte wie Ko-niambo in Neukaledonien oder Ambatovy in Madagaskar sind vor kurzem gestartet und fahren ihre Kapazitäten weiter hoch. Die Investitionsentscheidungen dieser Projekte sind vor rund sechs Jahren gefallen, als der Nickelpreis bis 50.000 USD/t anstieg. Nun drängen diese Projekte in einen von Angebots-überschüssen geprägten Markt.
Nachfrageperspektiven bleiben positivNickel wird vorwiegend als Legierungsmetall eingesetzt. Rund zwei Drittel des weltweiten Nickelbedarfs dient zur Herstel-lung und Veredelung nichtrostender Stähle. Nach Angaben der International Nickel Study Group (INSG) lag die globale Nachfrage nach Nickel im letzten Jahr bei 1,77 Mio. t. Für das Jahr 2014 prognostiziert die INSG eine Nachfrage von 1,89 Mio. t. Angesichts der Wachstumsraten der weltweiten Edel-stahlproduktion erachten wir dies als nachvollziehbar. Getrie-ben durch starke Zuwächse in China berichtet das Internati-onal Stainless Steel Forum bei der Vorstellung der vorläufigen Jahreszahlen von einer um 7,8 % gestiegenen Edelstahlpro-duktion im Jahr 2013. Im vierten Quartal lag das Produktions-plus bei 9,2 %. Für die nächsten Jahre dürften erneut Steige-rungsraten von mindestens 5 % zu erwarten sein. Neben der Verwendung in der Edelstahlherstellung ist ein stetig wach-sender Bedarf an Nickel als Basismetall für sogenannte Hoch-leistungslegierungen, die insbesondere in der Luft- und Raum-fahrt ihre Anwendung finden, zu beobachten. Insgesamt blei-ben die Wachstumsperspektiven für das silbrig-weiße Metall daher weiterhin gut.
Basismetalle
Quelle: INSG, Glencore, LBBW Research
Nickelangebot und NPI-Anteil
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Nickelangebot (in Tsd. t)Anteil chinesisches NPI
Seite 78 Commodity YearbookMai 2014
LME-Lagerbestände als Spiegelbild zunehmender Ange-botsüberschüsseMit dem zunehmend überschüssigen Angebot sind in letzten Jahr auch die Nickelbestände in den weltweiten LME-Lager-häusern angestiegen. Ein sehr dynamischer Anstieg der Be-stände erfolgte aufgrund des sich deutlich ausgeweiteten Angebotsüberschusses im letzten Jahr. Betrugen die Börsen-bestände des Legierungsmetalls zum Jahresbeginn 2013 noch rund 138 Tsd. t, so hat sich der Lageraufbau bis Jahresende auf leicht über 260 Tsd. t beschleunigt. Mit 271 Tsd. t machen die Bestände aktuell rund 15 % der Jahresnachfrage aus. Dies stellt einen bemerkenswert hohen Angebotspuffer dar.
Basismetalle
FazitDie robusten Zuwachsraten in der globalen Edelstahlproduk-tion sowie die zunehmende Anwendung von Nickel in soge-nannten Hochleistungslegierungen sorgen für einen anstei-genden Bedarf an dem silbrig-weißen Metall. Der starke Aus-bau der NPI-Kapazitäten in China sowie die Inbetriebnahme neuer Minen ließen jedoch das Angebot in den letzten Jahren überproportional zunehmen. In Folge dessen stiegen die La-gerbestände auf ein historisch hohes Niveau und die Nickel-notierungen beendeten das Jahr 2013 erneut mit einem dicken Minus. Die seit Mitte Januar in Kraft getretenen Exportbe-schränkungen Indonesiens haben Nickel in den ersten Wo-chen des neuen Jahres nun vom Verlierer zum Gewinner un-ter den Basismetallen gemacht. Der Markt unterstellt damit das Szenario eines deutlich rückläufigen Angebotes, infolge eines länger anhaltenden Ausfuhrverbotes. Derzeit deutet auch nichts auf eine mögliche Änderung der Restriktionen hin. Sollten die Exportbeschränkungen aufgeweicht werden, könnte dies die Preise erneut unter Druck setzen. Spätestens dann dürften die Hütten jedoch ihre eher abwartende Haltung aufgeben und mit Anpassungsmaßnahmen auf der Angebots-seite reagieren. Insofern dürfte der Spielraum sinkender No-tierungen begrenzt sein. In unserem Basisszenario unterstel-len wir jedoch ein zumindest für die nächsten zwölf Monate fortdauerndes Exportverbot, was dazu führen sollte, dass der Angebotsüberschuss sich im laufenden Jahr deutlich verrin-gert und der Markt im nächsten Jahr sogar tendenziell eine defizitäre Bilanz aufweisen könnte. Unter diesem Szenario sollten auch die Preise das derzeitige Niveau halten können bzw. tendenziell weiter ansteigen. Im Jahresmittel rechnen wir für 2014 derzeit mit einem Nickelpreis von 17.400 USD/t.
Achim Wittmann
Nickelnachfrage und Edelstahlproduktion (% ggü. Vorjahr)
Quelle: INSG, ISSF, LBBW Research
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2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014e
Nickelnachfrage (%)
Edelstahlproduktion (%)
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LME-Nickel Lagerbestände
Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research
2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 20135
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LME-Nickel Cash (Tsd. USD/t)
LME -Lagerbestände (Tsd. t) (rechte Skala)
Commodity Yearbook Mai 2014
Seite 79
Zink
Gemäß der ILZSG (International Lead and Zinc Study Group) wurden im vergangenen Jahr weltweit 13,0 Mio. t Zink nachgefragt, 4,7 % mehr als im Jahr zuvor. Etwas mehr als die Hälfte�des�weltweiten�Zinkverbrauchs�entfällt�auf�die�Oberflächenbearbeitung�von�Stählen.�Daher dürfte der deutliche Nachfragezuwachs in erster Linie auf eine deutlich anziehende Dynamik der globalen Stahlproduktion zurückzuführen sein. Diese verzeichnete im vergangenen Jahr ein Wachstum von 3,5 %, nach 1,1 % im Vorjahr.
Beste Performance unter den Basismetallen im Jahr 2013 Mit 2.053 USD/t beendete LME-Zink das Jahr 2013 auf dem Niveau des Vorjahres. Damit verzeichnete das Metall, das zu einem überwiegenden Teil zur Oberflächenveredelung von Stahl verwendet wird, die beste Performance unter den LME-Metallen. Unterjährig verlief die Preisentwicklung jedoch sehr volatil. Nachdem die Notierungen noch im Februar ein 17-Mo-natshoch bei 2.198 USD/t erreichten, sanken die Preise im Anschluss analog zu denen der anderen Basismetalle bis auf 1.800 USD/t. Nach einem mehrmonatigen Seitwärtstrend zur Jahresmitte, zogen die Notierungen in der zweiten Jahres-hälfte wieder an und erreichten das Niveau des Jahresanfangs. Dabei unterstützten eine anziehende Nachfrage, getrieben durch die an Fahrt gewinnende chinesische Stahlproduktion, die Preise. In den letzten Monaten überstieg die Nachfrage das Angebot und die Lagerbestände wurden zusehends ab-gebaut. Im Jahresdurchschnitt 2013 betrug der Preis für LME-Zink 1.910 USD/t.
Steigende Stahlproduktion treibt die NachfrageGemäß der ILZSG (International Lead and Zinc Study Group) wurden im vergangenen Jahr weltweit 13,0 Mio. t Zink nach-gefragt, 4,7 % mehr als im Jahr zuvor. In China, dem mit ei-nem Anteil von 45 % größten Verbraucher von Zink, stieg die Nachfrage um 13,7 %. Dabei nahmen die Nettoimporte um 22 % zu. Etwas mehr als die Hälfte des weltweiten Zinkver-brauchs entfällt auf die Oberflächenbearbeitung von Stählen. Daher dürfte der deutliche Nachfragezuwachs in erster Linie auf eine deutlich anziehende Dynamik der globalen Stahlpro-duktion zurückzuführen sein. Diese verzeichnete im vergan-
genen Jahr ein Wachstum von 3,5 %, nach 1,1 % im Vorjahr. In China wurde im vergangenen Jahr 7,5 % mehr Stahl produ-ziert als im Jahr 2012. Der Anteil Chinas an der weltweiten Produktion ist damit auf 48,5 % gestiegen. Die durchschnitt-liche Kapazitätsauslastung der Stahlproduzenten hat sich von 76,2 % auf 78,1 % verbessert. Für das laufende Jahr rechnet die World Steel Association erneut mit einer um 3,3 % wach-senden globalen Stahlnachfrage. Zunehmende Wachstumsim-pulse erwartet die WSA dabei von den entwickelten Volkswirt-schaften, während sich die Nachfragedynamik in China auf-grund einer stärkeren Ausrichtung in Richtung eines konsumorientierten Wachstums etwas abschwächen sollte.
Erstmals wieder leicht defizitäres Angebot im letzten JahrDas Angebot an raffiniertem Zink stieg nach Angaben der ILZSG im letzten Jahr um 2,2 %. Noch im Jahr zuvor hatten insbesondere die chinesischen Hütten ihre Produktion ange-sichts einer geringeren Nachfrage deutlich reduziert. Im Jahr 2013 stieg das Angebot an raffiniertem Zink im Reich der Mit-te schließlich wieder um 11,1 %. Kapazitätserweiterungen in Indien, Korea und Peru trugen ebenfalls zu einem höheren Zinkausstoß bei. Insgesamt führten die deutlich überpropor-tionalen Zuwächse auf der Nachfrageseite jedoch dazu, dass sich bei der Marktbilanz im Jahr 2013 erstmals nach sechs Jahren wieder ein Angebotsdefizit von 68 Tsd. Tonnen ergab.
Potenzielle Engpässe auf der Minenseite Das Minenangebot wies im letzten Jahr nur ein vergleichswei-se geringes Wachstum von 1,0 % auf. Darin spiegeln sich be-reits geringere Produktionsmengen aus einzelnen großen
Basismetalle
LME-Zink Cash (in USD/t und EUR/t)
Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research
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Entwicklung der weltweiten Stahlnachfrage (% ggü. Vorjahr)
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World DevelopedEconomies
Emerging Economiesex. China
China
20122013e2014e
Quelle: WSA, LBBW Research
Seite 80 Commodity YearbookMai 2014
Minen wider, die kurz vor der Schließung stehen bzw. ihren operativen Lebenszyklus bereits beendet haben. So berichtet der Bergbaukonzern Glencore, dass zwei seiner beiden gro-ßen Minen in Kanada ihre Produktion zur Jahresmitte einge-stellt haben. Noch im Jahr 2012 wurden in diesen beiden Mi-nen über 300 Tsd. t Zink abgebaut. Mit der Century Mine in Australien wird Mitte nächsten Jahres zudem eine der weltweit größten Zinkminen ihre Aktivitäten einstellen. Damit gehen dem Markt Kapazitäten in der Größenordnung von rund 3,5 % des weltweiten Minenangebotes verloren. Zeitgleich verzögert sich laut MMG, dem chinesischen Betreiber der Century Mine, der Start der Dugald River Mine. Diese sollte zur Kompensa-tion der zukünftig fehlenden Konzentratmengen beitragen, wird ihren Betrieb jetzt jedoch voraussichtlich nicht vor Ende 2016 aufnehmen.
Defizitäres Angebot lässt Lagerbestände sinken Bis Ende 2012 hat die Lagersituation von Zink die Jahre lange Überversorgung lehrbuchmäßig widergespiegelt. So lagerten zum Jahreswechsel 2012/2013 über 1,2 Mio. Tonnen Zink in den weltweiten LME-Lagerhäusern. In den darauf folgenden 12 Monaten sind die Bestände deutlich gefallen und erreich-ten Ende 2013 ein Niveau von 930 Tsd. Tonnen. Im bisherigen Jahresverlauf 2014 haben sich die Bestände weiter auf aktuell rund 800 Tsd. Tonnen reduziert. Dies entspricht etwa 6 % des Jahresverbrauchs, was immer noch über dem langjährigen Mittel von knapp 5 % liegt. An der Konzentration der Vorräte auf wenige Lagerstätten hat sich derweil nichts geändert. So entfallen alleine auf den Standort New Orleans rund 75 % der weltweit gemeldeten Bestände. Ähnlich wie bei Aluminium dürfte auch hier die Verfügbarkeit durch lange Auslieferungs-zeiten eingeschränkt sein. Der seit gut einem Jahr anhaltende Rückgang der Bestände ist Ausdruck des zunehmend defizi-tären Marktangebotes. Darüber hinaus wird jedoch berichtet, dass ein nicht unwesentlicher Teil der Bestände, die in Finanz-transaktionen gebunden sind, an kostengünstigere Standor-te, die nicht der LME zugeordnet werden, verlagert wurde und dadurch der öffentlichen Statistik entzogen ist.
FazitDie hohe Nachfrage hat dazu geführt, dass der Zinkmarkt nach jahrelanger Überversorgung im letzten Jahr erstmals wieder ein Defizit aufwies. Folgerichtig haben sich auch die Lagerbestände deutlich reduziert, wenngleich Marktberichten zufolge auch eine Verschiebung von in Finanztransaktionen gebundenen Vorräten in nicht LME-zugehörige, kostengüns-tigere Lagerhäuser stattgefunden hat. Infolge des sich ab-zeichnenden Engpasses in der Minenproduktion ist perspek-tivisch auch mit geringeren Wachstumsraten beim Angebot an raffiniertem Zink zu rechnen. Auf der anderen Seite gehen wir auf Basis eines steigenden Weltwirtschaftswachstums von einer weiterhin robusten Nachfrage aus. In Summe sprechen die fundamentalen Rahmenbedingungen daher unserer Ein-schätzung nach für tendenziell weiter anziehende Preise. Wir erwarten LME-Zink zum Jahresende bei 2.180 USD/t.
Achim Wittmann
Basismetalle
Entwicklung der globalen Minen- und Raffinerieproduktion(% ggü. Vorjahr)
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2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014eMinenförderungRaffinerieproduktion
Quelle: ILZSG, LBBW Research
2008 2009 2010 2011 2012 20130
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LME-Zink Cash (USD/t) (rechte Skala)LME-Zink Lagerbestände (t)SHFE -Zink Lagerbestände (t)
LME-Zink Lagerbestände
Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research
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Marktbilanz Zink (Produktion - Nachfrage, in Tsd. t)
Quelle: ILZSG, LBBW Research
Commodity Yearbook Mai 2014
Seite 81
Blei
Unter den Basismetallen weist der Bleimarkt vergleichsweise gute Fundamentaldaten auf. Die Nachfrage, die in den letzten zehn Jahres um durchschnittlich 5 % gewachsen ist, profitiert�von�der�robusten�Verfassung�der�weltweiten�Automobilmärkte�und�dürfte�auch�im laufenden Jahr mit der durchschnittlichen historischen Zuwachsrate steigen. Auf der Angebotsseite, die überproportional stark von Sekundärmaterial abhängt, stellt derzeit das geringere Angebot von Altbatterien einen Engpassfaktor dar.
Preise tendieren weiterhin seitwärts Mit Ausnahme kleinerer temporärer Ausreißer bewegt sich der Bleipreis seit dem dritten Quartal 2011 in einem breiten Seitwärtsband zwischen 2.000 USD/t und 2.300 USD/t. Im Jahr 2013 schnitt das Schwermetall mit einem Preisrückgang von 5,4 % im Vergleich zu den anderen Basismetallen (LMEX -7,9 % ) noch vergleichsweise gut ab. Zurückzuführen ist dies auf die stabilen Fundamentaldaten in Form eines im Jahresverlauf zunehmend defizitären Marktes bei rückläufi-gen Lagerbeständen. Im Jahresdurchschnitt 2013 betrug der Preis für LME-Blei 2.139 USD/t.
Nachfrage profitiert von guter globaler Automobilkon-junkturGemäß den Angaben der International Lead and Zinc Study Group (ILZSG) ist die Nachfrage nach Blei im letzten Jahr um 7,0 % auf 11,2 Mio. Tonnen gestiegen. Starke Wachstumsbei-träge kamen dabei aus China und den USA, was auf die po-sitive Entwicklung der jeweiligen Fahrzeugabsatzmärkte zu-rückzuführen sein dürfte. Rund 80 % des Bleiverbrauchs ent-fällt auf die Herstellung von Batterien, wobei der Großteil davon wiederum in der Fahrzeugindustrie in Form von Origi-nal- und Ersatzbatterien Verwendung findet. Im Januar lag
der Bleibedarf um 7,5 % über dem Vorjahreswert. Für das Ge-samtjahr 2014 geht die ILZSG bislang von einer Nachfrage-steigerung von knapp 5 % aus. Dabei sollte sich der hohe Nachfragezuwachs in den USA, der zu einem Teil auch dem Vorratsaufbau im Vorfeld der Schließung einer der großen Bleihütten im Land geschuldet gewesen sein dürfte, abschwä-chen. In Europa rechnen wir dagegen mit einem weiter anzie-henden Verbrauch, scheint der Automobilmarkt doch die Tal-sohle mittlerweile durchschritten zu haben.
Marktbilanz zeigt leichtes AngebotsdefizitNach drei Jahren überschüssiger Angebotsmengen, ergab sich auf dem weltweiten Bleimarkt im letzten Jahr Angaben der ILZSG zufolge erstmals wieder ein leichtes Angebotsdefizit von rund 20 Tsd. Tonnen. Noch im Oktober hatte die ILZSG erneut einen leichten Angebotsüberschuss prognostiziert. Das Minenangebot ist im letzten Jahr um 7,9 % auf 5,4 Mio. Tonnen gestiegen. Die zwei größten Förderländer China und Australien konnten ihren Output deutlich steigern. In China sind die Wachstumsraten jedoch in den letzten Jahren konti-nuierlich zurückgegangen. Auf der Raffinerieseite stieg das Angebot um 6,1 % auf 11,2 Mio. Tonnen. Der Anteil der Se-kundärproduktion aus Metallschrott ist bei Blei vergleichs-
Basismetalle
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LME-Blei Cash (in USD/t und EUR/t)
Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research
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2012 2013 2014 2015 2016
OEM
AM
62.685 62.397 63.82065.726 66.853
Europäischer Markt für Autobatterien (in Tsd. Einheiten)
Quelle: Eurobat, LBBW Research
Seite 82 Commodity YearbookMai 2014
weise hoch und lag im letzten Jahr bei rund 55 %. Dabei lag der Anteil infolge eines geringeren Angebotes an Altbatterien unter dem Vorjahresniveau. Dies betraf insbesondere die USA, wo über 80 % des Bleiangebotes aus Sekundärrohstoffen ge-wonnen wird. Das geringere Angebot an Sekundärrohstoffen sowie die Schließung chinesischer Raffinerien infolge stren-gerer Umweltauflagen dürften auch im laufenden Jahr das Angebot beeinflussen. Hinzu kommt, dass mit Herculaneum eine der großen Bleihütten in den USA, die das Schwermetall noch auf der Basis von Konzentraten herstellte, zum Jahres-ende 2013 den Betrieb eingestellt hat. Insgesamt ist daher auch im laufenden Jahr mit einer leicht defizitären Marktbi-lanz zu rechnen.
Rückläufige Bestandsentwicklung Sowohl in Shanghai als auch in den weltweit verteilten LME-Lagerhäusern sind die Bleibestände im vergangenen Jahr deut-lich gesunken. Betrugen diese zum Jahresanfang 2013 noch rund 320 Tsd. Tonnen, weist die LME aktuell einen Gesamt-bestand von knapp über 200 Tsd. Tonnen aus, was einem Rückgang von 38 % entspricht. Im September letzten Jahres war ein sprunghafter Anstieg der Bestände zu beobachten, als am Standort Vlissingen einmalig rund 50 Tsd. Tonnen Blei eingeliefert wurden, was auf ein nennenswertes Bestandsni-veau hindeutet, das außerhalb des LME-Systems lagerte. Die ILZSG, die in ihre Berechnungen neben den LME-Lagerhäusern noch die Bestände der westlichen Produzenten, Händler und Verbraucher mit einbezieht, errechnete zum Ende Januar 2014 einen kommerziellen Bestand von 588 Tsd. Tonnen. Dieser lag 11 % unter dem Wert vom Januar 2013. Gemessen am jähr-lichen Verbrauch liegen die Bestände derzeit in etwa auf dem Niveau ihres Zehn-Jahresdurchschnitts.
FazitUnter den Basismetallen weist der Bleimarkt vergleichsweise gute Fundamentaldaten auf. Die Nachfrage, die in den letz-ten zehn Jahres um durchschnittlich 5 % gewachsen ist, pro-fitiert von der robusten Verfassung der weltweiten Automo-bilmärkte und dürfte auch im laufenden Jahr mit der durch-schnittlichen historischen Zuwachsrate steigen. Auf der Angebotsseite, die überproportional stark von Sekundärma-terial abhängt, stellt derzeit das geringere Angebot von Alt-batterien einen Engpassfaktor dar. Insgesamt ist davon aus-zugehen, dass das Angebotsdefizit des letzten Jahres sich auch im Jahr 2014 fortsetzt, was für tendenziell steigende Preise spricht. Mit 2.200 USD/t erwarten wir für LME-Blei ein Jahresdurchschnittsniveau, das rund 3 % über dem Vorjah-reswert liegt.
Achim Wittmann
Basismetalle
LME-Blei Lagerbestände
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LME-Blei Cash (USD/t)LME-Lagerbestände(rechte Skala)SHFE -Lagerbestände(rechte Skala)
Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research
Commodity Yearbook Mai 2014
Seite 83
Absicherung von Rohstoffrisiken
Rohstoffpreismanagement in der Praxis 84
Die�Effizienz�regelbasierter�Hedging�Strategien� 87
Handelbare Rohstoffe bei der LBBW 90
Seite 84 Commodity YearbookMai 2014
Das im Mai 1998 eingeführte Gesetz zur Kontrolle und Trans-parenz im Unternehmensbereich trug deutlich zur Weiterent-wicklung des Risikomanagements in Industrieunternehmen bei. Aufgabe eines aktiven Risikomanagements ist in erster Linie, die Risiken eines Unternehmens zu steuern und somit die Sicherung der Unternehmensexistenz zu gewährleisten. Gerade in diesem Zusammenhang wurden in der Vergangen-heit insbesondere das Zins- und Währungsmanagement aus-führlich diskutiert. Seit geraumer Zeit jedoch stehen Finanz-risiken aus Zins- und Währungsexposures nicht mehr alleine im Fokus der Industrieunternehmen. Auch die Risiken von Rohstoffpreisschwankungen werden zunehmend in das Risi-komanagement einbezogen.
Hohe Volatilitäten erschweren die PlanungInsbesondere in mittelständischen Unternehmen, bei welchen sich das Rohstoffpreismanagement noch häufig in der Ent-wicklung befindet, führen Materialaufwandsquoten von bis zu 60 % zu enormen Planungsunsicherheiten. Dies wird deut-lich, wenn man beispielsweise die Volatilität des Kupferprei-ses betrachtet. Diese lag auf Monatsbasis im Jahr 2013 bei rund 25 %. Das ist fast das 3-fache der EUR/USD-Volatilität. Die Entwicklung des Jahresverlaufs zeigt, dass sich der Preis in einer Bandbreite von 5.078 EUR/t und 6.260 EUR/t beweg-te. Diese hohe Schwankungsbreite ist auch bei anderen In-dustriemetallen, im Energiebereich und verstärkt bei Agrar-rohstoffen wie beispielsweise Weizen oder Baumwolle zu be-obachten. Aus Sicht der Unternehmen beeinflussen diese hohen Volatilitäten maßgeblich das Geschäftsergebnis und können im schlimmsten Fall sogar zur Insolvenz führen. Die folgende Abbildung verdeutlicht, wie sich der Kupferpreis während eines typischen Produktionsprozesses eines Indus-trieunternehmens verändern kann. Hätte man in diesem Bei-spiel auf jegliche Preissicherung verzichtet und der Verkaufs-preis würde sich maßgeblich an dem aktuellen Marktpreis des verarbeiteten Kupfers orientieren, könnte dies unter Umstän-den zu Negativmargen führen, da der Kupferpreis zum Zeit-punkt des Einkaufs deutlich höher war.
Preissteigerungen an den Endkunden weiterzugeben, könn-te zu einem Wettbewerbsnachteil führenAus Studien geht hervor, dass ein großer Anteil der Unterneh-men die gestiegenen Rohstoffpreise unmittelbar an die Kun-den in Form von höheren Verkaufspreisen weitergibt. Bei die-ser Strategie sollte insbesondere auf die Wettbewerbsfähigkeit geachtet werden. Verfolgen Konkurrenten eine intelligentere Absicherungsstrategie mittels Preissicherungsinstrumenten, könnte das Weitergeben von gestiegenen Rohstoffpreisen schnell zu einem Wettbewerbsnachteil führen. Kunden würden in diesem Fall die Preiserhöhungen nicht mehr akzeptieren.
Des Weiteren besteht in der Praxis sehr häufig die Möglich-keit, Festpreisverträge direkt über den Lieferanten abzuschlie-ßen. Hierbei müssen jedoch einige Punkte beachtet werden. Welche Auswirkungen zieht es nach sich, wenn sich beispiels-weise die Qualität des Lieferanten während der Laufzeit ver-schlechtert, dieser nicht mehr in vollem Umfang liefern kann oder unter Umständen ganz ausfällt? Dies würde für das Un-ternehmen ein erhebliches Wiederbeschaffungsrisiko bedeu-ten. Bei gestiegenen Marktpreisen wäre somit ein Wechsel der Bezugsquelle nur unter Einbußen möglich. Wer hingegen die Rohstoffpreise finanziell absichert, kann problemlos seinen
Kupferpreisschwankungen im Jahr 2013und „typischer“ Produktionsprozess
20135000
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Kupferpreis in Euro/Tonne
5000
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5800
6000
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6400
Kalkulation Einkauf VerkaufProduktionLager Lager
Quellen: Thomson Reuters, LBBW Research
Rohstoffpreismanagement in der Praxis
Im Gegensatz zu den Preissicherungen von Zinsen oder Devisen fordert das Managen von Rohstoffpreisrisiken eine intensive Zusammenarbeit der einzelnen Unternehmensbereiche. Hier ist insbesondere die Einbindung der Finanzabteilung und des Einkaufs von hoher Bedeutung.
Absicherung von Rohstoffrisiken
Commodity Yearbook Mai 2014
Seite 85
Lieferanten austauschen, da das Absicherungsgeschäft nicht an eine spezielle Lieferbeziehung gebunden ist. Wichtig ist jedoch, dass kein Absicherungsgeschäft ohne Grundgeschäft besteht.
Eine umfängliche Analyse ist unabdingbarIm Gegensatz zu den Preissicherungen von Zinsen oder De-visen fordert das Managen von Rohstoffpreisrisiken eine in-tensive Zusammenarbeit der einzelnen Unternehmensberei-che. Hier ist insbesondere die Einbindung der Finanzabteilung und des Einkaufs von hoher Bedeutung. Ohne detaillierte In-formationen des Einkäufers über die genaue Rohstoffspezi-fikation, die benötigten Mengen sowie die Zeitpunkte des Rohwareneinkaufs ist eine Auswahl des richtigen Absiche-rungsproduktes nicht möglich; bei falscher Analyse könnte dies zu erheblichen Basisrisiken führen. Basisrisiken entste-hen immer dann, wenn die Preisentwicklung des Grundge-schäfts maßgeblich von der des Sicherungsgeschäfts ab-weicht. Gerade aufgrund der Tatsache, dass im Vergleich zum Zins- und Währungsmanagement deutlich mehr Bereiche in-volviert sind, ist eine gemeinsame Hedging-Strategie, an der sich alle orientieren, von hoher Bedeutung (siehe auch das nachfolgende Kapitel). Des Weiteren sollte das Unternehmen im Idealfall eine Meinung zur zukünftigen Preisentwicklung haben. Dadurch wird die Auswahl des optimalen Absiche-rungsproduktes unterstützt.
Leicht verständliche Absicherungsinstrumente stehen im FokusGenerell kann je nach Preismeinung zwischen vier Vorgehens-weisen innerhalb des Rohstoffpreismanagements ausgewählt werden. Zum Einsatz können klassische Termingeschäfte kommen, bei denen sich ein Unternehmen schon heute einen Preis für die Zukunft sichert. Wird das Grundgeschäft auf re-gelmäßiger Basis getätigt, können auch Sammelterminge-schäfte abgeschlossen werden. Bei einem klassischen (Sam-
mel-)Termingeschäft sollte dem Unternehmen jedoch bewusst sein, dass, wenn sich der Preis entgegen der Erwartung ent-wickelt, eine Ausgleichszahlung bei Fälligkeit geleistet wer-den muss, diese aber im Grundgeschäft durch eine günsti-gere Beschaffung (Rohstoffkäufer) bzw. einen höheren Ver-kauf (Rohstoffverkäufer) kompensiert wird.
Eine weitere Möglichkeit sind die aus dem Zins- und Wäh-rungsmarkt bekannten Optionsgeschäfte, die gegen Zahlun-gen einer Prämie zu Beginn der Laufzeit abgeschlossen wer-den. Diese Geschäfte sollten immer dann getätigt werden, wenn der Unternehmer davon ausgeht, dass sich der Roh-stoffpreis zu seinen Gunsten entwickelt, er aber einen Worst Case abgesichert haben möchte, falls sich der Preis in die andere Richtung entwickeln sollte.
Optionsgeschäfte können auch in Kombination abgeschlos-sen werden. In Verbindung mit einer gekauften Option kann eine andere Option verkauft werden. In der Praxis wird die-ses Produkt auch Bandbreitenoption genannt. Auf der einen Seite vergünstigt das Unternehmen durch die vereinnahmte Prämie den gesamten Prämienaufwand. Auf der anderen Sei-te kann lediglich bis zu einem gewissen Preis an einer posi-tiven Marktentwicklung partizipiert werden. Es wird somit ein Teil der Chance auf eine positive Preisentwicklung „verkauft“. Wie auch in anderen Märkten, bei denen Optionen zum Ein-satz kommen, ist die Höhe der Optionsprämie im Wesentli-chen abhängig von der Laufzeit, der Volatilität sowie dem gewählten Basispreis.
Die letzte und vermeintlich einfachste Möglichkeit, die ein Unternehmen im Rahmen seines Rohstoffpreismanagements wählen kann, ist es, die Preisentwicklung zu akzeptieren und somit keines der beschriebenen Produkte zu wählen. Auch diese Alternative kann, wie in folgender Übersicht aufgezeigt, unter gewissen Voraussetzungen ein gangbarer Weg sein.
Übersicht: Preismeinungen zu Rohstoffen und geeignete Produkte
Preismeinung Rohstoffkäufer Rohstoffverkäufer
steigende Preise (Sammel)-Termingeschäft Option, oder Preisakzeptanz
leicht steigende Preise (Sammel)-Termingeschäft Bandbreitenoption
gleichbleibende Preise (Sammel)-Termingeschäft (Sammel)-Termingeschäft
leicht fallende Preise Bandbreitenoption (Sammel)-Termingeschäft
fallende Preise Option oder Preisakzeptanz (Sammel)-Termingeschäft
Quelle: LBBW Corporate Sales & Securitisation
Absicherung von Rohstoffrisiken
Seite 86 Commodity YearbookMai 2014
Geht ein Rohstoffkäufer beispielsweise davon aus, dass die Preise mit hoher Wahrscheinlichkeit fallen und möchte gleich-zeitig keine Liquidität für ein Optionsgeschäft aufwenden, würde alternativ kein anderes Produkt zu dieser Preismeinung passen.
Die LBBW als Partner im Zins-, Währungs- und Rohstoffma-nagementGerade bei der Absicherung von Rohstoffrisiken bewährt sich der Partnergedanke, mit dem der LBBW Konzern seinen Kun-den im Unternehmenskundengeschäft begegnet. Anstatt ein-zelne Finanzierungsfragen isoliert zu betrachten, ist die LBBW bestrebt, aktiv an der gesamten Unternehmensentwicklung des Kunden mitzuarbeiten. Eine Schlüsselrolle spielt dabei die umfassende Kommunikation. Denn ein Erfolg verspre-
chendes Risikomanagement im Rohstoffbereich lässt sich nur im Dialog mit dem Treasury und dem Einkauf entwickeln.
In den Informationsaustausch mit dem Kunden kann die LBBW ihre fundierte Handelsexpertise in allen wichtigen globalen Märkten einbringen. Zusätzliche Substanz gewinnt die Bera-tung durch das umfassende hauseigene Commodity Research. Von der Entwicklung einer Gesamtstrategie im Rohstoffein-kauf bis zur individuellen Ausgestaltung eines einzelnen Si-cherungskontraktes kann die LBBW jedem Kunden eine opti-male Lösung anbieten.
Dominik Marschollek (LBBW Corporate Sales & Securitisation)
»Ein Erfolg versprechendes Risikomanagement im Rohstoffbereich lässt sich nur im Dialog mit dem Treasury und dem Einkauf entwickeln .« Dominik Marschollek (LBBW Corporate Sales & Securitisation)
Absicherung von Rohstoffrisiken
Commodity Yearbook Mai 2014
Seite 87
Die letzte Dekade war an den Rohstoffmärkten durch stark steigende Preise, einhergehend mit einer hohen Preisvolati-lität für Energie, Metalle und Agrarrohstoffe geprägt. In Un-ternehmen mit einem hohen rohstoffinduzierten Anteil an den Gesamtkosten sind die Planungsunsicherheit und die fi-nanziellen Risiken, als Folge schwankender Rohstoffpreise, in den letzten Jahren verstärkt in den Fokus der Unterneh-mensführung gerückt. Trotzdem wird die Absicherung von Marktpreisrisiken aus Rohstoffen im Vergleich zu anderen Steuerungsmaßnahmen noch verhältnismäßig wenig ange-wandt. Zum Teil fehlt es an Kenntnissen zum Einsatz der ent-sprechenden Finanzmarktprodukte (siehe vorheriges Kapitel) sowie dem Verständnis zur Formulierung einer Hedging Stra-tegie und den daraus abgeleiteten Sicherungszielen.
Erarbeitung der Strategie und beteiligte Unternehmens-bereicheEine erfolgreiche Absicherung gegen Rohstoffpreisrisiken er-fordert die Definition der Rahmenbedingungen, Methoden und Prozesse in Form einer Risikostrategie. Die Erarbeitung erfolgt im Rahmen des strategischen Finanzrisikomanage-ments in einem iterativen Prozess, der aus Identifikation und Bewertung von Risiken und der Formulierung der Strategie besteht. Anders als bei Preissicherungen im Zins- und Devi-senbereich ist hier eine intensive Zusammenarbeit der ein-zelnen Unternehmensbereiche gefordert. Der Einkauf bündelt die Aktivitäten zur Versorgung mit Betriebsmitteln und kennt die genauen Rohstoffspezifikationen, die benötigten Mengen sowie die Zeitpunkte des Einkaufs. Eine falsche Analyse und Abweichungen zwischen den Grund- und den Sicherungsge-schäften können zu erheblichen Basisrisiken führen. Das Tre-asury bündelt die Aufgaben des Bilanz- und Kapitalstruktur-managements. Die Experten des Treasury bringen das Wissen über die Finanzmärkte und die Kompetenz für finanzielle Si-cherungsgeschäfte mit. Die Einhaltung von Risikovorgaben wird durch das Finanzrisikocontrolling und die Revision über-wacht. Die Ziele der Risikostrategie orientieren sich an der Geschäftsstrategie für den Finanzbereich, daher ist die Risi-kostrategie von der Geschäftsleitung zu tragen.
Die�Effizienz�regelbasierter�Hedging�Strategien
In�Unternehmen�mit�einem�hohen�rohstoffinduzierten�Anteil�an�den�Gesamtkosten�sind� die� Planungsunsicherheit� und� die� finanziellen� Risiken,� als� Folge� schwankender� Roh-stoffpreise, in den letzten Jahren verstärkt in den Fokus der Unternehmensführung gerückt. Trotzdem wird die Absicherung von Marktpreisrisiken aus Rohstoffen im Ver- gleich zu anderen Steuerungsmaßnahmen noch verhältnismäßig wenig angewandt.
Analyse der Risiken und Formulierung einer Risikostrate-gieUm ein aktives Management von Rohstoffpreisrisiken zu eta-blieren, ist als Ausgangpunkt für die Strategie zunächst eine Analyse der Unternehmensumwelt in Bezug auf die Rohstoffri-siken erforderlich. Dabei werden benötigte Rohstoffarten und Mengen im betrachteten Planungszeitraum, Zeitpunkte des Rohstoffbedarfs und die Preisvolatilität der Rohstoffe anhand der historischen Preisentwicklung untersucht. Die Analyse sollte ebenfalls eine Konkurrenzanalyse beinhalten, inklusive der Prüfung, inwieweit Preisschwankungen an den Markt wei-tergegeben werden können. Die Identifikationsphase sollte zunächst ein breites Spektrum möglicher Rohstoffrisiken be-rücksichtigen. Das Ergebnis der Identifikation ist ein Risiko-katalog zur weiteren Bewertung.
Im zweiten Schritt der Analyse werden die identifizierten Ri-siken klassifiziert und priorisiert. Dabei wird untersucht, wie groß das Exposure in den einzelnen Rohstoffen ist und wel-chen Anteil die jeweiligen Rohstoffkosten an den gesamten Produktherstellungskosten haben. Im Ergebnis sollte der Ein-fluss von Preisschwankungen auf das Unternehmensergebnis bekannt sein. Dazu ist die quantitative oder qualitative Un-tersuchung des möglichen Schadensausmaßes erforderlich. Die Anwendung der Methoden ist stark unternehmensindivi-duell.
Im Anschluss an die Analyse erfolgt die Formulierung der Ri-sikostrategie. Die Strategie dient als Leitfaden für alle Unter-nehmensbereiche zur Ableitung konkreter Sicherungsmaß-nahmen und sollte daher schriftlich formuliert werden. Fol-gende Aspekte werden in der Strategie berücksichtigt:
� Welche Ziele werden mit der Sicherungsstrategie verfolgt? � Umgang mit Risiken - welche Risiken werden abgesichert, welche Risiken werden durch das Unternehmen getragen oder an den Kunden weitergegeben? � Festlegung der Basis für den Abschluss von Sicherungsge-schäften (situativ oder regelbasiert). � Definition eines Zeithorizonts für Absicherungsmaßnah-men. � Festlegung von Limits für Risiken und Absicherungsge-schäfte und Definition und Höhe des Absicherungsgrades. � Auswahl der einzusetzenden Sicherungsinstrumente.
Absicherung von Rohstoffrisiken
Seite 88 Commodity YearbookMai 2014
Sicherungsziele der StrategieDie Überwachung und Steuerung der Risiken ist Aufgabe des Risikomanagements. Ein Hauptziel ist dabei die Sicherung der Liquidität des Unternehmens. Sicherungsziele bezogen auf Rohstoffpreisrisiken sind daher die Reduzierung der Va-riabilität zukünftiger Cash Flows in der Beschaffung sowie die Begrenzung existenzbedrohender Liquiditätsrisiken durch kurzfristige Preisanstiege. Im Fokus steht dabei nicht die Er-gebnismaximierung, sondern die Dämpfung der Marktpreis-risiken auf das operative Ergebnis.
Umgang mit RisikenGrundsätzlich gibt es unterschiedliche Ansätze im Umgang mit Preisrisiken. Zu den passiven Maßnahmen gehören Ak-zeptanz des Risikos und die Abwälzung auf Kunden. Passive Sicherungsmaßnahmen sind in hart umkämpften Märkten oft nur bedingt einsetzbar. Aktive Maßnahmen umfassen entwe-der die Vermeidung der Risiken durch Adjustierung des Ge-schäftsmodells oder die Reduktion durch geeignete Siche-rungsmaßnahmen.
Basis, Zeithorizont und LimitsDie Sicherungsstrategie eines Unternehmens kann auf der jeweiligen eigenen Markteinschätzung beruhen oder auf ei-nem festen Regelwerk basieren. Situative Sicherungen setzen voraus, dass das Unternehmen in der Lage ist, sich eine fun-dierte Meinung zur Entwicklung der Märkte zu bilden und diese regelmäßig nachzuhalten. Dadurch lassen sich Markt-chancen nutzen. Fehleinschätzungen führen jedoch zur In-konsistenz von Sicherungszielen und Maßnahmen und ver-größern die Ergebnisvarianz. Regelbasierte Absicherungen erfolgen unabhängig von der subjektiven Markteinschätzung des Unternehmen und der aktuellen Marktsituation. Sie fol-gen einem festen Modell über einen festgelegten Zeitraum, der oft dem Planungszeitraum des Unternehmens entspricht.
Eine Ausprägung dieser Variante ist die Budgetsicherung, bei der bereits budgetierte Beschaffungskosten unter Berücksich-tigung einer individuellen Sicherungsquote jeweils vollständig an einem Termin gesichert werden. Dies suggeriert Planungs-sicherheit, Marktbewegungen werden durch diese Strategie jedoch nur zeitverzögert nachgebildet und erreichen das Un-ternehmen ungedämpft.
Sinnvoll ist oft eine Durchschnittspreissicherung, bei der re-gelmäßig Sicherungsabschlüsse zu festgelegten Quoten er-folgen, so dass es für die Sicherung der Grundgeschäfte zu einer Bildung von Durchschnittspreisen kommt. Darüber las-sen sich Markpreisbewegungen glätten und planbarer ma-chen.
Einsatz von SicherungsinstrumentenHedging ist definiert als die Verringerung von Risiken durch die Kombination negativ korrelierter Einzelpositionen. Eine wichtige Rolle beim Hedging finanzieller Rohstoffrisiken spie-len derivative Finanzinstrumente (siehe vorheriges Kapitel).
Der Einsatz der Instrumente ist abhängig von den Absiche-rungszielen, je nachdem ob die Planungssicherheit oder Fle-xibilität bzgl. eigener Markterwartungen vorrangig ist. Da nicht jeder Rohstoff an den internationalen Warenterminbör-sen gehandelt wird, ist in diesem Zusammenhang auch die Wahl geeigneter Underlyings für die Absicherung wichtig, um das Basisrisiko möglichst gering zu halten.
Validierung einer regelbasierten Strategie am Beispiel Ke-rosinDie Wirksamkeit einer regelbasierten Hedging Strategie für Kerosin wird im Folgenden am Beispiel einer fiktiven Flugge-sellschaft untersucht. Dazu wurde eine Sicherungsstrategie mit Durchschnittspreissicherung auf Basis finanzieller For-wardgeschäfte und einem Absicherungsgrad von 80 % erar-beitet. Die Musterairline hat einen Kerosinbedarf von 400.000 t pro Monat. Die Annahme ist ein monatlicher Kauf zu ARA-Spotpreisen. Den einzelnen Kerosin Grundgeschäften wurden dabei mehrere, zu regelmäßigen Zeitpunkten abge-schlossene Termingeschäfte gegenübergestellt. Die Hedges basieren auf jeweils drei Sicherungsgeschäften (immer 18, 12 und 6 Monate vor dem Grundgeschäft) auf Basis modellierter Kerosin-Forward-Preise. Die Strategie der Fluggesellschaft wurde in einem Backtesting Verfahren anhand des realen Preisszenarios der Jahre 2007 bis 2012 validiert.
In der Gegenüberstellung der Cash Flows der ungesicherten Grundgeschäfte und des Absicherungsszenarios zeigt sich die Zielerreichung und Effektivität der Durchschnittssiche-rung. In dem untersuchten Zeitraum über sechs Jahre wurde die Gesamtbelastung der Gesellschaft trotz Sicherungsmaß-nahmen leicht verringert. Wichtiger als die Kostenreduzierung war die deutliche Reduktion der Cash Flow Variabilität im Ein-kauf von 26,1 % auf 13,7 %. Durch die Reduzierung der Vari-anz verringert sich das Risiko von Liquiditätsproblemen für das Unternehmen deutlich.
Wie aus der Abbildung hervorgeht, sind die Maßnahmen der Sicherungsstrategie, abhängig vom Sicherungshorizont, zeit-lich eingeschränkt. Exogene Faktoren mit Auswirkung auf die Rohstoffpreise erreichen das Unternehmen dadurch zeitver-
Beispiel für eine mögliche Reduktion der Cash Flow-Variabilitätdurch regelbasierte Hedging-Geschäfte
Quellen: Thomson Reuters, LBBW Financial Markets – IT Services
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Cash Flows der Grundgeschäfte und Sicherungsgeschäfte in Mio. USD
CF Grundgeschäft CF Hedge CF Gesamtkosten
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Absicherung von Rohstoffrisiken
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zögert. Dabei wird das Unternehmen aber nicht mehr von der Entwicklung überrascht, sondern hat die Möglichkeit durch operative Maßnahmen frühzeitig auf Preisanstiege oder Re-duzierungen zu reagieren.
Durch die Durchschnittspreissicherung erreichten starke Preis-anstiege die Fluggesellschaft stark abgemildert. Der Maxi-malpreis für Kerosin konnte im Szenario von 1.360 USD/t auf 1.064 USD/t reduziert werden.
Das Ergebnis zeigte eine vollständige Erfüllung der gesetzten Sicherungsziele durch die Strategie bei gleichzeitiger Kosten-neutralität über den Gesamtzeitraum. Diese hängt allerdings auch vom Beobachtungszeitpunkt ab. Bei längerfristigen Ab-sicherungen in Contango Situationen oder starken Preisein-brüchen liegen die abgesicherten Preise zeitweise über den Spot Markt Preisen. Bei überwiegend in Backwardation be-findlichen Terminkurven oder bei steilen Preisanstiegen lie-gen die abgesicherten Preise dagegen systematisch darunter.
Kerosinpreis (in USD/t) und Terminkurven
Quellen: Thomson Reuters, LBBW Financial Markets – IT Services
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Moritz Bosold (LBBW Financial Markets – IT Services)
»Mit einer regelbasierten Hedging-Strategie kann�die�Cash�Flow�Variabilität�signifikant�reduziert werden. Im Fokus steht dabei nicht die Ergebnismaximierung, sondern die Dämpfung der Marktpreisrisiken auf das operative Ergebnis.« Moritz Bosold (LBBW Financial Markets – IT Services)
Absicherung von Rohstoffrisiken
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Eckdaten Sicherungsinstr. Währung Fixing SettlementA
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EdelmetalleGold XAU - 100 oz 2 Jahre 2 Jahre · · · · · · · - · - -
Palladium XPD - 100 oz 2 Jahre 2 Jahre · · · ·3 · - · - · - -
Platin XPT - 100 oz 2 Jahre 2 Jahre · · · ·3 · - · - · - -
Silber XAG - 5.000 oz 2 Jahre 2 Jahre · · · · · · · - · - -
Basismetalle
Aluminium XAL LME 25 t 4 Jahre 3 Jahre · · · · · - · · · Cash LME-OPR
Aluminium Alloy XAA LME 20 t 2 Jahre - · · - · · - · - · Cash LME-OPR
Blei XPB LME 25 t 2 Jahre 2 Jahre · · · · · - · · · Cash LME-OPR
Kupfer XCU LME 25 t 4 Jahre 3 Jahre · · · · · - · · · Cash LME-OPR
Nickel XNI LME 6 t 4 Jahre 3 Jahre · · · · · - · · · Cash LME-OPR
Zink XZN LME 25 t 3 Jahre 2 Jahre · · · · · - · · · Cash LME-OPR
Zinn XSN LME 5 t 15 Monate 15 Monate · · · · · - · · · Cash LME-OPR
Stahl
LME Steel Billets XFM LME 65 t 15 Monate - · · - · · - · - · Cash SETTFMD01
Energie
Rohöl Brent XCO ICE 1.000 bbl 6 Jahre 27 Monate · · · · · - · - · FMF LCOc1
GasOil Low Sulphur 2 XGL ICE 100 t 2 Jahre 24 Monate · · · · · - · - · FMF ULSc1
Rohöl WTI XCL NYMEX 1.000 bbl 4 Jahre - · · - · · - · - · FMF CLc1
US Gasoline XRB NYMEX 42.000 gal 3 Jahre - · · - · · - · - · FMF RBc1
US Heating Oil XHO NYMEX 42.000 gal 3 Jahre - · · - · · - · - · FMF HOc1
US Natural Gas XNG NYMEX 10.000 MMBtu 6 Jahre - · · - · · - · - · FMF NGc1
Agrarrohstoffe
Baumwolle YCT ICE 50.000 lbs 23 Monate - · · - · · - · - · FMF CTc1
Kakao YCC ICE 10 t 22 Monate - · · - · · - · - · FMF CCc1
Kaffee YKC ICE 37.500 lbs 34 Monate - · · - · · - · - · FMF KCc1
Lebendrind YLC CME 40.000 lbs 13 Monate - · · - · · - · - · FMF LCc1
Mais YCO CBOT 5.000 bsh 40 Monate - · · - · · - · - · FMF Cc1
YEM MATIF 50 t 16 Monate - · · - · - - · - · FMF EMAc1
Mager Schwein YLH CME 40.000 lbs 14 Monate - · · - · · - · - · FMF LHc1
Mastrind YFC CME 50.000 lbs 10 Monate - · · - · · - · - · FMF FCc1
Sojabohnen YSO CBOT 5.000 bsh 39 Monate - · · - · · - · - · FMF Sc1
Sojaöl YBO CBOT 60.000 lbs 28 Monate - · · - · · - · - · FMF BOc1
Weizen YWH CBOT 5.000 bsh 29 Monate - · · - · · - · - · FMF Wc1
YBL MATIF 50 t 17 Monate - · · - · - - · - · FMF BL2c1Zucker YSB ICE 112.000 lbs 32 Monate - · · - · · - · - · FMF SBc1
1 Zur Berechnung des Monatsdurchschnittspreises werden die täglichen LME-Fixings (2nd Ring) arithmetisch gemittelt.2 GasOil/Diesel: Dieselpreise werden aufgrund der hohen historischen Korrelation häufig näherungsweise über GasOil-Geschäfte abgesichert.3 gegen EUR auf Nachfrage
Abkürzungen: CBOT = Chicago Board of Trade
CME = Chicago Mercantile Exchange
ICE = Intercontinental Exchange
LME = London Metal Exchange
MATIF = Marché à Terme des Instruments Financiers de Paris
NYMEX = New York Mercantile Exchange
FMF = Front-Month-Future
bbl = Barrel (159 Liter)
bsh = bushel bzw. Scheffel (1 t = 36,7437 bsh Soja und Weizen bzw. 1 t = 39,3670 bsh Mais)
gal = Gallonen (1gal = 3,785 Liter)
lbs = Libra/Pfund (1.000 lbs = 453,59237 kg)
MMBtu = million British thermal units
oz = Feinunze (1 oz = 31,1034768 gr.)
t = Tonnen (bei GasOil 1 t = 1.183 Liter)
Übersicht der handelbaren Rohstoffe der LBBW
Absicherung von Rohstoffrisiken
Commodity Yearbook Mai 2014
Seite 91
Rohstoffe als Assetklasse
Rohstoffperformance 2013 92
Rohstoffindizes�im�Überblick� 95
LBBW Rohstoff-Indizes 98
Seite 92 Commodity YearbookMai 2014Rohstoffe als Assetklasse
Rohstoffperformance 2013
Aus Investorensicht fällt die Bilanz für das Rohstoffjahr 2013 ernüchternd aus. Nach einem volatilen Jahr beendeten die Benchmarkindizes nach Rollkosten (Excess-Return-Indizes) das Jahr durchweg in der Verlustzone. Der energielastige S&P GSCI hielt sich mit einem Minus von 1,2 % noch am besten, während die Gesamtmarktindizes von DJ UBS bzw. TR/Jefferies CRB um -9,5 % bzw. -5,0 % nachgaben.
Schwaches Rohstoffjahr 2013Auch die LBBW-Indexfamilie hat ein schwieriges Jahr abge-schlossen. Positiv anzumerken bleibt, dass der marktbreite DJUBS zum sechsten Mal in Folge durch den LBBW Top Ten Index geschlagen werden konnte. Für die marktneutrale Va-riante LBBW Long Short steht ein Minus von 0,2 % zu Buche.
Diese negative Tendenz steht im Kontrast zum insgesamt freundlichen Umfeld an den Märkten. Im Fokus standen ins-besondere die Notenbanken in Europa und den USA. Die ex-pansive Geldpolitik verhalf vor allem den Aktienmärkten zu kräftigen Kursgewinnen. An den Rohstoffmärkten brachten die Aussagen von Bernanke und Draghi bestenfalls kurzfris-tige Preisavancen, wie beispielsweise zu Beginn des zweiten Halbjahres, als sowohl die Fed als auch die EZB ihren expan-siven Kurs noch einmal rhetorisch bestätigte. Dies brachte Vertrauen zurück, die Risikoaversion der Marktteilnehmer wich einem risikofreudigeren Investitionsverhalten, das auch an den Rohstoffmärkten spürbar sein sollte. An den Rohstoff-märkten dominierten Rohstoff spezifische Themen, und fun-damentale Faktoren an den physischen Märkten spielten eine größere Rolle als vor allem liquiditätsgetriebene Zuflüsse in Finanzmarkt-Assets. Das Thema „Fund-Flows“ stand mit an-deren Vorzeichen im Vordergrund: Der Goldpreis musste vor allem kräftige ETC-Rückgaben verkraften und zählt mit dem Schwester-Edelmetall Silber zu den schwächsten Rohstoffen im Jahr 2013.
Rohstoffsektoren: Energiesektor mit Top-PerformanceDas 2013er Ranking der verschiedenen Rohstoffsektoren an-hand der DJUBS Subindizes wird klar vom Energiesektor an-geführt, mit einer Performance von 5,2 % auf Total-Return-Basis der einzige Sektor mit positiver Entwicklung aus Sicht der Investoren. Auf Spotbasis stehen 5%-Punkte mehr zu Bu-che. Diese Rollverluste erscheinen zunächst überraschend – schließlich ist das besonders im Fokus stehende Brentöl chro-nisch in „Backwardation“, verheißt also Rollgewinne wegen Spotpreisen, die über Terminpreisen notieren. Allerdings war Brent im DJ UBS Energy Subindex lediglich mit rund 17 % ge-wichtet – knapp die Hälfte von Natural Gas Henry Hub. Natu-ral Gas weist ebenso chronisch (Ausnahme: der jüngste Jahr-hundertwinter in den USA) „Contango“ auf, was Rollverluste zur Folge hat. Diese führten dazu, dass die auf Spotbasis ein-drucksvolle Jahresperformance 2013 von 27,5 % aus Investo-rensicht (Annahme: Investment in nächstfälligen Future, Roll bei Verfall, Quelle Bloomberg) völlig verpuffte und eine nega-tive Performance von 0,69 % erzielt wurde. Diese Konstellati-on – hohes Gewicht von Natural Gas mit gleichzeitig ausge-prägten Rollverlusten – erklärt die Rollverluste auf Sektorebe-ne von 5 %. Diese Rollthemen spielen wegen den geringen Lagerkosten und der hohen Verfügbarkeit physischer Ware im Edelmetallhandel kaum eine Rolle. Der Topperformer des Jah-res 2012 „Edelmetalle“ fiel unabhängig von diesen Betrach-tungen auf den letzten Platz zurück, Verluste von über 30 % waren zu beklagen. Da die 2013 vergleichsweise stabilen wei-ßen Edelmetalle Platin (-11 %) und Palladium (+1,7 %) im Sek-
Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research
Rohstoffindex-Performance 2013(Benchmarkindizes, Basis: Excess Return)
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DJUBS S&P GSCI TR/JefferiesCRB
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Quelle: Thomson Reuters
Entwicklung der Indexperformance im Jahresverlauf 2013(Basis: Excess Return Indizes, indexiert auf 31.12.2012)
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LBBW Top Ten Index (ER, USD)DJ UBS (ER, USD)Rogers Commodities Index (RICI,ER, USD)
GSCI Index (ER, USD)TR/Jefferies CRB (ER, USD)
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Commodity Yearbook Mai 2014
Seite 93Rohstoffe als Assetklasse
torindex DJUBS Precious Metals nicht enthalten sind, konnte das Horrorjahr für Gold (-27,3 %) und Silber (-36 %) auf Sek-torebene nicht abgemildert werden. Mit einem Minus von 13,6 % verlief das Jahr 2013 auch für Investoren in Basisme-tallen wenig erfreulich. Zur ohnehin bereits schwachen Spot-Performance von 9,6 % kamen Rollverluste von 4 % hinzu. Eine besonders breite Streuung der Preisentwicklung war in den von uns nicht gecoverten Sektoren Agrar, Soft Commo-dities und Livestock zu beobachten. Kakao, Mais, Mager-schweine und Sojabohnen erzielten deutlich zweistellige Ren-diten, während Zucker, Kaffee und Weizen im Jahresverlauf deutlich günstiger wurden. Per saldo bleibt z.B. für den brei-ten Sektor Agriculture (inklusive Grains und Soft, exklusive Livestock) 2013 eine negative Gesamtrendite von 14,3 %.
Volatilität der Rohstoffindizes weiter rückläufigNach 2011 und 2012 wies auch 2013 den führenden Bench-markindizes zufolge aus Investorensicht eine negative Per-formance aus. Dennoch gibt es auch positive Aspekte zu er-wähnen: Zum Einen waren die Rollverluste auf Basis des DJ UBS Commodities Index mit -0,9 % so niedrig wie seit 2003 nicht mehr; damals fielen knapp 3 % Rollgewinne an. Zum anderen ging auch die Schwankungsbreite der Rohstoffren-diten weiter zurück. Per Jahresende belief sich die 250-Tage-Volatilität z.B. des DJ UBS Total Return Index unter 10 %. Der LBBW Top Ten Index – erstmals ein vollständiges Jahr als „ex Agrar“ Variante – lag mit 13 % aufgrund der fehlenden Diver-sifikationseffekte über dem DJUBS, aber dennoch unter dem Vorjahreswert von 13,7 %, der zum überwiegenden Teil (bis Oktober 2012) noch inklusive Agrarrohstoffe erzielt wurde. Damit lag die Schwankungsintensität von Rohstoffinvestments etwa im Bereich derjenigen von Aktienanlagen. Die vergleich-bare Kennziffer für den S&P 500 bzw. MSCI World Total Re-turn Indizes in USD lag bei 10,7 % bzw. 9,7 % per annum.
Frank Klumpp, CFA
Performance der einzelnen Rohstoffsektoren 2013(Basis: DJ UBS Subindizes Total Return und Spot Return)
Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research
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Energie Basismetalle Edelmetalle Agrar Vieh Softs
Gesamtrendite
Spotrendite
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Quelle: Bloomberg, LBBW Research
-50 -40 -30 -20 -10 0 10 20 30 40 50 60 70
Silber (Comex)
Weizen (CBOT)
Weizen (KBOT)
Kaffee (ICE)
Gold (Comex)
Zucker (ICE)
Nickel (LME)
Aluminium (LME)
Platin (NYMEX)
Baumwolle (ICE)
Kupfer (LME)
Blei (LME)
Zinn (LME)
Zink (LME)
Lebendrind (CME)
Erdgas (NYMEX)
Rohöl WTI (NYMEX)
Gas Oil (ICE)
Heizöl (NYMEX)
Palladium (NYMEX)
Benzin (NYMEX)
Rohöl Brent (ICE)
Kakao (ICE)
Mais (CBOT)
Magerschwein (CME)
Sojabohnen (CBOT)
Ranking: Total Return der Einzelrohstoffe 2013 (in %)
Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research
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DJ UBS ER LBBW Top 10S&P GSCI LBBW LS
Annualisierte Einjahresvolatilität der Rohstoffrenditen (in %)
2012 2013 2014
Seite 94 Commodity YearbookMai 2014
Index Basis Stand Jahres-
ende 2012
Stand Jahres-
ende 2013
Veränderung Jahreshoch Jahrestief Jahres-
durchschnitt
Volatilität
annualisiert
TOTAL RETURN INDIZES
DJUBS USD 279,84 253,19 -9,5% 287,69 245,62 263,93 9,88%
S&P GSCI USD 4.889,01 4.829,47 -1,2% 5.129,90 4.507,26 4.838,59 11,63%
TR/Jefferies CRB USD 295,46 280,77 -5,0% 305,56 273,03 288,14 9,21%
RICI USD 3.700,11 3.534,02 -4,5% 3.865,69 3.433,83 3.607,40 9,68%
EXCESS RETURN INDIZES
DJUBS USD 139,07 125,75 -9,6% 142,96 122,00 131,12 9,88%
S&P GSCI USD 474,10 468,05 -1,3% 497,43 436,98 469,06 11,63%
TR/Jefferies CRB USD 295,01 280,17 -5,0% 305,07 272,47 287,60 9,18%
RICI USD 2.768,15 2.642,48 -4,5% 2.891,86 2.568,15 2.698,05 9,67%
LBBW Top Ten USD 122,26 113,80 -6,9% 130,30 106,16 116,91 13,08%
LBBW Long Short USD 131,33 131,05 -0,2% 137,57 129,57 133,95 5,40%
Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research
Rohstoffe als Assetklasse
Commodity Yearbook Mai 2014
Seite 95Rohstoffe als Assetklasse
Rohstoffindizes�im�Überblick
Während sich an den Aktien- und Rentenmärkten Referenzindizes wie der Dow Jones Index, Der Nikkei-Index, der DAX und der REX als Benchmarks durchgesetzt haben, konkurrieren im Rohstoffbereich gleich mehrere Indexkonzepte. Für den Anleger, dem ein Investment in Einzelrohstoffe mit einem zu hohen Risiko verbunden ist, bringt eine Anlage,�die�sich�auf�einen�der�großen�Rohstoffindizes�bezieht,�den�großen�Vorteil,�dass�die�Volatilität�bei�den�breit�diversifizierten�Rohstoffindizes�deutlich�niedriger�ist�als�bei�Einzelrohstoffen.
Eine in diesem Zusammenhang wichtige Frage für den passi-ven Langfrist-Investor ist jedoch die Auswahl des passenden Rohstoff-Index. Die vier bekanntesten Rohstoff-Indizes sind:
� Thomson Reuters/Jefferies CRB (TR/JCRB) � S&P Goldman Sachs Commodities Index (GSCI) � Dow Jones/UBS (DJ/UBS) � Rogers International Commodities Index (RICI)
Auch im vergangenen Jahr entwickelten sich die vier Bench-marks recht unterschiedlich. Der DJ/UBS Index gab mit einem Minus von 9,6 % am stärksten nach – RICI und TR/JCRB ver-buchten Abschläge von 4,5 bzw. 5 % – während der GSCI mit einem leichten Minus von 1,3 % sich noch am besten halten konnte (siehe auch vorheriges Kapitel).
CRB-Index mit langer HistorieDer Thomson Reuters/Jefferies CRB-Index (CRB = Commodity Research Bureau) ist der älteste der vier Indizes. Die als CRB-Index bekannt gewordene Benchmark wurde 1940 eingeführt und beinhaltete ursprünglich 28 Rohstoffe. In den letzten 70 Jahren wurde die Indexzusammensetzung regelmäßig den Gegebenheiten der Märkte angepasst. Die letzte Änderung fand im Jahr 2005 in Zusammenarbeit mit der US-Investment-bank Jefferies statt. Seitdem besteht der Index aus 19 Roh-stoffen, die alle an US-Börsen gehandelt werden. Zudem wur-de der Name der Investmentbank mit in die Indexbezeichnung aufgenommen. Seit 1986 werden Futures auf den Index an der New York Futures Exchange (heute: ICE) gehandelt. Der TR/JCRB wird monatlich einem so genannten „Rebalancing“ unterworfen, wodurch die Indexgewichte regelmäßig auf ih-ren Ausgangswert zurückgeführt werden. Dadurch erhält der Index eine antizyklische Komponente, da Ausweitungen des Indexgewichts bei den Rohstoffen, die im Preis gestiegen sind, regelmäßig gekappt werden; Rohstoffe, deren Gewicht sich aufgrund von Preisrückgängen ermäßigt hat, werden da-gegen durch das „Rebalancing“ wieder aufgewertet.
Energie dominiert GSCI-IndexDer GSCI-Index (Goldman Sachs Commodities Index) wurde 1991 entwickelt. Der Index bildet aktuell 24 Rohstoffe ent-sprechend ihrem Weltproduktionsgewicht der letzten fünf Jahre ab. Er ist daher der Index mit dem deutlich höchsten Energieanteil unter den vier betrachteten Benchmarks. Auf-grund der relativ einseitigen Diversifikation ist er deswegen auch meistens der Index mit der höchsten Volatilität. Beim GSCI werden die Gewichte einmal im Jahr neu bestimmt; da-zwischen finden keine Anpassungen statt.
Quelle: Thomson Reuters
Zusammensetzung des Thomson Reuters/Jefferies CRB-Index
39,0%
13,0%7,0%
34,0%
7,0%
Energie
Industriemetalle
Edelmetalle
Landwirtschaft
Viehwirtschaft
Zusammensetzung S&P GSCI(Stand März 2014)
Quelle: Goldman Sachs
71,1%
6,1%
2,7%
14,0%
6,1%
Energie
Industriemetalle
Edelmetalle
Landwirtschaft
Viehwirtschaft
Seite 96 Commodity YearbookMai 2014Rohstoffe als Assetklasse
Der sehr hohe Energieanteil im GSCI-Index bringt in Zeiten rückläufiger Energiepreise oder auch hoher Rollverluste in diesem Segment für den Anleger ein erhöhtes Risiko mit sich. Daher wurde die GSCI-Indexfamilie um einige Subindizes er-gänzt, bei denen der Energieanteil schrittweise reduziert wur-de. Insbesondere der GSCI Light Energy-Index (GSCI/LE) ist dabei so ausgewogen, dass er aus Anlegersicht eine interes-sante Benchmark darstellt.
Rogers-Index mit breiter BasisDer Rogers International Commodities Index wurde als „Ro-gers Raw Materials Index“ vom ehemaligen US-Hedgefonds-manager Jim Rogers im Jahr 1998 ins Leben gerufen. Zur Zeit enthält er 37 Rohstoffe, deren Gewichte nach ihrer „Bedeu-tung im Welthandel“ von einem Komitee unter Vorsitz von Jim Rogers bestimmt werden. Die Anpassung der Indexgewichte erfolgt einmal pro Jahr nach einem nicht transparenten Pro-zess. Zuletzt wurden im Januar 2014 die Indexgewichte bei einigen Energierohstoffen (Gewichtung des Energiesektors wurde um vier Prozentpunkte reduziert) sowie bei Gold und Silber (Gewichtung der Edelmetalle wurde um vier Prozent-punkte erhöht) geändert. Der Index umfasst die größte An-zahl von Einzelrohstoffen unter den vier wichtigsten Rohstoff-Benchmarks. Trotz der vermeintlich breiten Diversifikation ist die Volatilität im RICI oftmals relativ hoch. Dies dürfte darauf zurückzuführen sein, dass einzelne Indexbestandteile ver-nachlässigbare Indexgewichte haben (wie z.B. Milch mit 0,1 % oder Palladium mit 0,3 %). Zum anderen leiden viele Rohstof-fe unter zu geringer Liquidität, so dass selbst geringe Aus-schläge auf der Angebots- oder Nachfrageseite für relativ starke Preisbewegungen sorgen können. Beispielhaft seien hier Indexbestandteile wie Reis (Chicago Board of Trade = CBOT), Hafer (CBOT), Gummi (Tokyo Commodity Exchange), Weißer Zucker (NYSE Liffe) und Milch (Chicago Mercantile Ex-change) genannt. Tatsächlich werden die Indexbestandteile für den RICI an zehn verschiedenen Börsen in fünf Währun-gen auf drei Kontinenten gehandelt. Der intransparente Ge-wichtungsprozess, die geringe Liquidität einzelner Indexkom-ponenten und die vergleichsweise hohe Volatilität machen den RICI nur sehr bedingt zu einer allgemeingültigen Bench-mark für den Rohstoffmarkt.
DJ/UBS-Index als jüngster Spross der Benchmark-FamilieDer DJ/UBS-Index (Dow Jones-UBS Commodity Index) ist der jüngste der vier Gesamtmarkt-Barometer. Die Gewichtung der einzelnen Rohstoffe erfolgt nach der wirtschaftlichen Bedeu-tung des jeweiligen Rohstoffes innerhalb der Weltwirtschaft und deren Liquidität. Die Bedeutung wird aus aktuellen Pro-duktionswerten sowie aus Handelsaktivitäten ermittelt. Eine Überprüfung erfolgt am Anfang jeden Jahres. Zuletzt wurden Anfang 2013 Sojamehl und Kansas-City-Weizen neu in den Index aufgenommen, so dass aktuell 22 Rohstoffe enthalten sind. Dabei gelten folgende Regeln: Das Gewicht eines Roh-stoff-Sektors darf 33 % nicht überschreiten. Zudem sollte je-der Einzelrohstoff zu Jahresanfang mit mindestens 2 % ge-wichtet sein. Letztere Regel wurde aber im Zuge der jüngsten Indexerweiterungen aufgeweicht. So haben Kansas-City-Wei-zen (1,2 %), Baumwolle (1,6 %) und Magerschweine (1,9 %) momentan allesamt Indexgewichte unterhalb der Marke von 2 %. Schwergewichte im DJ/UBS-Index sind Gold (11,5 %), Erd-gas (9,4 %) und WTI (8,5 %), gefolgt von Kupfer (7,5 %) und Mais (7,2 %).
Zusammensetzung der GSCI-Subindizes(Stand März 2014)
Subindex Energie Industriemetalle Edelmetalle Landwirtschaft Viehwirtschaft
GSCI Reduced Energy 55,3% 9,5% 4,1% 21,7% 9,5%
GSCI Light Energy 38,1% 13,1% 5,7% 30,0% 13,1%
GSCI Ultra-Light Energy 23,6% 16,2% 7,0% 37,3% 16,1%
GSCI Non-Energy 0,0% 21,1% 9,2% 48,7% 21,0%
Quelle: Goldman Sachs
Rogers International Commodities Index(Stand Januar 2014)
Quelle: Beeland Interests Inc.
40,0%
14,0%
11,1%
31,9%
3,0%
Energie
Industriemetalle
Edelmetalle
Landwirtschaft
Viehwirtschaft
Commodity Yearbook Mai 2014
Seite 97Rohstoffe als Assetklasse
DJ/UBS und GSCI/LE am ausgewogenstenAls Fazit lässt sich festhalten, dass der GSCI-Index mit seinem überdimensionierten Energie-Anteil von aktuell über 70 % si-cher keine repräsentative Benchmark für den gesamten Roh-
stoffsektor darstellt. Der Index wird zu stark von der Ölpreis-entwicklung dominiert. Gegen den Rogers International Com-modities Index sprechen die intransparente Gewichtungs- findung, die relativ hohe Volatilität und die mangelnde Liqui-dität einzelner Indexkomponenten. Die Hauptkritik am TR/JCRB-Index besteht darin, dass den beiden Sektoren Energie und Landwirtschaft zusammen ein Indexgewicht von 73 % zukommt. Damit bestimmt die Entwicklung dieser beiden Be-reiche zu einem sehr großen Teil die Indexentwicklung. Die Ausgewogenheit des DJ/UBS-Index und des GSCI Light Ener-gy-Index machen die beiden Konzepte zu Benchmarks, die aus Investorensicht für die Abbildung der Preisentwicklung an den Rohstoffmärkten unter den etablierten Indizes am besten geeignet sind.
Dr. Frank Schallenberger
Dow Jones UBS Commodities Index(Stand Januar 2014)
Quelle: Dow Jones
31,7%
16,6%15,6%
30,8%
5,2%
Energie
Industriemetalle
Edelmetalle
Landwirtschaft
Viehwirtschaft
»Das Konzept eines ausgewogenen Rohstoff-Portfo-lios, das extreme Contango-Situationen vermeidet und auf der anderen Seite von Backwardation-Situationen profitiert, dürfte auch in Zukunft den LBBW Top Ten Index aus Anlegersicht im Vergleich zu den herkömmlichen Benchmarks zu einem interessanten Investmentvehikel machen.« Dr. Frank Schallenberger
Seite 98 Commodity YearbookMai 2014Rohstoffe als Assetklasse
LBBW Rohstoff-Indizes
Bei einem Investment in Rohstoffe stellt sich die Frage nach der passenden Benchmark. Im�vorherigen�Kapitel�wurde�bereits�dargelegt,�dass�die�bekanntesten�Rohstoffindizes�wie�der Thomson Reuters/Jefferies CRB Index (TR/JCRB), der S&P Goldman Sachs Commodities Index (GSCI), der Dow Jones/UBS Index (DJ/UBS) oder der Rogers International Commodities Index (RICI) deutliche Unterschiede in der Gewichtung der Rohstoffe und damit auch deutliche Abweichungen bei der Performance aufweisen.
LBBW Top Ten Index
DJ/UBS als AusgangsbasisBei der Wahl einer repräsentativen Benchmark sprechen ge-gen den GSCI, den TR/JCRB und den RICI Argumente wie schlechte Diversifikation, intransparente Gewichtungsfindung und mangelnde Liquidität. Insbesondere die Ausgewogenheit des DJ/UBS macht dieses Indexkonzept zu einer Benchmark, die aus Anlegersicht die Abbildung eines gut diversifizierten Rohstoffportfolios bietet.
Ertragskomponenten bei RohstoffinvestmentsDie Rendite eines Commodity-Investments wird je nach Be-rechnung entweder als Total Return (Gesamtrendite) oder als Excess Return (Überschussrendite) ausgewiesen. Die erste Zählart umfasst alle Ertragskomponenten. Diese werden ih-rem Ursprung nach als Spot Yield, Roll Yield und Collateral Yield bezeichnet. Als wesentlich enger gefasstes Messkonzept berücksichtigt der Excess Return nur die beiden ersten Ren-ditekomponenten. Der Spot Yield stellt die nahe liegendste Begründung für den Ertrag eines Commodity-Investments dar. Damit ist nichts anderes gemeint als die Preisbewegung an den Kassamärkten, die sich entsprechend auf die nächst ge-legenen Futures auswirkt. Einen wesentlichen Anteil an der Gesamtrendite von futures-basierten Rohstoffinvestments macht der Roll Yield aus. Vorausgesetzt der Markt befindet sich in Backwardation, entsteht durch das wiederholte Rollen eines auslaufenden Futures in den nächsten, günstigeren Kontrakt ein dauerhaft positiver Roll-Ertrag. Sind länger lau-fende Futures stattdessen teurer als die kurz laufenden (Con-tango-Situation), ist der Roll Yield negativ. Dementsprechend kann der Roll Return je nach Rohstoff völlig unterschiedlich ausfallen.
Abgesehen von den geringen Sicherheitsleistungen (Margin), die der Investor an der Börse hinterlegen muss, ist beim Kauf eines Terminkontrakts zunächst kein Kapitaleinsatz erforder-lich. Zum Austausch von Zahlungen kommt es erst bei Fällig-keit des Futuresgeschäfts. Im Allgemeinen liegt den Index- und Performanceberechnungen daher die Annahme zugrun-de, dass die bei Endfälligkeit erforderlichen Geldmittel vollständig und über die gesamte Laufzeit des Kontraktes risikolos angelegt werden (fully collateralized). Damit ist der risikofreie Geldmarktzins (i.d.R. US T-Bill-Rate) als Collateral Yield ebenfalls eine Ertragskomponente eines Rohstoff-Invest-ments.
Contango kostet PerformanceSofern nun ein Anleger an einem Investment in einen Roh-stoffindex interessiert ist, sollten zunächst die Auswirkungen der verschiedenen Ertragskomponenten - im Folgenden am Beispiel des DJ/UBS - betrachtet werden.
Quelle: Bloomberg, LBBW Research
Terminkurven von Natural Gas (Contango) und RBOB-Benzin(Backwardation) im März 2013
3,5
3,6
3,7
3,8
3,9
4,0
4,1
4,2
4,3
4,4
4,5
Apr13
Mai13
Jun13
Jul13
Aug13
Sep13
Okt13
Nov13
Dez13
Jan14
250
260
270
280
290
300
310
Natgas (USD/MMBtu)RBOB (USc/gal.) - rechte Skala
Commodity Yearbook Mai 2014
Seite 99Rohstoffe als Assetklasse
Hätte ein Anleger Anfang des Jahres 2006 auf steigende Roh-stoffpreise gesetzt, wäre die Erwartung - trotz eines heftigen Rückschlags im Jahr 2008 – bis heute aufgegangen. Von An-fang 2006 bis Ende 2013 haben die Rohstoffpreise im Durch-schnitt deutlich zugelegt, entsprechend ist der DJ/UBS Spot Return-Index um etwa 60 % nach oben geklettert. Ein Invest-ment in den DJ/UBS-Index hätte allerdings in den letzten Jah-ren unter der bei vielen Rohstoffen zu beobachteten Contan-go-Situation gelitten. Die Rollverluste lassen sich an der Dif-ferenz des Spot Return-Index im Vergleich zum Excess Return-Index messen. Der DJ/UBS Excess Return-Index hat seit Anfang 2006 um mehr als 25 % nachgegeben. Die Roll-verluste haben demnach in diesem Zeitraum rund 85 Prozent-punkte an Performance gekostet. Als Trostpflaster konnte der Anleger noch Zinseinnahmen vereinnahmen, die sich im Total Return-Index niederschlagen. Als Gesamtperformance bleibt unter dem Strich – trotz tendenziell deutlich steigender Roh-stoffpreise in den letzten acht Jahren und zusätzlicher Zins-einnahmen – gemessen am DJ/UBS Total Return-Index den-noch ein Minus von etwa 17 %. LBBW Top Ten Index vermeidet Contango-FalleDer Einfluss der verschiedenen Ertragskomponenten zeigt, dass ein wesentlicher Performancefaktor bei der Anlage in Rohstoffen die Vermeidung größerer Verluste ist, die auf aus-geprägte Contango-Situationen zurückzuführen sind. Diesem Faktor wurde bei der Konzeption des LBBW Top Ten ER Index, der durch das LBBW Commodity Research entwickelt wurde, daher besondere Bedeutung beigemessen. Das Rohstoffuni-versum des LBBW Top Ten bestand ursprünglich aus densel-ben Rohstoffen, die auch im DJ/UBS-Index enthalten sind. Im Oktober 2012 wurden alle Rohstoffe aus den Sektoren Agrar und Vieh aus dem Universum gestrichen – dafür wurden die Rohstoffe Gas Oil, Blei, Zinn und Platin neu in die Auswahl-
liste aufgenommen. Um Transaktionskosten zu minimieren, werden im LBBW Index jedoch nicht die jeweils nächst fälligen Futures abgebildet, sondern - je nach Liquidität - Futures mit einer Laufzeit von 6 bis 12 Monaten. Die Futures werden 3 Monate gehalten. Nach 3 Monaten werden alle Futures im Be-stand glattgestellt und neue Futures (Laufzeit erneut je nach Liquidität 6 bis 12 Monate) gekauft. Der LBBW Top Ten bein-haltet lediglich 10 Rohstoffe, während beispielsweise im DJ/UBS-Index 22 Titel enthalten sind. Die Selektion der Index-komponenten erfolgt nach zwei Kriterien. Zum einen werden nur Rohstoffe in den Index aufgenommen, die in Backwarda-tion notieren. Sofern keine oder weniger als 10 Rohstoffe in Backwardation notieren, werden zusätzlich solche Rohstoffe aufgenommen, die das schwächste Contango aufweisen. Das bedeutet, dass Rohstoffe in extremen Contango-Situationen nicht im Index berücksichtigt werden. Eine Situation wie am Ölmarkt zum Jahreswechsel 2008/09, als die 12-Monats-kontrakte für Rohöl um 40 % über den 1-Monatskontrakten lagen und die Anleger entsprechend starken Rollverlusten ausgesetzt waren, wird damit vermieden. Auch US-Erdgas brachte den Anlegern in den letzten Jahren starke Rollverlus-te. So lagen beispielsweise die Rollverluste Anfang September 2009 vom damaligen nächst fälligen Future (Oktober 2009) auf den übernächsten (November 2009) bei rund 45 %. Auf Sicht von zwei Monaten (bis Dezember 2009) drohten sogar Rollverluste von fast 80 %.
Zum anderen werden die einzelnen Rohstoffe zusätzlich so selektiert, dass der LBBW Top Ten ER Index möglichst diver-sifiziert ist. Die Gewichte der einzelnen Rohstoffsektoren be-tragen je nach Ausprägung von Backwardation und Contango bei Energierohstoffen minimal 30 % bis maximal 50 %, bei Basismetallen 20-40 % und bei Edelmetallen 10-30 %. Alle se-lektionierten Rohstoffe werden im LBBW Top Ten Index mit 10 % gleich gewichtet.
DJ/UBS-Index nach Ertragskomponenten(indexiert; 1.1.2006 = 100)
Quelle: Thomson Reuters
2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 201340
60
80
100
120
140
160
180
200
220
DJ/UBS Spot Return Index (in USD)DJ/UBS Total Return Index (in USD)DJ/UBS Excess Return Index (in USD)
40
60
80
100
120
140
160
180
200
220
Quelle: Bloomberg
Terminkurve für Natural Gas im September 2009 (USD/MMBtu)
0,0
1,0
2,0
3,0
4,0
5,0
6,0
7,0
Okt09
Dez09
Feb10
Apr10
Jun10
Aug10
Okt10
Dez10
Feb11
0,0
1,0
2,0
3,0
4,0
5,0
6,0
7,0
Seite 100 Commodity YearbookMai 2014Rohstoffe als Assetklasse
Rohstoffportfolio mit OutperformanceDie Performance des Index kann sich durchaus sehen lassen. Seit Anfang April 2008 wird der LBBW Top Ten ER Index ver-öffentlicht (Reuters-Kürzel „.LBBWTT“, Bloomberg „LBBW-CITT“). Gegenüber den anderen etablierten Rohstoffindizes hat sich der LBBW Index dabei kontinuierlich abgesetzt.
Von Anfang April 2008 bis Ende des Jahres 2013 brach der GSCI-Index mit rund 43 % am stärksten ein. Der DJ/UBS-Index gab um ca. 39 % nach. Und die Performance des RICI und des TR/JCRB-Index lag jeweils bei einem Minus von gut 27 %. Der LBBW Top Ten Index hat zwar auch unter der starken Roh-stoffbaisse in der zweiten Jahreshälfte 2008 gelitten; er konn-te sich seit Ende des Jahres 2008 jedoch sehr deutlich von der Konkurrenz abkoppeln. Tatsächlich wurde der Wertverlust aus dem Jahr 2008 bis Ende 2012 mehr als wett gemacht, so dass unter dem Strich seit Anfang April 2008 sogar ein Plus von rund 15 % verblieb.
Die Rohstoffpreise gaben in den Jahren 2011 bis 2013 gemes-sen am DJ/UBS Index auf Basis der Spotpreise insgesamt um gut 10 % nach. Durch Rollverluste wurde die Performance noch weiter geschmälert, so dass der Saldo für die drei letz-ten Jahre beim DJ/UBS Excess-Return-Index etwas mehr als -20 % beträgt. Der LBBW Top Ten ER Index hat es dagegen im selben Zeitraum geschafft, die Rollverluste an den Rohstoff-märkten weitgehend auszublenden und über die Selektion auf solche Rohstoffe zu setzen, deren Preise sich der schwa-chen Tendenz des Gesamtmarktes weitgehend entziehen konnten. Mit einem leichten Minus von 1 % wurde der DJ/UBS ER-Index als Benchmark sehr deutlich distanziert. Die Perfor-mance fiel sogar um rund 10 Prozentpunkte besser aus als beim DJ/UBS Spot-Index.
Intelligente Indizes haben ZukunftDer LBBW Top Ten Index hat damit seit der ersten Veröffent-lichung im April 2008 die etablierten Benchmarks nachhaltig geschlagen. Das Konzept eines ausgewogenen Rohstoff-Port-folios, das extreme Contango-Situationen vermeidet und auf der anderen Seite von Backwardation-Situationen profitiert, dürfte auch in Zukunft den LBBW Top Ten Index aus Anleger-sicht im Vergleich zu den herkömmlichen Benchmarks zu ei-nem interessanten Investmentvehikel machen. Denn Rollver-luste zu umgehen, sollte auch in Zukunft ein wichtiges Er-folgskriterium an den Rohstoffmärkten bleiben. Zudem werden im LBBW Top Ten Index über die Terminkurven die einzelnen Rohstoffe in Bezug auf ihre Lagerbestände selek-tiert. Denn im LBBW Rohstoffe Top Ten Index sind tendenziell solche Rohstoffe enthalten, die in Backwardation notieren bzw. im leichten Contango. Backwardation ist an den Märk-ten häufig ein Signal für knappe Lager – der Index beinhaltet
Rohstoffselektion im LBBW Top Ten Index
�Aluminium
�Kupfer
�Nickel
�Zink
� Blei
�Zinn
�Gold
� Silber
�Platin
�KEINE
LBBW TOP -10 -ROHSTOFF - INDEX ER ®
Min 1 - Max 3 Min 2 – Max 4
Quelle: LBBW Research
� Benzin
�Heizöl
�WTI Öl
� Brent Öl
Min 1 – Max 3
� Erdgas
�Gasöl
Min 0 – Max 2
Indexanpassungquartalsweise
zu je 10% (Kontraktlaufzeiten je nachLiquidität 6-12 Monate
10 Rohstoffe mit stärkster Backwardation /schwächstemContango
Universum: DJ UBS Commodity Index ex Agrar und Vieh (11 Rohstoffe)+ 4 weitere Commodities = 15 Rohstoffe
Performance verschiedener Rohstoffindizes im Vergleich(indexiert; 7.4.2008 = 100; nach Rollverlusten)
Quelle: Thomson Reuters
2008 2009 2010 2011 2012 201320
40
60
80
100
120
140
LBBW Top 10 Index in USDRICI-Index in USDTR/JCRB-Index in USD
DJ/UBS Index in USDGSCI-Index in USD
20
40
60
80
100
120
140
2011 2012 201375
80
85
90
95
100
105
110
115
120
LBBW Top Ten Index (in USD)DJ/UBS Spot Return Index (in USD)DJ/UBS Excess Return Index (in USD)
75
80
85
90
95
100
105
110
115
120
Quelle: Thomson Reuters
LBBW Top Ten Index mit Outperformance gegenüber DJ/UBS Index(indexiert; 1.1.2011 = 100)
Commodity Yearbook Mai 2014
Seite 101Rohstoffe als Assetklasse
damit solche Rohstoffe, die tendenziell knapp sind und die damit weitere Preissteigerungen versprechen. Auf der ande-ren Seite beinhaltet der Index grundsätzlich gerade solche Rohstoffe nicht, die aufgrund der Lagersituation tendenziell für einen Preisverfall sehr anfällig sind. Das Konzept des LBBW Top Ten Index bietet somit auch in Zukunft gute Chancen, auf eine überdurchschnittliche Performance im Vergleich zur Benchmark DJ/UBS. Investierbar ist der LBBW Top Ten Index über den Fonds LBBW Rohstoffe 1 (siehe Kapitel Rohstoffin-vestments).
LBBW Long Short Index
Weiterentwicklung des LBBW Top Ten IndexBeim LBBW Long Short Index handelt es sich um einen Excess Return Index, der ebenfalls vom LBBW Commodity Research entwickelt wurde, und der eine Weiterentwicklung des LBBW Top Ten Index darstellt. Beim LBBW Top Ten Index wurde eine Outperformance gegenüber dem DJ/UBS Index durch Selek-tion der zehn aussichtsreichsten Rohstoffe erzielt. Damit lag der Schluss nahe, dass die jeweils nicht berücksichtigten Roh-stoffe gegenüber der Benchmark eine Underperformance auf-weisen. Im LBBW Long Short Index wird nun versucht, auch von den als unattraktiv identifizierten Rohstoffen zu profitie-ren. Der LBBW Long Short Index beinhaltet zunächst die fünf aussichtsreichsten Rohstoffe, die in Backwardation notieren. Sofern keine oder weniger als fünf Rohstoffe in Backwardati-on notieren, werden zusätzlich solche Rohstoffe aufgenom-men, die das schwächste Contango aufweisen. Auf der ande-ren Seite beinhaltet der LBBW Long Short Index fünf Shortpo-sitionen in solchen Rohstoffen, die ein starkes Contango aufweisen. Die einzelnen Rohstoffe werden zusätzlich so se-lektiert, dass im LBBW Long Short Index keine Klumpenrisiken bestehen. Die Gewichte der einzelnen Rohstoffsektoren be-tragen je nach Ausprägung von Backwardation und Contango bei Energie und Basismetallen maximal 60 % (drei Positionen) auf der Longseite und maximal 60 % (drei Positionen) auf der Shortseite – für Edelmetalle gelten Grenzen von jeweils 40 % (zwei Positionen) auf der Long- und Shortseite. Alle selektio-nierten Rohstoffe (long und short) werden im LBBW Long Short Index mit 10 % gleichgewichtet und drei Monate gehalten, bevor der Index wieder angepasst wird. Wie beim LBBW Top Ten Index wurde das Rohstoffuniversum des LBBW Long Short Index im Oktober 2012 auf ex Agrar und Vieh umgestellt.
Live-Daten mit solider PerformanceSeit Anfang August 2009 wird der LBBW Long Short Index veröffentlicht (Reuterskürzel „.LBBW55“, Bloomberg „LBBW-CILS“). Die Live-Daten brachten dabei eine sehr solide Perfor-mance. So hat der Index bis Ende März 2014 einen Anstieg von mehr als 30 % verzeichnet. Die Volatilität hielt sich zu-letzt mit weniger als 6 % p.a. in sehr engen Grenzen.
LBBW Long Short ohne KorrelationUnd auch in puncto Korrelation zu anderen Assetklassen se-hen die Ergebnisse gut aus. So verbuchte der Index selbst im Jahr 2011, das weder im Aktienbereich noch bei Commodities Preissteigerungen brachte, ein Plus. Dabei markierte der Long Short-Index sein Jahrestief fast genau zu dem Zeitpunkt, als der DJ/UBS auf Jahreshoch notierte. Als dann der Gesamt-markt ab Mai fallende Preise verzeichnete, zog der Long Short-Index an. In der seit Herbst 2011 zu beobachtenden Seitwärts-bewegung am Rohstoffmarkt zog der LBBW Long Short-Index ebenfalls weiter an. Schließlich brachte auch das Jahr 2012 beim DJ/UBS-Index leichte Preisabschläge – dagegen verbuch-te der LBBW Long Short Index am Jahresende ein Plus von gut 5 %. Im Jahr 2013 ging es mit dem DJ/UBS Index wieder stär-ker nach unten (- 10 %), während der LBBW Long/Short Index das Jahr dagegen fast unverändert beendete.
Rohstoffselektion im LBBW Long Short ER Index
LBBW LONG/SHORT-ROHSTOFF - INDEX ER ®
Quelle: LBBW Research
Indexanpassungquartalsweise
(Kontraktlaufzeiten 6-12 Monate)
5 Rohstoffe mit stärkster Backwardation je 10 % long/5 Rohstoffe mit stärkstem Contango je 10 % short
Universum: DJ UBS Commodity Index ex Agrar und Vieh (11 Rohstoffe)+ 4 weitere Commodities = 15 Rohstoffe
� Aluminium
� Kupfer
� Nickel
� Zink
� Blei
� Zinn
� Gold
� Silber
� Platin
� KEINE� Benzin
� Heizöl
� WTI Öl
� Brent Öl
Max 3 Long/Short
� Erdgas
� Gasöl
Max 2 Long/Short Max 3 Long/Short
2009 2010 2011 2012 201395
100
105
110
115
120
125
130
135
140
LBBW Long/Short Index
95
100
105
110
115
120
125
130
135
140
Quelle: Thomson Reuters
Entwicklung des LBBW Long Short Index seit August 2009(indexiert; 1.8.2009 = 100)
Seite 102 Commodity YearbookMai 2014
Ein Investment in den LBBW Long Short Index ist vor allem dann interessant, wenn eine Anlage gesucht wird, die unkor-reliert zu anderen Assetklassen ist und dabei eine überdurch-schnittliche Performance bei niedriger Volatilität bietet. In-vestierbar ist der LBBW Long Short Index über den Fonds LBBW Rohstoffe 2 (siehe nächstes Kapitel).
LBBW Strategie Indizes
Die Grundidee der LBBW Strategie Indizes ist eine aktive Steu-erung der beiden LBBW-Rohstoffindizes. Es wurde daher ein Risikoneigungsindex („LBBWRI“) entwickelt, der den Investo-ren die Timingentscheidungen zwischen Long-Only und Long-Short abnimmt. In „Risk-on“ Marktphasen soll die strategische Ausrichtung „Long-Only“ sein. In „Risk-off“ Marktphasen soll die Ausrichtung „Long-Short“, also marktneutral sein. Damit bleibt der Anleger in jeder Phase im Rohstoffsektor investiert. Der Risikoneigungsindex LBBWRI misst die allgemeine Risi-koneigung an den Finanzmärkten und setzt sich zusammen aus Spreads High-Yield-Bonds USA, impliziten Volatilitäten Equities USA und Deutschland, Spreads Bonds Emerging Mar-kets, Emerging Markets Equities, US-Small-Caps sowie Carry Trades. Ein Indexstand über 1,0 signalisiert eine Phase hoher Risikofreude, und ein Indexstand unter minus 1,0 hohe Risi-koaversion. Der LBBWRI wird in wöchentlichem Rhythmus in der Publikation „LBBW Commodities Weekly“ veröffentlicht.
Zunächst wurde ein Portfolio simuliert, das bei Überschreiten eines LBBWRI von 1,0 zu 100 % in den LBBW Rohstoffe Top Ten Index (Long-only) investiert, und bei Unterschreiten des LBB-WRI unter minus 1,0 in den LBBW Rohstoffe Long Short (markt-neutral) investiert. Diese „LBBW Rohstoffe Strategie 100-0“ wird seit Anfang 2013 über die Provider Thomson Reuters, Bloomberg und Datastream veröffentlicht. Im beobachteten Zeitraum startete der LBBWRI mit einem Stand von über 1,0. Seit Anfang 2000 generierte der LBBWRI 16 Tauschsignale, zuletzt am 04. April 2014 auf „Risk on“.
LBBW Risikoneigungsindikator: Signale seit Anfang 2000
Signale OFF Signale ON
5. April 2000 4. Januar 2002
22. Juli 2002 11. April 2003
14. Juli 2006 13. Oktober 2006
24. Juli 2007 15. Juli 2009
25. Mai 2010 14. Oktober 2010
4. August 2011 15. März 2012
21. Juni 2013 25. Juli 2013
31. Januar 2014 4. April 2014
Quelle: LBBW Research
Die 100-0 Strategie bildet daher derzeit die Entwicklung des LBBW Top Ten Index ab. Zusätzlich wurde ein Portfolio simu-liert, das zu den selben Zeitpunkten switcht, aber jeweils ein Mindest-Sockelinvestment in Höhe von 20 % im LBBW Top Ten bzw. LBBW Long Short berücksichtigt. In „Risk-on“-Phasen be-steht der Index zu 80 % aus LBBW Rohstoffe Top Ten und zu 20 % aus LBBW Rohstoffe Long-Short, und in „Risk-off“-Phasen vice versa. Derzeit ist diese Strategie zu 80 % im LBBW Top Ten und zu 20 % im LBBW Long Short investiert. Diese „LBBW Rohstoffe Strategie 80-20“ wird ebenfalls seit Anfang 2013 veröffentlicht.
2011 2012 201375
80
85
90
95
100
105
110
115
LBBW Long/Short Index (ER)
DJ/UBS Index (ER)
75
80
85
90
95
100
105
110
115
Quelle: Thomson Reuters
LBBW Long Short Index vs. DJ/UBS(Excess Return, indexiert; 1.1.2011 = 100)
-4,0
-3,0
-2,0
-1,0
0,0
1,0
2,0
3,0
4,0
2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014-4,0
-3,0
-2,0
-1,0
0,0
1,0
2,0
3,0
4,0
LBBW Risikoneigungsindikator
Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research
Rohstoffe als Assetklasse
Commodity Yearbook Mai 2014
Seite 103
Die LBBW Rohstoff-Indexfamilie
INDEX REUTERS DATASTREAM BLOOMBERG
LBBW Rohstoffe Top Ten .LBBWTT LBBWTEN LBBWCITT
LBBW Rohstoffe Long Short .LBBW55 LBBWX55 LBBWCILS
LBBW Rohstoffe Strategie 80-20 .LBBW82 LBBWX82 LBBWCI82
LBBW Rohstoffe Strategie 100-0 .LBBW10 LBBWX10 LBBWCI10
Quelle: LBBW Research
Die Strategie „100-0“ erzielte im Backtest seit 01.01.2000 eine jährliche Performance von 18,7 % p.a., bei einer Volatilität von 14,3 % p.a. Die Strategie „80-20“ erzielte im Backtest seit 01.01.2000 eine jährliche Performance von 15,6 % p.a., bei einer Volatilität von 12,5 % p.a. Damit wurde ein synthetischer Vergleichsindex, der zu je 50 % in LBBW Top Ten und 50 % in LBBW Long Short investiert, deutlich geschlagen. Diese „50-50“-Strategie erzielte eine Performance von 10,9 % p.a. bei einer Volatilität von 11,6 % p.a.
Insbesondere unter Rendite-Risikoaspekten erscheinen die Strategien „100-0“ und „80-20“ attraktiv, was an den Sharpe-
Ratios von über 1,2 abzulesen ist. Man sollte jedoch berück-sichtigen, dass sich die Volatilitäten der Strategieindizes im Zeitablauf insbesondere durch die Switches stark verändern.
Übersicht Strategieindizes (Januar 2000 bis März 2014)
Rendite p.a. Vola p.a. Sharpe
LBBW Top Ten (LONG) 14,8 % 19,2 % 0,77
LBBW Long Short 6,3 % 7,9 % 0,81
50 % Long-Only - 50 % Long-Short 10,9 % 11,6 % 0,95
LBBW CI Strategie 100-0 18,7 % 14,3 % 1,31
LBBW CI Strategie 80-20 15,6 % 12,5 % 1,25
Quelle: LBBW Research
Dies wird am Beispiel des „100-0“- Index deutlich: In Risk-On-Phasen ist die Volatilität diejenige des LBBW Top Ten Index (strukturell höhere Volatilität), in Risk-off-Phasen ist die Vola identisch mit derjenigen des LBBW Long Short Index (struk-turell niedrigere Volatilität).
Dr. Frank Schallenberger,Frank Klumpp, CFA
100-0
50-50
80-20
0
200
400
600
800
1000
1200
1400
1600
2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 20140
200
400
600
800
1000
1200
1400
1600
LBBW CI Strategie 100-050% Long-Short, 50 % Long-OnlyLBBW CI Strategie 80-20
Timingstrategien: Backtest seit 01.01.2000 im Vergleich
Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research
0 %
100 %
200 %
300 %
2000 2002 2004 2006 2008 2010 20120
200
400
600
800
1000
1200
1400
1600
Risk-on (100%) Risk-off (0%)R1 ex AgrarR2 ex Agrar
50% Long-Short, 50 % LongLBBW CI Strategie 100-0LBBW CI Strategie 80-20
Backtest LBBW Strategie Index 100-0 und 80-20 im Vergleich
Quelle: Thomson Reuters, LBBW Research
»Die LBBW Strategie Indizes nehmen den Investoren die Timingentscheidungen zwischen Long-Only und Long-Short ab.« Frank Klumpp, CFA
Rohstoffe als Assetklasse
Seite 104 Commodity YearbookMai 2014
Rohstoffinvestments
Rohstoff-Fonds 105
Rohstoff-Zertifikate� 112
Physische Edelmetalle 115
Rohstoff-Aktien 120
Commodity Yearbook Mai 2014
Seite 105Rohstoffinvestments
Rohstoff-Fonds
Die Anzahl an Investmentfonds mit Rohstoffbezug hat sich, seit der Wiederentdeckung des Themas vor einigen Jahren, deutlich erhöht. Mit der Zahl an Produkten ist auch eine zunehmende Spezialisierung zu beobachten. So wurden Fonds aufgelegt, die in Randbereiche des Rohstoffsegments wie Silberminen oder Uranaktien investieren. In derart speziellen Segmenten besteht teilweise das Problem, ausreichend solide und interessante�Unternehmen�zu�finden.�
Überblick
Vielfältige Aktienfonds mit Rohstoffbezug Die Anzahl an Investmentfonds mit Rohstoffbezug hat sich, seit der Wiederentdeckung des Themas vor einigen Jahren, deutlich erhöht. Mit der Zahl an Produkten ist auch eine zu-nehmende Spezialisierung zu beobachten. So wurden Fonds aufgelegt, die in Randbereiche des Rohstoffsegments wie Sil-berminen oder Uranaktien investieren. In derart speziellen Segmenten besteht teilweise das Problem, ausreichend soli-de und interessante Unternehmen zu finden. Für den Privat-anleger ergibt sich damit aber die Chance, sehr spezialisiert zu investieren und dabei zumindest eine gewisse Streuung zu erreichen.
Im Folgenden werden sechs wichtige Segmente kurz beleuch-tet und jeweils ein Fonds als Anlagevorschlag herausgestellt. Zusätzlich wird ein Dachfonds vorgestellt, der das gesamte Rohstoffsegment abdeckt und sich damit besonders zur Lang-fristanlage eignet.
Energie-AktienfondsFonds mit dem Schwerpunkt Öl- und Gas investieren - je nach Fondsausrichtung - bevorzugt in Unternehmen, die in der Förderung/Exploration tätig sind, bzw. die ihren Schwerpunkt bei der Weiterverarbeitung und beim Vertrieb haben. Oft wer-den auch Unternehmen aus dem Bereich der alternativen Energieanbieter (Solarenergie, Biokraftstoff, Windenergie, ...) mit einbezogen. Das Portfolio des Aktienfonds BGF New Ener-gy besteht aus rund 30 Aktien, vorwiegend börsennotierter Unternehmen aus den Teilbereichen erneuerbare Energien, Energieerzeugung zur Fortbewegung und Vor-Ort-Nutzung, Energiespeicherung und Technologien für alternative Energi-en. Obwohl der Fonds global investieren kann, richtet sich der Fokus des Portfoliomanagements klar auf die etablierten Märkte in Europa und den USA. Der Fonds, der in US-Dollar notiert ist, wurde bereits 2001 aufgelegt und ist heute eines der größten Sondervermögen, das Anleger Ertragschancen in nachhaltigen Investments bieten kann. Nach den deutli-chen Rückschlägen in den Jahren 2008 bis 2012 konnte die
Abwärtsbewegung in diesem Segment, im Zuge der Konsoli-dierung in der Branche im Jahr 2013, zu einem Stillstand ge-bracht werden.
BGF New Energy Fund: Hohe Schwankungen und Schwäche seit 2008 prägen die Entwicklung des Segments
Industriemetall-AktienfondsIndustriemetall-Aktienfonds investieren primär in Aktien, wel-che dem Segment der Basismetall-/Stahlgewinnung und Ver-marktung zuzuordnen sind. In diesem Sektor kann der Schwerpunkt - je nach Anlagegrundsatz und aktueller Markt-einschätzung - auch bei Minenunternehmen liegen. Wer die-ses Segment abdecken will, kann z.B. auf den Allianz Roh-stofffonds zurückgreifen. Der Fokus des Fonds, der bereits 1983 aufgelegt wurde, liegt bei Unternehmen aus den Berei-chen Metall, Bergbau und Stahl. Allerdings finden sich in dem relativ konzentrierten Portfolio (25-40 Titel) regelmäßig auch Goldminenwerte. Die extreme Baisse bei Rohstoffaktien im Jahr 2008 konnte der Fonds in den Jahren 2009 und 2010 fast komplett aufholen; jedoch brachten die schwachen Roh-stoffaktienjahre seit 2011 einen erneuten Rücksetzer. Seit 2004 zeigt sich deutlich, dass die Schwankungen, wie in fast allen Rohstoffaktiensegmenten, deutlich ausgeprägter als an den „normalen“ Aktienmärkten verlaufen.
Quelle: Thomson Reuters
BGF New Energy Fund(indexiert; 1.1.2004 = 100)
2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 201350
100
150
200
250
300
350
BGF New Energy Fund (in Euro)MSCI World (in Euro)
50
100
150
200
250
300
350
Seite 106 Commodity YearbookMai 2014Rohstoffinvestments
Edelmetallaktienfonds Fonds aus dem Segment Edelmetalle investieren vorzugswei-se in Goldminen. Je nach Ausrichtung werden auch Unterneh-men mit Fokus auf Silber- und Platingewinnung beigemischt. Viele der aufgelegten Fonds investieren primär in die großen Standardwerte im Goldminenbereich. Einige Goldminenfonds sind jedoch auch spezialisiert auf kleinere Wachstumswerte und Explorationsunternehmen. Diese Fonds weisen in der Re-gel ein deutlich ausgeprägteres Chance-/Risikoverhältnis auf. Die Primäranalyse für Goldminenwerte ist relativ aufwendig. Da die Unternehmen zudem oft nicht auf den Radarschirmen der großen Banken sind (da nicht in den großen Indizes ver-treten), ist es relativ aufwendig, ein eigenes Primärresearch zu unterhalten. Insofern kann es in diesem Segment sinnvoll sein, auf die großen Fonds zu setzen (wo das Volumen und die daraus resultierenden Erträge die Beschäftigung von Pri-märanalysten lohnt) bzw. auf Spezialanbieter zu setzten, die das Segment im Fokus haben.
Ein Flaggschiff in diesem Sektor stellt der BGF World Gold Fund von Black Rock dar, der mindestens 70 % des Fondsvo-lumens in Goldminenwerte anlegt.
Agrarwerte-AktienfondsDie Gründe, warum zahlreiche Fondsgesellschaften Anlage-produkte rund um das Thema Agraraktien in ihr Portfolio mit aufgenommen haben, liegen auf der Hand. Die Weltbevölke-rung steigt immer schneller an. Zudem ist die weltweite Pro-Kopf-Anbaufläche rückläufig. Der Wohlstand der Bevölkerung in aufstrebenden Entwicklungs- und Schwellenländern wird stetig größer, so dass mehr und auch höherwertige Lebens-mittel nachgefragt werden und zusätzlich bessere Methoden
zur Bewirtschaftung der Anbauflächen nötig sind. Anleger, die dieser Einschätzung folgen, können dabei zum Beispiel über den DWS Invest Global Agribusiness an diesem Trend partizipieren. Der Fonds, der sowohl in EUR- als auch in US-Dollar-Tranchen erworben werden kann, investiert dabei im Wesentlichen in die Unterbereiche Düngemittel und Saatgut, Agrartechnologie, Biotechnologie, Fleischproduzenten und Verarbeitung und ist somit in allen Bereichen entlang der Wertschöpfungskette global positioniert. Aufgrund des ein-geschränkten Anlageuniversums weist der Fonds eine deut-lich erhöhte Volatilität auf, so dass der Fonds nur als Beimi-schung zu anderen Investments dienen sollte.
WasseraktienfondsObwohl das Thema Wasser nicht unbedingt auf den ersten Blick zum Rohstoffsegment gezählt wird (und auch nicht in den gängigen Rohstoffindizes enthalten ist), so ist es doch ein Gut, dessen zunehmende Knappheit durch Themen wie steigende Weltbevölkerung, steigender Wohlstand, globale Erwärmung oder veraltete Wasserinfrastruktur verstärkt wird. Fonds aus diesem Segment investieren primär in Unterneh-men aus den Bereichen Wasserversorgung, Wasseraufberei-tung, Wassergewinnung und Wasser-Infrastruktur. Der schon im Januar 2000 aufgelegte Pictet Funds (Lux)-Water war der weltweit erste Fonds, der sich dieses Themas annahm. Er stellt ein solides Basisinvestment für diesen Sektor dar. Ver-glichen mit anderen Fonds aus dem Rohstoffbereich zeichnet sich das Thema Wasser und der Fonds von Pictet durch eine relativ niedrige Volatilität aus. Allerdings liegt die Korrelation zum Aktienmarkt auch wesentlich höher als bei den anderen hier vorgestellten Fonds.
Reine Rohstoff-FondsAuch das Angebot an Fonds, welche nicht in Unternehmen des Segments, sondern „direkt“ in die Entwicklung von Roh-stoffen investieren (dies zumeist über Indizes bzw. Futures) ist größer geworden. Der Vorteil liegt hier in der geringeren Abhängigkeit von der Entwicklung an den Aktienmärkten. Allerdings weisen die Rohstoffe teils sehr hohe Schwankun-gen auf und schütten, im Gegensatz zu Unternehmen, keine Dividenden aus.
Der Fonds „LBBW Rohstoffe 1“, der von der LBBW Asset Ma-nagement im Frühjahr 2008 lanciert wurde, hat als Bench-mark den ausgewogenen DJ/UBS Commodity Index. Seit sei-ner Auflage konnte der Fonds die Benchmark deutlich out-performen. Genauere Angaben zum Fonds gibt es auf den folgenden Seiten.
2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 201350
100
150
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250
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350
Allianz Rohstofffonds (in Euro)
MSCI World (in Euro)
50
100
150
200
250
300
350
Quelle: Thomson Reuters
Allianz Rohstofffonds und MSCI Welt Aktienindex(indexiert; 1.1.2004 = 100)
Commodity Yearbook Mai 2014
Seite 107
Sektorenübergreifende Rohstoff-FondsDas gesamte Rohstoffsegment wird nur von relativ wenigen Fonds abgedeckt. Fast alle Produkte sind auf ein Segment spezialisiert bzw. investieren nur in Rohstoffaktien oder nur direkt in Rohstoffe. Eine Ausnahme bildet der LBBW Rohstof-fe & Ressourcen. Der Dachfonds investiert in die aussichts-reichsten Fonds der verschiedenen Rohstoffsegmente. Der Fonds bietet Anlegern somit die Möglichkeit, das gesamte Rohstoffsegment mit nur einem Produkt abzudecken. Je nach Markteinschätzung werden einzelne Teilsektoren über- bzw. untergewichtet. Zusätzlich kann, entsprechend der Einschät-zung zum Aktienmarkt, der Anteil an Fonds mit direktem Rohstoffengagement deutlich variieren.
Rohstoffinvestments
»Der LBBW Rohstoffe & Ressourcen bietet Anlegern die Möglichkeit, das gesamte Rohstoffaktiensegment mit nur einem Produkt abzudecken.« Christoph Schäfer (BW-Bank Vermögensverwaltung)
Fondsname ISIN Ausgabeaufschlag / Verwaltungsvergütung Performance
31.12.12-31.12.13 31.12.10-31.12.13
LBBW Rohstoffe & Ressourcen DE0005326482 5 % / 1,5 % p.a. -15,76 % -31,98 %
BGF New Energy A2 USD LU0124384867 5 % / 1,75 % p.a. 21,14 % 0,35 %
Allianz Rohstofffonds DE0008475096 5 % / 1,50 % p.a. -27,17 % -53,31 %
BGF World Gold Fund LU0055631609 5 % / 1,75 % p.a. -50,31 % -61,79 %
Pictet Fund (Lux)-Water-P LU0104884860 5 % / 1,6 % p.a. 17,15 % 28,17 %
LBBW Rohstoffe 1 R DE000A0NAUG6 5 % / 1,5 % p.a. -8,44 % -6,00 %
DWS Agribusiness LU0273164847 5 % / 1,5 % p.a. -3,62 % 0,11 %
Angaben in Euro; Datenstand 31.12.2013 Quelle: Thomson Reuters
Christoph Schäfer (BW-Bank Vermögensverwaltung)
Branchenaufteilung des LBBW Rohstoffe & Ressourcen (31.12.2013):
Goldminenfonds: 19,2 %
Wasser- und Holzaktienfonds: 25,0 %
Rohstofffonds: 13,1 %
Energieaktienfonds: 14,0 %
Rohstoffaktienfonds: 16,7 %
Nahrungsmittelfonds 11,4 %
Liquidität: 0,6 %
Unter den größten Einzelpositionen finden sich auch einige der genannten Fonds, wie beispielsweise der DWS Agribusi-ness oder der LBBW Rohstoffe 1.
Seite 108 Commodity YearbookMai 2014 Rohstoffinvestments
LBBW Rohstoffe 1 und LBBW Rohstoffe 2 LS
Rohstoff-Fonds „Made in Germany“Im Jahr 2008 wagte die LBBW Asset Management ein Novum. Als in Stuttgart ansässiges Haus wollte die Gesellschaft für ihre überwiegend deutschen und österreichischen Kunden einen Rohstoff-Fonds im UCITS-Format in Deutschland, und nicht wie üblich in vermeintlich liberaler regulierten Ländern wie Luxemburg oder Irland auflegen. Zusammen mit dem von der LBBW entwickelten Index wollte man zudem ein einfaches, verständliches, transparentes und erfolgreiches Konzept für die Kunden anbieten. Nach einem schwierigen Start inmitten der Finanzkrise gehört der LBBW Rohstoffe 1 zusammen mit seinem marktneutralen (Long/Short) Schwesterfonds LBBW Rohstoffe 2 LS heute zu einer der erfolgreichsten Rohstoff-Paletten am Markt – sowohl im Bezug auf das Fondsvolumen als auch auf die Wertentwicklung. Somit ist das Qualitäts-merkmal „Made in Germany“ wohl verdient. Belegt wird dies zwischenzeitlich durch zahlreiche Auszeichnungen. Hervor-zuheben sind dabei die begehrten „Goldenen Bullen“, verlie-hen durch den EuroFinanzen Verlag und die Lipper Fund Awards. Die insgesamt sieben Auszeichnungen im Jahr 2014 für den LBBW Rohstoffe 1 und die Auszeichnung als bester Asset Manager in der Kategorie Rohstoffe markieren ein wei-teres äußerst erfolgreiches Jahr für die Rohstoffpalette.
Auszeichnungen LBBW Rohstoffe 1:
Verleihung der FERI EuroRatings Awards als „Bester
Asset Manager – Sieger 2014“ in der Kategorie
Rohstoffe für Deutschland, Österreich und für die Schweiz
Goldener Bulle 2014 – Platz 1
(Alternative/Rohstoffe 3-Jahres-Bereich)
Goldener Bulle 2014 – Platz 1
(Alternative/Rohstoffe 5-Jahres-Bereich)
Goldener Bulle 2013 – Platz 3
(Alternative/Rohstoffe 1-Jahres-Bereich)
Goldener Bulle 2012 – Platz 2
(Alternative/Rohstoffe 3-Jahres-Bereich)
Goldener Bulle 2010 – Platz 1
(Alternative/Rohstoffe 1-Jahres-Bereich)
Lipper Fund Award Germany 2014
– Commodity Blended / 3 Jahre
Lipper Fund Award Germany 2014
– Commodity Blended / 5 Jahre
Lipper Fund Award Austria 2014
– Commodity Blended / 3 Jahre
Lipper Fund Award Austria 2014
– Commodity Blended / 5 Jahre
Lipper Fund Award Switzerland 2014
– Commodity Blended / 5 Jahre
Lipper Fund Award Germany 2013
– Commodity Blended / 3 Jahre
Lipper Fund Award Austria 2013
– Commodity Blended / 3 Jahre
Lipper Fund Award Europe 2013
– Commodity Blended / 3 Jahre
Konstruktion von Rohstoff-Fonds Rohstoff-Fonds im UCITS-Format sind von Natur aus komple-xer als die vergleichbaren Pendants auf der Aktien- oder Ren-tenseite. So ist es Rohstofffonds vom Gesetzgeber aus nicht gestattet, in physische Rohstoffe zu investieren. Das ist auch gut so, denn dadurch wird gewährleistet, dass Anleger bei Ausschüttungen bzw. bei der Rückgabe der Anteile stets Euro und Cent überwiesen bekommen und nicht in Form eines Tanklastzugs Heizöl oder eines Eisenbahnwagons voller Kup-fer bedient werden.
Aus diesem Grund investiert das Gros der Teilnehmer an den Finanzmärkten über Warentermingeschäfte, so genannte Fu-tures, in die jeweiligen Rohstoffe. Wie der Name „Future“ ver-muten lässt, handelt es sich hierbei um eine Geschäftsart bei der die Lieferung bzw. die Abnahme in der Zukunft liegt. Zwei Parteien begehen mit einem Future ein standardisiertes Bör-sengeschäft, bei dem neben dem Basiswert, die Menge, die Qualität, der Zeitpunkt und der vorab festgelegte Preis ver-einbart werden. Um die Rohstoffe am Fälligkeitstag nicht aus-geliefert zu bekommen, werden diese Futures üblicherweise vor Fälligkeit in einen länger laufenden Kontrakt getauscht. Dieser Prozess wird als „Rollen“ bezeichnet.
Auch wenn die Hürden sehr hoch sind und es von Seiten der Fondsmanager in keinster Weise gewünscht wird, so besteht zumindest in der Theorie die Möglichkeit, am Verfallstag den jeweiligen Rohstoff ausgeliefert zu bekommen. Um auch die-sen unwahrscheinlichen Fall gänzlich auszuschließen, wurde vom Gesetzgeber beschlossen, dass das Risiko in Futures zu investieren für einen Fonds zu groß ist. Um die Wertentwick-lung an den Rohstoffmärkten für Investoren dennoch abbil-den zu können, bedienen sich Investmentfonds daher eines Zwischenschrittes. Anstatt in die Futures zu investieren, wird die Wertentwicklung über einen Index abgebildet. In diesem Index sind die jeweils gewünschten Futures enthalten. Die Wertentwicklung des Index wird mittels eines Swaps dem In-
Commodity Yearbook Mai 2014
Seite 109Rohstoffinvestments
vestmentfonds zugeführt. Der Swap ist hierbei Mittel zum Zweck und nichts anderes als ein Tauschgeschäft für die ne-gative und positive Wertentwicklung des Index zwischen dem Fonds und dem Swappartner (z.B. einer Bank). Im Vergleich zum direkten Handel an den Rohstoffbörsen hat der Invest-mentfonds durch die Swaplösung per se leider ein höheres Risiko. Denn die Gegenpartei des Swaps kann ausfallen, die Börsen mit den vielen tausend Marktteilnehmern nicht. Aus diesem Grund wird der Swap in der Regel nur für einen Mo-nat abgeschlossen und bei einem Volumen von mehr als 10 % des Fondsvermögens üblicherweise vorzeitig abgerechnet und neu eröffnet.
Ein Index muss her … Wie oben beschrieben führt an einem Index somit kein Weg vorbei. Es besteht nun die Möglichkeit, einen Standardindex abzubilden oder einen eigenen, intelligenten Index zu entwi-ckeln. Dass letzteres erfolgreich sein kann, haben diverse Preise in der Vergangenheit und auch für das laufende Jahr gezeigt.
Die eingesetzten Indizes selbst müssen wiederum einige An-forderungen aufgrund europäischer Gesetze erfüllen. Dass ein Index für einen Fonds verwendet werden kann, setzt z.B. voraus, dass der Index hinreichend diversifiziert ist und den Markt, auf den er sich bezieht, ausreichend repräsentiert. Dies erklärt die häufige Verwendung von „Standard-Indizes“ bei Rohstoff-Index-Fonds. Die LBBW ging hier einen eigenen Weg, indem das vom LBBW Commodity Research entwickelte Backwardation-Modell in einem eigenen Index, dem LBBW-Top-10-Rohstoff-Index ER® abgebildet wurde (siehe dazu auch das vorangegangene Kapitel über LBBW Rohstoff Indizes). Da-her bildet der LBBW Rohstoffe 1 aktuell den LBBW-Top-10-Roh-stoff-Index ER® über einen Swap ab. Damit ist der LBBW Roh-stoffe 1 zwar formal auch ein Index-Tracker-Fonds, also ein Fonds, welcher sich klar an einem Index orientiert; jedoch beruht der Index selbst auf dem sehr aktiven Backwardation-Modell des LBBW Commodity Research.
Dass die Idee des LBBW-Konzerns nicht nur gute Ergebnisse liefert, sondern auch noch anpassungsfähig ist, zeigte sich im Jahr 2013. Neue ESMA Guidelines machten es notwendig bestimmte Konzentrationsrisiken im Energiesektor zu redu-zieren.
Zukünftig sind die beiden Rohölsorten Brent und WTI, sowie die Destillate Benzin und Heizöl aufgrund der hohen Korre-lation als eine Gruppe zu betrachten. Der Energiesektor wur-de deshalb in zwei Subsektoren unterteilt. Die Auswirkungen sind dabei minimal. Höchstens einer von zehn Rohstoffen wäre in der Vergangenheit unter gewissen Umständen anders allokiert worden (siehe dazu auch das vorangegangene Kapi-tel über LBBW Rohstoff Indizes). Zudem wurden die Rollter-mine bei den Investmentfonds vom jeweils 4. Tag eines Quar-tals auf den jeweils 11. Tag verschoben.
Das CollateralFuture-, bzw. Termingeschäfte sind Differenzgeschäfte. Das bedeutet, dass ähnlich einem DAX-Future, bspw. auch bei ei-nem Termingeschäft auf ein Fass Rohöl nicht das ganze Fass bezahlt werden muss, sondern nur die Differenz aus dem Preis bei Eröffnung des Termingeschäftes und dem aktuellen Wert abgerechnet wird. Zur Sicherstellung dieser Zahlungen wird üblicherweise eine Sicherheitsleistung (Margin) verlangt, die in der Regel nur einen Bruchteil des Nominalwertes be-trägt. Das frei verfügbare Kapital (Collateral), welches nicht für die Sicherheitsleistung benötigt wird, wird bei den Roh-stoff-Fonds der LBBW Asset Management möglichst sicher angelegt. Dabei gilt für unsere Rohstoff-Fonds das Motto „Si-cherheit vor Rendite“. Das heißt, die Anlage der liquiden Mit-tel konzentriert sich auf deutsche Pfandbriefe, Covered Bonds von soliden Emittenten in Kerneuropa, Anleihen deutscher Länder, Sub Sovereigns und Agencies ebenfalls aus Kerneu-ropa. Eine reine auf Geldmarkt orientierte Anlage - wie bei den meisten Indizes (US-Treasury-Bills) - ist aufgrund der Di-versifikationsvorschriften für UCITS-Fonds nicht möglich. Da-her liegt die durchschnittliche Restlaufzeit des Collateral-Renten-Portfolios für alle Rohstofffonds in der Regel zwischen einem und anderthalb Jahren.
Alle ErtragskomponentenDer LBBW Rohstoffe 1 bietet somit alle drei Ertragskompo-nenten eines Rohstoff-Investments:
1. Spot Yield
2. Roll Yield
3. Collateral Yield
Der LBBW Rohstoffe 1 ist in vier Tranchen für institutionelle und private Anleger erhältlich. Neu sind die 2012 aufgelegten Währungstranchen in USD und CHF.
LBBW-Top-10-Index ER
(Excess Return)
LBBW Rohstoffe 1(Total Return)
Das aktuelle Universum des LBBW Rohstoffe 1
Gesamtuniversum:15 Rohstoffe
�Aluminium
�Kupfer
�Nickel
�Zink
�Blei
�Zinn
�Gold
�Silber
�Platin
�KEINE
LBBW TOP-10-ROHSTOFF-INDEX ER ®
Min 1 - Max 3 Min 2 – Max 4
10 Rohstoffe mit stärkster Backwardation bzw.schwächstem Contango (6 -12 Monate)
zu je 10%
Maximalgrenzen jeSektor.
Quartalsweise
Neu-
anpassung
Quelle: LBBW Asset Management Investmentgesellschaft mbH
�Benzin
�Heizöl
�WTI Öl
�Brent Öl
Min 1 – Max 3
�Erdgas
�Gasöl
Min 0 – Max 2
Seite 110 Commodity YearbookMai 2014Rohstoffinvestments
� R-Tranche für Privatkunden: WKN A0NAUG/ISIN DE000A0NAUG6
� I-Tranche für Institutionelle: WKN A0MU8J/ISIN DE000A0MU8J9
� USD-Währungstranche: WKN A1JSV5 / ISIN DE000A1JSV56
� CHF-Währungstranche WKN A1JSV6 / ISIN DE000A1JSV64
LBBW Rohstoffe 1 zeichnet sich seit Auflegung mit einem ex-zellenten Ergebnis gegenüber den vier bekannten Rohstoffin-dizes aus.
Die Long-Short-Idee: LBBW Rohstoffe 2 LSObwohl das Konzept des LBBW Rohstoffe 1 für Investoren ohne Zweifel ein sehr erfolgreiches ist, kann der Fonds nur bei tendenziell steigenden Kursen an den Rohstoffmärkten einen positiven absoluten Betrag erzielen. Aus diesem Grund und um die Volatilität spürbar zu reduzieren, kam im Jahr 2009 von Seiten der institutionellen Kunden vermehrt der Wunsch auf, eine marktneutrale Variante für die Rohstoff-märkte zu entwickeln.
Als Antwort darauf wurde am 19. Februar 2010 der LBBW Roh-stoffe 2 LS (wobei LS für Long-Short steht) aufgelegt. Dabei galt es, die gleichen Standards wie schon beim ersten Roh-stoff-Fonds einzuhalten. Das heißt, dass der LBBW Rohstoffe 2 LS ebenfalls ein in Deutschland aufgelegter UCTIS-Fonds ist und für das Collateral die gleichen Qualitätsmaßstäben gel-ten wie für den LBBW Rohstoffe 1. Der Index wurde wiederum vom LBBW Commodity Research entwickelt (LBBW Long-Short-Rohstoff-Index ER®, siehe dazu auch das vorangegangene Kapitel über LBBW Rohstoff Indizes). Der dem LBBW Rohstof-fe 2 LS zugrunde liegende Index ist von den Einschränkungen der oben erwähnten ESMA Guidelines nicht betroffen.
Die Wertentwicklung wird wie schon beim ersten Fonds über einen Excess-Return-Swap in den Fonds transferiert.
2008 2009 2010 2011 2012 201330
40
50
60
70
80
90
100
110
120
LBBW Rohstoffe 1 (I-Tranche)RICI-Index (ER)TR/JCRB-Index (ER)
DJ/UBS Index (ER)GSCI-Index (ER)
30
40
50
60
70
80
90
100
110
120
Quelle: Thomson ReutersQuelle: LBBW Asset Management Investmentgesellschaft mbH
Preissteigerung(Spot Yield)
Rollgewinne(Roll Yield)
+
FondsLBBW Rohstoffe 2
(Total Return)
Zinserträge(Collateral Yield)
Der Index bildet dieWertentwicklung derWarentermingeschäfte ab
Übertrag der Indexperformance
mittels Swap - Geschäften
In Deutschland aufgelegter
richtlinienkonformer Fonds(UCITS-3)
Auch für Spezialfondserwerbbar
LBBW Long/ShortIndex ER®
(Excess Return)
Commodity Yearbook Mai 2014
Seite 111Rohstoffinvestments
»Die insgesamt sieben Auszeichnungen im Jahr 2014 für den LBBW Rohstoffe 1 und die Auszeichnung als bester Asset Manager in der Kategorie Rohstoffe markieren ein weiteres äußerst erfolgreiches Jahr für unsere Rohstoffpalette. «
Daniel Rauch (LBBW Asset Management Investmentgesellschaft mbH)
Seit dem 1. Februar 2012 wird der LBBW Rohstoffe 2 LS auf vielfachen Wunsch zahlreicher Kunden und Vertriebspartner auch als Retail-Tranche angeboten. Im April folgten Währungs-tranchen in USD und CHF.
� R-Tranche für Privatkunden: WKN A1H727/ISIN DE000A1H7276
� I-Tranche für Institutionelle: WKN A0X97E/ISIN DE000A0X97E0
� USD-Währungstranche: WKN A1JSV7 / ISIN DE000A1JSV72
� CHF-Währungstranche WKN A1JSV8 / ISIN DE000A1JSV80
Quelle: Thomson Reuters
Performance LBBW Rohstoffe 2 LS seit Auflegung (19.02.2010)
2010 2011 2012 201395
100
105
110
115
120
125
LBBW Rohstoffe 2 LS (I-Tranche)
95
100
105
110
115
120
125
Daniel Rauch (LBBW Asset Management Investmentgesellschaft mbH)
Seite 112 Commodity YearbookMai 2014Rohstoffinvestments
Rohstoff-Zertifikate
Die Möglichkeiten, in Rohstoffe zu investieren, sind vielfältig. Die einzelnen Anlageprodukte haben�dabei�ganz�spezifische�Eigenschaften,�sowohl�die�Partizipation�am�Rohstoffmarkt�als auch die Preisbildung während der Laufzeit betreffend. Warum in Rohstoffe investiert werden sollte, welche verschiedenen Alternativen es gibt, was dabei jeweils beachtet werden sollte und welche Anlageprodukte die Landesbank Baden-Württemberg bietet, soll nachfolgend erläutert werden.
Rohstoff-Zertifikate, die einfache und flexible Anlagealter-nativeViele börsennotierte Unternehmen sind direkt oder indirekt von Rohstoffpreisen abhängig, sei es, weil sie Rohstoffe för-dern und handeln (z.B. Minengesellschaften) oder weil sie diese für ihre Produktion verwenden (z.B. Industrieunterneh-men). Bei einer Investition in diese Aktien beteiligt sich der Anleger an möglichen Veränderungen der Aktienkurse, die durch steigende oder fallende Rohstoffpreise ausgelöst wer-den. Das Problem bei dieser Form des Rohstoffinvestments ist die Abhängigkeit der Aktienkurse von diversen anderen Faktoren und sich teilweise gegenseitig aufhebenden Preis-entwicklungen im Rohstoffbereich. Ähnlich verhält es sich bei Rohstoff-Fonds. Diese Sondervermögen sollen zwar die Preis-entwicklung der Rohstoffmärkte nachvollziehen; wegen viel-schichtiger Reglementierungen für in Deutschland zugelas-sene Fonds wird dies aber nicht immer erreicht. Oft investie-ren Fondsmanager in einen Korb aus rohstoffpreissensiblen Aktien und legen dabei nur Bruchteile des Fondsvermögens direkt am Rohstoffmarkt an. Für Anleger stellt sich nun die Frage, wie man direkt an Preisänderungen der Rohstoffmärk-te partizipieren kann. Ein Investment in Rohstoff-Futures ist gerade für Privatanleger mit erheblichen Schwierigkeiten ver-bunden. Neben der Eröffnung eines Depots bei einem Broker mit Zugang zu den Rohstoff-Terminbörsen in London, New York oder Chicago sind die Kontraktgrößen hoch. Ein ausge-wogenes Portfolio kann damit kaum abgebildet werden. Auf-grund der Transport-, Lagerungs- und Versicherungsprobleme ist eine physische Investition in Rohstoffe ebenfalls meist keine praktikable Lösung.
Der Zertifikatemarkt bietet Produkte, die einfach handelbar und flexibel sind. Mit Zertifikaten kann zu 100 Prozent an der Entwicklung eines bestimmten Rohstoffes, eines Rohstoffkor-bes oder über einen Index am gesamten Rohstoffmarkt par-tizipiert werden. Es lassen sich darüber hinaus auch Produk-te mit Gewinnmöglichkeiten in Seitwärtsmärkten oder sogar in fallenden Märkten finden. Dem Anleger bieten sich faktisch keine Einschränkungen oder Grenzen bei den Investment-möglichkeiten - und das bereits für sehr kleine Anlagebeträ-ge.
Preisbildung bei Rohstoff-ZertifikatenSo vielfältig die Investmentmöglichkeiten im Rohstoffbereich sind, so unverständlich ist für viele Anleger oftmals die Preis-bildung einzelner Rohstoff-Zertifikate. Zertifikate-Emittenten sichern sich während der Laufzeit der Produkte fortlaufend gegen Marktpreisschwankungen ab. Die Gewinnmarge aus dem Zertifikat wird beim erstmaligen Verkauf vereinnahmt. Während der Laufzeit soll sich für den Emittenten kein Risiko ergeben. Damit werden aber auch weitere Gewinnchancen aufgegeben. Diese Absicherung - im Fachjargon auch „Hedge“ genannt - wird wegen der oben beschriebenen Schwierigkei-ten, Rohstoffe physisch zu handeln, in der Regel über Futures abgebildet. Futures sind standardisierte, börsengehandelte Terminkontrakte. Bei einem direkten Handel von individuell ausgestalteten Terminkontrakten zwischen den beteiligten Marktteilnehmern spricht man von Forwards. Da der Hedge über solche Terminkontrakte erfolgt, wird auch der Preis des Zertifikates während der Laufzeit auf Basis der Termin-, Fu-ture- oder auch Forwardpreise gerechnet. Basiswert des Zer-tifikates ist aber in der Regel der Kassapreis, also der Preis, zu dem ein Rohstoff mit sofortiger Lieferung gehandelt wer-den kann. Dieser Unterschied führt teilweise zu erheblichen Abweichungen des vom Kunden erwarteten Zertifikatspreises und des vom jeweiligen Emittenten gestellten Kurses.
Am Beispiel eines Bonus-Zertifikates soll der Einfluss der For-wardkurve, also der Preise verschiedener Terminkontrakte unterschiedlicher Laufzeiten, auf den Preis des Produktes während der Laufzeit verdeutlicht werden. Auf Grund eines Kursrückganges im Kassapreis für einen Rohstoff und des Anstieges der Volatilität würde man von einem starken Kurs-rückgang im Bonus-Zertifikat ausgehen. Da aber am Termin-markt der Forwardpreis für den Basiswert für Lieferung per Fälligkeit des Zertifikates stark angestiegen ist, ergibt sich ein ganz anderes Bild. Durch die jetzt in Contango (die Ter-minpreise liegen über dem Kassapreis) verlaufende Kurve verringert sich das Risiko einer Barriereverletzung im Bonus-Zertifikat. Somit wird das Zertifikat grundsätzlich attraktiver, was einen höheren Preis rechtfertigt. In diesem Beispiel, bei dem die Forwardkurve sogar von Backwardation (die Termin-preise liegen unter dem Kassapreis) in Contango dreht, weicht
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die Preisentwicklung des Zertifikates aus Sicht des Anlegers positiv von der Entwicklung des Basiswertes selbst ab. Im umgekehrten Fall, bei einer Entwicklung zur Backwardation, würde sich bei einem Anstieg des Basiswertes ein Kursrück-gang des Zertifikates zeigen. Der Käufer eines Zertifikates nimmt also ein gewisses Risiko in Kauf, partizipiert aber mit seinem Investment auch direkt an möglichen Rollgewinnen. Diese ergeben sich, weil der Emittent meist kurz laufende, liquidere Terminkontrakte kauft bzw. verkauft und diese bei Fälligkeit in neue Kontrakte tauscht, bis der Rückzahlungs-termin des Zertifikates erreicht ist. Ein zweiter Vorteil aus dieser Terminmarktabsicherung ist der geringere Kapitalein-satz. Da die Terminkontrakte die Lieferung des Basiswertes per Termin vorsehen, muss nicht das volle Kapital für die Ab-sicherung (den Hedge) eingesetzt werden. Das verbleibende Kapital kann bis zur Fälligkeit eines Kontraktes verzinslich angelegt werden.
Besondere EinflussfaktorenFür die Ausgestaltung von Rohstoff-Zertifikaten gibt es noch weitere Faktoren, die es zu beachten gilt. Neben der Entwick-lung des Forwardkurses spielen z.B. Wechselkurse, der Zeit-punkt der Fälligkeit im Jahr (Saisonalität) oder auch die Art des Basiswertes (Einzelrohstoff, Index, Rohstoffkorb) eine entscheidende Rolle. So notieren nahezu alle handelbaren Rohstoffe - im Gegensatz zu den entsprechenden Zertifikaten - nicht in Euro, sondern in Fremdwährung wie z.B. US-Dollar. Durch diesen Umstand ergibt sich für den Anleger zwangs-läufig ein Wechselkursrisiko, da das Zertifikat in Euro gekauft und zurückgezahlt wird, die Entwicklung des Basiswertes selbst aber z.B. auf US-Dollar-Basis ermittelt wird. Als Lösung bieten sich so genannte „Quanto-Zertifikate“ an. Bei diesen wird eine zusätzliche Währungssicherung eingebaut. Die Ent-wicklung des Basiswertes in Fremdwährung wird am Laufzei-tende des Zertifikates 1:1 in Euro umgerechnet. Da diese Währungssicherung mit Kosten verbunden ist, sehen solche Zertifikate optisch oft weniger attraktiv aus (niedrigeres Bo-nusniveau, höhere Barriere oder geringere Partizipation). Bei einem Anstieg des Euros gegenüber der Währung, in der der Basiswert handelt, rechnet sich das Investment in Quanto-Zertifikaten im Vergleich zu Zertifikaten ohne Währungssiche-rung dennoch. Darüber hinaus ist die Nachvollziehbarkeit der
Kursentwicklung für den Anleger leichter, da neben der Ent-wicklung des Basiswertes nicht zusätzlich die Wechselkursent-wicklung im Auge behalten werden muss.
Saisonalität„Sell in May and go away – but remember to come back in September“ – mit diesem Spruch wird häufig das Phänomen an den internationalen Aktienmärkten beschrieben, dass sich die Kurse zwischen Mai und September eher schlechter ent-wickeln als im restlichen Verlauf eines Jahres. Solche saiso-nalen Einflüsse auf Kursentwicklungen gibt es auch bei Roh-stoffen. In erster Linie spielen die Jahreszeiten Sommer und Winter eine Rolle. Beispielsweise sind die Heizölpreise wegen der Heizperiode auf der Nordhalbkugel vielfach im Winter höher als im Sommer. Bei den Benzinpreisen spiegelt sich die Hauptreisezeit in den USA („Driving Season“) in den Preisen wider. Deshalb sind die Sommermonate häufig die Monate mit den höchsten Preisen. Der Goldpreis zeigt oft einen An-stieg im Herbst, der auf zwei bedeutende Hindu-Feste in In-dien zurückzuführen ist. Bei diesen Festen soll es Glück brin-gen, sich Gold zu schenken – daher steigt die Nachfrage nach Gold im Vorfeld dieser Feste deutlich an. Für Anleger gilt es bei der Auswahl eines Zertifikates mit begrenzter Laufzeit, relevante Termine wie diese im Auge zu behalten.
Einzelrohstoff oder RohstoffindexIst die grundsätzliche Entscheidung für ein Investment in Rohstoff-Zertifikate gefallen, stellt sich die Frage, ob auf ei-nen einzelnen Rohstoff, auf einen Korb von Rohstoffen oder auf einen Rohstoffindex gesetzt werden soll. Diese Entschei-dung hängt zum einen von der persönlichen Markteinschät-zung, zum anderen aber auch von den spezifischen Eigen-heiten des Rohstoffmarktes ab. Ein Investment in Einzelroh-stoffe oder Rohstoffkörbe unterliegt in vollem Umfang den oben beschriebenen Einflüssen der Terminmarktkurse. Dies kann erwünscht sein, um z.B. die Gewinne aus dem Rollen der Terminkontrakte bei Rohstoffen in Backwardation zu ver-einnahmen. Außerdem bieten diese Basiswerte die Möglich-keit, ganz individuell auf Trends und Marktbewegungen zu setzen. Für Anleger, die Rohstoffe als Beimischung zur Risi-koreduzierung in ihr Portfolio aufnehmen möchten, bietet sich eher ein breit angelegter Rohstoffindex an. Es sind aller-dings die drei unterschiedlichen Arten von Indizes zu beach-ten: Spot Indizes, Excess Return Indizes und Total Return In-dizes. Bei Spot Indizes wird lediglich die Entwicklung des Kassapreises in die Indexberechnung einbezogen, bei Excess Return Indizes kommt darüber hinaus ein erzielter Rollgewinn bzw. -verlust hinzu und bei Total Return Indizes werden zu-sätzlich zu den Rollerträgen mögliche Zinserträge in den In-dex eingerechnet. Hier wird deutlich, dass Total Return Indi-zes immer eine bessere Entwicklung als Excess Return Indizes zeigen, da alle Ertragskomponenten einfließen. Für Zertifika-te-Emittenten stellt aber genau das ein Problem dar. Je weni-ger Ertragskomponenten dem Emittenten zur Verfügung ste-hen, desto weniger kann in die optionalen Komponenten des Zertifikates investiert werden und desto unattraktiver sieht
Quelle: Bloomberg
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Verschiebung Terminkurve bei Brent zwischen Januar 2008und Dezember 2009
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die Ausgestaltung des Zertifikates aus. Beispielsweise wäre ein Bonus-Zertifikat mit kurzer Laufzeit auf einen Total Re-turn Index in der Regel gar nicht darstellbar. Die meisten Zer-tifikate werden daher auf Excess Return Indizes begeben. Anleger nutzen noch immer die spezifischen Vorteile des Rohstoffmarktes in Form der erzielbaren Rollgewinne, der Emittent hat aber durch das Einbehalten der Zinserträge die Möglichkeit, attraktive Konditionen darzustellen. Platino Gold-ZertifikatGrundsätzlich gibt es zwei Arten, in Gold zu investieren: di-rekt oder indirekt. Hohe Gebühren beim Kauf oder Verkauf sowie Kosten für Schließfach, Transport oder Versicherung machen eine Direktanlage in Barren oder Münzen vergleichs-weise teuer. Finanzprodukte weisen als indirekte Goldanlage in der Regel eine deutlich niedrigere Kostenstruktur auf. Da-bei unterscheidet man zwischen Produkten mit und ohne physische Lieferung. Die Wertentwicklung von Gold wird in der Regel 1 zu 1 abgebildet. Neben dem Goldpreis wirkt sich auch der EUR/USD-Wechselkurs auf den Zertifikatskurs in EUR aus.
� Das Platino Gold-Zertifikat kombiniert die Vorteile beider Investmentalternativen: Der Anleger hat das Recht auf Lie-ferung eines 100 Gramm Goldbarrens mit einer Feinheit von 999,9. � Somit können die Vorteile einer Goldanlage wie bei einer Direktanlage ausgenutzt werden: Teilnahme an einem Gold-preisanstieg, Werterhalt auch bei steigender Inflationsrate, Diversifikationseffekt im Portfolio. � Im Gegensatz zum Kauf eines entsprechenden Goldbarrens entstehen dem Anleger jedoch keine zusätzlichen Verwah-rungs- oder Versicherungskosten. � Im Hinblick auf den Emittenten besteht ein deutlich redu-ziertes Geschäfts- und Bonitätsrisiko.
Produktdaten
ISIN: DE000A1KK980
Emittent: Platino S.A., Teilvermögen Nr. VIII
Emission: 14.03.2011
Emittentenkündigungsrecht: Eine Kündigung durch den Emittenten
ist mit einer Frist von drei Monaten
möglich
Laufzeit: endlos
Basiswert: 100 Gramm Goldbarren der Feinheit
999,9
Bezugsverhältnis: 1 Goldbarren je Zertifikat
Notierung: Stücknotierung
Kapitalschutz: nein
Handelsplatz: Stuttgart (Freiverkehr)
Platino S.A.Die Platino S.A. ist eine Verbriefungsgesellschaft, die 2006 nach luxemburgischem Recht in der Rechtsform einer Akti-engesellschaft (Société anonyme) gegründet wurde. Die Ge-schäftstätigkeit umfasst ausschließlich die Verbriefung und Begebung von Wertpapieren auf der Grundlage des luxem-burgischen Verbriefungsgesetzes. Für das Platino Gold-Zer-tifikat wird bei der Platino S.A. ein Teilvermögen eingerichtet, das von den anderen Teilvermögen der Platino S.A. sowie dem Vermögen der Platino S.A. abgetrennt ist. Emittentin des Pla-tino Gold-Zertifikates ist das Teilvermögen Nr. VIII. Für jedes Zertifikat ist ein 100 Gramm-Barren Feingold hinterlegt. An-dere Vermögensgegenstände stehen zur Erfüllung der An-sprüche aus dem Zertifikat nicht zur Verfügung. Ein Anleger, der in die Emission eines Teilvermögens investiert, trägt je-doch auch keine (möglichen) Risiken aus Emissionen anderer Teilvermögen.
Stefan Probst (LBBW Zertifikate Team)
»Für das Jahr 2011 erhielt das Platino Gold-Zertifikat bei den von der WELT-Gruppe und dem Zertifikate-Journal vergebenen Zertifikate-Awards den Publikumspreis „Zertifikat des Jahres“«
Stefan Probst (LBBW�Zertifikate�Team)
Commodity Yearbook Mai 2014
Seite 115Rohstoffinvestments
Physische Edelmetalle
Wer zum ersten mal die Angebotsliste einer Bank oder Sparkasse im Edelmetallgeschäft gesehen hat, dürfte von der Vielfalt der Möglichkeiten überrascht sein: Gold, Silber, Platin und Palladium, all das gibt es in Form von Barren und auch Münzen sowie in vielen verschiedenen Größen. Letztere werden auch noch aus mehreren Staaten angeboten, z.B. „Kängurus“, „Philharmoniker“ und „Pandas“. Automatisch drängen sich zwei Fragen auf: Welche Münzen oder Barren sind für mich das Richtige? Und: Kann ich bei der Auswahl etwas falsch machen?
Barren und Münzen
Die Qual der WahlNatürlich wäre der Kauf von physischem Edelmetall viel ein-facher, wenn es nur eine einheitliche Größe, beispielsweise 10-Gramm-Barren gäbe. Auch für die Mitarbeiter in den Han-delsabteilungen wäre das Disponieren mit einem weltweiten Standard sofort leichter und die Buchhaltung wäre entlastet. Dass die Realität anders aussieht, hat jedoch verständliche Gründe: Edelmetallbarren und -münzen werden in der Regel mit einem Aufschlag auf den reinen Materialpreis verkauft. Dieser dient einerseits zur Deckung der Produktionskosten. Andererseits ist in dem Aufschlag stets eine kleine Gewinn-marge für den Hersteller enthalten. Wer Barren oder Münzen fertigt, kann damit Geld verdienen. Kein Wunder also, dass auf dem Markt viele Anbieter um die Gunst der Käufer buh-len. Hinzu kommt bei einigen Staaten sicherlich auch der Prestigegedanke. Schon im antiken Rom wurden Münzen als eine Art Werbeträger genutzt. Das ist heute nicht anders, wenn auf den Prägungen einem nationalem Symbol gehul-digt, landestypische Tiere dargestellt oder ein Musikorches-ter in der Hauptstadt geehrt wird. Das große Angebot bringt jedoch nicht nur die Qual der Wahl mit sich, sondern auch die Chance, individuellen Bedürfnissen gerecht zu werden. Den Weg dorthin beschreiben die folgenden Schritte.
Erster Schritt: Wahl des EdelmetallsDen ersten Schritt bei der persönlichen Kaufentscheidung sollte die Wahl des Edelmetalls darstellen. Zwar sind die täg-lichen Preisbewegungen von Gold, Silber, Platin und Palladi-um häufig gleichgerichtet. Insbesondere über längere Zeit-räume machen sich allerdings größere Unterschiede bemerk-bar, die auf die verschiedenen Angebots- und Nachfrage- relationen auf den einzelnen Märkten zurückzuführen sind. Eine Einschätzung der aktuellen Lage von Gold & Co. finden Sie im Kapitel "Edelmetalle" des Commodity Yearbook.
Ganz unabhängig von der fundamentalen Marktlage der Edel-metalle gibt es auch ein paar Daumenregeln, die Anlegern bei der Wahl nach dem für sie Richtigen helfen können. Die Preise von Platin und Palladium hängen in der Regel sehr stark von den Konjunkturerwartungen ab, da beide Metalle haupt-sächlich als Industrierohstoff verwendet werden. Wer pessi-mistisch auf die Wirtschaft blickt, der kann den Rest dieses Abschnitts gleich überspringen. Im anderen Fall sollte bedacht
werden, dass in Deutschland beim Kauf von physischem Pla-tin und Palladium 19 % Mehrwertsteuer anfallen. Ein Teil des Einstandspreises geht somit unwiederbringlich an den Finanz-minister verloren. Dies ist bei Zertifikaten auf Platin und Pal-ladium nicht der Fall, weshalb Münzen und Barren aus diesen beiden Edelmetallen hierzulande nur ein Schattendasein fris-ten.
Gold gilt im Gegensatz zu den weißen Edelmetallen als „Kri-senmetall“ und „sicherer Hafen“ schlechthin. Die Industrie-nachfrage ist relativ klein, so dass der Preis wenig von den Schwankungen dieses Marktfaktors beeinflusst wird. Auf der anderen Seite steigt in schlechten Zeiten oftmals die Anleger-nachfrage, so dass die Notierungen hierdurch positiv beein-flusst werden können. Wie auch im richtigen Leben ist das Eintreten einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung an der Börse natürlich ungewiss. Es gab auch schon Krisen, in denen der Goldpreis nicht gestiegen ist. Und außerdem ist die Preis-entwicklung keine Einbahnstraße; 2013 verlor Gold immerhin 28 % an Wert. Ein Vorteil von physischem Gold aus Anleger-sicht ist übrigens die Befreiung von der Mehrwertsteuer.
Silber nimmt in mehreren Punkten eine Mittelstellung zwi-schen Gold und Platin beziehungsweise Palladium ein. Der größte Teil der Nachfrage stammt aus der Industrie, ist also konjunktursensibel. Andererseits kauften in den letzten Jah-ren immer mehr Anleger Silber und beeinflussten so den Preis stärker als in der Vergangenheit. Auch in puncto Mehrwert-steuer steht Silber zwischen den anderen Edelmetallen. Zwar gilt für Silber mit 19 % grundsätzlich der gleiche Mehrwert-steuersatz wie für Platin und Palladium. Allerdings wenden viele Sparkassen und Banken die so genannte Differenzbe-steuerung an, weshalb die tatsächliche Steuerlast geringer ausfällt. Mehr zu diesem Thema im folgenden Kapitel.
Zweiter Schritt: Anlagebetrag und StückelungDie Frage nach dem zur Verfügung stehenden Anlagebetrag ist der Ausgangspunkt für den zweiten Schritt der persönli-chen Kaufentscheidung. Münzen und Barren werden in un-terschiedlichen Größen und damit in unterschiedlichen Preis-klassen angeboten. Bei Gold beginnt das Angebot mit dem 1-Gramm-Barren, dessen Materialwert derzeit ungefähr drei Kinoeintrittskarten entspricht. Am anderen Ende der Skala stehen Barren und Münzen im Gewicht von 1 Kilogramm und im Gegenwert eines respektablen Mittelklassewagens. Zu dem
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Materialwert kommt der eingangs erwähnte Aufschlag für die Herstellungskosten und anderes hinzu. Grundsätzlich gilt, dass Edelmetall in den kleinen Einheiten vergleichsweise teu-er ist, wohingegen die großen Münzen und Barren pro Gramm gerechnet günstiger sind. Vor diesem Hintergrund erscheint es sinnvoll, für das eigene Anlagekapital eine möglichst gro-ße Münze oder einen passenden großen Barren zu erwerben.
Natürlich gibt es auch gute Gründe, mehrere kleine Einheiten zu kaufen. Hierzu zählt die Möglichkeit, bei Liquiditätsbedarf oder für Gewinnmitnahmen nur einen Teil der eigenen Edel-metallanlagen auflösen zu können. Im Erbschaftsfall helfen kleinere Stückelungen zudem, das Edelmetall ohne Verkauf gerecht aufzuteilen. Manche Anleger denken darüber hinaus an die Eignung der Edelmetalle als Zahlungsmittel in Notfäl-len. Muss eine Münze oder ein Barren hierfür verwendet wer-den, dann sollte er nicht zu groß sein. Der Wert sollte mög-lichst dem Wert des damit bezahlten Gutes entsprechen, denn sonst ist der Tausch für eine Partei unvorteilhaft. Ob eine solche Vorbereitung auf schlechte Zeiten notwendig ist und ob in diesem Fall Edelmetalle wirklich sinnvoll sind, soll an dieser Stelle nicht diskutiert werden. Tatsache ist, dass man-che Anleger solche Aspekte in ihre Entscheidungen einfließen lassen. Andernfalls wäre es auch kaum verständlich, warum in den letzten Jahren so viele relativ teure 1-Gramm-Goldbar-ren und Münzen im Gewicht einer Zehntel Unze (3,11 Gramm) nachgefragt wurden.
Dritter Schritt: Münzen oder Barren?Der dritte Schritt ist die Wahl, ob Münzen oder doch lieber Barren den Besitzer wechseln sollen. Hierfür soll zunächst auf einen allgemeinen Unterschied hingewiesen werden. Das Grundmaß für alle modernen Anlagemünzen ist die Feinunze zu 31,1 Gramm. Als kleinere Einheiten werden Münzen im Gewicht einer Halb-, Viertel-, Zehntel- und teilweise auch von einer Zwanzigstelunze angeboten. Und als größere Einheiten prägt beispielsweise Australien Münzen im Gewicht von zwei Unzen, zehn Unzen und einem Kilogramm. Bei Barren ist in Europa dagegen das metrische System mit Einheiten zu 5, 10, 20, 50, 100, 250 und 500 Gramm sowie 1 Kilogramm üb-lich.
Abgesehen von den sich aus der jeweiligen Größe ergeben-den unterschiedlichen Aufschlägen sind Barren häufig etwas günstiger als Münzen. Der Grund hierfür sind die meist nied-rigeren Aufwendungen für die Produktion und auch geringe-re Transportkosten, da in Deutschland vor allem Barren aus deutscher Herstellung angeboten werden. Mit dem Kauf von Goldbarren verringert sich deshalb der finanzielle Einsatz. Oder man kauft sich für sein Geld einfach ein bisschen mehr Edelmetall.
Dieser Beitrag wäre allerdings nicht komplett, wenn er nicht auf diejenigen Details einginge, die dennoch für Münzen spre-chen. Immerhin gilt auch hier, dass es offenbar Gründe für den Kauf der teureren Prägungen geben muss, denn sonst
würden sie nicht nachgefragt werden. Zuerst ist vermutlich der optische Reiz zu nennen. Münzen werden sehr sorgfältig gestaltet und machen häufig mehr her als die meist recht einfachen Barren. Aber auch Sachgründe können die Entschei-dung zu Gunsten der Münzen beeinflussen. Während Barren von jedermann hergestellt werden können, obliegt die Prä-gung von Münzen definitionsgemäß nur Staaten. Ihre Spezi-fikationen gehen als offizielle Zahlungsmittelausgabe in sämt-liche Nachschlagewerke und Kataloge ein. Damit bleibt im Gegensatz zu Barren leicht nachvollziehbar, wer wann was in welcher Menge hergestellt hat. Außerdem garantieren bei Münzen die prägenden Staaten für Goldgewicht und Reinheit. Viele Anlagemünzen sind aus diesen Gründen weltweit be-kannt und akzeptiert. Dagegen kursieren Barren aufgrund nationaler Vorlieben für bestimmte Hersteller und aufgrund unterschiedlicher Maßsysteme in mehr oder weniger eng ab-gesteckten (Welt-)Regionen. Darüber hinaus besteht auch ein Markt für Münzen, die schon lange Zeit nicht mehr geprägt werden. Und vermutlich werden die meisten Staaten in vie-len Jahren immer noch bestehen, wenn das Gros der heute aktiven Barrenproduzenten schon längst fusioniert oder den Firmennamen geändert hat beziehungsweise aus dem Ge-schäft ausgestiegen ist.
Vierter Schritt: Welche Münzen beziehungsweise Barren?Wenn man sich erstens für ein bestimmtes Edelmetall ent-schieden hat, zweitens die passende Größe gewählt hat und sich drittens im Klaren ist, ob man zu Barren oder Münzen tendiert, dann bleibt nur noch die Frage nach der konkreten Wahl offen. Bei den Barren sorgen viele Hersteller für viele unterschiedliche Formen. In der Regel entscheiden sich Spar-kassen und Edelmetallhändler für die Produkte bekannter Firmen und treffen damit schon eine Vorauswahl. Auch bei den Münzen ist die Entscheidung wesentlich einfacher, als sie im ersten Moment aussieht. Zwar reicht das Angebot üb-licherweise von kanadischen „Maple Leaf“-Münzen bis hin zu australischen „Kängurus“ von der anderen Seite der Erde. Ob nun ein Ahornblatt oder ein Beuteltier die zu kaufende Mün-ze zieren soll, ist aber in erster Linie eine Frage der persön-lichen Präferenz. Für den einen Menschen spielt das Motiv die entscheidende Rolle, für den anderen die Prägequalität und für den dritten möglicherweise die Sympathie für ein be-stimmtes Urlaubsland. Daneben bestehen immer wieder ge-ringfügige Preisdifferenzen, die sich aus der aktuellen Ver-fügbarkeit am Weltmarkt ergeben. Abgesehen hiervon beste-hen aber zumindest unter Anlagegesichtspunkten keine Unterschiede zwischen den in der nachfolgenden Tabelle auf-geführten Prägungen.
Neben diesen Anlagemünzen beziehungsweise Bullionmün-zen genannten Stücken werden zumindest im Goldsegment häufig auch historische Prägungen angeboten, die zur Zeit der Goldwährungen im Umlauf waren. Diese Handelsgold-münzen werden oftmals pro Gramm gerechnet etwas güns-tiger angeboten als Bullionmünzen vergleichbarer Größe. Da-für weisen die aus dem letzten oder vorletzten Jahrhundert
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stammenden Zahlungsmittel mehr oder minder starke Ge-brauchsspuren auf.
Wenn insbesondere die Wahl zwischen verschiedenen Mün-zen schwerfällt, dann ist es möglicherweise hilfreich, die Prä-gungen einmal direkt in Augenschein zu nehmen. Eine aus-gezeichnete Anlaufstelle hierfür sind die Hauptstellen der Sparkassen, in denen Edelmetallschalter mit Vitrinen und An-sichtsexemplaren eingerichtet sind. Bei Kaufinteresse sind
Die wichtigsten Goldanlagemünzen im ÜberblickBezeichnung Ausgabeland Nennwert Rohgewicht in g Feinheit in ‰ Feingewicht in g Abbildung
Nugget/Känguruh Australien 100 AUD 31,10 999,9 31,10 Queen/Känguruh oder Nugget
Panda China 500 Yuan 31,10 999,9 31,10 Panda/Tempel
Britannia Großbritannien 100 GBP 34,05 916 2/3 31,21 Queen/Britannia
Maple Leaf Kanada 50 CAD 31,10 999,9 31,10 Queen/Ahornblatt
Philharmoniker Österreich 1,50 Euro 31,10 999,9 31,10 Orgel/Musikinstrumente
Krügerrand Südafrika - 33,93 916 2/3 31,10 Ohm Krüger/Springbock
Eagle USA 50 US-Dollar 33,93 916 2/3 31,10 Weißkopfseeadler/Liberty
Buffalo USA 50 US-Dollar 31,10 999,9 31,10 Büffel/Indianer
Die wichtigsten Handelsgoldmünzen im Überblick:
Nennwert Ausgabeland Rohgewicht Feinheit Feingewicht
20 Franken Belgien 6,45 g 900 ‰ 5,80 g
100 Pesos Chile 20,38 g 900 ‰ 18,30 g
20 Kronen Dänemark 8,96 g 900 ‰ 8,06 g
20 Mark Preußen Wilhelm II. 7,96 g 900 ‰ 7,16 g
20 Franken Frankreich 6,45 g 900 ‰ 5,80 g
1 Pfund Großbritannien 7,98 g 916 2/3 ‰ 7,32 g
20 Lire Italien 6,45 g 900 ‰ 5,80 g
50 Pesos Mexiko 41,66 g 900 ‰ 37,50 g
10 Gulden Niederlande 6,72 g 900 ‰ 6,05 g
100 Kronen Österreich 33,87 g 900 ‰ 30,48 g
4 Dukaten Österreich 13,96 g 986 1/9 ‰ 13,80 g
8 Florin Österreich 6,45 g 900 ‰ 5,80 g
10 Rubel Tscherwonez Sowjetunion 8,60 g 900 ‰ 7,74 g
20 SFR Vreneli Schweiz 6,45 g 900 ‰ 5,80 g
Münzen und Barren auf Bestellung auch in den Zweigstellen erhältlich. Das Gleiche gilt für die Filialen der BW-Bank. Und im Edelmetall- und Münzkabinett der Baden-Württembergi-schen Bank in der Königstraße 3 in Stuttgart werden neben gängigen Anlagemünzen stets auch Sammlermünzen präsen-tiert. Das Institut ist damit die einzige Bank in Deutschland, die diesen Service bietet.
Thorsten Proettel
Die wichtigsten Silberanlagemünzen im Überblick:Nennwert Ausgabeland Feinheit
1 AUD Koala Australien 999 ‰
1 AUD Kookaburra Australien 999 ‰
10 Yuan Panda China 999 ‰
2 GBP Britannia Großbritannien 958 ‰
5 CAD Maple Leaf Kanada 999,9 ‰
1,50 EUR Philharmoniker Österreich 999 ‰
1 USD Eagle USA 999 ‰
Quelle: LBBW Commodity Research
Seite 118 Commodity YearbookMai 2014Rohstoffinvestments
Differenzbesteuerung von Silbermünzen ab 2014
Dass in Brüssel viel über die Vereinheitlichung bestehender Regelungen in den EU-Mitgliedsstaaten nachgedacht wird, ist keine neue Erkenntnis. Und dass die dort gefällten Beschlüs-se nicht immer zu Gunsten der betroffenen Menschen aus-fallen, ebenfalls nicht. Zuletzt hatten vor allem die dem Silber zugeneigten Anleger Anlass, Nachteile zu befürchten. Tat-sächlich halten sich die Auswirkungen der geänderten Besteu-erung bei Silber aber in engen Grenzen.
Einheitliche Besteuerung von physischem Silber ange-strebtDie aus europäischer Sicht nicht länger zu duldende Eigenart der Deutschen bestand in der unterschiedlichen Besteuerung von physischem Silber. Münzen unterlagen wie auch Lebens-mittel, Druckerzeugnisse und Kunstgegenstände bislang dem ermäßigten Mehrwertsteuersatz in Höhe von 7 %. In Form von Barren wurde und wird das Edelmetall hierzulande dagegen mit dem üblichen Mehrwertsteueraufschlag in Höhe von 19 % verkauft. Der Grund für die Bevorzugung von Münzen ist aus der Perspektive von Silberkäufern leicht nachvollziehbar und deshalb nicht zu beanstanden: Schließlich handelt es sich bei Münzen unzweifelhaft um Kleinkunstwerke, deren Absatz durch die niedrigere Steuer gefördert werden sollte. Die EU-Kommission ist kulturellen Errungenschaften zwar durchaus nicht abgeneigt. Offenbar setzt sie dabei aber ihre Schwer-punkte anders und sieht in der EU-weiten Anwendung der regulären Mehrwertsteuersätze ein höheres Kulturgut. Brüs-sel mahnte deshalb eine Änderung der bisherigen Praxis an und drohte der Bundesregierung sogar mit Strafen. In Berlin wurde deshalb die Anhebung der Mehrwertsteuer für Silber-münzen auf 19 % zum Jahresbeginn 2013 geplant.
Einführung von 2013 auf 2014 verschobenDoch manche politische Entscheidungen lassen sich schnel-ler beschließen als umsetzen. Auch das ist bekanntlich keine neue Erkenntnis. Im Bereich der physischen Silberanlagen bestand erheblicher Klärungsbedarf beispielsweise über die Anwendung des neuen Steuersatzes auf diejenigen Bestände von Edelmetallhändlern, die noch unter der alten Regelung erworben wurden. Letztlich verschob das Finanzministerium die Erhöhung der Steuer auf Anfang 2014 und gab damit An-legern ein weiteres Jahr Zeit, sich zum niedrigeren Satz von 7 % mit Silber einzudecken. Und da die Notierungen nachga-ben, lohnte sich der Kauf zum Jahresende 2013 ohnehin.
DifferenzbesteuerungsmethodeBis dahin nahm die Angelegenheit aber eine neue Wendung. Gerüchten zufolge soll ein Marktteilnehmer die ursprünglich aus dem Handel mit Antiquitäten stammende Differenzbe-steuerungsmethode in die Diskussion eingebracht haben. Und offenbar fand diese Idee im Finanzministerium und den entsprechenden politischen Kreisen nach anfänglichem Zö-gern ihre Anhänger. So wurde zwar die Mehrwertsteuer auf
Silbermünzen pünktlich zum Jahresbeginn 2014 auf 19 % an-gehoben. Gleichzeitig verfügte Berlin aber, dass Silbermün-zen weiterhin der ermäßigten Einfuhrumsatzsteuer von 7 % unterliegen. Durch diese Regelung kann, wenn dann auch noch die Differenzbesteuerung angewendet wird, ein Großteil der Steuererhöhung auf 19 % wieder abgemildert werden.
Was das in der Praxis bedeutet, soll folgendes Beispiel erklä-ren. Bislang wurde eine Silbermünze mit einem Nettopreis von 100 Euro mit 7 % besteuert, so dass der Endverkaufspreis bei 107 Euro lag. Durch die Erhöhung des Steuersatzes auf 19 % steigt der Bruttoverkaufspreis ohne Anwendung der Dif-ferenzbesteuerungsmethode auf 119 Euro. Der Erwerb für Anleger verteuert sich also um 12 Euro beziehungsweise um rund 11,2 %. Der Clou der Differenzbesteuerung liegt nun da-rin, dass nicht der Nettopreis der Münze die Grundlage für die Mehrwertsteuerberechnung darstellt, sondern nur die Differenz zwischen dem Einstandspreis der Bank oder Spar-kasse und ihrem Verkaufspreis. Beträgt die Marge im genann-ten Beispiel 5 Euro, dann beläuft sich die Mehrwertsteuer bei einem Satz von 19 % lediglich auf 0,95 Euro.
Beispielrechnung: Preiskalkulation für eine fiktive Silbermünze
2013 und heute
bis 2013 ab 2014
Bezug aus der Münze aus: Drittstaat EU-Staat Drittstaat EU-Staat
Nettoeinkaufspreis 95,00 95,00 95,00 95,00
+ Mehrwertsteuer (7 %/19 %) oder 6,65 18,05
Einfuhrumsatzsteuer (7 %) 6,65 6,65
= Bruttoeinkaufspreis 101,65 101,65 101,65 113,05
- Abzug Vorsteuer 6,65 6,65 (n. mögl.) 18,05
= Kalkulationsgrundlage 95,00 95,00 101,65 95,00
+ Marge 5,00 5,00 5,00 5,00
= Nettoverkaufspreis 100,00 100,00 106,65 100,00
+ Mehrwertsteuer (7 %/19 %, Regel- 7,00 7,00 19,00
bzw. Differenzbesteuerung) 0,95
= Bruttoverkaufspreis 107,00 107,00 107,60 119,00
Vorsteuerabzug fällt wegAllerdings dürfen sich die Silberkäufer nicht über eine abso-lut gesunkene Steuerlast freuen, wie dieser Cent-Betrag zu-nächst vermuten lässt. So groß war das Entgegenkommen der Silberliebhaber im Finanzministerium dann doch nicht. Gleichzeitig mit der Einführung der Differenzbesteuerung fällt nämlich der so genannte Vorsteuerabzug der Einfuhrum-satzsteuer weg. Auch dieser Punkt lässt sich am Besten an einem Beispiel erläutern:
Werden Silbermünzen aus dem Nicht-EU-Ausland importiert, dann unterliegt der aus dem Einkaufspreis sowie den Trans-port- und Versicherungskosten bestehende Zollwert der Ein-fuhrumsatzsteuer in Höhe von 7 %. Kaufen Banken und Spar-kassen die Münzen im Inland, dann müssen sie in der Regel selbst Mehrwertsteuer bezahlen, die ebenfalls 7 % betrug. Für die Silbermünze aus dem obigen Beispiel mit einem Net-to-Einkaufswert von 95 Euro waren somit brutto 101,65 Euro
Commodity Yearbook Mai 2014
Seite 119Rohstoffinvestments
zu berappen, egal ob es sich um Import- oder Inlandsware handelte. Aus Sicht des Käufers handelte es sich bei dem Steuerbetrag über 6,65 Euro jedoch nur um einen durchlau-fenden Posten, die so genannte Vorsteuer. Sie wurde mit der vom Endkunden zu bezahlenden Mehrwertsteuer verrechnet, weshalb die Kalkulation in der Branche bislang auf dem Net-topreis basierte.
Der Wegfall des Vorsteuerabzugs für importierte Münzen seit Anfang 2014 verändert die Kalkulationsgrundlage. Die ge-zahlte Einfuhrumsatzsteuer kann nicht mehr verrechnet wer-den und ist deshalb sozusagen unwiederbringlich verloren. Die im Beispiel genannte Marge über 5 Euro wird daher eben-so wie der Mehrwertsteuerbetrag in Höhe von 0,95 Euro auf den vollen Einstandspreis über 101,65 Euro addiert. Der Brut-toverkaufspreis der Münze beträgt somit 107,60 Euro.
Münzen haben sich trotz Mehrwertsteueranhebung kaum verteuertDie gute Botschaft lautet somit: Letztlich hat sich der Silber-erwerb aus Anlegersicht im Beispiel nur um 60 Cent bezie-hungsweise 0,54 % erhöht, wenn die Münze vom Zwischen-händler aus dem Drittland erworben und unter Anwendung der Differenzbesteuerung wieder veräußert wurde. Angesichts der täglichen Schwankungen des Silberpreises fällt der Un-terschied kaum ins Gewicht. Allerdings bedingt die Einfüh-rung der Differenzbesteuerung gewisse Änderungen für Sil-beranleger in Deutschland. Die Regelung gilt wie beschrieben nur für Münzen, die aus Drittstaaten eingeführt werden. Für Prägungen, die in der EU hergestellt und nur innerhalb des gemeinsamen Zollgebiets gehandelt wurden, gilt dagegen die Regelbesteuerung in Höhe von 19 %. Manche beliebte Münze muss deshalb unter Umständen teurer als bisher bezahlt wer-den.
Münzbarren bleiben vermutlich erhaltenVerschiedene Akteure prognostizierten aufgrund der geplan-ten Anhebung der Mehrwertsteuer auf 19 % bereits das Ende der in Deutschland beliebten Münzbarren. Diese Edelmetall-klötze haben zwar die Form von Barren. Sie gelten durch den aufgebrachten Prägestempel mit Nennwert und die Zulassung als offizielles Zahlungsmittel im Ausgabestaat aber als Mün-zen, weshalb sie im Gegensatz zu regulären Barren bislang nur mit 7 % besteuert wurden. Die Einführung der Differenz-besteuerung gibt nun Anlass, an den Münzbarren festzuhal-ten. In der Praxis besteht bislang aber ein kleines Problem. Sowohl die Münzbarren der Cook Island wie auch Andorras wurden unter der Lizenz der beiden Zwergstaaten in Deutsch-land hergestellt. Da die Einfuhr über den Zoll somit wegfällt, qualifizieren sich die Silberklötze nicht für die Anwendung der Differenzbesteuerung. Dies wäre erst dann der Fall, wenn ein Import aus dem Nicht-EU-Ausland stattfände. Weiterhin im Vorteil sind aber Großsilbermünzen aus Australien. Zu nennen sind die Prägungen zu 10 Unzen und 1 Kilogramm mit dem Abbild der Kookaburra genannten Vögel beziehungs-weise der Koalabären. Insgesamt besteht somit für Anleger weiterhin die Möglichkeit zum verhältnismäßig günstigen Kauf von Silber.
Fotos: © The Perth Mint
Thorsten Proettel
Seite 120 Commodity YearbookMai 2014Rohstoffinvestments
Rohstoff-Aktien
Die Aktienkurse der Ölunternehmen haben sich über den Zeitraum der letzten drei Jahren bei größerer Schwankungsbreite leicht schwächer als die großen Börsenindizes entwickelt. Stahlproduzenten leiden global, aber insbesondere in Europa an strukturellen Überkapazitäten. Laut Salzgitter sollte es noch mindestens zwei bis drei weitere Jahre dauern, bis der strukturelle Angebotsüberhang in Europa abgebaut ist.
Ölaktien
� ExxonMobil Unternehmensprofil: Hervorgegangen aus der Fusion von Exxon und Mobil im Jahr 1999 ist das US-Unternehmen der weltweit größte integrierte Öl- und Gaskonzern. ExxonMo-bil fördert ca. 4,2 Mio. Barrel Öläquivalente pro Tag, wobei rund drei Viertel der Produktion auf Regionen außerhalb der USA entfallen. Im Downstreamgeschäft verfügt der Konzern weltweit über Beteiligungen an rund 40 Raffineri-en und über 34.000 Tankstellen. Auf dem deutschen Markt ist ExxonMobil mit mehr als 1.000 Tankstellen hinter Aral und Shell die Nummer drei. Anlageurteil: Grundsätzlich zeichnet sich ExxonMobil durch eine hohe Rentabilität in der Förderung und einen hohen Integrationsgrad seiner Raffinerien aus. Der Konzern verfügt über robuste Mittelzuflüsse. Diese decken derzeit aber nicht die Ausschüttungspolitik (Bardividende und Ak-tienrückkauf) des Konzerns ab, so dass die Nettoverschul-dung über die Quartale sequentiell ansteigt. Die Bilanz ist mit einem Verschuldungsgrad von ~10 % jedoch weiterhin robust. ExxonMobil weist eine exzellente Dividendenhis-torie auf, in der die jährliche Dividendenzahlung 31-mal hintereinander angehoben wurde. Mit einer (Bar-) Dividen-denrendite von derzeit unter 3 % bildet ExxonMobil jedoch das Schlusslicht in unserer Vergleichsgruppe von Ölaktien. Gleichzeitig notiert die Aktie mit einem erwartetet KGV von ~12x am oberen Ende der Bewertung der Peerunternehmen.
� Chevron Unternehmensprofil: Durch die Fusion von Chevron und Texaco im Oktober 2001 entstand einer der weltweit größ-ten integrierten Ölkonzerne. Im vergangenen Jahr erwirt-schaftete Chevron nahezu die gesamten Erträge des Kon-zerns in der Förderung, wobei mehr als 75 % der Produk-tion auf Regionen außerhalb der USA entfielen. Das Downstream-Geschäft spielt bei Chevron im Vergleich zu den anderen großen Ölkonzernen eine unterdurchschnitt-liche Rolle. Anlageurteil: Mit einem erwarteten KGV von ~10x handeln die Aktien von Chevron im Einklang mit dem Durchschnitt unserer Vergleichsgruppe von Öl-Aktien. Chevron hat eine exzellente Dividendenhistorie, in der die jährliche Zahlung 26-mal hintereinander angehoben wurde. Die erwartete Dividendenrendite von derzeit unter 4 % liegt jedoch am unteren Ende unserer Vergleichsgruppe von Öl-Unterneh-men. Grundsätzlich verfügt Chevron über eine solide Kon-zernbilanz (z.B. einstelliger Verschuldungsgrad) und ro-buste operative Mittelzuflüsse. Diese decken derzeit jedoch nicht die Investitionen, Bardividenden und Aktienrückkäu-fe ab. 2013 betrug die Reserven-Erneuerungsrate lediglich 85 % (3-Jahresdurchschnitt: 123 %). Die Investitionen des Konzerns sollten 2013 mit rund 42 Mrd. USD (2012: 34 Mrd. USD) den vorläufigen Höhepunkt gesehen haben. Für 2014 veranschlagt Chevron ein Investitionsbudget von ~40 Mrd. USD. Chevron verzeichnete 2013 entgegen der anfängli-chen Unternehmensplanung einen Produktionsrückgang
Kurs Dividende Div. Rendite (%) Gewinn pro Aktie KGV (x) LBBW
Unternehmen ISIN 23.04.2014 2013 2014E 2013 2014E 2013 2014E 2013 2014E Rating
BP GB0007980591 506,8 0,36 0,39 4,5% 4,6% 0,71 0,83 11,4 10,2 Kaufen
Chevron US1667641005 115,51 3,90 4,15 3,1% 3,6% 11,09 11,10 11,3 10,4 Halten
ENI IT0003132476 17,48 1,10 1,12 6,3% 6,4% 1,22 1,42 14,3 12,3 Kaufen
ExxonMobil US30231G1022 95,79 2,46 2,64 2,4% 2,8% 7,37 7,83 13,7 12,2 Halten
OMV AT0000743059 34,24 1,25 1,30 3,6% 3,8% 3,41 3,94 10,2 8,7 Halten
Repsol ES0173516115 18,56 0,98 1,00 5,3% 5,4% 1,39 1,39 13,2 13,3 Halten
Royal Duch Shell GB00B03MLX29 2189 1,80 1,88 5,0% 5,2% 3,10 3,67 11,6 9,9 Kaufen
Statoil NO0010096985 160,00 7,00 7,25 4,8% 4,5% 14,59 15,67 10,1 10,2 Kaufen
Total FR0000120271 46,555 2,38 2,44 5,3% 5,2% 4,73 4,81 9,4 9,7 Kaufen
BP und Royal Dutch Shell: Berichterstattung in USD, Kurs in GBp - Chevron und ExxonMobil: Berichterstattung und Kurs in USD - Statoil: Berichterstattung und Kurs in NOKENI, OMV, Repsol und Total: Berichterstattung und Kurs in EUR (Total stellt mit dem Geschäftsjahr 2014 die Berichterstattung auf USD um, Dividenden werden in EUR beibehalten)
Commodity Yearbook Mai 2014
Seite 121Rohstoffinvestments
auf 2,597 Mio. boe/d. Für 2014 wird ein Anstieg um 0,5 % auf 2,610 Mio. avisiert. Dies entspricht dem Produktions-niveau von 2012. Bis 2017 soll die Förderung um mehr als 25 % auf 3,3 Mio. boe/d ausgeweitet werden. Chevron un-terlegt die Wachstumspläne mit einem breiten Portfolio von Neuprojekten.
� BP Unternehmensprofil: BP gehört zu den weltweit größten integrierten Öl- und Gaskonzernen. Im vergangenen Jahr entfielen knapp über 80 % des operativen Konzerngewinns auf den Bereich Exploration & Förderung. Das Unterneh-men produziert rund 2,3 Mio. Barrel Öläquivalente pro Tag. Das meiste Öl fördert der Konzern in den USA und in Russ-land. Das Raffineriegeschäft konzentriert sich primär auf Amerika und Europa. BP gehört mit der Marke Aral zu den Marktführern im deutschen Tankstellennetz. Anlageurteil: BP plant, mit Hilfe einer Vielzahl von Groß-projekten den operativen Cashflow um rund 50 % auf bis zu 31 Mrd. USD p.a. zu steigern. Gleichzeitig bleibt BP dis-zipliniert bei seinen Investitionen, die auch mittelfristig 27 Mrd. USD p.a. nicht übersteigen sollen. Der Verkauf von TNK-BP (50 %-Anteil) an Rosneft hat zu einer Verbesserung der Bilanzrelationen geführt. BP plant, aus Unternehmens-verkäufen weitere 10 Mrd. USD bis 2015 einzunehmen. Derzeit läuft ein Aktienrückkaufprogramm über 8 Mrd. USD. Weitere Aktienrückkäufe sind nach erfolgreichen Un-ternehmensverkäufen wahrscheinlich. Bei der Aufarbeitung des Bohrunglücks im Golf von Mexiko hat sich BP mit der US-Regierung bezüglich aller strafrechtlichen Klagen auf einen Vergleich in Höhe von 4,5 Mrd. USD geeinigt. Die Klärung möglicher zivilrechtlicher Ansprüche steht immer noch aus. Die Spekulationen über deren wirkliche Höhe reichten in der Vergangenheit von weniger als 5 Mrd. USD bis zu mehr als 17 Mrd. USD. BP verfügte per 31.12. 2013 über liquide Mittel in Höhe von 22,5 Mrd. USD. Die Unsi-cherheit bezüglich der Höhe der möglichen Milliardenstra-fe lastet auf der BP-Aktie. Derzeit bietet BP eine Dividen-denrendite von knapp unter 5 %.
� Royal Dutch Shell Unternehmensprofil: Royal Dutch Shell ging aus der Fu-sion zwischen Royal Dutch Petroleum und Shell Transport and Trading im Jahr 2005 hervor und gehört zu den welt-weit größten integrierten Öl- und Gaskonzernen. Das Un-ternehmen produzierte 2013 rund 3,2 Mio. Barrel Öläqui-valente pro Tag und ist einer der führenden Konzerne im Flüssiggasgeschäft. Die Verarbeitung und Vermarktung von Öl bzw. Ölprodukten, das so genannte Downstream-Ge-schäft, hat bei Royal Dutch Shell einen höheren Anteil an den gesamten Konzernaktivitäten als bei den Wettbewer-bern. Anlageurteil: Nach einer für Royal Dutch Shell unüblichen Gewinnwarnung für Q4-13 legt der seit Januar 2014 neu amtierende CEO van Beurden verstärktes Augenmerk auf Maßnahmen zur Effizienzverbesserung. Zusätzlich plant der Konzern im Rahmen einer Portfolioüberprüfung, inner-halb von zwei Jahren 15 Mrd. USD durch Verkäufe von Un-ternehmensteilen einzunehmen. 2013 betrug die Reserven-Erneuerungsrate 131 % (organisch: 123 %). Die Investitionen sollen 2014 auf 37 Mrd. USD (inkl. Zukäufen von 2 Mrd. USD) spürbar sinken. 2013 betrugen die vergleichbaren Ausgaben 46 Mrd. USD (inkl. Zukäufen von 8 Mrd. USD). Mit der Aussicht auf deutlich steigende Free Cashflows hat das Management für Q1-14 eine Erhöhung der Quartalsdi-vidende um 4 % auf 0,47 USD pro Aktie avisiert. 2013 hat-te Royal Dutch Shell mehr als 11 Mrd. USD als Dividenden an die Aktionäre ausgeschüttet und weitere 5 Mrd. USD in Aktienrückkäufe investiert. Die Aktie von Royal Dutch Shell bietet eine erwarteten Dividendenrendite von ~5 % und no-tiert mit einem KGV von ~10x im Rahmen der durchschnitt-lichen Branchenbewertung.
� OMV Unternehmensprofil: Mit der Übernahme der rumänischen Petrom Ende 2004 entwickelte sich OMV zum größten Erd-öl- und Erdgasproduzenten Mitteleuropas. Der Konzern fördert derzeit weniger als 300.000 Barrel Öläquivalente pro Tag (boe/d) und plant diese bis 2016 auf rund 400.000 boe/d zu steigern. Unter dem Dach der OMV befindet sich mit EconGas Österreichs größter Erdgasanbieter für Wei-terverteiler und Großkunden. OMV betreibt ein Netz von rund 4.200 Tankstellen. Der Staat Österreich hält 31,5 % der OMV-Anteile. Anlageurteil: OMV verzeichnete 2013 gegenüber dem Vor-jahr einen Rückgang von 28 % beim bereinigten Nettoge-winn auf 1,2 Mrd. EUR. Der Konzern musste im Bereich Ex-ploration und Produktion (Upstream) Produktionsausfälle in Libyen verkraften und litt im Bereich Raffinerien und Marketing (Downstream) unter einem Margenverfall. 2013 entfielen rund 58 % des operativen Gewinns auf den Be-reich Exploration und Produktion. 2013 ist die Produkti-
Marktverlauf Chevron und ExxonMobil vs. Dow Jones Aktienindex(indexiert; 1.1.2011 = 100)
Quelle: Thomson Reuters
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onsmenge im Jahresvergleich um 5 % auf 288 kboe/d ge-sunken Zukünftig erwartet OMV u.a. durch die Akquisition von Anteilen an Ölfeldern in der Nordsee und dem Start neuer Förderprojekte starkes Wachstum im Bereich Upstream. Die Produktionsmengen sollen 2014 auf 320 bis 340 kboe/d steigen und bis 2016 auf rund 400 kboe/d an-wachsen. Dies entspricht einem Anstieg von 39 % gegen-über der Produktion von 2013. Die Aktien von OMV notie-ren mit einem erwarteten KGV von unter 9x am unteren Ende der Vergleichsgruppe von Öl-Aktien. Ein Risiko für die Gewinnschätzungen ergibt sich u.E. aus der im Vergleich zur Peer Group relativ starken Präsenz von OMV in der Tür-kei und der derzeitigen Abwertung der Türkischen Lira (TRY). Die erwartete Dividendenrendite von 3,9 % (2014E) liegt rund 80 Basispunkte unterhalb des Branchendurch-schnitts. OMV zahlt den Aktionären eine Jahresdividende, während die Wettbewerber überwiegend quartalsweise Aus-schüttungen vornehmen.
� Statoil Unternehmensprofil: Statoil ist der größte Öl- und Gas-produzent in Norwegen und einer der führenden Gasliefe-ranten für den europäischen Markt. Im Jahr 2007 übernahm der Konzern das Öl- und Gasgeschäft seines einheimischen Konkurrenten Norsk Hydro. Mit 67 % befindet sich die Mehr-heit der Aktien in Staatsbesitz. Im Vergleich zu seinen Wett-bewerbern verfügt Statoil über geringe Raffineriekapazitä-ten. Nach dem Verkauf seines Retailgeschäftes im Jahr 2012 liegt der Unternehmensfokus auf dem Fördergeschäft (Upstream). Anlageurteil: Der Transformationsprozess hin zu einem auf das Fördergeschäft fokussierten Öl- und Gasproduzen-ten hat einerseits die Bilanz gestärkt und andererseits ei-nen Anstieg der Investitionen in der Förderung ermöglicht. Seit 2010 entdeckte Statoil Reserven in Höhe von 3,9 Mrd. boe, davon entfielen 1,3 Mrd. boe auf 2013. Die Reserven–Erneuerungsrate betrug 2013 komfortable 128 % (organisch: 147 %) und bildete die Grundlage eines aktiven Portfolio-managements. Seit 2010 hat Statoil Unternehmensteile für 18 Mrd. USD abgegeben und ~10 Mrd. USD Gewinne ver-bucht. Derzeit produziert Statoil ~1,85 Mio. boe/d. Der Konzern avisiert ein organisches Produktionswachstum von ~2 % für 2014 bzw. ~3 % p.a. für 2013-16. Statoil fokussiert sich stark auf die Entwicklung von Großprojekten und könn-te laut derzeitiger Unternehmensplanung das Produkti-onsziel von 2,5 Mio. boe/d bereits innerhalb von drei bis vier Jahren erreichen (alte Planung: 2020). Auf Basis der Schätzungen für 2014 notiert Statoil mit einem KGV von rund 10x und bietet eine Dividendenrendite von ~ 4,5 %. Einnahmen aus weiteren Unternehmensverkäufen könnte Statoil für Aktienrückkäufe verwenden.
� Total Unternehmensprofil: Mit der Übernahme von PetroFina und Elf Aquitaine in den Jahren 1999 bzw. 2000 hat sich Total zu einem der weltweit führenden integrierten Ölkon-zerne entwickelt. Das französische Unternehmen ist in al-len Industriesegmenten tätig, wobei der Ertragsschwer-punkt im Bereich Exploration und Förderung liegt. Total förderte im vergangenen Jahr 2,3 Mio. Barrel Öläquivalen-te pro Tag. Anlageurteil: Die Total Aktie bietet eine attraktive Dividen-denrendite von über 5 % und notiert mit einem KGV von leicht unter 10x. Total befindet sich in einem strategischen Optimierungsprozess des Portfolios. Nach Einnahmen von 13 Mrd. USD in den Jahren 2012-13 sollten Verkäufe noch-mals bis zu 7 Mrd. USD bis Ende 2014 in die Kassen des Unternehmens spülen. Total hat nach einer Phase verstärk-ter Investitionstätigkeit in neue Förderprojekte die Basis für steigende Produktionsmengen gelegt. 2013 betrug die Produktionsmenge 2,3 Mio. Mio. Barrel Öläquivalente pro Tag (boe/d). Der Produktionsplan von Total sieht für 2014 einen Anstieg von 4 % vor. 2015 und 2017 sollen die Pro-duktionsmengen dann 2,6 Mio. boe/d bzw. rund 3,0 boe/d betragen. Neben den guten Wachstumsperspektiven bietet Total eine solide Bilanz mit einem Verschuldungsgrad von 23 % im Rahmen des Zielkorridors (20 % - 30 %). Der Inves-titionshöhepunkt wurde 2013 überschritten, so dass für Total mit zukünftig steigendem Free Cashflow der Hand-lungsspielraum für höhere Dividenden oder Aktienrück-käufe steigen sollte.
Marktverlauf Statoil, Royal Dutch, BP und OMV vs. Stoxx Europe 50Aktienindex (indexiert; 1.1.2011 = 100)
Quelle: Thomson Reuters
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� Eni Unternehmensprofil: ENI gehört zu den großen europäi-schen integrierten Öl- und Gaskonzernen. Mit dem Verkauf von Snam im Jahr 2012 wurde der Unternehmensfokus auf das Explorations- und Fördergeschäft gerichtet. Im vergan-genen Jahr förderte ENI insgesamt 1,7 Mio. Barrel Öläqui-valente pro Tag. Über seine Tochtergesellschaft Saipem ist der Konzern auch als Ausrüster und Betreiber von Bohr-plattformen und Pipelines tätig. Der italienische Staat ist mit 30 % der Anteile größter Aktionär. Anlageurteil: Mit dem Verkauf der Snam-Beteiligung und der damit verbundenen verbesserten Kapitalstruktur hat ENI 2012 den Grundstein für das Wachstum über die nächs-te Dekade im Bereich Förderung gelegt. So plant das Un-ternehmen, seine Förderung um mehr als 4 % p.a. bis 2016 und um mehr als 3 % p.a. bis 2022 zu steigern. ENI setzt bei seinem organischen Wachstum verstärkt auf Großpro-jekte, beispielsweise in Russland, Kasachstan oder Vene-zuela. Zuletzt hatte der Konzern Probleme bei der Produk-tion (bspw. Diebstahl oder Sabotage) in Nigeria und Libyen. ENI hat Effizienzmaßnahmen eingeleitet, die das EBIT im Bereich Refining & Marketing und im Chemiegeschäft um mehr als 1 Mrd. EUR bis 2016 steigern sollen. ENI notiert derzeit mit einem erwarteten KGV von rund 10x für 2014 in der Mitte unserer Ölvergleichsgruppe (Minimum: 9x, Maximum 12x). Die erwartete Dividendenrendite von rund 6 % liegt über dem Branchendurchschnitt von rund 5 %. Die Umsetzung des Aktienrückkaufprogramms von bis zu 6 Mrd. EUR (~9 % der Marktkapitalisierung) sollte den Akti-enkurs unterstützen.
� Repsol Unternehmensprofil: Repsol gehört zu den großen euro-päischen integrierten Öl- und Gaskonzernen. Im Verarbei-tungs- und Vertriebsgeschäft hat das Unternehmen eine dominierende Stellung auf dem heimischen Markt in Spa-nien. Repsol besitzt einen Anteil von rund 30 % am Erdgas-versorger Gas Natural.
Anlageurteil: Repsol und der argentinische Staat haben sich auf eine Kompensationszahlung an den spanischen Ölkonzern in Höhe von 5 Mrd. USD für einen Anteil von 51 % an YPF verständigt. Mit dieser Einigung vermeidet Repsol einen langwierigen rechtlichen Streit. Die frühere argentinische Tochter YPF war im Mai 2012 überraschend verstaatlicht worden. Der Börsenwert des bei Repsol ver-bliebenen Minderheitsanteils an YPF (11,8 %) ist mittlerwei-le auf 1,3 Mrd. EUR angestiegen und steht nun zum Ver-kauf. Repsol hat 2013 große Fortschritte beim Abbau der Verschuldung gemacht. In Q4-13 wies das Unternehmen noch Nettofinanzverbindlichkeiten (inklusive Vorzugsaktien und Gas Natural) von 9,7 Mrd. EUR aus (Q4-12: 12,1 Mrd. EUR). Repsol hatte 5 % eigene Aktien verkauft und LNG-Aktivitäten (Liquified Natural Gas) an Royal Dutch Shell ab-gegeben. Für 2013 berichtete Repsol eine beachtliche or-ganische Reserven-Erneuerungsrate von 275 %. Im Ge-schäftsjahr 2013 litt der Konzern unter Produktions- ausfällen in Libyen. Die Gesamtproduktion wurde im Jah-resvergleich um 4 % erhöht, jedoch bei einer Verschlechte-rung des Produktmixes hin zu mehr Gas und weniger Öl. Die mittelfristige Planung von Repsol sieht Wachstumsraten von mehr als 7 % p.a. im Bereich Förderung (Upstream) vor. Nach der Abgabe von LNG Aktivitäten und steigenden Ex-plorationskosten dürfte der Gewinn pro Aktie 2014 bei ei-nem KGV von 13x stagnieren. Repsol bietet eine erwartete Dividendenrendite von über 5 %.
»Ölunternehmen zeichnen sich generell durch eine aktionärsfreundliche Ausschüttungspolitik aus. Diese umfasst neben der Zahlung von Dividenden oft auch den Rückkauf eigener Aktien. «
Jens Münstermann (LBBW Research)
Quelle: Thomson Reuters
Marktverlauf Total, Eni und Repsol vs. Euro Stoxx 50 Aktienindex(indexiert; 1.1.2011 = 100)
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Stahlaktien
Europäische Stahlproduktion erneut gegen den globalen Trend gesunkenDie globale Rohstahlproduktion ist 2013 gegenüber dem Vor-jahr um 3,5 % auf eine Höchstmarke von 1.607 Mio. Tonnen angestiegen. Das weltweite Wachstum wurde erneut von der Entwicklung in China bestimmt, welches die Produktion 2013 um 7,5 % oder 54 Mio. Tonnen auf 779 Mio. Tonnen ausge-baut hat. Innerhalb der letzten fünf Jahre hat das Land seine jährliche Rohstahlproduktion um mehr als die Hälfte gestei-gert und seinen Weltmarktanteil auf 48,5 % ausgebaut. Euro-pa repräsentiert einen Weltmarktanteil von rund 19,5 %. Die Rohstahlproduktion sank 2013 in Europa um 2,0 % im Ver-gleich zum Vorjahr auf 313 Mio. Tonnen. Dieser Wert liegt zwar 18,0 % oberhalb der Produktionsmengen des Krisenjah-res 2009 aber immer noch 14,2 % unterhalb des Rekordwer-tes aus dem Jahre 2007.
Stahlunternehmen reagieren mit Effizienzprogrammen auf VerlusteStahlproduzenten leiden global, aber insbesondere in Europa an strukturellen Überkapazitäten. Laut Salzgitter sollte es noch mindestens zwei bis drei weitere Jahre dauern, bis der strukturelle Angebotsüberhang in Europa abgebaut ist.Eine zu fragmentierte Angebotsseite und fehlende Mengen-disziplin haben den Stahlpreis, z.B. für Warmwalzband in Eu-ropa von über 600 EUR/t im Jahr 2011 auf zuletzt 450 EUR/t fallen lassen. Gleichzeitig haben hohe Rohstoffkosten insbe-sondere bei den Stahlunternehmen, die Eisenerz und Koks-kohle komplett fremdbeziehen, zu erheblichen Margendruck geführt. Die Diskussion über den Wegfall oder die Reduzie-rung der Ökostromrabatte bilden eine zusätzliche Unsicher-heit für die Produktionsstandorte in Deutschland. Auf die angelaufenen Verluste haben die Stahlunternehmen mit Kos-tensenkungsprogrammen reagiert. Im derzeitigen Wettbe-
Rohstahlproduktion nach Regionen 2005 - 2013
Mt (megatonnes) 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013
Europe 334 355 365 344 265 315 330 320 313
o/w EUR (27) 196 207 210 198 139 173 178 169 166
o/w CIS 113 120 124 114 97 108 113 111 109
North America 128 132 133 125 83 112 119 122 119
o/w USA 95 99 98 91 58 81 86 89 87
South America 45 45 48 47 38 44 48 46 46
Africa 18 19 19 17 15 17 16 15 16
Middle East 15 15 17 17 18 20 23 25 26
Asia 598 674 157 783 810 917 987 1020 1081
o/w China 356 421 490 512 577 639 695 725 779
o/w Japan 113 116 120 119 88 110 108 107 111
Australia/New Zealand 9 9 9 8 6 8 7 6 6
World 1147 1249 1347 1341 1235 1432 1529 1553 1607
Quellen: World Steel Association , LBBW
Rohstahlproduktion nach Ländern, 2013 (Anteil in %)
Quellen: World Steel Association, LBBW Research
49%
7%5%
5%
4%
4%
3%
2%
2%
19%
China
Japan
USA
IndienRußland
Süd-Korea
Deutschland
TürkeiBrasilien
Sonstige
Quelle: World Steel Association, LBBW Research
Globale Rohstahlproduktion (Mio. t) im Vergleich zu China 2005-13
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Commodity Yearbook Mai 2014
Seite 125Rohstoffinvestments
werbsumfeld müssen Effizienzgewinne jedoch zu großen Tei-len wieder an die Kunden weitergereicht werden. Auf die operativen Verluste und zusätzliche Wertberichtigungen folg-ten Kapitalerhöhungen zu Stärkung der Bilanzrelationen. Mit konjunkturellem Rückenwind hat die Stahlbranche vermutlich die Talsohle im abgelaufenen Jahr erreicht. Die Gewinnsitua-tion der Branche bleibt aber weiterhin unbefriedigend.
� ThyssenKrupp Unternehmensprofil: ThyssenKrupp ist ein diversifizierter Industriekonzern und beschäftigt weltweit rund 157.000 Mitarbeiter. Auf das Stahlgeschäft inklusive Rohstoffe und Dienstleistungen (Materials Services) entfielen im abgelau-fenen Geschäftsjahr 60 % des Konzernumsatzes von rund 39 Mrd. EUR. Der Konzern plant zukünftig stärkeren Fokus auf die Industriegeschäfte (Aufzüge, Anlagen- und Schiff-bau, Komponentenfertigung) zu legen. Anlageurteil: Für das laufende Geschäftsjahr 2013/14 avi-siert ThyssenKrupp (TKA) ein bereinigtes EBIT von rund 1,0 Mrd. EUR (2012/13: 0,6 Mrd. EUR). Unter dem Strich wird ein kleiner Nettoverlust erwartet (2012/13: -1,5 Mrd. EUR). TKA plant, über ein Effizienzprogramm Kosten von kumu-liert 2,3 Mrd. EUR p.a. bis 2015 einzusparen, davon sollen 850 Mio. EUR 2013/14 realisiert werden. Per 31.12.2013 betrugen die Nettofinanzschulden 4,5 Mrd. EUR mit einem
Gearing (Verschuldungsgrad) von 136 %. Die Eigenkapital-quote betrug niedrige 9 %. TKA hatte mit der Erhöhung des Grundkapitals um 10 % einen Erlös von 878 Mio. EUR er-zielt. Unter Einbeziehung des Verkaufs des US-Walzwerkes an ein Konsortium um ArcelorMittal für 1,55 Mrd. USD be-rechnen wir ceteris paribus ein Gearing von ~101 %. Das Stahlwerk in Brasilien hat sich als vorerst unverkäuflich er-wiesen. Die Verluste des Werkes konnten zuletzt u.a. auch durch eine Abwertung beim brasilianischen Real maßgeb-lich reduziert werden. Mit der teilweisen Rückabwicklung des Verkaufs von Inoxum an Outokumpu hat TKA u.a. eine Finanzforderung von zuletzt 969 Mio. EUR ggü. Outokum-pu aufgeben und dafür (vermutlich derzeit verlustreiche) Edelstahlaktivitäten zumindest vorerst wieder in den Kon-zern aufgenommen. Mögliche Belastungen aus Kartellver-stößen insbesondere bei Autoblechen bilden ein signifikan-tes Finanzrisiko und könnten letztlich erneut zu Kapital-maßnahmen führen.
� Salzgitter Unternehmensprofil: Die Salzgitter AG gliedert ihre Ge-schäftstätigkeiten in die Bereiche Flachstahl, Grobblech/Profilstahl, Energie, Handel und Technologie. Der zweit-größte deutsche Stahlkonzern hat eine Produktionskapazi-tät von ca. 7 Millionen Tonnen Rohstahl pro Jahr. Mit dem Erwerb der Klöckner Werke AG diversifizierte Salzgitter in Richtung Maschinenbau. Eine weitere Beteiligung von 25 % hält der Konzern an dem größten Kupferproduzenten Eu-ropas, Aurubis (ehemals Norddeutsche Affinerie). Anlageurteil: Salzgitter (SZG) weitete 2013 den EBT-Verlust auf 478 Mio. EUR aus (2012: -29 Mio. EUR). Darin enthalten waren Wertberichtigungen und Aufwendungen für Restruk-turierungen von zusammen 240 Mio. EUR. Für 2014 erwar-tet SZG eine "über-schaubare konjunkturelle Erholung von Mengen und Erlösen in anhaltend umkämpften Märkten" und projiziert ein EBT nahe Break Even. In besten Zeiten (2007-08) hatte SZG Vorsteuergewinne von über 1 Mrd. EUR erzielt. SZG hat ein Kostensenkungsprogramm installiert, das bis einschließlich 2016 mehr als 200 Mio. EUR p.a. ein-sparen soll. Die Wettbewerber von SZG haben ebenfalls Kostensenkungsprogramme installiert, so dass SZG zukünf-tige Effizienzgewinne wahrscheinlich teilweise an seine Kunden weiter geben muss. Einer nachhaltigen Erholung der Stahlpreise stehen strukturelle Überkapazitäten entge-gen. Bei anhaltend hohen Material/Rohstoffkosten (z.B. Ei-senerz) kommt es zu Margendruck. SZG hat gleich mehre-re Problemkinder: Das Geschäft mit Trägern kränkelt an einer lahmenden Baunachfrage in Südeuropa. Das Geschäft mit Spezialröhren leidet an einem schwachen französischen Automarkt. Der Bereich Großrohre (Pipelines) leidet an Un-terauslastung. Der kürzlich gewonnene Southstream-Auf-trag sollte ab Q2-14 entlasten. Er wurde aber in einem in-tensiven Wettbewerb vergeben (Preisdruck).
Quellen: World Steel Association, LBBW Research
Globale Kapazitätsauslastung Rohstahl 2008 -13
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2008 2009 2010 2011 2012 2013
Kapazitätsauslastung pro MonatKapazitätsauslastung im Jahresdurchschnitt
55 %
60 %
65 %
70 %
75 %
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Warmwalzband und Eisenerzpreis im Vergleich (2006 - heute)
Quellen: Thomson Reuters, LBBW Research
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Eisenerz Preis USD/t (linke Skala)Warmwalzband Preis EUR/t (rechte Skala)
Seite 126 Commodity YearbookMai 2014
� ArcelorMittal Unternehmensprofil: ArcelorMittal entstand aus der Über-nahme von Arcelor durch Mittal Steel. Der Firmensitz liegt in Luxemburg. Mit Aktivitäten in über 60 Ländern und ei-ner Rohstahlproduktion von 91 Mio. Tonnen im Jahr 2013 ist der Konzern der weltweit größte Stahlproduzent. Das Edelstahlgeschäft wurde in eine eigene Gesellschaft na-mens Aperam ausgegliedert. Um seine Rohstoffabhängig-keit zu verringern hat das Unternehmen über eine Reihe von Akquisitionen ein eigenes Minengeschäft aufgebaut. Mittlerweile gehört ArcelorMittal zur Gruppe der weltweit führenden Produzenten von Eisenerz. Anlageurteil: ArcelorMittal ist regional breit aufgestellt und hat mit dem Zugang zu eigenen Rohstoffen (Eisenerz, Kokskohle) einen Wettbewerbsvorteil, gegenüber Stahlun-ternehmen (wie z.B. ThyssenKrupp oder Salzgitter), die nicht vertikal integriert sind. Als Antwort auf eine schwa-che Stahlkonjunktur in Europa hatte der Konzern frühzeitig
ein Kostensenkungsprogramm verabschiedet. 2013 betru-gen die jährlichen Effizienzgewinne 1,1 Mrd. USD. Diese sollen bis 2015 auf 3 Mrd. USD p.a. ansteigen. ArcelorMit-tal hatte in der Spitze (Q3-08) Nettofinanzschulden von über 30 Mrd. USD zu schultern. Diese hat das Unternehmen per 31. Dezember 2013 auf 16 Mrd. USD zurückgeführt - u.a. durch die Aufnahme frischen Eigenkapitals. Das mit-telfristige Ziel für die Nettoverschuldung lautet ~15 Mrd. USD und schließt die kürzlich von den Kartellbehörden ge-nehmigte Übernahme des US-Stahlwerks von ThyssenKrupp mit ein. ArcelorMittal hatte bereits mit der Vorlage der Q3-13 Zahlen bekannt gegeben, die konjunkturelle Talsohle durchschritten zu haben. Für 2014 rechnet der Konzern mit steigenden Versandmengen bei Stahl und Eisenerz und avisiert einen Anstieg für das EBITDA auf ~8,0 Mrd. USD (2013: 6,9 Mrd. USD).
Jens Münstermann(LBBW Research)
Kurs Dividende Div. Rendite (%) Gewinn pro Aktie KGV (x) LBBW
Unternehmen ISIN 23.04.2014 2013 2014E 2013 2014E 2013 2014E 2013 2014E Rating
ArcelorMittal LU0323134006 11,2 0,20 0,20 1,1% 1,3% -1,46 0,86 negativ 18,0 Kaufen
ThyssenKrupp DE0006202005 19,5 0,00 0,00 0,0% 0,0% -2,71 -0,41 negativ negativ Verkaufen
Salzgitter DE0007500001 29,4 0,25 0,25 0,8% 0,9% -9,10 -0,43 negativ negativ Halten
Quelle: LBBW, ThyssenKrupp und Salzgitter: Berichterstattung und Kurs in EUR, Salzgitter 2013 Div. = SchätzungArcelorMittal: Berichterstattung in USD, Kurs in EUR
Rohstoffinvestments
Commodity Yearbook Mai 2014
Seite 127
Anhang
Einheit Bezug Stand 01.01.2014 Q3/14 Q4/14 Q2/15
Gesamtmarkt
DJUBS Commodity Index Spot 401 425 425 425
Energie
Rohöl Brent USD / Barrel Spot 110 100 100 100
Rohöl WTI USD / Barrel Spot 98 95 95 96
Gasoil ICE USD / Tonne Spot 943 850 850 850
Edelmetalle
Gold USD / Unze Spot 1208 1.200 1.200 1.200
Silber USD / Unze Spot 20 22,00 22,00 23,00
Platin USD / Unze Spot 1357 1.525 1.550 1.600
Palladium USD / Unze Spot 716 840 850 860
Industriemetalle
Aluminium USD / Tonne Spot 1755 1.850 1.940 1.980
Kupfer USD / Tonne Spot 7376 7.000 7.000 6.900
Nickel USD / Tonne Spot 13832 18.000 18.300 19.400
Zink USD / Tonne Spot 2191 2.160 2.180 2.260
Blei USD / Tonne Spot 2053 2.250 2.300 2.400
EURUSD Spot 1,38 1,32 1,30 1,25Quelle: LBBW Research
LBBW Commodity Research TeamHead of Commodity Research
Dr. Frank Schallenberger Achim Wittmann
Dipl. Volkswirt, Dipl. Betriebswirt (BA) Dipl. Kaufmann
Strategie, Indexentwicklung Industriemetalle
[email protected] [email protected]
Thorsten Proettel Frank Klumpp, CFA
Dipl. Ökonom Dipl. Betriebswirt (FH)
Edelmetalle Energie
[email protected] [email protected]
Prognoseüberblick
Seite 128 Commodity YearbookMai 2014
Rating-Historie
BP
Rating HistoryBuy 05.12.2012Hold 03.02.2011
Chevron
Rating HistoryHold 07.02.2013Buy 20.08.2008
ENI
Rating HistoryBuy 04.05.2012Hold 02.12.2009
Exxon
Rating HistoryHold 01.02.2012Buy 11.05.2010Hold 06.03.2008
OMV
Rating HistoryHold 11.10.2007
Repsol
Rating HistoryHold 04.03.2013Buy 17.01.2011
Royal Dutch Shell
Rating HistoryBuy 26.04.2012Hold 11.02.2010
Statoil
Rating HistoryBuy 26.11.2009Hold 01.12.2008
Total
Rating HistoryBuy 31.07.2012Hold 28.03.2012Buy 05.10.2011
ArcelorMittal
Rating HistoryBuy 11.05.2012
ThyssenKrupp
Rating HistorySell 18.02.2014Hold 13.08.2012
Salzgitter
Rating HistoryHold 29.01.2013
Anhang
Commodity Yearbook Mai 2014
Seite 129
Wir weisen darauf hin, dass die Fondsgesellschaften oder diesen nahe stehende Gesellschaften berechtigt sind, Vermittlern (wie etwa Kredit-
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hängigkeit vom vermittelten Fondsvolumen bemessen und in regelmäßigen Abständen an den Vermittler abgeführt. Es wird dem Anleger oder
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jeweiligen Steuergesetze sowie der Frage, wie dieses Investment im Privatvermögen oder in der Handels- und Steuerbilanz abzubilden und zu
bewerten ist. Vergangenheitsdaten geben keinen Aufschluss über zukünftige Wertentwicklungen. Die vorliegenden Informationen sind nicht
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Diese Publikation beruht auf von uns nicht überprüfbaren, allgemein zugänglichen Quellen, die wir für zuverlässig halten, für deren Richtig-
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den: Kaufen: Bezogen auf einen Zeithorizont von bis zu 12 Monaten empfehlen wir Investoren den Kauf der Aktie. Verkaufen: Bezogen auf ei-
nen Zeithorizont von bis zu 12 Monaten empfehlen wir Investoren den Verkauf der Aktie. Halten: Wir haben eine neutrale Einstufung der Aktie
und empfehlen auf Sicht von bis zu 12 Monaten weder den Kauf noch den Verkauf der Aktie. Unter Beobachtung: Das Rating wird derzeit von
uns überarbeitet. Ausgesetzt: Eine Beurteilung des Unternehmens ist momentan nicht möglich.
Anmerkungen: Das Rating-System vor dem 6. April 2009 lautete: Kaufen: Das Kurspotenzial der Aktie beträgt mindestens
10 %. Halten: Das Kurspotenzial der Aktie liegt zwischen 0 % bis 10 %. Verkaufen: Es wird eine negative Kursentwicklung der Aktie erwartet.
Die Ratings beziehen sich auf einen Zeithorizont von bis zu 6 Monaten.
Prozentuale Verteilung aller aktuellen Aktienratings der LBBW
Kaufen Halten Verkaufen Unter Beobachtung Ausgesetzt
39,9 % 48,5 % 10,7 % 0,9 % 0,0% Stand: 10.04.2013, 13:00 Uhr
Disclaimer
Anhang
Seite 130 Commodity YearbookMai 2014
IMPRESSUMCommodity Yearbook Mai 2014
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Redaktion: Landesbank Baden-Württemberg Commodity Research Am Hauptbahnhof 2 70173 Stuttgart
Dr. Frank Schallenberger Frank Klumpp Thorsten Proettel Achim Wittmann
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Layout: Bettina Drevenšek
Redaktionsschluss: 09. Mai 2014
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