Secure Sustainable Together
Abstimmung von Politikmaßnahmen für eine CO2-arme WirtschaftSyntheSeberiCht
Vorwort
Im Mai 2014 appellierten die bei der Tagung des Rats auf Ministerebene versammelten
Minister und Vertreter der OECD-Mitgliedsländer und der Europäischen Union an die
OECD, in Zusammenarbeit mit der Internationalen Energie-Agentur (IEA), der Kernenergie-
Agentur (NEA) und dem Weltverkehrsforum (ITF), „die UNFCCC-Verhandlungen [UNFCCC:
Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen] weiter zu unter-
stützen sowie zu untersuchen, wie die Politik maßnahmen in verschiedenen Bereichen1
besser aufeinander abgestimmt werden können, um eine erfolgreiche wirtschaftliche
Umgestaltung aller Länder zu nachhaltigen CO2-armen und klimaresilienten Volkswirt-
schaften zu erreichen, und bei der Tagung des Rats auf Ministerebene 2015 darüber Bericht
zu erstatten“.
Der Bericht Aligning Policies for a Low-carbon Economy (OECD et al., 2015) kommt dieser
Aufforderung nach und untersucht, wo die bestehenden Politik- und Regulierungsrahmen
im Widerspruch zur Klimapolitik stehen, d.h. wo die Klimapolitik auf Grund der bestehen-
den politischen Rahmenbedingungen ihr Wirkpotenzial möglicherweise nicht in vollem
Umfang entfalten kann. Dieser Synthesebericht bietet einen Überblick darüber, in welchen
Bereichen und in welcher Hinsicht nach ersten Erkenntnissen der vier Organisationen die
bestehenden Politik- und Regulierungsrahmen möglicherweise nicht mit dem Ziel einer
CO2-armen Wirtschaft in Einklang stehen.
1. Wirtschaft, Steuern, Finanzen, Wettbewerb, beschäftigung, Soziales, Umwelt, energie, investitionen, handel, entwicklungs-zusammen arbeit, innovation, Landwirtschaft und nachhaltige nahrungsmittelproduktion sowie regional-, Stadt- und Verkehrspolitik.
Dieses Dokument und die darin enthaltenen Karten berühren weder den völkerrechtlichen Status von territorien noch die Souveränität über territorien, den Verlauf internationaler Grenzen und Grenzlinien sowie den namen von territorien, Städten oder Gebieten.
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besser aufeinander abgestimmte Politikmaßnahmen können die Umstellung auf eine CO2-arme Wirtschaft erleichtern 2
Klimapolitische instrumente: notwendig, aber nicht ausreichend 3
I. Reform von Querschnittsbereichen 4
1. investitionen und Finanzierungsmittel für eine nachhaltige CO2-arme Wirtschaft erhöhen 5
2. Für eine klimafreundliche besteuerung sorgen 6
3. innovationen und Kompetenzen für eine CO2-arme Wirtschaft fördern 7
4. internationale handelshemmnisse beseitigen 8
5. Fehlanreize erkennen, um für mehr resilienz in der Zukunft zu sorgen 9
II. Abstimmung der Politikmaßnahmen in bestimmten Wirtschaftsbereichen 10
6. investitionssignale und -anreize im Stromsektor neu gestalten 11
7. nachhaltige Mobilität fördern 12
8. Anreize für eine nachhaltige Flächennutzung stärken 14
Schlussfolgerungen 14
Literaturverzeichnis 15
inhaltsverzeichnis
inhALtSVerZeiChniS . 1
„Aligning Policies for a Low-carbon Economy liefert
erste Erkenntnisse darüber, inwieweit Politik- und
Regulierungsrahmen auf klimapolitische Ziele
abgestimmt sind. Eine bessere Abstimmung von
Politikmaßnahmen mit Klimazielen kann auch
zur Förderung von umweltverträglichem und
inklusivem Wachstum beitragen.“
Um die Herausforderungen des Klimawandels zu bewältigen, besteht dringender politischer Handlungsbedarf für einen welt weiten Umbau von Infrastruktur und Technologie. Immer mehr Länder setzen klimapolitische Maßnahmen ein, wie z.B. CO2-Preis mechanismen und marktorientierte Instrumente, regulatorische Eingriffe und gezielte Unterstützung für Innova tionen im Bereich CO2-armer nachhaltiger Techno-logien. Doch die globalen Treibhausgasemissionen haben rasant zugenommen und sind nach wie vor zu hoch, um schwerwiegende und irreversible Auswirkungen des Klimawandels zu vermeiden.
Verschiedene Hindernisse stehen einer wirksamen Klima-politik im Weg. Eine der bedeutendsten Hürden besteht darin, dass die vorherrschenden Politikrahmen und ökonomischen Interessen unverändert auf fossile Brennstoffe und CO2-intensive Aktivitäten ausgerichtet sind, da die wirtschaftliche Entwicklung weltweit seit Jahrhunderten von Kohle, Öl und Erdgas befeuert wird.
Generell ist davon auszugehen, dass Politik- und Regulie-rungs rahmen aus einer Zeit, bevor die Problematik des Klima wandels zu Tage trat, möglicherweise nicht neutral sind, d.h. nicht mit klimapolitischen Zielen in Einklang stehen.
Aligning Policies for a Low-carbon Economy (OECD et al., 2015) liefert erste Erkenntnisse darüber, inwieweit Politik- und Regulierungsrahmen auf klimapolitische Ziele abgestimmt sind. Der Bericht weist auf eine Reihe von Abstimmungs defiziten hin, deren Korrektur die Wirksam-keit der Klima politik verbessern könnte. Eine bessere Abstimmung von Politikmaßnahmen mit Klimazielen kann auch zur Förderung anderer Politik ziele beitragen, die mit umwelt verträglichem und inklusivem Wachstum in Einklang stehen, wie z.B. weniger verschmutzte und besser zugängliche Städte, progressivere Steuer tarife oder wachstums freundliche langfristige Infrastruktur-investitionen (OECD, 2011).
besser aufeinander abgestimmte Politikmaßnahmen können die Umstellung auf eine CO2-arme Wirtschaft erleichtern
KASTEN 1
•Politikbereiche und Politikziele. Sind die Vorgaben, Ziel-setzungen oder Wirkungen bestehender Politikbereiche mit der Klimapolitik vereinbar? Hat beispielsweise die Finanzmarktregulierung unbeabsichtigte negative Auswirkungen auf CO2-arme Investitionen? Fördern die Steuersysteme eine CO2-intensive Entwicklung?
•Entwicklungs-, wirtschafts- und industriepolitische Ziele. Stehen Maßnahmen zur Förderung von Entwick lungs zielen in Konflikt mit langfristigen Klimazielen?
•Staatliche Ebenen. Werden die Klimaschutzziele durch die jeweiligen Zuständigkeiten verschiedener staatlicher Ebenen und Ministerien gefördert oder behindert?
Abstimmungsdefizite können in verschiedenen Dimensionen auftreten:•Beteiligte Akteure. Bestehen für öffentliche und private
Akteure gleiche Anreize, das Klimaziel zu erreichen – werden beispielsweise potenzielle Klimarisiken transparent von den Unternehmen offengelegt und in den Portfolios von Investoren berücksichtigt?
•Grenzen. Kann die Klimapolitik eines Landes durch nationale Politikentscheidungen eines anderen Landes konterkariert werden? Behindern internationale Handelsregeln oder unilaterale Handelsmaßnahmen die Umsetzung einer wirksameren Klimapolitik? Wenn ja, wie?
“Können bestehende Politikmaßnahmen und institutionelle Strukturen das Erreichen klimapolitischer Ziele ungewollt behindern?”
Ohne aktiven Einsatz für eine Verringerung der Treib-haus gasemissionen könnte der Anstieg der globalen mittleren Oberflächentemperatur mit einiger Wahr-scheinlichkeit mehr als 4°C betragen und damit völlig neue klimatische Bedingungen schaffen, die sich deutlich von den Gegeben heiten unterscheiden, unter denen sich die menschliche Gesellschaft entwickelt hat. Durch anhaltende Treibhausgas emissionen erhöht sich die Wahrscheinlichkeit schwer wiegender, weitreichender und irreversibler Auswirkungen auf Menschen und Ökosysteme. Um diese Risiken zu verringern, müssen in den nächsten Jahrzehnten erhebliche
Emissionsminderungen erzielt und die Nettoemissionen von CO2 und anderen Treibhausgasen (THG) bis zum Ende des Jahrhunderts auf nahezu null reduziert werden (Abb. 1). An den weiter steigenden globalen THG-Emissionen zeigt sich, dass die weltweit ergriffenen Maßnahmen dem erklärten langfristigen Klimaziel der Regierungen nicht gerecht werden, das eine Begrenzung des Anstiegs der globalen mittleren Temperatur auf weniger als 2°C vorsieht. Angesichts der Unbeweglichkeit gesellschaftlicher und ökonomischer Institutionen müssen die politischen Entscheidungsträger so bald wie möglich geeignete Gegenmaßnahmen ergreifen.
AbStiMMUnG VOn POLitiKMASSnAhMen Für eine CO2-ArMe WirtSChAFt – SyntheSeberiCht . 3
Klimapolitische instrumente: notwendig, aber nicht ausreichend
•Ein robuster, langfristig glaubwürdiger Preis für THG-Emissionen stellt die zentrale Säule einer CO2-armen
Wirtschaft dar, indem er Anreize für möglichst unverzüg-
liche Emissionsminderungen sowie für Investitionen und
Innovationen im Bereich klima freundlicher Techno logien
schafft. Durch gesetzliche Regelungen, die klima schädlichen
Aktivitäten entgegen wirken, erhalten Emis sionen zudem
einen impliziten Preis. Der Versuch, CO2-Emissionen implizit
oder explizit mit einem Preis zu belegen, geht unweigerlich
mit – potenziell kontroversen – Verteilungs effekten einher.
Von den Regierungen sind daher Entschlossenheit und
Kreativität gefordert, um das richtige Gleichgewicht zwischen
der ökonomischen Effizienz und der politischen und sozialen
Tragfähigkeit der Klimapolitik zu finden.
•Gesetzliche Regelungen können insbesondere dann
ange messen sein, wenn Preissignale auf Grund von Markt-
hemm nissen oder Transaktionskosten weniger effektiv
sind – vor allem im Haushaltssektor. U.a. zählen dazu
Emissionsstandards oder Maßnahmen zur Förderung der
Energieeffizienz.
•Gezielte technologische Unterstützung kann dazu bei tra gen,
risikoträchtige, aber potenziell vielversprechende nachhaltige
emissionsarme Technologien zu entwickeln und die Kosten
dafür zu senken, wodurch sich der Wett bewerbs vorsprung
emissionsintensiver Technologien verringert.
Diese klimapolitischen Maßnahmen können nur dann wirk-
sam sein, wenn sie durch ein klares langfristiges Bekennt nis
der Regierungen zur Unterstützung eines konti nuier lichen
und systematischen Engagements für die Umstel lung auf eine
nach haltige emissionsarme Wirt schafts weise untermauert
werden, das privatwirtschaft lichen und zivilgesellschaftlichen
Akteuren das notwendige Vertrauen verleiht, um langfristige
Entscheidungen zu treffen. Ein globales Übereinkommen bei
der 21. Vertrags staaten konferenz der Klimarahmenkonvention
(COP 21) im Dezember 2015 in Paris würde den Ländern einen
entscheiden den Anstoß liefern, solche glaubhaften Zeichen zu
setzen.
Diese Arbeiten konzentrieren sich auf die breiter ausgerichteten
Politik maßnahmen, Marktmodelle und Institutionen, mit
denen diese klima politischen Maßnahmen interagieren. Sie
beschäftigen sich mit Fragen der Finanzierung, Besteuerung,
Innovation, Handelspolitik und Anpassung an den Klima -
wandel sowie mit drei spezifischen Bereichen, die besonders
klimarelevant sind: Strom, städtische Mobilität und
Flächennutzung.
Die Maßnahmen zur Förderung der Dekarbonisierung ruhen auf drei Säulen
Abbildung 1 Treibhausgasemissionspfade, 2000-2100THG-Emissionspfade 2000-2100: Alle AR5-Szenarien
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RCP8.5
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Gesamte AR5-Datenbank-bandbreite
> 1000 ppm CO2e720–1000 ppm CO2e580–720 ppm CO2e530–580 ppm CO2e480–530 ppm CO2e430–480 ppm CO2e
THG-Emissionspfade 2000-2100: Alle AR5-Szenarien
90. Perzentil
Median
10. Perzentil
Anmerkung: Diese Abbildung enthält alle Szenarien aus dem Fünften iPCC-Sachstandsbericht (Ar5), einschl. der repräsen-tativen Konzentrationspfade (representative Concentration Pathways – rCP). Szenarien im hellblauen bereich entsprechen Konzentrationen von 430-480 ppm, bei denen der temperatur-anstieg bis zum ende des Jahr hunderts wahrscheinlich unter 2°C bleiben dürfte; bei Szenarien im dunkelblauen bereich (480-530 ppm) dürfte die Wahrs cheinlichkeit eines temperatur anstiegs um weniger als 2°C höher bzw. gleich hoch sein wie die Wahr scheinlichkeit eines temperatur anstiegs um mehr als 2°C.
Quelle: IPCC (2014), Climate Change 2014: Synthesis Report – Summary for Policymakers, Intergovernmental Panel on Climate Change, Genf, verfügbar unter: www.ipcc.ch/pdf/assessment-report/ar5/syr/AR5_SYR_FINAL_SPM.pdf.
4 . AbStiMMUnG VOn POLitiKMASSnAhMen Für eine CO2-ArMe WirtSChAFt – SyntheSeberiCht
“Die Klimapolitik kann wirksamer
werden, wenn eigentlich nicht für
Klimafragen zuständige Ministerien
in der Lage sind, die Bestimmungen
zu überarbeiten, von denen in ihrem
Ressort die größten Fehlanreize
für Emissionsminderungen
ausgehen. Voraussetzung
dafür sind neue Konzepte für
eine ressortübergreifende
Politikgestaltung. ”
i. reform von
Querschnittsbereichen
Zwischen 2015 und 2030 müssen rd. 90 Bill. US-$ in die
Infrastruktur (Gebäude, Verkehr, Energieerzeugung usw.)
investiert werden, um die wirtschaftliche Entwicklung zu
unterstützen (GCEC, 2014). Durch Investitionen in CO2-arme,
klimaresiliente Infrastrukturen könnte die globale Erwärmung
auf 2°C begrenzt werden und ließen sich zusätzliche positive
Effekte in Form von Energie einsparungen und Verbesserungen
der Luftqualität, des Gesundheitszustands der Bevölkerung
und der Mobilität erzielen. Bestimmte heute getroffene
Infrastruktur entscheidungen, z.B. in den Bereichen Verkehr,
Strom erzeugung und Gebäude, könnten die Abhängigkeit
von treibhausgas intensiven Systemen, Technologien
und Innovationsprozessen dagegen verschärfen und die
Gefährdung durch Klimaänderungen erhöhen.
Die Investitionsherausforderung zur Schaffung einer CO2-
armen Wirtschaft hat zwei Aspekte:
1. Ausweitung der Finanzierungsmittel für langfristige
Infrastrukturinvestitionen.
2. Umorientierung der Investitionen zu Gunsten nachhaltiger
CO2-armer Alternativen.
Bei den Investitionen ist noch keine klare Abkehr von fossilen
Technologien und Infrastrukturen festzustellen (Abb. 2). Die
aktuellen Marktkräfte und Regelungen wirken insgesamt
eher zu Gunsten von Investitionen in Aktivitäten, die stark
von fossilen Energieträgern abhängig sind, als von CO2-armen
Infrastrukturen, häufig ohne dass dies beabsichtigt wäre. Die
staatlichen Instanzen müssen zu einem besseren Verständnis
der regulatorischen, juristischen und governancebezogenen
Hindernisse für die Bereitstellung langfristiger Finanzierungs-
mittel gelangen und rasch handeln, um die Markterwartungen
auf eine CO2-arme Zukunft auszurichten.
Sind die derzeitigen Rahmenbedingungen für die Investitions -tätigkeit auf die Schaffung einer CO2-armen Wirtschaft ausgerichtet? Es bedarf einer starken, stabilen Klimapolitik,
um eine angemessene Rendite für Investitionen in CO2-arme
Infrastrukturprojekte zu sichern. Das allein reicht jedoch nicht
aus. Die politisch Verantwortlichen müssen sich mit einer
Reihe von Fehlanreizen befassen, die von den Gesamtrahmen-
bedingungen der Investitionstätigkeit aus gehen und die Investi-
tionen in Aktivitäten begünstigen, die stark von fossilen Energie-
trägern abhängig sind. Diese Fehlausrichtungen erklären sich u.a.
daraus, dass wett bewerbs-, handels-, steuer- und innovations-
politische Anreize einander z.T. widersprechen und dass die
institutio nellen Rahmenbedingungen zur Verbesserung der
Koordinie rung zwischen den verschiedenen staatlichen Ebenen
unzureichend sind. Wettbewerbsneutralität und offene Märkte
sind ent scheidend, um möglichst viele ausländische und inländi-
sche Investitionen anzulocken, den Wettbewerbsdruck zu erhöhen,
die Innovationstätigkeit zu fördern und die Kosten zu senken.
Fördert der Regulierungsrahmen für Investoren und Geldgeber CO2-arme, langfristige Investitionen? Nicht mit
Klimafragen zusammenhängende Regulierungsrahmen können
unbeab sichtigte Konsequenzen für das Klima haben. So wird
z.B. manchmal der Vorwurf erhoben, dass es wegen der nach
der Finanzkrise vorgenommenen Änderungen der Regeln zur
Sicherung der Finanzmarktstabilität – z.B. Basel III – für Banken
und andere Finanzinstitute schwieriger geworden ist, langfristige
Infrastrukturinvestitionen zu finanzieren. Auch wenn Finanz-
marktstabilität Voraussetzung für alle Investi tionen ist, also
auch für Investitionen in CO2-Emissions minderungen, scheint es
doch angebracht, die unbeab sichtigten Auswirkungen der Regeln
für den Finanzsektor (in Bezug auf Rechnungslegung, Aufsicht
und Märkte) auf das Angebot an langfristiger Finanzierung zu
untersuchen. Insbesondere regulierungsbedingte Diskrepan zen
zwischen dem Zeithorizont der Investoren und der Notwendigkeit
langfristiger Infrastrukturfinanzierung könnten Anstrengun gen
zur Senkung der CO2-Emissionen behindern. Klima freundliche
Investitionen könnten zudem durch mehr Transparenz und eine
stärkere Harmonisierung der Pflichten der Unternehmen zur
Offenlegung von Klimarisiken und -verbindlichkeiten gefördert
werden.
Werden Klimaschutzziele systematisch in der öffentlichen Ausgaben- und Entwicklungspolitik berücksichtigt? Öffentliche
Mittel und Investitionen könnten die Schaffung einer CO2-
armen Wirtschaft entscheidend beschleunigen, sie sind jedoch
nicht voll auf die Klimaschutzziele abgestimmt. Weniger als
ein Fünftel der Leistungen der öffentlichen Entwicklungs -
zusammenarbeit (ODA) ist für Klimaziele bestimmt, und
Investitionen in Kohle und Gas werden immer noch in beträcht-
lichem Umfang öffentlich gefördert. Nationale und inter-
nationale Finanzinstitutionen könnten hier systematischer eine
Wegweiserfunktion übernehmen, indem sie ihre Unter stützung
für treibhausgasintensive Projekte überdenken und Finanzierungs -
mechanismen zur Risikominderung und Förderung bestimmter
Politikziele entwickeln, z.B. Bürgschaften und Zusatzsicherheiten
für Investitionen in nachhaltige CO2-arme Technologien.
1. investitionen und Finanzierungsmittel für eine nachhaltige CO2-arme Wirtschaft erhöhen
QUerSChnittSFrAGen . 5
Quelle: IEA (2014), World Energy Investment Outlook, Special Report, OECD/IEA, Paris, verfügbar unter: www.iea.org/publications/freepublications/publication/WEIO2014.pdf.
Abbildung 2 Fossile Energieträger dominieren immer noch in der Energieversorgung
0
600
2000 2005 2010 2011 2012 2013
1 200
1 800
Erneuerbare Energien
Kernkraft
Stromübertragung und -verteilung
Fossile Energieträger
In M
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S-$
(201
2)
Die Besteuerung hat erheblichen Einfluss auf die Entscheidun-gen der Wirtschaftsakteure. Zudem ist die Steuer politik ein wichtiges Element der wirtschaftlichen Strategie eines Landes und dient u.a. Zielen der sozialen Gerechtig keit. Wegen der nach der Finanzkrise notwendi gen Konsolidierung der öffent lichen Haushalte mussten die Regierungen nach neuen Einnahmequellen suchen, darunter z.B. Steuern auf Treibhausgase und sonstige Umweltexternalitäten.
Schaffen Energiesteuern und Steuervergünstigungen Anreize für Entscheidungen zu Gunsten einer CO2-armen Wirtschaft? Eines der klarsten Hindernisse für eine CO2-arme Wirtschaft ist die Existenz von Subventionen und Steuervergünstigungen für die Erzeugung und Nutzung fossiler Energieträger. Solche Instrumente lassen sich immer schwerer rechtfertigen, wenn sie dazu dienen, das Angebot an fossilen Energieträgern auf dem Markt zu erhöhen. Dienen sie sozialen Bestrebungen, sind sie häufig wenig ziel gerichtet und führen zu höheren Treib haus-gasemissionen und sonstigen externen Kosten. Subven tionen für fossile Energieträger können die Treib haus gasbilanz des internationalen Handels beeinträchtigen, z.B. indem sie Markt-verzerrungen verursachen und die Wettbewerbs fähigkeit von erneuerbaren Energien und energie sparenden Technologien schmälern. Reformen in diesem Bereich sind nicht einfach umzusetzen, aber möglich: In Indonesien sind die Preise für Diesel und Benzin infolge des Subventionsabbaus seit 2013 um 67% bzw. 89% gestiegen (OECD, 2015b). Der aktuelle Trend niedriger Ölpreise kann solche Reformen erleichtern und auch die Einführung höherer Mineralölsteuern ermöglichen, wo dies sinnvoll erscheint.
Die Energiesteuern (pro t CO2) schwanken erheblich je nach Energie träger und Endanwendung. Dies deutet darauf hin, dass hier ein Potenzial für Steuermehreinnahmen und eine homogenere CO2-Preisgestaltung besteht (Abb. 3). Eine unter-schiedliche Besteuerung von Diesel und Benzin bzw. niedrigere Mehrwertsteuersätze für Energieerzeugnisse lassen den Energieverbrauch weiter steigen, was negative Umwelteffekte auf lokaler und globaler Ebene hat. Zum Heizen oder für die Stromerzeugung verwendete Energieträger werden häufig – wenn überhaupt – nur gering besteuert.
Gehen von nichtenergiebezogenen steuerrechtlichen Bestim-mungen Fehlanreize aus? Ein weiterer Fehlanreiz ergibt sich in vielen Ländern aus der günstigen einkommensteuerlichen
Behand lung von Dienstwagen (19% des Fahrzeugparks der OECD-Länder) sowie von beruflichen Fahrtkosten. Solche steuer recht-lichen Bestim mun gen führen zu einer stärkeren Pkw-Nutzung, die ihrerseits höhere CO2-Emissionen und sonstige externe Kosten nach sich zieht (Harding, 2014).
Mit Grundsteuern und ähnlichen Instrumenten kann ebenfalls auf die künftigen CO2-Emissionen Einfluss genommen werden, vor allem in Ländern mit rasch expandierenden städtischen Ballungs-räumen. Je nachdem wie sie gestaltet sind, können Grundsteuern einer stärkeren räumlichen Ausdehnung der Städte Vorschub leisten – ein Problem, dem durch Änderungen der steuerlichen Bemessungsgrundlage begegnet werden kann. Auch die Rolle von steuerlichen Bestimmungen, die Wohneigentum fördern, sollte angesichts ihrer möglichen Auswirkungen auf Beschäftigung und Mobilität kritisch unter die Lupe genommen werden. Wie die Steuerpolitik insgesamt sollte auch diese Frage unter dem Gesichtspunkt der allgemeineren wirtschaftlichen Vorteile solcher Steuermaßnahmen sowie der konkreten Gegebenheiten der betreffenden Länder untersucht werden.
Körperschaftsteuern und Körperschaftsteuervergünstigungen haben großen Einfluss auf die wirtschaftlichen Entscheidungen und insbesondere die Investitionsentscheidungen. Eine vorläufige Unter suchung der geltenden Steuervorschriften der G20-Länder für Investi tionen in bestimmte Tätigkeitsfelder oder Regionen lässt auf die Existenz punktueller Verzerrungen zu Gunsten energie-intensiver Aktivitäten schließen. Solche Bestimmungen könnten unbeabsichtigt das Risiko von Überkapazitäten bzw. nutzlos werdenden Anlagen („stranded assets“) erhöhen und sollten deshalb genauer unter die Lupe genommen werden.
Welche Auswirkungen hätte eine CO2-arme Wirtschaft auf die künftigen Steuereinnahmen? Gelegentlich werden Bedenken über die Konsequenzen einer CO2-armen Wirtschaft für die Steuer-einnahmen aus der Nutzung fossiler Energieträger laut. Voraus-berechnungen zeigen jedoch, dass die Mehreinnahmen im Fall der Einführung einer CO2-Steuer zur Emissionssenkung die damit verbundenen Mindereinnahmen bei den Energiesteuern relativ lange deutlich übersteigen würden. Dennoch müssen die zustän-digen staatlichen Stellen die Auswirkungen eines CO2-emissions-mindernden Umbaus der Wirtschaft auf die Steuer einnahmen antizipieren. Mögliche Reformen bestimmter Steuer vorschriften im Hinblick auf eine gezieltere Anreizsetzung für CO2-Emissions-minderungen müssten in dieser Diskussion berücksichtigt werden.
2. Für eine klimafreundliche besteuerung sorgen
6 . AbStiMMUnG VOn POLitiKMASSnAhMen Für eine CO2-ArMe WirtSChAFt – SyntheSeberiCht
Abbildung 3 Energiebesteuerung im OECD-Raum bezogen auf den CO2-Gehalt
VERKEHR HEIZEN UND PROZESSWÄRME STROM
Mineralölprodukte Mineralölprodukte Biok
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Steuersatz in Euro je t CO2Steuersatz in Euro je t CO2
Bemessungsgrundlage Energieverbrauch in Tausend t CO2
Steuern Steuererleichterungen
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Kohle u. Torf Kohle u. Torf Biok
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Quelle: OeCD (2013), Taxing Energy Use: A Graphical Analysis, OeCD Publishing, Paris, http://dx.doi.org/10.1787/9789264183933-en.
Politikmaßnahmen zur Ankurbelung der Innovationstätigkeit sind u.a. öffentliche Investitionen in die Grundlagenforschung, Maßnahmen zur Förderung privater Investitionen in angewandte Forschung, Entwicklung und Demonstration (FuEuD), Maßnah men im Beschaffungswesen, der Schutz geistigen Eigentums und die Förderung öffentlich-privater Partnerschaften, um nur ein paar Beispiele zu nennen.
Starke politische Signale zu Gunsten von Senkungen der Treibhaus gasemissionen sind unerlässlich, um den Sogeffekt auf dem Markt zu erzeugen, der letztlich notwendig ist, damit sich CO2-arme Innovationen durchsetzen können. Es gibt Belege dafür, dass umweltpolitische Maßnahmen über Innovationen zu einer höheren Produktivität führen können. Manchmal hat die Politikgestaltung jedoch einen gegenteiligen Effekt und behindert den Wettbewerb, indem sie die traditionellen Marktführer begünstigt. Dies ist ein Bereich, in dem mit einer besseren Abstimmung der Politik viel erreicht werden könnte.
Sind die öffentlichen Investitionen in FuEuD den Heraus-forderungen der CO2-Emissionsminderung angemessen? Angesichts der Bedeutung des Energiesektors für eine CO2-arme Wirtschaft erscheint die Abnahme des Anteils der mit öffentlichen Mitteln finanzierten Energieforschung in den IEA-Ländern problema tisch (Linie in Abb. 4), selbst wenn Forschung in anderen Bereichen, z.B. in der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) oder der Nanotechnologie, ebenfalls zu geringeren Treibhaus gasemissionen führen kann.
Fördern die Innovationsanreize den Marktzutritt neuer Anbieter und damit den Wettbewerb? Die Länder arbeiten zunehmend mit Steueranreizen, um private FuE zu mobilisieren. Um den Marktzutritt neuer Anbieter zu fördern und die traditionellen Marktführer herauszufordern, sollten steuerliche Anreize so gestaltet sein, dass sie von jungen, noch nicht rentablen Unternehmen in Anspruch genommen werden können. Dies ist bislang noch nicht in allen Ländern der Fall. Durch Verlustvortragsregelungen kann dies gewährleistet werden. Die direkte Förderung von FuE durch Zuschüsse und Prämien kann dabei eine wichtige ergänzende Rolle spielen. Das Politikumfeld insgesamt hat ebenfalls Auswirkun gen auf die Wachstumsleistung junger Firmen. Durch die Reform von Bestimmungen, die wettbewerbs-
hindernd wirken oder Marktaustritts schranken schaffen, können daher positive Ergebnisse erzielt werden.
Könnte die öffentliche Beschaffungspolitik die Innovations-tätigkeit stärker fördern? Klimafreundliche Innovationen können auch durch nachfrageseitige Maßnahmen gefördert werden. Auf das öffentliche Beschaffungswesen entfallen im OECD-Raum rd. 16% des Bruttoinlandsprodukts (BIP), aber nur wenig davon kommt der Innova tions tätigkeit zugute. Zudem können auch bestimmte Formen von Politikversagen im Bereich des öffentlichen Ausgabenmanagements – z.B. eine Zersplitterung der Zuständigkeiten für Investitions- und Betriebskosten – klimafreundliche Innovationen behindern.
Eine große Herausforderung für die Politikabstimmung im Bereich CO2-armer Innovationen besteht auch darin, dass wirkungsvolle nachfrage seitige Maßnahmen, wie z.B. Normen, teilweise auf nationaler Ebene festgelegt werden. Durch internationale Koordination könnten die Politik signale für die Unternehmen weitreichender aufeinander abgestimmt werden.
Sind die Arbeitsmärkte und Bildungs- bzw. Weiterbildungs-systeme in der Lage, Kompetenzengpässe auf dem Weg zu einer CO2-armen Wirtschaft zu beseitigen? Möglicherweise müssen besondere Anstrengungen unternommen werden, um zu erreichen, dass Innova tionen von Verbrauchern und Unter nehmen tatsächlich genutzt werden. Hier stellt sich die Frage, ob die richtigen Kompetenzen vorhanden sind, um den techno logischen Wandel herbeizuführen, der für einen emissions senkenden Umbau der Wirtschaft notwendig ist, und die durch klimafreund-liche Politikmaßnahmen entstandenen neuen Märkte zu bedienen. Es gibt Anzeichen dafür, dass diesbezüglich erhebliche Kompetenz engpässe bestehen. Einige Länder haben im Rahmen ihrer Beschäftigungspolitik Monitoring-Systeme eingerichtet, um den Kompetenzbedarf für eine CO2-arme Wirtschaft zu evaluieren.
Fehlanreize für CO2-arme Innovationen gehen auch von Bestimmungen in Bezug auf Vorleistungen, Produkte und Dienst-leistungen aus. Innovationen im Bereich der Ressourceneffizienz und der CO2-Emissionsminderung werden häufig durch Rechts-vorschriften behindert, die nicht mit der technologischen Entwicklung Schritt gehalten haben. Große Anstrengungen sind nötig, um ein Inventar dieser rechtlichen Hindernisse zu erstellen und sie im Hinblick auf ihre Auswirkungen auf die CO2-Emissionen zu prüfen.
3. innovationen und Kompetenzen für eine CO2-arme Wirtschaft fördern
Abbildung 4 Öffentliche Ausgaben für energiebezogene FuEuD in IEA-Ländern
Quelle: ieA Databases, 2014 cycle.
Kernkraft Sonstiges Wassersto�- und Brennsto�zellen Erneuerbare Energien Fossile Energieträger Energiee�zienz Anteil der Energie-FuE an der Gesamt-FuE (rechte Achse)
Einschließlich Ausgaben im Rahmen des American Recovery and Reinvestment Act (2009)
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013)
QUerSChnittSFrAGen . 7
Der Handel an sich ist nicht klimaschädlich. Würden seine Externalitäten in Form von Treibhausgasemissionen weltweit korrekt eingepreist, könnte eine Zunahme des Handels zu einer emissionseffizienteren Weltwirtschaft führen. Aller-dings sind nicht alle Treibhausgasexternalitäten des Handels korrekt eingepreist. Angesichts der Bedeutung des Handels im Hinblick auf die internationalen Güterbewegungen (und die mit ihnen verbundenen Treibhaus gas emissionen) (Abb. 5) ist es wichtig zu untersuchen, wie sich der Handel – direkt oder indirekt – auf die weltweiten Treibhausgasemissionen auswirken dürfte und wo politische Fehlanreize zu höheren Emissionen führten könnten.
Die im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) verein-barten internationalen Handelsregeln hindern die Staaten im Allgemeinen nicht daran, eine ehrgeizige Klimapolitik zu verfolgen, auch wenn diese Regeln nicht unter dem Gesichtspunkt der globalen Klimaherausforderung entwickelt wurden. Dennoch sollten andere Regeln für den inter nationalen Handel konzipiert werden, um Fehlaus-richtungen im Hinblick auf die Klimaziele zu verhindern.
Wie wirken sich tarifäre Handelshemmnisse auf Anstren-gungen zur CO2-Emissionsminderung aus? In vielen Ländern, vor allem außerhalb des OECD-Raums, werden Umweltgüter – auch solche, die für den Klimaschutz wichtig sind – immer noch mit Einfuhrzöllen belegt. Durch den Abbau dieser Zölle könnte der Marktzugang erleichtert und eine CO2-arme Wirtschaft gefördert werden. Die jüngsten Verhandlungen einer Gruppe von WTO-Mitgliedern, die an einer Vereinbarung über Umweltgüter arbeiten, sind daher als eine vielversprechende Entwicklung zu betrachten.
Wie kann der Dienstleistungshandel eine CO2-arme Wirt-schaft fördern? Die Expansion der globalen Wertschöpfungs-ketten hat die internationale Dienstleistungserbringung zu einem entscheidenden Bestandteil des modernen Handels gemacht. Dennoch bleiben im Dienstleistungssektor
Handels schranken bestehen. Dienstleistungen sind wichtig für die Senkung der CO2-Emissionen, da effizientere Dienst leistungs-branchen die Produktivität der gesamten Wirtschaft erhöhen und häufig zu einer niedrigeren Energie- und Emissions intensität führen. Für den Klimaschutz wichtige Güter sind zudem häufig neu auf dem Markt, und es bedarf hochqualifi zierter Fachkräfte, um sie zu installieren, zu bedienen und instand zu halten. Das bedeutet, dass die Verbreitung solcher Technologien, vor allem in Entwicklungsländern, durch Hemm nisse für den Dienstleistungs -handel besonders stark beeinträchtigt werden könnte. Die Beseitigung von Hindernissen in Form von Beschränkungen für das Unternehmens eigentum und für befristete Auslandsaufenthalte von Fachkräften könnte somit die Entstehung einer CO2-armen Wirtschaft begünstigen.
Kommen inländische Fördermaßnahmen dem internationalen Handel zugute? Viele Länder fördern ein umweltfreundlicheres Wachstum, indem sie die Tätigkeit bzw. Gründung inländischer Unter nehmen unterstützen, die Anlagen für eine CO2-arme Stromerzeugung herstellen. Wenn durch solche Maßnahmen jedoch ungerechtfertigte Handelsbeschränkungen entstehen, können sie Investitionen in neue Technologien und deren Einführung insgesamt behindern. Ein Beispiel hierfür sind die seit einiger Zeit zunehmend üblichen Local-Content-Vorschriften in der Wind- und Sonnenenergie, die inländischen Midstream-Unternehmen helfen sollen. Auf Grund des globalen Charakters der Wertschöpfungsketten im Bereich der erneuerbaren Energien können solche Maßnahmen die Gesamtkosten erhöhen. Förder-maßnahmen sollten daher so konzipiert werden, dass sie den internationalen Handel und damit die internationale Investitions-tätigkeit nicht behindern.
Ist die Politik im Bereich der Flugzeug- und Schiffstreibstoffe auf die Klimaschutzziele abgestimmt? Die Treibhausgasemissionen des internationalen Warenhandels könnten bis 2050 um 290% ansteigen. Schiff- und Luftfahrt sind für über 40% der Emissionen des Güterverkehrs verantwortlich (OECD, ITF, 2015). Wegen des internationalen Charakters dieser Wirtschaftszweige fallen für
4. internationale handelshemmnisse beseitigen
8 . AbStiMMUnG VOn POLitiKMASSnAhMen Für eine CO2-ArMe WirtSChAFt – SyntheSeberiCht
Abbildung 5 Emissionen des internationalen Handels: Produktions- und verbrauchsbezogene CO2-Emissionen
Anmerkung: Die balken entsprechen Daten für 2009, die Punkte Daten für 1995.
Quelle: OeCD input-Output-tabellen und CO2-emissionsdaten der ieA. Vgl. www.oecd.org/sti/inputoutput/co2.
0
1 000
2 000
3 000
4 000
5 000
6 000
7 000
Mio
. t C
O2
EU27
Indien
Russisch
e
Föderation
Vereinigte
StaatenChina
(Volksre
p.)
Sonstige
OECD-Länder
Südafrika
Saudi-
ArabienJa
pan
KanadaKorea
Mexiko
Australie
n
Indonesien
Brasilien
Türkei
Verbrauchsbezogen (2009) Produktionsbezogen (2009) Verbrauchsbezogen (1995) Produktionsbezogen (1995)
den internationalen Schiffs- und Luftverkehr bestimmte Treibstoffe jedoch häufig nicht in den Geltungsbereich der nationalen Klimaschutzbestimmungen. Allerdings werden inzwischen Fortschritte bei der Vereinbarung multilateraler Maßnahmen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen erzielt. Die Internationale Seeschifffahrtsorganisation hat z.B. Energieeffizienzstandards aufgestellt, und die
Internationale Zivilluftfahrtorganisation wird 2016 über die Einführung eines globalen marktorientierten Mechanismus zur Festlegung eines Preises für die Emissionen der Luftfahrt verhandeln. Multilaterale Anstrengungen in diesen beiden Bereichen sind wahrscheinlich die kostengünstigste Methode, um eine Ausrichtung auf die internationalen Klimaschutzziele zu gewährleisten.
Die Anpassung an sich bereits verändernde klimatische Verhältnisse wird ebenfalls durch Fehlanreize behindert, die von der Politik ausgehen. So wie die Wirtschafts-strukturen und das Regulierungsumfeld durch den allgemeinen Einsatz leicht nutzbarer fossiler Energie-träger geprägt wurden, haben auch die bisherigen Klima-bedingungen festgefahrene ökonomische und ökologi sche Strukturen entstehen lassen, durch die sich die Gefähr-dung im Fall von Klimaänderungen erhöht. In diesem Jahrhundert könnten sich die klimatischen Bedingungen mit einer Geschwindigkeit und in einem Umfang ändern, wie die Menschheit dies noch nicht erlebt hat. Alle Länder werden davon betroffen sein. Arme und sozial im Abseits stehende Bevölkerungsgruppen werden jedoch am stärksten in Mitleidenschaft gezogen werden.
Fehlanreize im Hinblick auf die Anpassung an den Klimawandel entstehen u.a. durch infrastrukturbezogene
Regulierungssysteme, die Investitionen in eine Erhöhung der Resilienz behindern, eine Raumplanungspolitik, die den Siedlungsbau in gefährdeten Zonen fördert, sowie zu niedrige Preise für Naturgüter. Solche Regelungen sollten zwar ohnehin neu konzipiert werden, der Klimawandel erhöht jedoch die Dringlichkeit entsprechender Maß-nahmen. Viele Länder entwickeln inzwischen strategische nationale Konzepte für die Anpassung an den Klimawandel, die sich systematisch mit diesen Fragen auseinandersetzen.
Durch Anpassung können indessen nicht alle Risiken des Klimawandels ausgeräumt werden. Die Bewältigung der finanziellen Folgen der Restrisiken ist für die Stärkung der Resilienz von entscheidender Bedeutung. Zudem muss sichergestellt werden, dass die Bedürfnisse armer Bevölkerungsgruppen bei Vereinbarungen zur Risiko-teilung und Risikoübertragung nicht außer Acht gelassen werden.
5. Fehlanreize erkennen, um für mehr resilienz in der Zukunft zu sorgen
QUerSChnittSFrAGen . 9
10 . AbStiMMUnG VOn POLitiKMASSnAhMen Für eine CO2-ArMe WirtSChAFt – SyntheSeberiCht
„Es gibt keine Standardlösung
für die Behebung der erkannten
Abstimmungsdefizite, da sich die
politischen Rahmenbedingungen,
Technologieentscheidungen,
entwicklungspolitischen Prioritäten,
Ressourcenausstattungen und
Kapazitäten von Land zu Land
unterscheiden. Jedes Land
kann jedoch die politischen
Rahmenbedingungen eingehend
prüfen, diese einer Bewertung
unterziehen und mit der Revision der
den Klimazielen zuwiderlaufenden
Politikmaßnahmen beginnen,
um eine nachhaltigere CO2-arme
Zukunft zu schaffen.“
ii. Abstimmung der Politikmaßnahmen
in bestimmten Wirtschaftsbereichen
Strom ist als zunehmend verbreiteter und praktischer Energie-
träger von grundlegender Bedeutung, um den Energiesektor
(Abb. 6) und die Wirtschaft insgesamt CO2-ärmer zu
gestalten. Er kann fossile Energieträger für zahlreiche End-
verbrauchs zwecke ersetzen. CO2-arme Alternativen für die
Stromerzeugung sind ebenfalls vorhanden, auch wenn auf
Grund der Ressourcenausstattung und der Technologie-
entschei dungen auf nationaler Ebene nicht allen Ländern alle
Optionen offenstehen. Die CO2-Emissionen aus der Strom- und
Wärmeerzeugung machen weltweit nach wie vor 25% der ge-
samten Treibhausgasemissionen aus und steigen weiterhin an.
Der Regulierungsrahmen für die Stromsysteme ist von
ent schei dender Bedeutung, da er letztlich den Investitions-
kontext, die Kosten und die Verlässlichkeit des Systems
bestimmt. Die Frage ist, ob die gegenwärtigen Regulierungs-
rahmen und Märkte die CO2-Problematik im Hinblick auf
die investiven und operativen Entscheidungen angemessen
widerspiegeln können.
Sollte der Strommarkt mit Blick auf die Senkung der CO2-Emissionen umgestaltet werden? In zahlreichen OECD-
Ländern ist die Gestaltung der Großhandelsmärkte für Strom
gegenwärtig nicht strategisch an dem Ziel der Senkung der CO2-
Emissionen ausgerichtet. Die Märkte setzen nicht das langfristige
Preissignal, das für Investitionen in mit hohen Kosten verbundene
CO2-arme Technologien wie Wasser- oder Kern kraft werke, Wind-
kraft anlagen, Solartechnik, geothermische Anlagen oder mit
Technologien zur CO2-Abtrennung und -Speicherung (CCS) aus-
gestattete fossile Kraftwerke erforderlich ist.
Bei einem nur auf konventionellen Energien beruhenden Groß-
handels markt für Strom müsste der CO2-Preis hoch, der Strom-
preis phasenweise sehr hoch und das Risiko fortlaufender
Unterspannungszustände gegeben sein, ehe Investoren Mittel
für CO2-arme Technologien bereit stellen würden. Die damit
verbundenen Risiken würden zu höheren Kapitalkosten und zu
unnötig hohen Stromkosten führen. Das Ergebnis wären laufende
Investitionen in eine CO2-emittierende Stromerzeugung.
Um wettbewerbsfähige und zeitnahe Investitionen in CO2-arme
Strom erzeugungskapazitäten sowie den Wettbewerb bei der
Stromversorgung unter den bestehenden Kraftwerken sicher-
zustellen, sind neue Markt regelungen sowie ein robuster CO2-Preis
erforderlich. Gegenwärtig gibt es kein allgemeinverbindliches
6. investitionssignale und -anreize im Stromsektor neu gestalten
AbStiMMUnG Der POLitiKMASSnAhMen in beStiMMten WirtSChAFtSbereiChen . 11
Abbildung 6 Beiträge zur jährlichen Emissionsminderung zwischen dem 6°C-Szenario und dem 2°C-Szenario
Anmerkung: Die obere Grenze stellt einen emissionstrend dar, der zu einem durchschnittlichen globalen temperaturanstieg von 6°C führt. Die untere Grenze steht mit der Stabilisierung des temperaturanstiegs bei 2°C im einklang.Quelle: ieA (2015), Energy Technology Perspectives – Mobilising Innovation to Accelerate Climate Action, internationale energie-Agentur, Paris.
60Technologien
Gt C
O2
50
40
30
20
10
2012 2020 2030 2040 20500
Wirkungsgraderhöhung in der Stromerzeugung und Kraftsto�einsparungen – 1%
Kernkraft – 8%
Energieträgerumstellung imEndverbrauch – 10%
E�zienz der Brennsto�- und Stromnutzung im Endverbrauch – 38%
Erneuerbare Energien – 30%
CCS – 13%
Die Abhängigkeit von auf fossilen Energieträgern beruhenden
Verkehrssystemen ist mit hohen Umweltkosten vor Ort und
weltweit verbunden. Der Verkehrssektor erzeugt rd. 23% der
globalen CO2-Emissionen und ist die am raschesten wachsende
Emissionsquelle weltweit. Ohne weitere Politikmaßnahmen
könnten sich die CO2-Emissionen des Verkehrssektors bis 2050
verdoppeln (OECD, 2012).
Die Senkung der Emissionen des Verkehrssektors könnte zudem
für sauberere Luft und weniger Staus sorgen – dies wird jedoch
nicht gelingen, wenn keine proaktiven und ganzheitlichen
Politikmaßnahmen ergriffen werden, um:
•Reisen zu vermeiden und die Gesamtnachfrage nach motorisiertem Verkehr zu senken,
•die Verlagerung auf emissionsarme Verkehrsmittel zu fördern,
•die CO2- und Energieeffizienz der Kraftstoffe und der
Kraftfahrzeug technologien zu verbessern (Abb. 7).
Diese Maßnahmen sollten in eine Strategie für die Stadtentwick-
lung eingebettet werden, die den Raum effizienter nutzt und
Umweltkosten, die Lebensqualität und die Erfordernisse der
wirtschaftlichen Entwick lung berücksichtigt. Dies bedeutet, dass
sich die Maßnahmen im Bereich des Nahverkehrs wieder auf den
Modell, in einer Reihe von OECD- und Nicht-OECD-Ländern
werden jedoch verschiedene Optionen getestet.
CO2-arme Technologien spielen in den verschiedenen Strom-
systemen eine unterschiedlich große Rolle. Wasser- und Kern-
kraft werke, Biomasseanlagen und Kraftwerke mit CO2-Abtren-
nung und -Speicherung sind regelbar – d.h. sie können Strom
nach Bedarf erzeugen. Variable Energiequellen wie Wind und
Photovoltaik sind nicht vollständig regelbar. Daher muss die
Flexibilität der Stromsysteme erhöht werden, damit variable
Energiequellen einen großen Teil des benötigten Stroms liefern
können. Die Kosten des Systemumbaus unterscheiden sich
zwischen den einzelnen Ländern erheblich und sollten auf
gerechte und transparente Art und Weise aufgeteilt werden,
um Verzerrungen zu vermeiden.
Zudem bestehen potenzielle Fehlanreize, die ein stärkeres
Engagement der Nachfrageseite auf den Strommärkten und
den Ausbau von Stromspeichern verhindern. Beide Bereiche
verzeichnen eine dynamische Entwicklung und könnten die
Flexibilität der Stromsysteme in Zukunft verbessern.
Wird die Umstellung bei regulierten Systemen besser gelingen? Regulierte Stromsysteme (d.h. Systeme, deren Marktstruktur nicht
liberalisiert wurde) sind ebenfalls mit Herausforderungen konfrontiert,
beispielsweise im Hinblick auf den gerechten Netz- und Marktzugang
für neue CO2-arme Energiequellen und ihre angemessene Vergütung.
Außerdem dürfte die Erfahrung der Dekarbonisierung der Großmärkte
für Strom nützliche Lehren für Regierungen bieten, die die Öffnung
regulierter Stromsysteme für den Wettbewerb anstreben. Die Kosten
für die Einführung CO2-armer Technologien werden stark von der
Gestaltung der im Wettbewerbsverfahren abgeschlossenen Verträge
abhängen.
Stützen die Politikmaßnahmen die Resilienz des Energiesektors? Die Energiesysteme und -infrastrukturen sind extremen Wetter-
ereignissen ebenso wie allmählichen durch den Klimawandel
bedingten Veränderungen ausgesetzt. Dies ist eine ernstzunehmende
Erwägung für mit fossilen Brenn stoffen betriebene ebenso wie
für CO2-arme Kraftwerke. Energie unternehmen, Verbraucher und
Politikverantwortliche beginnen gerade erst damit, die Politikaspekte
der Auswirkungen des Klimawandels zu untersuchen.
7. nachhaltige Mobilität fördern
12 . AbStiMMUnG VOn POLitiKMASSnAhMen Für eine CO2-ArMe WirtSChAFt – SyntheSeberiCht
6. investitionssignale und -anreize im Stromsektor neu gestalten (Forts.)
Zugang anstatt auf die Mobilität selbst konzentrieren sollten,
indem eine sichere Infrastruktur für Fuß gänger und Fahrradfahrer
bereitgestellt wird, in Gebieten mit hoher Nachfragekonzentration
eine Verlagerung auf öffentliche Verkehrsmittel erfolgt, Städte
entlang der Nahverkehrstraßen entwickelt werden und die
Kraftstoff- und Kraftfahrzeugeffizienz verbessert wird.
Viele Städte in den OECD-Ländern sind bereits um den Pkw herum
gestaltet. Um ihre CO2-Emissionen nennenswert zu verringern,
sind sie auf emissionsarme oder sogar emissionsfreie Kraftstoffe
und Fahrzeuge, effizientere öffentliche Verkehrssysteme, eine
Raumplanung, die den Pkw-Bedarf reduziert, sowie Alternativen
zur Verkehrsnachfrage (z.B. Telearbeit) angewiesen. In den Städten
der Entwicklungs- und Schwellenländer, in denen ein Großteil der
Infrastruktur erst noch errichtet werden muss, muss die Expansion
der Städte so gesteuert werden, dass die Nachfrage nach energie-
intensiver Mobilität begrenzt und zugleich sichere, erschwingliche,
erreichbare und nachhaltige Verkehrssysteme für alle Menschen
gefördert werden. Auf den nachgeordneten Verwaltungsebenen
werden die zentralen Entscheidungen für die städtische Verkehrs-
planung getroffen, doch Koordination, allgemeiner Rahmen
und Kapazitäten stellen in der Regel Hindernisse dar, die diese
Verwaltungsebenen darin bremsen, größere Anstrengungen im
Klimaschutzbereich zu unternehmen.
Der Weg in die Zukunft ist relativ klar, es müssen jedoch
verschiedene Fehlanreize korrigiert werden, die von der Politik
ausgehen, um den Ausbau der städtischen Mobilität zu ermöglichen
und zugleich ihren CO2-Fußabdruck zu verringern.
Sind Raumplanung und verkehrspolitische Maßnahmen auf Metropolebene verzahnt? Raum- und Verkehrsplanung fallen
oftmals in den Zuständigkeitsbereich unterschiedlicher Behörden,
deren Abstimmungsmechanismen begrenzt bzw. informell sind.
Dies kann zu Entwicklungsstrukturen führen, die dem Verkehrs-
bedarf nicht ausreichend Rechnung tragen, wodurch die Pkw-
Abhängigkeit der Einwohner steigt. Diskrepanzen zwischen den
Verwaltungsgrenzen und der funktionalen Ausdehnung von
Siedlungs flächen beeinträchtigen die ganzheitliche Planung ebenfalls.
Lösungsmöglichkeiten für eine bessere Abstimmung reichen von der
Schaffung von für die Governance der einzelnen Metropolregionen
zuständigen Stellen, bei denen Raum- und Verkehrsplanung
integriert sind, bis zu lockereren Formen der interkommunalen bzw.
sektorübergreifenden Zusammenarbeit wie z.B. Verträgen, Dialog-
und Kooperationsplattformen sowie spezifischen öffentlichen
Investitions partnerschaften.
Verfügen die Städte über ausreichenden finanziellen bzw. politischen Spielraum, um Entscheidungen zu Gunsten einer CO2-armen Entwicklung zu treffen? Eine Überprüfung der politischen
Fehlanreize könnte mit einer rigorosen Analyse der Effekte der
nationalen Politiken auf die Maßnahmen in den Städten beginnen.
Zuständigkeiten und Einnahmequellen der Städte und nach-
geordneten Verwaltungsebenen sind in der Regel in den nationalen
Rechtsvorschriften festgelegt. Das Steuersystem gibt in weiten
Teilen vor, welche Handlungsoptionen den Städten offenstehen
– und auch welche Handlungsanreize. Wie diese Einnahme -
quellen gestaltet sind, kann die Maßnahmen der nachgeord neten
Verwaltungsebenen zu Gunsten einer CO2-armen Entwicklung
entweder begünstigen oder behindern. Manche nationalen
Steuervorschriften fördern eine weitere CO2-intensive Entwicklung.
Der Kapazitätsaufbau ist ebenfalls von grundlegender Bedeutung,
um den Stadtverwaltungen bei der Gestaltung CO2-armer Städte,
der Einbeziehung des privaten Sektors und dem Zugang zu
Finanzierungsmitteln zu helfen.
Sind die Politiksignale darauf ausgerichtet, die Markteinführung bahnbrechender CO2-armer Technologien zu fördern? Unsere
Abhängigkeit von mit fossilen Brennstoffen betriebenen Fahr-
zeugen wird durch die weite Verbreitung auf fossile Brennstoffe
ausgerichteter Infrastrukturen, innovationsfördernde Maßnahmen,
die auf fossile Brenn stoffe fokussiert sind, und die relativ geringen
Kosten des Straßen verkehrs für die Nutzer zementiert. Damit
bahnbrechende CO2-arme Lösungen rasch umgesetzt werden,
müssen diese Signale umgekehrt werden. Die Innovationstätigkeit
im Bereich der Elektro- und Hybridfahrzeuge schreitet zwar voran,
die Verbreitung von Fahrzeugen mit alternativem Antrieb wird auf
Grund von Marktversagen und -hindernissen jedoch beeinträchtigt.
Die Erfahrungen mit Elektrofahrzeugen in den Niederlanden und
Norwegen zeigen, dass die Kombination aus Ladeinfrastruktur,
Vergünstigungen beim Kauf von Elektrofahrzeugen und bevor-
zugten Fahrspuren auf den Hauptzugangsstraßen zu sehr rascher
Verbreitung der Elektromobilität führen können. Um einen
derartigen Durchbruch zu erzielen, müssen die Regierungen
den nötigen Policy Mix bieten, um der bestehenden, an fossilen
Brennstoffen ausgerichteten Infrastruktur etwas entgegenzusetzen.
AbStiMMUnG Der POLitiKMASSnAhMen in beStiMMten WirtSChAFtSbereiChen . 13
Abbildung 7 Potenzielle Beiträge von Vermeidungs-, Verlagerungs- und Verbesserungsstrategien zur Umstellung auf eine CO2-arme Wirtschaft
Quelle: ieA (2015), Energy Technology Perspectives 2015. Mobilising Innovation to Accelerate Climate Action. Die obere Grenze stellt einen emissionstrend dar, der zu einem durchschnittlichen globalen temperaturanstieg von 6°C führt. Die untere Grenze steht mit der Stabilisierung des temperaturanstiegs bei 2°C im einklang.
16
12
8
4
02012 2020 2030 2040 2050
CO2-arme Kraftstoe
Verlagerung
E�ziente Fahrzeuge
Vermeidung
Gt C
O2
Innovationsbereiche
7. nachhaltige Mobilität fördern (Forts.)
Im Jahr 2050 werden die Nutzflächen 60% mehr Nahrungsmittel
liefern müssen als heute, um die wachsende Bevölkerung zu
ernähren, ohne dass Boden, Wasser, biologische Vielfalt, Öko system-
leistungen und das Klima, von denen Wohlergehen und Entwicklung
der Menschen abhängig sind, dabei geschädigt werden. Indessen
entfallen auf die Landnutzung – insbesondere auf Landwirtschaft
und Entwaldung – zurzeit rd. 25% der durch den Menschen
verursachten weltweiten Treibhausgasemissionen (IPCC, 2014).
Dies muss nicht so sein. Nachhaltige Bodenmanagementpraktiken
– die Reduzierung der Entwaldung, die Wiederherstellung
geschädigter Flächen, bessere landwirtschaftliche Praktiken sowie
eine höhere Kohlenstoffspeicherung in Böden und Wäldern –
könnten einen großen Beitrag zum globalen Klimaschutz leisten
und zugleich die Produktivitätssteigerungen bewirken, die zur
Deckung des steigenden Nahrungsmittelbedarfs erforderlich sind.
Dies könnte durch den Schutz der Ökosysteme zudem die Resilienz
unserer Volkswirtschaften gegenüber dem Klimawandel erhöhen.
Um diese positiven Effekte zu erzielen, ist ein integrierter Ansatz
vonnöten, der die strengen Trennlinien zwischen den Politik-
maßnahmen in den Bereichen Klimaschutz, Landwirtschaft,
Ernäh rungssicherheit, Forstwesen und Umwelt aufhebt. In einem
ersten Schritt könnten die Länder die nachfolgenden konkreten
Fragen prüfen.
Stehen Stützungsmaßnahmen für den Agrarsektor mit einer CO2-armen Wirtschaft im Einklang? Subventionen auf
landwirtschaftliche Vorleistungen und Preisstützungsmaßnahmen
können zur Verschlech terung der Umwelt- und Klimaergebnisse
der Landwirtschaft führen. Seit 1990 haben die konzertierten
Anstrengungen der OECD-Länder zu einer Verringerung der
umwelt schädlichsten Subventionen von über 85% aller Agrar-
subventionen auf 49% im Zeitraum 2010-2012 geführt (Abb. 8). Die
Regierungen sollten diese Anstrengungen fortsetzen und zugleich
die Förderung auf Praktiken, Kompetenzen und Infrastrukturen
neu ausrichten, die die CO2- und Ressourcenintensität der
Landwirtschaft auf eine Art und Weise verringert, die mit der
kontinuierlichen Produktivitätssteigerung im Einklang steht.
Ist das Handelssystem für Agrarprodukte den Klimazielen zuträglich? Maßnahmen zur Liberalisierung des Handels sind
wichtig für den Klimaschutz, die Anpassung an den Klimawandel
und die Ernährungssicherheit. Der Abbau von Handelszöllen
und die Senkung der Subventionen für Agrarprodukte könnten
die Landnutzung optimieren und den Landbedarf insgesamt
verringern, so dass der Druck auf Waldgebiete reduziert würde.
Ein gut funktionierendes Handelssystem würde die Anpassung
ebenfalls unterstützen, indem es die regionalen Veränderungen in
Bezug auf die Produktivität ausgleicht, die durch den Klimawandel
bewirkt werden. Der frei zügige Handel hat zudem einen positiven
8. Anreize für eine nachhaltige Flächennutzung stärken
14 . AbStiMMUnG VOn POLitiKMASSnAhMen Für eine CO2-ArMe WirtSChAFt – SyntheSeberiCht
Abbildung 8 Entwicklung der Erzeugerstützungsmaßnahmen nach den potenziellen Umweltauswirkungen
Quelle: OeCD (2014e), Green Growth Indicators for Agriculture: A Preliminary Assessment, OeCD Green Growth Studies, OeCD Publishing, Paris, http://dx.doi.org/10.1787/9789264223202-en.
0
50 000
100 000
150 000
200 000
250 000
300 000
1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012
Schädlichste Auswirkungen Geringste Auswirkungen Sonstige
Potenziell umweltschädlichste Stützungsmaßnahmen
In M
io. U
S-$
Effekt auf die vier Säulen der Ernährungssicherheit: Zugänglichkeit,
Verfügbarkeit, Nutzung und Stabilität. Im Hinblick auf jeden dieser
Aspekte hat die Handelsöffnung allerdings nicht nur positive, sondern
auch negative Effekte, wozu beispielsweise Bedenken bezüglich der
Importabhängigkeit von Ländern zählen, die keinen komparativen
Vorteil aufweisen. Diese Effekte müssen gesteuert werden.
Beeinträchtigen die Politikmaßnahmen die Widerstands fähigkeit der Landwirtschaft gegenüber dem Klimawandel? Die Landwirtschaft wird
vom Klimawandel wahr scheinlich sehr schwer getroffen werden, wobei
in einigen Regionen mit einer möglichen Abnahme der Erträge um
25% im Vergleich zum gegenwärtigen Niveau gerechnet wird, was mit
drastischen Folgen für Entwicklungs- und Schwellenländer verbunden
wäre, die von der Landwirtschaft abhängig sind (Ignaciuk und Mason-
D’Croz, 2014). Widersprüchliche Politiksignale sowie der allgemeine
Mangel an Möglichkeiten, auf einschlägige Klimadaten zuzugreifen und
diese zu nutzen, können Landwirte davon abhalten, das Klimarisiko
in ihre Alltagspraktiken einzubeziehen. So könnten Subventionen für
Ernteversicherungen, die die Prämien übersteigen, die notwendig sind,
damit die Land wirte dem Klimarisiko Rechnung tragen, die Betroffenen
zu riskanteren landwirtschaftlichen Praktiken veran lassen. Mehr
Unterstützung ist erforderlich, um den Landwirten – insbesondere
in den Entwicklungsländern – bei der Anpassung an Dürreperioden,
Überschwemmungen oder andere Klimafolgen zu helfen.
Werden die von den Wäldern und Ökosystemen erbrachten Leistungen im Rahmen wirtschaftlicher Entscheidungen angemessen gewürdigt?
Entscheidungen über die Allokation der Flächennutzung, etwa zwischen
landwirtschaftlicher, forstwirtschaftlicher und Infrastrukturnutzung,
werden durch Marktkräfte, staatliche Anreize und Regulierungen
geleitet, die den ökologischen Kosten und Nutzeffekten nicht immer
umfassend Rechnung tragen. So erbringen die Wälder beispielsweise
ein breites Spektrum von Klima- und Umweltschutzleistungen, die
zu großen Teilen nicht gesondert berechnet werden. Die Gestaltung
von Anreizen, die Aktivitäten mit doppeltem Nutzen im Hinblick
auf Emissionsreduktionen und die Nachhaltigkeit der natürlichen
Ressourcen fördern, z.B. REDD+ und Zahlungen für Ökosystemleistun-
gen, haben das Potenzial, den Übergang zu einer CO2-armen Wirtschaft
zu erleichtern, sofern die nationalen Regierungen die Bevölkerung vor
Ort bei der Behebung ihrer Kapazitätsdefizite unterstützen.
Auf dem Weg zu einer nachhaltigen Bioökonomie? Eine auf Bioenergie
und Bioprodukten beruhende Wirtschaft könnte einen tiefgreifenden
Wandel hin zu einer CO2-armen Wirtschaft vorantreiben. Ohne gut
aufeinander abgestimmte Politikmaßnahmen würde sie jedoch auch
Gefahr laufen, noch mehr Nutzflächen umzuwidmen und für andere
Zwecke anstatt für die Nahrungsmittelproduktion zu nutzen, und
könnte durch die veränderte Landnutzung zu noch höheren Emissionen
führen. Eine klimaschonende Bioökonomie würde zunächst einmal
bedeuten, dass Entscheidungen auf der Grundlage der Quantifizierung
der Kohlenstoffflüsse und der anderen Umweltwirkungen über den
gesamten Lebenszyklus der Bioprodukte getroffen werden.
Sind die Politikmaßnahmen ganzheitlich genug, um das Problem der Nahrungsmittelverschwendung an der Wurzel zu packen? Ein Drittel
der weltweit für den menschlichen Verzehr erzeugten Nahrungsmittel
geht jedes Jahr verloren oder wird verschwendet. Die Verringerung
von Nahrungsmittelverlusten und -verschwendung zwischen Feld
und Privathaushalt könnte dazu beitragen, durch Verbesserung der
Effizienz der landwirtschaftlichen Versorgungskette die Umwelt-
belastungen und Klimafolgen zu reduzieren. Die Regierungen müssen
ein besseres Verständnis der Gründe für Verluste und Verschwendung
entwickeln, um mit Politikmaßnahmen zu reagieren, die zwischen den
Ministerien für Landwirtschaft, Wirtschaft, Umwelt und Gesundheit
abgestimmt sind.
DieunterschiedlichenSignale,dievondennichtaufeinander
abgestimmtenPolitikmaßnahmenausgehen,stellenein
ernstesRisikofürdieerfolgreicheUmstellungaufeine
CO2-armeWirtschaftdar.BeispielsweisestehenimBereich
derBesteuerungundderstädtischenMobilitätzahlreiche
PolitikmaßnahmenmiteinanderinWechselwirkung,die
insgesamteinbedeutendesHindernisfürdieSenkungder
CO2-Emissionenbilden:Benzin-bzw.Dieselpreise,indenen
dieKostenfürdieGesellschaftnichtinvollemUmfang
berücksichtigtsind,SubventionierungvonDienstwagen,
zuniedrigangesetzteImmobiliensteuern,Raumordnungs-
regelungen,dieeinerdichterenBebauungentgegenwirken,
SteuernaufImmobilientransaktionensowiemangelnde
KoordinationvonlokalenGebietskörperschaftenbeiInfra-
strukturinvestitionen.EsisteinambitioniertesZiel,die
AuswirkungeneinerbestimmtenKonstellationvonPolitik-
signalenaufdieKlimazielezuevaluieren,diepotenziellen
Nutzeffektesindjedochhoch.
DieWirksamkeitderKlimapolitikkanngesteigertwerden,
wennMinisterien,derenAufgabenbereicheaußerhalbder
traditionellenKlimaschutzpolitikliegen,diejenigenRahmen-
bedingungeninihremAufgabengebietneuüberdenken,
dieamwenigstenmitderKlimapolitikimEinklangstehen.
UmdiemangelndeAbstimmungvonPolitikmaßnahmenzu
korrigieren,sindneueressortübergreifendeAnsätzeinder
Politikgestaltungerforderlich.
EsgibtkeineStandardlösungenfürdieBehebungderidentifi-
ziertenAbstimmungsdefizite,dasichdiepolitischenRahmen-
bedingungen,Technologieentscheidungen,entwicklungspoliti-
schenPrioritäten,RessourcenausstattungenundKapazitäten
vonLandzuLandunterscheiden.JedesLandkannjedochdie
politischenRahmenbedingungeneingehendprüfen,diese
einerBewertungunterziehenundmitderRevisionderden
KlimazielenzuwiderlaufendenPolitikmaßnahmenbeginnen,
umeinenachhaltigereCO2-armeZukunftzuschaffen.
BestimmteFehlausrichtungenbleibeneineHerausforderung,
daihreKorrekturdurchnationaleMaßnahmenalleinnichtzu
erreichenist.DieBesorgnisbezüglichVerzerrungenimHinblick
aufdieWettbewerbsfähigkeit,diedurchunterschiedlichstrenge
KlimaschutzmaßnahmenzwischendenHandelspartnern
verursachtwerden,beeinträchtigtkontinuierlichdieVerwirk-
lichungglobalerklimapolitischerZiele–einProblem,das
aufenergieintensiveundinternationalgehandelteProdukte
beschränktist.EinglobalesÜbereinkommenbeider
21.UNFCCC-Vertragsstaatenkonferenz(COP21)inPariskönnte
indiesemBereichzuFortschrittenführen.
Schlussfolgerungen
SChLUSSFOLGerUnGen . 15
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Für weitere informationen wenden Sie sich bitte an:Richard Baron, Project Manager – [email protected] Virginie Marchal, Policy Analyst – [email protected]
Secure Sustainable Together
OeCD, ieA, itF, neA (2015), Aligning policies for a low-carbon economy, OeCD Publishing, Paris.Die komplette Publikation kann online konsultiert werden: http://dx.doi.org/10.1787/9789264233294-enWeitere informationen unter: http://oe.cd/lowcarbon
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