XCP on FlexRay · für den PC-gestützten Master. Während der Steuergeräte-Kalibrierung über...

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ENGINEERING TOOLS l AUTOMOTIVE 7-8.2008 l 65 A b 2009 setzt Audi in der nächsten Generation sportlicher Luxuslimousinen den FlexRay-Kom- munikationsbus ein, da dieser im Vergleich zu CAN eine wesentlich höhere Bandbreite von 10 Mbit/s bietet. Viele elektronische Fahrwerks- und Fahrerassis- tenzsysteme werden an das deterministische und zeit- gesteuerte Bussystem angeschlossen. Für die Audi Ent- wickler bedeutet diese Entscheidung die direkte Para- metrierung mehrerer tausend Parameter verschiedener Steuergeräte über einen AUTOSAR FlexRay-Stack. Gegenüber CAN lassen sich mit XCP on FlexRay mehr als doppelt so viele Messwerte gleichzeitig erfassen. Außerdem können große Datenmengen schneller über- tragen werden. XCP on FlexRay Die Parameter eines Regelalgorithmus lassen sich nur be- dingt mit einem Labormodell bestimmen. Während die Al- gorithmen der Funktionen fest im Steuergeräteprogramm enthalten sind, werden Parameterwerte wie Kennfelder, -li- nien und -werte erst durch Messungen am Prüfstand und in Fahrerprobungen erfasst und optimiert. Die Audi Ingenieure stimmen im Rahmen der Steuergeräte-Kalibrierung die Fahr- werksysteme und Assistenzsysteme ab und laden die Para- metersatzdateien dann in den Applikationsspeicher der Steu- ergeräte. Um Steuergeräte über den gesamten Entwicklungsverlauf – unabhängig von Hersteller oder eingesetztem Bussystem – von einem einzigen Master aus zentral und über eine ein- XCP on FlexRay bei Audi AUTOSAR-KOMPATIBLE XCP-SOFTWAREMODULE FÜR FLEXRAY-STEUERGERÄTE Um die Parameter der FlexRay-Steuergeräte abzustim- men, kalibriert Audi diese über XCP on FlexRay. Eine Anforderung war dabei die AUTOSAR-Kompatibilität der XCP Embedded Softwaremodule im Steuergerät. Vector Informatik passte dazu sowohl die XCP-Master- als auch die Slave-Software an und ermöglichte den Ingol- städter Elektronikentwicklern die effiziente Messung und Kalibrierung dank einer dynamischen Zuordnung der XCP-Bandbreite für FlexRay.

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Ab 2009 setzt Audi in der nächsten Generationsportlicher Luxuslimousinen den FlexRay-Kom-munikationsbus ein, da dieser im Vergleich zu

CAN eine wesentlich höhere Bandbreite von 10 Mbit/sbietet. Viele elektronische Fahrwerks- und Fahrerassis-tenzsysteme werden an das deterministische und zeit-gesteuerte Bussystem angeschlossen. Für die Audi Ent-wickler bedeutet diese Entscheidung die direkte Para-metrierung mehrerer tausend Parameter verschiedenerSteuergeräte über einen AUTOSAR FlexRay-Stack.Gegenüber CAN lassen sich mit XCP on FlexRay mehrals doppelt so viele Messwerte gleichzeitig erfassen.Außerdem können große Datenmengen schneller über-tragen werden.

XCP on FlexRay Die Parameter eines Regelalgorithmus lassen sich nur be-dingt mit einem Labormodell bestimmen. Während die Al-gorithmen der Funktionen fest im Steuergeräteprogrammenthalten sind, werden Parameterwerte wie Kennfelder, -li-nien und -werte erst durch Messungen am Prüfstand und inFahrerprobungen erfasst und optimiert. Die Audi Ingenieurestimmen im Rahmen der Steuergeräte-Kalibrierung die Fahr-werksysteme und Assistenzsysteme ab und laden die Para-metersatzdateien dann in den Applikationsspeicher der Steu-ergeräte. Um Steuergeräte über den gesamten Entwicklungsverlauf –unabhängig von Hersteller oder eingesetztem Bussystem –von einem einzigen Master aus zentral und über eine ein-

XCP on FlexRay bei Audi

A U T O S A R - K O M P A T I B L E X C P - S O F T W A R E M O D U L E F Ü R F L E X R A Y - S T E U E R G E R Ä T E

Um die Parameter der FlexRay-Steuergeräte abzustim-

men, kalibriert Audi diese über XCP on FlexRay. Eine

Anforderung war dabei die AUTOSAR-Kompatibil ität der

XCP Embedded Softwaremodule im Steuergerät. Vector

Informatik passte dazu sowohl die XCP-Master- als

auch die Slave-Software an und ermöglichte den Ingol-

städter Elektronikentwicklern die effiziente Messung

und Kalibrierung dank einer dynamischen Zuordnung der

XCP-Bandbreite für FlexRay.

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heitliche Schnittstelle zu kalibrieren, ist ein standardisiertesMess- und Kalibrierprotokoll erforderlich. ASAM (Associationfor Standardisation of Automation and Measuring Systems)hat hierfür als konsequente Weiterentwicklung von CCP(CAN Calibration Protocol) im Jahr 2003 das universelleMess- und Kalibrierprotokoll XCP definiert [1]. Die Kommu-nikation durch XCP erfolgt nach dem Master-Slave-Prinzip.Als Slave dient ein XCP-Softwaremodul, das in jedem zu ka-librierenden Steuergerät integriert wird. Größter Vorteil desXCP-Protokolls ist eine Trennung von Transport- und Proto-kollschicht. Die Protokollschicht ist bei allen Bussystemen,egal ob CAN, FlexRay, Ethernet oder SPI/SCI, gleich. Seit Fe-bruar 2006 ist die Version 1.0 der Transport-Layer-Spezifika-tion für „XCP on FlexRay“ von ASAM offiziell freigegeben.Das Audi Entwicklungsteam arbeitete bereits in früherenCAN-Projekten mit XCP und CANape, dem Allround-Tool derVector Informatik GmbH für Messen, Kalibrieren und Diag-nose von Steuergeräten (Bild 1). Seit 2005 verfügt das MCD(Measurement Calibration and Diagnostics) -Tool über eineXCP on FlexRay-Schnittstelle. Audi legte Wert darauf XCP-Master (CANape) sowie die Protokoll- und Transport-LayerSoftwaremodule für XCP on FlexRay von einem Lieferantenzu beziehen.

XCP-Einbindung im AUTOSAR-ModellDie XCP-Softwaremodule wurden von Audi in Steuergerä-te unterschiedlichster Zulieferer integriert. Auch nach derKalibrierung sollen die XCP-Softwaremodule in den Steuer-geräten weiter verfügbar bleiben. Daher sind für die Soft-waremodule eine effiziente Speichernutzung und geringeLaufzeit unabdingbar; zudem sollten sie AUTOSAR-kompa-tibel sein. Diese Anforderung setzte Vector beim XCP Trans-port Layer um, damit er direkt über den PDU-Router auf denAUTOSAR Kommunikations-Stack (FlexRay oder CAN) auf-setzt (Bild 2). Bei der Integration erfolgt die Konfigurationder beiden XCP-Softwaremodule mithilfe des Konfigura-tionswerkzeugs GENy und einer Netzwerkbeschreibungs-datei im FIBEX-Format.

Dynamische Verwaltung der FlexRay-BandbreiteAus der geforderten AUTOSAR-Kompatibilität der XCP onFlexRay Softwaremodule ergeben sich spezielle Aufgabenfür den PC-gestützten Master. Während der Steuergeräte-Kalibrierung über FlexRay tauschen XCP Master und SlavesFlexRay-Botschaften (Frames) aus. Diese enthalten Com-mand Transfer Objects (CTO), die nur Steuerbefehle ent-halten oder Data Transfer Objects (DTO) mit Mess- oder Sti-muli-Daten. Wird ein solches XCP-Objekt zum Master über-tragen (Bild 3), übergibt der „XCP Transport Layer“ dieDaten an den PDU-Router und somit an das „FlexRay Inter-face“. Auf Grund der AUTOSAR-Kompatibilität muss dieseÜbergabe in der Form eines AUTOSAR-konformen PDUs(Protocol Data Unit) erfolgen. Weil der PDU aus dem XCP-Modul stammt, wird er XCP-PDU genannt. Das FlexRay

Interface vervollständigt das emp-fangene XCP-PDU mit eigenen spe-zifischen Informationen in der Formeines PCI Headers (Protocol ControlInformation) und bildet somit ein L-PDU (Data Link Layer PDU), derwiederum dem „FlexRay Driver“weitergeleitet wird. Auf diese Artund Weise vervollständigt jedes be-teiligte Softwaremodul die ihmübergegebenen Daten mit modul-spezifischen Informationen, die derRekonstruktion der Daten beimEmpfänger dienen. Am Ende derKette überträgt der FlexRay-Control-ler innerhalb eines FlexRay Slots(Zeitfenster) die XCP-Daten alsFrame. Gemäß der XCP-Spezifika-tion dürfen diese Frames aus-schließlich XCP-Daten enthalten.Deshalb werden in der systemüber-

Bild 1: Als XCP on FlexRay Master misst und verstellt CANape

einzelne Knoten direkt über FlexRay. © automotive

Bild 2: Integration der Vector XCP-Softwaremodule in einer AUTOSAR 3.0

kompatiblen Anwendung. © automotive

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greifenden FIBEX-Netzwerkbeschreibungsdatei einige Slots im FlexRay Sche-dule ausschließlich für XCP-PDUs reserviert und nicht mit Applikations-PDUskombiniert.Für die Steuerbefehle (CTOs) reichen dank der Slave-bezogenen Knoten-adresse (Node Adress for XCP, NAX) zwei einzelne XCP Slots für alle Steuer-geräte aus. Der genaue Umfang der für die Mess- oder Stimulidaten benötig-ten DTOs hängt von der aktuell durchgeführten Messung ab und kann im ge-samten Verlauf einer Kalibrierung stark variieren. Damit variiert auch für jedesSteuergerät der Bedarf an XCP Slots. Damit die Audi Ingenieure die XCP-Daten mehrerer Steuergeräte mit der limi-tierten Anzahl an verfügbaren XCP Slots effizient übertragen können, ist es er-forderlich, die verfügbare Bandbreite zur Laufzeit flexibel allen betroffenenSteuergeräten zuzuteilen. AUTOSAR erlaubt es allerdings nicht, den „FlexRayDriver“ zur Laufzeit umzukonfigurieren. Daher werden in der Integrationspha-se die „FlexRay Driver“ so konfiguriert, dass alle XCP Slots allen Steuergerä-ten zugewiesen sind. Gleichzeitig wird die XCP-PDU/L-PDU/XCP Slot Zuord-nung im Slave festgelegt (Bild 3). Als Resultat steht am Ende der Konfigura-tion für jeden einzelnen XCP-Puffer ein eindeutiger XCP Slot im FlexRay Sche-dule zur Verfügung. Um die erforderliche Flexibilität zu erreichen, wird auf XCP-Ebene durch den XCP-Transport-Layer-Befehl „FLX_ASSIGN“ vor jeder Mes-sung die Zuordnung der XCP-Puffer zu den L-PDUs (bzw. FlexRay Slots) ange-passt (Bild 4). Wichtig ist dabei, dass alle betroffenen Steuergeräte bei derSoftwareintegration mit den maximal verfügbaren XCP Slots konfiguriert sind.Dies führt zu der gleichen Zuteilung der XCP Slots auf jedem Steuergerät. Vorjeder Messung werden dann nur die XCP-Puffer markiert, die tatsächlich be-nötigt werden. Ein zentrales „dynamisches Bandbreitenmanagement“ stelltdabei sicher, dass die XCP-Slot-Zuordnung über alle Slaves eindeutig ist. CA-Nape übernimmt diese Rolle mithilfe der steuergerätespezifischen A2L-Be-schreibungsdateien, die Informationen über die steuergeräteinternen Pufferliefern.

Bild 3: Übertragung der XCP-Daten über die verschiedenen Softwaremodule.

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Optimierter XCP-Einsatz dank FlexRayDas neue dynamische Bandbreitenmanagement ist nur eineder FlexRay-spezifischen CANape Funktionen, die Audi eineeffiziente Steuergeräte-Kalibrierung ermöglicht. Die Tatsa-che, dass FlexRay mit bis zu 254 Byte um ein vielfaches län-gere XCP Frames bietet als CAN (8 Byte), nutzt Vector ge-zielt in drei weiteren Funktionen.Mit dem „Short Download“ werden in einem einzigen L-PDU gleichzeitig Adresse und Inhalt kodiert, um viel schnel-ler als bei CAN Speicherbereiche zwischen Master und Slaveauszutauschen. Außerdem ermöglicht XCP eine vom FlexRay-Zyklus unab-hängige Überabtastung, um sehr dynamische Signalverläu-fe zu erfassen (Bild 5). Mit der so genannten „Incycle Mul-tiple DAQ-List Transmission“-Funktion erfasst CANapeMesssignale einer vordefinierten DAQ-Liste und den dazu-gehörenden Zeitstempeln mehrfach pro FlexRay-Grundzy-klus (in der Regel 5 ms lang).Um den Messungsstart deutlich zu beschleunigen, mussteauch die dazu erforderliche Initialisierung vor jeder Messungoptimiert werden. Mit dem Befehl „WRITE-DAQ-MULTI-PLE“ – eine Erweiterung des bisherigen einfachen „WRITE-DAQ“-Befehls – aus dem noch nicht verabschiedeten XCP-Protocol-Layer 1.1, kann die Konfiguration mehrerer Signaledurch ein einziges Kommando erfolgen.

ZusammenfassungDie Audi Ingenieure setzen während der Entwicklung neuerModelle im Rahmen von Erprobungs- und Applikationsfahr-ten das MCD-Tool CANape ein, um steuergeräteinterne Grö-

ßen mit XCP on FlexRay zu messen und zu verstellen. Dazuerweiterte Vector CANape und die XCP-Softwaremodule.Die Hauptaufgabe bestand darin, neben der Erweiterung derXCP-Softwaremodule um die AUTOSAR-Kompatibilität aucheine dynamische Bandbreitenverwaltung für FlexRay umzu-setzen. Da bei Vector sowohl die XCP-Softwaremodule fürdie Slaves als auch der XCP-Master CANape aus einer Handkommen und perfekt aufeinander abgestimmt sind, fiel Audidie Wahl des Softwarelieferanten als Entwicklungspartnerleicht. Alle Erweiterungen sind in der aktuellen Version vonCANape und der XCP on FlexRay Softwaremodule erhältlich.(oe)

Literaturhinweis: [1] www.asam.org

Bild 5: Mit der „Incycle Multiple DAQ List Transmission“ erfasst

der Slave die Messsignale aus einer DAQ-Liste schneller als der

FlexRay-Grundzyklus.

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Dipl.-Ing. Pascale Morizur arbeitete nachIhrem Abschluss 1986 10 Jahre bei MAN-Nutzfahrzeuge in der Vorentwicklung imBereich CAN, J1939 und Diagnose. Seit2005 ist sie bei Vector als Product Manage-ment Engineer im Bereich Embedded-Soft-warekomponenten tätig. E-Mail:[email protected]

Dipl.-Ing (FH) Christian Braun ist seit2006 bei Audi im Bereich EntwicklungFahrwerkselektronik zuständig für Mess-tools und die Vernetzung der Systeme. E-Mail: [email protected]

Bild 4:Vor einer Messung erfolgt die dynamische Konfiguration

der XCP-Objekte im dynamischen Segment.

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