Allgemeine und berufliche Bildung 2020
Schwerpunkte der Arbeitsgruppen 2014-2015
Schwerpunkte der ET-2020-Arbeitsgruppen
Die Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung in Europa bieten den Bürgern
große Möglichkeiten zum lebenslangen Lernen. Dennoch gehen über zehn Prozent aller
Schülerinnen und Schüler ohne ausreichende Qualifikation von der Schule ab, erwerben
noch nicht einmal vier von zehn jungen Menschen einen Hochschulabschluss und haben
zwei von zehn Erwachsenen Probleme beim Lesen, Schreiben und Rechnen.
Dies verdeutlicht, dass noch viel getan werden muss, damit unsere Bildungssysteme die
Menschen mit den Fähigkeiten ausstatten, die sie benötigen, um ihren Platz auf dem
Arbeitsmarkt und in der Gesellschaft zu finden. Der Austausch von Informationen über
gemeinsame Herausforderungen, erfolgreiche Reformen und bewährte Verfahren
zwischen den Mitgliedstaaten ist von unschätzbarem Wert. Die Arbeitsgruppen im
Rahmen von „Allgemeine und berufliche Bildung 2020“ sind ein wichtiges Instrument der
politischen Zusammenarbeit in diesem Bereich.
In den letzten beiden Jahren haben sechs Arbeitsgruppen bewährte Verfahren in den
Bereichen Schulpolitik, Hochschulbildung, berufliche Aus- und Weiterbildung,
Erwachsenenbildung, Querschnittskompetenzen sowie digitale und frei zugängliche
Lernangebote ausgetauscht. Neben den europäischen Sozialpartnern und verschiedenen
Interessenvertretungen auf europäischer Ebene beteiligten sich hieran mehr als
400 Expertinnen und Experten aus den 28 EU-Mitgliedstaaten, den Kandidatenländern
und den Ländern des Europäischen Wirtschaftsraums.
Ich freue mich, Ihnen die Schwerpunkte der Arbeit dieser sechs Gruppen – ein Online-
Toolkit, drei Referenzrahmen für Kompetenzen und verschiedene Politikhandbücher –
vorstellen und auf einige wichtige politische Botschaften und gewonnene Erkenntnisse
hinweisen zu können.
Da in diesem Monat sechs neue Arbeitsgruppen ihre Tätigkeit aufnehmen, hoffe ich, dass
diese Broschüre als nützliches und Denkanstöße vermittelndes Dokument zur
Entwicklung hochwertiger Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung in ganz
Europa beiträgt. Wenn wir auch in Zukunft im Wohlstand leben und wettbewerbsfähig
sein wollen, müssen wir weiter an Reformen arbeiten – auch um sicherzustellen, dass alle
Europäerinnen und Europäer das Beste aus ihrem Leben machen können.
Tibor Navracsics
Europäischer Kommissar für Bildung, Kultur, Jugend und Sport
Februar 2016
Schwerpunkte der ET-2020-Arbeitsgruppen
Inhaltsverzeichnis
ARBEITSGRUPPE ZUR SCHULPOLITIK .............................................................................. 3
ARBEITSGRUPPE ZUR MODERNISIERUNG DER HOCHSCHULBILDUNG .................................. 6
ARBEITSGRUPPE ZUR BERUFLICHEN AUS- UND WEITERBILDUNG ....................................... 9
ARBEITSGRUPPE ZUR ERWACHSENENBILDUNG .............................................................. 14
ARBEITSGRUPPE ZU QUERSCHNITTSKOMPETENZEN ........................................................ 18
ARBEITSGRUPPE ZU DIGITALEM LERNEN UND ONLINE-LERNEN ........................................ 21
Die in diesem Dokument vorgestellten Schwerpunkte wurden von der
Kommission in Zusammenarbeit mit Arbeitsgruppenmitgliedern zu Papier
gebracht. Die vorliegenden Aussagen entsprechen nicht unbedingt dem
Standpunkt der Kommission oder der Mitgliedstaaten, sie sollen jedoch eine
Zusammenfassung der wichtigsten Schlussfolgerungen aus der informellen
Arbeit in den Gruppen bieten.
Weitere Informationen zu den Ergebnissen der Arbeitsgruppen siehe unter:
http://ec.europa.eu/education/policy/strategic-framework/expert-groups_en.htm
Schwerpunkte der ET-2020-Arbeitsgruppen
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Die ET-2020-Arbeitsgruppen, in die mehr als 400 Expertinnen und Experten aus den
Verwaltungen der Mitgliedstaaten und weitere Interessenträger einbezogen sind, zählen
zu den wichtigsten Instrumenten der ET-2020-Toolbox. Indem sie voneinander
lernen und bewährte Verfahren benennen, unterstützen sie die Mitgliedstaaten bei
deren Auseinandersetzung mit den zentralen Herausforderungen ihrer Systeme der
allgemeinen und beruflichen Bildung und den auf europäischer Ebene vereinbarten
gemeinsamen Prioritäten. Zwischen 2014 und 2015 gab es sechs ET-2020-
Arbeitsgruppen.
Die Arbeitsgruppe zur Schulpolitik hat zwei Hauptergebnisse vorgelegt:
1. ein Online-Toolkit für Schulen mit entsprechenden konzeptionellen Überlegungen dazu,
wie sich ein ganzheitlicher Schulansatz umsetzen lässt, inklusive Bildung gefördert und
der Anteil früher Schulabgänger gesenkt werden kann;
2. einen Leitfaden zu Strategien zur Verbesserung der Lehrkräfteerstausbildung mit dem
Titel „Shaping career-long perspectives on teaching“ (Gestaltung langfristiger beruflicher
Perspektiven für die Lehrtätigkeit), in dem die vorgeschlagenen politischen Maßnahmen
an Beispielen aus ganz Europa veranschaulicht werden.
Von der Arbeitsgruppe zur Modernisierung der Hochschulbildung, die sich auf Peer-Learning-
Maßnahmen und konzeptionelle Debatten auf Ebene der GD stützte, wurden Kernaussagen
formuliert, mit denen zur Umsetzung der Modernisierungsagenda beigetragen wird. Konkret
betreffen sie folgende Punkte:
1. Umstrukturierung der Hochschullandschaft
2. Leistungsorientierte Finanzierung und Leistungsvereinbarungen
3. Regionales Wissensdreieck
4. Internationalisierung, Mobilität und neu angekommene Migranten
5. Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit
6. Verbesserung des Abschlusses der Hochschulbildung.
Die Arbeitsgruppe zur beruflichen Aus- und Weiterbildung hat 20 vorwiegend an politische
Entscheidungsträger, Sozialpartner und Bildungsträger gerichtete Leitprinzipien zu der Frage
entwickelt, wie die günstigsten Rahmenbedingungen für hochleistungsorientierte
Lehrlingsausbildungen und Lernen am Arbeitsplatz geschaffen werden können. Diese
Leitprinzipien stellen auf die folgenden politischen Herausforderungen ab:
1. Nationale Governance und Einbeziehung der Sozialpartner
2. Unterstützung für Unternehmen, insbesondere für KMU, die Lehrlingsausbildungen
anbieten
3. Attraktivität der Lehrlingsausbildung und Verbesserung der Berufsorientierung
4. Qualitätssicherung beim Lernen am Arbeitsplatz
Die Arbeitsgruppe zur Erwachsenenbildung hat unter Zugrundelegung von Peer-Learning-
Maßnahmen und zweier Studien zentrale Botschaften und konzeptionelle Empfehlungen
erarbeitet, deren Ziel es ist:
1. die Grundqualifikationen bei Erwachsenen zu erhöhen,
2. die IKT-Kompetenzen bei Erwachsenen und den Einsatz frei zugänglicher Lehr- und
Lernmaterialien weiterzuentwickeln,
3. die konzeptionelle Effizienz, Wirksamkeit und Kohärenz der Vorgehensweisen zu stärken.
Die Arbeitsgruppe zu Querschnittskompetenzen hat zur Einführung eines gemeinsamen
Kompetenzrahmens für Sprachkompetenzen und digitale Kompetenzen und zur Entwicklung
eines künftigen Rahmens für unternehmerische Kompetenzen beigetragen.
Die Arbeitsgruppe Digitales Lernen und Online-Lernen hat beigetragen zur Entwicklung:
Schwerpunkte der ET-2020-Arbeitsgruppen
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1. eines Referenzrahmens, der Bildungsträgern dabei helfen soll, das ganze Potenzial des
digitalen Lernens und Online-Lernens freizusetzen: dem „Digitally-Competent Educational
organisation framework“ (Rahmen für Bildungseinrichtungen mit digitalen Kompetenzen);
2. von Kernaussagen zu den folgenden Bestandteilen offener Bildung: Qualitätssicherung
sowie Erstellung und Einsatz frei zugänglicher Lehr- und Lernmaterialien (Open
Educational Resources, OER).
Dieses Dokument enthält weitere Informationen zu diesen Ergebnissen. Seine Zielgruppe
sind die politischen Entscheidungsträger.
Schwerpunkte der ET-2020-Arbeitsgruppen
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ARBEITSGRUPPE ZUR SCHULPOLITIK
Ziel dieser Arbeitsgruppe war die Unterstützung der Länder bei der Verbesserung der schulischen
Bildung durch Förderung der konzeptionellen Entwicklung mittels Peer-Learning und Weitergabe
empfehlenswerter Verfahren. Mit diesem Auftrag ausgestattet, stellte die Gruppe zwei zentrale
Herausforderungen in den Mittelpunkt ihrer Arbeit: die Auseinandersetzung mit frühen
Schulabgängen und die Verbesserung der Lehrkräfteerstausbildung.
Wichtigste Ergebnisse der Arbeitsgruppe:
ein online bereitgestelltes „Europäisches Toolkit für Schulen” mit entsprechenden
konzeptionellen Überlegungen dazu, wie sich ein ganzheitlicher Schulansatz umsetzen
lässt, mit dem inklusive Bildung gefördert und die Quote der frühen Schulabgänger gesenkt
werden soll
ein „Guide on policies to improve Initial Teacher Education“ (Leitfaden mit Strategien zur
Verbesserung der Lehrkräfteerstausbildung), in dem die Möglichkeiten der Länder
untersucht werden, der Art und Weise, in der die Lehrkräfte auf ihre anspruchsvolle
Aufgabe vorbereitet werden, mehr Relevanz zu verleihen und ihre Qualität zu verbessern.
Die vorgeschlagenen politischen Maßnahmen werden durch ein breites Spektrum von
Beispielen aus ganz Europa veranschaulicht.
Frühe Schulabgänge
Vor dem Hintergrund der rückläufigen Quote der frühen Schulabgänger in der EU
insgesamt, aber auch der eklatanten Unterschiede zwischen den verschiedenen Ländern,
Regionen und Gruppen von Lernenden in Europa untersuchte die Arbeitsgruppe, wie mit
kollaborativen Ansätzen auf lokaler und schulischer Ebene am besten dem komplexen
und mehrdimensionalen Charakter der frühen Schulabgänge Rechnung getragen und der
Bildungserfolg aller Kinder und Jugendlichen gefördert werden kann. Die Gruppe räumte
ein, dass Lernende aus vielen unterschiedlichen und ineinandergreifenden Gründen am
Ende eines langen und kontinuierlichen Rückzugsprozesses, häufig verbunden mit
Lernschwierigkeiten, von der Schule abgehen, und kam zu dem Ergebnis, dass die Schule
nur eine von mehreren Einrichtungen ist, die die Frage der frühen Schulabgänge in
Angriff nehmen können, dass sie diese Arbeit jedoch nicht im Alleingang bewältigen
kann, da es außerschulische Faktoren gibt, die Auswirkungen auf die Einbindung und den
Erfolg eines Kindes haben.
Aufbauend auf den Ergebnissen der thematischen Arbeitsgruppe über frühe
Schulabgänge (2011-2013) vertrat die Arbeitsgruppe die Auffassung, dass die
Auseinandersetzung mit frühen Schulabgängen einen ganzheitlichen Schulansatz
erfordert, bei dem die gesamte Schulgemeinschaft kohäsive, kollektive und
kooperative Maßnahmen verfolgt und dabei eng mit externen
Interessengruppen zusammenarbeitet. Die Gruppe bestimmte die notwendigen
politischen Voraussetzungen und Schritte für eine wirksame Umsetzung solcher Ansätze
und stellte fest, dass aus einer Reihe von Mitgliedstaaten eine Vielzahl empfehlenswerter
Verfahren auf schulischer Ebene vorliegt. Für politische Entscheidungsträger und
Praxisvertreter werden Beispiele empfehlenswerter Verfahren und andere Ressourcen
über das neue „Europäische Toolkit für Schulen“1 bereitgestellt, eine einzigartige
Onlineplattform, die für die weitere Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten der
Schulen in ganz Europa geöffnet bleibt. Das Toolkit, in dem auf ein umfangreiches
Themenspektrum eingegangen und für inklusive Bildung und ein ganzheitliches
1 Abrufbar über School Education Gateway: http://www.schooleducationgateway.eu/en/pub/index.htm.
Schwerpunkte der ET-2020-Arbeitsgruppen
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Schulkonzept plädiert wird, wird fortlaufend auf den neuesten Stand gebracht und
erweitert.
Die zentralen politischen Botschaften der Arbeitsgruppe lauten:
- Dafür zu sorgen, dass alle Kinder und Jugendlichen die gleichen Chancen auf
hochwertige, inklusive Bildung haben, an dieser Bildung teilhaben und von ihr
profitieren können, ist ein Muss. Ansprechende, relevante Lehrpläne und inspirierende,
engagierte Lehrkräfte sind die wirkungsvollste Methode, um frühen Schulabgängen
vorzubeugen.
- Alle Lernenden und ihre vielfältigen Bedürfnisse sollten im Mittelpunkt des
Bildungswesens stehen und an alle Lernenden hohe Erwartungen gestellt werden,
damit diese ihr volles Potenzial ausschöpfen.
- Eine effiziente Schulleitung und -governance ist von entscheidender Bedeutung,
um Teamarbeit und kooperative Verfahren innerhalb der Schulgemeinschaft zu fördern
und Schulakteure und Interessenträger zusammenzubringen, damit der Bildungserfolg
gewährleistet und frühen Schulabgängen vorgebeugt wird.
- Es muss fortlaufend in die Fort- und Weiterbildung von Schulleitern, Lehrkräften
und sonstigem Schulpersonal investiert werden. Dabei muss der Schwerpunkt auf
einer Sensibilisierung für Prozesse des frühen Schulabgangs sowie auf den Kompetenzen
und Fähigkeiten liegen, die erforderlich sind, um Bildungsnachteilen und dem Rückzug
von Lernenden aus dem Bildungssystem entgegenzutreten.
- Prozesse zur Schulentwicklung und -verbesserung sollten auch auf die zugrunde
liegenden Faktoren des frühen Schulabgangs abzielen. Außerdem sollten sie die gesamte
Schulgemeinschaft, Interessenträger, multiprofessionelle Teams, externe lokale Dienste,
Eltern und Familien einbeziehen.
- Bildung ist die gemeinsame Verantwortung von Eltern und Schulen und muss auf
gegenseitigem Vertrauen und Zusammenarbeit beruhen.
Lehrkräfteerstausbildung
Die Arbeitsgruppe stellte fest, dass die Lehrkräfteerstausbildung (Initial Teacher
Education, ITE) ein grundlegender Bereich der Bildungspolitik ist, in dem eine
Hinwendung zu neuen Formen der Arbeitskultur und neuen Unterrichtsverfahren
gefördert, die Grundlagen für die Fähigkeit von Lehrkräften zur Anpassung an sich
verändernde Umfelder und Umstände gelegt und die Anziehungskraft des Lehrerberufs
bei der Berufswahl erhöht werden.
In „Shaping career-long perspectives on teaching. A guide on policies to
improve Initial Teacher Education“ (Gestaltung langfristiger beruflicher Perspektiven
für die Lehrtätigkeit. Ein Leitfaden mit Strategien zur Verbesserung der
Lehrkräfteerstausbildung) fasst die Arbeitsgruppe die Ergebnisse ihrer Arbeit zusammen,
legt dar, weshalb Qualität und Relevanz der ITE-Programme zu den Hauptanliegen von
politischen Entscheidungsträgern gehören sollte, und zeigt mögliche politische Lösungen
auf.
Im Mittelpunkt des Leitfadens stehen drei der wichtigsten politischen Herausforderungen
im Zusammenhang mit der Lehrkräfteerstausbildung.
Erstens wird in dem Leitfaden ausgeführt, dass die Herbeiführung eines Wandels
umfassende Maßnahmen erfordert, durch die die verschiedenen Phasen des
beruflichen Werdegangs von Lehrkräften nahtlos miteinander verknüpft werden,
indem der Blick auf die gesamte Laufbahn gerichtet wird. Genannt werden
Beispiele für Maßnahmen, die auf einer ganzheitlichen Betrachtung des
Lehrerberufs aufbauen und auf eine Verknüpfung der verschiedenen miteinander
verbundenen Gesichtspunkte abzielen, so zum Beispiel den Lernbedarf von Lehrkräften,
die Systeme zu ihrer Unterstützung, die beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten, die
Schaffung von Kompetenzniveaus und die Auswirkungen der Schulkultur. In diesem
Schwerpunkte der ET-2020-Arbeitsgruppen
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Zusammenhang stellt die Lehrkräfteerstausbildung keine gesonderte und abgeschlossene
Phase dar, sondern den ersten Teil eines dynamischen längerfristigen Prozesses.
Zweitens wird von Lehrkräften zunehmend erwartet, dass sie sich kollaborativer Ansätze
bedienen, um ihre Unterrichtspraxis und auch ihr eigenes Lernen zu verbessern. Die
Gruppe gelangte zu der Erkenntnis, dass eine erfolgreiche Förderung kollaborativen
Lernens unter Lehrkräften nicht nur Änderungen der Praxis und des Arbeitsumfelds
notwendig macht; sie erfordert gleichzeitig eine Veränderung der Geisteshaltung und
Entwicklung einer neuen Arbeitskultur, wobei die Lehrkräfteerstausbildung eine
maßgebliche Rolle spielt. Unter den aus verschiedenen Ländern vorliegenden Daten und
Fakten finden sich Methoden, mit denen ein Anreiz für Zusammenarbeit geschaffen und
diese gefördert wird – etwa Aktionsforschung, Netzwerkarbeit und Schulungen zu
teamorientierter Führungstätigkeit.
Drittens wird in dem Leitfaden festgestellt, dass in den zunehmend komplexer
werdenden Bildungssystemen die ITE-Governance stärker ist, wenn sie auf
kollaborativen Ansätzen beruht, in deren Rahmen die Anbieter von
Lehrkräfteerstausbildung und andere Interessenträger von den Behörden voll einbezogen
werden. Die Daten und Fakten aus den Ländern verweisen auf unterschiedliche Formen
kollaborativer Governance (unter anderem neue Strukturen, Foren, Mechanismen und
Rahmenbedingungen), die auf Dialog und Teilhabe beruhen und die Akteure in die Lage
versetzen, einen Teil der Verantwortung für einen gut vorbereiteten Lehrkörper zu
übernehmen.
Im Leitfaden wird die Besprechung der wichtigsten Konzepte im Zusammenhang mit
jedem der genannten Themen mit einer Prüfung von politischen Schritten der letzten
Zeit in Europa und Beispielen für Maßnahmen zur Förderung von Veränderungen
verbunden; den Abschluss bilden Vorschläge für politische Maßnahmen.
Schwerpunkte der ET-2020-Arbeitsgruppen
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ARBEITSGRUPPE ZUR MODERNISIERUNG DER
HOCHSCHULBILDUNG
Auf der Grundlage eines Austauschs zwischen Peers, die als Vertreter der nationalen Behörden
und der Hochschuleinrichtungen fungierten, wurden als Fazit länderorientierter Workshops die
nachstehenden evidenzgestützten Kernaussagen formuliert.2
Umstrukturierung der Hochschullandschaft
Die Mitgliedstaaten streben eine höhere Qualität, Effizienz und Bedarfsorientierung der
Hochschulsysteme an. Auf struktureller Ebene besteht eine politische Antwort in der
Reform der Hochschullandschaft durch Förderung der vertikalen oder horizontalen
Diversifizierung und Spezialisierung der einzelnen Einrichtungen und/oder eine
Konsolidierung anhand von Zusammenschlüssen und Allianzen. Damit eine
Hochschullandschaft entsteht, in der zwischen den Zielen Qualität, Effizienz und
Bedarfsorientierung ein ausgewogenes Verhältnis herrscht, sollten die
Regierungen zusammen mit den wichtigsten Interessenträgern den Zweck der
Reform festlegen und ein übergreifendes Zukunftskonzept für die
Hochschulbildung erarbeiten. Sie sollten die bestehenden Möglichkeiten für eine
Verbesserung des Hochschulsystems analysieren und die Kausalkette zwischen den
geplanten Veränderungen und den erhofften Auswirkungen und Ergebnissen ins Visier
nehmen. Beratungen über Notwendigkeit und Inhalt der geplanten Veränderungen sind
wichtig, damit allen Parteien der Zusammenhang zwischen der vorgeschlagenen Reform
und der angestrebten Leistungsverbesserung klar wird. Es kommt darauf an, einen
Rechtsrahmen für die Erleichterung der Systemumstrukturierung und die
Bewertung der voraussichtlichen Kosten zu entwickeln. Und schließlich sollten den
Hochschuleinrichtungen Anreize geboten und die Ergebnisse der Reform
überwacht und evaluiert werden. Die Reformen sind durch Anreize für die
Hochschuleinrichtungen und angemessene Überwachungs- und Evaluierungsmaßnahmen
zu ergänzen.
Leistungsorientierte Finanzierung und Leistungsvereinbarungen
Es ist legitim, wenn Behörden sicherstellen möchten, dass sich durch Investitionen der
öffentlichen Hand in die Hochschulbildung der Beitrag, den die Hochschuleinrichtungen
für die Gesellschaft und die Wirtschaft erbringen, verbessert. Obwohl eine transparente
formelgebundene Finanzierung die Grundlage der institutionellen Mittelzuweisung bildet,
greifen die Regierungen zunehmend auf Leistungsvereinbarungen zurück, um die
strategische Planung und die Ergebnisorientierung der Einrichtungen zu verstärken.
Leistungsvereinbarungen sind ein flexibles Instrument, das sich als Ergänzung
der formelgebundenen Finanzierung eignet, da sie qualitative und auch
quantitative Ziele einschließen und sich differenzierter Zielvorgaben für die
einzelnen Institutionen bedienen. Eine sorgfältige Auswahl der quantitativen Ziele
und der entsprechenden Indikatoren sorgt dafür, dass der Mechanismus und die
Kausalzusammenhänge, über die die Einrichtung diese erreichen kann, klar sind und dass
eine Datenerhebung machbar ist. Die leistungsorientierten Systeme sollten
verhältnismäßig einfach beschaffen sein, weil die Steuerungswirkung eines
konkreten Indikators vom prozentualen Anteil der mit ihm verbundenen Finanzmittel
abhängt. Die an Leistungsvereinbarungen gebundenen Finanzmittel sind im Idealfall
zusätzlich zur bestehenden Finanzierung auszureichen. Zieht die Nichteinhaltung der
gesteckten Ziele finanzielle Konsequenzen nach sich, so sollte die Höhe der Mittel nicht
die Finanzstabilität der Einrichtungen in Gefahr bringen.
2 http://ec.europa.eu/education/policy/strategic-framework/expert-groups_en.htm
Schwerpunkte der ET-2020-Arbeitsgruppen
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Das regionale Wissensdreieck
Hochschuleinrichtungen können in ihren Regionen zu Entwicklung und Wachstum
beitragen, indem sie: a) durch Forschung die Innovation stärken; b) den
Unternehmergeist und die Wirtschaft fördern; c) einen Beitrag zur Entwicklung von
Humankapital und Kompetenzen leisten und d) durch Regeneration und kulturelle
Entwicklung die Umweltverhältnisse und die sozialen Rahmenbedingungen verbessern.
Um ein starkes regionales Wissensdreieck aufzubauen, sollten die
Hochschuleinrichtungen, die Industrie und die lokalen und regionalen Behörden
als Orientierung für ihre Zusammenarbeit und ihre gemeinschaftlichen
Maßnahmen gemeinsame Prioritäten benennen, die den Erfordernissen und dem
Potenzial der Region, in der sie sich befinden, Rechnung tragen. Es kommt darauf an, das
Bildungsangebot und die FEI der Hochschuleinrichtungen auf den regionalen Bedarf
abzustimmen und Zusammenarbeit und Wissensaustausch zwischen den
Hochschuleinrichtungen und der Wirtschaft und Gesellschaft im weiteren Sinne
zu verstärken. Um das Potenzial der Hochschuleinrichtungen für die
Regionalentwicklung zu mobilisieren, sollten die Regierungen die institutionelle
Eigenverantwortung in Sachen Finanzierung, Vergütung und Vermögen
sicherstellen, die finanziellen Anreize auf die Ziele abstimmen und durch Überwachung
und Evaluierung der Ergebnisse die Rechenschaftspflicht gegenüber der Öffentlichkeit
unterstützen.
Internationalisierung, Mobilität und neu angekommene Migranten
Um zu gewährleisten, dass Europa das attraktivste Ziel für internationale Studierende
bleibt, und auch zum Vorteil der nicht mobilen Studierenden werden umfassende
Internationalisierungsstrategien für das Hochschulwesen benötigt.
Hochschuleinrichtungen können auch bei der Integration neu angekommener
Migranten, die zumeist im erwerbsfähigen Alter sind, die Hälfte von ihnen unter
25 Jahren, eine maßgebliche Rolle spielen. Ihre frühzeitige Integration kann verbessert
werden durch: i) zügig arbeitende Systeme zur Anerkennung früher erworbener
Kenntnisse, verbunden mit maßgeschneiderten Weiterbildungs- und Brückenkursen; ii)
intensive Sprachenausbildung und kulturelle Bildung; iii) Information, Beratung und
Anleitung sowie iv) Erweiterung des Zugangs zu Hochschulen durch Abschaffung von
Einschränkungen auf der Grundlage des Aufenthaltsstatus.
Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit
Obwohl Hochschulabsolventen im Allgemeinen auf dem Arbeitsmarkt besser abschneiden
als ihre weniger qualifizierten Mitstreiter, müssen die Hochschulsysteme doch
sicherstellen, dass die Studierenden eine Ausbildung erwerben, die sie für
Änderungen in der Zukunft rüstet. Die Regierungen können dies erleichtern, indem
sie: a) den künftigen Bedarf an Kenntnissen und Fertigkeiten feststellen; b)
Berufsorientierung anbieten; c) relevante Hochschulangebote entwickeln und d)
Beziehungen zwischen dem Hochschulwesen und der Arbeitswelt knüpfen. Um aus
Prognosen zum Kompetenzbedarf in vollem Umfang Nutzen ziehen zu können, sollte der
Akzent auf breit gefasste Fähigkeiten und Kenntnisse gelegt werden.
Die Programmgestaltung und Berufsorientierung an Hochschulen lässt sich
verbessern, wenn auf nationaler Ebene aggregierte und anonymisierte
Laufbahnbeobachtungsdaten verfügbar gemacht werden. Die Entwicklung eines
relevanten Hochschulkursangebots macht es erforderlich, vom lehrkraftorientierten
Präsenzunterricht abzugehen und sich den auf die Studierenden ausgerichteten
Modellen und praktischen, problemorientierten Lernansätzen zuzuwenden. Die
Regierungen können diese Entwicklung unterstützen, indem sie Anreize für den Einsatz
aktiven Lernens sowie neuer Lern- und Lehrmethoden und -programme wie zum Beispiel
Kurzstudiengänge, multidisziplinäre und berufsqualifizierende Bachelorabschlüsse und
berufsorientierte Hochschulabschlüsse schaffen. Wegen ihrer positiven Wirkung auf alle
Schwerpunkte der ET-2020-Arbeitsgruppen
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Studierenden im Hinblick auf Motivation, Abschluss und Beschäftigungsfähigkeit zählt die
Einbeziehung des Lernens am Arbeitsplatz und von Querschnittskompetenzen in
die Hochschulbildung zu den wichtigsten Maßnahmen zur Verbesserung des
Hochschulabschlusses. Die Arbeitsgruppe stellt fest, dass im Rahmen der
Politikgestaltung ein ausgewogenes Verhältnis zwischen der Bedeutung des Eingehens
der Hochschuleinrichtungen auf die Erfordernisse des Arbeitsmarkts und der
Notwendigkeit, den Studierenden eine abgerundete und der Gesellschaft insgesamt
zugutekommende nachhaltige Bildung zu vermitteln, hergestellt werden sollte.
Verbesserung des Abschlusses der Hochschulbildung
Ein besserer Abschluss oder größerer Studienerfolg steht im Hochschulwesen in engem
Zusammenhang mit Zugang und Qualität. Die Ausgabe von klaren Zielen und
Prioritäten im Zusammenhang mit Zugang und Erfolg und sich wechselseitig
stützende Ziele lassen einen wirksameren Policy-Mix entstehen. Evidenzbasierte
Strategien machen es erforderlich, den Studienerfolg unter Zugrundelegung des
gesamten Student-Life-Cycle zu messen. Eine Kombination aus nationalen und
institutionellen Studenten-Tracking- und Studenten-Befragungs-Systemen kann
wirkungsvolle Informationen für die Strategieentwicklung liefern. Durch transparente
Veröffentlichung und Verbreitung sollten die Ergebnisse für alle relevanten Beteiligten
problemlos zugänglich gemacht werden.
Die Regierungen sollten umfassende und transparente Systeme zur Entwicklung
von Kenntnissen und Fähigkeiten unterstützen, die sich von der
Vorschulerziehung bis zur Hochschulbildung und zum lebenslangen Lernen
erstrecken. Die Herausforderungen in Bezug auf den Abschluss der Hochschulbildung
können mit vergleichbaren Herausforderungen in der Sekundarschulbildung in
Verbindung gebracht werden. Durch aktive Zusammenarbeit mit den Schulen vor Ort
können Hochschuleinrichtungen die Motivation und die akademischen Leistungen
potenzieller Studierender verbessern. Die Regierungen können auf
wettbewerbsorientierte Finanzierungsanreize zurückgreifen, um den Übergang
zur Hochschulbildung spezieller Gruppen zu verstärken und sich der Bedürfnisse
nicht herkömmlicher Studierender anzunehmen. Die Beseitigung von Sackgassen in
der Bildung, eine Stärkung der Verbindungen mit anderen Ebenen und Akteuren und eine
bessere Anerkennung früher erworbener Kenntnisse tragen dazu bei, funktionierende
Wege zur Förderung systemübergreifender und systeminterner Mobilität zu
öffnen.
Schwerpunkte der ET-2020-Arbeitsgruppen
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ARBEITSGRUPPE ZUR BERUFLICHEN AUS- UND
WEITERBILDUNG
Die Arbeitsgruppe zur beruflichen Aus- und Weiterbildung hat 20 Leitprinzipien zu der Frage
entwickelt, wie hochleistungsorientierte Lehrlingsausbildungen und Lernen am Arbeitsplatz
eingeführt und gefördert werden können. Diese Leitprinzipien stellen auf vier zentrale
Herausforderungen des Angebots von Lehrlingsausbildungen ab: nationale Governance und
Einbeziehung der Sozialpartner, Unterstützung für Unternehmen, insbesondere für KMU, die
Lehrlingsausbildungen anbieten, Attraktivität der Lehrlingsausbildung und Verbesserung der
Berufsorientierung sowie Qualitätssicherung beim Lernen am Arbeitsplatz. Die Prinzipien werden
durch praktische Beispiele aus den Teilnehmerländern veranschaulicht, aus denen deutlich wird,
wie bestimmte Elemente von Lehrlingsausbildungen und Lernen am Arbeitsplatz eingeführt
werden können.
In der unter dem Vorsitz der Kommission stehenden Arbeitsgruppe arbeiteten Vertreter der EU-
Mitgliedstaaten, der EFTA-Länder und der Bewerberländer sowie der Sozialpartner aus der EU und
Anbieter beruflicher Aus- und Weiterbildung, des Cedefop und der Europäischen Stiftung für
Berufsbildung (ETF) mit.
Nationale Governance und Einbeziehung der Sozialpartner
Die Regierungen sollten einen klaren und einheitlichen Rechtsrahmen vorlegen,
der die Partner im Rahmen der Lehrlingsausbildung zu effizientem Handeln mit
gegenseitigen Rechten und Pflichten befähigt (1). Die „Partner bei der
Lehrlingsausbildung“ sind der Auszubildende selbst, das ausbildende Unternehmen und
die Berufsschule oder das Berufsausbildungszentrum. Der Rechtsrahmen sollte den
Status des Auszubildenden als Lernender anerkennen und dessen Recht auf eine
qualitativ hochstehende Ausbildung gewährleisten, in deren Rahmen belastbare und
übertragbare Kenntnisse vermittelt werden.
Lehrlingsausbildungen unterliegen mehr als jede andere Form der Aus- und
Weiterbildung häufig unterschiedlichen Rechtsvorschriften (Bildungsrecht, Arbeitsrecht
usw.). Daher sollte im Rahmen der nationalen Governance besonderer Wert auf
Konsistenz gelegt werden. Um wirksam zu sein, müssen Rechtsvorschriften die Rechte
und Pflichten der wichtigsten Partner schützen (Berufsbildungsanbieter, Arbeitgeber,
Auszubildende und Sozialpartner), und zwar unter gebührender Beteiligung von
Vertretern der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer in Fragen, die den Inhalt der
Lehrlingsausbildung, die Beurteilung und die Zertifizierung betreffen. Die Regierungen
sollten somit nicht versuchen, die Lehrlingsausbildung bis ins letzte Detail zu regeln,
sondern vielmehr einen angemessenen Rechtsrahmen einführen.
Die nationale Governance sollte einen strukturierten fortlaufenden Dialog zwischen
allen Partnern der Lehrlingsausbildung erleichtern, einschließlich einer
transparenten Koordinierungs- und Entscheidungsfindungsmethode (2).
Außerdem ist darauf zu achten, dass die Rolle der Sozialpartner durch den Aufbau
von Kapazitäten, die Entwicklung von Eigenverantwortung und die Übernahme
von Verantwortung für die Umsetzung gestärkt wird (3). Das Engagement der
Sozialpartner ist eine wichtige Komponente eines erfolgreichen
Lehrlingsausbildungssystems. Die Sozialpartner können beispielsweise dafür sorgen, dass
die Ausbildungsprogramme hohen Ansprüchen genügen und in regelmäßigen Abständen
überprüft werden, damit sie den Anforderungen des Arbeitsmarkts entsprechen.
Darüber hinaus macht eine Lehrlingsausbildung von hoher Qualität die Förderung einer
systematischen Zusammenarbeit zwischen den Berufsschulen oder
Berufsausbildungszentren und den Unternehmen erforderlich (4). Vor allem KMU
mit ihren begrenzten Verwaltungsressourcen können von einer solchen fortwährenden
Schwerpunkte der ET-2020-Arbeitsgruppen
10
Zusammenarbeit und Unterstützung durch Partnerschaften zwischen der Wirtschaft und
den Ausbildungsunternehmen auf lokaler Ebene profitieren.
Lehrausbildungen sollten den Lernenden und auch den Ausbildungsbetrieben Nutzen
bringen. Viele Ausbildungsbetriebe profitieren davon, dass sie
Lehrausbildungsprogramme anbieten, weil sie damit Personen heranbilden können, die in
der Lage sind, die speziellen Anforderungen des Unternehmens zu erfüllen. Zudem kann
die Lehrlingsausbildung das Interesse anderer Arbeitnehmer an einer Ausbildung
erhöhen; dies erzeugt eine „Ausbildungskultur“ im Ausbildungsbetrieb und auch im
Gesamtsektor. Daher ist es wichtig, dass im Rahmen der Governance im gegenseitigen
Interesse der Unternehmen, der Anbieter und der Lernenden eine ausgewogene
Kosten- und Nutzenverteilung gewährleistet wird (5).
Unterstützung für Unternehmen, insbesondere für KMU, die Lehrlingsausbildungen anbieten
Ein klarer und konsistenter Rechtsrahmen ist eine wichtige Voraussetzung, reicht jedoch
möglicherweise allein nicht aus, um die Unternehmen zur Aufnahme von Auszubildenden
zu veranlassen. Aufgrund der Verwaltungskosten, die durch den Einsatz von
Lehrausbildern, die Zusammenarbeit mit Berufsschulen u. a. verursacht werden,
empfinden es viele Unternehmen, allen voran KMU, noch immer als Belastung,
Auszubildende einzustellen. Um Unternehmen zu motivieren, Auszubildende
aufzunehmen, sind daher vielleicht Unterstützungsmaßnahmen erforderlich, die die
Lehrlingsausbildung für KMU attraktiver und zugänglicher machen (6).
Damit die Beschäftigungsfähigkeit Jugendlicher gewährleistet ist, sollten Inhalt und
Vermittlung der Lehrlingsausbildung kontinuierlich an die Erfordernisse des Arbeitsmarkts
angepasst werden, wobei gleichzeitig dem Qualifikationsbedarf des konkreten
Ausbildungsbetriebs Rechnung zu tragen ist. Dazu gilt es das richtige Verhältnis
zwischen dem besonderen Qualifikationsbedarf der Ausbildungsbetriebe und
der Beschäftigungsfähigkeit der Auszubildenden zu finden (7).
Wichtig ist, sich auf Unternehmen zu konzentrieren, die noch keine Erfahrungen
mit Auszubildenden haben (8) und womöglich finanzielle, aber auch nicht finanzielle
Unterstützung benötigen.
Eine wichtige Rolle kann die berufliche Aus- und Weiterbildung einschließlich der
Lehrlingsausbildung auch bei der sozialen Integration benachteiligter Jugendlicher
spielen, die häufig weder erwerbstätig sind noch eine Aus- oder Weiterbildung
durchlaufen. Dadurch können jedoch den Unternehmen, die solche Ausbildungsplätze
anbieten, zusätzliche Kosten entstehen. Aus diesem Grunde könnte es von Bedeutung
sein, Unternehmen, die eine Lehrlingsausbildung für benachteiligte Personen
anbieten, zu unterstützen (9).
Darüber hinaus wäre es wichtig, die Unternehmen zur Ernennung qualifizierter
Lehrausbilder und Mentoren für ihre Auszubildenden zu motivieren und ihnen
entsprechende Unterstützung zu geben (10).
Attraktivität der Lehrlingsausbildung und Verbesserung der Berufsorientierung
Die Förderung der Lehrlingsausbildung hängt nicht nur von einer entsprechenden
Motivierung der Unternehmen ab, sondern auch davon, ob die potenziellen Lernenden
und ihre Eltern eine berufliche Ausbildung, Lehrlingsausbildungen eingeschlossen, im
Vergleich mit anderen Bildungswegen als attraktiv empfinden. Es kommt darauf an, dass
die berufliche Bildung nicht als Sackgasse begriffen wird, die den Wechsel zu anderen
Bildungswegen oder Laufbahnen erschwert. Deshalb ist es wichtig, die Durchlässigkeit
zwischen beruflicher Aus- und Weiterbildung und anderen Bildungswegen und
Karrierepfaden zu fördern (11). Diese Durchlässigkeit lässt sich beispielsweise
erhöhen, wenn Personen, die eine Lehrlingsausbildung absolviert haben, eine formale
Schwerpunkte der ET-2020-Arbeitsgruppen
11
Zugangsberechtigung zu Hochschulen eingeräumt wird, Programme zur Erleichterung des
Übergangs zum Studium entwickelt und/oder auf der Ebene der beruflichen Aus- und
Weiterbildung Querschnittskompetenzen einbezogen werden.
Die berufliche Bildung einschließlich der Lehrlingsausbildung genießt derzeit nicht das
gleiche Ansehen wie die allgemeine oder eine akademische Bildung und wird in vielen
Ländern häufig als Bildung zweiten Ranges angesehen. Das macht es erforderlich, das
Ansehen der beruflichen Bildung und Lehrlingsausbildung durch Förderung
herausragender Leistungen anzuheben (12). Förderung herausragender Leistungen
bedeutet, dass alle an der Bereitstellung beruflicher Bildung beteiligten Interessenträger
(Lernende, Schulen, Lehrkräfte, Ausbildungsbetriebe und die Sozialpartner) versuchen
sollten, den Berufsstolz ihres jeweiligen Berufsstands zu stärken, indem sie ihr Bestes
tun, um qualitativ hochstehende Kompetenzen zu entwickeln und diese der breiten
Öffentlichkeit bewusst zu machen.
Eine Berufsberatung, die Jugendliche zu fundierten Entscheidungen befähigt
(13), ist eine wichtige Komponente bei der Unterstützung Jugendlicher beim Übergang
von der Schule ins Erwerbsleben. Bei der Berufsberatung handelt es sich um einen
fortlaufenden Prozess, der zu einem frühen Zeitpunkt in der Grundschule einsetzen und
andauern kann, bis die Jugendlichen Reife erworben haben und sich für einen
Bildungsweg oder Karrierepfad entscheiden. Damit gewährleistet ist, dass die
Jugendlichen Zugang zu einer solchen Beratung haben, könnte ein Mehrkanalansatz eine
gute Lösung sein, bei dem die persönliche Direktberatung mit anderen
Vermittlungsmethoden wie dem Internet, Hotlines usw. einhergeht.
Ob Jugendliche Lernen als attraktiv empfinden und einen Bildungsabschluss erwerben,
hängt auch von ihrem Verhältnis zu den Berufsschullehrkräften und Ausbildern und deren
Kompetenzen ab. Um die Attraktivität von Lehrausbildung durch bessere
Berufsschullehrkräfte zu erhöhen (14), kann es daher von Bedeutung sein, die
beruflichen und pädagogischen Kompetenzen der Berufsschullehrkräfte und Lehrausbilder
ständig auf den neuesten Stand zu bringen. Damit eine qualitativ gute
Lehrlingsausbildung gewährleistet ist, ist außerdem die Zusammenarbeit zwischen
Schulen und Unternehmen wichtig und muss die Kenntnis der aktuellen Arbeitsverfahren
bei den Lehrkräften sowie die der Pädagogik und Didaktik bei den Ausbildern verbessert
werden.
Um eine Berufsausbildung einschließlich der Lehrlingsausbildung attraktiver erscheinen
zu lassen, gilt es auch auf die Geisteshaltung der Jugendlichen und ihrer Eltern Einfluss
zu nehmen, die möglicherweise eine überholte Vorstellung von Berufsausbildung haben.
Die Einwirkung auf derartige Denkmuster macht es erforderlich, die Attraktivität der
beruflichen Bildung und der Lehrlingsausbildung durch ein breites Spektrum
von Sensibilisierungsmaßnahmen stärker ins Bewusstsein zu rücken (15).
Bewusstseinsbildende Maßnahmen wie Betriebspraktika und Job Shadowing können
Jugendlichen helfen, begründete Entscheidungen im Hinblick auf ihren Bildungsweg und
Karrierepfad zu treffen. Gleichzeitig sind derartige Maßnahmen geeignet, herrschende
Klischees und Vorurteile über Berufs- und Lehrlingsausbildung zu bekämpfen. Um
wirkungsvoll zu sein, sollten Sensibilisierungsmaßnahmen auf nationaler und auch auf
Sektorebene und unter Einbeziehung der Sozialpartner stattfinden.
Qualitätssicherung beim Lernen am Arbeitsplatz
Die Qualitätssicherung in der Berufsbildung steht seit mehr als zehn Jahren im
Mittelpunkt der europäischen Zusammenarbeit. Vor kurzem wurde auch die Qualität des
Lernens am Arbeitsplatz ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt. Lernen am
Arbeitsplatz erfordert einen klaren Rahmen für die Qualitätssicherung innerhalb
der Lehrlingsausbildung auf System-, Anbieter- und Unternehmensebene, bei
dem ein systematisches Feedback gewährleistet ist (16). Die Voraussetzungen für
die Qualitätssicherung in der Lehrlingsausbildung sind auf allen Ebenen (politische
Entscheidungsträger, Industrie, Ausbildungsanbieter) abzustimmen und eine eindeutige
Rollen- und Zuständigkeitsverteilung zwischen den verschiedenen Partnern sowie
Mechanismen für die Zusammenarbeit festzulegen. Das Vorhandensein rechtlicher und
Schwerpunkte der ET-2020-Arbeitsgruppen
12
formaler Regelungen allein ist jedoch noch keine Garantie für Qualität beim Lernen am
Arbeitsplatz.
Ein zentrales Erfordernis besteht darin, dass die Systeme und Einrichtungen für
Veränderungen offen sein müssen. Die Verantwortlichen sollten Mechanismen einführen,
die dafür sorgen, dass der Inhalt der Berufsbildungsprogramme auf Änderungen
im Qualifikationsbedarf der Unternehmen und der Gesellschaft insgesamt zu
reagieren vermag (17). Dies erfordert vielleicht einen systematischen,
evidenzbasierten Ansatz für die Berufsbildungspolitik mit regelmäßigen Voraussagen des
Qualifikationsbedarfs und Evaluierungen von Berufsbildungsreformen und Pilotprojekten.
Qualität verlangt auch Pflege des gegenseitigen Vertrauens und Respekts durch
systematische Zusammenarbeit zwischen den Partnern der Lehrlingsausbildung
auf allen Ebenen (18). Auf lokaler Ebene kann die Zusammenarbeit beispielsweise
Abschlussprüfungen von Auszubildenden im Beisein von innerbetrieblichen Ausbildern,
Lehrkräften und Vertretern der Wirtschaft einschließen und auf diese Weise die Kohärenz
zwischen schulischer Ausbildung und Ausbildung im Unternehmen sicherstellen. Auf
nationaler Ebene könnte ein Dialog zwischen den beteiligten Behörden stattfinden.
Die Sicherstellung einer gerechten, fundierten und authentischen Beurteilung
der Lernergebnisse (19) ist eine wichtige Komponente der Qualitätssicherung beim
Lernen am Arbeitsplatz. Da das Lernen jeweils in einem unterschiedlichen Lernumfeld
stattfinden kann, sollten seine Ergebnisse einen gemeinsamen Referenzpunkt für die
Beurteilung bilden. Um möglichst realistisch zu sein, sollte die Beurteilung darüber hinaus
in einem betrieblichen oder betriebsähnlichen Umfeld erfolgen. Qualifikation und
Ausbildung der Bewerter stellen bei der Gewährleistung der Qualitätssicherung ebenfalls
einen wichtigen Aspekt dar.
Um die Qualität der innerbetrieblichen Ausbildung sicherzustellen, kommt es darauf an,
die berufliche Weiterentwicklung der betrieblichen Ausbilder zu unterstützen
und ihre Arbeitsbedingungen zu verbessern (20). Die nationale Anerkennung von
Ausbilderqualifikationen sollte unterstützt, jedoch eine hochgradige Regulierung
innerbetrieblicher Ausbilder vermieden werden, da dies qualifizierte Arbeitnehmer von
einer Tätigkeit als betriebliche Ausbilder abhalten könnte.
Schwerpunkte der ET-2020-Arbeitsgruppen
13
• Prinzip 1: Klarer und einheitlicher Rechtsrahmen, der die Partner im Rahmen der Lehrausbildung zu effizientem Handeln mit gegenseitigen Rechten und Pflichten befähigt
• Prinzip 2: Strukturierter fortlaufender Dialog zwischen allen Partnern der Lehrlingsausbildung, einschließlich einer transparenten Koordinierungs- und Entscheidungsfindungsmethode
• Prinzip 3: Stärkung der Rolle der Sozialpartner durch den Aufbau von Kapazitäten, die Entwicklung von Eigenverantwortung und die Übernahme von Verantwortung für die Umsetzung
• Prinzip 4: Systematische Zusammenarbeit zwischen den Berufsschulden oder Berufsausbildungszentren und den Unternehmen
• Prinzip 5: Verteilung von Kosten und Nutzen zum gegenseitigen Vorteil der Unternehmen, der Berufsbildungsanbieter und der Lernenden
Nationale Governance und Einbeziehung der
Sozialpartner
• Prinzip 6: Unterstützungsmaßnahmen, die die Lehrlingsausbildung für KMU attraktiver und zugänglicher machen
• Prinzip 7: Ermittlung des richtigen Verhältnisses zwischen dem besonderen Qualifikationsbedarf der Ausbildungsbetriebe und der allgemeinen Notwendigkeit zur Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit der Auszubildenden
• Prinzip 8: Konzentration auf Unternehmen, die keine Erfahrungen mit Auszubildenden haben
• Prinzip 9: Unterstützung von Unternehmen, die eine Lehrausbildung für benachteiligte Personen anbieten
• Prinzip 10: Motivierung und Unterstützung der Unternehmen bei der Ernennung qualifizierter Lehrausbilder und Tutoren
Unterstützung für Unternehmen,
insbesondere für KMU, die
Lehrlingsausbildungen anbieten
• Prinzip 11: Förderung der Durchlässigkeit zwischen beruflicher Aus- und Weiterbildung und anderen Bildungswegen und Karrierepfaden
• Prinzip 12: Anhebung des Ansehens der beruflichen Bildung und der Lehrlingsausbildung durch Förderung herausragender Leistungen
• Prinzip 13: Berufsorientierung, die Jugendliche zu fundierten Entscheidungen befähigt
• Prinzip 14: Erhöhung der Attraktivität der Lehrlingsausbildung durch bessere Berufsschullehrkräfte
• Prinzip 15: Bewerbung der Attraktivität der beruflichen Bildung und der Lehrlingsausbildung durch ein breites Spektrum von Sensibilisierungsmaßnahmen
Attraktitität der Lehrlingsausbildung
und Verbesserung der Berufsorientierung
• Prinzip 16: Bereitstellung eines klaren Rahmens für die Qualitätssicherung innerhalb der Lehrlingsausbildung auf System-, Anbieter- und Unternehmensebene, bei dem ein systematisches Feedback gewährleistet ist
• Prinzip 17: Hinwirken darauf, dass der Inhalt der Berufsbildungsprogramme Änderungen im Qualifikationsbedarf der Unternehmen und der Gesellschaft berücksichtigt
• Prinzip 18: Pflege des gegenseitigen Vertrauens und Respekts durch systematische Zusammenarbeit zwischen den Partnern der Lehrlingsausbildung
• Prinzip 19: Sicherstellung einer gerechten, fundierten und authentischen Beurteilung der Lernergebnisse
• Prinzip 20: Unterstützung der beruflichen Weiterbildung der betrieblichen Ausbilder und Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen
Qualitätssicherung beim Lernen am
Arbeitsplatz
Hochleistungsorientierte Lehrlingsausbildung und Lernen am Arbeitsplatz:
20 Leitprinzipien
Schwerpunkte der ET-2020-Arbeitsgruppen
14
ARBEITSGRUPPE ZUR ERWACHSENENBILDUNG
Die Arbeitsgruppe zur Erwachsenenbildung hat unter Zugrundlegung von Peer-Learning-
Maßnahmen und zweier Studien zentrale Botschaften und konzeptionelle Empfehlungen
erarbeitet, deren Ziel es ist, die Grundqualifikationen bei Erwachsenen zu erhöhen, die IKT-
Kompetenzen bei Erwachsenen und den Einsatz frei zugänglicher Lehr- und Lernmaterialien zu
entwickeln sowie die konzeptionelle Effizienz, Wirksamkeit und Kohärenz der Vorgehensweisen
zu stärken.
Erwachsenenbildung kann das Leben verbessern und sich für die
Wirtschaft auszahlen.
Erwachsenenbildung nützt dem Einzelnen, dem Unternehmen und der Gesellschaft.
Erwachsene, die sich weiterbilden, verdienen mehr, sind beschäftigungsfähiger, gesünder
und als Bürger aktiver. Erwachsenenbildung verbessert die Innovationsleistung,
Produktivität und Rentabilität der Unternehmen und die Motivation der Beschäftigten und
trägt zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit und Verstärkung des Wachstums eines
Landes bei.
Die große Zahl von Erwachsenen mit mangelhaften Grundqualifikationen stellt
für die Gesellschaft eine große Herausforderung dar. Zu wenige Erwachsene haben
Zugang zur Erwachsenenbildung. Die EU ist weit davon entfernt, bis 2020 ihren Richtwert
von 15 % Bildungsbeteiligung von Erwachsenen zu erreichen.
Ein kräftiger Impuls ist erforderlich, um die Grundqualifikationen der Erwachsenen zu verbessern.
Zu den Grundqualifikationen der Erwachsenen gehören Lesen, Schreiben, Sprech- und
Rechenfertigkeiten sowie digitale Kompetenzen. Werden diese Qualifikationen verbessert,
so kann das der persönlichen Entwicklung des Einzelnen, den
Beschäftigungsmöglichkeiten und der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit eines Landes
Auftrieb geben. Durch Vermittlung von Grundqualifikationen kann soziale Ungleichheit
abgebaut werden, können Integration, Zusammenhalt und bürgerschaftliches
Engagement verstärkt und die geistige und körperliche Gesundheit verbessert werden.
Alle EU-Mitgliedstaaten müssen viel mehr Erwachsenen bei der Verbesserung
ihrer Kompetenzen im Bereich Grundqualifikationen behilflich sein, die diese
benötigen, um in der heutigen Gesellschaft Erfolg zu haben.
Die Mitgliedstaaten brauchen proaktive Strategien zur Verbesserung der Möglichkeiten
und Anreize für ihre Bürger, sich an der Integration von Migranten und Flüchtlingen im
Erwachsenenalter zu beteiligen und diese zu erleichtern.
Zur Unterstützung der Erwachsenenbeteiligung an Bildungsmaßnahmen,
die ihre Integration nach sich zieht, sind ein besserer Wirkungsradius und Zusammenarbeit erforderlich.
Durch wirksamere gezielte Strategien der Öffentlichkeitsarbeit auf nationaler und
regionaler Ebene und auch auf der Ebene der Anbieter von Erwachsenenbildung kann die
Einsicht in Grundqualifikationsdefizite erhöht und die Motivation des Einzelnen zur
Verbesserung seiner Kompetenzen gestärkt werden.
Die Mitgliedstaaten sollten zielführende Bildungsmöglichkeiten von hoher Qualität
anbieten und eine Nachfrage nach formalen, nichtformalen und informellen Schulungen
im Bereich Grundqualifikationen erzeugen. Diese Maßnahme sollte auch Teil der
Schwerpunkte der ET-2020-Arbeitsgruppen
15
Leistungen sein, die arbeitslosen Erwachsenen zuteilwerden; Aus- und Weiterbildung
bringt die besten Ergebnisse, wenn die Teilnahme freiwillig erfolgt.
Viele Erwachsene sind motiviert zu lernen, wenn es um die Beschäftigung geht, und
Programme zur Verbesserung von Grundkompetenzen am Arbeitsplatz bringen
Arbeitnehmern und Arbeitgebern gleichermaßen Vorteile. Die Mitgliedstaaten
müssen in enger Zusammenarbeit mit den Arbeitgebern und den Gewerkschaften darauf
hinwirken, dass Anzahl und Reichweite der Programme zur Verbesserung der
Grundqualifikationen am Arbeitsplatz zunehmen.
Zur Verbesserung des nationalen Qualifikationsniveaus der Erwachsenen sind Programme von hoher Qualität wichtig.
Die Vermittlung von Grundqualifikationen an Erwachsene erfordert
erwachsenenspezifische Lehrmethoden und Lehrpläne von hoher Qualität mit
authentischem Lehrmaterial aus allen Bereichen des täglichen Lebens.
Die Mitgliedstaaten sollten strukturelle und zusammenfassende Erstbewertungs- und
Selbstbeurteilungsstrategien entwickeln, durch die Erwachsene motiviert und in ihren
Lernbemühungen unterstützt werden.
Die Erwachsenenbildung auf dem Gebiet der Grundqualifikationen ist eine
anspruchsvolle Aufgabe, die eine besondere Ausbildung erfordert. Die
Mitgliedstaaten müssen den Lehrkräften, die Grundqualifikationen in der
Erwachsenenbildung vermitteln, attraktive Laufbahnen und entsprechende
Beschäftigungsbedingungen bieten und ihnen eine Erstausbildung von hoher Qualität wie
auch eine kontinuierliche berufliche Entwicklung zuteilwerden lassen, in deren Mittelpunkt
erwachsenenspezifische Lehrmethoden und auch der entsprechende Unterrichtsstoff
stehen.
Erwachsene, die ihre Grundqualifikationen verbessern müssen, benötigen häufig
zusätzliche Unterstützung für den Erfolg ihrer Lernbemühungen – etwa besondere
Anleitung, klare Vorstellungen von den weiteren Schritten sowie Möglichkeiten zur
Akkreditierung und Zertifizierung bereits erworbener Kenntnisse. Durch wirksame
Unterstützung erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass die Erwachsenen zum jeweils
nächsten Schritt übergehen.
Zur Förderung der Teilnahme und der Ausdauer müssen die Programme möglichst nicht
weit von dort, wo die Menschen wohnen, angeboten werden. Auch sollte praktische
Unterstützung in Angelegenheiten wie Kursgebühren, Fahrtkosten, Kinderbetreuung oder
Freistellung von der Arbeit geleistet werden. Die Programme sollten zudem die
Möglichkeit des Wiedereinstiegs nach einer gewissen Zeit anbieten.
Alle Erwachsenen brauchen heute digitale Kompetenzen.
Erwachsene benötigen nicht einfach nur eine bessere Bildung, sie brauchen zugleich
bessere digitale Bildung. In Europa vertieft sich die „Kluft auf dem Gebiet der
digitalen Kompetenzen“. Digitale Kompetenzen sind Grundkompetenzen. Viele
Erwachsene verfügen jedoch nicht über die Kompetenzen, die sie für ein Leben in einer
zunehmend digitalen Gesellschaft und einem immer stärker digitalen Arbeitsmarkt
benötigen. Sie sind nicht in der Lage, vollen Nutzen aus den durch die digitalen Medien
gebotenen Möglichkeiten zu ziehen, und laufen Gefahr, immer weiter an den Rand
gedrängt zu werden, da immer mehr Informationen und Leistungen online angeboten
werden.
Schwerpunkte der ET-2020-Arbeitsgruppen
16
In die Erwachsenenbildung müssen in stärkerem Maße digitale Inhalte Eingang finden.
Die IKT kann und sollte beim Erwerb von Bildung eine größere Rolle spielen. Mobile
Geräte, frei zugängliche Lehr- und Lernmaterialien (OER) und die sozialen
Medien verfügen über ein großes Potenzial, wenn es darum geht, den Zugang
zur Erwachsenenbildung zu erweitern. Sie können das informelle Lernen von
Erwachsenen unterstützen und die formalen und nichtformalen Bildungsmöglichkeiten
verbessern. Derzeit wird das Potenzial der IKT in der Erwachsenenbildung jedoch nicht
voll ausgeschöpft. Die Lernenden sollten das Recht haben, sich digitale
Grundkompetenzen kostenlos anzueignen. Um Gruppen einzubeziehen, die schwer zu
erreichen sind, müssen Informationsmaßnahmen stattfinden. Es sollten Programme zur
Einbeziehung der IKT in die Entwicklung von Lese-, Schreib- und Rechenfähigkeiten bei
Erwachsenen aufgestellt werden.
Die „OER-Revolution“ verspricht, für jedermann jederzeit, überall und zu verhältnismäßig
geringen Kosten Lehr- und Lernmaterialien bereitzustellen. Eine unlängst vorgelegte
Studie der Europäischen Kommission3 hat jedoch ergeben, dass diese Revolution im
Sektor Erwachsenenbildung vieler EU-Mitgliedstaaten nicht stattgefunden hat. Verlassen
sich die Mitgliedstaaten bei ihrer Auseinandersetzung mit dieser Herausforderung allein
auf die zunehmenden marktgesteuerten Fortschritte, bleibt ein großer Teil des IKT-
Lernpotenzials ungenutzt; daher bedarf es groß angelegter politischer Initiativen, um die
mangelhafte IKT-Infrastruktur im Sektor Erwachsenenbildung zu überwinden.
Mit IKT-Strategien sollte ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den folgenden
vier Komponenten sichergestellt werden:
klare Vorstellung von der Förderung der digitalen Kompetenzen Erwachsener und
der Ausschöpfung des digitalen Potenzials
Sicherstellung der Verfügbarkeit hochwertigen Lernmaterials
umfassende Programme zur Unterstützung der Lehrkräfte in der
Erwachsenenbildung bei der Aktualisierung ihrer Kompetenzen und wirksamen
Nutzung der IKT sowie
innovative Ansätze zur Gewährleistung angemessener Investitionen in die
Infrastruktur und die Hardware.
Die Erwachsenenbildungspolitik muss kohärent und koordiniert erfolgen.
Eine strategische, langfristige Ausrichtung auf eine nachhaltige Erwachsenenbildung mit
einer starken Governance und einem systematischen Konzept zur Verbesserung der
nationalen Grundqualifikationen wird einem breiten Spektrum von Politikbereichen
zugutekommen. Außerdem dürfte sie eine ansehnliche Rendite in Form von rückläufigen
Sozialausgaben und größerer wirtschaftlicher Prosperität und Dynamik einbringen.
Kurzfristige Erwachsenenbildungsprogramme von geringer Qualität sind unwirtschaftlich
und nicht effektiv.
Die Erwachsenenbildung stellt einen komplexen Politikbereich dar. Sie erbringt
wichtige Beiträge für viele andere Politikbereiche (wie z. B. Wirtschaft, Gesundheit,
Familie usw.). Die Zuständigkeit für die Politik im Bereich Erwachsenenbildung verteilt
sich oft auf verschiedene Ministerien und Behörden (z. B. allgemeine Bildung, berufliche
Bildung, Migration, Justiz…) und unterschiedliche Ebenen der Politikgestaltung
(kommunale, regionale und nationale Ebene). Diese Zuständigkeitsteilung führt häufig zu
einer Situation, in der es zur Zersplitterung der Erwachsenenbildungspolitik kommt und
in der ihre Effizienz an unzureichender Koordinierung krankt.
3 Adult Learners in Digital Learning Environments (EAC-2013-0563).
Schwerpunkte der ET-2020-Arbeitsgruppen
17
Bereitgestellt wird die Erwachsenenbildung über ein breites Spektrum von
Einrichtungen des staatlichen, des privaten und des dritten Sektors. Daher wird
die Wirksamkeit der Erwachsenenbildungspolitik und ihrer Bereitstellung insgesamt oft
durch mangelnde Koordinierung zwischen diesen vielen Akteuren untergraben, was der
Bereitstellung einen bruchstückhaften und inkohärenten Charakter verleiht.
Bessere Grundqualifikationen werden in vielen Politikbereichen positiv zu Buche
schlagen. Wirksame Strategien erfordern eine starke Zusammenarbeit unter anderem
zwischen den Ministerien für Bildung, Beschäftigung, Soziales, Wirtschaft und
Gesundheit, den Sozialpartnern und der Zivilgesellschaft. In allen Mitgliedstaaten gilt es
das Zusammenwirken der verschiedenen Politikbereiche zu verbessern. Besonders
wichtig ist es für die Umsetzung wirksamer Öffentlichkeitsstrategien unter schwer
vermittelbaren Erwachsenengruppen.
Die Mitgliedstaaten müssen dafür sorgen, dass die Strategien für die Erwachsenenbildung
eine zeitliche Kohärenz aufweisen, d. h. dass sie sich auf ein langfristiges strategisches
Konzept stützen, aber doch flexibel genug sind, um auf neue Herausforderungen wie die
Flüchtlingskrise reagieren und als Antwort auf Rückmeldungen von Nutzern und auf
Überwachungsmaßnahmen Anpassungen vornehmen zu können.
Die Erwachsenenbildungsstrategien erfordern eine solide Faktenbasis
und eine angemessene Wirkungsanalyse.
Die Entscheidung für Reformen in der Erwachsenenbildungspolitik muss sich auf
solide Fakten stützen, die die wirksamsten Verfahren und Maßnahmen deutlich
machen. Wenn die Länder in die Erforschung dessen, was funktioniert, investieren und
ihre Maßnahmen einer Wirkungsanalyse unterziehen, können sie wirkungsvoller agieren
und auf lange Sicht Geld sparen. Die ET-2020-Arbeitsgruppe zur Erwachsenenbildung hat
dazu beigetragen, einen Rahmen zu erarbeiten, der für die politischen
Entscheidungsträger Orientierungshilfen für ihre Entscheidungen zu
Erwachsenenbildungskonzepten liefern kann.
Schwerpunkte der ET-2020-Arbeitsgruppen
18
ARBEITSGRUPPE ZU QUERSCHNITTSKOMPETENZEN
Die Arbeitsgruppe zu Querschnittskompetenzen hat zur Einführung gemeinsamer
Kompetenzrahmen für Sprachkompetenzen und digitale Kompetenzen und zur Entwicklung eines
künftigen Rahmens für unternehmerische Kompetenzen beigetragen.
Querschnittskompetenzen für Beschäftigungsfähigkeit, Innovation und
bürgerschaftliches Engagement
Im 21. Jahrhundert haben sich die erforderlichen Kompetenzen aufgrund der zunehmend
global ausgerichteten und immer stärker vernetzten Wissensgesellschaft erheblich
verändert. Neben den Grundqualifikationen erlangen laut Empfehlung zu den
Schlüsselkompetenzen von 2006 Querschnittskompetenzen wie Problemlösung,
unternehmerische Kompetenzen, kritisches Denken und digitale Kompetenzen
zunehmende Bedeutung. Querschnittskompetenzen sind für
Beschäftigungsfähigkeit, Innovation und bürgerschaftliches Engagement
entscheidend.
Diese Kompetenzen sind jedoch in geringerem Maße in die formale allgemeine und
berufliche Bildung integriert; vielmehr werden sie häufig über informelles und nicht
formales Lernen erworben. Dadurch lassen sie sich schwer definieren, beurteilen und
validieren, und sie zu unterrichten und zu erlernen ist komplizierter. In den
Lehrplänen für die allgemeine und berufliche Bildung und den entsprechenden
Lernergebnissen sollte auch diesen Kompetenzen Rechnung getragen werden.
Die Arbeitsgruppe hat sich diesen Herausforderungen gestellt. Das Hauptaugenmerk lag
dabei auf Instrumenten, die das Lehren, das Erlernen, die Beurteilung und die
Dokumentierung einiger dieser Querschnittskompetenzen erleichtern könnten. Die
Gruppe hat zur Entwicklung und Erörterung gemeinsamer Kompetenzrahmen für
Sprachkompetenzen, digitale und unternehmerische Kompetenzen beigetragen.
Obwohl der Auftrag der Arbeitsgruppe ursprünglich darin bestand, den Synergien
zwischen Querschnittskompetenzen und ihrer Übertragbarkeit auf den Grund zu gehen,
wurden die entsprechenden Besonderheiten dieser Kompetenzen nicht erörtert, da es an
einem übergreifenden Konzept für die Entwicklung von Kompetenzen auf nationaler
Ebene mangelte. Das könnte Bestandteil der künftigen Arbeit sein.
Verbesserung der Ergebnisse des Sprachunterrichts und des Sprachenerwerbs
Um diese Herausforderungen einer Lösung zuzuführen, hatten sich die Mitgliedstaaten
unter Zugrundelegung einer zuvor erfolgten Kartierung und vergleichenden Analyse der
Situation im Sprachenbereich der allgemeinen und beruflichen Bildung auf die wichtigsten
Herausforderungen und die Rolle des Gemeinsamen europäischen Referenzrahmens
für Sprachen des Europarats (GERF)4 geeinigt.
Die wichtigsten Schlussfolgerungen hierzu lauteten:
Es ist notwendig, die Politik der Mehrsprachigkeit auf Grundlage eines
besseren Verständnisses der GERF-Prinzipien neu auszurichten auf den
Sprachunterricht und das Erlernen von Sprachen.
4 http://www.coe.int/t/dg4/linguistic/cadre1_en.asp
Schwerpunkte der ET-2020-Arbeitsgruppen
19
Es besteht Spielraum für die Weiterbildung von Praxisvertretern im Rahmen
des RELANG-Projekts5, eines Gemeinschaftsvorhabens der Europäischen
Kommission und des European Centre for Modern Languages.
Angestrebt und gefördert werden sollte eine bessere Verbreitung und
Umsetzung der GERF-Prinzipien, insbesondere bei der Lehrplangestaltung, der
Lehrkräfteausbildung und der Beurteilung.
Es ist verstärktes Augenmerk auf die Selbstbeurteilung und strukturelle
Bewertung zu richten, die Lernenden und Lehrenden bei einer besseren
Ausrichtung des lebenslangen Erwerbs von Sprachkompetenzen hilft.
Sprachliche Querschnittskompetenzen/übertragbare Sprachkompetenzen
sind von Vorteil, da in diesem Fall bei der Verbesserung des eigenen
Sprachenrepertoires auf bereits vorhandene Kompetenzen zurückgegriffen werden
kann.
Die Relevanz des Lehrens und Erlernens von Sprachen für die Gegebenheiten
des Arbeitsmarkts und die Erwartungen der Lernenden, der Arbeitnehmer und
der Anbieter von Hochschulbildung/Weiterbildung sollte in regelmäßigen
Abständen überprüft werden.
Der verstärkte Rückgriff auf die GERF-Niveaus als Transparenzinstrument bei der
Zertifizierung durch Schulen, bei freien Stellen, in Lebensläufen usw. sollte
gegebenenfalls durch die Verwendung des Europass-Sprachenportfolios
gefördert werden.
Europäischer Kompetenzrahmen für digitale Kompetenzen
Digitale Kompetenzen sind mehr als bloße funktionelle IKT-Kompetenzen; sie schließen
die kritische, kreative und gemeinschaftliche Nutzung der IKT ein.
Um zu einem gemeinsamen Verständnis digitaler Kompetenz zu finden, wurde diese in
„Bestandteile“ zerlegt mit dem Ziel, einen Referenzrahmen für Kompetenzen zu bilden.
Der Europäische Referenzrahmen für digitale Kompetenzen der Bürger
(DIGCOMP), der bereits vorliegt,6 benennt fünf Bereiche: Informationsverarbeitung,
Kommunikation, Erstellung von Inhalten, Sicherheit und Problemlösung, in denen
21 Kompetenzen mit den damit einhergehenden Fähigkeiten, Kenntnissen und
Einstellungen zusammengeführt werden.
Auf dieser Basis kann man über Deskriptoren für die verschiedenen Leistungsniveaus7
mit Unterstützung zahlreicher Interessenträger (Bildungsträger, Arbeitsverwaltungen,
Wirtschaft, Beratungszentren, Sozialpartner und politische Entscheidungsträger)
Selbstbewertungstools für Lernende und Bürger entwickeln. Selbstbewertungstools
bieten allen Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit, die von ihnen
erworbenen Kenntnisse, Fähigkeiten und Kompetenzen zu messen und ihre
Defizite zu erkennen, um die kontinuierliche Fortbildung und/oder Arbeitssuche
zu erleichtern.
Der Europäische Referenzrahmen für digitale Kompetenzen umfasst Lernergebnis-
Deskriptoren für drei Leistungsniveaus (im EUROPASS-Lebenslauf) sowie acht
Leistungsniveaus für den Nutzerbedarf für andere Zwecke (Selbstbewertung,
Lehrplangestaltung, Talentbeurteilung usw.).
Die Tatsache, dass einige Mitgliedstaaten DIGCOMP eingeführt haben, veranschaulicht
dessen Nutzen.8
5 http://relang.ecml.at/
6 http://ftp.jrc.es/EURdoc/JRC83167.pdf
7 Siehe insbesondere S. 14 des DIGCOMP-Berichts.
8 Siehe Karte: https://ec.europa.eu/jrc/en/digcomp/implementation?search.
Schwerpunkte der ET-2020-Arbeitsgruppen
20
Entwicklung unternehmerischer Kompetenzen für die Bürger
In ganz Europa laufen viele interessante Initiativen dazu, wie sich die unternehmerische
Ausbildung in die formale und nicht formale Bildung integrieren lässt. Allerdings gibt es
zwischen den verschiedenen Ländern und sogar zwischen den Schulen erhebliche
Unterschiede. Ein Problem betrifft die unterschiedliche Auffassung davon, was
unternehmerische Ausbildung bedeutet; hier reicht das Spektrum von einem engen
Verständnis, in dessen Mittelpunkt die Unternehmensgründung steht, bis hin zu einem
weiter gefassten Ansatz, der Kreativität, das Eingehen von Risiken und Innovation
einschließt.
Zur Unterstützung der Entwicklung unternehmerischer Ausbildung und ihres Beitrags zu
den Querschnittskompetenzen einigte man sich auf eine Arbeitsdefinition von
„Unternehmergeist“:
„Unternehmergeist bedeutet, dass jemand Chancen und Ideen aufgreift und
diese zu Werten für andere macht. Der erzeugte Wert kann finanzieller,
kultureller oder sozialer Natur sein.”
Im Anschluss an eine Befragung von mehr als 200 Interessenträgern (die Expertinnen
und Experten der Arbeitsgruppen eingeschlossen) wurde ein Europäischer
konzeptioneller Rahmen für unternehmerische Kompetenz (ENTRECOMP)
entwickelt, der im Juni 2016 zur Verfügung stehen wird. Er beruht auf drei
Kompetenzbereichen und 13 Kompetenzen mit den jeweiligen Deskriptoren.
Ergänzt wird er durch einen in der EU anerkannten Selbstbewertungsfragebogen, der
Lehrkräfte, Unternehmen und Einzelpersonen bei der Bewertung des Niveaus ihrer
unternehmerischen Kompetenzen unterstützen soll.
Außerdem wurde übereingekommen, dass zwischen den Mitgliedstaaten ein Austausch
empfehlenswerter Verfahren erfolgen muss, wie dies schon im Rahmen der politischen
Strategien oder des Projekts „Entrepreneurship 360“9 erfolgt ist. Über empfehlenswerte
Verfahren wird auch auf dem School Education Gateway10 informiert.
9 http://www.oecd.org/site/entrepreneurship360/home/
10 http://www.schooleducationgateway.eu/de/pub/index.htm
Schwerpunkte der ET-2020-Arbeitsgruppen
21
ARBEITSGRUPPE ZU DIGITALEM LERNEN UND ONLINE-
LERNEN
Die ET-2020-Arbeitsgruppe zu digitalem Lernen und Online-Lernen hat Forschungsergebnisse
analysiert, empfehlenswerte Verfahren ausgetauscht und Methoden und Tools zur qualitativen
Verbesserung und stärkeren Nutzung des digitalen Lernens und Online-Lernens entwickelt.
Ein Referenzrahmen zur Unterstützung der Bildungseinrichtungen bei der Schaffung eines innovativen und offenen, d. h. frei zugänglichen
Lernumfelds
Die digitalen Technologien für den Bereich Bildung haben einen hohen Reifegrad erreicht;
es stehen zunehmend eine geeignete Infrastruktur, Geräte, Tools/Software und Inhalte
zur Verfügung und werden auch genutzt. Dennoch gibt es nach wie vor Unterschiede
zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten, was die Einführung von digitalen und Online-
Lerntechnologien angeht. Institutionelle Federführung, Lehrerkompetenzen und
kohärente strategische Rahmen sind nach wie vor wichtige Barrieren für die
durchgängige Nutzung.
Politische Entscheidungsträger und Praxisvertreter sind sich allgemein einig, dass der
optimale Einsatz von digitalen und Online-Lerntechnologien eine ganzheitliche
Sichtweise erfordert. Der in der Arbeitsgruppe zusammen mit dem IPTS11 entwickelte
Referenzrahmen „The Digitally-Competent Educational Organisation” (Die
Bildungseinrichtung mit digitalen Kompetenzen) wird den Bildungseinrichtungen
helfen, mehr digitale Kompetenz zu erwerben. Darin werden sechs Kernbereiche für den
institutionellen Wandel aufgegriffen: Führung und Governance; Lehr- und
Lernpraxis und berufliche Entwicklung; Inhalte und Lehrpläne; Zusammenarbeit
und Netzwerkarbeit; Beurteilung und Infrastrukturen.
Qualitätssicherung in einem offenen und innovativen Lernumfeld
Die Qualitätssicherung in einem offenen und innovativen Lernumfeld war Gegenstand
einer speziellen Peer-Learning-Veranstaltung. Die Einbeziehung des digitalen Lernens und
des Online-Lernens in die Bildung wirft aus mindestens drei Blickwinkeln neue Fragen
und Probleme im Hinblick auf die Qualitätssicherung auf: aus dem des Lernenden, dem
der Lehrkraft und dem der Einrichtung. Es fehlt an klaren und umfassenden Leitlinien
für die Qualitätssicherung. Solche Leitlinien könnten:
die Entwicklung digital kompetenter Bildungseinrichtungen und auch der digitalen
Kompetenzen von Lehrenden und Lernenden voranbringen,
Praxisvertreter in die Lage versetzen, verschiedene Aspekte der Qualität beim
digitalen Lernen und Online-Lernen zu beurteilen und den Einsatz qualitativ
hochwertiger digitaler und frei zugänglicher Lehr- und Lernmaterialien zu
unterstützen,
den Lernenden beim Erwerb der Fähigkeit zur kritischen und unabhängigen
Bewertung der Qualität von digitalen Texten und Online-Materialien behilflich sein.
11 Das Institut für technologische Zukunftsforschung (IPTS) gehört zur Gemeinsamen Forschungsstelle der
Kommission.
Schwerpunkte der ET-2020-Arbeitsgruppen
22
Erstellung und Einbeziehung digitaler Inhalte auf jedem Bildungsniveau
Frei zugängliche Lehr- und Lernmaterialien von hoher Qualität können dazu beitragen,
die Verfahren der allgemeinen und beruflichen Bildung in Richtung auf ein offeneres und
maßgeschneiderteres Lernen zu verändern. Es muss mehr getan werden, um die
Brauchbarkeit der bestehenden Plattformen über großangelegte Pilotprojekte zu
verbessern. Solche Pilotprojekte würden uns auch helfen, besser zu verstehen, wie
Lehrkräfte die OER nutzen.
Sprachbarrieren sind nach wie vor ein Hindernis für die weitere europäische
Zusammenarbeit im Bereich OER, insbesondere auf dem Gebiet der schulischen
Bildung. Darüber hinaus erschweren Unterschiede in den Lehrplänen die Erarbeitung von
Klassifikationen und Qualitätsindikatoren, die überall auf gleiche Weise verstanden und
genutzt werden können.
Eine detaillierte Gegenüberstellung von Lehrplänen und Ressourcen könnte sich
als nützlich erweisen, wenn es um die grenzüberschreitende Nutzung von
Ressourcen und die Förderung der Einführung digitaler Lehrmaterialien aller Art
geht.
Als Letztes ist noch festzustellen, dass es in Ländern mit einer begrenzten Anzahl von
OER-Nutzern schwierig sein könnte, für diese Ressourcen ein nachhaltiges Modell zu
bestimmen. Hier wäre vielleicht die Prüfung von Nachhaltigkeitsmodellen für die
grenzüberschreitende Zusammenarbeit im OER-Bereich hilfreich.
Verbesserung des Zugangs zu OER-Quellen
Der Mangel an kohärenten Metadaten und gemeinsam vereinbarten Klassifikationen für
Lehr- und Lernmaterialien behindert die Einführung von OER, da er den Lehrkräften die
Aufgabe erschwert, die Qualität und die Relevanz entsprechender Materialien für ihre
Zwecke zu beurteilen.
Bei künftigen Maßnahmen zur Förderung von OER sollten die Dimension der
Qualitätssicherung und auch die Klassifikation und die Standardisierung der Metadaten in
Betracht gezogen werden. Abgestimmte Mindeststandards für die Metadaten
könnten die Einführung von OER und anderen digitalen Lehr- und
Lernmaterialien verbessern.
Mehr Klarheit in puncto Urheberrecht
Der bestehende Urheberrechtsrahmen ist für Schulpraktiker zu komplex.12 Die
derzeitigen Rechtsordnungen begünstigen zumeist ebenfalls die analogen gegenüber den
digitalen Verfahrensweisen. Als Leitprinzipien für die laufende Überarbeitung des
derzeitigen europäischen Urheberrechtsrahmens und dessen Umsetzung in
nationales Recht sollten Einfachheit und Klarheit dienen.
Die Probleme, mit denen sich die Praktiker im Bereich Allgemeine und berufliche Bildung
im derzeitigen Rahmen konfrontiert sehen, sind so beschaffen, dass sie häufig
Rechtskenntnis erfordern. Die Einrichtung von Kontaktstellen, in denen Lehrkräfte
zu Fragen des Urheberrechts beim digitalen Lernen und Online-Lernen beraten
werden, könnte helfen, die Hindernisse für deren Einsatz auszuräumen.
12 Creative Commons ist ein De-facto-Standard für die OER-Lizensierung.
Schwerpunkte der ET-2020-Arbeitsgruppen
23
Wichtige Trends im digitalen Lernen und Online-Lernen wurden bestimmt
Zu den Haupttrends gehören:
Mobile Technologien und ein schnellerer Internetzugang haben neue hybride
Lernformen entstehen lassen, in denen formales, nicht formales und informelles
Lernen gemischt auftreten.
Die Bildungssysteme stehen heute neuen Akteuren13 und Lehrkräften offen, und
die Lernenden können starke und integrative Gemeinschaften aufbauen, die reiche
Lernerfahrungen fördern.
Die Omnipräsenz der sozialen Medien und der digitalen Technologien in der
Gesellschaft hat deutlich gemacht, dass die Bildungseinrichtungen im Interesse
von Beschäftigungsfähigkeit und bürgerschaftlichem Engagement das Lernumfeld
öffnen müssen.
Digitale und frei zugängliche Lehr- und Lernmaterialien können genutzt, geteilt
und an unterschiedliche Lernumfelder angepasst werden, was die Lernenden in die
Lage versetzt, zu Koproduzenten von Lernmaterialien zu werden und
authentischere Lernerfahrungen möglich zu machen.
Durch Online-Aktivitäten gewonnene Daten können für ein maßgeschneidertes
Lernen, Lehren und Beurteilen genutzt werden („Learning Analytics“). Derzeit
befassen sich nur wenige europäische Forschungen mit der „Learning Analytics“ als
Anleitung für Politik und Praxis, wobei auch Themen wie Schutz der Privatsphäre und
Datenschutz Beachtung finden.
Zentrale Botschaften der Arbeitsgruppe
Innovation verlangt eine ganzheitliche Betrachtung und die Einbeziehung von
Akteuren aller Ebenen des Bildungssystems. Die Öffnung und Erneuerung des
Lernumfelds weist viele Dimensionen auf und geht über den Einsatz digitaler
Technologien hinaus.
Neue Partnerschaften und Methoden der Zusammenarbeit über Institutionen und
Grenzen hinweg sind möglich geworden und sollten gefördert werden.
Durch digitale Technologien ermöglichtes maßgeschneidertes Lernen kann zu einer
spürbaren Verbesserung der Lernergebnisse führen.
Der Erwerb digitaler Kompetenzen und Kenntnisse lässt sich nicht von der Art und
Weise trennen, in der die Lernverfahren organisiert werden und in der die Lehrpläne in
Unterrichtsmethoden umgesetzt werden.
Einsatz digitaler Technologien bedeutet, dass immer größere Datenmengen zu
Lernvorgängen zusammengetragen werden. Diese „Learning Analytics“ verfügt über
große Potenzen für maßgeschneidertes und verbessertes Lernen. Sie wirft jedoch auch
Fragen des Datenschutzes, der Vorratsspeicherung von Daten und des Schutzes
der Privatsphäre auf, die es zu klären gilt. Im Interesse einer evidenzgestützten Politik
sollte mehr Forschung auf europäischer Ebene gefördert werden.
13 Das ist eine zentrale Botschaft der Mitteilung der Kommission „Die Bildung öffnen: Innovatives Lehren und
Lernen für alle mithilfe neuer Technologien und frei zugänglicher Lehr- und Lernmaterialien“. COM/2013/0654 final.
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