Aus dem Institut für Physiologie
der Universität zu Lübeck
Direktor: Prof. Dr. Wolfgang Jelkmann
Gelelektrophoretisch bestimmte Verteilung schwerkettiger Myosin-Isoformen in der Skelettmuskulatur des Menschen
- Implikationen für Sport und Medizin -
Inauguraldissertation
zur
Erlangung der Doktorwürde
der Universität zu Lübeck
- Aus der Sektion Medizin -
vorgelegt von
Caroline Anna Guldner
aus Ulm
Lübeck
2015
1. Berichterstatter/-in: Prof. Dr. rer. nat. Horst Pagel
2. Berichterstatter/-in: Prof. Dr. med. Joachim Weil
Tag der mündlichen Prüfung: 2. November 2015
Zum Druck genehmigt. Lübeck, den 2. November 2015
Promotionskommission der Sektion Medizin
2
Inhaltsverzeichnis1. Einleitung ......................................................................................................................7
1.1 Allgemeine Vorbemerkungen......................................................................................7
1.2 Skelettmuskulatur, Muskelfasern, Sarkomere und Myosine .....................................7
1.3 Muskel- und Fasertypen..............................................................................................8
1.4 Schwerkettige Myosine und Myosin-Isoformen ........................................................9
1.5 Morphologische und funktionelle Grundlagen einer Muskelkontraktion.................10
1.6 Plastizität der Skelettmuskulatur..............................................................................13
1.7 Muskulatur von Menschen und Ziegen im Vergleich ...............................................14
1.8 Strukturerhalt schwerkettiger Myosine post mortem ..............................................14
2. Problemstellung .........................................................................................................16
3. Material und Methoden..............................................................................................18
3.1 Muskelproben und Lagerung ...................................................................................18
3.1.1 Gewinnung und Lagerung von Muskelgewebe aus Ziegen...........................18
3.1.2 Gewinnung und Lagerung aus humanen Leichen..........................................18
3.2 Probenaufbereitung und -analyse.............................................................................19
3.2.1 Proteinextraktion ............................................................................................19
3.2.2 Proteinbestimmung ........................................................................................20
2.2.3 Gelelektrophorese...........................................................................................20
3.3 Statistische Auswertungen........................................................................................24
3.3.1 Statistische Beschreibungen der Konstanz der Myosin-Fraktion von .........24
MHC II über 24 Tage................................................................................................24
3.3.2 Intra- und intermuskulärer Vergleich schwerkettiger Myosine zweier ..........24
Gruppen ..................................................................................................................24
3.3.3 Intermuskulärer Vergleich schwerkettiger Myosine mehrerer Gruppen .......24
3.3.4 Myosinzusammensetzung in Abhängigkeit vom Lebensalter.......................24
4. Ergebnisse...................................................................................................................25
4.1 Einfluss der Lagerungsdauer auf die Zusammensetzung schwerkettiger Myosin-
Isoformen beim MLD der Ziege .....................................................................................25
4.2 Intramuskulärer Vergleich schwerkettiger Myosine im MLD des Menschen...........26
4.3 Intermuskulärer Vergleich schwerkettiger Myosine verschiedener Skelettmuskeln
des Menschen.................................................................................................................27
3
4.3.1 MHC II-Vergleich zwischen dem proximalen MLD und dem M. erector spinae
..................................................................................................................................27
4.3.2 MHC II-Vergleich zwischen dem proximalen MLD und M. bizeps.................28
4.3.3 MHC II-Vergleich zwischen dem M. erector spinae und M. vastus lateralis. 29
4.3.4 Intermuskulärer Vergleich der Myosinzusammensetzung verschiedener
Skelettmuskeln........................................................................................................29
4.3.5 Intermuskulärer Vergleich des MHC IIX-Vorkommens...................................30
4.4 Myosinzusammensetzung in Abhängigkeit vom Lebensalter..................................31
4.5 Geschlechtsspezifische Myosinzusammensetzung.................................................33
5. Diskussion...................................................................................................................36
5.1 Myosinanalysen und Fasertypisierung......................................................................36
5.2 Validierung der relativen Myosinzusammensetzung bezüglich ihrer Lagerungsdauer
.........................................................................................................................................38
5.3 Myosin- und Muskelfaserzusammensetzung bei Ziegen und Menschen ...............38
5.4 Repräsentative Auswahl von Muskelproben zur Bestimmung der
Myosinzusammensetzung...............................................................................................39
5.5 Zusammensetzung schwerkettiger Myosine im MLD (intramuskulärer Vergleich). .40
5.6 Zusammensetzung schwerkettiger Myosine verschiedener Skelettmuskeln
(intermuskulärer Vergleich)..............................................................................................41
5.7 MHC IIX im Leistungssport.......................................................................................41
5.8 Myosinzusammensetzung in Abhängigkeit vom Lebensalter..................................42
5.9 Geschlechtsspezifische Myosinzusammensetzung.................................................44
5.10 Der Einfluss der Elektrostimulation auf die Muskelfasertransformation und
Genexpression schwerkettiger Myosine ........................................................................44
5.11 Implikationen der Zusammensetzung schwerkettiger Myosine für den Sport......46
5.12 Implikationen der Verteilung schwerkettiger Myosine für die Medizin ..................49
5.13 Zusammenfassung der Implikationen der relativen Myosin-Schwerketten
Zusammensetzung für Sport und Medizin......................................................................52
5.13.1 Implikationen für den Sport..........................................................................52
5.13.2 Implikationen für die Medizin.......................................................................53
6. Zusammenfassung.....................................................................................................54
7. Literaturverzeichnis ...................................................................................................56
8. Verzeichnisse der Abbildungen und Tabellen ..........................................................64
4
9. Danksagung................................................................................................................67
10. Lebenslauf.................................................................................................................68
5
Abkürzungsverzeichnis
ANOVA Varianzanalyse (englisch: analysis of variance)APS Ammoniumperoxodisulfat dd H2O doppelt destilliertes WasserDTT DithiothreitolEDTA EthylendiamintetraessigsäureEGTA Ethylenglykolbis (2-aminoethyl-) tetraacetatFT schnell kontrahierend (englisch: Fast Twitch)MHC schwerkettiges Myosin (englisch: Myosin Heavy Chain)MLD M. latissimus dorsi MWW-Test Mann-Whitney-Wilcoxon-TestSDS -PAGE Natriumdodecylsulfat-Polyacrylamidgelelektrophorese
(englisch: Sodium Dodecyl Sulfate Polyacrylamide Gel Electrophoresis)
ST langsam kontrahierend (englisch: Slow Twitch)TEMED Tetramethylethylendiamin
6
1. Einleitung
1.1 Allgemeine Vorbemerkungen
Als der Jamaikaner Usain Bolt im Jahre 2009 in Berlin die 100 m in 9,58
Sekunden (Kelland 2012 und Weinreich 2009) lief und somit seinen bestehenden
Weltrekord vom Vorjahr um 0,11 Sekunden unterbot, stellte sich vor allem bei
Sprintern die Frage, welche Faktoren dazu beitragen können, sportliche Höchst-
leistungen beim Sprinten immer weiter zu verbessern. Sind es bei Ausnahme-
sprintern vor allem trainingsbedingte Einflüsse, oder sind es angeborene Faktoren
wie die Zusammensetzung der Myosin-Isoformen (Trumpf 2012)? Könnte man die
sportliche Leistung durch die Kenntnisse molekularer biologischer Mechanismen
noch weiter optimieren? Zur Beantwortung solcher Fragen ist es eine
Grundvoraussetzung, die molekularen Grundlagen einer Muskelkontraktion und
insbesondere auch die Zusammensetzung der Myosin-Isoformen im menschlichen
Organismus zu kennen. Auch für medizinische Fragestellungen im Rahmen
muskulärer Rehabilitationsmaßnahmen und besonders bei muskulären
Herzunterstützungssystemen ist die Zusammensetzung der Myosin-Isoformen für
eine schnelle, kräftige und ausdauernde Muskelkontraktion von grundlegender
Bedeutung.
1.2 Skelettmuskulatur, Muskelfasern, Sarkomere und Myosine
Bei der Muskulatur der Säugetiere einschließlich der des Menschen unterscheidet
man quergestreifte und glatte Muskulatur sowie Herzmuskulatur. Während glatte
und Herzmuskulatur bei den Inneren Organen vorkommen und unwillkürlich sind,
dient die quergestreifte oder Skelettmuskulatur vor allem der aktiven willkürlichen
Fortbewegung des Individuums (Lokomotion).
7
Abbildung 1: Schematischer Aufbau der Skelettmuskulatur (Winkler 2009)
Die Skelettmuskulatur besteht aus Muskelfaserbündeln und diese aus Muskel-
fasern. Muskelfasern sind Zellen, die im Verhältnis zu ihrem Durchmesser von
maximal 0,1 mm eine z.T. erhebliche Länge erreichen können (bis zu 30 cm). Bei
der Entwicklung des Skelettmuskels ordnen sich einkernige Vorläuferzellen
(Myoblasten) in Ketten an. Diese fusionieren, bilden somit ein Synzytium mit bis zu
50 Kernen/mm und differenzieren schließlich zu Muskelfasern aus. Die Fasern
enthalten eine Vielzahl von parallelen Myofibrillen, die ihrerseits aus zahlreichen,
hintereinander geschalteten Sarkomeren zusammengesetzt sind. McArdle et al.
kalkulieren für eine Myofibrille im Durchschnitt 4500 Sarkomere. Für sämtliche
Myofibrillen einer Muskelfaser wird ein durchschnittlicher Wert von 16 Milliarden
dicken Filamenten (Myosin) und 64 Milliarden dünnen Filamenten (Aktin)
angegeben (McArdle et al. 1996).
1.3 Muskel- und Fasertypen
Skelettmuskulatur wird erstmalig im Jahre 1678 vom florentinischen Arzt Stefano
Lorenzini bei Fischen differenziert und in rote und weiße Muskeln eingeteilt. 1870
berichtet der französische Anatom Louis-Antoine Ranvier, dass die roten kapillar-
reichen Muskeln langsam kontrahieren (Typ I- oder ST-Fasern) und die weißen
kapillararmen Muskeln schnell kontrahieren (Typ II- oder FT- Fasern).
Morphologische, histochemische und biochemische Eigenschaften der
Muskelfasern sowie deren Funktion und Kontraktion sind in der folgenden Tabelle
zusammengefasst (Knechtle 2009).
8
Ein Muskel wird hinsichtlich seiner funktionellen Eigenschaften definiert durch den
überwiegenden enthaltenen Fasertyp und dessen Myosine (Myosin-Isoformen).
Die Heterogenität der individuellen Fasern ermöglicht eine große funktionelle
Vielfalt beim Ausüben komplexer Bewegungsmuster (Baldwin und Haddad 2001
und Colling 1997).
1.4 Schwerkettige Myosine und Myosin-Isoformen
Die Myosin-Isoformen eines Muskels können mit Hilfe einer Gelelektrophorese
bestimmt werden (Biral et al. 1988). Sie haben grundsätzlich dieselbe Funktion,
sind jedoch unterschiedlich molekular aufgebaut. Neben den bei Erwachsenen
auftretenden Myosin-Isoformen werden undifferenzierte während der Schwanger-
schaft (embryonale Isoformen) und differenzierte Isoformen, kurz nach der Geburt
(neonatale Isoformen) beschrieben (Baldwin und Haddad 2001, Hollmann und
Strüder 2009, Maso et al. 2000 und Pette und Staron 1990). In der vorliegenden
Arbeit wird lediglich auf die Gruppen der schwerkettigen Myosine bei
Erwachsenen eingegangen (MHC I, MHC IIA sowie MHC IIX). Die schwerkettigen
Myosine bestimmen die Kontraktionskraft und die Kontraktionsgeschwindigkeit
eines Muskels (Steinacker et al. 2002). Man unterscheidet die schwerkettigen
Myosine II, die beim untrainierten Muskel schnell kontrahieren aber schnell
ermüden und die schwerkettigen Myosine I, die langsam kontrahieren und über
9
Tabelle 1: Morphologie, Funktion und Kontraktion der Muskelfasertypen (modifiziert
nach Knechtle 2009)
einen längeren Zeitraum ermüdungsresistent sind. MHC II lässt sich in MHC IIX
(auch, je nach Spezies, MHC IIB oder MHC IIC genannt) und MHC IIA
differenzieren. Die Myosinköpfchen des MHC IIX haben eine höhere Enzym-
Aktivität als die des MHC I und durchlaufen den Kontraktionszyklus entsprechend
rund 10mal schneller; die Kinetik des MHC IIA ist 3- bis 5mal schneller als die des
MHC I (Bottinelli et al. 1999 und Hollmann und Strüder 2009). MHC IIB kommt
lediglich bei kleinen Säugetieren z.B. Ratten vor und weist eine noch höhere
Kontraktionsgeschwindigkeit auf als das Typ IIX-Myosin (Bottinelli et al. 1996 und
Pette 1999). Neben den reinen Fasertypen (mit ausschließlich MHC I-, MHC IIA-
oder MHC IIX-Isoformen) gibt es Mischfasern (Hybridfasern), die sowohl langsame
MHC I-Myosine als auch schnelle MHC IIA bzw. MHC IIX beinhalten (Baldwin und
Haddad 2001, Biral et al. 1988, Larsson et al. 1993 und Pette 1999).
1.5 Morphologische und funktionelle Grundlagen einer MuskelkontraktionEin Sarkomer (Abb. 2) ist die kleinste kontraktile Einheit der Muskulatur und
besteht aus Aktinfilamenten, die in Z-Streifen verankert sind, und aus den
Myosinfilamenten. Die aktivierten Myosinköpfchen des Myosinfilaments bewegen
die Aktinfilamente aufeinander zu, sodass sich das Sarkomer verkürzt.
Das Aktinfilament ist in erster Linie aus globulärem Aktin (G-Aktin) zusammen
gesetzt und mit zwei sich umeinander windenden Perlenketten zu vergleichen
10
Abbildung 2: Das Sarkomer als kleinste kontraktile Einheit eines Muskels besteht aus
den begrenzenden Z- Streifen mit darin verankerten Aktinfilamenten und den dazwischen
gelagerten Myosinfilamenten (modifiziert nach Hadel 2003).
(Abb. 3). Die regulatorische Einheit des Aktins bestehen jeweils aus dem
Troponin-Komplex (Troponin-T, -I und -C) und dem fadenförmigen Tropomyosin
(vgl. auch Abb.3). Nach Erregung des Muskels und konsekutiver Bindung von
freigesetztem Kalzium aus intrazellulären Speichern an das Troponin-C schiebt
der so „aktivierte“ Tropomyosin-Komplex den Tropomyosinfaden zur Seite und legt
so die Kontaktstelle des Aktins für die benachbarten Myosinköpfchen der
Schwerketten frei.
Abbildung 3: Das Aktinfilament besteht aus zwei perlenkettenartigen G-Aktinsträngen mit
angelagertem Tropomyosin und Troponin (modifiziert nach Fischer 2009).
Die einzelnen Abschnitte des Myosinmoleküls werden als Myosinschwanz,
Myosinhals und als Myosinköpfchen bezeichnet (Abb.4). Die Myosinköpfchen
werden unter Energieverbrauch in eine 90°-Stellung aufgerichtet, heften sich an
die entsprechenden Bindungsstellen des Aktins und ziehen es nach Abknickung in
eine 45°-Stellung zum Zentrum des Sarkomers. Das Sarkomer verkürzt sich nach
einem einmaligen Durchlauf des Kontraktionszyklus um rund 10 nm; der Zyklus
kann je nach Faserzusammensetzung 10- bis 100mal pro Sekunde durchlaufen
werden. Die Interaktion mehrerer Milliarden von Myosin- und Aktinfilamenten eines
Muskels ist die Grundlage einer Muskelkontraktion und wird als Gleitfilament-
theorie (Huxley und Hanson 1954 und Huxley 1969) bezeichnet, da die Aktin- an
den Myosinfilamenten „vorbei gleiten“, die Myosinfilamente treten dabei
gewissermaßen „auf der Stelle“.
11
Abbildung 4: Ein Myosinhexamer besteht aus zwei ineinander gedrehten Schwerketten
und vier Leichtketten in den Myosinköpfen (modifiziert nach Sigma Aldrich 2013).
Das Myosinmolekül (Abb. 4) ist ein hexameres Protein und besteht aus zwei
schweren Ketten (MHC, Myosin heavy chains), zwei regulatorischen (regulatory
light chains) und zwei essentiellen Leichtketten (essential light chains) (Hoppeler
und Billeter 2003). Die Funktion der Leichtketten ist noch nicht ausreichend
bekannt. Man vermutet jedoch, dass die Leichtketten eine regulierende Funktion
bei der Interaktion zwischen Myosin und Aktin haben (Pette 1990).
Abbildung 5: Der molekulare Mechanismus der Muskel-kontraktion: Die Myosinköpfchen
knicken im Myosinhals ab. Sie haben Kontakt mit dem Aktin und schieben es zum
Zentrum des Sarkomers. Somit verkürzt sich das Sarkomer (Sigma Aldrich 2013).
Je schneller sich die Myosinköpfchen aufrichten, desto schneller zieht sich das
12
Sarkomer zusammen und löst eine umso schnellere Muskelkontraktion aus. Damit
der Kontraktionszyklus ablaufen kann, muss Energie bereitgestellt werden. Diese
stammt aus der Spaltung von Adenosintriphosphat (ATP); verbrauchtes ATP kann
aus Kreatinphosphat (KrP) über die so genannte Lohmann-Reaktion rasch
regeneriert werden. Der weitaus größte Teil der Energiegewinnung erfolgt
innerhalb der Mitochondrien durch oxidative Phosphorylierung; dabei wird
zunächst molekular in den Nährstoffen gebundener Wasserstoff freigesetzt
(Citratzyklus) und durch kaskadenförmigen Elektrotransport an respirierten
Sauerstoff gebunden (Atmungskette; aerober Stoffwechsel). Bei schnellen und
kraftvollen Bewegungen kann allerdings auch unter Sauerstoffmangelbedingungen
für eine gewisse Zeit ATP synthetisiert werden (anaerober Stoffwechsel).
1.6 Plastizität der Skelettmuskulatur
Das Interesse an der Muskelfaserzusammensetzung und die Möglichkeit, einen
Fasertypen in einen anderen zu überführen (Muskelfasertransformation), reicht bis
in die 60iger Jahre des vergangenen Jahrhunderts zurück (Buller et al.1960) und
ist auch heute noch aktuell (Andersen et al. 2001, Pette 1999 und 2002 und Pette
und Staron 2000, Spurway 2006 und Staron 1997). Das adaptive Potential der
Muskelfaser wird erstmalig durch das Kreuzinnervationsexperiment von Buller et
al. (1960) demonstriert. Dabei transplantierten Buller et al. mikrochirurgisch den
Nerven des schnell kontrahierenden M. tibialis anterior an die Stelle des Nerven
des langsam kontrahierenden M. soleus. Der umgesetzte Nerv des M. tibialis
anterior transformiert den langsam kontrahierenden M. soleus in einen schnell und
kräftig kontrahierenden Muskel. Umgekehrt wurde der schnelle Muskel durch den
Nervenaustausch in einen langsamen kontrahierenden Muskel verwandelt. Durch
dieses Experiment lag die Vermutung nahe, dass der Muskelfasertyp durch das
elektrische Reizmuster des jeweiligen Nerven definiert worden war. Wie in einem
der folgenden Kapitel noch gezeigt wird (Kap. 5.10), kann die im Bullerschen
Versuch durch Nerventransplantation geänderte nervale Innervation auch durch
ein künstlich moduliertes elektrisches Stimulationsmuster imitiert werden. Es
konnte gezeigt werden, dass ein elektrisches Impulsmuster eines
Muskelstimulators, welches einer „Ausdauerinnervation“ entspricht, einen schnell
ermüdbaren Muskel mit Typ II-Fasern in einen unermüdbaren Muskel mit 100%
Typ I-Fasern umwandeln kann (Pette 1999 und Salmons 1994). Zum einen wurde
13
damit das Interesse geweckt, unermüdbare Muskulatur als muskuläre
Herzunterstützungssysteme experimentell zu erzeugen (Salmons 1999). Zum
anderen stellte sich auch die Frage, ob eine trainingsbedingte Transformation der
langsam kontrahierenden Muskeln in schnell kontrahierende Muskeln durch
Sprinttraining möglich ist. Verschiedene Arbeitsgruppen haben experimentelle
Evidenzen dazu erarbeitet (Andersen et al. 1994, Pette 1999, Steinacker et al.
2002). Andersen et al. bezeichnen die Möglichkeit der Fasertransformation in
beide Richtungen als „bidirektionale“- Transformation.
1.7 Muskulatur von Menschen und Ziegen im Vergleich
Aus ethischen Gründen sind Grundlagenuntersuchungen mit Muskelbiopsien aus
der Muskulatur des Menschen in vivo wegen Auslösung starker Schmerzen sowie
Gefäß-, Nerven- und Muskelschäden mit muskulären Funktionseinschränkungen
nur sehr eingeschränkt möglich (Coggan 1995). Deshalb ist ein Großtiermodell,
das eine dem Menschen vergleichbare Muskulatur aufweist, wünschenswert.
In der vorliegenden Arbeit wurde das Großtiermodell der Ziege genutzt, weil sich
die Muskulatur von Menschen und Ziegen histologisch und biochemisch kaum
unterscheidet. Sowohl ihre Zusammensetzung bezüglich der Typ I- und Typ II-
Fasern wie auch ihre Faserdurchmesser und Myosin-Komposition sind nahezu
identisch (Ianuzzo et al. 1996). Deshalb bot es sich zunächst an in einer Pilot-
studie beim M. latissimus dorsi der Ziege die Konstanz der Myosin-Schwerketten
post mortem bei längerer Lagerung zu evaluieren.
1.8 Strukturerhalt schwerkettiger Myosine post mortem
Um die Verteilung der Myosin-Isoformen in den verschiedenen Muskeln des
Menschen und von unterschiedlichen Menschen vergleichen zu können, wären
zahlreiche Muskelbiopsien von verschiedenen Muskeln am Lebenden erforderlich.
Solche Mehrfachbiopsien an einem Menschen sind aus praktischen wie auch
ethischen Gründen nicht vertretbar (Johnson et al. 1973). Biopsien sind
schmerzhaft und können mit Gefäß- und Nervenläsionen, Hämatomen und
Narben verbunden sein. Wären solche Biopsien post mortem möglich und deren
Ergebnisse genauso verwertbar wie die von Lebenden, wären diese Schwierig-
keiten überwunden. Dabei stellt sich jedoch die Frage, in wieweit post mortem die
14
molekulare Struktur der Myosine über bestimmte Zeiträume erhalten bleibt, zumal
eine Gewebeprobe aus der Leiche aus juristischen Gründen nicht unmittelbar post
mortem entnommen werden darf.
Bereits 1973 untersuchen Johnson et al. post mortem 36 humane Skelettmuskeln
(Johnson et al. 1973). Sjöström et al. analysieren humane Muskelfasern des M.
vastus lateralis post mortem (Sjöström et al. 1986). Die möglichen Veränderungen
der Proteine nach dem Eintreten des Todes sind in beiden Publikationen weder
diskutiert noch evaluiert worden. Es galt zu überprüfen, ob bei einer Lagerung des
Muskelgewebes in einem Zeitraum von mehreren Tagen eine konstante relative
Zusammensetzung der Myosin-Isoformen aufrecht erhalten bleibt.
15
2. Problemstellung
Die Verteilung schwerkettiger Myosine (Typ I, IIA, IIX) in der Skelettmuskulatur
beeinflusst in den verschiedenen Muskeln des Körpers deren Kontraktions-
geschwindigkeit, Kontraktionskraft sowie den gesamten Bewegungsablauf des
Individuums. Dieses Wissen ist für die Sportphysiologie (Harridge et al. 1998 und
Trappe et al. 2006) und die Medizin (muskuläre Herzunterstützungssysteme und
Rehabilitationsmaßnahmen) von grundlegender Bedeutung und bisher nicht
ausreichend bekannt (Ianuzzo et al. 1996, Scott et al. 2001). Nach eingehender
Literaturrecherche gibt es lediglich eine geringe Anzahl von Studien, die die
Faserverteilung sowie die MHC-Verteilung in der menschlichen Muskulatur
multilokulär und am gleichen Individuum evaluieren (Johnson et al. 1973, Sjöström
et al. 1986, Lovering und Russ 2008 und Srinivasan et al. 2007). Eine
systematische Studie zur Verteilung der schwerkettigen Myosin-Isoformen ist
deshalb wünschenswert.
Die Entnahme mehrerer Muskelproben aus einer größeren Anzahl verschiedener
Skelettmuskeln ist am Menschen in vivo aus ethischen Gründen nicht durch-
führbar. Post mortem können jedoch multilokuläre Proben gewonnen werden, die
die Bestimmung der prozentualen Zusammensetzung der schwerkettigen
Myosine I und II am selben Individuum ermöglichen. Es ist zunächst jedoch
erforderlich eine Konstanz der prozentualen MHC I- und MHC II-Konzentration
über mehrere Tage post mortem nachzuweisen, da Muskelproben an der
humanen Leiche nicht unmittelbar post mortem aus juristischen Gründen
entnommen werden dürfen. Deshalb wurden zunächst in einer Pilotstudie anhand
von Muskelproben eines höheren Säugetiers (Ziege) untersucht, ob eine Konstanz
der prozentualen MHC I- und MHC II-Konzentration über mehrere Tage gegeben
ist. Die Muskelproben wurden vor der Analyse unter den gleichen Bedingungen
von 4°C, wie bei humanen Leichen, gelagert und evaluiert. Zur Bestimmung der
Myosinzusammensetzung der Skelettmuskeln des Menschen (M. trizeps, M.
bizeps, M. vastus lateralis, M. erector spinae, M. latissimus dorsi proximal und
distal) wurden Muskelproben einer Leiche entnommen, elektrophoretisch
analysiert und miteinander verglichen. Intra- und intermuskuläre wie alters- und
geschlechtsspezifische Unterschiede in der relativen schwerkettigen Myosin-
zusammensetzung sollen untersucht und diskutiert werden.
16
Außerdem sollen die Implikationen der Ergebnisse für Sport und Medizin
aufgezeigt werden.
17
3. Material und Methoden
3.1 Muskelproben und Lagerung
3.1.1 Gewinnung und Lagerung von Muskelgewebe aus ZiegenFür die Entnahme des MLD standen 5 weibliche Burenziegen zur Verfügung; die
Tiere hatten ein Alter zwischen 3 und 7 Jahren, und ihr Körpergewicht betrug 46
bis 65 kg. Die Unterbringung und Muskelentnahmen erfolgten in der allgemeinen
Tierhaltung der Universität zu Lübeck. Die Anästhesie wurde durch die intra-
muskuläre Gabe eines körpergewichtsabhängigen Gemischs von Xylazin-
hydrochlorid (Rompun®, Bayer Vital GmbH, Leverkusen, Deutschland) und
Ketamin (Ursotamin®, Serumwerk Bernburg AG, Bernburg, Deutschland) in den
M. gluteus maximus eingeleitet. Über einen längsgestellten Hautschnitt wurde
etwa 25% des rechten MLD entnommen. Als Entnahmestelle wurde der mittlere
Bereich des MLD bei der größten Muskeldicke gewählt. Das asservierte
Muskelgewebe wurde dann bis zu 24 Tage bei 4°C im Kühlschrank gelagert. Zu
definierten Zeitpunkten wurden Muskelproben von 5x5x5 mm zur Analyse
exstirpiert. Sie wurden in flüssigem Stickstoff eingefroren und bei -80°C gelagert.
Die Entnahme des Muskelgewebes bei Burenziegen stand unter der Aufsicht des
Tierschutzbeauftragten des Landes Schleswig Holstein, dem Leiter der
allgemeinen Tierhaltung Herr Dr. med. vet. R. Noël und wurde vom Ministerium für
Landwirtschaft Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig Holstein unter
dem Aktenzeichen V312-72241.122-25 (107-8/09) genehmigt.
3.1.2 Gewinnung und Lagerung aus humanen LeichenDie humanen Muskelproben wurden post mortem im Institut für Pathologie aus 30
Leichen entnommen. Sie waren bei 4°C gelagert. Es wurden Muskelproben mit
einer Kantenlänge von 5x5x5 mm des M. trizeps, M. bizeps, M. vastus lateralis, M.
latissimus dorsi proximal und distal sowie aus dem M. erector spinae (Abb. 6)
innerhalb von 72 Stunden nach dem jeweiligen Tod asserviert und anschließend in
flüssigem Stickstoff eingefroren und im Anschluß bei -80° C gelagert. Die
Entnahme der humanen Muskelbiopsien wurde durch die Ethikkomission der
Universität zu Lübeck unter dem Aktenzeichen 12-131 genehmigt.
18
Abbildung 6: Entnahmestellen der Muskelproben (modifiziert nach microstim® 2004).
3.2 Probenaufbereitung und -analyse
3.2.1 Proteinextraktion 10 bis 100 mg des gefrorenen Muskelgewebes eines jeden Muskels wurden mit
Hilfe einer Feinwaage (Scaltec SBC 31) abgewogen und anschließend im
Dismembrator (Qiagen Tissue Lyser LT) pulverisiert. Das dismembrierte
Probenmaterial wurde mit einem Extraktionspuffer (Tab. 2) im Mischverhältnis 1:10
(Probe : Puffer) aufgenommen und ca. 30 min auf Eis vermischt. Es wurde ein
Extraktionspuffer nach Steinacker (2002) verwendet (modifiziert nach Keding
2011: MgCl2 statt MgCl2 x 6H2O).
Extraktionspuffer 100 ml pH 8,54,46 g (100mM) Na4P2O7
0,19 g (5mM) EGTA0,102 g (5mM) MgCl2
2,24 g (0,3mM) KCl0,0155 g (1mM) DTT
100 ml H2OTabelle 2: Extraktionspuffer nach Steinacker 2002 (modifiziert nach Keding 2011)
Der Extraktionspuffer war 1-2 Monate im Kühlschrank lagerbar. Vor dem Gebrauch
wurde pro 10 ml Puffer 1 Tablette Protease Inhibitor complete Mini frisch
hinzugegeben, welche den Abbau von Proteinen verhinderte bzw. verzögerte.
19
3.2.2 Proteinbestimmung Im Anschluss wurden die Proben bei maximaler Drehzahl (ca. 16.000 x g) 10 min
zentrifugiert. Der Überstand wurde vorsichtig abgenommen und im Verhältnis 1:1
mit Glycerin verdünnt und gut vermischt. Es folgte eine Proteinbestimmung mittels
Bicinchoninsäure (BCA-Reaktion, 562 nm). Im nächsten Schritt wurde das
Probenmaterial mit einem Lyse-Puffer (Tab. 3) auf 0,1 bis 0,3 µg/µl verdünnt und
bis zur weiteren Verwendung bei -20°C gelagert.
Laemmli-Lyse-Puffer 5 ml Glycerin2,5 ml Mercaptoethanol
1,15 g SDS0,4925 g Tris-HCl
50 ml pH 6,8Tabelle 3: Laemmli-Lyse-Puffer (Laemmli 1970)
2.2.3 GelelektrophoreseDie Gelelektrophorese-Kammer (Abb.7) bestand aus zwei Glasplatten, die
aufeinander gelegt und miteinander verschraubt wurden. Zwischen die Glasplatten
wurde ein Abstandhalter mit einer Dicke von 1 mm eingefügt. In den durch den
Abstandhalter entstandenen Zwischenraum wurden die Elektrophoresegele
(Sammel- und Trenngel) gefüllt. Im oberen Teil des Gels befanden sich Gel-
taschen, in die das Probenmaterial eingefüllt wurde. Die zusammengeschraubten
Glasplatten wurden in ein Behältnis mit Pufferlösung gestellt, an die eine
Spannung (150V) angelegt wurde. Die Proteine wanderten je nach Größe in einer
spezifischen Geschwindigkeit durch das Gel von der Kathode zur Anode und
wurden somit von einander getrennt.
20
Abbildung 7: Schematische Darstellung der Gelelektrophorese-Kammer (Universität
Leipzig 2011)
Arbeitsschritte der Gelelektrophorese(1) Die Glasplatten wurden gereinigt und mit einem Abstandshalter von 1 mm
zusammen in das System (Hoefer Pharmacia Biotec) geschraubt.
(2) Das hier verwendete Elektrophoresegel setzte sich aus zwei Gelen zusammen.
Im oberen Teil befand sich das Sammelgel (grobporig) mit Probentaschen. Den
Hauptteil nahm im unteren Teil das Trenngel (feinporig) ein.
(3) Der Raum zwischen den Glasplatten wurde zu einem großen Teil (zu etwa 4/5)
mit dem Trenngel gefüllt, dem unmittelbar zuvor der Polymerisierungskatalysator
N,N,N`,N`-Tetramethylethylendiamin (TEMED) zugefügt worden ist.
7,5% Trenngel 3,29 ml H2Oca. 37ml für 2 Gele 10 ml 1,5 M Tris-HCl pH 8,6
7,5 ml Acrylamid-Lsg. 40%1,5 ml Bisacrylamid-Lsg. 2%
13,95 ml Glycerin-Lsg. 86%0,4 ml SDS-Lsg. 10%40 µl TEMED*80 µl APS-Lsg. 10%
Tabelle 4: Trenngel für 2 Gele (*TEMED wurde unmittelbar vor Gebrauch zugefügt)
(4) Die obere Kante des Trenngels wurde mit Isopropanol oder 70%igem Ethanol
geglättet.
(5) Das Trenngel härtete 60 min bei Raumtemperatur aus. Im Anschluss wurde
das Isopropanol bzw. Ethanol abgegossen.
(6) Das Sammelgel mit TEMED (Tab.5) wurde hinzugefügt. Ein Kamm zur Bildung
von Probentaschen („slots“) wurde in das Sammelgel geführt.
21
Sammelgel 6,08 ml H2O10 ml für 2 Gele 2,5 ml Tris- HCl 1,5 M pH 6,7
1 ml Acrylamid-Lsg. 40%0,375 ml Bisacrylamid-Lsg. 2%
0,1 ml SDS10 µl TEMED*
100 µl APS-Lsg 10,00%
(7) Das Sammelgel härtete 45 min bei Raumtemperatur aus. Nach dem aushärten
wurde der Kamm entfernt.
(8) Die Probentaschen wurden mit Reservoirpuffer (Tab. 6) gespült.
Reservoirpuffer (10x) 30 g Tris144 g Glycin
1000 ml H2O
Tabelle 6: Reservoirpuffer
(9) Das Probenmaterial wurde mit dem Lyse-Puffer im Verhältnis 1:1 verdünnt
(Endkonzentration: 0,05 bis 0,15 µg Protein/µl) und zwecks Denaturierung der
Proteine für 5 min bei 95°C erhitzt.
Bevor die Proben in die Elektrophorese-Kammer gegeben wurden, wurden sie mit
Proben-/Loadingpuffer im Verhältnis 1:1 nochmals verdünnt (Endkonzentration
0,05 bis 0,15 µg Protein/µl) und zwecks Denaturierung der Proteine für 5 min bei
95°C erhitzt.
Proben-/Loadingpuffer 10 ml Laemmli-Lyse-Puffer
2 ml BromphenolblauBromphenolblaulösung 8,8 g Sucrose
20 ml H2O
Tabelle 7: Proben-/Loadingpuffer
22
Tabelle 5: Sammelgel für 2 Gele (*TEMED wurde unmittelbar vor Gebrauch zugefügt)
(10) Die Elektrophorese-Apparatur wurde mit dem Reservoirpuffer bis hin zum
oberen Rand des Sammelgels aufgefüllt. Die Glasplatten waren vollständig von
Pufferlösung umgeben.
(11) Im Anschluss wurden 3 µl/slot der Probe aufgetragen und liefen bei
150 V und 8°C für 21 Stunden durch die Elektrophorese-Kammer.
Gelfixierung und SilberfärbungDas Gel wurde jeweils 30 min in der Fixierlösung (1) und im Sensibilisierer (2) auf
einem Taumelschüttler leicht geschwenkt. Nach der Fixierung des Gels wurde es
in doppelt destilliertem Wasser (3) mehrfach gespült.
Die aufgetrennten Moleküle wurden im Anschluss mit Silbernitrat gefärbt (4) und
entwickelt (6). Die Färbereaktion wurde mit Ethylendiamintetraessigsäure (EDTA)
gestoppt (7).
Arbeitsschritte und Lösungen:
Auswertung der Gelelektrophorese
23
EK(1) 30 min Fixieren 600 ml Ethanol 30%
200 ml Eisessig 10%
(2) 30 min Sensibilisieren 75 ml Ethanol 30%10,25 g Natriumacetat 0,5 M1,25 ml Glutaraldehyd 0,5%0,5 g Natriumthiosulfat 0,2%
(4) 20 min Färben 0,25 g Silbernitrat 0,2%Formaldehyd 37% 0,02%
(6) Entwickeln 7,5 g Natriumcarbonat 3%Formaldehyd 37% 0,01%
(7) Stoppen 4,65 g EDTA 0,05 M
/dd H2O ad 2 l
/dd H2O ad 250 ml
(3) 3 x 10 min Spülen in dd H2O
50 µl /dd H2O ad 125 ml
(5) 2 x 1 min Spülen in dd H2O
50 µl /dd H2O ad 250 ml
/dd H2O ad 250 ml
Die aus der Gelelektrophorese gewonnenen Daten wurden mit Hilfe eines
Gelanalyse-Programms (Media Cybernetics, Gel-Pro-Analyzer) ausgewertet. Die
relative MHC-Zusammensetzung wurde mit Hilfe dieses Computerprogramms
densitometrisch bestimmt.
3.3 Statistische Auswertungen
3.3.1 Statistische Beschreibungen der Konstanz der Myosin-Fraktion von MHC II über 24 TageMit dem Statistikprogramm WinStat 3.0 (Kalmia Co. Cambridge, MA, USA) wurde
über die Berechnung des Standardfehlers das Konfidenzintervall berechnet. Es
enthielt den wahren Mittelwert für jeden Analysetag mit einer Wahrscheinlichkeit
von 95%. Bei allen anderen Auswertungen (3.3.2 und 3.3.3) wurde der Mittelwert
mit der Standardabweichung angegeben.
3.3.2 Intra- und intermuskulärer Vergleich schwerkettiger Myosine zweier Gruppen Vor dem Vergleich der Myosinfraktionen zweier Gruppen auf signifikante
Unterschiede wurden die Messwerte auf Normalverteilung mit dem Kolmogorow-
Smirnow-Test geprüft. Da bei keiner der geprüften Gruppen eine Normalverteilung
vorlag, wurden die Unterschiede mit dem Wilcoxon- (Mann-Whitney-) Test auf
Signifikanz geprüft (Signifikanzniveau p < 0,05%).
3.3.3 Intermuskulärer Vergleich schwerkettiger Myosine mehrerer Gruppen Bezüglich signifikanter Unterschiede mehrerer Gruppen wurde eine Multi-
varianzanalyse zwischen Gruppen einer Variablen mit der Multivarianz-Software
ANVOVA in WinStat durchgeführt.
3.3.4 Myosinzusammensetzung in Abhängigkeit vom LebensalterMit der Software SPSS wurde der Einfluss des Lebensalters auf MHC II in einer
linearen Regression modelliert, und es wurde geprüft, ob die Steigung signifikant
verschieden von 0 war (Signifikanzniveau p < 0,05%).
24
4. Ergebnisse
4.1 Einfluss der Lagerungsdauer auf die Zusammensetzung schwerkettiger Myosin-Isoformen beim MLD der Ziege
Zur Validierung der Konstanz der relativen Myosinzusammensetzung von MHC II
zu MHC I im MLD wurden exemplarisch Muskelproben aus dem proximalen Anteil
des MLD aus der Ziege entnommen, aus denen eine Gelelektrophorese
angefertigt wurde (vgl. Abb. 8a).
(a)
(b)
Abbildung 8: (a) Gelelektrophorese einer Muskelprobe einer Ziege zur Bestimmung des
relativen Anteils von MHC II und MHC I des proximalen MLD. (b) Der MHC II-Anteil blieb
bei einer Kühlung (4°C) über 24 Tage konstant (n=5). Das Konfidenzintervall (CI) lag am
24. Tag in den Grenzen von 50,8 und 60,6%.
Die Muskelproben wurden zum einen unmittelbar nach der Teilexstirpation des
MLD (Tag 0) asserviert; die übrigen Proben wurden an den Tagen 3, 9, 12, und 24
25
aus dem in einem Kühlschrank bei 4 °C gelagerten Material gewonnen. Selbst
über 24 Tage konnten keine signifikanten Veränderungen in der relativen
MHC II-Konzentration festgestellt werden. In Abbildung 8b sind für die
MHC II-Konzentrationen keine Standardabweichungen sondern Konfidenz-
intervalle eingezeichnet, die den wahren Mittelwert mit einer Wahrscheinlichkeit
von 95% enthalten. Das Konfidenzintervall am 24. Tag lag in den Grenzen von
50,8 und 60,6%. Durch die in Abbildung in 8b graphisch gezeigte Überlappung
aller Konfidenzintervalle über 24 Tage wird die Konstanz der relativen
MHC II-Konzentration belegt.
4.2 Intramuskulärer Vergleich schwerkettiger Myosine im MLD des Menschen
Beim breiten Rückenmuskel (MLD) des Menschen bestand zwischen proximalem
und distalem Anteil kein signifikanter Unterschied in dem relativen MHC II-Anteil
(Abb. 9).
Abbildung 9: Der intramuskuläre MHC II-Vergleich zwischen dem proximalen MLD (n= 30)
zum distalen MLD (n = 30). Der relative MHC II-Anteil wurde beim proximalen MLD mit
55,1 ± 14,4% und dem distalen MLD bei 54,7 ± 13,2% gemessen. Dieser Unterschied ist
statistisch nicht signifikant (p>0,05, Wilcoxon-Test).
26
4.3 Intermuskulärer Vergleich schwerkettiger Myosine verschiedener Skelettmuskeln des Menschen
Im Folgenden wird der relative MHC II-Anteil verschiedener Muskeln verglichen:
Sowohl der MHC II-Anteil des MLD im Verhältnis zu einem Haltemuskel (M.
erector spinae) als auch zu einem schnell kontrahierenden Muskel (M. bizeps)
wurden analysiert. Weiterhin wurden der relative MHC II-Anteil des M. erector
spinae mit dem des M. vastus lateralis verglichen. Dabei war es von besonderem
Interesse, ob der M. vastus lateralis eher einem schnellen oder einem Halte-
muskel zuzuordnen ist.
4.3.1 MHC II-Vergleich zwischen dem proximalen MLD und dem M. erector spinae
Der relative MHC II-Anteil des breiten Rückenmuskels MLD und des Haltemuskels
M. erector spinae unterschieden sich signifikant voneinander.
Abbildung 10: Der MHC II-Vergleich zwischen dem proximalen MLD (n= 30) und dem M.
erector spinae (n=30). Der relative MHC II-Anteil wurde beim proximalen MLD mit 55,1 ±
14,4% und beim M. erector spinae mit 41,5 ± 19% gemessen. Dieser Unterschied ist
statistisch signifikant (p < 0,05, Wilcoxon-Test).
27
4.3.2 MHC II-Vergleich zwischen dem proximalen MLD und M. bizepsDer Unterschied der relativen MHC II-Anteile des schnellen proximalen MLD und
dem ebenfalls schnell kontrahierenden M. bizeps war nicht signifikant.
Abbildung 11: Der MHC II-Vergleich zwischen dem proximalen MLD (n=30) und dem M.
bizeps (n=27). Der relative MHC II-Anteil wurde beim proximalen MLD mit 55,1 ± 14,4%
und beim M. bizeps mit 58,1 ± 13,1% gemessen. Dieser Unterschied ist statistisch nicht
signifikant (p > 0,05, Wilcoxon-Test).
28
4.3.3 MHC II-Vergleich zwischen dem M. erector spinae und M. vastus lateralis
Der M. vastus lateralis und der M. erector spinae unterschieden sich nicht
signifikant im relativen MHC II-Anteil.
Abbildung 12: Der MHC II-Vergleich zwischen dem M. vastus lateralis (n= 29) und dem
M. erector spinae (n=30). Der relative MHC II-Anteil wurde beim M. vastus lateralis mit
41,6 ± 19,3% und beim M. erector spinae mit 41,5 ± 19% gemessen. Dieser Unterschied
ist statistisch nicht signifikant (p > 0,05, Wilcoxon-Test).
4.3.4 Intermuskulärer Vergleich der Myosinzusammensetzung verschiedener Skelettmuskeln
Zum intermuskulären Vergleich der sechs Muskeln (Abb.13) wurde eine
Multivarianzanalyse vorgenommen. Dabei war der relative MHC II-Anteil des M.
erector spinae und des M. vastus lateralis (Gruppe B) signifikant um 13,6%
niedriger als bei den schnell kontrahierenden Muskeln (Gruppe A).
29
Abbildung 13: Der MHC II-Vergleich bei schneller Muskulatur (Gruppe A: MLD proximal,
MLD distal, M. bizeps und M. trizeps, n=27-30) und den Haltemuskeln (Gruppe B: M.
erector spinae und M. vastus lateralis, n=29-30). Der relative MHC II-Anteil wurde in der
Gruppe A im Mittel mit 55,2 ± 12,9% und Gruppe B mit 41,6 ± 19,2% gemessen. Dieser
Unterschied ist statistisch signifikant (p < 0,05, ANOVA).
Auf Grund der großen Unterschiede in den jeweiligen MHC II-Anteilen wurden die
Muskeln der Gruppe A und B in den folgenden Betrachtungen bezüglich der
Altersabhängigkeit und der Geschlechtsspezifität getrennt evaluiert.
4.3.5 Intermuskulärer Vergleich des MHC IIX-VorkommensBei 21 der 30 Probanden ließ sich bei mindestens einem untersuchten Muskel in
der MHC II-Fraktion in der Gelelektrophorese eine zusätzliche Myosin Bande
nachweisen, die als MHC IIX identifiziert werden konnte. Bei 30% der
untersuchten konnten somit in den analysierten Muskelproben kein MHC IIX
nachgewiesen werden.
30
Abbildung 14: Der MHC IIX-Vergleich bei schneller Muskulatur (Gruppe A, n= 12-19) und
den Haltemuskeln (Gruppe B, n=12-21). Der relative MHC IIX-Anteil wurde in der Gruppe
A mit 55,2 ± 19,3% und Gruppe B mit 41,6 ± 19,2% gemessen. Dieser Unterschied ist
nicht signifikant (p > 0,05, ANOVA).
Die Verteilung der MHC IIX-Schwerketten war bei den verschiedenen Probanden
unterschiedlich (Abb.14). So trat MHC IIX beim MLD proximal/distal bei 17 bzw. 19
Muskelproben auf, beim M. bizeps bei 17, beim M. trizeps bei 12 und ebenso mit
12 beim M. erector spinae. Beim M. vastus lateralis fand sich das MHC IIX-
Vorkommen sogar bei 21 von 29 Proben, obwohl dieser Muskel mit 41,6 ± 19,2%
MHC II doch eher der Haltemuskulatur zuzuordnen ist (vgl. Abb.13).
Der relative mittlere MHC IIX-Anteil lag jedoch bei allen untersuchten Muskel-
proben annähernd gleich hoch (und lag im Mittel bei einem Anteil von 28,36 ±
10,41%). Für das MHC IIX-Vorkommen in Gruppe A, in der schnell kontrahierende
Muskeln zusammengefasst sind, und das MHC IIX-Vorkommen der Gruppe B, die
Haltemuskeln beinhalten, ergaben sich mit der Multivarianzanalyse kein
signifikanter Unterschied.
4.4 Myosinzusammensetzung in Abhängigkeit vom Lebensalter
Jeder Messpunkt der Gruppe A, der dem relativen MHC II-Anteil entspricht (MLD
proximal/ distal, M. trizeps und M. Bizeps), wurde in Abb. 15 abhängig vom
zugehörigen Alter des entsprechenden Individuums aufgetragen.
31
Ein Messpunkt der Gruppe B wurde aus dem MHC II-Anteil der Haltemuskeln M.
erector spinae (n=30) und M. vastus lateralis (n=29) gebildet und ebenfalls
gegenüber dem Alter des entsprechenden Individuums aufgetragen. Der relative
MHC II-Anteil in der Skelettmuskulatur nahm mit zunehmendem Alter von rund 18
bis 80 Jahren sowohl in Gruppe A als auch in Gruppe B ab. Erkennbar an den
unterschiedlichen Neigungen der Regressionsgeraden war die MHC II-Reduktion
in der Gruppe A größer als in B. Der MHC II-Abfall in der Gruppe A erwies sich,
trotz der großen Streuung der Messwerte (R² = 0,137), als statistisch signifikant
(p<0,05). Bei Gruppe B war lediglich ein Trend zur MHC II- Abnahme aufzuzeigen.
Außerdem ergab sich für die Muskelproben eines ca.18 Jährigen Menschen ein
relativer MHC II-Anteil von 63,7%. Der relative MHC II-Anteil eines 80 Jährigen
hingegen betrug 49,7%. Beide prozentualen Angaben sind auch im Hinblick auf
die schnell kontrahierenden Muskeln zu betrachten (∆ = 14,0%).
32
Abbildung 15: Der relative Anteil an MHC II in Abhängigkeit vom Lebensalter in schnell
kontrahierender Muskulatur (Gruppe A, n = 30) und Halte-muskulatur (Gruppe B, n = 29-
30 ).
Die geringere Neigung der Regressionsgeraden der Messwerte der Gruppe B
sowie die noch größere Streuung der entsprechenden Messwerte zeigen dagegen
lediglich einen (negativen) Trend auf.
4.5 Geschlechtsspezifische Myosinzusammensetzung
Der Mittelwert der MHC II-Anteile aus MLD proximal/distal, M. bizeps und M.
trizeps wurde sowohl bei Frauen als auch bei Männern ermittelt.
Abbildung 16: Der MHC II-Vergleich bei Männern (n = 19) und Frauen (n = 11) in Gruppe
A. Der relative Anteil an MHC II bei Frauen lag bei bei 50,7 ± 10,4% und bei Männern bei
59,9 ± 9,5%. Dieser Unterschied ist nicht signifikant (p > 0,05, Wilcoxon-Test).
33
Abbildung 17: Der MHC II-Vergleich bei Männern (n = 19) und Frauen (n = 11) in Gruppe
B. Der relative Anteil an MHC II bei Frauen lag bei bei 41,6 ± 18,1% und bei Männern bei
44,1 ± 19,9%. Dieser Unterschied ist nicht signifikant (p > 0,05 Wilcoxon-Test).
In beiden Fällen waren die geschlechtsspezifischen Unterschiede nicht signifikant.
Zusammenfassung der Ergebnisse
1) Die relative Zusammensetzung der Myosin-Isoformen MHC II und MHC I der
Muskulatur der Ziege blieb bei einer Lagerung von 4°C über 24 Tage konstant
(vgl. 4.1).
2) Bei Myosinanalysen aus der Muskulatur des Menschen ergaben sich beim
intramuskulären Vergleich des relativen MHC II-Anteils beim proximalen MLD zum
distalen MLD keine signifikanten Unterschiede (vgl. 4.2).
3) Die relative MHC II-Zusammensetzung unterscheidet sich statistisch signifikant
zwischen dem breiten Rückenmuskel (MLD) und dem Haltemuskel M. erector
spinae (vgl. 4.3.1).
4) Die beiden schnellen Muskeln MLD proximal und M. bizeps im Vergleich
unterschieden sich nicht in ihrem relativen MHC II-Anteil. Ebenfalls nicht
unterschiedlich waren diesbezüglich der M. erector spinae und der M. vastus
lateralis (vgl. 4.3.2 und 4.3.3).
5) Beim intermuskulären MHC II-Vergleich der schnell kontrahierenden Muskeln
(MLD proximal/distal, M. bizeps und M. trizeps) und der Haltemuskeln (M. erector
spinae und M. vastus lateralis) bestanden jedoch signifikante Unterschiede.
34
Schnell kontrahierende Muskulatur besaß 13,6% mehr MHC II als Haltemuskulatur
(vgl. 4.3.4).
6) Im intermuskulären Vergleich des MHC IIX-Vorkommens wurde gezeigt, dass
bei 70% der Probanden mindestens ein untersuchter Muskel MHC IIX enthielt. Der
mittlere MHC IIX-Anteil lag bei 28,4 ±10,4% (vgl. 4.3.5).
7) Der MHC II-Anteil in der Muskulatur sank mit zunehmendem Alter signifikant.
Schnell kontrahierende Muskulatur eines 18-Jährigen war mit 14,0% mehr MHC II
ausgestattet als vergleichbare Muskeln eines 80-Jährigen (vgl. 4.4).
8) Ein geschlechtsspezifischer Unterschied bezüglich des prozentualen
MHCII- bzw. MHC I-Anteils bestand nicht, weder bei den schnell kontrahierenden
Muskeln noch bei den Haltemuskeln (vgl. 4.5).
35
5. Diskussion
5.1 Myosinanalysen und Fasertypisierung
Da bei den vorliegenden Untersuchungen an humanen Leichen die Proben-
asservierung innerhalb von 72 Stunden vorgenommen wurde, darf mit hoher
Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass in diesem Zeitintervall keine
lagerungsbedingten Veränderungen in der relativen Zusammensetzung der
Myosin-Isoformen stattgefunden haben (vgl. 5.2). Nach eingehender Literatur-
recherche wurden zum einen Studien gefunden, die die Verteilung der
schwerkettigen Myosine sowie die Faserverteilung in der Skelettmuskulatur am
Lebenden (Blomstrand und Ekblom 1982, D´Antona et al. 2003, Hoed et al. 2009,
Klitgaard et al.1990, Korhonen et al. 2006, Larsson und Moss 1993 und
Zwadowska et al. 2004) und zum anderen die Faserverteilung der humanen
Skelettmuskulatur und die Verteilung der schwerkettigen Myosine post mortem
untersuchten (Johnson et al. 1973, Lovering und Russ 2008 und Sjöström et al.
1986, Srinivasan et al. 2007).
Im Gegensatz zu den Untersuchungen in der Literatur mit wenigen Muskel-
biopsien bei einer geringen Anzahl von Individuen wurde in unserer Studie
erstmalig systematisch an 6 repräsentativen Muskelentnahmeorten des humanen
Skelettmuskelsystems von 30 Leichen, die relative Myosin-Zusammensetzung,
auch im Hinblick auf Alter und Geschlecht, analysiert.
Anhand des Fasertyps kann nicht exakt auf die Verteilung der MHC-Isoformen
geschlossen werden, da nicht jeder Fasertyp aus reinen MHC I-, IIA- oder IIX-
Isoformen besteht. Ein Fasertyp kann auch aus verschiedenen MHC-Isoformen,
wie bereits in Kapitel 1.4 eingehend beschrieben, zusammengesetzt sein. Da sich
schnell kontrahierende Muskelfasern überwiegend aus MHC II-Schwerketten und
langsam kontrahierenden Muskelfasern aus überwiegend MHC I-Myosinen
zusammensetzen, kann anhand einer Muskelfasertypisierung von einer groben
Einschätzung der MHC-Verteilung in den Muskelfasern ausgegangen werden. Die
überwiegende Menge an gleichen schwerkettigen Myosinen bestimmt den
Fasertyp. Es wurde lediglich eine Studie von Lovering und Russ (2008) gefunden,
die die MHC-Verteilung und die Faserzusammensetzung an humanen Leichen
gleichzeitig evaluiert. Dabei wurden Muskelproben der Rotatorenmanschette am
Oberarm von 3 männlichen und 3 weiblichen Leichen zwischen 53-75 Jahren mit
36
Hilfe einer Gelelektrophorese (SDS-PAGE) mit anschließender Silberfärbung zur
Myosindifferenzierung und einer Immunfluoreszenz Färbung zur Fasertypisierung
analysiert. Die Rotatorenmanschette des Menschen besteht aus fünf Muskeln (M.
supraspinatus, M. infraspinatus, M. subscapularis, M. teres minor und M. teres
major). Die fünf Muskeln umfassen und stabilisieren das Schultergelenk.
Abbildung 18: Bestimmung der langsamen schwerkettigen Myosine (MHC) im M.
supraspinatus (SSP), M. subscapularis (SSC), M. infraspinatus (IS), M. teres minor (TMin)
und M. teres major (TMaj). *Signifikant weniger als im M. supraspinatus (Lovering und
Russ 2008).
Lovering und Russ stellen einen intermuskulären Vergleich an und konnten
signifikante Unterschiede in der MHC-Verteilung der fünf verschiedenen Muskeln
nachweisen (Abb. 18). Der M. supraspinatus und der M. teres minor sind eher
stabilisierende Muskeln und weisen entsprechend ihrer Haltefunktion eine höhere
MHC I-Konzentration auf. Der M. subscapularis und M. infraspinatus sind schnell
kontrahierende Innen- bzw. Außenrotatoren des Oberarms und besitzen somit
funktionell angepasst vermehrt MHC II Myosine.
Eine mögliche Veränderung der relativen Myosin- und Faserzusammensetzung
nach dem Eintreten des Todes sowie Veränderungen mit zunehmendem Lebens-
alter und die Abhängigkeit des Geschlechts wird in dieser Publikation nicht
berücksichtigt.
In der vorliegenden Arbeit wurde eine Methode zur postmortalen Myosinanalyse
für Muskelpräparate an Ziegen bei einer Lagerung von 4°C bis zu 24 Tagen
validiert. Es wurde gelelektrophoretisch ein konstantes Verhältnis der Myosin-
37
Isoformen über 24 Tage nachgewiesen. Durch diese postmortale Myosin-
validierung an Ziegen ist es nun möglich geworden, von zahlreichen
Skelettmuskeln des selben Individuums (post mortem) vergleichende Myosin-
analysen durchzuführen und auch relative Myosin-Konzentrationen in
Abhängigkeit vom Alter und Geschlecht bei der humanen Leiche zuverlässig zu
bestimmen.
5.2 Validierung der relativen Myosinzusammensetzung bezüglich ihrer Lagerungsdauer
Der Einfluss der Lagerung entnommener Muskulatur über 24 Tage auf die relative
Zusammensetzung schwerkettiger Myosine, des M. latissimus dorsi von
afrikanischen Burenziegen, wurde evaluiert. Es konnte gezeigt werden, dass bei
gleichbleibender Kühlung von 4°C eine Konstanz der Zusammensetzung der
schwerkettigen Myosine vom 1. bis 24. Tage post mortem vorlag und somit die
relative Myosinzusammensetzung bei Leichen eines höheren Wirbeltieres wie
vermutlich auch des Menschen mit hoher Zuverlässigkeit in diesem Zeitraum post
mortem bestimmt werden kann. Es hätten auch durchaus bereits nach wenigen
Stunden Veränderungen in der relativen Myosinzusammensetzung durch Autolyse
der Myosinmoleküle stattfinden können. Nach eingehender Literaturrecherche
wurde bisher keine Studie gefunden, die den Einfluss der Dauer einer Lagerung
auf die relative Myosinzusammensetzung validiert.
Multilokuläre Muskelbiopsie wären am Lebenden aus ethischen Gründen wegen
auftretender Schmerzen und möglichen Muskel-, Nerven- und Gefäßschäden nicht
vertretbar. Des Weiteren konnte ein interindividueller Vergleich der Verteilung der
MHC in der Skelettmuskulatur angestellt werden.
Da keine Veränderungen der relativen Zusammensetzung der Myosin-Isoformen
unmittelbar nach der Tötung der Ziege, im Vergleich zu der Zusammensetzung der
Isoformen bis zu 24 Tage port mortem aufgetreten sind, darf aus den Biopsien an
Leichen auf die Zusammensetzung der Isoformen bei lebender Muskulatur
geschlossen werden.
5.3 Myosin- und Muskelfaserzusammensetzung bei Ziegen und Menschen
Nach Ianuzzo et al. (1996) hat der MLD der Ziege im Vergleich mit demjenigen
des Menschen biochemisch und morphologisch große Gemeinsamkeiten. Diese
Übereinstimmung bezüglich der Morphologie und Biochemie der Muskulatur
38
besteht nicht im Vergleich vom Menschen zu großen Säugetieren wie dem
Schwein und dem Hund (Sola et al. 1990). Es wurden außerdem Überein-
stimmungen im MLD des Menschen und der Ziege im Bezug auf die
mitochondriale Kapazität, die Typisierung der Muskelfasern mit Hilfe der
myofibrilläre ATPase Bestimmung beschrieben. Ianuzzo et al. evaluierten weiter,
dass der Mensch und die Ziege vergleichbare Faserquerschnittsflächen haben.
Für Transformationsversuche bezüglich des Myosins und Fasertyps durch
chronische Elektrostimulation erweist sich die Ziege demnach als ideales
Versuchstier (Pette und Vrbová 1992).
Feng et al. haben 2012 bei afrikanischen grünen Meerkatzen die MHC-Expression
am M. vastus lateralis in unterschiedlichen Altersgruppen und bei männlichen und
weiblichen Affen untersucht. Es konnten beim Affen vergleichbare Einflüsse des
Alterns auf die Myosinzusammensetzung wie beim Menschen nachgewiesen
werden. Durch den Einsatz von afrikanischen grünen Meerkatzen als Versuchs-
tiere könnten Störfaktoren wie unterschiedliche Ernährung, Krankheiten und
variierende körperliche Fitness im Vergleich zum Menschen geringer gehalten
werden (Feng et al. 2012). Die Physiologie und das Verhalten der Affen ist dem
Menschen ähnlicher als bei einer Ziege. In der Theorie sind afrikanische grüne
Meerkatzen der Ziege als Versuchstier vorzuziehen. Die geringe Verfügbarkeit der
Meerkatzen und der größere Kostenaufwand im Vergleich zur Ziege sprechen
jedoch in der experimentellen Praxis für die Durchführung von Untersuchungen an
Ziegen.
5.4 Repräsentative Auswahl von Muskelproben zur Bestimmung der Myosinzusammensetzung
Da im Rahmen dieser Arbeit nicht alle Muskeln des menschlichen Körpers aus
Kosten- und Zeitgründen untersucht werden konnten, schien es sinnvoll,
repräsentative Muskeln für spezielle Funktionen (schnell, langsam kontrahierend)
auszuwählen. Es wurden stellvertretend für schnell kontrahierende Muskeln der M.
trizeps, M. bizeps und M. vastus lateralis (Typ II-Fasern mit einem großen Anteil
von MHC II-Myosinen) untersucht und für langsame Muskulatur oder Halte-
muskulatur der M. erector spinae (Typ I-Fasern mit einem großen Anteil von MHC
I Myosinen) analysiert. Nach der vorläufigen Gruppierung zeigte sich jedoch, dass
39
der M. vastus lateralis wegen seines höheren MHC I-Anteils den Haltemuskeln
zuzuordnen ist.
Ein weiterer Muskel, der in der vorliegenden Arbeit besonders betrachtet wurde, ist
der breite Rückenmuskel (M. latissimus dorsi). Bei muskulären Herz-
unterstützungssystemen wie der dynamischen Kardiomyoplastik (Furnary et al.
1996), Aortomyoplastik (Trainini 1999) und beim experimentellen Skelettmuskel-
ventrikel (Acker et al. 1987, Guldner et al. 1994, Guldner et al. 2000, Thomas et al.
2000) und dem Biomechanischen Herzen (Guldner et al. 2009) spielt der MLD
eine entscheidende Rolle (Salmons 1999). Der MLD ist ein Muskel mit
überwiegend MHC II-Schwerketten. Aufgrund der erheblichen unterschiedlichen
Muskeldicke und auch einer unterschiedlichen Gefäßversorgung zwischen
proximal und distal wurden in der medialen Linie im Bereich der dicksten
Muskelpartie im proximalen und distalen MLD Biopsien entnommen.
5.5 Zusammensetzung schwerkettiger Myosine im MLD (intramuskulärer Vergleich)
Beim MLD wurde auf Grund seiner besonderen Relevanz für klinische sowie
experimentelle Fragestellungen die relative Myosinzusammensetzung sowohl in
seinem proximalen als auch in seinem distalen Anteil bestimmt. Der MLD gilt als
der geeignetste Muskel für eine muskuläre Herzunterstützung (Gillott et al. 1994
und Sola et al. 1990). Gillott stellt fest, dass der MLD keine homogene
Faserverteilung besitzt. Er beschreibt auch, dass der MLD mindestens 2
Segmente besitzt, welche unterschiedliche physiologische Funktionen ausführen.
In der vorliegenden Arbeit wird jedoch gezeigt, dass die relative Zusammen-
setzung der schwerkettigen Myosine des MLD proximal und distal keine
signifikanten Unterschiede aufweisen. Die Proben wurden aus dem Inneren des
Muskels im Bereich der größten Muskeldicke entnommen. Die große
Standardabweichung bei unseren Untersuchungen sind vermutlich Ausdruck
interindividueller Unterschiede.
40
5.6 Zusammensetzung schwerkettiger Myosine verschiedener Skelettmuskeln (intermuskulärer Vergleich)
Andersen et al. beschreiben in ihrer Studie, dass sich der MLD und der M. erector
spinae in ihrer MHC II-Konzentration signifikant unterscheiden. Der MLD besitzt
einen signifikant höheren MHC II-Anteil als der M. erector spinae. Der MLD wird
den schnell kontrahierenden Muskeln zugeordnet und der M. erector spinae den
Haltemuskeln (Andersen et al. 1994). Diese Befunde stimmen mit Ergebnissen der
vorliegenden Arbeit überein. Wegen des vorwiegenden MHC II-Anteils im MLD,
M. bizeps und M. trizeps werden diese Muskeln den schnell kontrahierenden
Muskeln zugeordnet (Gruppe A in Abb.13). Der überwiegende Anteil der relativen
MHC II-Konzentration mit 55,1% im MLD weist darauf hin, dass der MLD noch als
schnell kontrahierender Muskel zu betrachten ist. Die Hauptfunktion des MLD liegt
in der Adduktion und Innenrotation des Armes und besitzt eine unterstützende
Wirkung bei der Retroversion. Der M. erector spinae und M. vastus lateralis
weisen im Sinne langsam kontrahierender oder Haltemuskeln vermehrt MHC I auf
(Gruppe B in Abb.13). Die Hauptfunktion des M. erector spinae sowie des
M. vastus lateralis besteht in einer ausdauernden Haltearbeit, um die aufrechte
Haltung des menschlichen Körpers dauerhaft zu ermöglichen. Somit ist der
M. vastus lateralis entgegen der ursprünglichen Erwartung eher als Haltemuskel
einzustufen. Auch Lovering und Russ (2008) bestätigen einen Zusammenhang
zwischen der MHC-Verteilung und der Muskelfunktion.
5.7 MHC IIX im Leistungssport
Die schwerkettigen MHC IIX Myosine gehören in der humanen Skelettmuskulatur
zu den MHC II-Isoformen mit dem schnellsten Aufrichtungspotential der Myosin-
köpfchen. Sie richten sich mindestens 10mal schneller als die langsamen MHC I-
Isoformen auf und sind die Grundlage der schnellsten Muskelkontraktionen
(Bottinelli und Reggiani 2000). Muskelfasern mit einem großen Anteil an MHC IIX
können somit mindestens 10mal schnellere Kontraktionen ausführen. Diese
mindestens 10mal schnellere Kontraktionsgeschwindigkeit des MHC IIX im
Vergleich zum MHC I wird auch durch Hollmann und Strüder im Jahre 2009
bestätigt (Hollmann und Strüder 2009).
In der vorliegenden Arbeit konnte gezeigt werden, dass bei 70% der Individuen
mindestens ein selektierter Muskel einer Leiche MHC IIX enthält. Erstaunlich ist,
41
dass der relative MHC IIX- Anteil bei allen untersuchten Muskeln etwa 30% der
MHC II-Fraktion ausmacht. Das Vorkommen von MHC IIX spielt bei Sportarten, in
denen eine schnelle Muskelkontraktion erforderlich ist, eine ausschlaggebende
Rolle und entscheidet über Sieg oder Niederlage.
Durch Ausdauertraining werden jedoch die MHC IIX-Myosine in MHC IIA-Myosine
mit einer langsameren Kontraktionsgeschwindigkeit umgewandelt (Harber et al.
2002, O´Neill 1999 et al., Pette und Staron 2000 und Kesidis et al. 2008). Durch
eine Ruhephase vor einem Wettkampf jedoch können die MHC IIA Myosine wieder
in MHC IIX retransformiert werden (Hollmann und Strüder 2009). Somit kann der
Ausgangswert der relativen MHC IIX-Konzentration sogar nach einer Ruhephase
von 9 auf 18% überkompensiert werden (Andersen et al. 2001). Dieser über den
Ausgangswert erhöhte MHC IIX-Anteil entscheidet bspw. bei Sprintern über die
sportliche Leistung. So dürften bei den Weltrekorden von Usain Bolt besonders
hohe MHC IIX-Konzentrationen und ein angepasstes Training mit entsprechender
Ruhephase vor dem Wettkampf vorgelegen haben.
Die Arbeitsgruppe um Zawadowska et al. machen den geringen MHC IIX-Anteil
von Sprintern für die fehlenden Erfolge trotz jahrelangen Trainings verantwortlich
(Zawadowska et al. 2004). Zu vermuten ist jedoch, dass die untersuchten Sprinter
ein zu ausdauerndes Training absolvierten und keine erforderlichen Ruhephasen
vor dem Wettkampf eingelegt hatten in denen sich die MHC IIA in MHC IIX
zurückbilden konnten.
Somit ist das Wissen über das Vorkommen von MHC IIX und dessen Optimierung
in der Skelettmuskulatur von Leistungssportlern von ausschlaggebender
Bedeutung. Ein Athlet der bspw. einen überdurchschnittlich hohen Anteil an
MHC IIX in der Beinmuskulatur aufweist, hat gute Voraussetzungen ein
erfolgreicher Sprinter zu werden. Wäre bekannt, wie das Vorkommen von MHC IIX
in der Beinmuskulatur von bspw. Sprintern ist, könnte man den Athleten aufgrund
seiner Myosin-Zusammensetzung und einem MHC IIX optimierten Training durch
entsprechende Ruhephasen eine gute Perspektive auf hohe Erfolgschancen
geben.
5.8 Myosinzusammensetzung in Abhängigkeit vom Lebensalter
Über die Abnahme der MHC II-Konzentration in Abhängigkeit vom Alter wird
sowohl bei Tieren als auch beim Menschen berichtet (Evans und Campbell 1993).
42
Feng et al. evaluierten bei afrikanischen grünen Meerkatzen (Primaten,
Chlorocebus) im M. vastus lateralis (Feng et al. 2012) die Abnahme der relativen
MHC II-Konzentration mit zunehmendem Lebensalter. Ebenfalls wird die MHC II-
Reduktion mit zunehmendem Lebensalter beim Menschen beschrieben (Andersen
et al. 2001, Dirks und Leeuwenburgh 2005, Hortobagyi et al. 1995 und Lexell
1993). Diese MHC II-Reduktion im Alter erfolgt durch eine Transformation der
schnellen Isoformen MHC IIX in langsame MHC IIA. Dieses Phänomen zeigt
Abb.19. MHC IIX ist noch bei jungen Probanden vorhanden und im Alter völlig
verschwunden. Diese Veränderung der Myosinzusammensetzung wird in der
Abbildung 19 von Korhonen mit Probanden im Alter von 18 und 84 am Beispiel
des M. vastus lateralis dargestellt (Korhonen 2006).
Abbildung 19: Bestimmung der MHC-Isoformen mit Hilfe einer gelelektrophorese mit
anschließender Silberfärbung. Die jüngeren Läufer weisen drei MHC-Isoformen auf
während im Alter kein MHC IIX in den älteren Muskelproben nachgewiesen werden
konnte (Korhonen et al. 2006).
In der vorliegenden Arbeit wurden bei der Betrachtung der MHC II-Konzentration
der Skelettmuskulatur in Abhängigkeit vom Alter die schnell kontrahierenden
Muskeln als Gruppe A zusammengefasst und die ausdauernden Muskeln als
Gruppe B (siehe Abb.15). Die relativen MHC II-Konzentrationen der Gruppe A und
B sind signifikant verschieden und wurden deshalb separat von einander in der
Alters- und Geschlechtsbetrachtung analysiert.
Mit zunehmendem Alter (18-80 Jahre) nahm die MHC II-Konzentration sowohl in
Gruppe A als auch in der Gruppe B ab. Der Abfall der Myosinkonzentration war in
Gruppe A ausgeprägter als in Gruppe B und war in Gruppe A statistisch signifikant
43
(p < 0,05). Die Ergebnisse dieser Studie entsprechen den Ergebnissen in der
Literatur.
Die veränderte Myosinzusammensetzung zugunsten langsamer MHC-
Schwerketten im Alter mit verminderter Kraftentwicklung schützt vermutlich sowohl
die Knochen als auch die Bindegewebsstrukturen, die im Alter deutlich vulnerabler
sind (Hughes et al. 2001).
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die verlangsamte Bewegung
alter Menschen sowohl von der Reduktion des MHC IIX als auch des
MHC II-Anteils bestimmt wird.
5.9 Geschlechtsspezifische Myosinzusammensetzung
In der vorliegenden Arbeit konnten jedoch weder in den schnell kontrahierenden
(Gruppe A) noch in den langsam kontrahierenden (Gruppe B) Muskeln
geschlechtsspezifische Unterschiede in der relativen Zusammensetzung der
schwerkettigen Myosine nachgewiesen werden.
In gleicher Weise fanden Staron et al. im Jahre 2000 keine geschlechts-
spezifischen Unterschiede bezüglich der relativen Zusammensetzung der Myosin-
Isoformen von Frauen und Männern (Staron et al. 2000). Ihre im M. vastus
lateralis bestimmten relativen MHC II-Konzentrationen entsprachen unseren
Befunden. Zusätzlich beschreibt Staron et al. in derselben Veröffentlichung, dass
sich hingegen die Faserquerschnittsfläche von Männern gegenüber Frauen
signifikant unterscheiden. Diese Befunde sprechen dafür, dass die größere
Kraftentwicklung bei Männern nicht auf eine verschiedene Zusammensetzung der
Myosin-Isoformen, sondern auf eine größere Muskelquerschnittsfläche (größere
Anzahl von Myofibrillen) zurückzuführen ist. Diese vorangegangenen Ergebnisse
werden auch von Hurley 1995, Miller et al. 1993 und Simoneau und Bouchard
1989 bestätigt.
5.10 Der Einfluss der Elektrostimulation auf die Muskelfasertransformation und Genexpression schwerkettiger Myosine
Wie im Kapitel 1.6 über die Plastizität der Skelettmuskulatur im Kreuz-
innervationsexperiment von Buller beschrieben ist, hängt der Fasertyp vom
nervalen Innervationsmuster ab (Buller et al.1960). Salmons gelang es durch
Elektrostimulation einen schnell kontrahierenden Muskel mit 50% Typ II-Myosinen
in einen völlig ermüdungsfreien 100% Typ I Faser-Muskel umzuwandeln (Salmons
44
1994). Diese Unermüdbarkeit machte man sich zunächst experimentell und dann
klinisch für muskuläre Herzunterstützungssysteme als Kardiomyoplastik oder auch
experimentell als Skelettmuskelventrikel zu Nutze. Lopez-Guajardo und Salmons
konnten an der Skelettmukulatur des Kaninchens zeigen (Lopez-Guajardo et al.
2001), dass eine Fasertransformation durch Elektrostimulation von der mittleren
Stimulationsfrquenz bestimmt wird.
Dieser Versuch wird im Folgenden wegen seiner weitreichenden Bedeutung
detailliert beschrieben: Der M. tibialis anterior des Kaninchens wurde mit
verschiedenen mittlerer Stimulationsfrequenzen von 0,21-10 Hz elektrisch
stimuliert. Diese elektrische Langzeitstimulation lässt sich exakt dosieren und
verursacht dadurch eine variable Genexpression für Myosin-Isoformen, die sich
durch eine Gelelektrophorese quantifizieren lassen. Die unstimulierte Kontrolle
lässt erkennen, dass bei elektrisch unstimulierten Muskeln etwa 80% Typ IIX und
10% Typ IIA vorliegen. Bei steigender mittlerer Stimulationsfrequenz nimmt die
relative Typ IIX in dem Maß ab, wie die Typ IIA Expression ansteigt.
Abbildung 20: MHC Zusammensetzung des M. tibialis anterior bei Kaninchen unter einer
mittleren Stimulationsfrequenz von 0,21-10 Hz (Lopez-Guajardo et al. 2001).
Die Typ I-Schwerketten nehmen bei einer mittleren Stimulationfrequenz zwischen
5-10 Hz im gleichen Maße zu, wie die Typ IIA Myosine reduziert werden. Der M.
tibialis anterior des Kaninchens (schnell kontrahierender Muskel) kann somit mit
einer mittleren Stimulationsfrequenz >10 Hz zu einem Muskel mit 100% MHC I
Myosine transformiert werden. Dieser Versuch am Kaninchenmodell
veranschaulicht, dass die Skelettmuskulatur bei genetischer Festlegung der
45
Myosin-Isoformen durch vermehrte Aktivität, die durch eine steigende mittlere
Stimulationsfrequenz simuliert wird, verschiedene Zusammensetzungen von
Myosin-Isoformen exprimiert werden. Dieses Phänomen veranschaulicht die hohe
Plastizität des Skelettmuskels (Abb.20). Das Modell von Lopez-Guajardo und
Salmons ist zwar ein Transformationsmodell unter Elektrostimulation, jedoch sind
Parallelen zum sportlich aktivierten Muskel durchaus zu erwarten (Karavirta et al.
2009 und Lopez-Guajardo et al. 2001).
5.11 Implikationen der Zusammensetzung schwerkettiger Myosine für den Sport
Das Wissen über die Verteilung schwerkettiger Myosine in der Skelettmuskulatur
ist für die Sportphysiologie und die Trainingslehre von grundlegender Bedeutung.
Kennt der Sportler die genetisch festgelegte MHC-Verteilung zum einen (Hollmann
und Strüder 2009 und Komi et al. 1977) (MHC I, MHC IIA, MHC IIX) und ist ihm
bekannt, welche MHC-Verteilung für seine Sportart optimal ist (Ausdauersportler:
vermehrt MHC I und Sprinter: vermehrt MHC IIX), kann er die Verteilung der
Myosin-Isoformen seiner Muskulatur durch Training so verändern, dass sie optimal
an die sportlichen Leistungsanforderungen angepasst ist (Andersen et al. 2001
und Baldwin und Haddad 2001).
Wie bereits im Kapitel 1.4 eingehend beschrieben, unterscheidet man zwischen
„langsamen“ Typ I Fasern mit einem überwiegenden Anteil an MHC I-Myosin und
„schnellen“ Typ IIA und Typ IIX Fasern mit einem überwiegenden Anteil an MHC
IIA bzw. MHC IIX-Isoformen. Die Einteilung in langsame und schnelle Fasern ist
berechtigt, da die Köpfchen der schnellen schwerkettigen Myosine (MHC IIA) beim
Menschen sich ca. 3-5 Mal schneller und die sehr schnellen Myosine (MHC IIX)
bis zu zehn Mal schneller als langsame Myosine (MHC I) aufrichten (Hollmann
und Strüder 2009). Sogar einzelne Myofibrillen sind sowohl mit schnellen als auch
langsamen Myosin-Schwerketten ausgestattet (Andersen et al. 2001 und Hoppeler
und Billeter 2003). Bei der Betrachtung der Abbildung 21 von Andersen wird
deutlich, welche Myosin-Isoformen für die jeweiligen sportlichen Disziplinen
leistungsbestimmend sind. Weltklassesprinter besitzen bis zu 80% an MHC IIX+
MHC IIA Myosin. Extreme Ausdauersportler haben bis zu 95% Myosin I-
Schwerketten und keine IIX-Myosine. Die unterschiedliche relative Myosin-
46
verteilung zwischen einem Sprinter und einem Ausdauerathleten wird in der
Abbildung 21 deutlich (Hoppeler und Billeter 2003), dabei bestimmt die
überwiegende Menge an schwerkettigen Myosinen den Muskeltyp.
Abbildung 21: Muskelaktivität und Myosintyp, Spektrum der Wissenschaft (modifiziert
nach Andersen et al. 2001).
Hoppeler und Billeter zeigten, dass Ausdauersportler eine hohe Ermüdungs-
resistenz und die dafür notwendige große Anzahl an Typ I Fasern besitzen
(Hoppeler und Billeter 2003, Howald 1982, Howald et al. 1985 und Ricoy et al.
1998). Sie können lange Distanzen bewältigen jedoch keine Spitzen-
geschwindigkeiten eines Sprinters erbringen. Ein Sprinter benötig für seine
kurzen, kraftvollen Höchstleitungen überwiegend Typ IIX Fasern. Er kann jedoch
keine lange Distanzen auf hohem Geschwindigkeitsniveau bewältigen. Ein Lang-
streckenläufer (mit überwiegend Typ I Fasern), der einen Hochleistungssprint
anstrebt, muss vor dem Wettkampf eine regenerative Ruhephase einhalten, um
wieder erfolgreich kurze Sprintstrecken laufen zu können. Die Muskulatur benötigt
Zeit für die Rücktransformation der Typ I Fasern in IIA bzw. Typ IIX Fasern (Trappe
et al. 2006).
47
Abbildung 22: Darstellung der Faserverteilung des M. vastus lateralis mit Hilfe einer
myofibrillären ATPase Färbung: eines Schwimmers der Weltklasse im 50 m Freistil Sprint
mit überwiegend Typ II Fasern („weiße“ Muskelfasern: in Abbildung c) und eines
Radprofis über Langdistanzen mit überwiegend Typ I Fasern mit dunklen Muskelfasern
(hoher ATPase Gehalt in Abbildung d) (Hoppeler und Billeter 2003).
Es muß jedoch angemerkt werden, dass eine genetische Anlage einer
ausreichenden Menge MHC IIX vorliegen muß, damit Sportler zu einem
Weltklassesprinter trainiert werden können. Wie die eigenen Untersuchungen
gezeigt haben besitzen nicht alle Menschen MHC IIX in den zum Sprinten nötigen
Muskelgruppen. Nur Träger von MHC IIX in der Beinmuskulatur sind als potentielle
„Sprintertypen“ einzustufen. Zu vermuten ist, dass Usain Bolt in der Bein-
muskulatur einen Anteil von mehr als 30% MHC IIX aufweist (vgl. Abb.21).
Wie bereits in Kapitel 5.10 detailliert beschrieben, ist eine Transformation zu Typ I-
Schwerketten nicht nur durch körperliches Training, sondern auch durch Elektro-
48
stimulation möglich. Die Elektrostimulation ist in der Sportpraxis kein Neuland
mehr und wird bereits seit mehreren Jahren zur Erbringung sportlicher Höchst-
leistungen in die Trainingspläne der Spitzenathleten vor allem im Bereich des
Ausdauersports integriert. Es konnte nachgewiesen werden, dass die Elektro-
stimulation ebenfalls einen hohe Effektivität aufweist und eine gute Ergänzung
zum „normalen“ Training darstellt (Gondin et al. 2011, Mester et al. 2009 und Seyri
und Maffiuletti 2011).
Vor dem Einsatz der Elektrostimulation im sportlichen Training wurde sie in der
Rehabilitationsmedizin angewendet (Nosaka et al. 2011). MHC I-Schwerketten
werden im besonderen Maße durch Elektrostimulation generiert. Bei überdosierter
Elektrostimulation, wie auch bei einem erhöhten Trainingsreiz, kann ein weit-
gehender Umbau in Typ I Fasern mit einem erheblichen Muskelmasseverlust und
einer enormen Kraftminderung einhergehen (Korhonen 2006 und Nosaka et al.
2011). Diese Reduktion der Muskelmasse, Kontraktionsgeschwindigkeit- und
Muskelkraft ist sowohl bei Sportarten mit entsprechendem Kraftbedarf wie auch in
der Medizin unerwünscht und zu vermeiden.
5.12 Implikationen der Verteilung schwerkettiger Myosine für die Medizin
Die funktionelle Elektrostimulation befasst sich mit der elektrischen Stimulation
von Skelettmuskulatur für therapeutische Zwecke. Elektrisch zur Kontraktion
gebrachte Muskulatur ist therapeutisch beispielsweise für künstliche Zungen,
Sphinkteren im Bereich der Abdominalchirurgie wie bspw. als biologischer
Verschluss eines Anus praeter oder im Bereich der Urologie als Blasensphinkter
von Bedeutung (Williams et al. 1989). Eine gesonderte Stellung nehmen
muskuläre Herzunterstützungssysteme ein.
Bei der Kardiomyoplastik wird der breite (meistens der linke) Rückenmuskel (M.
latissimus dorsi, MLD) verwendet. Er wird vor der Anheftung an den Brustkorb
abpräpariert. Dabei dürfen Gefäße (Arteria und Vena thoracodorsalis) und Nerven
(Nervus thoracodorsalis) nicht verletzt werden. Nach Teilresektion der 2. Rippe
wird der MLD intrathorakal verlagert. Die Stimulationselektroden des MLD werden
am Stiel des Muskels fixiert. Nach einer Sternotomie wird der MLD um das Herz
geschlungen (Wickelherz). Ein in der Herzspitze fixierte Wahrnehmungselektrode
wird zusammen mit den beiden Stimulationselektroden am Pedikel des MLD mit
49
einem Muskelschrittmacher konnektiert und subkutan (abdominal in die
Rektusscheide) plaziert.
Diese Kardiomyoplastiken wurden klinisch bei über 1000 Patienten (Chachques et
al. 2008) angewendet. Bei allen bisherigen Applikationen wurde eine Stimulation
gewählt, die zu einer 100%igen Fasertransformation zu Typ I Fasern (und 100%
mit Typ I Myosinen) führte. Die Behandlung der terminalen Herzinsuffizienz blieb
meist hinter den Erwartungen zurück, sodass die Produktion des Muskel-
schrittmachers eingestellt wurde.
Die Ursache dieser Therapieeinstellung war ein fehlendes Verständnis für die
physiologischen Zusammenhänge eines elektrisch stimulierten Skelettmuskels.
Die Erwartungen, dass eine DCMP (Dynamic cardiomyoplasty, dynamische
Kardiomyoplastik) eine systolische Herzunterstützung bewirkt, konnte nicht erfüllt
werden, da eine Muskelfasertransformation in einen 100%igen Typ I Muskel mit
einem mehr als 80%igem Verlust an Kontraktionskraft und Kontraktions-
geschwindigkeit korrelierte.
Trotz dieser Einschränkungen konnten jedoch nach einer mehrjährigen
Anwendung zwei therapeutische Effekte beobachtet werden. Das waren einmal
der Korsetteffekt, der der myokardialen Wandspannung entgegenwirkt und somit
auch den myokardialen Sauerstoffverbrauch reduziert, und zum Zweiten wirkt das
biologische Muskelkorsett einer weiteren Dilatation des Herzens entgegen. Die
beiden Effekte bewirkten eine klinische Besserung bei Herzinsuffizienzpatienten
mit einer Verbesserung der NYHA Klasse (New York Heart Association, Schema
zur Einteilung von Herzkrankheiten) um 1,5 und eine Erhöhung der Auswurfrate
des linken Herzventrikels um ca. 7%. Damit war außerdem eine signifikante
Reduktion der Hospitalisierungsrate verbunden.
Wie in dem Kapitel über chronische Elektrostimulation und Myosin-Expression
dargelegt (5.10), ist die Fasertransformation von der mittleren Pulsfrequenz des
zur Stimulation eingesetzten Bursts abhängig. Bei der klinischen Applikation einer
mittleren Pulsfrequenz um 5 Hz erfolgte eine 100%ige Fasertransformation in
einen schwachen und kontraktionsverlangsamten MLD. Appliziert man jedoch
Bursts von einer mittleren Pulsfrequenz von weniger als 1 Hz, so bleiben ca. 50%
Typ IIA Fasern erhalten, und der Muskel ist kaum ermüdbar. Außerdem besitzt er
eine hohe Kontraktionskraft und Kontraktionsgeschwindigkeit. Der Erhalt von
50
Typ IIA-Myosinen bei muskulären Herzunterstützungssystemen ist therapeutisch
erforderlich, limitiert jedoch die „Unterstützungsfrequenz“, eine 1:1-Unterstützung
mit dem Herzen ist somit nicht mehr möglich. Jedoch lässt sich der Erhalt von
Typ II-Myosin eine Renaissance der muskulären Herzunterstützungssysteme
erwarten. Dazu sind Schrittmacher erforderlich, die sorgfältig die Impulsabgabe
kontrollieren und reduzieren, um die Genexpression für Typ II-Myosin aufrecht-
zuerhalten. Die Verbindung aus den neu gewonnenen Erkenntnissen über die
Auswirkungen der Stimulationsmuster und die in dieser Arbeit neu gewonnenen
Erkenntnisse, über den Einfluss des Alters auf die MHCII-Konzentration und dass
das Geschlecht keinen Einfluss auf die Elektrostimulation hat, sind beim klinischen
Einsatz von Bedeutung.
Das Biomechanische Herz (Guldner et al. 2001) besteht aus einem Skelettmuskel-
ventrikel, der zusätzlich zum kranken Herzen als Pumpventrikel in den Kreislauf
integriert und EKG getriggert durch einen Muskelschrittmacher stimuliert wird. Um
das Typ IIA-Myosin zu erhalten, kann nicht jeder Herzschlag durch diese klappen-
tragende Blutpumpe augmentiert werden. Da jede Blutpumpe die Gefahr der
Gerinnselbildung trägt und insbesondere wenn sie nicht andauernd pumpt, steht
und fällt ein klinischer Einsatz mit der Bereitstellung einer athrombogenen
Blutkontaktfläche. Das ist nach heutigen Erkenntnissen lediglich durch eine
endothelialisierte Blutkontaktfläche vorstellbar. Eine Lösungsmöglichkeit dafür
bietet eine plasmaaktivierte Titanisierung der Blutkontaktfläche, die nach
Integration in den Kreislauf endothelialisiert wird (Guldner et al. 2009). Bei der
Entwicklung muskulärer Herzunterstützungssysteme wird deutlich, dass die
Kenntnis der Myosin-Zusammensetzung in den einzelnen Muskelfasern über den
therapeutischen Erfolg bestimmend ist. Daher ist das neu erlangte Wissen, dass
der MLD von seiner Faserzusammensetzung und Myosinkombination den
schnellen Muskeln zuzuordnen ist und dass die Myosinexpression zwar
altersspezifisch jedoch nicht geschlechtsspezifisch ist, von klinischer Bedeutung
und beeinflusst die Auswahl der elektrischen Stimulationsmuster.
Das Wissen über die Zusammensetzung schwerkettiger Myosin-Isoformen bildet
eine Grundlange zur Optimierung muskulärer Herzunterstützungssysteme sowie
anderer Therapieformen auf der Basis funktioneller muskulärer Elektrostimulation,
wie z.B. der künstlichen Zunge, Sphinkter im Darm- und Blasenbereich.
51
5.13 Zusammenfassung der Implikationen der relativen Myosin-Schwerketten Zusammensetzung für Sport und Medizin
5.13.1 Implikationen für den Sport
• Aus der Kenntnis der relativen Myosinzusammensetzung eines
Skelettmuskels lässt sich schließen, ob ein Muskel für eine schnelle
Kontraktion oder zur Dauerleistung wie auch zur Haltearbeit geeignet
ist. Überraschenderweise wies der M. vastus lateralis keine Myosin-
Isoformen eines schnell kontrahierenden Skelettmuskels auf,
sondern war mit der Myosinzusammensetzung eines Haltemuskels
vergleichbar.
• Das besonders schnell agierende schwerkettige Myosin IIX kommt
nicht bei allen Individuen vor. Nur solche mit MHC IIX sind
offensichtlich zu sehr schnellen Muskelkontraktionen fähig
(„Sprintertypen“). Es läßt sich die Hypothese aufstellen, dass
Sportler mit besonders hohem MHC IIX-Anteil (>40%,) in der
Beinmuskulatur zu extrem erfolgreichen Sprintern trainiert werden
können.
• Wenn MHC IIX vorkommt, beträgt es im Mittel etwa 30% der
MHC II-Gesamtfraktion. Wäre dieser Anteil deutlich höher als 30%,
könnte ein außerordentliches Talent für schnell und kräftig
kontrahierende Muskelaktionen vorliegen (z.B. Sprintertalent).
• Der durch Ausdauertraining bedingte Verlust von MHC IIX ist vor
einem Wettkampf von Sportarten, die schnelle und kräftige
Muskelkontraktionen erfordern durch entsprechende „Trainings-
pausen“ zu rekompensieren.
• Die Verlangsamung der Bewegungsabläufe im Alter (Seniorensport)
lassen sich auf molekularer Ebene auf eine Vermehrung der MHC I-
Myosine zurückführen.
• Geschlechtsspezifische Unterschiede in der relativen Zusammen-
setzung der schwerkettigen Myosine konnten nicht nachgewiesen
werden. Die Leistungsunterschiede zwischen Sportlerinnen und
Sportlern sind auf unterschiedliche Muskelmassen zurückzuführen.
52
Aufgrund dieser Erkenntnisse bezüglich der relativen Myosinzusammensetzung
lässt sich ein individuelles und an die Sportart angepasstes Training gestalten.
5.13.2 Implikationen für die Medizin
• Geschlechtsspezifische Varianten sind bei der funktionellen
Elektrostimulation der Skelettmuskulatur aufgrund der gleichen
Zusammensetzung der Myosin-Isoformen bei Frauen und Männern
nicht erforderlich .
• Obwohl für eine Kardiomyoplastik oder ein Biomechanisches Herz
unter Elektrostimulation eine Genexpression für 100% MHC I
möglich ist, sollte zur Erhaltung der Kontraktionsgeschwindigkeit, -
kraft und Muskelmasse ein relativer MHC I- /MHC II-Anteil von etwa
50% zu 50% angestrebt werden (z.B. durch gewebeerhaltende
Muskelschrittmacher, microstim® GmbH, Wissmar).
• Die durch Elektrostimulation modulierbare Myosinzusammen-
setzung vor allem des M. latissimus dorsi spielt für die optimale
Funktion muskulärer Herzunterstützungssysteme (Kardiomyoplastik,
Biomechanisches Herz) eine entscheidende Rolle. Während einer
Prästimulation des M. latissimus dorsi in situ liegt ein alters-
abhängiger MHC II-Anteil altersabhängig vor. Bei jüngeren Patienten
ist er höher als bei Ältern. Deshalb sollte die Prästimulation bei
jüngeren Patienten eher länger als 14 Tage andauern und darf bei
älteren eher verkürzt werden.
• Das Verhältnis von etwa 50% MHC I zu 50% MHC II-Myosin sollte
auch für andere medizinische Applikationen wie bei der künstlichen
Zunge, künstlichen Sphinkteren in der Abdominalchirurgie und
Urologie von Vorteil sein.
Die vorliegenden Ergebnisse bezüglich der relativen Zusammensetzung der
schwerkettigen Myosin-Isoformen zeigen, dass sie sowohl erhebliche
Implikationen für den Sport als auch für die Anwendung in der Medizin aufweisen.
53
6. Zusammenfassung
Die Isoformen des schwerkettigen Myosins (I, IIA, IIX) und ihre Verteilung in der
Muskulatur, bestimmen die Kontraktionsgeschwindigkeit und Kraftentwicklung
eines Muskels. Myosinanalysen der verschiedenen Muskeln im menschlichen
Körper sind deshalb von hohem sportphysiologischen und medizinischen
Interesse. Gleichzeitige multilokuläre Biopsien in einer großen Anzahl sind am
Menschen aus ethischen Gründen eher post mortem zu vertreten. Deshalb ist es
zunächst von Interesse wie lange postmortal die Myosinzusammensetzung bei
kühler Lagerung (4°C) zuverlässig konstant bleibt. Diese Frage wurde zunächst
am entnommenen und kühl gelagerten Ziegenmuskel geklärt.
Nachdem sich die Konstanz der relativen Myosinzusammensetzung bei einer
Lagerung von 4°C bis zu 24 Tagen bei der Ziege belegen ließ, konnte davon
ausgegangen werden, dass eine Konstanz der relativen Myosinzusammensetzung
unter gleichen Lagerungsbedingungen auch bei der humanen Leiche 3 Tagen post
mortem noch gegeben ist. Biopsien erfolgten bei 30 humanen Leichen am M.
erector spinae, M. vastus lateralis, M. latissimus dorsi proximal und distal, M.
bizeps und M. trizeps. Aus diesen Proben wurde gelelektrophoretisch die relative
Zusammensetzung schwerkettiger Myosine bestimmt. Aufgrund dieser Analyse
der Myosin-Isoformen konnten Muskeln mit Myosinen, die schnelle Kontraktionen
zulassen (M. bizeps, M. trizeps, M. latissimus dorsi), von Haltemuskeln mit
„langsamen“ Myosinen (M. erector spinae, M. vastus lateralis) signifikant (p <
0,05) unterschieden werden. Die Gruppe der schnell kontrahierenden Muskeln
besaß 13,6% (p < 0,05) mehr MHC II als die Gruppe der langsam kontrahierenden
Muskeln.
Bei 70% der analysierten Leichenmuskulatur konnte bei mindestens einem Muskel
pro Leiche der auf Myosin-Isoformen untersuchten Muskeln MHC IIX nach-
gewiesen werden. Die Verteilung von MHC IIX war interindividuell sehr
unterschiedlich. Kam jedoch in einem Muskel MHC IIX vor, lag der Anteil in einer
vergleichbaren Größenordnung von 28,4 ± 10,4%.
Der MHC II-Anteil nahm mit steigendem Lebensalter signifikant ab. Diese
Reduktion fand sowohl bei den schnellen als auch bei den langsamen Muskeln
(Haltemuskeln) statt. Beispielsweise lag der MHC II-Anteil in der schnell
kontrahierenden Muskulatur bei einem 80-Jährigen um 14,0% (p < 0,05) niedriger
als beim 18-Jährigen.
54
Geschlechtsspezifische Unterschiede in der relativen Zusammensetzung der
Myosin-Isoformen bestanden weder bei den schnellen noch bei den langsamen
Muskeln. Auf die höhere Muskelleistungsfähigkeit bei Männern in Abhängigkeit
des größeren Muskelfaserquerschnitt wurde hingewiesen.
Die Implikationen dieser Ergebnisse für den Sport und die Medizin werden
eingehend diskutiert.
55
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8. Verzeichnisse der Abbildungen und Tabellen
Abbildung 1: Schematischer Aufbau der Skelettmuskulatur (Winkler 2009)............8
Abbildung 2: Das Sarkomer als kleinste kontraktile Einheit eines Muskels besteht
aus den begrenzenden Z- Streifen mit darin verankerten Aktinfilamenten und den
dazwischen gelagerten Myosinfilamenten (modifiziert nach Hadel 2003)..............10
Abbildung 3: Das Aktinfilament besteht aus zwei perlen-kettenartigen G-
Aktinsträngen mit angelagertem Tropomyosin und Troponin (modifiziert nach
Fischer 2009)...........................................................................................................11
Abbildung 4: Ein Myosinhexamer besteht aus zwei ineinander gedrehten
Schwerketten und vier Leichtketten in den Myosinköpfen (modifiziert nach Sigma
Aldrich 2013)...........................................................................................................12
Abbildung 5: Der molekulare Mechanismus der Muskel-kontraktion: Die
Myosinköpfchen knicken im Myosinhals ab. Sie haben Kontakt mit dem Aktin und
schieben es zum Zentrum des Sarkomers. Somit verkürzt sich das Sarkomer
(Sigma Aldrich 2013)...............................................................................................12
Abbildung 6: Entnahmestellen der Muskelproben (modifiziert nach microstim®
2004) ......................................................................................................................19
Abbildung 7: Schematische Darstellung der Gelelektrophorese-Kammer
(Universität Leipzig 2011)........................................................................................21
Abbildung 8: (a) Gelelektrophorese einer Muskelprobe einer Ziege zur
Bestimmung des relativen Anteils von MHC II und MHC I des proximalen MLD. (b)
Der MHC II-Anteil blieb bei einer Kühlung (4°C) über 24 Tage konstant (n=5). Das
Konfidenzintervall (CI) lag am 24. Tag in den Grenzen von 50,8 und 60,6%.........25
Abbildung 9: Der intramuskuläre MHC II-Vergleich zwischen dem proximalen MLD
(n= 30) zum distalen MLD (n = 30). Der relative MHC II-Anteil wurde beim
proximalen MLD mit 55,1 ± 14,4% und dem distalen MLD bei 54,7 ± 13,2%
gemessen. Dieser Unterschied ist statistisch nicht signifikant (p>0,05, Wilcoxon-
Test).........................................................................................................................26
Abbildung 10: Der MHC II-Vergleich zwischen dem proximalen MLD (n= 30) und
dem M. erector spinae (n=30 ). Der relative MHC II-Anteil wurde beim proximalen
MLD mit 55,1 ± 14,4% und beim M. erector spinae mit 41,5 ± 19% gemessen.
Dieser Unterschied ist statistisch signifikant (p < 0,05, Wilcoxon-Test)..................27
64
Abbildung 11: Der MHC II-Vergleich zwischen dem proximalen MLD (n=30) und
dem M. bizeps (n=27). Der relative MHC II-Anteil wurde beim proximalen MLD mit
55,1 ± 14,4% und beim M. bizeps mit 58,1 ± 13,1% gemessen. Dieser Unterschied
ist statistisch nicht signifikant (p > 0,05, Wilcoxon-Test). .......................................28
Abbildung 12: Der MHC II-Vergleich zwischen dem M. vastus lateralis (n= 29) und
dem M. erector spinae (n=30 ). Der relative MHC II-Anteil wurde beim M. vastus
lateralis mit 41,6 ± 19,3% und beim M. erector spinae mit 41,5 ± 19% gemessen.
Dieser Unterschied ist statistisch nicht signifikant (p > 0,05, Wilcoxon-Test).........29
Abbildung 13: Der MHC II-Vergleich bei schneller Muskulatur (Gruppe A: MLD
proximal, MLD distal, M. bizeps und M. trizeps, n=27-30) und den Haltemuskeln
(Gruppe B: M. erector spinae und M. vastus lateralis, n=29-30). Der relative MHC
II-Anteil wurde in der Gruppe A im Mittel mit 55,2 ± 12,9% und Gruppe B mit 41,6 ±
19,2% gemessen. Dieser Unterschied ist statistisch signifikant (p < 0,05, ANOVA).
.................................................................................................................................30
Abbildung 14: Der MHC IIX-Vergleich bei schneller Muskulatur (Gruppe A, n= 12-
19) und den Haltemuskeln (Gruppe B, n=12-21). Der relative MHC IIX-Anteil
wurde in der Gruppe A mit 55,2 ± 19,3% und Gruppe B mit 41,6 ± 19,2%
gemessen. Dieser Unterschied ist nicht signifikant (p > 0,05, ANOVA).................31
Abbildung 15: Der relative Anteil an MHC II in Abhängigkeit vom Lebensalter in
schnell kontrahierender Muskulatur (Gruppe A, n = 30) und Haltemuskulatur
(Gruppe B, n = 29-30 )............................................................................................32
Abbildung 16: Der MHC II-Vergleich bei Männern (n = 19) und Frauen (n = 11) in
Gruppe A. Der relative Anteil an MHC II bei Frauen lag bei bei 50,7 ± 10,4% und
bei Männern bei 59,9 ± 9,5%. Dieser Unterschied ist nicht signifikant (p > 0,05,
Wilcoxon-Test).........................................................................................................33
Abbildung 17: Der MHC II-Vergleich bei Männern (n = 19) und Frauen (n = 11) in
Gruppe B. Der relative Anteil an MHC II bei Frauen lag bei bei 41,6 ± 18,1% und
bei Männern bei 44,1 ± 19,9%. Dieser Unterschied ist nicht signifikant (p > 0,05
Wilcoxon-Test).........................................................................................................34
Abbildung 18: Bestimmung der langsamen schwerkettigen Myosine (MHC) im M.
supraspinatus (SSP), M. subscapularis (SSC), M. infraspinatus (IS), M. teres
minor (TMin) und M. teres major (TMaj). *Signifikant weniger als im M.
supraspinatus (Lovering und Russ 2008)...............................................................37
65
Abbildung 19: Bestimmung der MHC-Isoformen mit Hilfe einer gelelektrophorese
mit anschließender Silberfärbung. Die jüngeren Läufer weisen drei MHC-
Isoformen auf während im Alter kein MHC IIX in den älteren Muskelproben
nachgewiesen werden konnte (Korhonen et al. 2006). .........................................43
Abbildung 20: MHC Zusammensetzung des M. tibialis anterior bei Kaninchen
unter einer mittleren Stimulationsfrequenz von 0,21-10 Hz (Lopez-Guajardo et al.
2001). .....................................................................................................................45
Abbildung 21: Muskelaktivität und Myosintyp, Spektrum der Wissenschaft
(modifiziert nach Andersen et al. 2001)..................................................................47
Abbildung 22: Darstellung der Faserverteilung des M. vastus lateralis mit Hilfe
einer myofibrillären ATPase Färbung: eines Schwimmers der Weltklasse im 50 m
Freistil Sprint mit überwiegend Typ II Fasern („weiße“ Muskelfasern: in Abbildung
c) und eines Radprofis über Langdistanzen mit überwiegend Typ I Fasern mit
dunklen Muskelfasern (hoher ATPase Gehalt in Abbildung d) (Hoppeler und
Billeter 2003)...........................................................................................................48
TabellenverzeichnisTabelle 1: Morphologie, Funktion und Kontraktion der Muskelfasertypen
(modifiziert nach Knechtle 2009)..............................................................................9
Tabelle 2: Extraktionspuffer nach Steinacker 2002 (modifiziert nach Keding 2011)
.................................................................................................................................19
Tabelle 3: Laemmli-Lyse-Puffer (Laemmli 1970)....................................................20
Tabelle 4: Trenngel für 2 Gele (*TEMED wurde unmittelbar vor Gebrauch
zugefügt).................................................................................................................21
Tabelle 5: Sammelgel für 2 Gele (*TEMED wurde unmittelbar vor Gebrauch
zugefügt).................................................................................................................22
Tabelle 6: Reservoirpuffer ......................................................................................22
Tabelle 7: Proben-/Loadingpuffer............................................................................22
66
9. Danksagung
Herrn Prof. Dr. rer. nat. Horst Pagel möchte ich mich für die Überlassung des
Themas und die sehr gute Betreuung bedanken.
Herrn Dr. med Maximilian Gebhard aus dem Insitut für Pathologie der Universität
Lübeck gilt mein ganz besonderer Dank für die Asservierung der Muskelbiospien.
Herrn Prof. Dr. med. Dr. h.c. Jürgen M. Steinacker (Universität Ulm) danke ich für
die Unterstützung bei der Etablierung der Myosingelelektrophorese in Lübeck,
sowie bei Frau Keding für die praktischen Anleitung bei der Durchführung der
Gelelektrophorese schwerkettiger Myosine.
Frau Prof. Dr. Inke R. König gilt mein Dank für die verständnisvolle Beratung bei
der statistischen Absicherung der gewonnenen Messdaten.
Außerdem danke ich meinen Eltern, die beide als Lektoren fungierten.
67
10. Lebenslauf
Persönliche Daten
Geburtsdatum/-ort 30. März 1981 in Ulm
Schulbildung
1986-1990 GGS Gut Kullen (Grundschule), Aachen
1991-1992 Deutsche Schule Brüssel (Gymnasium)
1992-2001 Allgemeine Hochschulreife am Johanneum
zu Lübeck (Gymnasium )
Studium
10/2001- 06/2008 Sportwissenschaften, Sporthochschule Köln
16.Juni 2008 Abschluß zum Diplomsportwissenschaftler
am 28/29. Januar 2011 Referent bei der 45. Atmungsphysiologischen
Arbeitstagung, Abt. Sport- und Arbeitsphysiologie,
Medizinische Hochschule Hannover
11. Dezember 2011 Antrag auf Promotionszulassung an der Universität zu
Lübeck (Sektion Medizin)
68
Nebenstätigkeiten und -beschäftigungen
2005 - 2008 studentische Hilfskraft, Leitung
und Auswertung von biomechanischen
Untersuchungen, Institut für Biomechanik, Deutsche
Sporthochschule Köln
11/2006 – 01/2007 Praktikum, Marketingabteilung, FALKE ergonomic
Sport, Schmallenberg
03/2008 – 05/2008 Rennradtrainer, Leitung von präventiven Rückenkursen
für Leistungssportler, Bicycle Holidays Max Hürzeler,
Mallorca
Berufliche Tätigkeit
seit 10/2008 Existenzgründung, Sportagentur, Rennrad- und
Kajaktrainer, Seminar- und Patientenbetreuung (u.a für
Clinica Dr. Scheib), Leitung von Kursen im
Gesundheitssport, atemrausch*, Cala Sant Vicenç -
Mallorca (www.atemrausch.com)
Sprachen
Deutsch Muttersprache
Englisch gute Kenntnisse in Wort und Schrift
Spanisch gute Kenntnisse in Wort und Schrift
Niederländisch Grundkenntnisse
69
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