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Karl May Winnetou 1. Band Anaconda

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Karl May

Winnetou1. Band

Anaconda

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Textgrundlage dieser Ausgabe ist Karl May: Winnetou, 1. Band. Freiburgi. Br.: Friedrich Ernst Fehsenfeld (Karl May’s gesammelte Reiseerzählungen,Band VII). Orthografie und Interpunktion wurden behutsam an dieRegeln der neuen deutschen Rechtschreibung angepasst.

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Datensind im Internet unter http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Dieser Band ist Teil der Sonderausgabe Karl May: Winnetou I–III.

© 2016 Anaconda Verlag GmbH, KölnAlle Rechte vorbehalten.Umschlagmotiv: »Horizontal cartoon illustration of prairie wild westwith cacti at sunset«, © Vertyr / Shutterstock. – »wild west themevector silhouettes – native americans riding horses and wingspreadeagle«, © Cattalina / ShutterstockUmschlaggestaltung: www.katjaholst.deSatz und Layout: Andreas Paqué, www.paque.dePrinted in Czech Republic 2016ISBN [email protected]

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Inhalt

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

Winnetou I

Erstes Kapitel Ein Greenhorn . . . . . . . . . . 12

Zweites Kapitel Klekih-petra . . . . . . . . . . . . 41

Drittes Kapitel Winnetou in Fesseln . . . . . . 142

Viertes Kapitel Zweimal um das Leben gekämpft . . . . . . . 265

Fünftes Kapitel »Schöner Tag« . . . . . . . . . . . 387

Sechstes Kapitel Sams Befreiung . . . . . . . . . . 554

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Einleitung

mmer fällt mir, wenn ich an den Indianer denke, derTürke ein; dies hat, so sonderbar es erscheinen mag,

doch seine Berechtigung. Mag es zwischen beiden nochso wenig Punkte des Vergleiches geben, sie sind einanderdoch ähnlich in dem einen, dass man mit ihnen, aller-dings mit dem einen weniger als mit dem andern, abge-schlossen hat: Man spricht von dem Türken kaum andersals von dem »kranken Mann«, während jeder, der die Ver-hältnisse kennt, den Indianer als den »sterbenden Mann«bezeichnen muss.

Ja, die rote Nation liegt im Sterben! Vom Feuerland bisweit über die nordamerikanischen Seen hinauf liegt derriesige Patient ausgestreckt, niedergeworfen von einemunerbitterlichen Schicksal, welches kein Erbarmenkennt. Er hat sich mit allen Kräften gegen dasselbe ge-sträubt, doch vergeblich; seine Kräfte sind mehr undmehr geschwunden; er hat nur noch wenige Atemzügezu tun, und die Zuckungen, die von Zeit zu Zeit seinennackten Körper bewegen, sind die Konvulsionen, welchedie Nähe des Todes verkündigen.

Ist er schuld an diesem seinem frühen Ende? Hat er esverdient?

Wenn es richtig ist, dass alles, was lebt, zum Leben be-rechtigt ist, und dies sich ebenso auf die Gesamtheit wieauf das Einzelwesen bezieht, so besitzt der Rote dasRecht, zu existieren, nicht weniger als der Weiße und

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darf wohl Anspruch erheben auf die Befugnis, sich in so-zialer, in staatlicher Beziehung nach seiner Individualitätzu entwickeln. Da behauptet man nun freilich, der India-ner besitze nicht die notwendigen Staaten bildenden Ei-genschaften. Ist das wahr? Ich sage: Nein! Will aber keineBehauptungen aufstellen, da es nicht meine Absicht ist,eine hierauf bezügliche gelehrte Abhandlung zu schrei-ben. Der Weiße fand Zeit, sich naturgemäß zu entwi-ckeln; er hat sich nach und nach vom Jäger zum Hirten,von da zum Ackerbauer und Industriellen entwickelt; da-rüber sind viele Jahrhunderte vergangen; der Rote aberhat diese Zeit nicht gefunden, denn sie wurde ihm nichtgewährt. Er soll von der ersten und untersten Stufe, alsoals Jäger, einen Riesensprung nach der obersten machen,und man hat, als man dieses Verlangen an ihn stellte, nichtbedacht, dass er da zum Fall kommen und sich lebensge-fährlich verletzen muss.

Es ist ein grausames Gesetz, dass der Schwächere demStärkeren weichen muss; aber da es durch die ganzeSchöpfung geht und in der ganzen irdischen Natur Gel-tung hat, so müssen wir wohl annehmen, dass dieseGrausamkeit entweder eine nur scheinbare oder einerchristlichen Milderung fähig ist, weil die ewige Weisheit,welche dieses Gesetz gegeben hat, zugleich die ewigeLiebe ist. Dürfen wir nun behaupten, dass in Beziehungauf die aussterbende indianische Rasse eine solche Mil-derung stattgefunden hat?

Es war nicht nur eine gastliche Aufnahme, sondern einebeinahe göttliche Verehrung, welche die ersten »Bleichge-sichter« bei den Indsmen fanden. Welcher Lohn ist denletzteren dafür geworden? Ganz unstreitig gehörte diesendas Land, welches sie bewohnten; es wurde ihnen genom-men. Welche Ströme Bluts dabei geflossen und welche

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Winnetou2. Band

Anaconda

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Textgrundlage dieser Ausgabe ist Karl May: Winnetou, 2. Band. Freiburgi. Br.: Friedrich Ernst Fehsenfeld (Karl May’s gesammelte Reiseerzählungen,Band VIII). Orthografie und Interpunktion wurden behutsam an dieRegeln der neuen deutschen Rechtschreibung angepasst.

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Datensind im Internet unter http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Dieser Band ist Teil der Sonderausgabe Karl May: Winnetou I–III.

© 2016 Anaconda Verlag GmbH, KölnAlle Rechte vorbehalten.Umschlagmotiv: »Horizontal cartoon illustration of prairie wild westwith cacti and hero of the wild West leaves in decline«, © Vertyr /Shutterstock. – »Leader of the American Indian«, © Makc / ShutterstockUmschlaggestaltung: www.katjaholst.deSatz und Layout: Andreas Paqué, www.paque.dePrinted in Czech Republic 2016ISBN [email protected]

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Inhalt

Winnetou II

Erstes Kapitel Als Detektive . . . . . . . . . . 7

Zweites Kapitel Die Kukluxer . . . . . . . . . . 95

Drittes Kapitel Über die Grenze . . . . . . . 183

Viertes Kapitel Durch die Mapimi . . . . . . 279

Fünftes Kapitel Old Firehand . . . . . . . . . . 398

Sechstes Kapitel In der »Festung« . . . . . . . . 457

Siebentes Kapitel Der Pedlar . . . . . . . . . . . . 558

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Erstes Kapitel

Als Detektive

aum ist der erste Band von Winnetou ausgegebenworden, so gehen von den Lesern desselben schon

zahlreiche Fragen nach dem weiteren Verlauf der Ereig-nisse bei mir ein. Dieser wurde ein ganz anderer, als ichdamals dachte.

Wir kamen nach einem wahren Parforceritt an dieMündung des Rio Bosco de Natchitoches, wo wir erwar-teten, einen von Winnetou zurückgelassenen Apachenvorzufinden. Leider ging diese Hoffnung nicht in Erfül-lung. Freilich Spuren von Menschen, welche dagewesenwaren, fanden wir, aber was für welche! Nämlich die Lei-chen der beiden Traders, welche uns Auskunft über dasDorf der Kiowas gegeben hatten. Sie waren erschossenworden, und zwar von Santer, wie ich später durch Win-netou erfuhr.

Santers Kanufahrt war so rasch vor sich gegangen, dasser die Mündung des genannten Flusses zugleich mit denHändlern erreicht hatte, obgleich diese eher als er das Zelt-lager Tanguas verlassen hatten. Er war gezwungen gewesen,auf die Nuggets Winnetous zu verzichten, und also mittel-los; da stachen ihm die Waren der Traders in die Augen, undum sich derselben zu bemächtigen, erschoss er die zwei ah-nungslosen Männer, höchst wahrscheinlich aus dem Hin-terhalt. Hierauf machte er sich mit ihren Mauleseln ausdem Staub. Dies las Winnetou aus den Spuren, welche erbei seiner Ankunft an der betreffenden Stelle vorfand.

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Der Mörder hatte sich nichts Leichtes vorgenommen,denn der Transport so vieler Packtiere über die Savanneist für einen einzelnen Menschen mit großen Schwierig-keiten verknüpft. Dazu kam, dass er zur größten Eile ge-zwungen war, weil er die Verfolger hinter sich wusste.

Unglücklicherweise trat ein mehrtägiger Regen ein,welcher alle Spuren verwischte, sodass Winnetou sichnicht mehr auf sein Auge, sondern nur auf Kombinatio-nen verlassen konnte. Höchst wahrscheinlich hatte San-ter, um seinen Raub zu verwerten, eine der nächstliegen-den Niederlassungen aufgesucht, und so blieb dem Apa-chen nichts anderes übrig, als diese Ansiedelungennacheinander abzureiten.

Erst nach einer Reihe von verlorenen Tagen fand erauf Gaters Faktorei die verschwundene Spur wieder.Santer war dagewesen, hatte alles verkauft und sich eingutes Pferd erworben, um auf der damaligen Red River-Straße nach dem Osten zu gehen. Winnetou verabschie-dete alle seine Apachen, die ihm nun nur hinderlich seinkonnten, schickte sie in ihre Heimat zurück und nahmdie weitere Verfolgung nun alleine auf. Er hatte genugGoldkörner bei sich, besaß also die nötigen Mittel, imOsten längere Zeit existieren zu können.

Da er uns infolgedessen am Natchitoches keine Wei-sung hinterlassen hatte, wussten wir nicht, wo er sich be-fand, konnten ihm also nicht folgen und wendeten unsnach dem Arkansas hinüber, um auf dem geradestenLandweg nach St. Louis zu kommen. Es tat mir außeror-dentlich leid, den Freund jetzt nicht wiedersehen zukönnen, doch dies zu ändern, lag ja nicht in meinerMacht.

Es war eines Abends, als wir nach langer Reise in St.Louis ankamen. Ganz selbstverständlich suchte ich sofort

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Winnetou3. Band

Anaconda

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Textgrundlage dieser Ausgabe ist Karl May: Winnetou, 3. Band. Freiburgi. Br.: Friedrich Ernst Fehsenfeld (Karl May’s gesammelte Reiseerzählungen,Band IX). Orthografie und Interpunktion wurden behutsam an dieRegeln der neuen deutschen Rechtschreibung angepasst.

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Datensind im Internet unter http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Dieser Band ist Teil der Sonderausgabe Karl May: Winnetou I–III.

© 2016 Anaconda Verlag GmbH, KölnAlle Rechte vorbehalten.Umschlagmotiv: »Horizontal cartoon illustration of valley with cacti and mountains in background in yellow tone«, © Vertyr / Shutterstock. – »EPS8 editable vector silhouette of a native American Indian warrior riding a horse with figures as separate objects«, © Robert Adrian Hillman / ShutterstockUmschlaggestaltung: www.katjaholst.deSatz und Layout: Andreas Paqué, www.paque.dePrinted in Czech Republic 2016ISBN [email protected]

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Inhalt

Winnetou III

Erstes Kapitel An der großen Westbahn . . 7

Zweites Kapitel Die Stakemen . . . . . . . . . . 86

Drittes Kapitel Unter den Comanchen . . . 152

Viertes Kapitel In Kalifornien . . . . . . . . . . 260

Fünftes Kapitel Die Railtroublers . . . . . . . . 366

Sechstes Kapitel Helldorf-Settlement . . . . . . 409

Siebentes Kapitel Am Hancockberg . . . . . . . 443

Achtes Kapitel Das Testament des Apachen . 490

Nachwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 639

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Erstes Kapitel

An der großen Westbahn

ch hatte seit dem frühen Morgen eine tüchtige Streckezurückgelegt. Jetzt fühlte ich mich einigermaßen er-

müdet und von den kräftigen Strahlen der hoch im Ze-nit stehenden Sonne belästigt; daher beschloss ich, Rastzu halten und mein Mittagsmahl zu mir zu nehmen. DiePrärie dehnte sich, eine Bodenwelle nach der andern bil-dend, in unendlicher Weite vor mir aus. Seit fünf Tagen,wo unsere Gesellschaft durch einen zahlreichen TruppOgellallahs zersprengt worden war, hatte ich weder einnennenswertes Tier noch die Spur eines Menschen be-merkt und begann nun endlich, mich nach irgendeinemvernünftigen Wesen zu sehnen, an welchem ich erprobenkonnte, ob mir nicht vielleicht infolge des lange anhal-tenden Schweigens die Sprache verloren gegangen sei.

Einen Bach oder ein sonstiges Wasser gab es hier nicht,Wald oder Buschwerk ebenso wenig; ich brauchte alsonicht lange zu wählen und konnte Halt machen, wo esmir eben beliebte. Ich sprang in einem Wellental zur Er-de, hobbelte* meinen Mustang an, nahm ihm die Deckeab und stieg die kleine Bodenerhebung empor, um michdort niederzulassen. Das Pferd musste unten bleiben, da-mit es im Fall einer feindlichen Annäherung nicht be-merkt würde; ich selbst aber musste den erhöhten Punktwählen, um die Gegend überblicken zu können, wäh-

* Trapperausdruck für: mit dem Lasso die Beine fesseln.

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rend es nicht leicht möglich war, mich zu sehen, wennich mich auf den Boden legte.

Ich hatte gute Gründe, vorsichtig zu sein. Wir warenin einer Gesellschaft von zwölf Männern vom Ufer desPlatte aufgebrochen, um im Osten der Felsenberge hi-nabzugehen nach Texas. Zu derselben Zeit hatten dieverschiedenen Stämme der Sioux ihre Lagerdörfer ver-lassen, weil einige ihrer Krieger getötet worden warenund sie nun Rache nehmen wollten. Wir wussten dies,fielen aber trotz aller List in ihre Hände und wurdennach einem harten, blutigen Kampf, in welchem fünfvon uns das Leben ließen, nach allen Richtungen überdie Prärie zerstreut.

Da die Indsmen aus unserer Fährte, die wir nicht ganzzu verwischen vermochten, wohl ersehen hatten, dass wirnach Süden gingen, so war mit Sicherheit anzunehmen,dass sie uns folgen würden. Es galt also, die Augen offen zuhalten, wenn man nicht das Glück haben wollte, sich einesAbends in die Decke zu wickeln und am Morgen dannohne Skalp in den »ewigen Jagdgründen« zu erwachen.

Ich legte mich nieder, langte ein Stück getrocknetesBüffelfleisch hervor, rieb es anstatt des Salzes mit Schieß-pulver ein und versuchte, es mit den Zähnen in einenZustand zu bringen, welcher es mir ermöglichte, die le-derharte Substanz in den Magen zu befördern. Dannnahm ich eine von meinen »Selbstgefertigten«, steckte siemithilfe des Punks (Präriefeuerzeug) in Brand und bliesRauchfiguren mit einem Behagen, als sei ich ein virgini-scher Pflanzer und rauche die mit Glanzhandschuhenausgezupften Herzblätter des besten Goosefoot.

Noch nicht lange hatte ich so auf meiner Decke gele-gen, als ich, zufälligerweise hinter mich blickend, einenPunkt am Horizont bemerkte, welcher sich in einem spit-

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