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WEIHNACHTSAKTION6 Freitag, 29. Dezember 2017 Nummer 298

Von Philipp Hedemann

Zum Glück hat Bassam*noch nie gefragt, woher dieNarben auf seiner Stirn

stammen. Denn eine ehrlicheAntwort wäre für den Sechsjähri-gen kaum zu ertragen. Sein eige-ner Vater hat den Jungen mit ko-chendem Wasser übergossen. Umihn zu „erziehen“. Im SOS-Kin-derdorf in Damaskus werden jetztdie Narben behandelt, die die Ver-letzungen im Gesicht auch auf sei-ner Seele hinterlassen haben.

Stolz sitzt Bassam auf dem Fri-seurstuhl. Vorsichtig führt derBarbier die leise surrende Rasier-maschine durch seine dichtenHaare. Manchmal kitzelt es, dannmuss Bassam lachen. Dass die aufden Fußboden fallenden Haareden Blick auf die dunklen Narbenauf seiner Stirn freigeben, störtden kleinen Jungen nicht. Für ihnist der Anblick der Verletzungennormal. Er weiß nicht mehr, wie eraussah, bevor sein eigener Vaterihn misshandelte.

Bassam wurde wenige Monatenach Ausbruch des Krieges gebo-ren. Wahrscheinlich waren es dieunerbittlichen Kämpfe, die ihmdie Mutter nahmen und seinenVater so sehr psychisch erkrankenund verrohen ließen, dass er sei-nen eigenen Sohn folterte.

Vermutlich weiß niemand au-ßer diesem Vater, was Bassam inden ersten vier Jahren seines Le-bens erdulden musste. Erst danntauchte ein Foto des verletzten

Die tiefen Narben einertraurigen Vergangenheit

Kindes auf Facebook auf. Es zeig-te, wie der Kleine auf der Straße inDamaskus versuchte, Kaugummiszu verkaufen. Ein Passant, derMitleid mit ihm hatte, hatte Bas-sam fotografiert und das Bild imInternet gepostet. Tausende teil-ten das Foto. So wurde das syri-sche Sozialministerium auf denFall aufmerksam, ermahnte denVater, seinen Sohn nicht zu ver-sklaven und sich um ihn zu küm-mern. Die Beamten brachten Bas-sam und seinen Vater in einer Ob-dachlosen-Unterkunft unter.

Geistig ist der Junge auf demStand eines Zweijährigen

Doch bereits nach zwei Tagenwar der damals Vierjährige wiederauf der Straße. Spätestens jetztwar klar, dass Bassam vermutlichbald tot sein würde, wenn er sei-nem Vater nicht endlich entzogenwürde. Das begriff auch das Mi-nisterium und kontaktierte SOS-Kinderdörfer. Bassam kam so inein SOS-Übergangswohnheim inDamaskus. Vergeblich versuch-ten die Mitarbeiter, Bassams Mut-ter oder andere Verwandte aufzu-treiben, die sich um das verwahr-loste Kind kümmern könnten.Schließlich wurde Bassam imneuen Kinderdorf am Stadtrandvon Damaskus untergebracht.

Hier hat für den Jungen, der alsBaby und Kleinkind wohl nur Zu-rückweisung, Verachtung undAngst erfahren hat, ein neues, einbesseres Leben, begonnen. Dochsein altes Leben wirft immer nochSchatten auf sein neues Leben.Geistig ist der Sechsjährige in et-wa auf dem Stand eines Zweijäh-rigen. Es ist wohl eine Folge derQualen, die er als kleines Kind haterleiden müssen. Vor allem dasSprechen fällt ihm schwer. Selbst

seine SOS-Mutter Lama hat oftSchwierigkeiten, Bassam zu ver-stehen. Wendet sie sich einem ih-rer sieben anderen SOS-Kinderzu, wird Bassam eifersüchtig undbeginnt, zu weinen. Auch auf jedeForm von Kritik reagiert er oft mitlautem Schreien. Obwohl er regel-mäßig Psychopharmaka nehmenmuss, gelingt es selbst seiner SOS-Mutter kaum, ihn zu beruhigen.

Andere Kinder, die von ihren ei-genen Eltern misshandelt wur-den, haben oft ihr ganzes Lebenlang ein Problem damit, Vertrau-en zu ihren Mitmenschen, vor al-lem zu Erwachsenen, aufzubau-en. Bassam hat dieses Problemnicht. Im Gegenteil. Sieht er je-manden zum zweiten Mal, fällt erihm oft um den Hals. Offensicht-lich sucht er die Nähe, Zuneigungund Anerkennung, die er nicht er-hielt, bevor er ins Kinderdorf kam.

Bassam hat bislang niemandemerzählt, was ihm widerfahren ist.Dennoch versucht SOS-Psycho-login Jamila Nader (30) das Erleb-te mit einer behutsamen Ge-sprächstherapie aufzuarbeiten.Dass Bassam schon viel offenerund ausgeglichener geworden ist,seitdem er unter SOS-Obhut ist,macht der Therapeutin Mut. „Ichglaube, dass Bassam sein Traumakomplett überwinden wird. Aberdie kognitiven Probleme werdenvielleicht bleiben“, sagt Nader.

Das Lernen wird Bassam wohlimmer schwer fallen. Die Psycho-login freut sich dennoch, dass ervon Sitzung zu Sitzung emotionalstabiler wird. Eines Tages wirdBassam Jamila Nader vielleichtfragen, woher die Narben in sei-nem Gesicht stammen. Die Psy-chologin weiß noch nicht, was siedann antworten wird.

* Der Name wurde auf Wunschvon SOS-Kinderdörfer geändert

Bassam (6) wurde vonseinem eigenen Vaterschwer misshandelt.Im SOS-Kinderdorflernt er, mit seinemTrauma umzugehen.

Adam Anna; AichingerLeopold; AlbanbauerSieglinde; Allgeier Annet-

te; Alteneder Erika; AnetzbergerAndrea; Auberger Werner; Au-meier Elfriede, Deggendorf;

Bäck Herta Aurelia Karoli-ne; Dr. Baier W., Passau;Bauer Bernhard Michael;

Bauer Cornelia; Baumgartner Jo-hann; Bertat Eva; Bielmeier Ro-land und Birgit; Biller Josef, Re-gen; Bittmann Alfred und Eva,Passau; Blaschke Helmut; BothurJürgen und Cornelia; Brandl An-gela und Max, March; Braun Er-hard; Braun Sigrid, Aidenbach;Breitenfellner Werner Josef, Weg-scheid; Brendel Mathilde; Brum-mund Elisabeth, Untergriesbach;Brunnhölzl Klaus; Butzbach Re-nate und Dr. Butzbach Günter;

Claus Günther; Confais Wal-traud, Passau; ContardoAlois und Erika;

Dieminger Wilhelm undChrista; Dorner Gert undBrigitte;

Eberstein Rolf und Annelie-se; Ebner Gerhard, Kirch-berg; Eder Ernst, Eggenfel-

den; Eder Petra Maria; Eginger Jo-sef; Eigner Maria; Erler Elisabeth,Tittmoning; Ertl Maria;

Fenzl Johann und Hermine;Fleischmann Wilhelm undGertrud; Forster Armin,

Neuötting; Freudenstein Hel-muth; Freund Paul; Freund Williund Anna; Freundorfer Josef,Vilshofen; Friedenberger Helga,Neuburg; Frisch Helga;

Geiling Helga, Neuhaus;Geissinger Herbert undErika; Gerich Johann;

Gessendorfer Heinz und Christi-ne; Göschel Silvia; GottwaldChristian; Greil Gerhard und Irm-gard; Dr. Grosswieser Wolfgang;

DIE PASSAUER NEUE PRESSE UND SOS-KINDERDÖRFER BEDANKEN SICH FÜR IHRE SPENDE

Hacker Sieglinde, Tiefen-bach; Hackl Georg undAnna, Tiefenbach; Ham-

burger Roswitha, Tiefenbach;Haslinger Alfons; Hatz Sandra,Ruhstorf a. d. Rott; Hatzinger Eli-sabeth; Hauser Eduard; Hehber-ger Rosa; Heller Alois; Hochleit-ner Olga; Hoh Siegfried, Reut;

Kaiser Josef; Kaiser Michaelund Claudia, Pocking;Kandler Silvia, Iggens-

bach; Kapfinger Theresia; Karl

Konrad und Irmgard; Karl Sabine,Bayer. Eisenstein; Kiermaier Her-mine; Kilger Hubert; KillingerMathias; Kinateder Matthias;Kitzlinger Margarete; KlingerTheresia; Knoll Günter, Winzer;Koller Josef und Christine, Tö-ging; Dres. Köstlmeier/Wölfl Ge-meinschaftspraxis, Zwiesel; Kreu-zer Georg; Kriegl Johann und Bir-gid; Krenner Michaela, Fürsten-zell; Kroiss Erwin; Kroiss Marian-ne; Kudlacek Hans und Elfriede;

Kufner Annemarie, Haid; KufnerErich; Kufner Josef, Langdorf;Kunhardt Alexander; KurzböckReinhold und Annemarie, Unter-griesbach; Kreil Franz, Zeilarn;

Lautenschlager Fritz undBerta; Leeb Simone, Ahol-ming; Leirich Renate; Leitl

Franz; Lenz Otto; Lex Ludwig jun.und Claudia; Lehner Johanna Ele-onore; Lobmeier Alexander undSylvia; Lorenz Heinrich; Löw Al-bert sen.; Lüdke Karl-Josef; Luka-schik Michael und Anita, Regen;

Manglkramer Hans; MeierAlfred und Anna Maria;Meier Gabriela; Miedl

Renate; Moosmüller Rudolf undAnna Elisabeth, Vilshofen;

Nitschmann Gisela, Pfarr-kirchen; Nöth Alfred undIrmgard;

Ochsenbauer Julia; OrtnerSimone; Ott Walburga,Burghausen;

Pfisterer Anneliese, Vilsho-fen; Plettl Robert Kältetech-nik GmbH, Patriching;

Pohl Regina; Pöllner Johann undMarlene; Prehofer Albert; ProbstHeizungsbau GmbH;

Reichold Norbert und Bär-bel; Reichenberger Konradund Wilma; Reitmaier Ve-

rena und Christian, Passau; Ren-tel Susanne; Resch Josef, Tiefen-bach; Riha Renate; Riedel Herbertund Ingeborg, Hengersberg; RuppOtto; Russmann und Krammich,Rinchnach;

Scherr Alfred; Schifferer Ale-xander; Schifferer Renate;Schipper Georg; Schmelz

Siegfried und Maria; Schmid Josefund Agnes; Schmidt Renate; Dr.Schraml Josef, Freyung; SchützElisabeth; Seifert Friedhelm; Sie-dersberger Albert, Roßbach; Söld-ner Katharina, Passau; Sparkasse

Passau; Spierling Wolfgang Ernst;Stadelmaier Steffi; SteghafnerKarl und Edith, Landau; Steil Lo-thar und Monika; Steinberger Jo-sef; Stelzer Rudolf und Margit;Streifeneder Mathilde; Straub An-na; Schönhuber Bernd; SchwarzWilhelm; Steinlechner Werbe-agentur, Burghausen; StöckleErnst; Strassburger Ursula; Stras-ser Agnes, Hutthurm;

Traut Johannes und Inge-borg; Thois Horst undGabriele; Till Christa;

Wagner Barbara; WagnerKlara und Hans; Wam-ser Maria, Regen; Wat-

zenberger Christian, Perach; Wat-zenberger Josef, Perach; Watzen-berger Kathrin, Töging; WeberMaria; Weiderer Lieselotte; Wein-berger Wolfgang und Monika;Weinzierl Josef und Hildegard;Winklhofer Franz und Evelyn;Wippl Anna, Vilshofen; Wolf Car-men Maria; Wagner Johann; Wag-ner Anita; Wagner Ingeborg undHelmut, Neureichenau; Wasch-linger Josef, Dietersburg; Weid-mann Josef und Anneliese, Anger;Weismor Zäzilia; Weissbart Chris-tine; Welekschanin Frank; WelschJ. und Brochard-Welsch; WestnerAnna; Wieser Gottfried und An-nemarie, Kößlarn; Wiesmeier Jo-hann und Elfriede, Wurmanns-quick; Willinger Helga; Wimber-ger Peter und Claudia; WimmerIgnaz und Theresia; WimmerHans und Maria, Freyung; Wim-mer Isolde, Breitenberg; WimmerJosef; Winklhofer Alois, Ering;Wüllenweber Gertrud;

Zauner Martin und Regina;Zimmermann Daniela,Schönberg; Zitzelsperger

Maria Anna; Zuleger Herbert undBauer-Zuleger Theresia, Gar-ching; Zweimüller Elisabeth.

Die Liste mit den Spendernamenwird regelmäßig fortgesetzt.

Passau. Seit vielen Jahrenschippert der Nikolaus AnfangDezember mit Kindern die Do-nau hinab – der Erlös aus dertraditionellen Nikolausfahrtder Donauschiffahrt Wurm +Köck kommt auch heuer einemguten Zweck zugute. 2000 Eurogehen an die PNP-Weihnachts-

aktion. Geschäftsführerin Mar-git Noé (im Bild links) über-reichte den symbolischen Spen-denscheck gestern an PNP-Re-dakteurin Eva Fischl. Mit weite-ren 2500 Euro unterstütztWurm + Köck die Mädchen undJungen im Lukas-Kern-Kinder-heim in Passau. − efi

2000-Euro-Spendevon Wurm + Köck

für

DE54 4306 0967 2222 2000 06DE54 4306 0967 2222 2000 06

Kinder im Syrien-Krieg

GLS BankGLS Bank

Ihre Spende auf das Kontomit der IBAN-Nummer

DE54430609672222200006(Empfänger ist SOS-Kinder-dörfer weltweit, der BIC lau-tet GENODEM1GLS) iststeuerlich absetzbar. Bitte ge-ben Sie unbedingt Ihren Na-men und Ihre Adresse bei derÜberweisung an. Die Spenderwerden wie gewohnt in derZeitung veröffentlicht. WennSie lieber anonym bleibenwollen, vermerken Sie diesbitte im Verwendungszweck.Im Internet finden Sie unterwww.pnp-spendenaktion.deweitere Infos zur Aktion.

So helfen Sie

Vorsichtig führt der Friseur den Rasierer über den vernarbten Kopf. Die Wunden auf seiner Stirn werden Bas-sam (6) immer an seine traurigen ersten Lebensjahre erinnern, in denen er von seinem Vater misshandelt wurde –auch wenn er jetzt noch zu klein ist, um die Zusammenhänge zu verstehen. � Foto: Hedemann