Zukunftsregion Starnberg-AmmerSee · Jährliche Kaufkraft pro Einwohner in Euro 20000 22000 24000...

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1 ZUKUNFTSREGION Starnberg-AmmerSee Perspektiven und Szenarien

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Zukunftsregion

Starnberg-AmmerSee

Perspektiven und Szenarien

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Zukunftsinstitut | gfw Starnberg mbH

Zukunftsregion

Starnberg-AmmerSee

Perspektiven und Szenarien

impressum

AuftraggeberKonversionsmanagementgfw Starnberg mbHGesellschaft zur Förderung der Wirtschafts- und Beschäftigungsentwicklung im Landkreis Starnberg mbHStrandbadstraße 2 | 82319 StarnbergTel.: 08151/ 148-489Fax: 08151/ [email protected]

ProjektkoordinationMandy Schwausch HerausgeberKonversionsmanagementgfw Starnberg mbHGesellschaft zur Förderung der Wirtschafts- und Beschäftigungsentwicklung im Landkreis Starnberg mbH

—Zukunftsinstitut Österreich GmbHRudolfsplatz 12/61010 WienTel: +43 (0)1 9 43 40 30Fax: +43 (0)1 253 30 33 40 [email protected]

konzeption und ProjektmanagementDavid Mock

AutorenDaniel AnthesDavid MockVerena MuntschickChristiane Varga redaktionelle MitarbeitMarina LordickLena Papasabbas

DatenrechercheChristof Lanzinger

LektoratFranz MayerMarion Linssen Layout und infografikBenedikt Eisenhardt

© Zukunftsinstitut GmbH, April 2016Alle Rechte vorbehalten.

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VorwortStarnberg-AmmerSee ist eine starke region mit viel Potenzial. Mit der höchsten Kaufkraft konsequent an der Spitze der regionen im bundesweiten Vergleich, eine dynamische wirtschaft in privilegierter Lage und intensiver Beziehung zur boomenden Metropole München – ein guter ort der Begegnung von tradition und Innovation. Erstklas-sig zu sein ist ein Anspruch, der sich konkret belegen lässt.

Und doch: Zukunft schreibt die Gegenwart nicht einfach fort, sie entwickelt sich nicht linear, sondern in Brüchen. Zukunft ist auch nicht planbar, man kann sich nur gut auf sie vor bereiten. optionen zur Vorbereitung auf die Zukunft aufzeigen – das ist der Gegenstand dieser Studie. Sie soll orientierung bieten und ein Instrument zur Entwicklung für die region sein. In der Zukunft erwarten die region Starnberg-AmmerSee nicht nur Chancen, sondern auch Herausforderungen.

Entscheidende Fragen sind:

» wie lässt sich die Balance halten in der region – zwischen Generationen, sozialen Schichten, Einheimischen und ZuzüglerInnen?

» wie können Innovationsgeist und Investitions-bereitschaft der Unternehmen optimal für die wirtschaftskraft der region genutzt werden?

» wie kann die regionale wirtschaft nicht nur ihre Produktivität weiterentwickeln, sondern auch ih-ren Umgang mit ressourcen effizienter machen?

» wie kann sie qualitativ wachsen, auch wenn die globale wirtschaft schwächer wird?

» wie können die natürlichen ressourcen dazu beitragen, dass die region ein ort des Kraft-tankens und der regeneration ist und bleibt – Stichwort „naturgesund“?

Starke Region im Gleichgewicht

Mögliche Antworten auf diese Fragen entwickeln wir anhand der Methodik der MegA trenDs. Diese be-schreiben die globalen tiefenströmungen des wandels. Auf Basis dieser Methodik werden Szenarien für die Zukunft der region erarbeitet. In trends zeigt sich die Zukunft schon im Hier und Jetzt. Sie zeigen an, wie sich die Gesellschaft ent wickeln wird – sie zeigen sich auch in der region Starnberg-AmmerSee. Die Entwicklung wird mit Daten veranschaulicht – etwa zur Entwicklung der Bevöl-kerung, der Demografie und des wirtschaft lichen wachs-tums. Mit Beispielen wird illustriert, wo sich zu künftige Entwicklungen für die region ankündigen.

So wie Zukunft nicht am reißbrett planbar ist, kann man trends auch nicht „folgen“ oder sie gar „erzeugen“. Die Heraus forderung ist, trends klug zu nutzen. Die region Starnberg-AmmerSee hat gute Voraussetzungen dafür. Sie startet mit Vorsprung, nicht mit rückstand.

Präambel: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in den Grafiken nur die männliche Form verwendet. Gemeint ist stets sowohl die weibliche als auch die männliche Form.

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InHALtImpressum

Vorwort

Fakten für die Region: Jetzt wirtschaft Bevölkerung Mobilität Einkommen und wohlstand

Orientierung mit Mega trends wie funktioniert das Mega trend-System? Mega trend-Map Die Mega trends im Einzelnen

Das Modell der neuen Lebensphasen

Von Mega trends zu Szenarien

Faktor wir: ThesenFakten für die region: Zukunftwir-Gefühl stärkt die region

„Co“ als Schlüsselbegriffneues wohnen: Besser zusammenGemeinsame räume – offene räumeneue Vielfalt im Leben und beim wohnenSilver AgerInnen: Langes Leben und aktive teilhabeDer Vielfalt gehört die ZukunftQuintessenz und Konsequenz

Faktor wert-wirtschaft: ThesenFakten für die region: ZukunftMit werten wachsen Innovation ist mehr als neuerfindungMehr Leistung – weniger VerbrauchMehr-wert und Co-workingDie region digitalisieren und transformierenregionale Unternehmen als „Glocal Player“Das Prinzip Kirschbaum: Alles ist nährstoffAlte Areale neu erfindenQuintessenz und Konsequenz

Faktor regeneration: ThesenDie Always-on-Gesellschaft auf dem rückzugCottage-trend: Entschleunigtes wohnenAchtsam arbeiten ist besser arbeitenFreizeit: Die region als Entschleunigungsoaseneuer tourismus: Pop-up und Campen mit GlamourDie region mit HeilkraftUrlaub, der gesund machtSport wird neu definiertBewegung darf überall seinQuintessenz und Konsequenz

trenDsZenArio 1

trenDsZenArio 2

trenDsZenArio 3

2

3

7

14

20

22

61

starnberg-Ammersee

… als Wir-Region

… als Region auf dem Weg zur Wert-Wirtschaft

… als Ort wahrer Regeneration

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Zusammenfassung: Drei Szenarien mit Zukunft

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FAKtEn FÜr DIE rEGIon:

JEtZtSzenarienentwicklung für die Zukunft braucht eine Basis im Jetzt. Deshalb wird zuerst die aktuelle Aufstellung der Region Starnberg-AmmerSee beleuchtet.

Beschäftigte am Arbeitsort im Landkreis Starnberg 2014

WirtscHAft

stark bei investitionen – (zu) spezifisch bei Dienstleistungen

Im Landkreis Starnberg stellen öffentliche und private Dienstleister den stärksten teil der Beschäftigten. Der An-teil an Beschäftigten in Land- und Forstwirtschaft ist ver-schwindend gering. (Siehe Grafik „Beschäftigte am Arbeits ort im Landkreis Starnberg 2014“).

Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik, 2016

Im Bereich der Investitionen des verarbeitenden Gewerbes liegt der Kreis Starnberg im Vergleich mit den umliegen-den Landkreisen im vorderen Feld. (Siehe Grafik „Investi-tionen je Beschäftigten 2014 in tausend Euro“, S. 9). Investi tionen sind ein Zeichen von Zukunftsmut – da ist

44440Beschäftigte

Unternehmensdienstleister

Handel, Verkehr, Gastgewerbe

Öffentliche und private Dienstleister

Land- und Forstwirtschaft

Produzierendes Gewerbe

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Bruttowertschöpfung nach Wirtschaftssektoren im Landkreis Starnberg, Oberbayern und Bayern 2013 (Anteile in Prozent)

Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik, 2016

Investitionen je Beschäftigten 2014 in Tausend Euro

Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik, 2016

Quelle: Statistisches Bundesamt, Bayerisches Landesamt für Statistik, 2016

Bevölkerungspyramide Landkreis Starnberg und Deutschland 2015

40004008001200 800 1200

0

20

40

60

80

100

Alter Männer Frauen

0

20

40

60

80

100

AlterMänner Frauen

600 600200 2000400 400

Landkreis Starnberg Deutschland (in Tausend)

Bayern

Oberbayern

Landkreis Weilheim-Schongau

Landkreis Starnberg

Landkreis München

Landkreis Landsberg am Lech

Landkreis Fürstenfeldbruck

Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen

Landeshauptstadt München

0 5 10 15 20

verarbeitendes Gewerbe

Baugewerbe

sonstige Gewerbe

22

4

1

Landkreis Starnberg

Oberbayern

0,3

Dienstleistungsbereich

öffentl. Dienst, Erziehung,Gesundheit

Finanz-, Versicherungs-, Unter-nehmensdienstleistungen,Grundstück und Wohnungswesen

Handel, Verkehr, Gastgewerbe,Information und Kommunikation

73

20

37

16

Land und Forstwirtschaft,Fischerei

produzierendes Gewerbe27

24

42

0,5

20

18

70

32

29

Bayern

25

27

0,9

20

28

18

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der Landkreis gut aufgestellt, obwohl es immer mehr Potenzial gibt. Allerdings: Die Entwicklungsabsichten der Unternehmen im Landkreis Starnberg sind insgesamt sehr dynamisch. Es gibt einen hohen Anteil an Unternehmen mit expansiven Entwicklungsplänen.

Das produzierende Gewerbe im Landkreis ist stark, auch im Vergleich zum Gesamtwert Bayerns. Im dominanten Dienstleistungssektor fällt der hohe Anteil an Finanz-, Ver-sicherungs- und Unternehmensdienstleistungen auf, wie auch das Grundstücks- und wohnungswesen. (Siehe Grafik „Bruttowertschöpfung nach wirtschaftssektoren im Landkreis Starnberg, oberbayern und Bayern 2013“). Das ist zwar logisch im Zusammenhang mit dem hohen Anteil an wohlhabenden in der region – aber eine über-

proportionale Entwicklung von Dienstleistungen, die ihr Angebot nur auf eine bestimmte Schicht konzentrieren, ist nicht gut für die wirtschaftliche Balance der region. Schlussfolgerung: Eine weitere Stärkung des produktiven Sektors ist sinnvoll, vor allem im Bereich des innovativen produzierenden Gewerbes. Diese Betriebe mit ihren Im-pulsen und Aufträgen braucht auch ein Dienstleistungs-sektor, der möglichst breit aufgestellt ist.

Die Daten aus der Unternehmensbefragung zeigen: Die bestehenden Industriebetriebe sind stark überregional orientiert und agieren erfolgreich auf Auslandsmärkten. Dabei gibt es eine gute regionale Vernetzung und Veran-kerung – mehr als zwei Drittel der Befragten kooperieren bereits mit anderen Unternehmen im Landkreis.

BevöLkerung

Die Älteren im kommen

Momentan sind die meisten Menschen im Landkreis Starnberg zwischen 40 und 60 Jahre alt. (Siehe Grafik

„Bevölkerungs pyramide Landkreis Starnberg und Deutsch-land 2015 - Landkreis Starnberg“). was auf den ersten Blick nach einem Bedrohungsbild von Überalterung aus-

sieht, ist auf den zweiten Blick ein demografischer Gruß aus der Zukunft. Bereits 2040 wird die Mehrheit der Bevöl-kerung in Deutschland über 50 Jahre alt sein. (Siehe Grafik

„Bevölkerungspyramide Landkreis Starnberg und Deutsch-land 2015 - Deutschland in tausend“).

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Quelle: Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, 2014Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik, 2016

Pendler im und um den Landkreis Starnberg zum 30.6.2014Anteil der Ein- bzw. Auspendler (Quote) über Kreisgrenzen an den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten (in Prozent)

Je näher bei München desto mehr PendlerPendelintensität im und um den Landkreis Starnberg im Jahr 2013

Pendelintensität: Quotient aus der Summe der Zahl der Einpendler und Auspendler einer Region und der Summe der Zahl der Beschäftigten mit Arbeitsort oder Wohnort in dieser Region

LandkreisWeilheim-Schongau

Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen

LandkreisStarnberg

LandkreisMünchen

LandkreisFürstenfeldbruck

Landes-hauptstadtMünchen

LandkreisLandsberg am Lech

0,18 0,34 0,39 0,51 0,57 0,72LandkreisWeilheim-Schongau

Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen

LandkreisStarnberg

LandkreisMünchen

LandkreisFürstenfeldbruck

Landeshauptstadt München

LandkreisLandsberg am Lech

6476

2745Einpendlerquoten

Auspendlerquoten

6742

59595137

3829

4527

15 30 45 60 75

(in %)

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MoBiLitÄt

starker Austausch mit München – das Auto dominiert

Die meisten wege im Landkreis werden in der Freizeit zurückgelegt, und das Auto ist bei weitem das wichtigste Verkehrsmittel. Öffentliche Verkehrsmittel liegen eher abgeschlagen, noch hinter dem Fahrradfahren, auf dem letzten Platz. (Siehe Grafik „Mobilität im Landkreis Starnberg – Hauptzwecke der zurückgelegten wege und Hauptverkehrsmittel“, S. 11).

Die Pendelverflechtungen mit der Stadt München sind hoch, obwohl der Landkreis Starnberg, anders als etwa der Landkreis Fürstenfeldbruck, keine klassische Speckgürtel-Grenze mit München hat. Es gibt nicht nur eine intensive

Mobilität im Landkreis StarnbergHauptzweck und Hauptverkehrsmittel der im Landkreis Starnberg zurückgelegenten Wege

Quelle: MVV, 2011

Pendelbewegung in die Großstadt hinein, sondern auch eine intensive Pendelbewegung aus München in den Landkreis Starnberg. Es ist also eine laufende Hin-und-her-Bewegung, ein fortlaufender Fluss zwischen Stadt und Landkreis. (Siehe Grafik „Pendler im und um den Land-kreis Starnberg zum 30.6.2014“, S. 10 und „Mobilität im Landkreis Starnberg – Pendelintensitäten“, S. 11).

Die Beziehung ist viel intensiver, als es die räumliche Ein-teilung vermuten lässt – Großstadt und Landkreis sind mit-einander kommunizierende Gefäße. Das manifestiert sich auch in der Veränderung der Bevölkerung.

Hauptzwecke der zurückgelegten Wege Hauptverkehrsmittel

zu Fuß 17% Fahrrad 16%

ÖPNV 8% Auto Beifahrer 16%

Auto Fahrer 42%

Arbeit 9% Ausbildung 5% dienstlich 3%

Begleitung 13% Einkauf 20% Erledigung 14%

Freizeit 33%

0 50%

0 50%

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Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik, 2016 Quelle: gfk, 2016

Quelle: gfk, 2016

Jährliche Kaufkraft pro Einwohner in Euro

20000

22000

24000

26000

28000

30000

32000

LandkreisFürstenfeld-

bruck

LandkreisEbersberg

Landes-hauptstadtMünchen

Main-Taunus-Kreis

LandkreisMünchen

Hochtaunus-kreis

LandkreisStarnberg

Vergleich der Gesamtkaufkraft Gesamtkaufkraft 2016 (in Euro) als Produkt von Kaufkraft pro Kopf und Anzahl der Einwohner in den Landkreisen mit der höchsten Pro-Kopf-Kaufkraft

Kaufkraft pro Einwohner in Euro

Einwohner

Kaufkraft insgesamt in Euro(Produkt aus Einwohner und Kaufkraft)

Landkreis Starnberg

0

10000

20000

30000

4,2 Mrd.

0 100000 200000 300000

Landkreis München

0

10000

20000

30000

10,2 Mrd.

0 100000 200000 300000

Main-Taunus-Kreis

7,0 Mrd.

0 100000 200000 300000

0

10000

20000

30000

Hochtaunuskreis

7,2 Mrd.

0 100000 200000 300000

0

10000

20000

30000

Unter Kaufkraft versteht man das nominal verfügbare Nettoeinkommen der Bevölkerung inklusive staatlicher Transferzahlungen wie Renten, Arbeitslosen- und Kindergeld.

0

20

40

60

80

100

50+

35 bis 50

30 bis 35

25 bis 30

20 bis 25

15 bis 20

10 bis 15

5 bis 10

0 bis 5

Jahreseinkommenin Tausend Euro

Anteil am Gesamtbetragder Einkünfte

Anteil an den Steuer-p�ichtigen

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Einkommensteuerstatistik im Landkreis Starnberg 2010

einkoMMen unD WoHLstAnD

starke kaufkraft – breiter Wohlstand

Im Landkreis Starnberg herrscht ein breiter wohlstand: 50 Prozent der steuerpflichtigen Personen im Kreis Starn-berg verdienen mehr als 30.000 Euro im Jahr. Knapp 80 Prozent des gesamten Einkommens wird somit von jenen Personen verdient, die mehr als 30.000 Euro im Jahr be-ziehen. Zudem ist der Kreis Starnberg mit 4,2 Mrd. Euro gesamt und knapp 32.000 Euro pro EinwohnerIn der kauf-kraftstärkste Landkreis in Deutschland. (Siehe Grafik

„Landkreise in Deutschland 2016“, S. 13).

Hochrechnung der kaufkraftstärksten Landkreise in Deutschland 2016

0 50 100 150

Landkreis Weilheim-Schongau

Landkreis Starnberg

Landkreis München

Landkreis Landsberg am Lech

Landkreis Fürstenfeldbruck

Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen

Oberbayern

Bayern

Verfügbares Einkommen der privaten Haushalte je Einwohner 2013 Landkreis Starnberg und umliegende Landkreise im Verhältnis zu Bayern(Verfügbares Einkommen pro Kopf im Bundesland Bayern = 100)

Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik, 2016

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Zukunftsinstitut | gfw Starnberg mbH Orientierung mit Mega trends

orientierung mit

MEGA­trEnDS

Methodik der Trendanalyse für die Region Starnberg-AmmerSee

Die Mega trends, illustriert und bildlich verortet in der Mega trend-Map, bilden das Leitmodell des Zukunfts-instituts bei der Analyse und Er forschung von Trends.

Wie funktioniert DAs

MegA trenD-systeM?

Mega trends muss man nicht „voraussagen“, denn sie sind schon da und markieren Veränderungen, die uns schon lange prägen und noch lange prägen werden. Mega trends sind die tiefenströmungen des wandels. Sie fungieren als Grundströmungen und tendenzen in komplexen Gesell-schaften und arbeitsteiligen Ökonomien, sie durchdringen alle Ebenen der Gesellschaft. Sie haben kein exaktes Ergebnis, aber sie geben eine richtung vor.

DAuer

Mega trends sind Entwicklungskonstanten der globalen Gesellschaft und wirken über mehrere Jahrzehnte.

Wie man Mega trends erkennt und definiert

Die kriterien:

uBiquitÄt

Mega trends zeigen Auswirkungen in allen Lebensbereichen.

gLoBALitÄt

Mega trends sind globale Phänomene, aber nicht überall gleich stark ausgeprägt.

koMPLexitÄt

Mega trends sind mehrschichtig und mehrdimensional.

»

»

»

»

Gesellschaftliche Veränderungen werden beim generellen Blick in die Zukunft oft ausgeblendet. Das beste Beispiel hierfür ist, dass alle über Digitalisierung, aber nicht über ihre Grundlage sprechen: eine konnektive, also eine ver-netzte und durch technologien verbundene Gesellschaft. Das Mega trend-System hilft, den Blick immer wieder zu-rück auf den gesellschaftlichen wandel zu richten und auf das, was die Menschen auch in der Zukunft anhaltend beschäftigen wird.

nach dieser Methodik werden auch die relevanten trend-entwicklungen für die region Starnberg-AmmerSee analy-siert und fokussiert.

Quintessenz der Mega trend-Logik: wo mehrere Mega-trends aufeinandertreffen und sich in ihrer wirkungskraft bündeln, da entsteht Zukunftspotenzial.

Wichtig ist: Mega trends stellen wahrscheinlichkeiten und Plausibilitäten dar, sagen aber nicht das Endresultat der welt im Jahr 2030, 2040 oder 2050 voraus. Das Leben ist organisierte Unberechenbarkeit und die Zukunft ein offener Prozess.

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Zukunftsinstitut | gfw Starnberg mbH Orientierung mit Mega trends

URBANISIERUNG

WISSENSKULTUR GLOBALISIERUNG

KONNEKTIVITÄT

MOBILITÄT

NEW WORK

SILVER SOCIETY

INDIVIDUALISIERUNG

GESUNDHEIT

SICHERHEIT

SICHERHEIT

POWEROF PLACE

PRIVACY

BIG DATA

URBANFARMING

E-MOBILITY

THIRD PLACES

URBAN MANUFACTURING

INDUSTRIE 4.0

TALENTISMUS

SWAPPING

OPEN INNOVATION

POP-UP-MONEY

CYBERCRIME

PREDICTIVEANALYTICS

LEBENSQUALITÄT

E-HEALTH

ME-CLOUDIDENTITÄTS-MANAGEMENT

SELF-TRACKING

MASSIVE OPENONLINE COURSE

ANTIFRAGILITÄT

URBAN MINING

COLLABORATIVE LIVING

BEVÖLKERUNGS-WACHSTUM

WEARABLES

CARSHARING

NEARSHORING

GLOKALISIERUNG

SCHATTEN-ÖKONOMIE

MULTIPOLAREWELTORDNUNG

ON-DEMAND BUSINESS

DETOXING AGELESS CONSUMING

DOWNAGING

FOREVER YOUNGSTERS

CROWDFUNDING

AUGMENTEDREALITY

E-COMMERCE

FINTECH

SINGLE-GESELLSCHAFT

OPEN SCIENCE

BILDUNGSBUSINESS

INFORMATIONDESIGN

ZERO WASTE

GREEN TECH

AUTONOMES FAHREN

KREATIV-ÖKONOMIE

DIGITAL REPUTATION

REAL DIGITAL

GAMIFICATION

LANGSAM-VERKEHR

FLEXICURITY

TRANSPARENZ-MÄRKTE

SUPER-SAFE-SOCIETY

SIMPLEXITY

TRUST TECHNOLOGY

24/7-GESELLSCHAFT

KOMPLEMENTÄR-MEDIZIN

SPORTIVITY

MegA trenD-MAP

MOBILITÄT

GESUNDHEIT

URBANISIERUNG

WISSENSKULTUR

KONNEKTIVITÄT

NEW WORK

SILVER SOCIETY

INDIVIDUALISIERUNG

NEO-ÖKOLOGIE

NEO-ÖKOLOGIE

GENDER SHIFT

GENDER SHIFT

GLOBALISIERUNG

TUTORIALLEARNING

HEALTHNESS

SLOW CULTURE

KOLLABORATION

WOMANOMICSSOCIAL BUSINESS

FAIR TRADE

SILVER POTENTIALS

SHARINGECONOMY

CORPORATEHEALTH

POSTWACHSTUMS-ÖKONOMIE

DIVERSITY

REGENBOGEN-FAMILIEN

FEMALESHIFT

WORK-LIFE-BLENDING

MAKER-MOVEMENT

LIQUID YOUTH

BIKE-BOOM

GLOBAL CITYSMEGACITYS

GUTBÜRGER

LANDFLUCHT

SMART CITYS

SCHRUMPFENDESTÄDTE

MIXEDMOBILITY

END-TO-END TOURISMUS

MOBILE COMMERCE

RISING AFRICA

SERVICE-ÖKONOMIE

LEBENS-ENERGIE

ACHTSAMKEIT

TIGER-WOMEN

SEX-DESIGN

ALPHA-SOFTIES

UNIVERSAL DESIGN

AMBIENT-ASSISTED-LIVING

SMART DEVICES SOCIAL NETWORKS

LIFELONGLEARNING

BIO-BOOM

CIRCULAR ECONOMY UNTERWEGS-MÄRKTE

MIGRATION

WELTMACHT CHINA

OUTSOURCING-GESELLSCHAFT

WORK-DESIGN

PERMANENT BETA

START-UP-CULTUREFOODIES

PROLL-PROFESSIONALS

INTERNET DER DINGE

WIR-KULTUR

SMALL-WORLD-NETWORKS

MULTIGRAFIE

CREATIVITEENS

NEUGIER-MANAGEMENT

PHASEN-FAMILIEN

NEUE MÜTTER

SUPERDADDYS

SLASH-SLASH-BIOGRAFIEN

CO-WORKING

NACHHALTIGKEITS-GESELLSCHAFT

POST-CARBON-GESELLSCHAFT

Die Megatrend-Map zeigt die zwölf zentralen Megatrends. Sie sind nie linear und eindimensional, sondern vielfältig, komplex und vernetzt. Die Form der Darstellung zeigt daher nicht nur die Trends an sich, sondern visualisiert auch die Über schneidungen und Parallelen zwischen den Mega-trends. Die Illustration erinnert an das Bild eines U-Bahn-Plans.

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Individualisierung

Die neue Individualität etabliert eine Kultur der Wahl. Individualismus hat viele Spielarten: Er kann rebellisch, hedonistisch, extremistisch, sensibel oder empfindsam sein. In Zukunft ist Individualität nicht egoistisch, sondern immer mehr achtsam. Der Mega trend entwickelt sich weiter – Individualisten suchen die Gemeinschaft und schaffen sich eine neue Wir-Kultur. Das entwickelte Ich und das neue Wir sind in Zukunft zwei Seiten derselben Medaille.

Wissenskultur

Der Mega trend erreicht eine neue Dimension – aus neuem Lernen wird das Prinzip der Wissenskultur. Im Umbruch von der Industrie- zur Wissensgesellschaft wird Bildung zu einer Kulturfrage, die die ganze Gesellschaft betrifft. Am Mega trend Wissenskultur entscheidet sich die Zukunfts fähigkeit von Individuen, Unternehmen und ganzen Volkswirtschaften. Wissen bleibt Macht, aber in Zukunft können immer mehr Menschen Zugang zu dieser Macht haben. Digitalisierung von Wissen und Bildung ist der größte Treiber dafür. Lernende Unternehmen werden im Wettbewerb gewinnen.

Neo-Ökologie

Bio wird eingehend auf Qualität geprüft, die Ernährung wird flexibel bis fleischlos, die industriellen Systeme müssen sich umstellen – abfallfrei wirtschaften und die Rohstoffe im Kreislauf halten. Denn eine Konsumkultur ist im Kommen, die vom Mega trend Neo-Ökologie geprägt ist. Man will nicht mehr nur kaufen, sondern den Konsum stärker im Sinn der Umwelt steuern. Neue Technologien schaffen neue Alternativen zur alten Wegwerfgesellschaft.

Urbanisierung

Der Mega trend Urbanisierung ist stark wie nie: Die immer größeren Megacitys außerhalb Europas bekommen die wirtschaftliche Kraft ganzer Volkswirtschaften. Die Grenzen zwischen Stadt und Land sind fließend – in riesigen urbanen Flächenräumen genauso wie in dicht besiedelten Städten, die durch Urban Farming „essbar“ gemacht werden. Städte stehen im internationalen Wettbewerb um neue Industrien und talentierte, mobile Menschen. Einerseits wachsen neue urbane Konglo merate, anderer-seits besinnen sich alte, gewachsene Städte auf ihren Vorteil: kulturelle Stärke und Lebensqualität.

Die MegA trenDs

iM einZeLnen

Gender Shift

Das biologische Geschlecht verliert als soziale Rolle an gesellschaftlicher Verbindlichkeit. Dieser Mega trend hat weitreichende Folgen in Wirtschaft und Gesell-schaft – und ermöglicht es immer mehr Individuen, auf ihre eigene Art und Weise glücklich zu werden. Die Geschlechter bilder fusionieren, alte Rollenbilder und Karrieremodelle lösen sich endgültig auf, die Gesell-schaft wird dadurch kulturell anders gepolt und geprägt. Das innere Retro gehört zum Trend – als prollig-grelles Remake der alten Klischeebilder von Mann und Frau.

Silver Society

Der Mega trend Silver Society wirkt weltweit und gesell-schaftsübergreifend, die Gesellschaft wird älter, und die Älteren werden mehr – so weit die Fakten. Die gestiegene Lebenserwartung aber verschiebt die Gewichte – das gefühlte Alter wird bedeutsamer. Neue Lebensstile formen ein buntes Bild des Alterns, und die Grenzen zwischen den Generationen verschwimmen. Neue Lebens welten entstehen, in denen für viele das höhere Alter nicht das Ende, sondern erst der Anfang ist. Ein neues kulturelles Mindset bereitet den Weg für eine Gesellschaft, die gerade durch ein neues Alter vitaler wird.

New Work

Umbrüche in der Gesellschaft und disruptive Prozesse in der Wirtschaft verändern die Arbeitswelt fundamental, sie bestimmen den Mega trend New Work. Die neue Kultur des Arbeitens schafft die Gegenthese zum Drohbild der totalen digitalen Automatisierung: Technologie ist wichtig, aber nicht dominant. Menschen werden die Arbeitswelt der Zukunft prägen, nicht Maschinen. Das Talent gibt den Grundton an, die Wirtschaft als „Closed Shop“ hat aus gedient. Die beste Chance für den Erfolg haben Unternehmen, die sich als offene Plattform und Labor der besten Ideen verstehen.

Gesundheit

Gesundheit ist nicht mehr nur erstrebenswerter Zustand, sondern Lebensziel und Lebenssinn. Der Mega trend verknüpft psychische und physische Dimension immer enger, Gesundheit und Zufriedenheit verschmelzen. Die Menschen übernehmen mehr Verantwortung für ihre Gesundheit, wissen mehr Bescheid und treten auch dem Gesundheitssystem selbstbewusst gegenüber. Detoxing, Bewegung und Selftracking sind integrale Bestandteile der Gesundheit als kulturelle Dimension des modernen Lebens.

Konnektivität

Das Leben wird total vernetzt. Moderne Kommunika tions-technologien mit dem Internet im Zentrum geben dem Mega trend Konnektivität eine unbändige Kraft. Kein Mega trend kann mehr verändern, zerstören und neu schaffen. Kein Mega trend löst mehr Disruption aus. Durch seinen Einfluss entstehen neue Formen der Gemeinschaft, des Zusammenarbeitens, Wirtschaftens und Arbeitens. Aber es gibt auch Gegenbewegungen – eine neue Achtsamkeit im Umgang mit den Möglichkeiten von Konnektivität entsteht.

Globalisierung

Wenn man die Fakten betrachtet, ist Globalisierung mehr Frohbotschaft als Drohbotschaft – die Welt, die immer mehr zusammenrückt, wird besser. Das Internet als weltumspannendes Medium fördert eine globale Kultur im virtuellen Raum. Wenn die Mega trends Konnektivität und Globalisierung zusammentreffen, entsteht Reibung und Disruption. Global agierende Plattform-Konzerne werden ohne eigene Infrastruktur zu neuen wirtschaft-lichen Großmächten und krempeln ganze Branchen um. Der innere Gegentrend im Mega trend: die Wiederkehr des Lokalen und Ursprünglichen in einer neuen Form und Verbindung mit der Globalisierung – als Glokalisierung.

Mobilität

Die globale Gesellschaft ist unterwegs, mit Menschen und Daten – der Mega trend Mobilität treibt sie an. Orte verlieren ihre bindende Kraft, mobil sein wird zur kulturellen Pflicht. Große Verkehrsdrehscheiben wie Bahnhöfe oder Flughäfen werden zu Arbeits- und Lebensräumen, die Fixpunkte bilden im fließenden mobilen Lifestyle. Das Auto büßt seine dominante Stellung ein und wird zum autonomen Daten-Fahrzeug weiterentwickelt. Das Zusammentreffen von gesell-schaftlicher Veränderung und neuen technologischen Möglichkeiten entwickelt gerade in der Mobilitäts-branche große Kraft.

Sicherheit

Was mit „Cyber“ beginnt, verändert den Begriff von Sicherheit – das macht den neuen Mega trend Sicherheit aus. Instanzen können keine Sicherheit mehr ver-sprechen. Menschen sind Sicherheitsfaktoren, nicht Risikoträger. Unternehmen tragen mehr Verant wortung für ihre Sicherheit, der Staat nimmt sich zurück. Die neue Sicherheitskultur ist agil, beweglich und flexibel. Sie muss schnell Antworten geben auf die neuen Heraus-forderungen in der Welt der Cyber-(In)Security.

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Kindheit Jugend Postadoleszenz

Jobs

familien

Rush Hour Zweiter Aufbruch Un-Ruhestand

Alter 31 60

Die Multigrafie des 21. Jahrhunderts

6523

Das Modell der neuen Lebensphasen

22 23

Zukunftsinstitut | gfw Starnberg mbH Phasen und Brüche statt Linien: das Modell der neuen Lebensphasen

Das Modell der neuen

LEBEnS­PHASEn

in der Lebensphasen abgebrochen werden, sich über-schneiden oder auch wiederholt werden. Das berührt das Berufs- wie das Privatleben: wo der eine noch mit 50 ein Start-up-Unternehmen wagt, gründet der andere mit 30 schon seine dritte Familie. Das bedeutet, das klassische Altersgruppen-Denken hinter sich zu lassen und die einzelnen Lebensphasen differenziert in den Blick zu nehmen. Denn hier entstehen neue Bedürfnisse, die auch eine region erkennen und berücksichtigen muss.

Die region Starnberg-AmmerSee hat schon jetzt eine starke Präsenz von „Un-ruheständlerInnen“ und Men-schen, die den zweiten Aufbruch wagen (können). Ein Zustand, der in Zukunft für ganz Deutschland gelten wird. Im intelligenten Umgang mit dieser Herausforderung kann man Vorreiter-Region sein.

Der rush-Hour-Generation kann die region einen Lebens mittelpunkt mit Lebensqualität anbieten oder – wenn sie in München lebt – ein ort der Entschleunigung und der Regeneration sein. Eine Chance bei den Post-adoleszenten hat die region mit dem Angebot von Kreativ-jobs und innovativen Sport- und Freizeitangeboten.

Das Modell, das auf der nächsten Seite dargestellt wird, geht weg vom starren Dreiklang des Industriezeitalters: Kindheit/Jugend – Erwerbsalter – ruhestand/Alter. Es be-schreibt ein neues, vielfältigeres Lebensbild des wissens-zeitalters: Die Kindheit ist kürzer, dafür die Jugend länger („Postadoleszenz“), es folgt die Phase der „Rush Hour“ des Lebens mit Karriere, Kindern und Kraftbedarf. Schließlich kommt der „zweite Aufbruch“, wo früher die warteperiode für die rente war. Bis schließlich der „Un-Ruhestand“ der aktiven Alten kommt.

In der Postadoleszenz werden jugendliche Verhaltens- und Stylingmuster bis ins höhere Erwachsenenalter gepflegt – „Jugendlichkeit“ löst sich zunehmend von der Jugend. Erwachsene Menschen werden in ihrer Lebens-führung dem, was als „jugendlich“ gilt, immer ähnlicher. So fahren immer mehr Menschen im Sinne eines „zweiten Aufbruchs“ ab Mitte 50 z. B. Snowboard, leben in wohn-gemeinschaften oder sind wieder Singles; und auch mit grauen Schläfen trägt man noch Kapuzenpullis.

wo früher Heirat und Familiengründung dem Leben Stabilität gaben, wird die Biografie heute zur Multigrafie,

Eng im Zusammenhang mit der Mega trend-Logik steht eine neue Betrachtung der Phasen des menschlichen Lebens und damit ein neues Verständnis für den Lebens-verlauf. Der Begriff „Multigrafie“ steht dafür als Ober-begriff. Das Lebensphasenmodell des Zukunftsinstituts fließt auch in diese Studie mit ein.

Phasen und Brüche statt Linien:

0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 80 85 90 95 100

Altersstruktur der Bevölkerung in Deutschland 2013 und 2060 (in tausend Personen), Lebenszufriedenheit und die Lebensphasen im 21. Jahrhundert

800

600

400

200

0

2013

2060

1. Lebenshälfte 2. Lebenshälfte

Quelle: Eurostat, Statistisches Bundesamt, 2015

selbst eingeschätzte Lebenszufriedenheit (0 bis 10)

Altersgruppen

Größe der Altersgruppe 2013–2060

8,0

7,5

7,0

16-24

25-34 35-49

50-64

65-7475+

0,5

0,0

Kindheit Postadoleszenz

Rush Hour

Zweiter Aufbruch

Un-Ruhestand

20132013

2013

Niveau derLebens-

zufriedenheit

Niveau derLebens-

zufriedenheit

201320602060

2060

2060

2060

2060

20132013

Jugend

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24 25

Zukunftsinstitut | gfw Starnberg mbH Region Starnberg-AmmerSee: Von Megatrends zu Szenarien

Von Mega trends zu

SZEnArIEnDienstleistungssektor, der auch Impulse aus der produzie-renden wirtschaft braucht. Die Unternehmen wollen weiter investieren, können sich aber nicht von einer allge-meinen Entwicklung der wirtschaft abkoppeln, die durch schwächere wachstumsraten gekennzeichnet ist. Deshalb sollte ein qualitatives wachstum forciert werden, das im umfassenden Sinn aus dem Bestand wächst. Die Unterneh-men der region sind über die Grenzen vernetzt, das gibt ihnen die Chance, den Mega trend gLoBALisierung zu nutzen. Aktuell gibt es eine innere weiterentwicklung im Mega trend – die Glokalisierung als Zurückwendung zum Echten in der Heimat, ohne auf die Vorteile globalisierter Märkte zu verzichten. Die Markenwerte märchenhaft und traditionsreich korrespondieren mit dieser Entwicklung.

Der Mega trend neo-ökoLogie fördert nachhaltiges wirtschaften und die nutzung von rohstoffen aus der region. nicht nur Betriebe aus der Kreativwirtschaft sind vom Mega trend neW Work geprägt, der trend zum Co-working ist ein Zeichen dafür. welche Möglichkeiten sich dadurch für die region ergeben, beschreibt das zweite Szenario.

Der Markenwert privilegierte Lage korrespondiert mit den Mega trends urBAnisierung und MoBiLitÄt – die in-tensive Beziehung zu München gehört dazu. Geistreich wie auch erfinderisch und erstklassig korrespondieren mit den Mega trends neW Work und inDivi DuALisierung.

Die region hat eine große Geschichte als ort der Inspira-tion für KünstlerInnen, als Erholungsgebiet und Ausflugs-ziel. Die Always-on-Gesellschaft, die wir erleben, will wieder rückzug, Auszeiten und regeneration. München ist eine wachsende Stadt, ein Hotspot der Menschen, die intensiv leben. Auch hier wirken die Mega trends inDiviDuALisierung und konnektivitÄt, aber auch der neue trend zur Achtsamkeit, zum bewussteren Um-gang mit sich selbst. Der Mega trend gesunDHeit, der wohlbefinden nicht nur körperlich definiert, forciert die-se Entwicklung. Der Mega trend neo-ökoLogie forciert die nachfrage nach regional produzierten nahrungs-mitteln. Der Markenwert naturgesund inkorporiert gleich zwei Mega trends – nämlich gesunDHeit und neo-ökoLogie.

Es ergeben sich so neue Chancen für Erholungsangebote, die Sport, Gesundheit und Genuss verbinden. Und damit neue Möglichkeiten für die region als raum der regenera-tion, abseits vom klassischen tagestourismus. Dies beschreibt das dritte Szenario.

Daten und die wirkung von Mega trends lassen sich zu Szenarien für die zukünftige Entwicklung verbinden. Drei Szenarien werden für die region Starnberg-AmmerSee gezeichnet: Wir-Region für das wohnen und Zusammen-leben, Wert-Wirtschaft für eine neue wirtschaftliche Per-spektive und schließlich die region als Ort für Regeneration.

Die region Starnberg-AmmerSee ist teil der Metropol-region München und steht in einer intensiven Beziehung zur großen Stadt – der Mega trend urBAnisierung wirkt –, hat aber ein starkes, eigenständiges Profil. Die Bevölkerung verändert sich durch laufenden Zuzug, die Vielfalt der Lebensstile wird durch den trend zur Multi-grafie größer, auch die Alterspyramide verändert sich – die

„ Mitte“ der Bevölkerungspyramide um die 50 wird breiter. Bereits 2040 wird die Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland über 50 Jahre alt sein. Bei der demo grafischen Entwicklung, die sich in ganz Deutschland aus wirken wird, liegt die region Starnberg-AmmerSee im trend: Sie wird einen höheren Anteil an älteren Menschen an der Bevöl-kerung haben. Es werden aktive Ältere sein – Silver Ager-Innen, die gern in der region leben und ihren Beitrag leisten wollen. Integrative wohnformen, sanfte Mobilität, Gesundheit und Fitness als Angebote der region sind wichtige Faktoren. Die Mega trends, die auf und um die Be-völkerung wirken, sind inDiviDuALisierung in Form der neuen wir-Kultur und siLver society; der Mega-trend konnektivitÄt begünstigt die organisation neuer Formen der Gemeinschaft. Die region hat viel Potenzial für eine wir-region – dies beschreibt das Szenario „Starnberg-AmmerSee als wir-region“.

Die region prosperiert und steht vor der Herausforderung, wachstum und wohlstand zu erhalten. Die Stärkung des produktiven Sektors, der innovative Methoden nutzt, ist eine Chance für die region. Es gibt schon einen starken

Traditionsreich

Naturgesund

Privilegierte Lage

Geistreich

Erfinderisch

Erstklassig

Märchenhaft

Region Starnberg-AmmerSee:

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Zukunftsinstitut | gfw Starnberg mbH Trendszenario 1: Starnberg-AmmerSee als Wir-Region

Starnberg-AmmerSee als

wIr­ rEGIon

TRENDSZENARIO 1

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Zukunftsinstitut | gfw Starnberg mbH Trendszenario 1: Starnberg-AmmerSee als Wir-Region

viele Personen zu- und abwandern, tauscht sich die Be-völkerung des Landkreises alle 14,2 Jahre aus. (Siehe Grafik

„Bevölkerungsbewegung Landkreis Starnberg“, S. 30). Durch diese tatsache entstehen neue Ansprüche an die region – als wirtschafts- und auch als Lebensraum. Die permanente Stärkung und Förderung der Gemeinschaft ist durch diesen ständigen wandel eine Aufgabe der region. Das wir entscheidet über den Zusammenhalt der region.

Die wohnflächennachfrage nach Mehrfamilienhäusern sowie Ein- und Zweifamilienhäusern nimmt zu. (Siehe Grafik „wohnflächennachfrage Landkreis Starnberg“, S. 31). Bestehender raum muss folglich besser genutzt werden, entweder durch vermehrten mehrgeschossigen Bau oder durch integrative wohneinrichtungen wie das Co-Housing.

Die Region der Zukunft schafft Gemeinschaft

Der Mega trend inDiviDuALisierung in seiner neuen Bewegung hin zur Wir-Kultur ist eine Chance für die Region. „Co“ ist der Schüssel für neue Gemeinschaften. Gemeinnützigkeit kann soziale Systeme stabilisieren und entlasten.

Faktor Wir: Thesen zur

Zukunft Der region

Die Region der Zukunft ist vital, gerade weil sie älter wird

Keine gewachsene europäische Region kann sich dem Mega trend siLver society entziehen. Aber Alterung kann auch einen Vorsprung bedeuten. Denn sie bringt die Region dazu, neue Modelle für das Leben und Arbeiten auszuprobieren. So entstehen auch neue Leistungen, Services und Produkte.

Die Region der Zukunft lebt von der Verbindung mit der großen Stadt

2050 werden nur noch 16 Prozent der Deutschen auf dem Land wohnen. Das weite Land verliert mit dem Mega-trend urBAnisierung, aber Regionen in der Nähe von Metropolen können gewinnen. Wo es starke Verkehrs -verbindungen gibt, werden die Übergänge zwischen Stadt und Land fließend. Je geringer die Entfernung zu einer Großstadt, desto größer die Chance, Landflucht und Bevölkerungsrückgänge zu vermeiden.

fAkten fÜr Die region:

Zukunft

Die Bevölkerung des Landkreises Starnberg wächst be-reits jetzt und wird weiter wachsen, um rund 11 500 Men-schen im Vergleich zwischen 2015 und 2030. (Siehe Grafik

„Bevölkerungsentwicklung Landkreis Starnberg“). Das Durchschnittsalter der Bevölkerung im Kreis Starnberg verschiebt sich in den nächsten 20 Jahren vom oberen Landkreis-Durchschnitt ins Mittelfeld. (Siehe Grafik

„Durchschnittsalter der Bevölkerung“, S. 29).

Die region braucht den Zuzug. Sie profitiert von der nähe zu München. Die bayerische Hauptstadt gehört zu jenen wachsenden Städten, die nicht nur durch Zuzug, sondern auch natürlich wachsen. (Siehe Grafik „Bevölkerungsent-wicklung 2014 – 2034“, S. 29). Durch den ständigen wandel in der Bevölkerung und dadurch, dass verhältnismäßig

Bevölkerungsentwicklung Landkreis StarnbergBevölkerungsanteile nach Altersgruppen in Prozent

»

»

»

Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik, 2015

90

120

150

0

20

40

60

80

100

Anteil verschiedener Altersgruppenin Prozent

Gesamtbevölkerungin Tausend Personen

20302025202020152010200520001995

19 bis unter 25

40 bis unter 60

25 bis unter 40

60 bis unter 75

75 oder älter Gesamt-bevölkerung

unter 3

6 bis unter 10

3 bis unter 6

10 bis unter 16

16 bis unter 19

145

120

133

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Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik, 2014

40

44

48

46

42

Landkreis Weilheim-Schongau

Landkreis Starnberg

Landkreis Landsberg am Lech

Landkreis Fürstenfeldbruck

Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen

Landeshauptstadt München

20342014 2024

30 31

Zukunftsinstitut | gfw Starnberg mbH Trendszenario 1: Starnberg-AmmerSee als Wir-Region

Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik, 2014

Durchschnittsalter der Bevölkerung 2014-2034 (in Lebensjahren)

Bevölkerungsentwicklung 2014–2034Zusammensetzung der Bevölkerungsentwicklung im Zeitraum 2014–2034. Veränderung über diesen Zeitraum in Prozent

Wir-gefÜHL stÄrkt

Die region

Die Grenzen zwischen „Hier“ und „Dort“, zwischen „Ich“ und „die anderen“ lösen sich auf. Es geht um eine neue Form von Gemeinschaft. robert J. Sampson, Soziologe und Professor an der Harvard University, bestätigt, dass gerade durch das Internet und eine vernetzte welt das

„wir“ auch vor ort wichtiger wird.

Sampsons These: Gemeinschaft bleibt bestehen und ge-winnt in Zukunft noch mehr an Bedeutung, genauso wie die orte und regionen, in denen wir leben. Er nennt dies den „neighbourhood Effect“, den „Nachbarschafts-Effekt“. Dadurch entsteht eine neue Gruppendynamik, die uns daran erinnert, dass Globalisierung immer auch lokal ge-lebt wird. In neuen Strukturen, die digital wie analog eine neue Kultur fördern: die wir-Kultur.

Deutschland: Erfahrungsvorsprung beim AlternDurchschnittliches Alter (in Jahren) in Regionen der Welt und ausgewählten Ländern 1950–2100

Bevölkerungspyramide Landkreis Starnberg und Deutschland 2034

Quelle: United Nations World Population Prospects, 2015

50

40

30

20

10

1950 19502050 20502100 21002000 2000

50

40

30

20

10

Afrika

Europa Schweiz

DeutschlandÖsterreich

NordamerikaOzeanien

Asien

Welt

Lateinamerika

Quelle: Statistisches BundesamtQuelle: Bayerisches Landesamt für Statistik, 2014

2034

2014

20

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100

40004008001200 800 1200

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80

100

AlterAlter Männer FrauenMänner Frauen

600 600200 2000400 400

Deutschland (in Tausend)Landkreis Starnberg

Der demographische Erfahrungsvorsprung Deutschlands

alle anderen Länder des UN World Population Prospects, 2015

Durchschnittsalter nach Weltregionen

-10

-5

0

5

10

15

20

GesamtveränderungWanderungs-saldo

natürliche BevölkerungsentwicklungGeburtensaldo

LandkreisWeilheim-Schongau

LandkreisStarnberg

Landkreis Landsberg

am Lech

Landkreis Fürstenfeld-

bruck

Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen

Landes-hauptstadtMünchen

Veränderung2014 - 2034

in %

––

–+

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Quelle: BBSR-Wohnungsmarktprognose 2030

Wohnflächennachfrage Landkreis StarnbergPrognose für den Zeitraum 2015 - 2030

in m²

0

1000

2000

3000

4000

5000

6000

Wohn�ächennachfrage in Mehrfamilienhäusern

Wohn�ächennachfrage in Ein- und Zweifamilienhäusern

2030202520202015

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Zukunftsinstitut | gfw Starnberg mbH Trendszenario 1: Starnberg-AmmerSee als Wir-Region

neues WoHnen:

Besser ZusAMMen

nicht nur beim Co-Housing – neuer Gemeinschaftssinn bringt neue wohnformen. Das muss aber nicht heißen, dass alles völlig neu wird. Die Genossenschaft etwa erlebt ein revival, denn sie passt zum wir-trend: flexibel in der organisationsform, auf dem Prinzip der Selbsthilfe basie-rend, vom gemeinschaftlichen bzw. gemeinnützigen Gedanken getragen. Es zählen individuelle werte wie Selbsthilfe, Selbstverantwortung und Selbstverwaltung, aber eben übertragen auf die Gemeinschaft der Mit-glieder. Grundsatz: Gemeinsam sind wir mehr.

Die wohnhäuser der Zukunft sind mehr als Container, in denen sich wohneinheit über wohneinheit stapelt. Sie werden zu einem Lebensraum, der einer großen Viel-falt von Lebensstilen ein Dach über dem Kopf bietet. Erste Schritte hin zu einem solchen holistischen wohn-programm gehen kleine, private Baugruppen. Unter einer Baugruppe versteht man den Zusammenschluss von

privaten BauherrInnen mit ähnlichen wohnideen, die gemeinsam wohnraum planen, bauen oder umbauen. nicht nur wohnungen werden als flexibles raumsystem gedacht, sondern das ganze Haus. Familien brauchen andere Freiräume als wohngemeinschaften. Allein-lebende bevorzugen zwar eine wohnung als hochpri-vate Zone, legen oft aber wert auf ein reges Miteinander innerhalb der Hausgemeinschaft. Aus diesen Aspekten entsteht im Immobiliensektor der trend zur Baugruppe, zu der sich Freunde und Bekanntengruppen zusammen-schließen. Anstatt im anonymen Mehrfamilienhaus mit Fremden zu leben, baut man das Haus gemeinsam mit der „wahl familie“. Dass Baugruppen immer beliebter werden, zeigt sich beispielsweise darin, dass der Münch-ner Stadtrat beschlossen hat, diese speziellen wohnfor-men zu fördern und bis zu 40 Prozent der städtischen Grundstücke und Siedlungsgebiete an Baugenossen-schaften und Bau gruppen zu vergeben.

Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik, 2016

Bevölkerungsbewegung Landkreis StarnbergGeburten und Wanderungssaldo 2014 (in Personen)

Daher entwickeln sich neue Kooperationskulturen, in denen sich der trend zur Individualisierung mit der Sehn-sucht nach Gemeinschaft verbindet. Zwei Buchstaben beschreiben diese Kooperationsformen des neuen wir: Co. Co-Working: gemeinsame Arbeitsbereiche und Areale für Kreative. Auch wenn der Anteil an Solo-Selbst ständigen steigt – man arbeitet lieber in Gemeinschaft und netz-werken, tauscht sich aus. Co-Working Spaces haben – nicht nur in urbanen regionen – ein massives wachstum erlebt. Sie zeichnen sich aus durch eine Infrastruktur, die nicht nur das Arbeiten, sondern vor allem die Kommuni-kation fördert – Lounges oder Cafeterias als orte des Aus-tausches stehen dabei im Zentrum des raumkonzepts. Co-Gardening: urbanes, gemeinschaftliches Gärtnern und Kochen als neuer Fokus der Begegnung und Soziali-sierung.

Co-Housing: Kindergarten, gemeinsamer Dachgarten, ein Gästezimmer für das ganze Haus, gemeinschaft licher workspace oder Kleinstwohnungen für pflege bedürftige Angehörige sind in diesen neubauten zu finden. Kollabo-rative räume haben aber nichts mit dem gemeinschaft-lichen wohnen in einer wG zu tun, sondern folgen der Logik, bei Bedarf eine Erweiterung der privaten Bereiche zu bieten.

BEST PRACTICE Das in Österreich entstandene Projekt „Zukunftsorte“ hat sich zum Ziel gesetzt, den Austausch zwischen Unternehmen der Kreativwirtschaft und länd-lichen Gemeinden voranzutreiben. Die GründerInnen sehen sich in ihrem Grundgedanken bestätigt, wonach

„Kreativ wirtschaft die Lebensqualität der Kommunen be-flügeln kann“. Inzwischen gibt es neun dieser Zukunfts-orte, die sich zu einem gleichnamigen Verein zusammen-geschlossen haben. Die onlineplattform Zukunftsorte.at ist Dreh- und Angelpunkt des non-Profit-Projekts. Hier findet permanenter Austausch und Know-how-transfer zwischen den orten und ihren ProtagonistInnen statt. Ein Beispiel ist der Zukunftsort Moosburg, der mitten im Gemeindezentrum einen Co-working Space errichtet hat, um Kreative in die Gemeinde zu locken. Unter dem Motto

„Bildungscampus Moosburg“ laufen verschiedene Projekte, wie eine Ganztagsbetreuung, ein Kunstatelier und Fremd-sprachenkurse. Für die weiterentwicklung des ortes setzt das Projekt vor allem auf das kreative Potenzial der An-wohnerInnen und aktiviert Eigeninitiativen.

0

1000

2000

3000

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Todesfälle

Geburten

Fortgezogene je 1000 Einwohner: 70,5Im Schnitt tauscht sich die Bevölkerung des Kreises Starnberg alle 14,2 Jahre aus.

NatürlicheBevölkerungs-

entwicklung

Wanderung

Fortgezogene

Zugezogene

+

„co“ ALs scHLÜsseLBegriff

Als wir-Kultur bezeichnen wir in der trendbeobachtung jene Entwicklung, die uns in die nächste Stufe des Mega-trends inDiviDuALisierung führt. Denn der Indivi-dualisierung unserer Gesellschaft ist nichts mehr hinzu-zufügen. oder anders gesagt: Individueller können wir nicht mehr werden. Menschen in entwickelten wohl-standsgesellschaften, und damit auch in der region Starnberg-AmmerSee, werden als Individuen geboren, aber suchen die Gemeinschaft.

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Zukunftsinstitut | gfw Starnberg mbH Trendszenario 1: Starnberg-AmmerSee als Wir-Region

geMeinsAMe rÄuMe –

offene rÄuMe

Der trend zum Leben in der selbst gewählten Gemein-schaft forciert auch das gemeinsame nutzen von räumen

– kollaborative räume entstehen.

BEST PRACTICE Ein Beispiel, wie solche räume ent-stehen, aus einer der weltweit größten Metropolregionen: Das Moriyama House, das in einem Vorort von tokio steht, bietet seinen BewohnerInnen Begegnungsräume für ein gemeinschaftliches Miteinander und individuelle rückzugs möglichkeiten. Der Komplex beherbergt sowohl gemeinschaftlich genutzte Bereiche, wie Küchen und Bäder, als auch privat genutzte Zimmer. Die Funktion der räume kann individuell und nach Bedarf entschieden werden, nur die nutzung von Küche und Bädern ist festgelegt. Alle räu-me sind mit dem Außenraum bzw. dem Garten verbunden. Der Garten ist als raum, der alle BewohnerInnen verbindet, ein zentraler Bestandteil des kollaborativen wohnkonzeptes.

BEST PRACTICE Das Lindenberg in Frankfurt wiederum möchte weder als Hotel noch als wohngemeinschaft ver-standen werden, da es den Anspruch hat, mehr optionen für seine BewohnerInnen zu bieten und zudem mit einem serviceorientierten, gemeinschaftlichen, auf Anfrage bestehenden wohnen zu experimentieren. Das Linden-berg lädt zum zeitlosen Bleiben ein, und so sind Gäste für eine Übernachtung ebenso gerne gesehen wie solche, die zwei Jahre bleiben. Die Preise für die Zimmer sind ab-hängig von der Aufenthaltsdauer des Gastes sowie den zusätzlichen Services. neben einer autarken wohneinheit gibt es im Lindenberg auf wunsch einen rundumservice, eine Gemeinschaftsküche, ein Kino, eine Bar und ein wohnzimmer – für alle, die zwischendurch Lust auf das Leben mit anderen verspüren.

BEST PRACTICE Dass ein wohnhaus ein eigenes Öko-system entwickeln kann, zeigt das 25 verde in turin, das zum Megatrend neo-ökoLogie zugehörig ist. Das Ge-bäude hat 63 wohneinheiten, das Konzept des Projekts ist es, einen raum mit einem Übergang zwischen dem Innen und Außen zu gestalten, was durch den Einsatz von Bäumen, grünen wänden und unregelmäßigen, unter-schiedlich bepflanzten terrassen verwirklicht wurde. Im Lauf der Zeit wird die Vegetation des 25 verde sowie die umliegende Vegetation wachsen, ihr eigenes Mikroklima schaffen und den BewohnerInnen gleichzeitig das Gefühl geben, in einem Baumhaus zu leben.

wohnen wird gemeinschaftlich, aber auch dezentral. Der Bedarf an sogenannten öffentlichen rückzugsräumen wächst. Die wohnung ist nicht mehr der alleinige ort des wohnens: Dritte orte, also öffentliche orte, die weder zum wohnort noch zum Arbeitsplatz gehören und damit eine eigene Sphäre entwickeln, werden zu einem aktiven Bestand teil und zu einer Bereicherung der wohnkultur. Verkehrsstationen wie Bahnhöfe oder Flughäfen eignen sich dafür, weil sie im mobilen Leben Fixpunkte bilden, Lounges für reisende bieten ein Stück Privatheit im öffent-lichen raum. Immer mehr teilaspekte des Alltags, die man temporär, aber durchaus regelmäßig in Anspruch nimmt, werden ausgelagert, mit dem Ziel, flexibel zu bleiben –

dazu gehört etwa die neue Bewegung der Kochhäuser, in welchen räumlichkeiten geboten werden, um darin gemeinschaftlich zu kochen und zu essen.

Die neudefinition des wohnens verändert auch die wohnungen und ihre innere ordnung. Eine kurze rück-schau dazu: Im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts wurde noch ein gemeinsamer wohnraum genutzt und dieser in Koch-, wasch- und Schlafnischen unterteilt. Mit Indus-trialisierung und zunehmendem wohlstand setzte sich Mitte des 20. Jahrhunderts das Konzept der aufgeteilten wohnung durch, die räume bekamen ihre Funktionen – wie Schlafzimmer, wohnzimmer, Bad und Küche.

In Zukunft lösen sich die fixen Einteilungen wieder auf: Die Küche wird zur wohnküche, wohnzimmer und Schlaf-zimmer werden zu Freiräumen ohne feste Funktion. Der trend geht immer mehr hin zu einer völlig offenen Gestal-tung der wohnfläche, ganz ohne abgetrennte Zimmer. Statt starrer Zuordnung von räumen wird nach Themen gewohnt: Kommunikation, regeneration, Ernährung, Arbeit, Mobilität und Bildung überlagern sich und werden in einem großflächigen raum stetig neu und in unter-schiedlicher Intensität angeordnet. Am Ende ist auch das die neuerfindung des historischen gemeinschaftlichen raums – ohne den wirtschaftlichen und sozialen Zwang.Best Practice: Lindenberg Rückertstraße, Foto: Oliver Tamagnini, Lindenberg

Best Practice: Moriyama House, Foto: Midorisyu, Flickr, CC BY 2.0

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Best Practice: nebenan.de

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Zukunftsinstitut | gfw Starnberg mbH Trendszenario 1: Starnberg-AmmerSee als Wir-Region

siLver Agerinnen:

LAnges LeBen unD

Aktive teiLHABe

Der Mega trend siLver society wird in den kommenden Jahren Europa und die welt prägen, aber in Deutschland die erste Probe halten – auch das Bevölkerungsalter im Landkreis Starnberg steigt an. Je älter Menschen sind, desto wichtiger wird für sie eine funktionierende soziale Infra-struktur in ihrer unmittelbaren wohnumgebung. nicht zu-letzt durch das Engagement der Silver AgerInnen entsteht eine neue Kooperationskultur, in der gemeinnütziges Han-deln zur neuen moralischen Grundhaltung wird. In lokalen Communities profitieren Menschen generationenüber-greifend von gegenseitigen sozialen Hilfestellungen. wer heute 60 ist, hat durch Veränderungen der Lebens- und Arbeitswelt heute auch das biologische Alter eines/einer 40-Jährigen vor hundert Jahren. wir werden eine aktive ältere Generation erleben, die in der Mitte der Gesellschaft steht.

Der wunsch nach mehr Selbstgestaltung der eigenen, un-mittelbaren Lebensverhältnisse treibt das vermehrte Enga-gement der Menschen in ihrer lokalen nachbarschaft an: nachbarschaftsnetzwerke formen sich durch die Eigen-initiative der BewohnerInnen. Eine nicht unwesentliche triebfeder dieser Entwicklung ist die Aktivität der Silver AgerInnen oder Free AgerInnen, denn sie haben ein aus-geprägtes Bewusstsein und die entsprechende Sensibilität für Bedürfnisse, die mit nachbarschaftshilfe leicht bedient werden können. Sei es, aufeinander aufzupassen und ein Auge auf regelmäßige Lebenszeichen des nachbarn zu haben, für die bewegungseingeschränkte nachbarin Ein-käufe mitzubringen oder den Schnee vor der tür mit zu beseitigen – gerade aus dörflichen Strukturen kennt man diese kleinen Gefälligkeitsleistungen schon seit jeher. Der nutzen für Ältere: teilhabe am sozialen Leben und die Chance, länger in der eigenen wohnung selbstständig bleiben zu können.

Solche nachbarschaftsnetze dienen aber nicht nur den Alten, die möglicherweise eher darauf angewiesen sind, sondern auch den Jüngeren, für die damit eine neue Kom-fortsituation entsteht. So etwa durch kleine Hilfs dienste, die Silver AgerInnen der jüngeren Generation leisten können: Künftig ist es normalität, dass Ältere aus der nachbarschaft als Leihoma oder -opa einspringen, wenn die junge, berufstätige Familie von nebenan Hilfe bei der Betreuung der Kinder braucht. Der nutzen für Jüngere ist in diesem Falle die Entlastung im Spagat zwischen Familien- und Arbeitsleben. Entlastet werden sie aber auch bei der Versorgung der älteren Familienmit glieder: Die lokalen „wahlfamilien“ ersparen den oft entfernt lebenden Familien mitgliedern die Anreisen für kleine, aber notwen-dige Hilfestellungen im Alltag ihrer älteren Verwandten.

neue vieLfALt iM LeBen

unD BeiM WoHnen

In den vergangenen Jahren prägten stabile Lebensläufe und wenig unterschiedliche Lebensstile den Wohnungs-bau. Heute kaum vorstellbar, aber noch 1955 wurde in Deutschland die Gebäudetypologie „Ledigenwohnheim“ gebaut. Eine Art Übergangsstation, bis man endlich in das

„richtige“, familiäre Leben zog, sprich: in das eigene Haus oder die Familienwohnung. Dies hat sich radikal verändert.

Die „Multigrafie“ tritt an die Stelle des Standard-Lebens-laufs: Ausbildung, Arbeit, Heirat, Kinder, ruhestand, tod – die neuen Biografien kennen nicht mehr nur einen weg. Sie verlaufen entlang neuer Brüche, über Umwege und neuanfänge (siehe dazu genauer: „Lebensphasen-Modell“, Seite 20). wir sprechen heute immer häufiger von Lebens-abschnittsgefährtInnen anstelle lebenslanger Partner-schaft, Patchwork-Familien und Zweit- oder Dritt-hochzeiten sind schon lange kein tabu mehr.

In Zukunft ist das eigene wohnumfeld ein heterogener Mix aus unterschiedlichen Personengruppen und (wahl-)-Familienkonstellationen – der Mega trend genDer sHift, der die Geschlechterrollen neu ordnet, wirkt hier ein. Die neue Vielfalt des Lebens heißt auch, dass der An-teil an älteren Menschen steigt. Die Bevölkerung wird älter, aber sie bleibt länger gesund und aktiv und will integriert sein. Für die region Starnberg-AmmerSee heißt das: Durch die tatsache, dass die Mehrheit der Bevölkerung, die heute um die 50 Jahre alt ist, in 20 Jahren rentnerIn sein wird, muss bereits jetzt über flexible Infrastrukturen und Versorgungsmöglichkeiten, aber auch über Möglich-keiten des Engagements einer aktiven älteren Bevölkerung nachgedacht werden. Die neue Demografie wird die wohn- und Lebensräume der region verändern.

Der vieLfALt geHört

Die Zukunft

wir wissen aus der Forschung, dass funktionierende regionen heterogen sind, sich durch eine verdichtete Vielfalt auszeichnen. Eine Qualität, die auch für ein funk-tionierendes Begegnungszentrum gilt. Früher nannte man das „multikulturell“; ein Begriff, der vor einer re-naissance steht. Multikulturell meint vor allem die Vielfalt an Subkulturen und Lebensstilen – von der Mutter mit Kleinkind über Student Innen bis zu aktiven „Silver Ager-Innen“, von Lehrlingen in verschiedenen Branchen bis zu Migrant Innen aus unterschiedlichen Ländern. Sie alle haben unterschiedliche Bedürfnisse und Ansprüche an Begegnungs orte. Und sie alle können sie beleben.

Vielfalt und regionale Identität schließen sich damit nicht aus. Und so wie Zukunft immer Impulse von au-ßen braucht, braucht sie auch wurzeln. Das schließt die konzeptionelle Inklusion bestehender Strukturen (Stadt-bibliothek, Seniorenvereine, MigrantInnen-Beratungs-stellen etc.) ein, darf sich darin aber nicht erschöpfen. nur durch neue Impulse, durch unkonventionelle Kombina-tionen gerät auch in bestehende Institutionen Bewegung, die Zukunft ermöglicht.

neben situationsbezogen aktivierbaren nachbarschaft-lichen netzwerken gibt es auch formal strukturierte Gemein-schaften, die soziale Sicherheit schaffen. Schon seit Jahren gibt es Initiativen, die sich darum bemühen, lokale nach-barschaftsnetzwerke mithilfe von onlineplattformen und Apps zu organisieren und vor allem zu institutionalisieren. Hier zeigt sich die Kraft des Mega trends konnektivitÄt.

BEST PRACTICE Nebenan.de und WirNachbarn.com sind Beispiele für Plattform-Projekte aus den Jahren 2014 und 2015, über die das Leihen von Haushaltsgegenstände, Babysitting, Blumengießen, Einkaufsdienste, die Beglei-tung bei Arztbesuchen und sonstige nachbarschaftliche Hilfen organisiert werden können.

Andere Konzepte der organisierten nachbarschaftshilfe funktionieren über wohnlösungen: In Erlangen oder in Deventer in den niederlanden etwa gibt es wohnprojekte, in denen SeniorInnen und StudentInnen zusammenge-bracht werden – StudentInnen können günstig wohnen, während sie für die Älteren einkaufen, kochen oder sonstige Alltagshilfe leisten oder einfach nur zur Gesellschaft da sind.

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Best Practice: nebenan.de

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Zukunftsinstitut | gfw Starnberg mbH Trendszenario 1: Starnberg-AmmerSee als Wir-Region

BEST PRACTICE In Lübeck fördert die integrative Wohngemeinschaft „Sprungbrett“ gemeinsame wGs von StudentInnen und Menschen mit Behinderung. Das Modell projekt in einem Studentenwohnheim in Lübeck wird durch die Lüneburger Assistenz e. V. betreut, pädago-gisch begleitet und unterstützt. Die in der wG lebenden Studenten helfen ihren behinderten MitbewohnerInnen bei alltäglichen tätigkeiten und wohnen als Ausgleich für ihren Einsatz kostenfrei in der wohnung.

BEST PRACTICE Die Initiative „Wohnen mit Hilfe“ existiert bereits in mehreren Städten Deutschlands. Das Grundprinzip dieser Initiative ist, dass die Vermieter-Innen von ihren Mietern kein Geld erhalten, sondern Hilfe leistungen im Alltag, die variabel von beiden Parteien vorher vereinbart werden. Für die meisten

förderung von Alternativen zum klassischen Ein-familienhaus und Verdichtung durch mehrgeschossige Wohnbauten.

quintessenZ unD konsequenZ

für die Region Starnberg-AmmerSee

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Ausbau von integrativen Wohneinheiten, um der Vielfalt ein Zuhause zu geben, gemeinsam besser Services nutzen zu können. Schließlich sollen Optionen für eine alternde Bevölkerung geboten werden, möglichst lange im Verbund mit anderen Generationen zu leben.

förderung von initiativen, die die Gemeinschaft stärken – soziale Vereine, Gemeinschaftsgärten, Selbstversorger-initiativen.

in oberbayern gegründet. Dabei steht nicht der Profit im Vordergrund, sondern die realisierung von wohnraum als Gemeingut. Die Genossenschaft steht für selbstbestimmtes und nachbarschaftliches wohnen für Personen jeden Alters. neben Projekten zu nachbarschaftlichem wohnen, die unter dem Leitmotiv „mehr miteinander – als nebeneinanderher“ geführt werden, werden auch wohngemeinschaften für demenz kranke und pflegebedürftige Personen gegründet.

BEST PRACTICE Strategien, technologien und Konzepte, die es erlauben, bis ins hohe Alter in den eigenen vier wänden unabhängig und selbstbestimmt zu leben, schießen wie Pilze aus dem Boden. So verfolgt die Stiftung Altenwohnen der Stadt Zürich (SAW) das Ziel, alters-gerechtes wohnen in hochwertiger Architektur zu günstigen Preisen anzubieten. Diverse Maßnahmen fügen sich zu

einem großen Ganzen zusammen: Serviceangebote von der Einkaufshilfe bis zur häuslichen Pflege können je nach Bedarf gebucht werden. neubauten werden in zentraler Lage als ganzheitliche Generationshäuser gestaltet – inklusive Familienzentren und Serviceeinrichtungen wie wäschereien.

Programme gilt die Faustregel: Pro Quadratmeter be-zogenem wohnraum hat der Mieter/ die Mieterin eine Stunde Hilfe im Monat zu leisten. Hierunter fallen tätig-keiten wie Haushaltshilfe, Gartenpflege, Einkaufen und gemeinsame Spaziergänge oder Unternehmungen. In München gibt es bereits das Kooperationsprojekt

„Seniorentreff Neuhausen e. V.“, in dem ältere Menschen, die an Kontakt zur jüngeren Generation interessiert sind, ihren wohnraum Studierenden und Auszubildenden an-bieten. Die Student Innen leisten Mithilfe im Alltag der Senioren und müssen im Gegenzug keine Kaltmiete zahlen.

BEST PRACTICE Die MARO Genossenschaft für selbst-bestimmtes und nachbarschaftliches wohnen e. G. wurde 2012 als eine bürgergetriebene Genossenschaft für ge-meinschaftliche wohnformen für den ländlichen raum

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Zukunftsinstitut | gfw Starnberg mbH Trendszenario 2: Starnberg-AmmerSee als Region auf dem Weg zur Wert-Wirtschaft

Starnberg-AmmerSee als region auf dem weg zur

wErt­ wIrtSCHAFt

Trendszenario 2

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Quelle: Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut (HWWI),2013

Langfristprognose der jährlichen Entwicklung der Wirtschaftskraft (Bruttowertschöpfung)Jährliches Wirtschaftswachstum im und um den Landkreis Starnberg

LandkreisWeilheim-Schongau

Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen

LandkreisStarnberg

LandkreisMünchen

LandkreisFürstenfeldbruck

Landeshauptstadt München

LandkreisLandsberg am Lech

1,7 %

1,8 %

1,4 %

3,8 %2,3 %2,1 %

1,5 %

42 43

Zukunftsinstitut | gfw Starnberg mbH Trendszenario 2: Starnberg-AmmerSee als Region auf dem Weg zur Wert-Wirtschaft

Die Region der Zukunft ist ein Raum für neues Wirtschaften

Die durch die Mega trends gLoBALisierung und konnektivitÄt geprägte Weltwirtschaft wächst zwar weiter, aber deutlich langsamer. Das heißt nicht, dass Unternehmen nicht mehr wachsen können. Aber sie brauchen dafür neue Geschäftsmodelle, die nicht an der puren Verkaufssteigerung, sondern an der Problemlösung orientiert sind. Die Unternehmen der Shared Economy geben den Takt vor – der Mehrwert steht im Vordergrund.

Die Region der Zukunft setzt auf das Prinzip Kreislauf

Der Mega trend neo-ökoLogie beeinflusst die wirtschaft lichen Systeme immer stärker. Durch den stärkeren Einsatz von Technologie und Design wird das bisherige Paradigma der Knappheit und Endlichkeit der Ressourcen abgelöst. Das neue Denken: weg vom Verbrauch, hin zu ihrer idealen Nutzung. Das treibt wirtschaftliche Strategien an, die nicht mehr vom Effizienz gedanken getrieben sind, sondern von der Frage der Effektivität: Damit denkt man nicht mehr vom Produkt zum Müll, sondern kreislaufförmig, an eine Ressourcenverwendung in immer wieder neuem Kontext – es gibt keinen Abfall, alles ist Rohstoff. Kreislauf-wirtschaft verändert auch traditionelle wirtschaftliche Grundmuster: weg vom Verbrauch von Produkten, hin zu Nutzung und Leistung. Dazu passt, dass immer öfter Menschen die Produkte und Dienstleistungen mitge-stalten, oft in Netzwerken zur gemeinsamen Nutzung oder Produktion – sie werden Prosumenten.

Faktor Wert-Wirtschaft: Thesen zur

Zukunft Der region

fAkten fÜr Die region:

Zukunft

Bezüglich der jährlichen Entwicklung der wirtschaftskraft liegt der Kreis Starnberg bis ins Jahr 2030 im Vergleich mit den umliegenden Landkreisen vorne. (Siehe Grafik „Lang-fristprognose der jährliche Entwicklung der wirtschafts-kraft (Bruttowertschöpfung)“). Das ist erfreulich, allerdings sind in Europa und auch global die starken wachstumsra-ten aus Vorkrisenzeiten Geschichte, dem kann sich selbst die starke wirtschaft der region nicht entziehen. Zudem muss man auch das Bevölkerungswachstum mit einbe-ziehen. Das wachstum verteilt sich auf mehr Köpfe, es kommt also weniger wachstum bei der Bevölkerung an.

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Die region folgt einem gesamtwirtschaftlichen trend richtung dauerhaft schwacher wachstumsraten, der sich in modernen Volkswirtschaften schon länger ab-zeichnet. Die region muss also darauf achten, dass die wirtschaft gut wächst – qualitatives und innovatives wachstum als Alternative zu schnellem, linearem wachstum. Die Betriebe sind gut aufgestellt, sie können mit neuen Innovationsstrategien und Produktions-weisen noch stärker punkten.

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Quelle: Spiegel, Weltbank, Statistisches Bundesamt, 2016

Rate des Wirtschaftswachstums (in Prozent)Durchschnitt der jeweils vergangenen zehn Jahre

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2

4

6

8

10

USA

Japan

Frankreich

Deutschland

2014201020052000199519901985198019751970

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Zukunftsinstitut | gfw Starnberg mbH Trendszenario 2: Starnberg-AmmerSee als Region auf dem Weg zur Wert-Wirtschaft

Mit Werten WAcHsen

„wirtschaft“ muss morgen neu gedacht und gestaltet werden. Die traditionelle Fixierung auf permanentes wachstum wird abgelöst von neuen Strategien des „Genug“, die ganzheitlicher ansetzen und Ökonomie wie auch Öko-logie und Soziales in eine nachhaltige Balance bringen.

Ein wandel hin zu einem qualitativen wirtschafts-wachstum zeichnet sich ab – die wachstums- wird zur

„wert-wirtschaft“. Der im deutschsprachigen raum be-kannteste Postwachstumsökonom und wachstumskritiker, niko Paech, spricht sich an dieser Stelle für fünf essenziell wichtige Entwicklungsschritte aus: Entschleunigung und Entrümpelung durch Fokus auf wert schaffende wirt-schaftsformen mit maximalem gesellschaftlichem nutzen, Balance zwischen Selbst- und Fremdversorgung, Förde-rung der regionalökonomie, stoffliche nullsummenspiele sowie institutionelle Innovation.

Die Perspektive für Starnberg-AmmerSee als region der „wert-Schaffung“ und „wirtschaft von morgen“ findet sich in einem Kräftespiel diverser Mega trends wieder. Die durch die Mega trends gLoBALisierung und konnektivitÄt geprägte wirtschaft wächst zwar weiter, aber deutlich langsamer. Das heißt nicht, dass Unternehmen nicht mehr wachsen können – sie brauchen

dafür aber neue bzw. angepasste Geschäfts modelle. Der Mega trend neo-ökoLogie beeinflusst die wirtschaft-lichen Systeme immer stärker und vermag durch den intensiveren Einsatz von technologie und Design das bisherige Paradigma der Knappheit und Endlichkeit der ressourcen zumindest teilweise abzulösen.

Das neue Denken im Kampf gegen die alte wegwerfgesell-schaft: weg vom Verbrauch, hin zu idealer nutzung. Das weite Land verliert mit dem Mega trend urBAnisierung, aber regionen im Einzugsgebiet von Metropolen – die region Starnberg-AmmerSee gehört dazu – können gewinnen. Dabei erzeugen gLoBALisierung und konnektivitÄt insbesondere einen bedeutsamen Gegen trend – einen lokalen Gegen reflex. Die Glokalisierung als eine Synthese von Global und Lokal steht bei zunehmender „konnektiver globaler Geschwindigkeit“ für die Sehnsucht der Menschen nach Heimat und Lokalität, nach Überschaubarkeit, Zu ordnung und Besonderheit. Die region Starnberg- AmmerSee hat die Chance, gut zu wachsen statt nur viel –

„wert-Schätzung“ hieße in einer regionalökonomischen und regional politischen Übersetzung: die Unternehmen der wert-wirtschaft anlocken und fördern. Regionalisierung ist für eine funktionierende wert-wirtschaft unerlässlich.

innovAtion ist MeHr ALs

neuerfinDung

In der wert-wirtschaft werden die unternehmerischen Karten – zumindest teilweise – neu gemischt. Ganz neue Arten von Innovationen eröffnen mutigen Unternehmen ganz neue Märkte – und machen sie damit zu potenziellen transfor-mateuren von wirtschaft und Gesellschaft. wichtig an dieser Stelle ist jedoch: Innovation bedeutet eben nicht zwingend lediglich neue Produkte, Verfahren oder technologien.

„neuheit“ schließt nämlich auch die drei Innovationstypen Exnovation, renovation und Imitation ein – und genau das macht es für Unternehmen der wert-wirtschaft so spannend.

So gibt es zum einen die komplementäre Variante zum klas-sischen Innovationsansatz – die Exnovation. Innovation geschieht dabei durch Substitution. Die wert-wirtschaft konzentriert sich in solch einem Fall vor allem auf die Veränderung der wachstumsabhängigen, energie- und Co

2- intensiven Geschäftsmodelle. Die Energiewende

ist ein Parade beispiel für ein Exnovations-Großprojekt, substituieren die erneuerbaren Energien doch den Markt für die fossilen Energieträger. oder aber Carsharing- Modelle, welche durch Gemeinschaftsnutzung den Besitz eines eigenen Autos überflüssig machen, also exnovieren.

Eine weitere Sonderform der Innovation ist die Renovation. Dabei steht hier nicht die Erweiterung oder Verringerung von Handlungsräumen im Fokus, sondern bestehende Möglich keiten werden verlängert bzw. in ihrem Produkt-lebenszyklus erweitert. Am innovativsten ist in diesem Fall also die Bestands erhaltung. Beispiele wären das bereits be-kannte re-Manufacturing oder auch das re-Design von exis-tierenden Produkten. Auch der Maschinenbauer Caterpillar sorgt mit seiner Generalüberholungstechnik weltweit für Aufsehen; hier werden im großen Stil Materialien wieder-verwertet, recycelt und aufbereitet, die sonst auf der Deponie landen würden. Die Folge ist eine enorme reduktion von rohstoffbedarf, treibhausgasausstoß und Abfallaufkommen.

Schließlich gibt es noch die Imitation, welche Innovation durch reaktivierung herbeiführt. Dieser Innovationstyp greift auf in Vergessenheit geratene oder aus der Mode ge-kommene Lösungen zurück. Beispielhaft kann hier der Auf-schwung des Biolandbaus erwähnt werden, gab es doch vor 150 Jahren noch ausschließlich diese Art der Landwirtschaft.

Zwar ist es durchaus möglich, dass diese Innovationsty-pen nicht ausschließlich im rahmen des wert-wirtschaft- Paradigmas zum tragen kommen, doch entfalten sie sicherlich hier ihr größtes Potenzial. Das wiederum hängt von den jeweiligen Eigenschaften einer region und dem sich hier offenbarenden wirtschaftssystem ab.

exnovation

renovation

imitation

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Best Practice: Outstanding in the Field, Foto: Jan Hobbel, Flickr, CC BY 2.0

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MeHr Leistung –

Weniger verBrAucH

Unternehmen müssen sich immer häufiger mit der Frage auseinandersetzen: welche ökologischen und sozialen Problemlagen werden durch die eigenen Aktivitäten er-zeugt und gelöst? Im Hinblick auf die allgemein relevanten strategischen Handlungsoptionen auf dem weg zur wert-wirtschaft gewinnt dabei das Thema Suffizienz zu-nehmend an Bedeutung. Ziel ist es, durch eine absolute reduktion des Energie- und ressourcenverbrauchs unab-hängiger von linearem wachstum zu werden.

Kombiniert ein Unternehmen den Suffizienzgedanken dann noch mit der eigenen Positionierung in Marktnischen oder als Marktführer (d. h. Dominanz durch Preis oder Qualität), können nicht nur wettbewerbsbezogene risiken reduziert, sondern auch Gewinnmargen aufrechterhalten werden.

BEST PRACTICE Die Richard Henkel GmbH aus Forchten berg im Hohenlohekreis in Baden-württemberg beispielsweise setzt bei ihren Stahl- und Edelstahlmöbeln in erster Linie auf Stabilität und wertigkeit. So achtet man schon während des modularen Fertigungsprozesses auf die Langlebigkeit und reparaturfähigkeit der Produkte. Und so kommt es, dass das reparaturgeschäft zunehmend den neuverkauf ersetzt – Suffizienz und ressourcen-schonung garantieren dem Kunden qualitativ neuwertige Produkte zu deutlich günstigeren Preisen.

BEST PRACTICE Ein anderes Vorbild ist die Brauerei Neumarkter Lammsbräu aus neumarkt in der oberpfalz, welche sich auf die Herstellung ökologischer Getränke spe-zialisiert hat. Durch eine konsequente Entschleunigungs- und nischenpolitik wurde man Vorreiter im Bereich Bio-Bier und konnte so neue Branchenstandards setzen. Doch damit nicht genug: Durch den Fokus auf nachhaltigkeit und die Kooperation mit lokalen Lieferanten sorgte man für die höchste regionaldichte an Biobauern deutschlandweit.

Die region DigitALisieren

unD trAnsforMieren

Im Zeitalter der Digitalisierung wird räumliche Peripherie eher in Kauf genommen, als vom digitalen netz abge-schottet zu sein. Das gilt auch für die niederlassung von Unternehmen oder die Gründung von Start- bzw. Create-ups in der region. noch lässt der Breitbandausbau in Deutschland zu wünschen übrig, doch dieses Problem könnte sich bald durch den neuen Breitband-Standard 5G erledigt haben. Hier kann die region engagiert als trans-formator auftreten – starke Internetversorgung ist ein ent-scheidender wettbewerbsvorteil. Einen kompletten Spiel-film auf ein Smartphone zu übertragen wird dann eine Sache von wenigen Sekunden sein. neben wesentlich höheren Datenraten, extrem niedrigen Latenzzeiten und bis zu tausendfach höherer Kapazität soll der neue Standard auch um 90 Prozent weniger Strom je Mobil-dienst verbrauchen. 2020 soll der 5G-Standard eingeführt werden. Für die Zukunft einer region könnte dieses

„Lebens elixier der digitalen wirtschaft und Gesellschaft“ zum entscheidenden Faktor werden. Für alle regionen gilt: nur wenn die digitale Infrastruktur stimmt, kann sich eine region zum Magneten für Kreative transformieren.

MeHr-Wert unD

co-Working

Das Thema „wert“ bzw. „Mehr-wert“ spielt insbesondere bei der jüngst auf den Markt hereingebrochenen riesen-welle junger Unternehmensgründungen eine zentrale rolle. Die Start- und Create-ups als frische Marktteil-

nehmer dringen mit technologien, Managementverhalten und Vertriebs- und Marketingansätzen, die diametral ver-schieden zu denen der etablierten Unternehmen sind, auf den Markt. Entscheidend ist zuerst Akzeptanz und Verbrei-tung, dann Profitabilität. Create-ups agieren nicht mit klassischer Struktur und Hierarchie, sondern als offenes Labor mit dem Ziel der Erforschung neuer Geschäfts-modelle; dabei ist Profit zuerst nebensache. Für die etablier-ten Unternehmen ist das eine kulturelle Herausforderung, sie sollten sich frühzeitig offen mit diesen neuen Formen und Kulturen auseinandersetzen und von ihnen lernen.

Der Landkreis Starnberg ist ein Anziehungspunkt für Betriebe, wie Creative-Ups und kreative Existenzgründer, belegte man in der Studie „Kreative Klasse 2015“ doch den ersten Platz.

Der ideale raum zum Arbeiten für Kreative ist Co- Working als ein Zusammentreffen der Mega trends inDiviDuALi-sierung (in richtung neue wir-Kultur) und neW Work.

BEST PRACTICE Direkt in der Stadt Starnberg befindet sich ein Co-working Space, der als Bürogemeinschaft von Christine Plote ins Leben gerufen und Co- working-Arbeitsplätze bietet, die gemietet werden können. weitere Beispiele in der oberbayerischen Umgebung wären der Co-working-Bereich Heimat 2.0 in Bad tölz oder das Atelier Reismühle in Gauting, das sich derzeit eine Gemein schaft von 40 unterschiedlichen Künstler Innen teilt. Das Impact Hub in München bietet seinen Mitgliedern auf einer Fläche von 800 qm neben den teambüros auch einen Co-Creation-Bereich, ruhige Plätze für Konzen tration, einen Meeting- und Gemeinschaftsraum sowie ein Bistro.

BEST PRACTICE Ein weiteres Beispiel dafür, dass ge-meinsames Arbeiten nicht unbedingt ein gemeinsames unterneh me risches Dach braucht, ist Otelo, das offene technologielabor: otelo hat sich in einem alten Kloster im oberösterreichischen Gmunden einge richtet, in ehemaligen Schulräumen in Vorch dorf und in der Ex- Landesmusikschule in Vöcklabruck. An diesen orten bauen Menschen 3-D-Drucker, bieten Foto-workshops an, tauschen Gegenstände im „Kost-nix-Laden“ und kreieren Fernsehsendungen. Die offenen technologie labors setzen auf open Source statt Profitmaximierung. Sie be-stehen aus einer offenen werkstatt, in der werkzeuge und Geräte bereitstehen, einem workshop-raum für Seminare und treffen aller Art und einem offenen Kommunika-tionsbereich. otelo unterstützt vom ersten Bereitstellen von räumen bis zur Hilfe für etwaige Unternehmens-gründungen alle Schritte in diesen Prozessen.

regionALe unterneHMen

ALs „gLocAL PLAyer“

Der Mega trend gLoBALisierung lässt als Gegentrend Bewegungen zutage treten, die das regionale und Lo kale fördern: wenn Global auf Lokal trifft, entsteht Glokalisierung. Und damit gewinnen die „Glocal Player“ an Bedeutung, also regionale Unternehmen mit grenzüberschreitendem Marktanspruch, die aber in der region verwurzelt sind. Und genau hier liegt eine große Möglichkeit für die Ver-wirklichung der wert-wirtschaft: die regio nale Einbettung bzw. Verankerung und damit eine potenziell transformative gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen.

BEST PRACTICE Die Möbelmacher GmbH aus dem fränkischen Unterkrumbach ist ein regional und nach-haltig wert-wirtschaftendes Unternehmen, das seine region mitprägt. Zentrales Ziel ist die Förderung der regio nalen wirtschaftskreisläufe mit wertschätzender Produktion – zum einen durch ausschließliche Verar-beitung von Holz aus umliegenden wäldern und zum anderen durch das Angebot von Instandhaltungs- und reparaturdienst leistungen, um ausrangierten Möbeln in den zweiten Lebenszyklus zu verhelfen.

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Linearwirtschaft — Kreislaufwirtschaft

Rohstoff

Recycling

Linearwirtschaft

kreislaufwirtschaft Produktion

Gebrauch

Produktion Entsorgung

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BEST PRACTICE In der region Starnberg-AmmerSee gibt es interessante Beispiele dafür, die wert-wirtschaft entwickelt sich: Die Energie-Genossenschaft Fünfseen-land und die Gemeinde Seefeld etwa planen zusammen mit dem Holzfachhandel Peter Schlecht ein nahwärme-netz. Die wärme soll hierbei nur aus nachwachsenden regionalen rohstoffen entstehen, wodurch auch die Umwelt freundlichkeit dieses Projekts im Fokus steht.Seit 1999 bietet das Unternehmen Ulenspiegel Druck, das seinen Sitz in Andechs hat, Ökodrucke nach modernen Umweltstandards an. Ausgezeichnet wurde die Firma als einziger Druckereistandort in oberbayern mit dem EMAS-Zertifikat, dem weltweit anspruchsvollsten Umwelt- und Qualitätsmanagementsystem der Europäischen Union. Ulenspiegel hat sich seit seiner Gründung 1978 als Öko-druckerei zum Marktführer in Sachen ökologische Print-produktion entwickelt.

BEST PRACTICE regionalisieren muss nicht unbedingt Produktion heißen – das zeigt die Aktion regionale Küche. Der name „Outstanding in the Field“ ist ein wortspiel:

„outstanding“ bedeutet „hervorragend“, „outstanding in the Field“ also „aus dem Feld hervorragend“. Dahinter steckt ein gastronomisches Konzept, das das Prinzip regionalität auf die Spitze treibt: Anstatt die region in die Küche zu bringen, bringt es die Küche in die region. Auf Bauernhöfen, in Gärten, auf Berggipfeln oder am Strand wird ein langer tisch aufgebaut, auf dem dann ausschließ-lich Speisen aus der Gegend serviert werden. Zubereitet werden die lokalen Spezialitäten von einem Spitzenkoch aus der region. Hintergedanke ist, „eine neue Verbindung zwischen Speisen und dem Land ihrer Herkunft zu schaf-fen und den örtlichen Bauern und kulinarischen Kunst-handwerkern die Ehre zukommen zu lassen, die ihnen gebührt“. Bereits seit 1999 gibt es das Konzept in den USA, mittlerweile wird es längst auch in Asien und Europa prak-tiziert – in Österreich beispielsweise im weinviertel.

DAs PrinZiP kirscHBAuM:

ALLes ist nÄHrstoff

Für welche Strategie sich ein Unternehmen auch ent-scheiden mag – der Mega trend neo-ökoLogie ist eine bestimmende triebfeder der Zukunft und wird die wirt-schaftlichen Systeme einer region immer stärker beein-flussen. Das neue Denken: weg vom Verbrauch, hin zur idealen nutzung. Die wert-wirtschaft ist dabei nicht mehr vom Effizienzgedanken getrieben, sondern von der Fra-ge der Effektivität – man denkt nicht mehr vom Produkt zum Müll, sondern zirkulär bzw. kreislaufförmig. In einer Circular Economy gibt es keinen Abfall, sondern nur neue rohstoffe. Die Kreislaufwirtschaft verändert damit auch traditionelle wirtschaftliche Grundmuster: weg vom Ver-brauch von Produkten, hin zu deren nutzung und Leistung.

Das Cradle-to-Cradle-Konzept („von der wiege zur wiege“) als natur-inspirierte Praxisstrategie des permanenten Zurück führens verbrauchter ressourcen in den biologischen oder technischen Kreislauf findet auch in der regional-entwicklung immer häufiger Anwendung – hier treffen die Mega trends neo-ökoLogie und neW Work aufeinan-der und schaffen die Basis für ein neues wirtschaftsprinzip.

Michael Braungart, Pionier der Cradle-to-Cradle- Bewegung und Inhaber mehrerer Professuren in den nieder landen und Deutschland, illustriert den Grund gedanken anhand eines Beispiels aus der natur: Der Kirschbaum verhält sich nicht effizient, aber hocheffektiv. Im Frühling bringt er tausende von Blüten und Früchten hervor, ohne die weitere Blüte und reife der Kirschen zu belasten. Im Ge-genteil: Sie fallen zu Boden und werden zu nährstoffen. Cradle to Cradle geht nicht vom Sparen, sondern vom Grundsatz der nützlichkeit und des intelligenten Ver-brauchs aus. Statt den eigenen ökologischen Fußabdruck zu minimieren, soll ein positiver Fußabdruck hinterlassen werden. Produkte sollen so konzipiert werden, dass sie nur technische Dienstleistungen sind – also 3000-mal waschen bei der waschmaschine oder 25 Jahre Hindurchschauen bei den Fenstern. Die Leistung ist das Produkt, alles wird nährstoff und bleibt im Kreislauf. Ziel: nicht den Abfall an sich, sondern das Prinzip Abfall abzuschaffen.

BEST PRACTICE In Deutschland entfallen fast 60 Pro-zent des anfallenden Mülls auf die Bauindustrie, wes-halb hier auch ein enormes Potenzial liegt, Müll zu redu-zieren und ressourcen zu schonen. Genau das haben die Architekten von „PARTNERUNDPARTNER architek-ten“ erkannt und verknüpfen als Vertreter der Cradle-to- Cradle-Philosophie die Anforderungen von komplexen Bauaufgaben mit den Prinzipien von Cradle to Cradle. In der Automobilindustrie wird das Prinzip bereits ange-

wendet, angetrieben von Gesetzen und Verordnungen. Fahrzeuge werden so gebaut, dass sie, wenn sie nicht mehr benötigt werden, in ihre Einzelteile zerlegt und die roh-stoffe gut isoliert werden können. Eine Co

2-neutrale Mo-

bilität nach dem Cradle-to-Cradle-Prinzip wird bereits bei Audi als eine Vision verfolgt, die sowohl bei der Beschaf-fung, der Produktion, in der nutzungsphase als auch bei der Entsorgung der Fahrzeuge angewendet wird. Zudem engagiert sich Audi bei der Entwicklung und Produktion von regenerativen Kraftstoffen, den „Audi e-fuels“, die Co

2-

neutrale Mobilität ermöglichen sollen.

BEST PRACTICE Das südwestlich von Amsterdam gele-gene Gewerbegebiet Park 20|20 verinnerlicht diesen Ansatz

mit einem ganzheitlichen Konzept: Von der Landschafts-gestaltung über die energieoptimierte Architektur und die Versorgung aus nachhaltigen Energiequellen bis hin zum zentralen wasser- und Abwassermanagement erfüllt alles die Kriterien „von der wiege zur wiege“. Beispiels weise werden für den Bau der Gebäude nur C2C-zertifizierte Materialien verwendet – das heißt: reste können dem Produktionspro-zess wieder zugeführt werden, die Menge des eingesetzten Materials entspricht exakt dem Gewicht des Fertig produktes, und der Baustoff ist zu 100 Prozent recycelbar.

BEST PRACTICE Die niederländische Kleinstadt Venlo in der Provinz Limburg ist die erste Kommune weltweit, welche die Cradle-to-Cradle-Grundsätze auf

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Best Practice: Park 20|20, Foto: Park 20|20

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Zukunftsinstitut | gfw Starnberg mbH Trendszenario 2: Starnberg-AmmerSee als Region auf dem Weg zur Wert-Wirtschaft

regionaler Ebene adaptiert. BürgerInnen, Unternehmen und Verwaltungen gleichermaßen engagieren sich für eine transformation der region hin zu einer Ökonomie und Gesellschaft, die geprägt ist vom Gedanken der Öko-Effektivität. Vor allem der Greenport Venlo sorgt für Auf-sehen: Als zweitgrößtes Gartenbaugebiet des Landes ist er neben der Gebietsentwicklung auf Innovationen bei Produkten, Prozessen und Märkten im Food-Sektor aus-gerichtet. Dabei ermöglicht der Greenport Venlo eine ein-zigartige Zusammenarbeit zwischen UnternehmerInnen, Bewohner Innen, Forscher Innen, Bildungseinrichtungen und den Bewohnern in der Umgebung. nicht zuletzt des-halb geht es den Beteiligten auch um die Schaffung einer ansprechenden wohn- und Lebensumgebung und ganz-heitliche Gebietsentwicklung. Der Venlo GreenPark ist ein wichtiger selbstständiger teil einer Gebietsentwick-lung, für deren Umsetzung die Development Company Greenport Venlo (DCGV) verantwortlich ist. Die DCGV ist der größte Projektentwickler von Greenport Venlo und für dessen Entwicklung bezüglich der Lebens- und Geschäfts-umgebung als Ganzes verantwortlich.

in der Wirtschaft kommt es zu einer neudefinition der treibenden Faktoren wirtschaftlicher Entwicklung: Innovation wird remodelliert, Effektivität wird stärker betont, das Prinzip Ressourcen im Kreislauf tritt an die Stelle der herkömmlichen Abfolge Produktion – Verbrauch – Entsorgung.

quintessenZ unD konsequenZ

für die Region Starnberg-AmmerSee

ALte AreALe neu erfinDen

BEST PRACTICE Ein Vorreiter bei der Konversion großer Industrieareale, auch nach ökologischen Gesichtspunkten, ist das Projekt und Industriedenkmal Zeche Zollverein in Essen als erste und bislang einzige UnESCo-welterbe-stätte im ruhrgebiet. Zeche und Kokerei Zollverein werden seit 2001 zu einem lebendigen Kultur- und wirtschafts-standort entwickelt. Das Bergbau- und Industrieunter-nehmen rAG AG beispielsweise, das vor knapp 50 Jahren in Essen gegründet wurde, kehrt in die Stadt zurück und plant, seinen neuen Firmensitz bis 2017 auf dem Gelände der Kokerei zu errichten. Der Bau des Gebäudes orientiert sich an modernen nachhaltigkeitsstandards und wurde als ein Co

2-neutrales „Green Building“ konzipiert.

Klar ist: wirtschaftsregionen stehen in Zukunft im wettbe-werb um Unternehmen und Menschen gleichermaßen. wettbewerbsvorteile liegen hier eindeutig bei den regionen, die mit ökonomisch, ökologisch wie auch sozial nachhaltigen Gewerbegebieten punkten können. Für die region Starnberg-AmmerSee eröffnet sich hier eine große Chance: Auf der Suche nach dem passenden Standort

regional verankerte unternehmen sind vorreiter dieses neuen Modells der Wert-Wirtschaft. Die Region sollte Unternehmen, die mit der Kreislaufwirtschaft arbeiten oder andere innovative Methoden der Verbindung von Ökonomie und Ökologie anwenden, gezielt fördern.

Der für die Zukunft wohl bedeutendste infrastruktur-ausbau muss forciert werden: Beim Ausbau des 5G- Internetstandards kann die Region engagiert als Trans-formator auftreten.

co-Working spaces ausbauen: Das gibt Kreativen Raum zum gemeinschaftlichen Arbeiten und Entwickeln und festigt die Top-Position als Anziehungspunkt für die kreative Klasse.

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zählt für Unternehmen die Positionierung auf dem Markt samt Sicherung der reputation sowie der Kostensenkung für Umwelt und lokale Gesellschaft. Es wird darum gehen, qualitatives anstelle rein quantitativen wachstums in der region zu generieren.

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Zukunftsinstitut | gfw Starnberg mbH Trendszenario 3: Starnberg-AmmerSee als Ort wahrer Regeneration

Starnberg-AmmerSee als ort wahrer

rEGEnE rAtIon

Trendszenario 3

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Zukunftsinstitut | gfw Starnberg mbH Trendszenario 3: Starnberg-AmmerSee als Ort wahrer Regeneration

Die Region der Zukunft ist ein Raum für Gesundheit und Regeneration

Der Mega trend gesunDHeit erreicht eine neue Etappe zwischen Kultur und Kult um Geist und Körper. Gesund und fit zu sein wird immer mehr eine gesellschaftliche Aufgabe und ein Statussymbol des Einzelnen. Gesund-heitskultur rückt damit vom Gesundheitssystem ab. Dazu gehören „Free-from“-Konsum, per App selbst vermessene Körper, das spirituelle Momentum für die psychische Gesundheit und in den Alltag integrierte Bewegung – hier wirken auch die Mega trends konnektivitÄt und neo-ökoLogie. Der Sport braucht nicht unbedingt Geräte und Hallen – dafür den Körper als definiertes Sportgerät („Your body is your gym“).

Die Region der Zukunft ist vernetzt und achtsam

So wie der Mega trend inDiviDuALisierung sich Richtung neue Wir-Kultur weiterentwickelt, geht auch der Mega trend konnektivitÄt in eine neue Etappe. Wir erleben ein leises Abgehen von der totalen Vernetzung der „Always-on-Kultur“. Internet und Digitalisierung werden als gesellschaftliche Kulturtechnik gerade erst richtig gelernt – der neue Ruf nach Räumen des Rück-zugs und des Abschaltens gehört dazu. Achtsamkeit wird ein Schlüsselbegriff für die zukünftige Positionierung von Regionen. Die Region Starnberg-AmmerSee hat mit ihrer beeindruckenden Naturkulisse und ihrer Tradition als Region der Inspiration für KünstlerInnen und Kreative gute Voraussetzungen dafür – und sie kann so auch Talente anziehen. Denn je mehr sich die Wirtschaft in Netzwerken und kleineren Einheiten organisiert und je mehr Menschen von überall aus arbeiten können, desto mehr gewinnt Lebensqualität als Argument für den Arbeitsort. Im „War for Talents“ stehen nicht nur Unter-nehmen, sondern auch Regionen. Talent – ist dem Mega trend neW Work folgend - der wichtigste wirtschaftliche Treiber der Zukunft, nicht Technologie.

Faktor Regeneration: Thesen zur

Zukunft Der region

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Die ALWAys-on-geseLLscHAft

Auf DeM rÜckZug

rückzug tut gut – das ist das neue Credo einer Gesellschaft, die sich von der „konnektiven Geschwindigkeit“ der welt gestresst fühlt. Die Mega trends konnektivitÄt und gLoBALisierung schaffen die totale Verbundenheit von immer mehr Ländern, wirtschaftsräumen, Individuen, Kulturen in medialer Echtzeit. Die Menschen sind dauer-vernetzt mit der welt, können gleichzeitig an vielen ver-schiedenen orten präsent sein. Der Always-on- Zustand

cottAge-trenD:

entscHLeunigtes WoHnen

So ist der „Cottage-trend“ entstanden: die Stilisierung eines entspannten und unkomplizierten Lebens in ländlicher Umgebung, in dem Gärtnern und das Ein-kochen von Marmelade aus selbst gepflücktem obst zum Entspannungsritual wird.

Die region Starnberg-AmmerSee kann die Bedürfnisse nach einem Gefühl von Landschaftsidylle, Gemütlichkeit und Privatheit bedienen. Die ländlich geprägten teile der region haben die Chance, sich nicht nur als naher rück-zugs- und Genussort für MünchnerInnen zu positionieren sondern auch für ihre BewohnerInnen – eine andere Art von Kurzzeit-Erholung.

AcHtsAM ArBeiten

ist Besser ArBeiten

Auch die moderne Arbeit ist „mindful“: Laut einer Studie des world Green Business Council erhöht sich die Produk-tivität allein durch bessere Lichtverhältnisse um 23 Prozent. Zudem spielen Corporate-Health-Angebote wie gesundes Kantinenessen, Sport und Yoga am Arbeitsplatz, nutzbare Außenräume, wenn möglich mit Anschluss an die natur, eine immer wichtigere rolle für die Angestellten. BEST PRACTICE Um das wohlbefinden der Belegschaft zu steigern, wurden in den deutschen Audi-Werken neue Gruppenecken und Pausenräume mit einem innovativen Konzept entwickelt. Der variable Aufbau der räume wird an unterschiedliche Gegebenheiten und Anforderungen ange-passt. nahezu alle Komponenten lassen sich frei zusammen-stellen und austauschen. Das Ganze läuft nach dem Motto: Je angenehmer die Atmosphäre in den Pausenräumen ist, desto besser kann man sich regenerieren und in die nächste Arbeitsphase gehen.BMW hat in Abstimmung mit dem Betriebsrat ein „recht auf Unerreichbarkeit“ definiert. Die Beschäftigten von BMw sollen mit ihren Vorgesetzten Zeiten vereinbaren, in denen sie grundsätzlich nicht erreichbar sind.

wird aber auch von einer Vielzahl von Menschen als Stress und Zumutung empfunden, denn auch der Mega-trend inDiviDuALisierung fordert seinen tribut. Die hypermobile und permanent vernetzte Gesellschaft sehnt sich nach rückzugsmöglichkeiten – Achtsamkeit wird ge fordert. Die konnektiv Gestressten suchen Zeiten und räume, in denen sie nicht nur offline sein können, sondern vor allem „mindful“ und wieder sie selbst sein können.

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Best Practice: Andechser Natur, Foto: B. Mayer

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freiZeit: Die region ALs

entscHLeunigungsoAse

Die Sehnsucht der StädterInnen nach dem Land ist ungebrochen. Die Vorstellung vom Landleben ist oft romantisch verklärt. Ein Sehnen nach verloren gegan-gener Beschaulichkeit, genährt durch Kindheitserinne-rungen und werbung, das sich in urbanen Lebensstilen als Do-it-yourself-Praxis in Form von Gemeinschafts- Gardening und selbst eingekochter Marmelade wieder-findet. Hier wirken auch die Mega trends gesunDHeit und neo- ökoLogie – Essen mit Herkunft ist die Anti-these zu ungesunder industrieller nahrung, und der Bezug zur region stärkt Umwelt und nachhaltigkeit.

Local Design spielt in Zukunft eine große rolle: Der Aus-bau einer regionalen Identität mit regionalen Biolebens-mitteln und die Pflege einer lokalen Kultur im gewerb-lichen Stadtbild machen es möglich, regionale werte zu betonen, ohne auf die Vorteile der Globali sierung ver-zichten zu müssen.

BEST PRACTICE Das Unternehmen Andechser Natur entwickelte sich in den letzten 100 Jahren zur größten Bio-molkerei Europas mit rund 190 MitarbeiterInnen und 600 Milchlieferanten. Die Biomolkerei aus Andechs bezieht ihre Milch von umliegenden Biomilchbauern, welche die strengen Auflagen ihres Öko-Anbauverbandes, wie Bio-land, Demeter, naturland oder Biokreis, erfüllen. Die von den Bauernhöfen gelieferte Biomilch wird von Milchsam-melfahrzeugen in regionalrouten aufgenommen, die an-schließende Verarbeitung in Bio-Produkte erfolgt nach zertifizierten EU-Öko-Audit-Vorgaben.

Das Landhaus wird zum Sinnbild eines neuen Luxusver-ständnisses, in dem kreative Hausarbeit, Gärtnern und vor allem Zeithaben weit vor schicken Autos und teuren Designerklamotten rangieren. StädterInnen blättern gerne in Magazinen wie „Landlust“ oder kaufen von Bio-bäuerInnen aus der ländlichen Umgebung. Gleichzeitig

ist ein ländliches Umfeld in Stadtnähe begehrter wohn-

und Erholungs raum, der Lebens qualität verspricht. Und

hier punktet die region Starnberg mit großartiger natur

und einer gut ausge bauten Infrastruktur in der nähe einer

Großstadt.

BEST PRACTICE Ein Beispiel ganz in der nähe der

region ist das Kloster St. Alban: Zurück zur natur und in

die Spiritualität geht es in der Mönchszelle oder dem

Ayurveda Camp. Gesucht wird ein rückzug mit Sinn. „ora

et labora“ – körperliche Arbeit ist neben der spirituellen

Askese ein Grundsatz des Klosters St. Alban am Ammersee.

Arbeiten im Garten, spirituelle wanderungen oder tage der

Stille mit Anleitung ermöglichen die holistische regenera-

tion an einem einmaligen ort. Möchte man das Kloster

genauer kennenlernen, so ist man unter dem Motto „Kloster

auf Zeit“ während des gesamten Jahres dazu eingeladen,

dort einige tage zu verbringen und zu entschleunigen.

Zur Entschleunigungsregion gehören mehr Möglichkeiten

für sanfte Mobilität, weg vom Auto. Aktuell ist das Auto für

viele in der region unverzichtbar; nicht nur der Mega trend

neuer tourisMus: PoP-uP

unD cAMPen Mit gLAMour

Einen Anreiz für ländliche oder gemischt-urbane regionen geben temporäre Bespielungen von orten: So erzeugt die Kurzlebigkeit eines Pop-up eine reizvolle Exklusivität, ein trend, der aus dem städtischen raum auf Land und Um-land übergreift. Bei diesen Konzepten geht es um gewollte Verknappung und Kurzlebigkeit. Das Pop-up-Phänomen, in seiner bisher kurzen Entstehungsgeschichte meist für restaurants, Clubs und Einzelhandel angewendet, hat sich mittlerweile im breiten Markt etabliert. Das Gefühl der Exklusivität, vermittelt durch die temporäre Verknap-pung der nutzung, erlaubt es dem Kunden/ der Kundin, sich besonders zu fühlen. Menschen sind immer mehr interessiert an dem einmaligen und exklusiven Erlebnis, z. B. in einem mobilen Pop-up-Hotel.

„Glamping“ ist ein neuer trend, der aus dem traditionel-len Camping in naturnähe und freiheitlicher Atmosphäre ein glamouröses Luxuserlebnis macht: Angeboten werden

neo-ökoLogie, auch der in Zukunft höhere Anteil an Silver Ager Innen in der region sprechen für mehr sanfte Mobilität.

BEST PRACTICE Das kann man ändern, wie beim Projekt Sanfte Mobilität in Weißensee im österreichi-schen Kärnten. Die naturparkgemeinde weißensee ist aufgrund ihrer Landschaft sowohl im winter als auch im Sommer ein beliebtes Ausflugsziel. Durch die hohe Zahl an BesucherInnen entsteht jedoch auch eine starke Verkehrsbelastung. Um dieser entgegenzuwirken, ent-wickelten Gemeinde, naturpark und tourismus 2014 das Konzept „Sanfte Mobilität weißensee“. Dabei werden zahlreiche Maßnahmen getroffen, um das Verkehrsauf-kommen in der Gemeinde zu reduzieren und das Gebiet zu einem ökologisch orientierten Urlaubs- und Aus-flugsziel zu entwickeln. Ab einem bestimmten Punkt im natur park weißensee können nur noch unterschiedliche sanft-mobile Verkehrsmittel zur weiterfahrt verwendet werden, wie das naturpark-Shuttle, das Solarboot oder aus leihbare E-Fahrräder, Scooter oder Segways.

fest installierte Zelte oder zeltähnliche temporäre Bauten mit stilvoller Einrichtung, echten Betten, einer kompletten Küche, eigenem Bad mit frei stehender Badewanne und vielem mehr. Mittlerweile bieten viele Campingplätze das Glamping mit an, so etwa der Campingplatz ZEDA-no im ostseeheilbad Dahme. Vor allem die wachsende Ziel gruppe 50plus kann sich für diese komfortable Art des Campens begeistern.

BEST PRACTICE In Aachen entsteht derzeit ein Pop-up-Hotel in einer leer stehenden Kirche: Das „Hotel Total“ soll im Sommer 2016 für drei Monate seine Pforten öffnen und als urbanes Kulturhotel zum Vierteltreffpunkt und Gemeinschaftsraum für BürgerInnen und Gäste der Stadt werden. Im rahmen vergleichbarer Projekte wurden in Augsburg, wien und Amsterdam bereits ein leer stehendes Alten-, ein Pflegeheim und ein Verlagshaus zu attraktiven räumlichkeiten für Hotelgäste umgewandelt.

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Best Practice: Schlossgut Oberambach Biohotel

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Die region Mit HeiLkrAft

Mentale Gesundheit steht künftig voll im Fokus der Menschen und wird in jedem Lebensbereich relevant

– der Mega trend gesunDHeit definiert wohlbefin-den um fassend. Gesundheit wird zusehends zu einem Lebensprinzip und einem Statussymbol, in das viel investiert wird. Gesundheit ist nicht mehr eine Sache des Systems, die Menschen nehmen sie selbst in die Hand – in kritischer Distanz zum Ärzte- und Krankenhausbetrieb. Die Erwartung an einen gesundheitlich-mentalen Zusatz-nutzen von Architektur und Infrastruktur steigt. Das Um-feld soll regenerativ und gesundheitsfördernd wirken, um den Menschen einen Ausgleich in ihrem komplexen Alltag zu bieten.

„Heilende orte“ lautet das Stichwort – das Konzept vom klassischen Kurort wird davon abgelöst. Achtsamkeits-Gesundheit bedeutet einen psychosomatischen Hei-lungsansatz und fokussiert auf ganzheitliche Fithaltung und Prävention. In der Konsumwelt hält der Mega trend gesunDHeit längst nicht mehr nur im Lebensmittelbe-reich Einzug, sondern in sämtliche Alltagsprodukte bis hin zu Modeartikeln und digitalen Alltagsbegleitern. Gesund-

urLAuB, Der gesunD MAcHt

Andere Hotels haben sich ganz darauf spezialisiert, Urlaub als Heilung zu gestalten, bis hin zum präventiven Gesund-urlaub. Dazu gehört, dass nicht nur die Anzahl der Interes-senten an Gesundheitsurlauben zunimmt, sondern auch ihr Alter. wer heute älter wird, will gesund älter werden. Mehr und mehr gesunde Menschen wollen die Zeit des Urlaubs dafür nutzen, noch gesünder zu werden. Aktuell zeigt sich eine rückwärtsgerichtete neuausrichtung der existierenden Kurorte. Sie werden ein weiteres Mal um-strukturiert, um für privat finanzierte Aufenthalte attrak-tiver zu werden.

BEST PRACTICE Das Gesundheitszentrum Lanserhof Lans und der neu errichtete Lanserhof am Tegernsee sind Beispiele für die Verknüpfung von Erholung und Gesund-heit im Urlaub. Die Gäste können Angebote für Körper und Geist buchen – vom medizinischen Basisprogramm über die ganzheitliche Diagnostik bis hin zu Modulen wie dem

„Check-up“ speziell für Männer oder für den „re-Start“ bei drohendem Burn-out.

BEST PRACTICE Im La Pura, dem women’s Health resort im niederösterreichischen Kamptal, können die Gäste einerseits das klassische Programm eines resorts ge-nießen, wie die nutzung des Spa, Fitnessaktivitäten und die

„GourMed“-Vollpension, aber andererseits auch Angebote von „la pura med“ wahrnehmen. Hierbei handelt es sich um ein weites Spektrum von Anwendungen wie Entgiftung, Gewichtsreduzierung und gezielte Körperstärkung.

Gesundheit ist Luxus, und je stärker sie zum nach gefragten Gut wird, desto mehr werden KundenpatientInnen die gleichen Maßstäbe ansetzen wie in anderen Konsum-branchen auch. So sind medizinische Konsultationen als

„Freizeit-Aktivität“ künftig nichts Ungewöhnliches mehr. Medizintourismus – ob aus Kosten- oder Qualitätsgründen

– gehört ebenso zur Zukunft des medizinischen Alltags.

BEST PRACTICE Angebote in der region Starnberg-Am-merSee nutzen den Mega trend gesunDHeit: In Weßling existiert ein Gesundheitspark, der sich als Fitness- und

heit wird zum Kulturprinzip und neuen Statussymbol. Das macht sie zum treiber für neues Business in einer Vielzahl von Branchen.

Die region als heilende Kraft – das ist besonders für den tagestourismus interessant: „Daycationing“, Urlaub für einen tag, ist ein veritabler tourismustrend, denn kurze Zeitoasen zu genießen wird den Menschen in ihrem All-tag immer wichtiger. „Get away for a day“ – tageseintritte für Pool, Spa, Hotelrestaurant und Fitnessstudio haben viele Hotelketten mittlerweile etabliert; sie sind gerade im ländlichen raum attraktiv platziert. raus in die idyl-lische Landschaft fahren auch immer mehr Berufs-tätige, um dort in ruhe nicht nur etwa in Co-working Spaces zu arbeiten – sie nutzen auch als Einzelper sonen oder für Meetings gerne die Möglichkeit, in Hotels in einer relaxten Umgebung zu arbeiten. Die Marriott-Kette bietet schon länger die Möglichkeit, Hotelzimmer stunden weise zum Arbeiten zu mieten, westinn stellt mit

„tangent“ innovativ ausgestattete räume für spontane Kreativ-Meetings zur Verfügung.

sPort WirD neu Definiert

wo es um Gesundheit geht, geht es auch um Fitness. Sport verbindet sich aber nicht nur mit dem Thema Gesundheit, sondern auch mit dem neuen Gedanken von Achtsam-keit, Mindness und Lebensqualität. Sport und Bewegung sind also nicht temporär befristet und auf die Freizeit be-schränkt, sondern Bestandteil des funktionierenden All-tags. Der trendbegriff dafür: Sportivity. Diese neue Sicht wird es sein, die die Bedürfnisse der KonsumentInnen in den kommenden Jahren massiv prägen wird. Sportivity heißt individualisierter Erfolg in der Gemeinschaft, ganz gleich, ob es die Social-Media-Ebene, der Lauftreff oder das Fan- Miteinander ist. Hier wirkt der Mega trend konnektivitÄt – sport liche Leistungen werden mit anderen digital geteilt. Auch die Selbstvermessung und

-optimierung durch diverse Apps für Laufleistung, Schritte etc. wird dadurch befeuert.

Sportivity generiert neue Sportarten, genauso wie plötzlich Bewegungsformen Anerkennung erfahren, die noch vor Kurzem nie als Sport akzeptiert worden wären. Beispiels-

Gesundheitsanbieter versteht. Dieser Gesundheitspark schreibt es sich auf die Fahnen, Fitness, wellness und The-rapie zu vereinigen und zudem mit Sportwissenschaftlern, Physiotherapeuten, Kurs- und Servicekräften sowie einem netzwerk aus ÄrztInnen und Heilpraktiker Innen zusam-menzuarbeiten. Im Biohotel Oberambach in Münsing am Starnberger See stehen den Besucher Innen des Hotels, das von 50 Hektar wald und wiesen umgeben ist, neben well-ness- und Sportbereichen auch gesundheitliche Angebote wie ein Vitalzentrum mit Heilpraktiker Innen, Therapeut-Innen und KosmetikerInnen zur Verfügung.

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Best Practice: Mundräuber-Radtour, Foto: Mundraub

Best Practice: 4Fcircle von Playparc

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Zukunftsinstitut | gfw Starnberg mbH Trendszenario 3: Starnberg-AmmerSee als Ort wahrer Regeneration

weise ein waldspaziergang, der nicht nur gesundheits-fördernd wirkt, sondern bei vier Kilometer Strecke nicht wesentlich weniger Kalorien verbraucht, als wenn das Ganze joggend zurückgelegt wird. Auch das Fahrradfahren hat sich längst vom Fortbewegungszweck zum Sportzweck gewandelt. Bike-Stationen werden genauso gerne genutzt wie das Angebot von lokalen Unterkünften, Fahrräder zu leihen. Punkten können regionen dort, wo sie nicht nur ein gutes wegenetz anbieten, sondern noch ein paar Extras einbauen.

BEST PRACTICE Die Strecke der „Mundräuber- Radtour“ im niedersächsischen Hasetal wird von etwa zweitausend öffentlichen obstbäumen gesäumt. Diese weisen den radlerInnen nicht nur den weg, sondern laden zum rasten und Auftanken ein. Der Mundraub ist nicht nur legal, sondern erwünscht und wird durch Bänke und räuber leitern erleichtert. Interessierte UrlauberInnen können an Baumschnittkursen oder informativen touren teilnehmen und natürlich Hasetal-Produkte erwerben. wer möchte, kann sogar obstbaumpate werden. Die Kultur-landschaft wird zur Basis des ortsgebundenen Erlebnisses.

BEST PRACTICE Sport muss ein Angebot für alle Ge-nerationen sein, entsprechend dem Modell der neuen Lebens phasen und Multigrafie (s. Seite 20) – jeder Lebens-phase ihr Angebot. Beispiele aus der region zeigen, dass

„Naturgesund“ ein gelebter Markenwert ist: Der Verein TSV 1880 Starnberg sieht sich als Sportanbieter für die ganze Familie und bietet dementsprechend sowohl eigene Kurse für SeniorInnen und ältere Menschen an, die unter dem Motto „Fit in jedem Alter“ laufen, als auch spezielle Kurse für Kinder und Jugendliche. Eine Möglichkeit für ältere und jüngere Personen, gemeinsam sportlich aktiv zu sein, bieten sogenannte Mehrgenerationen-Sport- und Spielparks. Ein solcher vielfältig nutzbarer Bewegungs-raum für Menschen unterschiedlichen Alters existiert im Kustermann-Park in Tutzing. Hier können Großeltern und ihre Enkelkinder zusammen ihr Gleichgewicht und ihre Beweglichkeit trainieren.

einigen Jahrzehnten. neue Konzepte sind Ganzkörper-work-outs im Freien, „trainingsgeräte“ sind das eigene Körpergewicht und Hindernisse, die auf der Strecke liegen

– Bänke, Geländer, treppen.

BEST PRACTICE In Basel in der Schweiz sind so-genannte Wickelfische Alltag: Schwimmsäcke, in denen die trockene Straßenkleidung verstaut, dann um den Körper geschnallt und zum Schwimmen in den rhein mit-genommen werden kann. Am Ende des Baseler rhein-abschnitts angekommen, sind die Kleider trocken, der Beutel kann klein zusammengerollt und wiederverwendet werden. Die Idee des wickelfisches wurde schnell von anderen Anbietern übernommen, und so gibt es bereits verschiedene Modelle für das Badevergnügen.

BEST PRACTICE In der dänischen Kleinstadt Roskilde dient ein Überflutungsbecken, das bei Hochwasser vor Überschwemmung schützt, gleichzeitig als Skatepark.

BeWegung DArf

ÜBerALL sein

Die Möglichkeit, überall und jederzeit Sport zu treiben, wird von den Menschen geradezu eingefordert. Und zwar nicht nur in Form von Fitnessstudios um die Ecke oder in jedem Hotel, sondern auch in der Architektur von Stadt und Land. Der Ad-hoc-Sportler will jederzeit Zugang haben zu Sportmöglichkeiten, und er will am liebsten auch die Möglichkeit haben, den Sport zu einem Erlebnis zu machen. Öffentliche Duschen, Spinde und Umkleide-kabinen für JoggerInnen sind da nur eine weitere Idee, um die Flexibilität für SportlerInnen zu erhöhen.

Im Prinzip muss so gut wie jede von Menschen erschlossene Fläche auch die Möglichkeit bieten, dass Be-wegung an, in oder auf ihr möglich ist. waren einst vor allem Kinder und Jugendliche hier Zielgruppe und Ansprech partnerInnen, sind es heute Konzepte, die gene-rationsübergreifend passen müssen. Die Entwicklung der letzten Jahre hat gezeigt, dass klassische Sportstätten häu-fig nicht mehr in dem Maße genutzt werden wie noch vor

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Zukunftsinstitut | gfw Starnberg mbH

Die Möglichkeit, gesundheit zu tanken, wird zum Angebotsmerkmal. Orte werden gesucht, die ein Heilungsversprechen haben – für die körperliche oder die spirituelle Ebene.

Die region starnberg-Ammersee hat – auch aus ihrer tradition heraus – die chance, mehr zu bieten als den schnellen Ausflug zum See. Für die konnektiv Ge stressten des Landkreises und aus dem Großraum München kann sie die Region sein, die Achtsamkeit mit sinnstiftender Aktivität verbindet.

Dazu müssen mehr touristische Angebote mit medi-zinischen services verbunden werden, genauso wie authentische Gastronomie mit Produkten aus der Region mit Sport- und Bewegungsräumen. Die Region hat die Chance zur Positionierung als Ort der Regeneration, des Auftankens und als eine Aktivregion.

quintessenZ unD konsequenZ

für die Region Starnberg-AmmerSee

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Von den 445 Metern Kanal sind 110 Meter aus Beton und bieten damit perfekte Voraussetzungen für geübte SkaterInnen. Der rest ist asphaltiert und für Anfänger-Innen geeignet. Doch nicht nur die BoarderInnen haben hier ihren Spaß, am rand gibt es trampolins und andere Bewegungsgeräte.

BEST PRACTICE Auch das 4Fcircle-Konzept von Playparc füllt diese Lücke. In seiner Idee des Bewegungs-konzepts spricht der Anbieter von Fitness-Parcours genau jene KundInnen an, die spontan eine Bewegungseinheit

zur Zustands regulierung und zum Energietanken ein-bauen möchten. Die Abdeckung an 4Fcircle-Parcours ist bereits recht beachtlich, es gibt sie auch in regionen jen-seits der Großstädte – etwa im Kurpark in Bad wörishofen.

wo sich Menschen nicht von selbst gerne bewegen, ist es für eine region gerade mit vielen älteren Menschen klug, die Infrastruktur so einzurichten, dass die älteren Menschen in ihrem wunsch nach Fitsein im Alter unter-stützt werden – sei es auch, ohne dass sie es merken.

Heute stark – morgen erstklassig. Das ist das Ziel der region Starnberg-AmmerSee für die Zukunft. Die Latte liegt also hoch, aber es ist auch sehr viel Sprungkraft da, und: nur wer sich hohe Ziele steckt, erreicht sie auch. Aus-gehend von Daten zum aktuellen Status und Prognosen für die region, zeichnet diese Studie Perspektiven und Szena-rien auf – für die gesellschaftliche und wirtschaftliche Ent-wicklung ebenso wie für die Entwicklung als Lebens- und Erholungsraum und beantwortet damit die im Vorwort gestellten Fragen. Das Zukunftsinstitut wendet dabei die Methodik der Mega trends an und leitet daraus ab, welche der großen trends besonders auf die region wirken. In einem Modell der neuen Lebensphasen wird eine weiterentwicklung des traditionellen Verlaufs Kindheit/Jugend, Erwerbsphase und Alter/rente gezeichnet – mit neuen Phasen wie „Postadoleszenz“ für die Phase vor Karriere und Familiengründung oder „Zweiter Aufbruch“ und „Un-ruhestand“ für die zweite Lebenshälfte. Aus Bio-grafien werden Multigrafien. Gesellschaft: Die Eingangs gestellte Frage „wie lässt sich die Balance halten in der region – zwischen Genera tionen, sozialen Schichten, Einheimischen und Zuzüglern?“ wird mit dem ersten Szenario beantwortet: Die region wächst. Die Zahl der EinwohnerInnen wird zunehmen – durch-aus typisch für das Einzugsgebiet von Metropolen wie München. Ihre Bevölkerung wird sich verändern – in der Zusammensetzung (weiterer Zuzug durch v. a. Binnen-wanderung), bei der Altersstruktur (ein höherer Anteil von älteren Menschen, die aber auch länger gesund, aktiv und integriert sein wollen) und bei der Vielfalt der Lebensent-würfe, der Formen des Zusammenlebens und wohnens. Die nachfrage nach wohnfläche wird weiter steigen – die Herausforderung ist, das Angebot leistbar zu gestalten und Alternativen zum klassischen Einfamilienhaus zu fördern. Wirtschaft: Das Szenario 2 findet Antworten auf die fol-genden Fragestellungen: wie können Innovationsgeist und

Investitionsbereitschaft der Unternehmen optimal für die wirtschaftskraft der region genutzt werden? wie kann die regionale wirtschaft nicht nur ihre Produktivität weiterent-wickeln, sondern auch ihren Umgang mit ressourcen effizi-enter machen? wie kann sie qualitativ wachsen, auch wenn die globale wirtschaft schwächer wird? Die wirtschaft der region wird weiter wachsen, allerdings wird das gesamt-wirtschaftliche Umfeld schwieriger. Das wachstumsniveau aus der Zeit vor der globalen Finanzkrise kann nicht mehr erreicht werden, selbst die großen wachstumsmotoren der welt wie China setzen sich moderate Ziele. Es geht aus Sicht der region also um eine weiter entwicklung der wirtschaft und um qualitatives statt rein lineares wachs-tum. Dazu gehört ein neuer Umgang mit rohstoffen und ressourcen, der sich unter „Verwerten statt Verbrauchen“ am knappsten zusammenfassen lässt.

wenn „wert-schätzend“ die zentrale Botschaft der region ist, dann gilt für die wirtschaft: „wert-schaffend“ zu sein.Eine Stärkung des produzierenden Sektors ist die Perspek-tive. Die Voraussetzungen sind gut: Die Betriebe sind stark verankert in der region und bereit, zu investieren. Lebens- und Erholungsraum: Antworten auf die Frage

„wie können die natürlichen ressourcen dazu beitragen, dass die region ein ort des Krafttankens und der regene-ration ist und bleibt?“ gibt das Szeanrio 3. Die region kann nicht nur ein ort der Erholung, sondern auch der wahren regeneration werden. Metropolregionen wie München sind Zentren einer Always-on-Gesellschaft, die gleich-zeitig nach Achtsamkeit strebt. Zudem zeigen die trends in richtung eines neuen, umfassenden Verständnisses eines gesunden Lebens – dazu gehören ausgleichende Be-wegung als teil des Alltags und Auszeiten zum (wieder-)Gewinnen körperlicher und seelischer Energie. Dieses Be-dürfnis gilt für Gäste der region genauso wie für ihre Ein-wohnerInnen. Die region hat die Verbindung von natur und Gesundheit als wert erkannt und formuliert, darin liegt auch das Zukunftspotenzial.

Drei Szenarien mit

ZUKUnFt

Zusammenfassung:

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… als Wir-region

starnberg-Ammersee

… als region auf dem Weg zur Wert- Wirtschaft

… als ort wahrer regene ration

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Zukunftsinstitut | gfw Starnberg mbH

Traditionsreich

Naturgesund

Privilegierte Lage

Geistreich

Erfinderisch

Erstklassig

Märchenhaft

Trendszenario 1

Trendszenario 3

Trendszenario 2

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Raum für Ihre Notizen und Gedanken

BildquellenverzeichnisS. 6 Nico Kaiser, Flickr, CC BY 2.0S. 24-25 eflon, Flickr, CC BY 2.0S. 38-39 Eric Bailey, pexels.com, CC 0S. 50-51 DigitalCat, Flickr, CC BY 2.0

coverfotoStarnberger Fünf-Seen-Land, Flickr, CC BY SA 2.0

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Zukunftsregion Starnberg–AmmerSeePerspektiven und Szenarien

Die Erstellung der Studie wurde vom Konversions-management der gfw Starnberg mbH beauftragt und

wird gefördert durch den Freistaat Bayern vom: