BAYERISCHER OBERSTER RECHNUNGSHOF
B e r i c h t
über die
Ursachen der Kostensteigerung beim Neubau der
Pinakothek der Moderne in München
- 2 -
Abkürzungsverzeichnis
AFU-Bau Ausführungsunterlage Bau
BRI Bruttorauminhalt
BSGS Bayerische Staatsgemäldesammlung
DIN 276 DIN-Norm Baukosten im Hochbau
GBK Gebäudekosten
GK-Platten Gipskartonplatten
GWA Gas-Wasser-Abwasseranlagen
HNF Hauptnutzfläche
HOAI Honorarordnung für Architekten und Ingenieure
HU-Bau Haushaltsunterlage Bau
KFA Kostenflächenarten
Kgr. Kostengruppe nach DIN 276
LKA Landeskriminalamt
NF Nutzfläche
OBB Oberste Baubehörde
ORH Oberster Rechnungshof
PB-Mittel Planungs- und Bauleitungsmittel
PDM Pinakothek der ModerneRL Richtlinie
ROB Regierung von Oberbayern
SHBA Staatliches Hochbauamt
StMWFK Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst
TU Technische Universität München
UG Untergeschoss
VDS Verband der Sachversicherer
WBR Wärmeversorgungs-, Brauchwassererwärmungs- und Raumlufttechnik
ZBWB Zentralstelle für Bedarfsbemessung und wirtschaftliches Bauen
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Inhaltsverzeichnis
Vorbemerkung ................................................................................................ 4
1 Kostenfestlegung .................................................................................. 5
1.1 Ausgangslage ......................................................................................... 5
1.2 Vergleich mit anderen Museen ................................................................. 6
1.3 Kalkulation nach Kostenrichtwerten........................................................... 8
1.4 Index- und Kubaturanpassung.................................................................. 9
1.5 Ausschreibung von 60 % der Baukosten................................................... 9
1.6 Flächenumwidmung................................................................................10
2 Kostenentwicklung...............................................................................11
2.1 Allgemeine Mehrkosten gegenüber der HU-Baueinschließlich 1. Nachtrag .......................................................................13
2.2 Kosten von Maßnahmen, die nicht in der 2. Nachtrags-HU-Bau enthalten waren .........................................................................13
2.3 Mehrkosten durch gestalterische Wünsche ..............................................14
2.4 Mehrkosten durch zusätzliche Anforderungen der Nutzer ..........................15
2.5 Mehrkosten wegen Unterveranschlagung undnachträglicher behördlicher Auflagen .......................................................16
2.6 Mehrkosten durch gestörten Planungs- und Bauablauf..............................16
2.7 Mehrkosten durch Mehrwertsteuererhöhung.............................................17
3 Ursachen der Kostenentwicklung.........................................................17
3.1 Veranschlagung......................................................................................17
3.2 Bauliche Details mit hohen Kostensteigerungen........................................18
3.3 Kostenkontrolle.......................................................................................19
3.4 Projektorganisation.................................................................................24
3.5 Terminplanung .......................................................................................26
3.6 Nachtragsbearbeitung.............................................................................27
4 Fazit der Bauverwaltung.......................................................................28
5 Zusammenfassung ...............................................................................29
Anlage 1 Entscheidung Schwarze Wanne - Weiße Wanne........................ 2
Anlage 2 Darstellung der Mehrkosten....................................................... 4
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Vorbemerkung
Der Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen hat in seiner Sitzung am
11. Juli 2000 einen zweiten Nachtragskostenanschlag für den Neubau der Pinako-
thek der Moderne (PDM) in Höhe von 36,01 Mio DM gebilligt. Damit stiegen die ge-
nehmigten Kosten von 201,2 auf 237,21 Mio DM (18 %). Der Nachtrag wurde u. a.
mit der Maßgabe bewilligt, dass die Verwaltung die Gründe für diese Kostensteige-
rungen genau untersucht. Mit Schreiben vom 27. Oktober 2000 hat der Staatsminis-
ter des Innern eine umfassende Untersuchung über die Ursachen dieser Kostener-
höhung durch den Obersten Rechnungshof angeregt.
Da sich der ORH bereits 1999 im Rahmen einer örtlichen Zwischenprüfung mit der
Baumaßnahme PDM befasst hatte, hat er diese Anregung aufgegriffen und ergän-
zende Erhebungen bei der Obersten Baubehörde[D1], dem Staatsministerium für
Wissenschaft, Forschung und Kunst[D2], den Staatsgemäldesammlungen, dem
Staatlichen Hochbauamt München I und den dort eingesetzten Arbeitsgruppen für
Baukostenkontrolle und für Regress durchgeführt sowie die Stellungnahmen zu
seinen Prüfungsmitteilungen vom 21. August 2000 ausgewertet. Der Ausschuss für
Staatshaushalt und Finanzfragen hat am 3. April 2001 die Baustelle besichtigt und
dabei die weitere Behandlung der Baumaßnahme bis zum Vorliegen des Berichts
über die Ursachen der Kostensteigerung beim Neubau der PDM zurückgestellt.
Der Bericht wird hiermit vorgelegt.
Wegen der Fülle der Prüfungsunterlagen war es notwendig, die Prüfung auf Stich-
proben und wesentliche Vorgänge zu beschränken. Der Neubau der PDM war
beim Abschluss der örtlichen Erhebungen noch nicht fertiggestellt; die weitere Bau-
abwicklung ist deshalb von diesem Bericht nicht erfasst; dies gilt z. B. für die Ver-
glasung der Rotunde und die Dachsanierung, die zu weiteren Kostenunsicherhei-
ten führen können. Auch die zahlenmäßige Darstellung steht unter dem Vorbehalt,
dass nur wenige Schlussrechnungen vorliegen.
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1 Kostenfestlegung
1.1 Ausgangslage
Erhebungen über die Ursachen von Kostensteigerungen müssen auch die Frage
einschließen, wie die Anfangskosten ermittelt worden sind. Die Kosten von
201,2 Mio DM wurden in einer [D3]HU-Bau (200 Mio DM am 23. März 1994) und
einem ersten Nachtrag (+ 1,2 Mio DM am 26. Juni 1995) festgesetzt. Einem um-
fangreichen Schriftverkehr ist zu entnehmen, dass die Kostenobergrenze ein-
gehalten werden sollte.
Die Schwierigkeit bestand allerdings darin, die Architektur des 1. Preises des
Architektenwettbewerbs mit dieser Kostengrenze in Einklang zu bringen. Das Pro-
jekt umfasste beim Architektenwettbewerb noch 258 000 m³, nach einer ersten
Überarbeitung sogar 270 000 m³ und sollte auf 200 000 m³ BRI reduziert werden.
Die OBB legte 1992 dem Kostenziel von 200 Mio DM die überschlägige Berech-
nung 200 000 m³ BRI x 1 000 DM/m³ BRI zugrunde. Zum Zeitpunkt der Kostenge-
nehmigung konnte das Projekt immerhin auf 220 000 m³ BRI verringert werden,
eine Reduzierung auf die angestrebten 200 000 m³ BRI gelang nicht. Gleichwohl
hat das mit der Kostenermittlung beauftragte Ingenieurbüro am 27. März 1993 die
„Machbarkeit der Einhaltung des vorgegebenen Kostenrahmens“ bestätigt (s. dazu
TNr. 1.4).
Zu diesem Zeitpunkt und auch später gab es wiederholt Bedenken von Projekt-
betei ligten einschließlich des Nutzers (BSGS), die es nicht für möglich hielten, die
Maßnahme bei den vorgegebenen Kosten zu realisieren. Auch die Regierung von
Oberbayern hatte nach fachtechnischer Prüfung der HU-Bau in ihrem Vorlagebe-
richt festgestellt, dass der Kostenrahmen äußerst knapp kalkuliert sei.
Der Baubeginn, der ursprünglich noch für Spätsommer 1994 geplant war, verzö-
gerte sich bis August 1996, weil die Mittel erst 1995 bewilligt wurden. Während
dieser Zeit wurde die Planung weitergeführt, die Kubatur erhöhte sich dabei wieder
um 19 000 m³ BRI. Diese Kubaturerhöhung, die alle Gebäudeteile betraf, wurde
von der OBB und dem Ingenieurbüro als kostenneutral bezeichnet. Zum Zeitpunkt
des Baubeginns hatte die PDM eine Kubatur von 239 340 m³ BRI. Damit ergab
sich bei vorgegebenen Gesamtkosten ein Kostenwert von 840 DM/m³ BRI. Das
Bauamt hatte allerdings die Auffassung vertreten, dass 1 000 DM/ m³ BRI nicht
unterschritten werden könnten.
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1.2 Vergleich mit anderen Museen
Die PDM wies zum Zeitpunkt der Kostenfestsetzung 1994 im Vergleich mit den in
der Zahlenübersicht 1 aufgeführten Museen deutlich geringere auf die Gesamtkos-
ten bezogene Kostenwerte auf:
Gesamtkosten vergleichbarer Museen Zahlenübersicht 1
ObjektGBK
(Stand März 1994) 1
DM
GBK/m²HNFDM
GBK/m³ BRI
DM
Staatsgalerie Stuttgart 2 119 250 000 14 370 930
Haus der Geschichte (Bonn) 3 129 342 000 12 030 1 220
Kunstsammlung NRW Düssel-dorf 3 124 600 000 18 350 1 180
Neue Pinakothek München 3 210 315 000 17 750 1 450
Staatliches Museum für Kunstund Design Nürnberg 4
100 000 000 14 090 1 215
PDM (Stand 1994: 220 000 m3) 200 000 000 12 506 906
PDM + 1. Nachtrag (26.6.1995:239 000 m3) 201 200 000 12 026 840
1) Kostenvergleich auf der Basis 1980 bereinigt
2) Quelle: Staatliches Vermögens- und Hochbauamt Stuttgart
3) Quelle: PLAKODA (Plankostendaten der Zentralstelle für wirtschaftliches Bauen des Landes
Baden-Württemberg)
4) Quelle: SHBA Nürnberg I
Bei Betrachtung nur der Bauwerkskosten (Kgr. 3.1 bis 3.5, d. h. ohne Erschließungs-
kosten, Einrichtungskosten, Außenanlagen und Baunebenkosten), die zum Ver-
gleich mit anderen Museen noch besser geeignet sind als die Gesamtkosten, er-
gibt sich folgendes Bild (Zahlenübersicht 2):
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Bauwerkskosten vergleichbarer Museen (Kgr. 3.1 bis 3.5) 1 Zahlenübersicht 2
Kubatur HNF KostenwertGebäude
Kgr. 3.1 bis 3.5bzw. 300 + 400
DM m³ m² DM/m³ BRI DM/m² HNF
Staatliches Museum für Kunstund Design Nürnberg 77 219 000 82 332 7 100 ~ 938 ~ 10 875
Neue Pinakothek München 2 191 970 000 145 302 11 860 ~ 1 320 ~ 16 190
Landesmuseum für Technikund Arbeit Mannheim 2
138 480 000 139 000 12 840 ~ 996 ~ 10 785
Kunstsammlung Düsseldorf 2 100 870 000 105 716 6 790 ~ 954 ~ 14 855
Staatsgalerie Stuttgart 100 130 000 128 600 8 300 ~ 778 ~ 12 064
Bundeskunsthalle Bonn 134 288 000 143 139 8 000 ~ 938 ~ 16 786
PDMStand Baubeginn(August 1996)
157 608 000 239 340 16 730 ~ 658 ~ 9 420
Pinakothek der Moderne 3
Stand Mai 2001 188 384 000 239 340 17 560 ~ 787 ~ 10 730
1) Kostenvergleich auf August 1996 indexbereinigt; in dieser Übersicht sind, ergänzend zu Zahlen-übersicht 1, weitere Bauwerke enthalten, von denen zusätzlich gesicherte Daten vorliegen.
2) Quelle: PLAKODA
3) einschließlich Teilflächen aus Verkehrsflächen (vgl. TNr. 1.6)
4) einschließlich Nutzflächen im 2. UG lt. Aufstellung des SHBA vom 6. Juli 2001
Die Zahlenübersicht 2 zeigt anhand der Kostenwerte DM/m³ BRI und DM/m² HNF,
dass zum Zeitpunkt des Baubeginns (August 1996) die Kgr. [D4]3.1 bis 3.5 deutlich
geringer veranschlagt waren als bei den aufgezeigten Museen.
Die OBB weist darauf hin, dass andere Museen, die in der Aufstellung des ORH
nicht enthalten sind, wie z. B. das Museum Schäfer in Schweinfurt oder das
Museum der Phantasie in Bernried, deutlich günstiger gebaut wurden. Der Archi-
tekt macht dagegen geltend, dass in der Aufstellung des ORH noch nicht einmal
die international bedeutenden, noch teureren Museen, wie z. B. Staatsgalerie Ber-
lin, Museum in Bilbao oder Museum Beyeler in Basel, enthalten seien, die den
Kostenunterschied zur PDM noch deutlicher ausfallen lassen würden.
Der ORH hat bewusst sowohl die von der OBB als auch die vom Architekten ge-
nannten zusätzlichen Objekte nicht in seine Vergleichsrechnung einbezogen. Zum
einen waren die Werte 1994 noch nicht vorhanden, zum anderen sind die ge-
nannten Objekte für solche Kostenvergleiche nicht geeignet, weil sie entweder zu
klein oder ihre Daten nicht gesichert sind.
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1.3 Kalkulation nach Kostenrichtwerten
Der ORH hat eine umfangreiche Nachkalkulation mit zwölf Kostenflächenarten
nach den RL für die Baukostenplanung (RPK 1-PC) der Zentralstelle für Bedarfs-
bemessung und wirtschaftliches Bauen durchgeführt und dabei errechnet, dass
sich zum Zeitpunkt der HU-Bau vergleichbare Gesamtkosten von 245 Mio DM
ergeben hätten, zum Zeitpunkt des Baubeginns 253 Mio DM. Der folgenden Zah-
lenübersicht 3 können HU-Bau-Kosten, KFA-Kosten und der Kostenstand Mai 2001
entnommen werden:
Nachkalkulation des ORH Zahlenübersicht 3
Kosten-gruppe
HU-Bau
DM
KFA1. Quartal 1994
(Zeitpunkt HU-Bau)
Index 3 161,6DM
KFA3. Quartal 1996
(ZeitpunktBaubeginn)
Index 3 166,4DM
KostenstandMai 2001
DM
1 490 000 490 000 506 000 10 733
2 5 234 000 5 234 000 5 406 000 4 633 585
3 157 608 000 197 487 000 (KFA) 204 000 000 (KFA) 188 384 293
4 3 731 000 3 731 000 3 854 000 3 766 000
5 2 525 000 2 525 000 2 608 000 2 679 351
6 1 077 000 1 077 000 1 112 000 1 781 046
7 28 742 000 34 740 000 1 35 880 000 35 596 000
Rundung 593 000 - - 648 990 2
zusammen 200 000 000 245 000 000 253 000 000 237 500 000
1) Die Kosten für die Kgr. 7 wurden entsprechend der Vorgabe in der HU-Bau mit 16,5 % aus Kgr. 1
bis 6 gerechnet = 210 544 000 DM x 16,5 % = 34 739 760 DM.
2) Reserve
3) Kostenvergleich auf der Basis 1980 bereinigt
Wenn bei dieser allgemein anerkannten Methode auch eine Abweichung von
+/- 10 % anzusetzen ist (Ergebnis einer Überprüfung dieser Methode durch die
OBB anhand von 80 abgerechneten staatlichen und nichtstaatlichen Hochbauten),
so hätten sich bei einem Abschlag von 10 % immer noch 220,5 bzw. 227,7 Mio DM
ergeben. Insbesondere zeigt sich auch hier, dass die Kgr. 3 mit 157 608 000 DM in
der HU-Bau sehr niedrig veranschlagt war und daraus resultierend auch die Neben-
kosten (Kgr. 7). In diesen beiden Kostengruppen sind auch die wesentlichen
Mehrkosten zu finden.
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1.4 Index- und Kubaturanpassung
Die Kubatur wurde über die anfänglich angestrebten 200 000 m³ hinaus in der
genehmigten HU-Bau auf 220 560 m³ und zu Baubeginn auf 239 340 m³ erhöht. Die
Kubaturerhöhung um 18 780 m³ (u.a. um 7 900 m³ wegen Ausbildung der Schwar-
zen Wanne1 als Weiße Wanne2 - vgl. Anlage 1 - und der Vollunterkellerung)
gegenüber der genehmigten HU-Bau-Kubatur hätte bei gleichen Ansätzen rechne-
risch eine Kostenmehrung von 17 Mio DM und damit Gebäudekosten (einschließ-
lich 1. Nachtrag) von 218 Mio DM ergeben:
200 000 000 DM : 220 560 m³ = 907 DM/m³,
Mehrung: 18 780 m³ x 907 DM/m³ = 17 Mio DM.
Berücksichtigt man außerdem die Steigerung des Baukostenindex von 6,9 % für
den Zeitraum Frühjahr 1992 (Zeitpunkt, an dem zum erstenmal das Kostenziel von
200 Mio DM aktenkundig ist) bis Baubeginn August 1996, so ergeben sich bereits
fortgeschriebene Kosten von 233 Mio DM (218 Mio DM x 98,992,5).
Anstatt insoweit die Kubaturerhöhung realistisch zu veranschlagen, ging man bei
Baubeginn von nur 840 DM/m³ aus (201 200 000 DM : 239 340 m³). Vergleichs-
bauten weisen wesentlich höhere Kennwerte aus (vgl. Zahlenübersicht 2).
Die OBB hat mitgeteilt, dass auch aus ihrer Sicht eine Indexfortschreibung in Höhe
von 7,5 Mio DM möglich gewesen wäre. Diese Kostenerhöhung sollte aber zum
damaligen Zeitpunkt noch durch vermeintliche „Projektreserven“ aufgefangen wer-
den.
1.5 Ausschreibung von 60 % der Baukosten
Um so weit als möglich Kostensicherheit zu erlangen, wurden vor Baubeginn 60 %
aller Gewerke der Baumaßnahme ausgeschrieben. Hieraus ergaben sich Kosten
von 91 630 620 DM. Der entsprechende Ansatz der HU-Bau betrug nach Abzug
der erforderlichen 10 % für Nachtragsrückstellungen dagegen nur 90 061 309 DM.
Damit lag die 60 %-Ausschreibung bereits höher, so dass für Nachträge nur noch
8,13 % zurückgestellt waren.
1) Beton der Bodenplatte und Wände werden mit einer schwarzen Dichtung versehen
2) betonierte Wanne aus wasserundurchlässigem Beton
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Die erheblichen Mehrkosten einzelner Gewerke wurden zwar rein rechnerisch
durch Minderangebote bei anderen Vergabeeinheiten dieser 60 %-Ausschreibung
(z. B. Raumlufttechnik) wieder aufgefangen. Entscheidender Fehler war jedoch,
dass gerade die Standards für diese Gewerke noch nicht realistisch festgelegt
waren. Folgerichtig hatte damals auch das Bauamt gefordert, dass die o. g. 8,13 %
Nachtragsrückstellungen keinesfalls für irgendwelche zusätzlichen Alternativen
oder Konstruktionsänderungen angesetzt werden dürfen. Gleichwohl wurde die
Nachtragsrückstellung später auf 5 % reduziert. Die erwarteten Einsparungen
konnten letztlich nicht realisiert werden.
Beispiel: Raumlufttechnische Anlagen, Stand HU-Bau (1994) 10 615 000 DM
Stand nach Ergebnis der 60 %-Ausschreibung (1996) 7 551 000 DM
Auftragsprognose nach 11. Kostenbericht vom 30.4.2001 11 380 000 DM
Wenn 60 % der Bauleistungen ausgeschrieben werden, setzt dies voraus, dass
insoweit auch die Werk- und Detailplanung weitgehend abgeschlossen ist. Das war
aber nicht der Fall, so dass auch insoweit keine Sicherheit für das „Kostenlimit“ von
200 Mio DM bestand. Ausschreibungen sollten angemessen zeitnah zum Bauab-
lauf stehen. Keinesfalls sollte verfrüht nur zur Kostensicherheit ausgeschrieben
werden.
Die OBB will künftig darauf achten, dass die Planungen ausreichend weit gediehen
sind, bevor sie bei geeigneten Bauvorhaben eine 60 %-Ausschreibung durchführt.
1.6 Flächenumwidmung
Zwischenzeitliche Überlegungen des Nutzers haben ergeben, dass aus 2 200 m²
Verkehrsflächen weitere Flächen von 830 m² für Ausstellungszwecke gewonnen
werden können. Damit ergibt sich nunmehr, bei unveränderter Gesamtfläche,
eine nutzbare Ausstellungsfläche von 17 560 m² und damit ein Kostenwert für die
Kgr. 3.1 bis 3.5 von 10 730 DM/m² HNF. Wenn diese Flächenumwidmung außer
Betracht bleibt, ergibt sich bei 16 730 m² HNF 3 ein Kostenwert von 11 260 DM/m²
HNF. Trotz gestiegener Baukosten liegen die Kosten- und Planungswerte der PDM
nach beiden Berechnungen im Vergleich mit anderen Museen im mittleren Bereich,
wenn die nach dem 2. Nachtrag zur HU-Bau genehmigten Mittel von 237,5 Mio DM
auch tatsächlich eingehalten werden können. Diese nachträgliche Betrachtung zeigt
3) 16 730 m² HNF lt. Aufstellung des SHBA München I vom 6. Juli 2001
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ebenfalls, dass die ursprüngliche Veranschlagung von 9 420 DM/ m² HNF (Stand
Baubeginn August 1996) zu niedrig war (vgl. TNr. 1.2 Zahlenübersicht 2).
2 Kostenentwicklung
Vor allem aufgrund der zu wenig ausgereiften Planungen kam es zu über 50 nach-
träglichen Änderungen von z. T. erheblichem Ausmaß, die zu den Mehrkosten von
brutto über 54,5 Mio DM beigetragen haben. Davon sind 36 Mio DM im zweiten
Nachtragskostenanschlag bereits genehmigt (29,9 Mio DM aus Haushaltsmitteln
und 6,1 Mio DM aus Spenden). Weitere Mehrkosten von 14 Mio DM waren bei
Festsetzung des zweiten Nachtragskostenanschlags schon bekannt, sind aber
nicht als zusätzliche Kosten aufgenommen worden, weil sie durch Einsparungen
von 7,35 Mio DM bei anderen Positionen und von 6,65 Mio DM durch Abwehr von
Ansprüchen und durch Regressnahmen gedeckt werden sollen (vgl. TNr. 2.6).
Hinzugekommen sind ferner weitere 4,5 Mio DM, die erst nach dem zweiten Nach-
tragskostenanschlag bekannt geworden sind und die ebenfalls durch Einsparun-
gen, in geringerem Umfang durch Abwehr von Ansprüchen oder durch Regressnah-
men, gedeckt werden sollen. Dieser Betrag ist jedoch noch nicht abschließend,
weil noch weitere Kosten im Raum stehen, die noch nicht beziffert werden kön-
nen. Hinzu kommen noch 772 000 DM aus sonstigen Haushaltsmitteln des Nut-
zers (für Personenrufanlage, Verkabelung Stellwände, Flachbildschirme).
Die Verwaltung versucht, die noch nicht genehmigten Mehrkosten durch Minder-
ausgaben bei genehmigten HU-Bau Ansätzen oder durch Wegfall einzelner in der
HU-Bau enthaltenen Maßnahmen aufzufangen. Beispielhaft wird hierzu aufgeführt:
- geringere Ausgaben bei den Stellplatzablösebeträgen 2,2 Mio DM
- Verzicht auf Wasserbecken bei den Außenanlagen 0,5 Mio DM
- Verzicht auf den Sonnenschutz am „Wintergarten“ 1,2 Mio DM
- Finanzierung der Bestuhlung des Vortragsraums über
Spenden, statt aus Haushaltsmitteln 0,3 Mio DM
- Kosten aus der Kgr. 3.5 (besondere Baukonstruktionen,
vgl. Zahlenübersicht 12) 4,4 Mio DM(ohne Baunebenkosten)
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Einen weiteren Unsicherheitsfaktor stellen noch Regressforderungen des Staates
und die Ansprüche wegen verlängerter Bauzeit dar,4 die im Kostendeckel noch
nicht enthalten sind. Inwieweit sie durchgesetzt oder abgewehrt werden können, ist
vom Ausgang der Verhandlungen und Rechtsstreitigkeiten abhängig. Der ORH
hält es für notwendig, dass diese Risiken in geeigneter Weise haushaltsmäßig
abgesichert werden.
In Zahlenübersicht 4 werden die Mehrkosten gegenüber der HU-Bau 1. Nachtrag
dargestellt. Viele der aufgeführten notwendigen Maßnahmen sind zunächst dem
Kostendeckel von 200 Mio DM zum Opfer gefallen, mussten dann aber doch aus-
geführt werden. Teilweise wurden Kosten auch durch den gestörten Planungs- und
Bauablauf verursacht. Durch Spenden finanzierte Ausgaben werden als Mehrkos-
ten dargestellt, da sie in den Deckel brutto eingerechnet sind, haushaltswirtschaft-
lich stellen sie grundsätzlich keine Mehrkosten dar.
Zusammenstellung der Mehrkosten insgesamt Zahlenübersicht 4
Mehrkosten, die z. Z. der HU-Bau 2. Nachtragbekannt waren
BezeichnungHU-Bau
(Baumittel)HU-Bau
(Spenden)
Kosten, diedurch Einspa-
rungen gedecktwerden sollen
Weitere voraus-sichtliche Mehr-
kosten, die durchEinsparungen
gedeckt werdensollen
DM DM DM DM
2.1 Allgemeine Mehrkostengegenüber der HU-Bau ein-schließlich 1. Nachtrag
14 970 000 2 000 000 1 837 000 3 050 000
2.2 Kosten von Maßnahmen, dienicht in der HU-Bau enthaltenwaren
1 567 000
2.3 Gestalterische Wünsche 1 000 000 447 000
2.4 Mehrkosten durch zusätzlicheAnforderungen der Nutzer
960 000 3 110 000 (772 000)*
680 000 102 000
2.5 Mehrkosten wegen Unterver-anschlagung und nachträgli-chen behördlichen Auflagen
887 000
2.6 Mehrkosten durch gestörtenPlanungs- und Bauablauf
12 000 000 8 581 000 1 297 000
2.7 Mehrkosten durch Mehrwert-steuererhöhung
1 960 000
insgesamt 29 890 000 6 110 000 13 999 000 4 449 000 1
Summe = 36,01 Mio
*) zusätzlich aus sonstigenHaushaltsmitteln des Nutzersfinanziert
(772 000)
1) ohne die in den folgenden Aufstellungen genannten unbekannten Kosten
4) siehe Zahlenübersicht 10 sowie Anlage 2 TNrn. 2.6.9 und 2.6.10
- 13 -
Die oben zusammenfassend dargestellten Mehrkosten werden in Anlage 2 im Ein-
zelnen erläutert, soweit sich dies anhand der Kostenansätze der HU-Bau nachvoll-
ziehen lässt. Sie werden in der Reihenfolge der obigen Nummerierung nachfol-
gend tabellarisch aufgeführt:
2.1 Allgemeine Mehrkosten gegenüber der HU-Bau Zahlenübersicht 5einschließlich 1. Nachtrag
Mehrkosten, die z. Z. der HU-Bau2. Nachtrag bekannt waren
BezeichnungHU-Bau
(Baumittel)HU-Bau
(Spenden)
Kosten, die durchEinsparungen
gedeckt werdensollen
Weitere voraus-sichtliche Mehr-
kosten, diedurch Einspa-
rungen gedecktwerden sollen
DM DM DM DM
2.1.1 Kosten des Wettbe-werbs 1 400 000
2.1.2 Musterhaus 1 260 000
2.1.3 Sichtbetonfassade 3 960 000 116 000
2.1.4 Terrazzoboden 2 800 000 2 000 000 1 050 000
2.1.5 Neujahrsempfang * 110 000 166 000
2.1.6 Einbruchmeldeanlage 1 555 000
2.1.7 Zonierung Klimaanlage 300 000
2.1.8 Klimatisierung Biblio-thek 240 000
2.1.9 Niederspannung undFernmeldeleitungen 1 400 000 2 000 000
2.1.10 Baunebenkosten 3 500 000 unbekannt
zusammen 14 970 000 2 000 000 1 837 000 3 050 000
*StMWFK-Mittel zusätzlich 100 000
2.2 Kosten von Maßnahmen, die nicht in der 2. Nachtrags-HU-Bau enthalten waren
Folgende Maßnahmen waren zwar bekannt, aber nicht in der 2. Nachtrags-HU-
Bau enthalten; sie sollen nach den Baukostenfortschreibungen des Ingenieurbüros
durch Einsparungen finanziert werden:
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Zahlenübersicht 6
Mehrkosten, die z. Z. der HU-Bau2. Nachtrag bekannt waren
BezeichnungHU-Bau
(Baumittel)HU-Bau
(Spenden)
Kosten, die durchEinsparungen
gedeckt werdensollen
Weitere voraus-sichtliche Mehr-
kosten, diedurch Einspa-
rungen gedecktwerden sollen
DM DM DM DM
2.2.1 Nachrüstung Klima 10 000
2.2.2 Türöffnungen 40 000
2.2.3 Gebäudeleittechnik 185 000
2.2.4 Begleitheizung Regen-fallrohre 37 000
2.2.5 Elektrische Türöffner fürbehindertengerechte Tü-ren
161 000
2.2.6 Umstellung der Kältema-schinen 300 000
2.2.7 Verbesserung Kühlwas-serbrunnen 455 000
2.2.8 Wasserüberleitung 171 000
2.2.9 Mechanische Entlüftung 105 000
2.2.10Rattenbekämpfung 8 000
2.2.11Verstärkung der Foam-glasdämmung 95 000
insgesamt 1 567 000
2.3 Mehrkosten durch gestalterische Wünsche Zahlenübersicht 7
Mehrkosten, die z. Z. der HU-Bau2. Nachtrag bekannt waren
BezeichnungHU-Bau
(Baumittel)HU-Bau
(Spenden)
Kosten, die durchEinsparungen
gedeckt werdensollen
Weitere voraus-sichtliche Mehr-
kosten, diedurch Einspa-
rungen gedecktwerden sollen
DM DM DM DM
2.3.1 Zusätzliche Fassaden-nische 25 000
2.3.2 Vergrößerung des Ra-dius der Rotunde 34 000
2.3.3 Akustikdecken 1 000 000
2.3.4 RauchabsaugungBrandfrüherkennung 100 000
2.3.5 Rauchansaugsystem 100 000
2.3.6 Verblendung Wand-hydranten 188 000
insgesamt 1 000 000 447 000
- 15 -
2.4 Mehrkosten durch zusätzliche Anforderungen der Nutzer Zahlenübersicht 8
Mehrkosten, die z. Z. der HU-Bau2. Nachtrag bekannt waren
BezeichnungHU-Bau
(Baumittel)HU-Bau
(Spenden)
Kosten, die durchEinsparungen
gedeckt werdensollen
Weitere voraus-sichtliche Mehr-
kosten, diedurch Einspa-
rungen gedecktwerden sollen
DM DM DM DM
2.4.1 Zusätzliche Teeküche 12 000
2.4.2 Absenkung des Boden-niveaus
175 000
2.4.3 Zusätzlicher Lastenaufzug 270 000 60 000
2.4.4 Geringere Feuchtewerteim Graphischen Depot
32 000
2.4.5 Überwachungskameras 20 0001 300 000
(250 000)* 30 000
2.4.6 Personenrufanlage (22 000)*
2.4.7 Elektronische Schließan-lage
590 000 267 000
2.4.8 Kapazitives System 152 000 Kosten unbekannt
2.4.9 Sicherheitsdoppelrohr 50 000
2.4.10 Kunst am Bau 540 000
2.4.11 Verschattung und Be-leuchtung
80 000 1 000 000 271 000
2.4.12 Verkabelung mobiler Stell-wände
(20 000)*
2.4.13 Flachbildschirme (480 000)*
2.4.14 Terrazzo- statt Doppel-boden
Kosten unbekannt
insgesamt 960 000 3 107 000 680 000 102 000
* Zusätzlich aus sonstigen Haus-haltsmitteln des Nutzers finan-ziert
(772 000)
- 16 -
2.5 Mehrkosten wegen Unterveranschlagung und Zahlenübersicht 9nachträglicher behördlicher Auflagen
Mehrkosten, die z. Z. der HU-Bau2. Nachtrag bekannt waren
Bezeichnung HU-Bau(Baumittel)
HU-Bau(Spenden)
Kosten, diedurch Einspa-
rungen gedecktwerden sollen
Weitere voraus-sichtliche Mehr-
kosten, diedurch Einspa-
rungen gedecktwerden sollen
DM DM DM DM
2.5.1 Stahl-/Glastüren 768 000
2.5.2 Lastenabhängung 59 000
2.5.3 Brandschutzgutachten 10 000
2.5.4 BrandabschottungSprinklerleitung 50 000
2.5.5 Zustimmungen im Ein-zelfall Kosten unbekannt Kosten unbekannt
insgesamt 887 000
2.6 Mehrkosten durch gestörten Planungs- und Bauablauf Zahlenübersicht 10
Mehrkosten, die z. Z. der HU-Bau2. Nachtrag bekannt waren
Bezeichnung HU-Bau(Baumittel)
HU-Bau(Spenden)
Kosten, die durchEinsparungen
gedeckt werdensollen
Weitere voraus-sichtliche Mehr-
kosten, die durchEinsparungen
gedeckt werdensollen
DM DM DM DM
2.6.1 Abdichtung Dach 1 000 000 1 000 000
2.6.2 Rinnenroste 600 000 Kosten unbekannt
2.6.3 Glaslamellen stattMetall
59 000 197 000
2.6.4 Wandputz 290 000 Kosten unbekannt
2.6.5 Überwachung derBaustelle
70 000 100 000
2.6.6 Winterdächer 1 100 000 Kosten unbekannt
2.6.7 BetriebskostenBaustelle
1 800 000 Kosten unbekannt
2.6.8 Änderung derBauausführung
1 508 000 Kosten unbekannt
2.6.9 Streitfälle 4 630 000 4 720 000
2.6.10 Bauzeitverzöge-rung
2 870 000 1 934 000 Kosten unbekannt
2.6.11 ArbeitsgruppenRegress undKostenkontrolle
Kosten unbekannt
insgesamt 12 000 000 8 581 000 1 297 000
- 17 -
Die Mehrkosten von 8,581 Mio DM sollen in Höhe von 6,65 Mio DM (4,72 + 1,93),
die Streitfälle und Bauverzögerungen betreffen, abgewehrt werden; der Rest soll
durch Einsparungen bei anderen Gewerken gedeckt werden. Insgesamt betragen
die bisher geltend gemachten Mehrkosten für Streitfälle und Bauverzögerungen
14,2 Mio DM.
Im Raum stehen außerdem Kosten, die noch nicht beziffert werden können und die
ebenfalls durch Einsparungen oder Abwehr bzw. Regressnahme gedeckt werden
sollen. Dazu gehören auch die neuerdings aufgetretenen Schäden in der Glaskup-
pel und bei der Akustikdecke, die zumindest vorübergehend zu einer zusätzlichen
Belastung des Bauherrn führen können.
2.7 Mehrkosten durch Mehrwertsteuererhöhung Zahlenübersicht 11
BezeichnungHU-Bau
(Baumittel)
DM
HU-Bau(Spenden)
ZusätzlicheMehrkosten
Mehrwertsteuererhöhung 1 960 000
3 Ursachen der Kostenentwicklung
3.1 Veranschlagung
Der mit dem 1. Preis des Wettbewerbs ausgezeichnete Entwurf für die PDM weist
signifikante Architekturelemente auf, wie z. B. die 25 m hohe Rotunde mit verglas-
ter Kuppel, diagonale Raumdurchdringungen, großzügige trapezförmige Treppen-
anlagen, umfangreiche Dachverglasungen, gebäudehohe schlanke Stützen usw.,
die die Gesamtkosten wesentlich beeinflussen. Genauso werden sie auch von der
Qualität der Ausführungsdetails bestimmt, die für das Museum als wichtig erachtet
werden (z. B. monolithische Betonfassade, Fußboden, Klimatechnik, Überwa-
chungssystem, Tageslicht- und Sonnenschutzsteuerung).
Natürlich hält es auch der ORH für notwendig, aus Gründen der Sparsamkeit und
Wirtschaftlichkeit die Baukosten je nach Angemessenheit und Bedeutung der
Baumaßnahme zu begrenzen und nur nach unabweisbarer Notwendigkeit fortzu-
schreiben. Die Vorgabe einer Kostengrenze muss jedoch Architektur und Qualität
des Ausbaus berücksichtigen. Zusätzlich zur Entscheidung, den 1. Preis zu bauen,
- 18 -
muss auch die Entscheidung fallen, welcher Standard zugrunde gelegt wird, und
zwar bevor ein Kostendeckel festgelegt wird.
Es wäre grundsätzlich möglich gewesen, „ein Museum für 200 Mio DM“ auch bei
einer Kubatur von 220 000 m³ BRI (HU-Bau-Wert) oder sogar bei einer Kubatur
von 239 000 m³ (Ausführung) zu errichten, nur hätte dann nicht dieses Museum
mit dieser Ausstattung verwirklicht werden können. Die für einen Museumsbau
wesentlichen Standards waren zwar im Stadium der HU-Bau in einem Erläute-
rungsbericht dargestellt, sie wurden in entscheidenden Bereichen aber erst im Lauf
der Detailplanung und Bauausführung endgültig entwickelt, und zwar zunehmend
höherwertig. Dass dies erst im späteren Vollzug entschieden wurde, war eine
wesentliche Ursache für die Überschreitung des Kostendeckels.
Die OBB erklärt, dass „der zunächst verpflichtend einzuhaltende Standard bei dem
Museum aufgrund einer falschen Kostenverfolgung sukzessive ausgeweitet und
angehoben wurde.“
Nach Art. 24 Abs. 1 BayHO dürfen Ausgaben für Baumaßnahmen „erst veran-
schlagt werden, wenn Pläne, Kostenermittlungen und Erläuterungen vorliegen, aus
denen die Art der Ausführung, die Kosten der Baumaßnahme ... ersichtlich sind“.
Dadurch soll das Budgetrecht des Parlaments gewahrt werden, damit es nicht
zwangsläufigen finanziellen Folgeentscheidungen ausgesetzt ist. Bei der PDM
lagen zwar Pläne, Kostenermittlungen und Erläuterungen vor; wie der Ablauf der
Maßnahme zeigt, mussten sie aber laufend geändert werden. Aufgrund der ver-
meintlichen Reserve war die OBB der Meinung, dass Mehrkosten aufgefangen
werden könnten.
Auch bei einem Museum, bei dem internationale Entwicklungen berücksichtigt wer-
den, hätte, wie unter TNrn. 1.2 bis 1.5 dargestellt, von Anfang an ein realistischer
Kostenwert ermittelt werden können. Dies wäre bei einer qualifizierten Baukosten-
steuerung früher offenkundig geworden (vgl. TNr. 3.3).
3.2 Bauliche Details mit hohen Kostensteigerungen
Bei einzelnen Baudetails entstanden hohe Mehrkosten. So mussten große Teile
der Dachabdichtung während des Baus erneuert werden. Auch nach der Sanie-
rung steht zu befürchten, dass wiederholt Bauunterhaltsarbeiten notwendig werden
(s. Anlage 2 TNr. 2.6.1). Die Verglasung der Rotunde wurde ebenfalls ausge-
tauscht. Derzeit wird durch Beweissicherungsverfahren untersucht, ob die Mängel
- 19 -
aufgrund von fehlerhaften Planungen der freiberuflichen Vertragspartner oder
durch Ausführungsmängel der Firmen verursacht wurden.
Bei der Stahlbetonfassade wurde wegen der gestalterischen Vorstellung des Archi-
tekten, dass der Sichtbeton der Fassade möglichst monolithisch erscheinen und
keine Bewegungsfugen aufweisen sollte, Neuland beschritten. In Deutschland wur-
de eine derartige Konstruktion noch nie verwirklicht. Die konstruktive Umsetzung
dieser Lösung erfolgte z. T. erst nach Ausschreibung und Vergabe der Sichtbeton-
arbeiten; ein Spezialbüro aus der Schweiz wurde für die konstruktive Durchbildung
eingeschaltet. Die nachträglichen Ausführungsänderungen führten zu umfang-
reichen Nachträgen und Terminverzögerungen (s. Anlage 2 TNr. 2.1.3).
Weitere Planungen, wie z. B. das Sicherheitssystem, die raumlufttechnischen Anla-
gen, die Sonnenschutz- und Tageslichtsteuerung, deckenbündige Einbauten von
Technikelementen, waren zunächst noch unausgereift und konkretisierten sich erst
während der Bauausführung.
3.3 Kostenkontrolle
3.3.1 Grundlagen
Kostenkontrolle ist ein ständiger Soll-Ist-Vergleich, sie muss zu jedem Zeitpunkt die
voraussichtlichen Endkosten benennen können. Kostensteigerungen für Verzug,
Behinderungen und Rechtsstreitigkeiten sind rechtzeitig zu ermitteln und in der
Baukostenfortschreibung zu berücksichtigen. Kostenerhöhende notwendige Maß-
nahmen einschließlich indexbezogene Steigerungen und Mehrwertsteuererhöhun-
gen, die nicht durch Einsparungen gedeckt werden können, sind sofort haushalts-
rechtlich genehmigen zu lassen.
Bei der Kostenkontrolle sollen Planer und Kostenkontrolleure intensiv zusammen-
arbeiten. Planende müssen zu jeder Zeit Einsicht in die Kostenkontrolle haben, um
die Kostenwirksamkeit ihrer Planungen erkennen und verantworten zu können.
Kostenkontrolleure müssen Einfluss auf Detailplanung, Ausschreibung und Ausfüh-
rung haben, wenn Kostenansätze überschritten werden. Der Architekt, der die ge-
stalterischen Ideen des Bauwerks entwickelt hat, war jedoch aus der aktiven Kos-
tenkontrolle ausgegrenzt. Auch der Nutzer sollte intensiv in die Kontrolle eingebun-
den werden, was ebenfalls nicht geschehen ist.
- 20 -
Die Kostenkontrolle ist zentrale Aufgabe der Bauverwaltung. Auch wenn sie einem
Ingenieurbüro übertragen ist, bleibt es Aufgabe der Bauverwaltung dessen Leis-
tung zu überwachen. Eine Verteilung dieser wichtigen Leistung auf mehrere Betei-
ligte ist nicht zielführend. Bei der PDM hat das mit der Objektüberwachung beauf-
tragte Ingenieurbüro das Ergebnis der von ihm durchgeführten Kostenkontrolle in
den Kostenkontrollberichten niedergelegt (zum Umfang der Kostenkontrolle siehe
TNr. 3.3.3).
3.3.2 Kostenkontrolle nach den Ansätzen der HU-Bau
Das Ingenieurbüro hat die Kgr. der HU-Bau, die nach DIN 276 gegliedert waren,
nach Vergabeeinheiten sortiert und dies zur Grundlage der Kostenkontrolle ge-
macht. Dies ist auch nach Auffassung des ORH eine notwendige Voraussetzung
für den Vergleich der tatsächlichen Ausschreibungsergebnisse mit den in der HU-
Bau dafür vorgesehenen Mitteln. Konsequenterweise ist es aber dann auch not-
wendig, die Kosten der Baumaßnahme ständig mit den einzelnen Kgr. der DIN 276
der ursprünglich genehmigten Kostenberechnung zu vergleichen. Eine Verknüp-
fung der Vergabeeinheiten mit den Ansätzen in den einzelnen HU-Bau-Kosten-
gruppen ist nach Auffassung des ORH zwingend erforderlich, um Überschreitun-
gen der genehmigten Ansätze rechtzeitig zu erkennen. Insbesondere ist dies bei
den Baukonstruktions- und Installationskosten notwendig, weil es sich hierbei um
„Schlüsselpositionen“ handelt, die etwa 70 % der Gesamtkosten ausmachen und die
Höhe der Baunebenkosten maßgeblich beeinflussen. Der ORH hat die Vergabeein-
heiten der Kostenberichte auf die Kgr. der HU-Bau umgegliedert und dabei festge-
stellt, dass z. B. die Baukonstruktionskosten (Kgr. 3.1) von 111 Mio DM auf
131 Mio DM und die Kosten für Installationen (Kgr. 3.2) von 23,5 Mio DM auf
37,2 Mio DM besonders stark gestiegen sind. Diese Entwicklung zeichnete sich
schon 1999 ab, ohne dass zeitnah darauf reagiert wurde (vgl. Zahlenübersicht 12).
- 21 -
Kostenkontrolle nach den Ansätzen der HU-Bau Zahlenübersicht 12
Umgliederung nach Kostengruppendurch den ORH
Kostenberichte des Ingenieurbüros Kgr. 3.1
Mio DM
Kgr. 3.5
Mio DM
Kgr. 3.1und 3.5Mio DM
Kgr. 3.2
Mio DM
HU-Bau 111,9 6,3 118,2 23,5
1. Sortiert nach Vergabeeinheiten (18.6.1996) 111,0 5,4 116,4 23,5
Kostenbericht Nr. 4 (30.6.1999) 112,7 3,7 113,4 24,4
Kostenbericht Nr. 5 (30.9.1999) 116,0 1,9 117,9 28,0
Kostenbericht Nr. 6 (31.12.1999) 116,7 1,9 118,6 27,5
Kostenbericht Nr. 7 (31.3.2000) 121,7 1,9 123,6 31,0
Kostenbericht Nr. 8 (30.4.2000) 122,0 1,9 123,9 31,2
Kostenbericht Nr. 9 (30.9.2000) 132,3 1,9 134,2 37,2
Kostenbericht Nr. 10 (31.1.2001) 130,9 1,9 132,8 37,2
Beim Kostenbericht Nr. 4 vom 30. Juni 1999 waren die Kosten der Kgrn. 3.1 und
3.2 einschließlich Baunebenkosten um über 2 Mio DM angestiegen, jedoch ging
man noch von einer Projektreserve von 11 Mio DM aus. Hätte man die Kostenbe-
richte laufend umgegliedert und mit den Kostengruppen der HU-Bau verknüpft, so
wäre jedenfalls schon geraume Zeit vor dem Kostenbericht Nr. 5 vom 30. Septem-
ber 1999 zu erkennen gewesen, dass die Baukonstruktionskosten 116 Mio DM und
die Installationskosten 28 Mio DM betragen werden, d. s. insgesamt 8,6 Mio DM
mehr als zu Beginn der Maßnahme. Hinzu kommen noch systemabhängig 16,5 %
Baunebenkosten, so dass dadurch schon bis September 1999 Mehrkosten von ins-
gesamt 10 Mio DM entstanden waren. Die Festlegungen für diese Entwicklung rei-
chen noch weiter zurück. Bei den „Besonderen Baumaßnahmen“ (Kgr. 3.5 nach
DIN 276) waren zwar 4,4 Mio DM (6,3 abzüglich 1,9 Mio DM) Reserven vorhanden,
doch war die Gesamtbilanz damit gleichwohl negativ (- 5,6 Mio DM).
Vom 30. Juni 1999 (Kostenbericht Nr. 4) bis 31. März 2000 (Kostenbericht Nr. 7),
also in neun Monaten, ist dann das Projekt PDM um 27 Mio DM angewachsen.
Kostenkontrolle nach Gewerken
Bei der Kostenkontrolle nach Gewerken bzw. nach Vergabeeinheiten war die Kos-
tenentwicklung ohne nähere Erläuterung oft schwer nachvollziehbar. So lag viel-
fach die Auftragsprognose unter den tatsächlich bereits gezahlten Beträgen, wie
- 22 -
z. B. aus dem Kostenbericht Nr. 6 vom 31. Dezember 1999 hervorgeht, ohne dass
näher bezeichnet wurde, unter welchem anderen Titel die Mehrung aufgefangen
werden sollte.
Zahlenübersicht 13
Auftragscode Zahlungssumme
DMAuftragsprognose
DM
Differenz
DM
0106.10600.03.0 85 600,55 64 000 21 600,55
0106.10600.17.0 27 252,24 9 000 18 252,24
0106.10600.21.0 111 561,21 64 000 47 561,21
0106.10600.23.0 157 526,76 111 000 46 526,76
0115.11500.N2.0 45 313,56 21 000 24 313,56
0120.12001.88.0 59 743,57 39 000 20 743,57
0121.12100.05.0 16 680,35 3 000 13 680,35
0162.16202.01.0 541 447,17 460 000 81 447,17
Das gilt auch für andere Eintragungen, bei denen sowohl Auftragssumme als auch
Auftragsprognose negativ ausgewiesen wurden, obwohl Zahlungen gebucht waren
(vgl. Zahlenübersicht 14).
Zahlenübersicht 14
AuftragscodeAuftrags-budget
Auftrags-summe
DM
Zahlungs-summe
DM
Auftrags-prognose
DM
0121.12100.09.0 0 - 73 650,37 35 823,29 - 73 000
0306.30600.48.0 0 - 7 072,00 18 094,85 - 7 000
0306.30600.51.0 0 - 71 942,78 25 078,10 - 71 000
In demselben Kostenbericht wurde auch bei einer Elektrofirma in der Prognose
eine Einsparung von 1 Mio DM angesetzt, obwohl bei den Elektroinstallationsarbei-
ten mit großen Nachträgen zu rechnen war. So wurde später der Auftrag wegen
überhöhter Nachtragsforderungen gekündigt.
Bei den Erhebungen der zwischenzeitlich eingeschalteten Arbeitsgruppe Kosten-
kontrolle stellte sich heraus, dass dem Ingenieurbüro nur z. T. bekannt war, welche
- 23 -
Nachtragsbeauftragungen anfallen würden. Sie wurden daher auch nicht als kos-
tensteigernde Prognose in die Kostenverfolgungen aufgenommen. Diese Versäum-
nisse in der Zusammenarbeit der Beteiligten zeigten sich dann auch in dem schnel-
len Überschreiten des Kostendeckels nach neun Monaten.
Das Ingenieurbüro weist darauf hin, dass Informationen über Beauftragungen und
Rechnungsbeträge nur schleppend und teilweise unvollständig zu erhalten gewe-
sen seien. Zusammenfassend stellt es fest, dass es den Bauherrn stets planungs-
begleitend mit ausführlichen Kostenberichten über die Kostenentwicklung infor-
miert habe. Es sei auch lediglich mit einem Beitrag zur Kostenkontrolle im Rahmen
der HOAI-Grundleistung der Objektüberwachung beauftragt worden.
3.3.3 Kostenüberwachung durch das Staatliche Hochbauamt
Für die OBB ist der Hauptgrund, warum die Kosten aus dem Ruder liefen, die feh-
lerhafte Kostenkontrolle des Ingenieurbüros. Bis 1999 habe es für sie keine Hin-
weise gegeben, dass die vom Landtag genehmigten Kosten nicht eingehalten wer-
den könnten. Wäre dies der Fall gewesen, hätte die Bauverwaltung selbstverständ-
lich entsprechend reagiert. Auch wenn man mit der OBB die Auffassung vertritt,
dass das Ingenieurbüro den Auftrag zur Kostenkontrolle und -steuerung über die
HOAI-Grundleistung hinaus als besondere Leistung hatte, bleibt der Bauherren-
vertreter letztverantwortlich für diese zentrale Aufgabe. Die Bauverwaltung hätte
deshalb zumindest die erbrachte Leistung regelmäßig bewerten müssen. Im übri-
gen hätte sie aufgrund der Kostenberichte des Ingenieurbüros Hinweise gehabt,
dass die Baukosten nicht ausreichen. Im Kostenbericht Nr. 5 vom 30. September
1999 wird mitgeteilt, „dass die Gesamtreserve rd. 5,6 Mio DM beträgt und bei
Beurteilung der geringen Reserve sowie der angekündigten Nachträge das
Gesamtbudget nicht zu halten ist“. Im selben Kostenbericht wurden entgegen
der Vorgabe, dass der Kostendeckel die Gesamtkosten einschließlich Spenden
umfasst, 2,3 Mio DM Spenden, die für Akustikdecken und Kameraüberwachung als
Mehrung zu sehen gewesen wären, als Minusbetrag gerechnet, um den Kosten-
deckel nicht zu erhöhen. Auch diese Handlungsweise wäre ein Hinweis für eine
bevorstehende Überschreitung des Kostendeckels gewesen.
Mit dem Kostenbericht Nr. 6 vom 31. Dezember 1999 betrug die Gesamtreserve
nur noch 4,5 Mio DM. Das Ingenieurbüro wies ausdrücklich noch einmal darauf hin,
dass das Gesamtbudget nicht einzuhalten ist. Erst als im nachfolgenden Kostenbe-
richt Nr. 7 vom 31. März 2000 mitgeteilt wurde, dass Mehrkosten von 16 Mio DM
- 24 -
erwartet werden, hat die Bauverwaltung die 2. Nachtrags-HU-Bau aufgestellt und
vorgelegt.
Die OBB führt aus, dass bereits seit Mai 1999 mehrfach mit dem genannten Inge-
nieurbüro Besprechungen darüber abgehalten worden seien, ob die Reserven
noch ausreichen, um z. B. die Mehrwertsteuererhöhung (s. TNr. 2.7) noch aufzu-
fangen. Im Ergebnis sei man bis Anfang 2000 immer noch davon ausgegangen,
dass allenfalls ein Nachtrag in Höhe der Mehrwertsteuererhöhung notwendig
werde. Als dann im März eindeutig die Kostenüberschreitung von 16 Mio DM
feststand, habe das Bauamt umgehend einen Nachtrag aufgestellt, der dann
Gesamtkosten von 237,5 Mio DM aufwies.
Der ORH ist der Auffassung, dass die tatsächliche Kostenentwicklung schon ein
Jahr früher erkennbar gewesen wäre, wenn die unter TNr. 3.3.1 beschriebene Kos-
tenkontrolle im Rahmen der Projektsteuerung durchgeführt worden wäre. Die OBB
hat ausgeführt, dass zwischenzeitlich eine neue Methode (Haushaltsvollzugspro-
gramm) entwickelt worden sei, mit dem bis zum Jahreswechsel 2002/2003 alle
staatlichen Bauämter ausgestattet werden sollen.
3.4 Projektorganisation
3.4.1 Bildung eines verantwortlichen Projektteams
Reibungsverluste zwischen den Projektbeteiligten sollten gar nicht erst entstehen.
Die Beteiligten sollten sich voll auf die durchzuführende Maßnahme konzentrieren
können und von anderen Aufgaben entlastet sein. Dies ist bei der PDM nicht
geschehen. Die Zuständigkeit und Verantwortung der einzelnen Planer war nicht
deutlich genug geregelt. So wurde z. B. der Architekt, der wesentlich für die Gestal-
tung des Museums verantwortlich war, nicht in die Verantwortung für die Einhal-
tung der Kostenobergrenze einbezogen.5 Für die Kostenkontrolle war ein Inge-
nieurbüro eingeschaltet worden, das gleichzeitig mit der Objektüberwachung als
Grundleistung beauftragt wurde. Die unzureichende Projektorganisation wird durch
einen außergewöhnlich umfangreichen und von gegenseitigen Vorwürfen gepräg-
ten Schriftverkehr und Rechtsstreitigkeiten zwischen den Projektbeteiligten doku-
mentiert.
5) vgl. Nr. 2 des Schreibens der OBB an den Vorsitzenden des Ausschusses für Staatshaushalt und
Finanzfragen vom 2. Mai 2001 Gz. II A 3 - 42 478.M - Türk/90
- 25 -
Der ORH hatte bereits im Jahresbericht 1996 TNr. 41.3.2 bei der Verlagerung der
Maschinenbaufakultät der TU nach Garching empfohlen, bei bedeutenden staatli-
chen Baumaßnahmen projektbezogene, möglichst alle Entscheidungsebenen des
Staates (einschließlich Nutzer) umfassende Projektgruppen mit verantwortlicher
Projektleitung zu bilden. Diese Projektorganisation sollte kurze Entscheidungs-
wege gewährleisten. Ferner sollten alle an der Planung und Bauleitung Beteiligten
(freiberuflich Tätige, Bedienstete des Staates und Nutzer) aufgrund klarer Zustän-
digkeiten für Projektsteuerung und -abwicklung vertrauensvoll zusammenarbeiten
und entsprechend motiviert sein. Bei der Erweiterung des Maximilianeums wie bei
anderen Großbauvorhaben, z. B. Neubau der Staatskanzlei, Maschinenbaufakultät
der [D5]TU in Garching, Neubau der Neuen Messe München, wurde gezeigt, dass
dies möglich ist. Die Bauverwaltung selbst hat in ihrer Broschüre „Initiativen und
neue Wege“ (1997) anhand dieser Beispiele darauf hingewiesen, was möglich ist,
wenn alle „an einem Strang ziehen“. Angesichts der hohen Bedeutung der Bau-
maßnahme PDM wäre hier gleichfalls eine straffe und effiziente Projektorganisa-
tion mit einem verantwortlichen Entscheidungsgremium notwendig gewesen.
3.4.2 Personalausstattung
Bei bedeutenden Bauvorhaben wie der PDM ist es besonders wichtig, dass ausrei-
chend qualifiziertes Personal sowie ausreichende Planungs- und Bauleitungsmittel
bereitgestellt werden. Der verantwortliche Abteilungsleiter des Bauamts hätte we-
gen dieser bedeutenden Aufgabe von anderen Aufgaben freigestellt werden müs-
sen. Spätestens auf seine mit Schreiben vom 9. August 1994 an die Amtsleitung
und die vorgesetzten Dienststellen erbetenen Personalverstärkungen hätte das
dafür notwendige Personal bereitgestellt werden müssen. Erst als der Ausschuss
für Staatshaushalt und Finanzfragen die Kostensteigerung auf 237,5 Mio DM gerügt
hatte, wurde als Verstärkung eine Kostenkontrollgruppe eingesetzt. Nunmehr sind
die Kosten der Maßnahme transparent dargestellt. Schon in der Planungsphase
wäre eine qualifizierte Personalverstärkung notwendig gewesen.
Die OBB teilt letztlich die Auffassung des ORH, dass für besondere Bauvorhaben
Projektteams eingerichtet werden sollen, und wird versuchen, dem künftig Rech-
nung zu tragen. Sie führt allerdings aus, dass die vom ORH gewünschten Projekt-
teams einen höheren Personaleinsatz zur Folge hätten, wozu sie sich angesichts
des in den letzten Jahren einschneidenden Personalabbaus kaum in der Lage
sehe.
- 26 -
3.5 Terminplanung
Die Festsetzung realistischer Termine ist für eine straffe Planungs- und Bauaus-
führung wichtig. Termine sollten überwiegend nach baufachlichen Erfordernissen
und mit Hilfe eines ausgewogenen Terminplans festgesetzt werden. Dies wurde
aber bei der PDM nicht ausreichend beachtet. Unrealistisch kurze Fertigstellungs-
termine führen zu Störungen im Projektablauf und damit zu Nachforderungen und
Behinderungsanzeigen von Auftragnehmern. Die Schwierigkeiten der Planungs-
und Bauabwicklung, wie z. B. Stillstand während der Planungsphase (zwischen
HU-Bau und AFU-Bau[D6]), Abänderungen im Gründungsbereich (Schwarze
Wanne - Weiße Wanne, vgl. Anlage 1), Probleme bei der Sichtbetonfassade
(Betreten von Neuland durch vorgespannte Armierung, für die Sonderfachleute
eingeschaltet werden mussten) und nicht gesicherte Ausschreibungsergebnisse
(Ausschreibungen mit Plänen M 1 : 100, Planungsstand HU-Bau, statt mit Werk-
und Detailplänen), waren der Bauverwaltung bekannt, gleichwohl hat sie am
Fertigstellungstermin festgehalten.
Erst im Dezember 1998 wurde eingeräumt, dass der Endtermin (Gebäudeüber-
gabe 30. September 1999) nicht zu halten ist. Der Fertigstellungstermin wurde auf
April 2000 verschoben.
Eine Bauzeit von drei Jahren und drei Monaten einschließlich Inbetriebnahme-
phase war - auch im Vergleich mit anderen Museen - unrealistisch (Beispiele:
Staatsgalerie Stuttgart fünf Jahre; Neue Pinakothek München sieben Jahre, was
allerdings nach Meinung des ORH zu lang war; Kunstsammlung Düsseldorf sechs
Jahre). Informationen über die Bauzeit vergleichbarer Museumsbauten hätten dies
erkennen lassen. Die OBB weist darauf hin, dass das neue Museum in Nürnberg in
drei Jahren errichtet wurde, und dass damit die Bauverwaltung bewiesen habe,
dass ein Museumsbau innerhalb von etwas mehr als drei Jahren zu realisieren sei,
das geringere Bauvolumen sei dort durch die schwierige Baustellensituation aus-
geglichen worden.
Die Erfahrungen bei anderen Museumsbauten in der Größenordnung der PDM
zeigen, dass dieser Zeitrahmen unrealistisch war. Nach Auffassung des ORH wäre
eine von der OBB genannte Bauzeit von drei Jahren allenfalls dann zu realisieren
gewesen, wenn das Projekt bis ins Detail vollständig durchgeplant, keine Änderung
zugelassen, eine straffe und effiziente Projektorganisation eingerichtet (s. TNr. 3.4)
und der Bauablauf störungsfrei abgewickelt worden wäre. Dass dies nicht der Fall
war, zeichnete sich schon in der Planungsphase ab. Da eine so komplexe Bau-
- 27 -
maßnahme zwangsläufig Unvorhergesehenes und Änderungen mit sich bringt,
führt ein Terminrahmen, der dafür keine ausreichenden Zeitreserven vorsieht, zu
zusätzlichen Störungen im Bauablauf und weiteren Zeitverzögerungen (vgl. hierzu
auch ORH-Bericht 1994 TNr. 22.5).
Die 60 %-Ausschreibung (s. TNr. 1.5) war außerdem für einen ungestörten zeitli-
chen Ablauf teilweise hinderlich, da die Vergaben einzelner Gewerke wegen der
Zuschlagsfristen zu einem zu frühen Zeitpunkt erfolgen mussten. Vor Baubeginn
sollen nur solche wesentlichen Gewerke ausgeschrieben werden, die üblicherwei-
se im Zusammenhang ausgeführt werden,6 allerdings unter der Voraussetzung,
dass die Ausführungsplanung dafür abgeschlossen ist. In der Regel gliedert sich
die Neubaumaßnahme in 40 % Rohbau- und 60 % Ausbaukosten. Für die Kos-
tensteuerung kann es notwendig werden, Kosteneinsparungen durch Alternativen
und Vereinfachungen bei Ausbauleistungen festzulegen, die bei verfrühter Aus-
schreibung und Vergabe nicht mehr möglich sind. Eine zu frühe Vergabe kann fer-
ner bei Terminverzögerungen in der Rohbauphase (Unvorhergesehenes wie Witte-
rung, Probleme bei der Gründung) zu Ansprüchen wegen Terminverzug bei den
bereits für den Ausbau beauftragten Firmen führen.
3.6 Nachtragsbearbeitung
Wegen unfertiger Planung, unrealistisch kurzer Termine und unzureichender Kos-
tenkontrolle kam es zu hohen Nachtragsforderungen. Diese Nachträge sind bei ge-
störtem Bauablauf besonders sorgfältig zu prüfen, um unberechtigte Forderungen
erkennen und ablehnen zu können. Die Arbeitsgruppe Kostenkontrolle hat unbe-
rechtigte Nachforderungen in Millionenhöhe erkannt, obwohl z. T. diese Nachtrags-
rechnungen von den mit der Objektüberwachung beauftragten freiberuflich Tätigen
bereits geprüft und anerkannt waren. Diese wären jedoch verpflichtet gewesen, die
Abrechnung nach Maßgabe der erteilten Bauaufträge sorgfältig zu prüfen und un-
berechtigte Nachtragsforderungen zurückzuweisen. Die Bauverwaltung hätte durch
gezielte Stichproben prüfen und erkennen müssen, ob die freiberuflichen Partner
ihre vertragliche Leistung erfüllen.
6) vgl. hierzu Abschnitt G Nr. 3.1 RLBau
- 28 -
4 Fazit der Bauverwaltung
Die OBB hat mitgeteilt, dass sie aufgrund der Fehleranalyse des Projektes bei künf-
tigen Baumaßnahmen verstärkt auf folgende Punkte achten werde:
- Projektsteuerung
Neben der Projektleitung, die nur vom Bauherrn, d. h. von den Bauämtern
wahrgenommen werden kann, werde die Bauverwaltung grundsätzlich auch
die Projektsteuerung (Qualität, Kosten und Termine) übernehmen, sofern sie
dazu personell weiter in der Lage sein werde.
Sollte es in Einzelfällen notwendig sein, die Projektsteuerung an Private zu
vergeben, werde von der Bauverwaltung eine regelmäßige Bewertung der
Qualität des Projektmanagements durchgeführt. Dabei werde sie darauf
achten, dass die mit der Projektsteuerung betrauten Büros bei den jeweili-
gen Bauvorhaben keine weiteren Ingenieurleistungen zu erbringen haben,
damit keine Interessenkollisionen entstehen.
- Projektkommissionen
Bei Baumaßnahmen mit besonderen Anforderungen werde sie nach Ertei-
lung des Planungsauftrags Projektkommissionen einrichten, in die alle Be-
teiligten eingebunden werden. Dies sei erfolgreich bei der Maßnahme „Neu-
bau Chemie“ in Großhadern praktiziert worden. Die Projektkommissionen
sollen eine optimale Information und Kooperation aller Beteiligten gewähr-
leisten.
- Projektteams
Für schwierige Baumaßnahmen werde die Bauverwaltung versuchen, an
den Bauämtern Projektteams einzusetzen, deren Mitglieder von sonstigen
Aufgaben freigestellt sind.
- Einbindung der Projektbeteiligten in das Budget
Alle Projektbeteiligten würden zu einem möglichst frühen Zeitpunkt auf das
zur Verfügung stehende Budget verpflichtet.
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Der ORH hält diese Projektorganisation für zielführend. Dabei ist besonders Wert
zu legen auf eine
- ausgereifte Planung und Festlegung der Standards,
- realistische Veranschlagung und Terminplanung,
- qualifizierte Kostenkontrolle und Kostensteuerung.
5 Zusammenfassung
Die Entscheidung, den mit dem 1. Preis des Architektenwettbewerbs ausgezeich-
neten Entwurf mit all seinen signifikanten Architekturelementen zu bauen, z. B.
25 m hohe Rotunde mit verglaster Kuppel, diagonale Raumdurchdringungen, groß-
zügige trapezförmige Treppenanlagen und Dachverglasungen erheblichen Aus-
maßes, beeinflusste mit dem daraus resultierenden Ausbaustandard die Baukos-
ten entscheidend. Gemessen an der Größe und Ausführungsqualität des Bau-
werks wurden die Kosten von 200 Mio DM zu gering veranschlagt. Sie wurden
festgelegt, ohne dass die Planung dieses Gebäudes fertig und die baulichen Stan-
dards der für das Museum wesentlichen Ausführungsdetails vorgegeben waren,
z. B. monolithische Betonfassade, Raumluftqualitäten, Tageslicht- und Sonnen-
schutzsteuerung, Bodenbeläge, Sicherheitskonzept. Im Hinblick darauf war die
ursprüngliche Kostengrenze von 200 Mio DM nicht realistisch.
Während der Planungs- und Bauzeit wurden über 50 z. T. sehr kostenwirksame
Änderungen der Planung und des Standards durchgeführt (vgl. TNr. 2), so dass
die Kosten inzwischen auf 237,5 Mio DM veranschlagt werden mussten. Das Miss-
verhältnis zwischen festgelegtem Kostendeckel und den Kosten der tatsächlichen
Bauausführung wurde wegen mängelbehafteter Baukostenkontrolle nicht rechtzei-
tig erkannt.
Nicht ausgereifte Planungen und Ausführungsmängel (insbesondere der Dachkon-
struktion und Dachabdichtung, Putz, Verglasungen) führten in mehreren Fällen zu
Änderungen und sogar zu Neuerstellung bereits ausgeführter Bauteile. Bei der
Dachkonstruktion ist auch nach aufwendiger Sanierung zu befürchten, dass Bau-
unterhaltsarbeiten auf Dauer notwendig werden. Zu enge Terminvorgaben, die
nicht eingehalten werden konnten, führten zu erheblichen Störungen im Bauablauf.
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Aus diesen Mängeln ergaben sich viele Streitigkeiten zwischen den Beteiligten, die
den Bauablauf zusätzlich hemmten. Regressforderungen, Honoraransprüche,
Ersatzvornahmen, hohe Nachtragsforderungen, Kosten wegen Bauzeitverlänge-
rungen usw. in Höhe von 14,2 Mio DM werden zurzeit unter Mitwirkung der einge-
setzten Arbeitsgruppen bearbeitet; 7,5 Mio DM davon sind in den genehmigten
Kosten enthalten. Der Rest ist noch vom ungewissen Ausgang der Verhandlungen
bzw. von Rechtsstreitigkeiten abhängig. Schon deswegen stehen für den ORH die
veranschlagten 237,5 Mio DM noch nicht endgültig fest.
Angesichts der hohen Bedeutung der Baumaßnahme wäre eine straffe und effi-
ziente Projektorganisation mit einem verantwortlichen Entscheidungsgremium und
einem qualifizierten Projektteam für Projektsteuerung und Projektabwicklung not-
wendig gewesen.
Vom Großen Kollegium beschlossenam 11. Juni 2002
Alfons MetzgerPräsident
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