Wie Frauenbewegung geschrieben wird ......nachweisen. 1917 erklärte Marija Jurić Zagorka...

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Wie Frauenbewegung geschrieben wird Historisierung und Historiographie am Beispiel von Frauenbewegungen der Habsburgermonarchie Natascha Vittorelli Über Frauenbewegungen um 1900 wurde in den letzten gut hundert Jahren viel geschrieben. Und wenngleich sich die Geschichtsschreibung über Frauen- bewegungen keineswegs als unveränderlich zeigt, scheinen sich doch einige Zwangsläufigkeiten etabliert zu haben. Zu solchen – bestenfalls vorläufigen – Zwangsläufigkeiten lassen sich unter anderem die nationale Rahmung von Frau- enbewegungen sowie deren geopolitische Verortung als jeweils westliche bzw. östliche 1 zählen. Diese beiden Erzählkonventionen, die sowohl in Historisierun- gen als auch in Historiographien anzutreffen sind, sollen am Beispiel von Frau- enbewegungen der Habsburgermonarchie veranschaulicht werden. Zentrales Anliegen des vorliegenden Textes ist es, Geschichte und Geschichtsschreibung von Frauenbewegungen entlang der Unterscheidung zwischen Historisierung und Historiographie zu betrachten. Unter Historisierung werden im Folgenden jene Maßnahmen verstanden, die von ProtagonistInnen und ZeitgenossInnen his- torischer Frauenbewegungen getroffen wurden, um deren Geschichte zu doku- mentieren. Im Gegenzug unterscheidet sich Historiographie von Historisierung darin, dass die (wissenschaftliche) Auseinandersetzung mit Frauenbewegungen durch Angehörige späterer Generationen erfolgt. Dem spezifischen Verhält- nis von Historisierung und Historiographie von Frauenbewegungen gilt meine besondere Aufmerksamkeit. Ich präsentiere damit das Ergebnis von Forschun- gen, die zwischen 2006 und 2008 in Prag/Praha, Brünn/Brno, Krakau/Kraków, Lemberg/L’viv und Wien durchgeführt wurden und stelle Überlegungen über Art und Weise an, wie Frauenbewegung 2 geschrieben wird. Historische Frauenbewegungen und nationale Rahmung Dass Frauenbewegungen bevorzugt national gerahmt werden, wurde bereits viel- fach konstatiert – und lässt sich an diversen Buch- und Aufsatztiteln eindrucks- voll ablesen. Diese spezifische Form des Schreibens weist (problematische) Konsequenzen auf, die es näher zu erläutern gilt: Es handelt sich dabei um eine Vereinheitlichung national definierter Frauenbewegungen über zeitgenössisch gehmacher.indd 103 20.05.2009 10:43:31 Uhr

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  • Wie Frauenbewegung geschrieben wirdHistorisierung und Historiographie am Beispiel von Frauenbewegungen der HabsburgermonarchieNatascha Vittorelli

    Über Frauenbewegungen um 1900 wurde in den letzten gut hundert Jahrenviel geschrieben. Und wenngleich sich die Geschichtsschreibung über Frauen-bewegungen keineswegs als unveränderlich zeigt, scheinen sich doch einige Zwangsläufigkeiten etabliert zu haben.Zu solchen – bestenfalls vorläufigen –ZwangsläufigkeitenlassensichunteranderemdienationaleRahmungvonFrau-enbewegungen sowie deren geopolitische Verortung als jeweils westliche bzw. östliche1 zählen. Diese beiden Erzählkonventionen, die sowohl in Historisierun-gen als auch in Historiographien anzutreffen sind, sollen am Beispiel von Frau-enbewegungen der Habsburgermonarchie veranschaulicht werden. Zentrales Anliegen des vorliegenden Textes ist es, Geschichte und Geschichtsschreibung von Frauenbewegungen entlang der Unterscheidung zwischen Historisierung und Historiographie zu betrachten. Unter Historisierung werden im Folgenden jene Maßnahmen verstanden, die von ProtagonistInnen und ZeitgenossInnen his-torischer Frauenbewegungen getroffen wurden, um deren Geschichte zu doku-mentieren. Im Gegenzug unterscheidet sich Historiographie von Historisierung darin, dass die (wissenschaftliche) Auseinandersetzung mit Frauenbewegungen durch Angehörige späterer Generationen erfolgt. Dem spezifischen Verhält-nis von Historisierung und Historiographie von Frauenbewegungen gilt meine besondere Aufmerksamkeit. Ich präsentiere damit das Ergebnis von Forschun-gen, die zwischen 2006 und 2008 in Prag/Praha, Brünn/Brno, Krakau/Kraków, Lemberg/L’vivundWiendurchgeführtwurdenundstelleÜberlegungenüberArtund Weise an, wie Frauenbewegung2 geschrieben wird.

    Historische Frauenbewegungen und nationale Rahmung

    Dass Frauenbewegungen bevorzugt national gerahmt werden, wurde bereits viel-fach konstatiert – und lässt sich an diversen Buch- und Aufsatztiteln eindrucks-voll ablesen. Diese spezifische Form des Schreibens weist (problematische)Konsequenzen auf, die es näher zu erläutern gilt: Es handelt sich dabei um eine Vereinheitlichung national definierter Frauenbewegungen über zeitgenössisch

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    bestehende Staatsgrenzen hinweg sowie um eine Vernachlässigung der Erfor-schung von Frauenbewegungen, die weder mit aktuell noch mit zeitgenössisch dominanten Staatsnationen übereinstimmen. Der Topos einer »mit Männern der eigenen Nation geteilten Rechtlosigkeit« erweist sich in Historisierungen wie Historiographien als ein wiederkehrendes Motiv, auf das ich eigens eingehe.

    Für die vornehmlich nationale Rahmung von Frauenbewegungen der Habs-burgermonarchiewurdenundwerdenzwei–seltenhinterfragteundhäufigmit-einander verknüpfte – Argumente vorgebracht: einerseits die enge Verbindung zwischen Frauen- und Nationalbewegungen, die aus Frauenbewegungen zumeist nationale Frauenbewegungen macht/e, sowie andererseits die so genannte »dop-pelte Unterdrückung« von Frauen sowohl qua Geschlecht als auch qua nationaler Zugehörigkeit.3 Helena Volet-Jeanneret bringt in ihrem Werk La femme bour-geoise à Prague 1860–1895 beide Begründungen auf den Punkt:

    La question tchèque et la question féminine se ressemblent comme deux sœurs.4 Und:

    Elles [les femmes tchèques et pragoises en particulier, Anm.] auront mené de front deux

    batailles; l’une contre les préjugés séculaires envers leur sexe, l’autre contre l’emprise de

    la culture allemande. C’est cela qui fait la spécificité du mouvement féministe tchèque.5

    Demnach hätten sich nationale (hier: tschechische) Frage sowie Frauenfrage wie zwei Schwestern geglichen – und die Besonderheit national (hier: tsche-chisch)definierterFrauenbewegungenhabeimgleichzeitigenKampffürnatio-nale Rechte wie für Frauenrechte gelegen. DasspezifischeVerhältniszwischenFrauen- und Nationalbewegungen wird in diesem Kontext wahlweise als eines der Ähnlichkeiten6, eines der Ergänzung7 oder auch eines der Unterordnung8 beschrieben.

    Was ich als Vereinheitlichung national definierter Frauenbewegungen überzeitgenössisch bestehende Staatsgrenzen hinweg bezeichne, lässt sich am Bei-spiel so genannter polnischer Frauenbewegungen exemplarisch aufzeigen; Denn im Zuge meiner Recherchen erwies es sich als mitunter unerwartet schwierig, jeweils»herauszufiltern«,wannwelchePersönlichkeiteninderHabsburgermo-narchie tätig waren. Mobilität von Akteurinnen zwischen den drei polnischen Teilungsgebieten war zweifellos vorhanden – nicht nur Persönlichkeiten wech-selten ihre Wohnsitze, auch Periodika ihre Publikationsorte: Die Frauenzeit-schrift Ster (Ruder) erschien in den Jahren zwischen 1895 und 1897 zunächst in Lemberg/Lwów/L’viv, um zehn Jahre später – nach einem vorangegangenen Umzug ihrer Herausgeberin Paulina Kuczalska-Reinschmit (1859–1921) – in Warschau/Warszawa ein mehrjähriges revival zu erleben. Ebenso außer Frage

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    stehen Kooperationen über bestehende Staatsgrenzen hinweg; doch die gegebe-nen Verortungs-Schwierigkeiten erscheinen mir unverhältnismäßig groß. Diese Schwierigkeiten sind nicht zuletzt Ergebnis von Maßnahmen zur historischen Dokumentation von Frauenbewegungen: Bereits 1909 verfasste die »Chronistin der Bewegung«9 Cecylja Walewska (1859–1940) das zweibändige Werk Frau-enbewegung in Polen – und viele Jahrzehnte später wird auch die Historikerin Natali Stegmann »Polen« in den Titel ihres Buches über »Frauenfrage«, Femi-nismus und Frauenbewegung aufnehmen.10 Damit wurde und wird die Existenz eines polnischen Staates bzw. eines einheitlichen polnischen Territoriums sug-geriert, die zu jener Zeit schlicht nicht gegeben war. Den (strategischen) Hinter-grund für diese Verfahrensweise, die »Polen« vage beließ, seine Existenz (mit-)konstruierte bzw. in die Vergangenheit rückprojiziert, erhellt Dietlind Hüchtker:

    Da sich die polnische Frauenbewegung als ein in allen drei Teilungsgebieten verankertes

    gesamtpolnisches Projekt verstand, musste sie sich über Staatsgrenzen hinweg organisie-

    ren. Im Unterschied zu anderen europäischen Frauenbewegungen gab es dementsprechend

    keinen auf einen Staat ausgerichteten nationalen Dachverband, der der Bewegung eine

    feste Struktur gegeben hätte. Die Frauen entwickelten stattdessen Bindungen durch die

    Konstruktion eines gemeinsamen Gedächtnisses, die Inszenierung von Vorbildern, gesamt-

    polnische Konferenzen und Publikationen sowie persönliche Kontakte und Netzwerke.11

    Nach der Vereinigung der Teilungsgebiete zu einem gemeinsamen polnischen Staat 1918 galt es diese unterschiedlichen Vergangenheiten nicht zuletzt mittels eines gesamtpolnischen Narrativs zusammenzufügen. Dieser Prämisse folgten Historisierungen – und später auch Historiographien – polnischdefinierterFrau-enbewegungen:

    Die Gedächtnispolitik der Frauenbewegung konstituierte daher nicht nur ein Kollektiv

    der Aktivistinnen und eine konsistente Geschichte der Bewegung, die Kontinuität von der

    Vergangenheit bis in die Zukunft beanspruchte, sondern auch eine Nationalgeschichte.12

    DiehistorischenAktivitätenvergleichbarer,nationaldefinierterFrauenbewegun-gen – wie etwa der serbischen oder der ukrainischen – lassen sich zwar ebenso wenig auf das Gebiet der Habsburgermonarchie beschränken, dennoch erschei-nen entsprechende Historisierungsmaßnahmen ebenso wie Historiographien in ihren räumlichen Unterscheidungen mehrheitlich präziser: Wiederholt war und ist von der Vojvodina und Serbien13 bzw. Russland und der Habsburgermonar-chie14 oder der Westukraine (Ostgalizien, Nordbukowina und Transkarpatien)

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    und der Dnipro-Ukraine15 die Rede. Tatsächlich gilt es jeweils zu beachten, ob nationaloderlokalbzw.regionaldefinierteFrauenbewegungenhergestelltwer-den: So differenziertGordana Stojaković in ihremText über dieAnfänge der feministischen Bewegung in der Vojvodina sehr exakt zwischen einzelnen nati-onaldefiniertenFrauenbewegungen.16 Und auch Anca Gogîltan nimmt in ihrem BeitragzumvorliegendenBandamBeispielvonFrauenbewegungeninBraşov/Brassó/Kronstadt eine präzise Unterscheidung zwischen national definiertenFrauenbewegungen vor.17 Martha Bohachevsky-Chomiak hingegen macht ihren Fokus auf ukrainische Frauen explizit und begründet ihn mit der zahlenmäßigen ÜberlegenheitvonUkrainerInnen:»IfocusonUkrainianwomen,sincetheycon-stitute the majority population in Ukraine. The story of non-Ukrainian women in Ukraine must await another opportunity.«18 Die Geschichte ukrainisch definier-ter Frauenbewegungen wird in diesem Fall mit der Geschichte von Frauenbewe-gungen in der Ukraine gleichgesetzt.

    Die Geschichtsschreibung weiterer national definierterFrauenbewegungenineiner anderen Region der Habsburgermonarchie wartet ebenfalls noch auf ihre wissenschaftliche Aufarbeitung. Ähnlich wie im Falle nicht-ukrainischer Frau-enbewegungen in der Ukraine, stimmen auch diese nicht mit der aktuell domi-nanten Staatsnation überein: Die so genannten deutschen Frauenbewegungen in Böhmen und Mähren sind kaum erforscht – und das obgleich etwa Brünn/Brno Ende des 19. Jahrhunderts eine »praktisch deutsche Stadt«19 gewesen sei. Die historische Existenz der als deutschdefiniertenFrauenbewegungenaufböhmi-schem und mährischem Gebiet wird zwar mitunter sogar angezweifelt – »No independent Bohemian German women’s movement seems to have existed before 1900.«20 –, doch zumeist erfolgt die Beschreibung einer Konkurrenzsituation:

    [T]he rivalry between Czechs and Germans defined the conceptual framework of Czech

    feminism [...].21

    Despite the patriotic aura enveloping it, the Czech women’s movement [...] roughly paral-

    leled the efforts of German Austrian women.22

    Although Czech women never admitted it, it is unlikely that the foundation of the Trade Association in 1871 and the Women’s Club in 1904 were not influenced by the examples of the Prager Frauen-Erwerb-Verein (Prague Women’s Trade Association) from 1869 and of the Frauenfortschritt (Women’s Progress), the most radical and influential German wom-en’s organisation, created in 1894.23

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    Dieses Konkurrenzverhältnis konkretisiert Helena Volet-Jeanneret am Beispiel tschechischer und deutscher Kinderbewahranstalten in Prag/Praha. Der Besuch deutscher Kindergärten sei tschechischen Kindern zwar möglich gewesen, doch zeigte sich rasch, dass dieser oftmals am Beginn eines weiterführenden deut-schen Bildungsweges stand. Angesichts einer befürchteten Germanisierung habe sich »ein stiller, aber anhaltender Kampf […] zwischen den tschechischen und deutschen Prager Kinderhorten« entwickelt, der sich 1885 zuspitzen sollte: Die wenige Jahre zuvor auf der Malá Strana gegründete tschechische Kinderbewahr-anstalt erfreute sich eines derart großen Zuspruchs, dass sich der deutsche Kin-derhort in Újezd zur Schließung gezwungen sah.24

    Bemerkenswerterweise sind jene beiden mir bekannten historiographischen Texte, die im Titel explizit eine Auseinandersetzung mit deutschen Frauenver-einen bzw. deutschen Frauenbewegungen in Böhmen ankündigen, in deutscher Sprache erschienen.25 Pavla Horská betont die »ursprüngliche nationale Indif-ferenz der Frauenwohltätigkeitsvereine«26, die sich erst um 1860 zu ändern begann.Auch sie konstatiert den »Einfluß der deutschen Erwerbsvereine aufden tschechischen«27. Und wenngleich weder die deutsche noch die tschechische Prager Frauenbewegungen jene »Hauptprobleme, mit denen sich die Frauenbe-wegung dieser Zeit beschäftigte, vernachlässigte[n]«, so hätten tschechische und deutsche Frauen ab diesem Zeitpunkt getrennt agiert28 – wie später mehrheitlich auch ihre Historisierungen und Historiographien ließe sich ergänzen.

    Die Problematik nationaler Rahmung wird insbesondere anhand von histo-rischen Frauenbewegungen, die mit zeitgenössisch dominanten Staatsnationen korrespondieren, offenkundig: Es handelt sich dabei um die Gleichsetzung der Geschichte von Frauenbewegungen der Habsburgermonarchie mit deutsch – gegebenenfalls österreichisch–definiertenFrauenbewegungen29, aber auch um die Einengung von Frauenbewegungen in Habsburgs besserer Hälfte auf unga-rischdefinierteFrauenbewegungen30. Jenseits aktuell wie zeitgenössisch domi-nanter Staatsnationen bewegten sich indessen jüdische Frauen: Zwar lässt sich eine vermehrte historiographische Aufmerksamkeit für jüdischdefiniertenFrau-enbewegungen bzw. frauenbewegte Jüdinnen in der Habsburgermonarchie – mit Schwerpunkt auf Wien – feststellen31, die Erforschung jüdischdefinierterFrau-enbewegungen als monarchieweites Phänomen steht allerdings noch aus.

    Die nationale Rahmung von Frauenbewegungen der Habsburgermonarchie hat schließlich einen wiederkehrenden Topos in Historisierung wie Historiographie hervorgebracht, den ich »mit Männern der eigenen Nation geteilte Rechtlosig-keit« nennen möchte und der auf Frauenbewegungen der so genannten ›kleinen Nationen‹Anwendungfandundfindet.32DieserspezifischeBegründungszusam-

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    menhang lässt sich etwa im Kontext kroatisch definierter Frauenbewegungennachweisen.1917erklärteMarijaJurićZagorka(1873–1956)dasFehlenjegli-cher feministischer Frauenrechtsbewegungen in Kroatien folgendermaßen:

    Das unermessliche Leid, das aus der Lage Kroatiens hervorging, mussten Frauen ebenso

    wie Männer ertragen. Das Joch, das auch das Privatleben unentwegt drückte, trugen der

    männliche wie der weibliche Teil des Volkes in gleichem Ausmaß. Und so besaß die kro-

    atische Frau keinerlei Anlass, irgendwelche Frauenrechte vom Mann zu fordern, da er

    selbst rechtlos war. […] Die kroatische Frau war gleichberechtigte Leidensgefährtin und

    gleichberechtigter Kämpfer des männlichen Teiles des Volkes und trat daher nie in einer

    speziell feministischen Bewegung auf.33

    Aber auch schon zuvor hatte Paulina Kuczalska-Reinschmit in einem program-matischen Text zu polnisch definiertenFrauenbewegungendengeringenWider-hall, den die Frage der Frauenemanzipation bei »unseren Frauen« gefunden hätte,mitdemmangelndenEinflusspolnischerMänneraufdieGestaltungderGesetzgebung erklärt.34 Der Topos der »mit Männern der eigenen Nation geteilten Rechtlosigkeit«wurdeundwirdzurBegründungderAbsenznationaldefinier-ter Frauenbewegungen ebenso genutzt wie zum Nachweis ihrer Besonderheit. Die im Folgenden angeführten, historiographischen Zitate erinnern dabei stark an Schilderungen historischer Akteurinnen und verdeutlichen den motivischen Charakter der Rede von »mit Männern der eigenen Nation geteilten Rechtlosig-keit«:

    Vor diesem Hintergrund [den polnischen Freiheitskämpfen, Anm.] galten der polnischen

    Frauenbewegung nicht die »eigenen« Männer, sondern die Fremdherrschaft als Hemm-

    schuh weiblicher Emanzipation. Weibliche und nationale Befreiung waren demnach

    untrennbar miteinander verbunden.35

    [T]he adversary confronting feminists was not the Czech male population but the intracta-

    ble Austrian government. The fact that a foreign regime was perceived as the major source

    of discrimination had no small influence on the mentality of Czech feminists. […] Since

    Czech men held little real political power, women could turn to them as allies rather than

    oppressors.36

    [I]t [the Czech women’s movement, Anm.] was not directed against a Czech »male-dom-

    inated establishment« and Czech men. They were rather seen as co-sufferers and collabo-

    rators.37

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    Zudem dient der Topos der »mit Männern der eigenen Nation geteilten Rechtlo-sigkeit« als ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal zwischen östlichen und westlichen Frauenbewegungen. Die Gegenüberstellung zwischen Westen und Osten anhand der »mit Männern der eigenen Nation geteilten Rechtlosigkeit« wird insbesondere, aber nicht ausschließlich in Historiographien zu polnisch definiertenFrauenbewegungenvorgenommen.

    Die grundlegende Kritik westeuropäischer Feministinnen richtete sich gegen den männ-lichen Bürger, der die politische Macht inne hatte. [...] Ein solcher Bürger bot sich als

    Feindbild der polnischen Frauenbewegung nicht an. [...] Die geringe politische Macht, die polnische Männer in den Staaten der Teilungsmächte ausüben konnten, spielte in der Propaganda der Frauenbewegung eine sehr untergeordnete Rolle.38

    Stärker als andere europäische Frauenbewegungen beharrte die polnische auf dem Ideal der Partnerschaft und rief weniger als diese den Kampf der Geschlechter aus.39

    Wenn in den Staaten Westeuropas für die Frauenbewegung der männliche Bürger zu bekämpfen war, der die Gleichheit, die er dem weiblichen Geschlecht vorenthielt, errun-

    gen hatte, so konnte dieses Gegen- oder Feindbild in den polnischen Teilungsgebieten nicht funktionieren, denn der freie männliche Bürger hatte in der Tat geringe politische

    Macht.40

    »The connection between the women’s movement and nationalism is empha-sized mainly by foreign historians […]«41 hält JitkaMalečková2004fest.Undwenngleich diese Aussage durch meine vorangegangenen Ausführungen in Frage gestellt wird, deutet sie an, worum es im nächsten Abschnitt gehen soll: darum, wie sich Eigenes und Fremdes in Frauenbewegungsgeschichsschreibungen der Habsburgermonarchie bevorzugt als östliche und westliche Zugehörigkeiten und Zuschreibungen niederschlagen.

    Frauenbewegungen: Osten, Westen

    Als»fictitiousunities«42 zeigen die Konzepte Osten und Westen auch im Kon-text von Frauenbewegungen sowie deren Historisierungen und Historiographien Wirkung. Osten und Westen werden gerne vereinheitlicht, um einander umso anschaulicher gegenüber gestellt werden zu können.43 Am Beispiel von Frau-enbewegungen der Habsburgermonarchie lassen sich mögliche Bezüge zum

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    Referenzpunkt Westen aufzeigen: Der Westen als imaginierter Ort eines Frau-enbewegungs-Ideals, dem es östlicherseits nachzueifern gelte44, oder der Osten als Anderes, das eigene Formen von Frauenbewegung hervorgebracht habe, die sich erheblich von westlichen unterscheiden würden. Vorstellungen von Frauen-bewegungen, die mit Osten bzw. Westen assoziiert sind, werden nicht unbedingt expliziert–mitunteraberauchunterlaufen:ÜberUmwegevermagdannein Teil des Westens oder Zentrums als Konkurrenz zu fungieren, der im Vergleich der Fortschrittlichkeit von Frauenbewegungen durchaus das Nachsehen haben kann – ohne dass die dabei vorhandene Fortschrittslogik hinterfragt würde. Wo aller-dings Osten und Westen überhaupt zu verorten sind, bleibt mitunter ebenso frag-würdig, wie was Frauenbewegung eigentlich sei.

    Dass sich Fragen nach dem Wesen von Frauenbewegungen insbesondere auch mit Vorstellungen von Osten und Westen – gegebenenfalls auch mit Vorstellungen von Zentrum und Peripherie – verbinden, lässt sich am Beispiel Kroatiens ver-deutlichen. Was die Existenz kroatischdefinierterFrauenbewegungenum1900betrifft, zeigten und zeigen sich sowohl zeitgenössische Stellungnahmen als auch historiographische Befunde uneins: Konstatiert wurde zwar auch die Existenz einer etablierten Frauenbewegung45, vor allem aber das Fehlen jeglicher46, das Fehlen einer richtigen47 oder organisierten48 Frauenbewegung sowie das Fehlen einer Frauenbewegung nach ausländischem Vorbild49. All diesen Feststellungen gehen unterdessen keinerlei Begriffsklärungen voran. Es scheint beinahe, als ob die Existenz von Frauenbewegungen im Ausland, Westen, Zentrum unhin-terfragt vorausgesetzt würde bzw. als ob, was auch immer im Ausland, Westen, Zentrum stattfindet oder stattgefunden hat,mit Frauenbewegung gleichgesetztwürde. Indes wurde und wird das vor Ort Vorhandene den Vorstellungen darü-ber, wie Frauenbewegungen (anderswo) aussehen bzw. auszusehen hätten, kaum gerecht.50 Der implizite wie explizite Vergleich mit ausländischen – und damit wohl westlich oder zentral gesetzten – Frauenbewegungen ließ und lässt das vor Ort vorhandene »Eigene« als mangelhaft und unzulänglich erscheinen. Analog zuSlavojŽižeks»DerBalkanist[..]immerderAndere,erliegtirgendwoanders,immer ein wenig weiter im Südosten«51, wäre Frauenbewegung – in umgekehrter Verortung – damit dieAndere,würde irgendwo anders stattfinden, immer einwenig weiter im Westen.

    Ein wenig weiter westlich liegt auch Prag/Praha – zumindest aus Wiener und zu Zeiten der Donaumonarchie damit zentraler Perspektive.52 Und den-noch vermag die Auffassung, wonach tschechischdefinierteFrauenbewegungen deutschsprachigdefinierteFrauenbewegungeninPrag/Prahasowiedergesam-ten Habsburgermonarchie an Fortschrittlichkeit übertroffen hätten, zunächst zu

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    überraschen.53 Begründet wird diese historiographische Darstellung mit der Ver-mittlungstätigkeitVojtěchNáprsteks (1826–1894).Dieser habewährend einesmehrjährigen Aufenthaltes in den USA die Ideen dortiger Frauenbewegungen kennen gelernt und nach seiner Rückkehr in Prag/Praha verbreitet. Tschechische FrauenbewegungenseiendamitunterdirektemEinflussderzudiesemZeitpunktfortschrittlichsten Frauenbewegungen der Welt gestanden – den US-amerikani-schen.54 Fortschrittlichkeit in Prag/Praha und bei Tschechinnen und nicht in Wien oder bei deutschsprachigen Frauen der Habsburgermonarchie zu konstatieren, unterläuft das dominante Ost-West-Narrativ in Bezug auf Frauenbewegungen: Fortschrittlichkeit – als vornehmlich westliches Merkmal – macht aus tschechi-schen Frauenbewegungen westliche Frauenbewegungen. Doch so herausfordernd dieser Ansatz vorderhand erscheint, so schnell erweist er sich als bloße Variante des westlich verorteten Frauenbewegungs-Ideals. Denn die Fortschrittlichkeits-logik wohnt beiden hier dargestellten Fällen – lediglich unter umgekehrten Vor-zeichen – inne: Im Fall Zagrebs wurde und wird die Existenz fortschrittlicher Frauenbewegungen dem Ausland, Westen oder Zentrum bescheinigt, im Falle Prags vor Ort – bzw. wiederum (ein wenig) weiter westlich, in den USA – wahr-genommen. Sowohl dem nachholenden wie auch dem rivalisierenden Gestus sind demnach Vorstellungen von Osten und Westen, von Zentrum und Peripherie eingeschrieben.

    In diesem Zusammehang dominiert jedoch ein polarisierender Gestus, der die Unterschiede zwischen historischen Frauenbewegungen in Ost und West ausdrücklich betont. Just die Historiographie zu tschechisch definierten Frau-enbewegungen vermag diesbezüglich als Beispiel zu dienen und verdeutlicht zugleich Uneindeutigkeiten und Unvereinbarkeiten in der Beurteilung von Cha-rakteristika sowie geopolitischen Zuschreibungen historischer Frauenbewegun-gen. Nachdem etwa Karen Johnson Freeze unmissverständlich festhält, dass »in terms of a movement toward equality for women, in law or in practice, Bohe-mia (with the rest of Austria) was far behind these countries [Western Europe/France, England, and Germany, Anm.]«55, stellt sie die rhetorische – oder auch suggestive – Frage: »Why did Bohemia [...] not produce a women’s movement – Czech or German – comparable to that in other parts of Europe until after the turn of the century?«56 Für die Autorin scheint kein Zweifel an der Rück-ständigkeit von Frauenbewegungen in Böhmen zu bestehen. In dieser Hinsicht setzt sie tschechisch und deutschdefinierteFrauenbewegungenderHabsburger-monarchie gleich – und beide westeuropäischen Ländern gegenüber. Die von ihr diagnostizierte »eher verspätete Entwicklung« liegt Karen Johnson Freeze gemäß paradoxerweise in der Fortschrittlichkeit Böhmens, der egalitären Natur

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    der tschechischen Gesellschaft sowie dem Erbe der tschechischen Nationalbewe-gung begründet. Die Ursachen für die Rückständigkeit deutschsprachigdefinier-ter Frauenbewegungen in Böhmen sowie der gesamten Habsburgermonarchie lässt diese Deutung freilich ungeklärt.

    Im europäischen Vergleich »bescheidener und vor allem weniger militant«57 beurteilt auch Helena Volet-Jeanneret tschechische feministische Bewegungen: Es sei der Stellenwert von Nation und Wohltätigkeit58 gewesen, der tschechisch definiertevonanderen inEmanzipationsbewegungen involvierteFrauenunter-schieden hätte, denn in Frankreich, England oder Deutschland seien Frauenbewe-gungen kaum oder gar nicht wohltätig aufgetreten.59 Letzteres Argument diente allerdings auch zur Gleichsetzung historischer Frauenbewegungen: In den The-men Wohltätigkeit und Bildung erkennt Pavla Horská entscheidende Gemein-samkeiten zwischen Frauenvereinen in böhmischen Ländern sowie Westeuropa seit Mitte der 1860er Jahre.60 Auch an anderer Stelle wird Pavla Horská nicht müde,ParallelenundÜbereinstimmungenzwischen tschechisch und europäisch definiertenFrauenbewegungenhervorzuheben.61

    Zurück zum polarisierenden Gestus, der sich auch in Historisierung und His-toriographie polnisch definierter Frauenbewegungen wieder finden lässt undmit dem Konzept des pragmatic, community bzw. organic feminism seinen Höhepunkt im Kontext ukrainischdefinierterFrauenbewegungenerreicht.Derpolarisierende Gestus lebt von der Betonung der Unterschiede zwischen Frau-enbewegungen in Ost und West und macht diese bevorzugt an Nation/en fest. So wird etwa weiterhin angenommen, »dass sich Frauenbewegungen den hefti-genNationalitätenkonfliktenundstarkenNationalbewegungeninRegionenohneNationalstaaten untergeordnet hätten [...]«62. Oder es wird davon ausgegangen, dass Debatten über so genannte Frauenbewegungen, wie sie in westlichen Gesell-schaften geführt wurden, in der polnischen Presse bestenfalls widerhallten.63 Pol-nisch definierteFrauenbewegungenerscheinendamitalsbloßesEcho westlich definierterFrauenbewegungenundverkörpern»mitSicherheitnichtdieSpeer-spitze der feministischen Bewegung in Europa«64. Der Vergleich mit dem Westen bleibt stets präsent: »Der polnische Feminismus schöpfte weitgehend aus dem-selben Ideenfundus wie die westlichen Frauenbewegungen, entwickelte jedoch unter den gegebenen Bedingungen im geteilten Polen eine eigene Dynamik.«65 Wie lassen sich diese Dynamik und damit polnischdefinierteFrauenbewegun-gen beschreiben? Frauenbewegungen in Polen [sic] seien »anders und weniger differenziert als in Westeuropa« gewesen.66 Und wenngleich sich »politische[...] Ziele«67 und »Anliegen«68 polnisch definierter Frauenbewegungen nicht vonjenen westlichdefinierterFrauenbewegungenunterschiedenhätten,soseidoch

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    ihr »Mobilisierungs- und Organisationsgrad«69 geringer gewesen: »Polnische Feministinnen betrachteten ihre Frauenbewegung als verspätet, rückständig und schlecht organisiert. Diese Einschätzung gewannen sie aus dem Vergleich mit anderen Nationen.«70 Namentlich nennt Natali Stegmann in diesem Zusammen-hang Paulina Kuczalska-Reinschmit,71 die als so genannte hetmanka72 – Heer-führerin – in die Geschichte polnisch definierter Frauenbewegungen eingehensollte,sowieIzaMoszczeńska(1864–1941)73, deren feministischer Standpunkt weit weniger als jener Paulina Kuczalska-Reinschmits »von den Entwicklungen westlicher Frauenbewegung geprägt«74 gewesen sei.

    Doch selbst die schiere Existenz polnischdefinierterFrauenbewegungenum1900 wurde in Historisierungen und wird in Historiographien – wie auch im Falle Kroatiens – in Frage gestellt: In ihrer Studie über moderne Frauenbewegungen beschrieb Käthe Schirmacher (1865–1930) die Bedingungen für die Entstehung von Frauenbewegungen in slawischen Ländern als in jeder Hinsicht ungünstig: »In allen slawischen Ländern fehlt eine alte und tiefe, westeuropäische Kultur. ÜberallhabendieorientalischenAnschauungenvomWesenderFrauharteSpu-ren hinterlassen. [...] All diese Umstände erschweren die Frauenbewegung ganz ungemein.«75DiesenÜberlegungenfolgendstellteFritzVosberg76 1912 fest, dass unter der polnischen Bevölkerung keine Frauenbewegung in modernem Sinne existiere, da jede Frauenbewegung »eine gewisse Höhe geistiger Kultur und geistiger Freiheit« voraussetze, wie sie »westeuropäische Länder« zwar durch-aus besäßen, slawische Völker allerdings gänzlich vermissen ließen. Zugleich schränkte er jedoch ein, dass die Entwicklung großer Frauenorganisationen, wel-che »eine rege Tätigkeit auch auf politischem, sozialem und gewerkschaftlichem Gebiet« durchführten, »in gewissem Sinne [dennoch, Anm.] von einer polni-schen Frauenbewegung« sprechen ließen.77 Knapp acht Jahrzehnte später beklagt Natali Stegmann die selbst unter polnischen HistorikerInnen weit verbreiteten Zweifel an der Existenz polnisch definierterFrauenbewegungenum1900.78

    Den Westen haben AutorInnen und HistorikerInnen immer wieder als eine Art frauenbewegter Norm gesetzt und dabei mitunter außer Acht gelassen, dass Frau-enbewegungen zu keiner Zeit und an keinem Ort ein einheitliches Phänomen dar-stellten. Genau an diesem Punkt setzt der bereits erwähnte Begriff des pragmatic, community bzw. organic79 feminism an, wie er 1988 von Martha Bohachevsky-Chomiak geprägt wurde.80 Was ukrainisch definierteFrauenbewegungenum1900demnach auszeichne, sei ihre Andersheit im Vergleich zu jeglichen Ausprägungen anderer europäischer Frauenbewegungen. Der vorhandene westliche (Frauenbewe-gungs-)Rahmen, der das gesellschaftliche Engagement ukrainischer Frauen nicht erfasse,habeeinespezifische»VariantedesFeminismus«81 notwendig gemacht:

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    One can speak of feminist regionalism or, better yet, of a pragmatic feminism whose major

    characteristics were a stress on self-help, co-operation among socio-economic classes and

    sometimes among the nationalities inhabiting the area, lack of interest in the theoretical

    discussion of the women’s question, a practical bent in women’s activities, avoidance of

    ideology, but in the final analysis, subordination of women’s goals to those of the nation

    or the prevalent ideology.82

    Dieser elaborierteste Ausdruck polarisierender Differenzierungen zwischen his-torischen Frauenbewegungen in Ost und West beeindruckt zunächst durch seine Wirkmächtigkeit und Unumstrittenheit: Autorinnen wie Ganna Gerasymenko83, Lyudmyla Smolyar84 oder Tatiana Zhurzhenko85 lassen keinen Zweifel daran, dass Martha Bohachevsky-Chomiaks Ausführungen zum pragmatic, organic bzw. community feminism auch knapp zwanzig Jahre nach ihrer Veröffentlichung volle Gültigkeit beanspruchen können. Lyudmyla Smolyar erweitert den Entwurf gar zu einem eigenen slawischen Typ von Frauenbewegung86 und hält dem ukra-inischen Feminismus zugute, es sei ihm gelungen, »to avoid the subconscious aggression towards traditional man which is so typical for Western feminism.«87 Dieser Seitenhieb veranschaulicht exemplarisch, dass sich Vorstellungen über Frauenbewegungen hier und dort oftmals nicht nur vage und unkonkret, sondern geradezu stereotyp gestalten. In vorliegendem Fall: hier Frauenbewegungen, die mit Männern (der eigenen Nation) kooperieren würden, dort Frauenbewegun-gen, die sich Männern gegenüber »unbewusst aggressiv« zeigten. Einzig Oksana Malančuk-RybakäußertverhalteneKritikundzeigtsichskeptisch,obdasKon-zept eines »pragmatischen Feminismus« in der Lage sei, das gesamte Spektrum ukrainischdefinierterFrauenbewegungenzuumfassen.88

    Im Unterschied zu westeuropäischen Frauen seien »traditional ladies’ causes« – dazu zählt Martha Bohachevsky-Chomiak »the struggle against prostitution; promotion of conventional philanthropy; and public discussion of women’s equality, including the right of women to the franchise and to education« – nicht die Sache ukrainischer Aktivistinnen gewesen.89 Diese hätten weniger individu-elle Selbstverwirklichung als eine aktive Involvierung in die Angelegenheiten ihrer (nationalen) Gemeinschaft angestrebt. Das westliche Verständnis von Frau-enbewegung könne das spezifische Engagement ukrainisch definierter Frauenweder erklären noch erfassen, was seine Positionierung abseits der bestehenden Frauenbewegungs-Norm – also keine ukrainisch definierte Frauenbewegung –zur Folge gehabt hätte. Martha Bohachevsky-Chomiak erweitert daher den gän-gigen Rahmen von Frauenbewegungen um das Konzept des pragmatic, organic bzw. community feminism, welches die Aufnahme der Ukrainerinnen unter die

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  • 115Wie Frauenbewegung geschrieben wird

    Frauenrechtlerinnen bzw. Feministinnen erlaubt – ungeachtet der Ablehnung derartiger Bezeichnungen seitens historischer Akteurinnen.90

    Bei aller Problematik besitzt das Konzept des pragmatic, organic bzw. commu-nity feminism einensubversivenAspekt:Gemeinhinidentifiziertdaswissenschaft-liche Feld Theorie und Theorieproduktion weit mehr mit Westen als mit Osten. Der Osten gilt als unbekannt(er)es Terrain, dessen Erforschung die empirische Anwen-dung westlicher Theorien erfordere. Dieser Konvention widersetzt sich Martha Bohachevsky-Chomiak, indem sie ihre Studie zu einem »theoretischen Beitrag zur Frauenforschung und der Analyse des Feminismus« erklärt, der »unser Verständ-nis des Funktionierens von Frauenorganisationen«91 vertiefe. Woher allerdings das Anliegen rührt, die historischen Aktivitäten von Ukrainerinnen unter dem Etikett Frauenbewegung oder feminism zu subsumieren, bleibt offen.

    Historisierung und Historiographie von Frauenbewegungen

    Ungeachtet gegebener Unklarheiten über Begriff und Definition sowie Exis-tenz von Frauenbewegungen setzte die Dokumentation ihrer Geschichte bereits um 1900 ein und wurde insbesondere von Protagonistinnen der Frauenbewe-gungenbetrieben.DieErgebnisseentsprechenderMaßnahmen–darunterfielenMonographien, Gedenk- und Jubiläumsbände, Zeitungsartikel, Ausstellungen etc. – sprechen für ein frühes und ausgeprägtes historisches Bewusstsein frau-enbewegter Aktivistinnen. Ich bezeichne diese Praxis der Geschichtspolitik als Historisierung92 und unterscheide sie von Historiographie, unter der ich die (wis-senschaftliche) Auseinandersetzung mit historischen Frauenbewegungen durch Angehörige späterer Generationen verstehe.

    Für die Historiographie von Frauenbewegungen stellen die Produkte der Histo-risierung wesentliche Quellen dar, die allerdings mitunter keiner entsprechenden Quellenkritik unterzogen und nicht nach ihren jeweiligen Entstehungskontexten befragt werden. Die Reflexion desVerhältnisses zwischenHistorisierung undHistoriographie von Frauenbewegungen steht daher im Mittelpunkt des folgen-den Abschnitts und soll anhand zweier Beispiele erfolgen. Dabei wird sich zei-gen, dass Historisierungen und Historiographien bemerkenswerte Parallelen und Analogien aufweisen können; dass sie aber auch – zeitgenössischen bzw. gegen-wärtigen (Forschungs-)Interessen folgend – auffallend von einander abweichen können.

    1926 feierte der Allgemeine (Slowenische)93 Frauenverein sein 25jähri-ges Bestehen. Aus diesem Anlass war auf dem Messegelände in Ljubljana die

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  • 116 Natascha Vittorelli

    Ausstellung Slovenska žena (Die slowenische Frau) organisiert worden94, die von einer Publikation mit dem selben Titel begleitet werden sollte. Hinsicht-lich Umfang und Inhalt überstieg diese Veröffentlichung einen gängigen Aus-stellungskatalog bei weitem. In ihrem Vorwort hielt die Herausgeberin – und langjährige Sekretärin des Allgemeinen (Slowenischen) Frauenvereins – Minka Govékarjeva (1874–1950) fest, dass Ausstellung wie Buch nicht allein die Tätig-keit des Vereins, sondern »das Streben und Sehnen slowenischer Frauen im Allgemeinen«95 würdigten. Ziel sei eine umfassende und gerechte Beurteilung des Wirkens slowenischer Frauen gewesen. Zu diesem Zwecke waren Rund-schreiben mit Fragebogen versandt und Aufrufe in Zeitungen veröffentlicht wor-den, doch der Rücklauf habe sich als gering erwiesen. Die Herausgeberin sei sich daher schmerzlich bewusst,

    dass die Broschüre kein erschöpfendes Werk bedeutet und keine wissenschaftliche Bedeu-

    tungbesitzt.Sie[dieBroschüre,Anm.]möchte lediglicheinenanschaulichenÜberblick

    über den weiblichen Beitrag zur slowenischen Geschichte sowie auf allen Gebieten unse-

    rer Zivilisation und Kultur bieten. [...] Das Buch Die slowenische Frau stellt den ersten slowenischen Frauensammelband dar, den wir als einen Entwurf für eine künftige grundle-

    gende Monographie über Leiden, Streben und Wirken slowenischer Frauen erachten.96

    Der umfassende Anspruch des Titels schlug sich im Aufbau des Bandes nieder: HistorischenÜberblickstextenzur Slowenischen Frau in der Kulturgeschichte, zum Leiden der slowenischen Frau zur Zeit der Türken oder auch zur Sloweni-schen Frau in der Reformation folgten Beiträge wie Epische Volkslieder über die slowenische Frau, Slowenische Schauspielerinnen und Unsere Sängerinnen, Musikerinnen und Tänzerinnen. Die umfangreichste Abhandlung widmete sich den Sloweninnen und der slowenischen Literatur. Ab der Mitte des rund 300 Sei-ten starken Werkes setzte eine Historisierung slowenisch definierterFrauenbewe-gungen ein: Die Rede war von der Aktivität slowenischer Frauen, von 25 Jahren weiblicher Tätigkeit – genau genommen des Allgemeinen (Slowenischen) Frau-envereins –, von Unserem Frauenzeitschriftenwesen und von der Slowenischen Mädchenschulbildung und Lehrerinnenschaft. Die Absicht war eindeutig: Die Figur der slowenischen Frau sollte – mit Schwerpunkt auf ihre frauenbewegte Tätigkeit – in die slowenische Geschichte eingeschrieben werden. Dem Anlass entsprechend sah der (Jubiläums-)Kontext vor allem eine feierliche Bestandsauf-nahme und weniger eine kritische Aufarbeitung vor.

    Dennoch – oder gerade deshalb – sollte Die slowenische Frau eine maß-gebliche (Inspirations-)Quelle für die Historiographie slowenisch definierter

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  • 117Wie Frauenbewegung geschrieben wird

    Frauenbewegungen darstellen: Als es Anfang des 21. Jahrhunderts gilt, den in Vergessenheit geratenen Allgemeinen (Slowenischen) Frauenverein in Erinne-rung zu rufen, geschieht dies erneut in Form einer Ausstellung. Anlässlich des 100. Jahrestages der Vereinsgründung wurde in den Räumlichkeiten des Archivs der Republik Slowenien Einblick in die »soziale, kulturelle, gesellschaftliche und politische Tätigkeit« des 1945 aufgelösten Frauenvereins gegeben. Das große Interesse am Allgemeinen (Slowenischen) Frauenverein und seinen Mitfrauen, die den Weg von »braven Mädchen zu Feministinnen« zurückgelegt hatten, führt zur Herausgabe einer »umfassenderen Darstellung als dies ein Katalog vermag«97: Auf knapp 600 Seiten präsentieren insgesamt 30 AutorInnen ihre Ergebnisse. Zwar stehen 2001/2003 der Verein und seine Geschichte weit mehr im Vordergrund, als dies Mitte der 1920er Jahren der Fall war, doch nicht nur die ÜbereinstimmunginAnlass–einJubiläum–undFormdesGedenkens–Aus-stellung plus Sammelband – verblüffen, auch die Herausforderung scheint nach wievordieselbe:mithilfeeinesumfassendenÜberblicksFrauenindiesloweni-sche Geschichtsschreibung einzuschreiben.98 Der erste Teil Anfänge der Frauen-bewegung liest sich wie eine Art Vorgeschichte der Gründung des Allgemeinen Slowenischen Frauenvereins 1901. Es folgt eine ausführliche Darstellung des Vereins und seiner Geschichte. Die Berufstätigkeit von Vereinsfrauen – etwa als Lehrerinnen und Professorinnen, Ärztinnen, Juristinnen, Sängerinnen, Post- und Gemeindebedienstete – bildet den Ausgangspunkt für eine Reihe von kürzeren Buchabschnitten. Eingeschoben sind Ausführungen zum Frauenzeitschriften-wesen sowie zu den Ersten slowenischen Dichterinnen und Schriftstellerinnen. Einzelne Texte widmen sich den Gründungs- und Unterstützungsmitgliedern des Allgemeinen (Slowenischen) Frauenvereins bzw. seinen Zweigstellen auf slowenischem Gebiet. Zwar wird der historisierende ›Vorläufer-Band‹ an der einen oder anderen Stelle zitiert und seine Bedeutung als »wertvolles Hilfsmittel für die Erforschung der Frauengeschichte auf slowenischem Gebiet«99 durch-aus anerkannt, doch angesichts schier unübersehbarer Parallelen fällt die expli-zierte Bezugnahme insgesamt zurückhaltend aus. Dass auch in diesem Fall der feierliche Anlaß keine kritische Aufarbeitung slowenischdefinierterFrauenbe-wegungen zulässt, wirft nicht nur Fragen nach dem formalen und inhaltlichen Naheverhältnis von Historisierung und Historiographie auf, sondern auch nach angemessenen Formen von Erinnerung sowie deren Beständigkeit respektive Aktualität.

    Diskrepanzen zwischen Historisierung und Historiographie lassen sich indes-sen anhand eines Beispiels aus der österreichisch und bürgerlich100 definiertenFrauenbewegung um 1900 aufzeigen. Von kaum einer anderen Persönlichkeit

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  • 118 Natascha Vittorelli

    zeigtsichdieHistoriographieösterreichischdefinierterFrauenbewegungender-art fasziniert wie von Rosa Mayreder (1858–1938). Zahlreiche wissenschaftliche Abhandlungen befassen sich mit Person, Werk und Leben Rosa Mayreders101, ihre Texte werden neu aufgelegt102, eine Ausstellung rückt ihre Person ins Zen-trum des Wiener Feminismus um 1900103, eine feministische Bildungseinrich-tung – das Rosa-Mayreder-College104 – wird nach ihr benannt und schließlich ziert ein Porträt Rosa Mayreders ab 1997 den letzten österreichischen 500-Schil-ling-Schein. Ihre Anziehungskraft auf die (feministische) Frauenbewegungs-historiographie scheint ihrer Radikalität und Aktualität geschuldet, die sich zur Identifikationanbieten:RosaMayrederwirddemradikalen Flügel der bürgerlich definiertenFrauenbewegungzugeordnetundihretheoretischenSchriftenwürden»Gedanken [enthalten], die die Frauenbewegung ihrer Zeit weit hinter sich lie-ßen, die erst die Neue Frauenbewegung allmählich entwickelte«105. Im Gegen-satz dazu versicherten Rosa Mayreders Zeitgenossinnen gelegentlich, dass sie »nie als ›Emanzipierte‹«106 gewirkt habe, dass die »Frauenbewegung im Geiste Rosa Mayreders weitab von dem brutalen Krieg der Suffragetten«107 gelegen sei und dass »alle Veröffentlichungen Rosa Mayreders [selbstverständlich] keine Spur einseitiger Frauenrechtlerei«108 besitzen würden. Ihre Bedeutung als lang-jährige Vizepräsidentin des Allgemeinen Österreichischen Frauenvereins, als Mitherausgeberin der Dokumente der Frauen, als »Vorkämpferin für die Rechte der Frauen«109 wurde zwar durchwegs anerkannt und ihre Person entsprechend gewürdigt110, dennoch spielte Rosa Mayreder in den historisierenden Praktiken österreichisch definierterFrauenbewegungen einevergleichsweise untergeord-nete Rolle.

    Darin nahm vielmehr Marianne Hainisch (1839–1936) eine prominente, wenn nicht zentrale Stellung ein.111 Ihre Bedeutung begründete nicht zuletzt ein wie-derkehrendes Ursprungs-Narrativ, dank dessen sich nicht nur der Beginn öster-reichischdefinierterFrauenbewegungenaneinempräzisenDatumfestmachen,sondern auch direkt mit der Person Marianne Hainischs in Verbindung bringen ließ: Exakt am 12. März 1870 habe Marianne Hainisch auf der Generalversamm-lung des Wiener Frauenerwerbsvereins Zur Frage des Frauenunterrichtes Stel-lung bezogen und die Errichtung von Mädchenrealgymnasien gefordert112. Bis ins Jahr 1930 – immerhin sechs Jahrzehnte später – schien von diesem Ereignis suggestive Kraft auszugehen:

    So wird eigentlich das Entstehen der Frauenbewegung von dem denkwürdigen Auftreten

    der noch heute in fast ungebrochener geistiger und körperlicher Frische als Führerin Wir-

    kenden [gemeint ist Marianne Hainisch, Anm.] datiert.113

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  • 119Wie Frauenbewegung geschrieben wird

    Von diesem Tage [12. März 1870, Anm.] an datiert die österreichische Frauenbewe-

    gung.114

    An der Historisierung österreichisch definierterFrauenbewegungenzeigtesichauch Marianne Hainisch selbst nicht unbeteiligt.115 Der Beitrag, den sie dabei zur Inszenierung ihrer eigenen Person leistete, die sie als »mit der österreichischen Frauenbewegung unlösbar verbunden«116 erachtete, ist nicht zu unterschätzen. Ihren persönlichen Erinnerungen zufolge war ihrer Rede ein einschneidendes Erlebnis vorangegangen:

    An einem schönen Sommertag kam eine junge Freundin zu mir, deren kranker Mann die

    Familie nicht mehr ernähren konnte. Sie wollte Brot schaffen und holte sich bei mir Rat.

    Aber obwohl wir uns von morgens bis abends den Kopf zermarterten, konnten wir für die

    Frau, die mehrere Sprachen sprach und sehr musikalisch war, keine Erwerbsmöglichkeit

    ausfindig machen. Dies erschütterte mich. Denn unsere Arbeiterinnen konnten sich und

    ihre Kinder ernähren, wenn sie Witwen wurden. Warum konnten wir Bürgerliche nichts

    erwerben? Freilich handelte es sich um Erwerbsgelegenheiten, die höheren Lohn und eine

    der sozialen Stellung des Mannes entsprechenden Position gewähren sollten. Nun wurde

    mir plötzlich klar, daß bürgerliche Mädchen für den Erwerb vorbereitet werden müßten.

    Ich war tief ergriffen und wurde an diesem Tage zur Frauen-Vorkämpferin.117

    Als Die Österreicherin im Jahre 1930 eine Rundfrage unter dem Titel Wie ich zur Arbeit an der Frauenbewegung kam unternahm, antwortete Marianne Hainisch mit der Schilderung erwähnter Episode.118 Unter den acht weiteren Befragten führten insgesamt fünf den Namen Marianne Hainisch an: Marianne Hainisch hatte Hertha Sprung (1862–1961) direkt angesprochen und Marie Vian (†1931) für die Frauenbewegung begeistert, verkörperte fürAdolfineMalcher (1858–1948) ein leuchtendes Beispiel, hatte Dora Teleky (1881–1963) tief beeindruckt und Marie Hafferl zur aktiven Mitarbeit angeregt. Während Marianne Hainisch keine (theoretischen) Texte hinterließ, die das Interesse der (feministischen) Frauenbewegungshistoriographie auf sich gezogen hätten, dürfte sie zu Lebzei-ten als aktive – und durchaus erfolgreiche – Netzwerkerin gewirkt haben. Mit der ÜbernahmedesVorsitzesdesBundes österreichischer Frauenvereine (BÖFV), der 1902 gegründet wurde, erfüllte sie zudem nicht nur eine wichtige Reprä-sentationsrolle innerhalb österreichischdefinierterFrauenbewegungen,sondernauch eine wesentliche Vermittlungsfunktion zwischen internationalen und öster-reichischen Frauenvereinen. Die beeindruckende Lebensspanne – Marianne Hai-nisch war immerhin fast 100 Jahre alt geworden – schien nicht unerheblich zu

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  • 120 Natascha Vittorelli

    ihrer Stilisierung als grande dame österreichischdefiniertenFrauenbewegungenbeigetragen zu haben. Anlässlich des 90. Geburtstags der Jubilarin stellte Regine Ulmann (1847–1939) daher 1929 auch die Frage: »Was ist uns Marianne Hai-nisch?« Ihre – an dieser Stelle nur unvollständig wiedergegebene – Antwort lau-tete: »Vorbild«, »Erlöserin«, »Verkörperung des Guten und Schönen«, »Prüferin im Streite«, »Kämpferin für Recht und Gleichheit«, »Anregerin«, »Gründerin«, »Siegerin«, »Führerin«119. Noch bis in die 1950er Jahre hinein galt Marianne Hainisch als »Wegbereiterin«, »Begründerin« und »Führerin«120, danach tritt »ein Vergessen und Verdrängen der Person Hainischs«121 ein.

    Die Fokussierung der Historisierungspraktiken bürgerlichdefinierterFrauen-bewegung auf die Bedeutung Marianne Hainischs führte zur Vernachlässigung von Vertreterinnen des als radikal geltenden Flügels – wie etwa Rosa Mayreder. Im Gegenzug hat die Historiographie österreichischdefinierterFrauenbewegun-gen über geraume Zeit verabsäumt, sich adäquat mit der Figur Marianne Hai-nischs auseinanderzusetzen.122

    Wie Frauenbewegung schreiben?

    Die Erforschung historischer Frauenbewegungen scheint nichts an Bedeutung und Relevanz eingebüßt zu haben. Insofern Fragen nach inhaltlichen, theoreti-schen und methodischen Möglichkeiten, Frauenbewegungsgeschichte zu schrei-ben, neu gestellt und innovativ ausgelotet werden, dürfte das Interesse auch in Zukunft anhalten. Viel versprechend erscheint mir in dieser Hinsicht, Histori-sierung und Historiographie von Frauenbewegungen vermehrt zueinander in BeziehungzusetzenundihrspezifischesVerhältniszureflektierenundzuüber-denken: Manche Motive kehren – durch Zeit und Nation, durch Historisierung und Historiographie – wieder, andere variieren oder weichen gänzlich von einan-derab.DiesorgfältigeÜberprüfungvonHistorisierungenundHistoriographienvon Frauenbewegungen, ihres jeweiligen Entstehungskontextes und ihrer Bezie-hungen zueinander birgt neue Einsichten und neue Erkenntnisse. Ähnlichkeiten ebenso wie Unterschiede in historisierenden und historiographischen Narrativen national definierter Frauenbewegungen der Habsburgermonarchie lassen sichdamitidentifizierenunduntersuchen.

    WieanhandderÜberlegungenzurKonzeptionvon Osten und Westen darge-legt, ist die Aufmerksamkeit für historisierende und historiographische Praktiken von Frauenbewegungen mit unterschiedlichsten Fragenstellungen und Thema-tiken kombinierbar. Ich plädiere in diesem Zusammenhang weder für eine Ver-

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  • 121Wie Frauenbewegung geschrieben wird

    einheitlichung des Frauenbewegungsbegriffes123 noch für eine Festlegung der Begriffe Osten oder Westen.SolcheDefinitionenwürdenEin-undAusschlüsselediglich re/produzieren und gängige Entwürfe von Osten und Westen mehr bestä-tigen denn destabilisieren.124 Die Tatsache, dass im Falle des Phänomens Frau-enbewegung keine eindeutige Bestimmung existiert, hatte und hat vielmehr eine anhaltende Offenheit und Dynamik des Frauenbewegungs-Begriffes zur Folge, die sich als produktiv erwiesen haben. Die Ausarbeitung einer – vermeintlich –letztgültigenDefinitionvonFrauenbewegung,derentsprechendjeweilsnachBelegen für Vorhandensein bzw. Abwesenheit von historischen Frauenbewegun-gen zu suchen wäre, erscheint mir fragwürdig und verheißt zudem nur geringen Erkenntnisgewinn.

    Joan Wallach Scott hat das Paradoxon von Gleichheit und Differenz, das seit der Erklärung der Menschenrechte ein universales Prinzip einer ausschließen-den Praxis gegenüberstellt, eindrucksvoll analysiert. Diese grundlegende – und konfliktreiche– InkonsistenzhatwiederholtWiderspruchundWiderstandher-vorgerufen und stellt eine Ausgangsbedingung für die Entstehung von Frauenbe-wegungen dar.125 Ein Eintreten von Frauen für ihre (staatsbürgerlichen) Rechte, das sich bei aller Unterschiedlichkeit in politischen Zielen und Ausrichtungen, in Argumentationen, Strategien und Intensitäten sowie in historischen Kon-texten allenfalls mit Frauenbewegung benennen ließe, scheint damit vielerorts erwartbar. Die historiographische Herausforderung besteht darin, die jeweilige Beschaffenheit, den entsprechenden Charakter, die konkrete Form dieses Phäno-mens eingehend zu beschreiben. Auf diese Weise können die vielfältigen Aus-prägungen historischer Frauenbewegungen der Habsburgermonarchie präziser erfasst werden – oder aber es ließe sich feststellen, dass sich Frauenbewegungen in Osten und Westen, Norden und Süden, Zentrum oder Peripherie nicht wesent-lich von einander unterschieden.

    Anmerkungen

    1 Ebenfalls vorhanden, für den Kontext des vorliegenden Textes allerdings weniger rele-

    vant, ist die geopolitische Verortung von Frauenbewegungen als nördliche und südliche.

    Für diesen und weitere Hinweise sowie ihre kritische Lektüre und Diskussionsbereit-

    schaft danke ich Veronika Wöhrer. Georg Beckmann hat den Text dankenswerterweise

    Korrektur gelesen.

    2 Wo von einem (übergeordneten) Konzept die Rede ist, verwende ich Frauenbewegung

    im Singular, im Plural verweisen Frauenbewegungen auf historische Phänomene.

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  • 122 Natascha Vittorelli

    3 Den Einfluss internationaler Frauenorganisationen im Zuge der »Nationalisierung« von

    Frauenbewegungen der Habsburgermonarchie hat Susan Zimmermann dargelegt. Siehe

    Zimmermann, Susan, The Challenge of Multinational Empire for the International

    Women’s Movement. The Habsburg Monarchy and the Development of Feminist Inter/

    National Politics, in: Journal of Women’s History, 12 (2005) 2, 87-117; Zimmermann,

    Susan, Reich, Nation und Internationalismus. Kooperationen und Konflikte der Frauen-

    bewegungen der Habsburger Monarchie im Spannungsfeld internationaler Organisation

    und Politik, in: Heindl, Waltraud/Király, Edit/Millner, Alexandra, Frauenbilder, femi-

    nistische Praxis und nationales Bewusstsein in Österreich-Ungarn 1867–1918, Tübin-

    gen/Basel 2006, 119-167.

    4 Volet-Jeanneret, Helena, La femme bourgeoise à Prague 1860–1895. De la philanthro-

    pie à l’émancipation, Lausanne 1988, 267.

    5 Volet-Jeanneret, La femme bourgeoise à Prague, 284.

    6 Vgl. Bohachevsky-Chomiak, Martha, Feminism in Ukrainian History, in: Journal of

    Ukrainian Studies, 7 (1982) 1, 16-30 (hier: 16).

    7 »[T]hey [Czech women, Anm.] understood the two movements – national and women’s

    liberation – as complementary to one another.« Reinfeld, Barbara, Františka Plamín-

    ková (1875–1942). Czech Feminist and Patriot, in: Nationalities Papers, 25 (1997) 1,

    13-33 (hier: 17).

    8 »For Ukrainian women generally, women’s liberation was less important than natio-

    nal emancipation.« Bohachevsky-Chomiak, Martha, Feminists Despite Themselves.

    Women in Ukrainian Community Life. 1884–1939, Edmonton 1988, 86; Oder: »[F]emi nism was not the starting point but the after-effect of the national movements of

    non-sovereign states.« Smolyar, Lyudmyla, The Ukrainian Experiment. Between Femi-nism and Nationalism or the Main Features of Pragmatic Feminism, in: Saurer, Edith/

    Lanzinger, Margareth/Frysak, Elisabeth (Eds.), Women’s Movements. Networks and

    Debates in Post-Communist Countries in the 19th and 20th Centuries, Köln/Weimar/

    Wien 2006, 397-411 (hier: 410); diesen Ansatz befragt Hüchtker, Dietlind, »Erfahrung« als politische Kategorie. Geschlecht und Nationalität in der Publizistik der Zionistin

    Rosa Pomeranz aus Galizien, in: Wiener Zeitschrift zur Geschichte der Neuzeit, 2

    (2002) 2, 57-72 (hier: 60f) sowie dies., Die Bäuerin als Trope. Sprache und Politik in der polnischen Frauen- und Bauernbewegung an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhun-

    dert, in: Werkstatt Geschichte, (2004) 37, 49-63 (hier: 49).

    9 Stegmann, Natali, Die Töchter der geschlagenen Helden. »Frauenfrage«, Feminismus

    und Frauenbewegung in Polen 1863–1919, Wiesbaden 2000, 100.

    10 Siehe Walewska, Cecylja, Ruch Kobiecy w Polsce [Frauenbewegung in Polen], War-

    szawa 1909 (zwei Bände); Stegmann, Die Töchter der geschlagenen Helden. »Frauen-

    frage«, Feminismus und Frauenbewegung in Polen 1863–1919.

    gehmacher.indd 122 20.05.2009 10:43:32 Uhr

  • 123Wie Frauenbewegung geschrieben wird

    11 Hüchtker, Die Bäuerin als Trope, 54f.

    12 Hüchtker, Dietlind, Der Blick von der Peripherie. Die Erinnerung an die polnische

    Frauenbewegung und die galizische Unabhängigkeitsbewegung im geteilten Polen, in:

    Gehmacher, Johanna/Harvey, Elizabeth/Kemlein, Sophia (Hg.), Zwischen Kriegen.

    Nationen, Nationalismen und Geschlechterverhältnisse in Mittel- und Osteuropa 1918–

    1939, Osnabrück 2004, 83-103 (hier: 95).

    13 SieheexemplarischdazuЂорђевић,Мита[Đorđević,Mita],КултурнирадСрпкиња

    уВојводини[DiekulturelleArbeitderSerbinneninderVojvodina],in:Летопис

    Матице Српске [Jahrbuch der Matica Srpska], 101 (1927), 437-443; Добротворна задруга Српкиња Новосаткиња [Wohltätigkeitsverein der Serbinnen Novi Sads] (Hg.),ЖенскипокретуВојводини[DieFrauenbewegunginderVojvodina],Нови

    Сад[NoviSad]1933;Марковић,Љубица[Marković,Ljubica],Почецифеминизма

    уСрбијииВојводини[DieAnfängedesFeminismusinSerbienundderVojvodina],

    Београд[Beograd]1934;Božinović,Neda,ŽenskopitanjeuSrbijiuXIXiXXveku

    [Die Frauenfrage in Serbien im 19. und 20. Jahrhundert], Beograd 1996.

    14 Martha Bohachevsky-Chomiak unterscheidet in ihrer Monographie zwischen Ukrainian Women in the Russian Empire und Ukrainian Women in the Austrian Empire. Siehe Bohachevsky-Chomiak, Feminists Despite Themselves, 3-43 sowie 47-102.

    15 Smolyar, The Ukrainian Experiment.

    16 Stojaković,Gordana,Skicazastudiju.PočecifeminističkogpokretauVojvodini(1748–

    1941) [Studienskizze. Die Anfänge der feministischen Bewegung in der Vojvodina

    (1748–1941)],in:Stojaković,Gordana(Hg.),ZnameniteženeNovogSada[Berühmte

    Frauen Novi Sads], Band 1, Novi Sad 2001, 5-62.

    17 Siehe Gogîltan, Anca, Women’s Emancipation Movements in Transylvania, Banat,

    CrişanaandMaramureş(NineteenthCenturyuntil1918),BibliographyandCommentary.

    18 Bohachevsky-Chomiak, Feminists Despite Themselves, xxv.

    19 Volet-Jeanneret,LafemmebourgeoiseàPrague,205.(DieseundweitereÜbersetzun-

    gen: N. V.)

    20 Johnson Freeze, Karen, Medical Education for Women in Austria. A Study in the Poli-

    tics of the Czech Women’s Movement in the 1890s, in: Wolchik, Stanley L./Meyer, Alf-

    red G. (Eds.), Women, State and Party in Eastern Europe, Durham 1985, 51-63 (hier:

    371, FN 4).

    21 Nolte, Claire N., »Every Czech a Sokol!« Feminism and Nationalism in the Czech

    Sokol Movement, in: Austrian History Yearbook, 24 (1993), 79-100 (hier: 79f).

    22 David, Katherine, Czech Feminists and Nationalism in the Late Habsburg Monarchy:

    »The First in Austria«, in: Journal of Women’s Studies, 3 (1991) 2, 26-45 (hier: 28).

    23 Malečková,Jitka,TheEmancipationofWomenfortheBenefitoftheNation.The

    Czech Women’s Movement, in: Paletschek, Sylvia/Pietrow-Ennker, Bianka (Eds.),

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  • 124 Natascha Vittorelli

    Women’s Emancipation Movements in the Nineteenth Century. A European Perspec-

    tive, Stanford 2004, 167-188 (hier: 178).

    24 Volet-Jeanneret, La femme bourgeoise à Prague, 128f.

    25 Inhaltlich befassen sich beide Texte mindestens soviel mit tschechisch wie mit deutsch definierten Frauenbewegungen. Vgl. Horská, Pavla, Die Frauenbewegung der deut-

    schen bürgerlichen Minderheit in Prag in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, in:

    L’Homme, 3 (1992) 2, 73-80; Horská, Pavla, Die deutschen Frauenvereine in Böhmen,

    in: Germanoslavica, 2 (1995), 117-121.

    26 Horská, Die Frauenbewegung der deutschen bürgerlichen Minderheit in Prag, 74. Der

    ursprünglich multikonfessionelle und multinationale Charakter von Frauenwohltätig-

    keitsvereinen wurde auch im Zusammenhang mit der Frauenbewegungsgeschichte Novi

    Sadsunterstrichen.Vgl.Vittorelli,Natascha,Frauenbewegungum1900.ÜberTriest

    nach Zagreb, Wien 2007, 108.

    27 Horská, Die Frauenbewegung der deutschen bürgerlichen Minderheit in Prag, 75.

    28 Horská, Die Frauenbewegung der deutschen bürgerlichen Minderheit in Prag, 80 und 78.

    29 Vgl. etwa Hainisch, Marianne, Die Geschichte der Frauenbewegung in Österreich,

    in: Lange, Helene/Bäumer, Gertrud (Hg.), Handbuch der Frauenbewegung, Teil 1

    (Die Geschichte der Frauenbewegung in den Kulturländern), Berlin 1901, 167-188;

    Hainisch, Marianne, Zur Geschichte der österreichischen Frauenbewegung. Aus mei-

    nen Erinnerungen, in: Braun, Martha Stephanie (Hg.), Frauenbewegung, Frauenbil-

    dung und Frauenarbeit in Österreich, Wien 1930, 13-24; Fürth, Ernestine, Geschichte

    der Frauenstimmrechtsbewegung, in: Braun (Hg.), Frauenbewegung, 65-83; Urban,

    Gisela, Die Entwicklung der österreichischen Frauenbewegung im Spiegel der

    wichtigsten Vereinsgründungen, in: Braun (Hg.), Frauenbewegung, 25-64. Aspekte

    von Frauenbewegungen der Kronländer – seien es deutsch bzw. österreichisch oder anderweitig national definierte – fanden bestenfalls am Rande Erwähnung bzw. wurde

    das Bestehen »nationaler Gegensätze« herausgestellt. Historiographische Aufar-

    beitungen schenken den Kronländern vermehrt Aufmerksamkeit. Siehe jüngst etwa

    Birgitta Bader-Zaar, Frauenbewegungen und Frauenwahlrecht, in: Rumpler, Helmut/

    Urbanitsch, Peter (Hg.), Die Habsburgermonarchie, 1848–1918. Band 8/1 Politische

    Öffentlichkeit und Zivilgesellschaft. Vereine, Parteien und Interessensverbände als

    Träger der politischen Partizipation, Wien 2006, 1005-1027; Flich, Renate, Bildungs-

    bestrebungen und Frauenbewegungen, in: Rumpler/Urbanitsch (Hg.), Die Habsbur-

    germonarchie, 1848–1918. Band 8/1 Politische Öffentlichkeit und Zivilgesellschaft,

    941-964; Hauch, Gabriella, »Arbeit, Recht und Sittlichkeit«. Themen der Frauenbe-

    wegungen der Habsburgermonarchie, in: Rumpler/Urbanitsch (Hg.), Die Habsbur-

    germonarchie, 1848–1918. Band 8/1 Politische Öffentlichkeit und Zivilgesellschaft,

    965-1003.

    gehmacher.indd 124 20.05.2009 10:43:33 Uhr

  • 125Wie Frauenbewegung geschrieben wird

    30 Zimmermann, Susan, Die bessere Hälfte? Frauenbewegungen und Frauenbestrebungen

    im Ungarn der Habsburgermonarchie 1848 bis 1918, Wien 1999.

    31 Vgl, etwa exemplarisch Hüchtker, Dietlind, »Erfahrung« als politische Kategorie.

    Geschlecht und Nationalität in der Publizistik der Zionistin Rosa Pomeranz aus Gali-

    zien, in: Wiener Zeitschrift zur Geschichte der Neuzeit, 2 (2002) 2, 57-72; Malleier,

    Elisabeth, Jüdische Feministinnen in der Wiener bürgerlichen Frauenbewegung vor

    1938, in: Grandner, Margarete/Saurer, Edith (Hg.), Geschlecht, Religion und Engage-

    ment. Die jüdische Frauenbewegung im deutschsprachigen Raum. 19. und frühes 20.

    Jahrhundert, Wien/Köln/Weimar 2005, 79-101; Malleier, Elisabeth, Jüdische Frauen in Wien. 1816–1938. Wohlfahrt – Mädchenbildung – Frauenarbeit, Wien 2003; Malleier,

    Elisabeth, Zur Verschränkung jüdischer, frauenbewegter und nationaler Identitäten. Das

    Engagement jüdischer Frauen während des Ersten Weltkriegs in Wien, in: IWK-Mit-

    teilungen, 56 (2001) 4, 10-17; Mayr, Barbara, Jüdische Frauen in der österreichischen

    Frauenbewegung um 1900, Graz 2004 (unveröffentl. Diplomarbeit); Raggam-Blesch, Michaela, Der »fehlende Ort«. Frauenbewegte Jüdinnen zwischen Antisemitismus

    und Antifeminismus im Wien der Jahrhundertwende, in: Ariadne, (2003) 43, 14-21; Raggam-Blesch, Michaela, Frauen zwischen den Fronten. Jüdinnen in feministischen,

    politischen und philanthropischen Bewegungen in Wien an der Wende des 19. zum

    20. Jahrhundert, in: Grandner/Saurer (Hg.), Geschlecht, Religion und Engagement,

    25-55; Raggam-Blesch, Michaela, Zwischen Ost und West. Identitätskonstruktionen jüdischer Frauen in Wien, Innsbruck/Wien/Bozen 2008; Richers, Julia, Der Pester isra-elitische Frauenverein 1866–1914. Ein Beitrag zur jüdischen Frauen- und Geschlech-

    tergeschichte aus kulturwissenschaftlicher Perspektive, Basel 2001 (unveröffentl.

    Lizentiatsarbeit); Torggler, Elisabet, Jüdische Frauenwohltätigkeitsvereine in Wien von

    1867–1914, Wien 1999 (unveröffentl. Diplomarbeit); Torggler, Elisabet, Wohltätigkeit bürgerlicher jüdischer Frauen vor dem Ersten Weltkrieg, in: Grandner/Saurer (Hg.),

    Geschlecht, Religion und Engagement, 57-77.

    32 Auf die Wirkmächtigkeit dieses Narrativs auch im sozialistischen Kontext verweist

    Claudia Kraft in ihrer Stellungnahme in vorliegendem Band. Siehe Kraft, Claudia, Gab/

    GibteseineFrauenbewegunginOsteuropa?JitkaMalečkováäußertsichhingegenkri-

    tischgegenübereinemvorhandenen»mythofgenderharmony«.Vgl.Malečková,Jitka,

    Looking at »First-Wave Feminism« from Eastern Europe.

    33 Zagorka(=MarijaJurićZagorka),Hrvatskaizbornareformaižene[Diekroatische

    WahlrechtsreformunddieFrauen],in:Ženskisvijet[Frauenwelt],1(1917)4,145f

    (hier: 145f).

    34 Kuczalska-Reinschmit,Paulina,Naszedrogiicele.Skizdoprogramudziałalności

    kobiecej. Dodatek do Steru [Unsere Wege und Ziele. Skizze zum Programm der Tätig-keit von Frauen. Beilage zum Ster], Lwów 1897, 12.

    gehmacher.indd 125 20.05.2009 10:43:33 Uhr

  • 126 Natascha Vittorelli

    35 Stegmann, Natali, Zwischen feministischem Kampf und nationalem Opfer. Weibliche

    Leitfiguren der polnischen Frauenbewegung vor dem Ersten Weltkrieg, in: Scheide,

    Carmen/Stegmann, Natali (Hg.), Normsetzung und -überschreitung. Geschlecht in der

    Geschichte Osteuropas im 19. und 20. Jahrhundert, Bochum 1999, 19-33 (hier: 21).

    36 David, Czech Feminists and Nationalism in the Late Habsburg Monarchy, 35 und 40.

    37 Malečková,TheEmancipationofWomenfortheBenefitoftheNation,187.

    38 Stegmann, Die Töchter der geschlagenen Helden, 39. (Kursivsetzung hinzugefügt, Anm.)

    39 Stegmann, Die Töchter der geschlagenen Helden, 196. (Kursivsetzung hinzugefügt, Anm.)

    40 Bues, Almut, Frauen in Polen im 20. Jahrhundert, in: Wakounig, Marija (Hg.), Die

    gläserne Decke. Frauen in Ost-, Ostmittel- und Südosteuropa im 20. Jahrhundert, Inns-

    bruck u.a. 2003, 58-93 (hier: 65). (Kursivsetzung hinzugefügt, Anm.)

    41 Malečková,TheEmancipationofWomenfortheBenefitoftheNation,168.

    42 Scott, Joan W., Fictitious Unities. »Gender«, »East« and »West«. http://www.women.

    it/cyberarchive/files/scott.htm (16.7.2008) Ich verwende den Begriff Osten im Sinne von Ost-Europa. Dass ich dabei weder Osten/Ost-Europa nach Westen »abstecke«, ist gerade der Fiktionalität der betreffenden Einheiten verschuldet: Sie sind fiktional und gerade diese Fiktionalität begründet ihre Beständigkeit.

    43 Zu »Ost und West als zentrale Differenz« in Begegnungen von GenderforscherInnen in den 1990er Jahren siehe Wöhrer, Veronika, GrenzgängerInnen. Genderforschung

    zwischen Kapitalismus und (Post-)Sozialismus, Wien 2006 (unveröffentl. Dissertation),

    119-135.

    44 Vgl. dazu auch Zimmermann, Susan, Jenseits von Ost und West. Entwicklungswege

    zentral-osteuropäischer Frauenbewegungen im transnationalen Kontext, in: Pechriggl,

    Alice/Bidwell-Steiner, Marlen (Hg.), Brüche. Geschlecht. Gesellschaft. Gender Studies

    zwischen Ost und West, Wien 2003, 119-147 (hier: 126-136).

    45 Vgl. Z. (= Zofka Kveder), Der neue kroatische Frauenverein, in: Frauen Zeitung. Bei-

    lage zum Agramer Tagblatt, Nr. 117/24.5.1913, 1.

    46 Vgl. dazu etwa Hainisch, die Geschichte der Frauenbewegung in Österreich, 186;

    Krajčić,Lj.,II.KongresČeho-slavenskihžena[II.Kongresstschecho-slawischer

    Frauen],in:Domaćeognjište[HeimischerHerd],9(1909)3,56-59,(hier:58f);

    Ховорка,Зорка(=Hovorka,Zorka),Другиконгресчешкихжена[ZweiterKongress

    tschechischerFrauen],in:Варђанин,Аркадије(=Varađanin,Arkadije)(Hg.),Женски

    свет.Календар[Frauenwelt.Kalender],50-54,hier:53.

    47 Vgl.B.V.,ŽenskopitanjeuHrvatskoj[DieFrauenfrageinKroatien],in:Slovenka

    [Slowenin], 5 (1901) 9, 234–237 (hier: 236f).

    48 Entsprechend den mündliche Aussagen der Historikerinnen Andrea Feldman, Vlatka

    FilipčićMaligec,IdaOgrajšekundDubravkaPeićČaldarovićwährendeinesFor-

    schungsaufenthaltes in Zagreb im Juli 2002.

    gehmacher.indd 126 20.05.2009 10:43:33 Uhr

  • 127Wie Frauenbewegung geschrieben wird

    49 Vgl. Z. J. (= Zofka Kveder), Das Frauenvereinswesen in Kroatien, in: Frauen-Zeitung.

    BeilagezumAgramerTagblatt,Nr.104/6.5.1911,1;Zagorka(=MarijaJurić),Hrvatska

    izbornareformaižene[DiekroatischeWahlrechtsreformunddieFrauen],in:Ženski

    svijet [Frauenwelt], 1 (1917) 4, 145f, (hier: 145).

    50 Zu k/einer Frauenbewegung in Zagreb um 1900 siehe ausführlicher Vittorelli, Frauen-

    bewegung um 1900, 127-167.

    51 Žižek,Slavoj,LiebeDeinenNächsten?Nein,danke!DieSackgassedesSozialeninder

    Postmoderne, Berlin 1999 (3. Auflage), 8.

    52 Dass auch Wien bzw. die österreichisch definierte Frauenbewegung nicht unbedingt und jederzeit dem Westen zugerechnet wurde und selbst die Existenz einer österrei-chisch definierten Frauenbewegung nicht unumstritten war, vermag ein Zitat Alma Motzkos (1887–1968) aus dem Jahre 1955 – also zur Zeit der Besetzung Österreichs

    durch die Alliierten – zu veranschaulichen: »Die häufig vertretene Auffassung, daß

    sie [die österreichische Frauenbewegung, Anm.] ein ›Ableger‹ des Westens sei,

    stimmt in dieser Form nicht. Richtig ist wohl, dass man in der zweiten Hälfte des 19.

    Jahrhunderts in Deutschland schon von einer Frauenbewegung sprechen konnte [...]. Von ihm [dem Allgemeinen deutschen Frauenverein, Anm.] aus wirkte das Streben nach einer neuen Fassung von Frauen-Recht und -Pflicht [...] zweifellos auch in das

    konservativere Österreich herüber. [...] Auch bestanden in Österreich einige Frauen-

    berufsvereine (der allgemeine Lehrerinnenverein u.a.); aber dies alles war noch keine

    österreichische Frauenbewegung. Die Vereine arbeiteten nebeneinander, eingespannt

    in das Nahziel ihres engen Vereinszweckes, arbeiteten für die erwerbs- und berufstä-

    tige Frau im begrenzten Gebiet ihrer Sonderaufgaben, aber sie fanden weder den Weg

    zu gemeinsamen Vorgehen, noch auch das größere Konzept, das Grundriß und Aufriß

    einer durchgreifenden Änderung im Lebensraum der Frau hätte sein können. Das kam

    den österreichischen Frauen nicht aus dem Auslande, nicht aus deren Beispiel, das

    anderswo gegeben wurde, das kam aus der Kraft und dem Geist einer echt österrei-

    chischen Frauenpersönlichkeit [Marianne Hainisch, Anm.].« Motzko, Alma, Marianne

    Hainisch, in: Frauenbilder aus Österreich. Eine Sammlung von zwölf Essays, Wien

    1955, 19-34 (hier: 19f) (Hervorgehoben im Original).

    53 Eliška Krásnohorská (1847–1926) stellte den Bemühungen der tschechischen Frau-enbewegung um Frauenbildung wiederholt ein deutlich besseres Zeugnis aus als den

    Wienerinnen. Und auch im Vergleich mit der Frauenstimmrechtsbewegung stünden die Tschechinnen der Wiener Frauenbewegung um nichts nach.Vgl. etwa E. K. (= Eliška Krásnohorská), Prvnírakouskýsjezdženský[DerersteösterreichischeFrauenkon-gress],in:Ženskélisty[Frauenblätter],19(1891)9,192-195;10,207-210.Vgl.dazu

    auch David, Katherine, Czech Feminists and Nationalism in the Late Habsburg Monar-

    chy, 38 sowie Johnson Freeze, Medical Education, 372f (FN 74).

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  • 128 Natascha Vittorelli

    54 Vgl.Horská,Pavla,Zaprávažen[FürFrauenrechte],in:Dĕjinyasoučasnost

    [Geschichte und Gegenwart], 14 (1992) 1, 27-32 (hier: 30).

    55 Johnson Freeze, Karen, Medical Education for Women in Austria, 51.

    56 Johnson Freeze, Karen, Medical Education for Women in Austria, 53.

    57 Volet-Jeanneret, La femme bourgeoise à Prague, 266. 58 Zum politischen Gehalt von Frauenwohltätigkeit siehe Hauch, Gabriella, Politische

    Wohltätigkeit – wohltätige Politik. Frauenvereine in der Habsburgermonarchie bis

    1866, in: Zeitgeschichte, 19 (1992), 200-214.

    59 Vgl. Volet-Jeanneret, La femme bourgeoise à Prague, 275.

    60 Vgl. Horská, Pavla, Zur Frauenfrage in Böhmen in den siebziger Jahren des 19. Jahr-

    hunderts, in: Lemberg, Hans u.a. (Hg), Bildungsgeschichte, Bevölkerungsgeschichte,

    Gesellschaftsgeschichte in den böhmischen Ländern. Festschrift für Jan Havránek zum

    60. Geburtstag, Wien/München 1988, 244-250, (hier: 247).

    61 Vgl.Horská,Pavla,Zaprávažen[FürFrauenrechte],27. Horská, Pavla/Pešková, Jaros-lava,RozhovormezifilosofkouahistoričkouoženskeotázcevČechách[Gespräch

    zwischen einer Philosophin und einer Historikerin über die Frauenfrage in Böhmen], in:

    Filosofickýčasopis[PhilosophischeZeitschrift],40(1992)5,757-768,(hier:758).

    62 Hüchtker, Die Bäuerin als Trope, 49.

    63 Vgl. Fidelis, Malgorzata, »Participation in the Creative Work of the Nation«. Polish

    Women Intellectuals in the Cultural Construction of Female Gender Roles 1864–1890,

    in: Journal of Women’s History, 13 (2001) 1, 108-131 (hier: 109). Das Originalzitat lau-

    tet: »[D]ebates about the ›woman question‹ found in Western societies reverberated in

    the Polish press.« Zum Konzept der Feminist Reverberations siehe Scott, Joan Wallach, FeministReverberations,in:differences,13(2002)3,1-23.IneinerdeutschenÜberset-

    zung auch erschienen als Scott, Joan Wallach, Feministische Echos und Nachbeben, in:

    Werkstatt Geschichte, 11 (2002) 33, 59-77.

    64 Weickart, Eva, Zur Entwicklung der polnischen Frauenbewegung in der ersten Hälfte

    des 19. Jahrhunderts, in: Dalhoff, Jutta/Frey, Uschi/Schöll, Ingrid (Hg.), Frauenmacht

    in der Geschichte. Beiträge des Historikerinnentreffens 1985 zur Frauengeschichtsfor-

    schung, Düsseldorf 1986, 338-346 (hier: 338).

    65 Stegmann, Natali, Der Platz polnischer Feministinnen im galizischen Machtgefüge der

    1890er Jahre bis 1914, in: Heindl/Király/Millner (Hg.), Frauenbilder, 241-255 (hier:

    247).

    66 Fidelis, »Participation in the Creative Work of the Nation«, 109.

    67 Stegmann, Die Töchter der geschlagenen Helden, 10.

    68 Stegmann, Zwischen feministischem Kampf und nationalem Opfer, 22.

    69 Stegmann, Zwischen feministischem Kampf und nationalem Opfer, 22. Vgl. auch Steg-

    mann, Die Töchter der geschlagenen Helden, 4.

    gehmacher.indd 128 20.05.2009 10:43:33 Uhr

  • 129Wie Frauenbewegung geschrieben wird

    70 Stegmann, Die Töchter der geschlagenen Helden, 166.71 Den Unterschied zwischen der Lage der Frauen im Westen und der Lage polnischer

    Frauen hätte Paulina Kuczalska-Reinschmit folgendermaßen beschrieben: »Wenn die

    Frauen des Westens sich um die Erlangung der gleichen Rechte bemühen müssen, um in der Entwicklung ihrer Gesellschaft gleich glücklich und mit Gewinn zu arbeiten, dann

    sollen unsere Frauen vor allem nach der ständigen Verbreiterung ihrer Teilnahme an der

    Arbeit an der nationalen Kultur streben [...].« Vgl. Stegmann, Die Töchter der geschla-

    genen Helden, 93.

    72 Siehe dazu unter anderem Szermentowski, Eugeniusz, Hetmanka wielka i koronna [Die

    große und gekrönte Heerführerin], in: Kierunki [Richtungen], 4 (1959) 3, 6f.

    73 IzaMoszczeńskahabedenStandpolnischerFrauenbewegung1903negativeinge-

    schätzt: »[...] Und in der Frauenwelt bei uns – Ruhe. Wir trösten uns damit, daß das

    die Ruhe vor dem Sturm ist, einer von diesen geheiligten Sommerstürmen, welche

    die Atmosphäre aufhellen und die Welt von dem grauen, monotonen Staub reinigen.«

    Stegmann, Die Töchter der geschlagenen Helden, 91. 74 Stegmann, Die Töchter der geschlagenen Helden, 120.

    75 Schirmacher,Käthe,DiemoderneFrauenbewegung.EingeschichtlicherÜberblick,

    Leipzig 1905, 108. Nur wenige Jahre nach Erscheinen der Modernen Frauenbewegung nahm Käthe Schirmacher in ihrem Vortrag Die östliche Gefahr einen konträr zu inter-pretierendenStandpunktein:DievonihrkonstatierteÜberbrückungvonGeschlechts-

    wie Klassengegensätzen in der polnischen Nationalbewegung lasse eine polnisch definierte Frauenbewegung regelrecht obsolet erscheinen. Siehe dazu Gehmacher,

    Johanna, Der andere Ort der Welt. Käthe Schirmachers Auto/Biographie der Nation,

    in: Kemlein, Sophia (Hg.), Geschlecht und Nationalismus in Mittel- und Osteuropa

    1848–1918, Osnabrück 2000, 99-124 (hier insbesondere: 119f.).

    76 Wo nicht angegeben, waren entsprechende Lebensdaten nicht eruierbar.

    77 Vosberg, Fritz, Die polnische Frauenbewegung, Lissa 1912, 3. Ohne es auszusprechen,

    berücksichtigte Fritz Vosberg in seinem Text ausschließlich das preußische Teilungsge-

    biet Polens. Es bleibt also unklar, ob sich seine einleitende Anmerkung auf die gesamte

    »polnische Bevölkerung« bezieht oder nicht.

    78 Stegmann, Die Töchter der geschlagenen Helden, 2.

    79 Die Formulierungen pragmatic bzw. community feminism sind weit geläufiger als jene des organic feminism.VonletzteremistetwadieRedebeiБогачевска-Хомяк,Марта[Bohačevska-Chomjak,Marta], Предмова[Vorwort],in:МіленаРудницька.Статті,листи,документи[MilenaRudnyc’ka.Artikel,Briefe,Dokumente],Львів[L’viv]

    1998, 7-28 (hier: 12).80 Siehe dazu Bohachevsky-Chomiak, Feminists Despite Themselves.

    81 Bohachevsky-Chomiak, Feminists Despite Themselves, xix.

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  • 130 Natascha Vittorelli

    82 Bohachevsky-Chomiak, Feminists Despite Themselves, xxf.

    83 Gerasymenko, Ganna, The Development of Feminist Traditions in Ukraine, in: Saurer/

    Lanzinger/Frysak (Eds.), Women’s Movements, 383-395 (hier: 387).

    84 Smolyar, The Ukrainian Experiment, 398 und 410.

    85 Zhurzhenko, Tatiana, Ukrainian Women in Galicia. Origins of the Feminist Tradition

    and the Challenges of Nationalism, in: Heindl/Király/Millner (Hg.), Frauenbilder, 257-

    268 (hier: 262-265).

    86 Smolyar, The Ukrainian Experiment, 397. Das Konzept des pragmatic feminism wurde auch von Malgorzata Fidelis aufgegriffen, die »a similar community feminism in

    Poland« ortete. Siehe Fidelis, »Participation in the Creative Work of the Nation«, 110.

    87 Smolyar, The Ukrainian Experiment, 411.

    88 Маланчук-Рибак,Оксана[Malančuk-Rybak,Oksana],Ідеологіятасуспільнапрак-Маланчук-Рибак,Оксана[Malančuk-Rybak,Oksana],Ідеологіятасуспільнапрак-

    тикажіночогорухуназахідноукаїнськіхземляхXIX–першоїтретиниXXст.[Ideo-ст.[Ideo-

    logie und gesellschaftliche Praxis der Frauenbewegung in den westukrainischen Gebieten

    im19.unddemerstenDritteldes20.Jahrhunderts],Чернівці[Černivci]2006,81.

    89 Bohachevsky-Chomiak, Feminists Despite Themselves, xxif.

    90 »In fact, the typical position of Ukrainian women was to practice pragmatic feminism

    while renouncing the feminist label.« Bohachevsky-Chomiak, Feminists Despite Them-

    selves, 94.

    91 Bohachevsky-Chomiak, Feminists Despite Themselves, xvii (Kursivsetzung hinzugefügt).

    92 Auf das Vorhandensein und die Bedeutung historisierender Maßnahmen weist auch

    Krista Cowman in ihrem Beitrag in vorliegendem Band hin. Cowman, Krista, Histo-

    riographies of the Feminist Movement: Some Thoughts on the British Context. Vgl.

    auch Bosch, Mineke, History and Historiography of First-Wave Feminism in the

    Netherlands. 1860–1922, in: Paletschek/Pietrow-Ennker (Eds.), Women’s Emancipation

    Movements in the Nineteenth Century, 53-76.

    93 1922 wurde die nationale Bezeichnung aus dem Vereinsnamen gestrichen.

    94 Ein handschriftlicher Entwurf Minka Govékarjevas zur Ausstellung Slovenska žena (Die slowenische Frau) ist im Zgodovinski arhiv Ljubljana (Historisches Archiv Ljubljana) erhalten. Siehe Splošno žensko društvo (Allgemeiner Frauenverein), Ljubljana,Lj283,Šk5(Karton5),Ovoj3(Umschlag3),SŽDvletu1926(Allgemei-ner Frauenverein im Jahre 1926).

    95 Govékarjeva,Minka(Hg.),Slovenskažena[DieslowenischeFrau],Ljubljana1926,o.S.

    96 Govékarjeva(Hg.),Slovenskažena[DieslowenischeFrau],o.S.

    97 BudnaKodrič,Nataša/Serše,Aleksandra,Uvod[Einleitung],in:BudnaKodrič,Nataša/

    Serše, Aleksandra (Hg.), Splošno žensko društvo 1901–1945. Od dobrih deklet do femi-nistk [Allgemeiner Frauenverein 1901–1945. Von braven Mädchen zu Feministinnen], Ljubljana 2003, 3f (hier 3).

    gehmacher.indd 130 20.05.2009 10:43:33 Uhr

  • 131Wie Frauenbewegung geschrieben wird

    98 Vgl.Verginella,Marta,Mestoženskpodsteklenimstropom[DerPlatzderFrauenunter

    dergläsernenDecke],in:BudnaKodrič/Serše(Hg.),Splošno žensko društvo 1901–1945 [Allgemeiner Frauenverein 1901–1945], I-VIII (hier: VIIf.).

    99 Jeraj, Mateja, Minka Govekar. »Duša« Splošnog Ženskega Društva [Minka Govekar. Die »Seele« des Allgemeinen Frauenvereins],in:BudnaKodrič/Serše(Hg.),Splošno žensko društvo 1901–1945 [Allgemeiner Frauenverein 1901–1945], 144-154 (hier: 144).

    100 Zur Problematisierung des Konzepts einer »bürgerlichen Frauenbewegung« siehe Boxer,

    Marilyn J., Rethinking the Socialist Construction and International Career of the Con- Con-

    cept of »Bourgeois Feminism«, in: American Historical Review, 112 (2007) 1, 131-159.

    101 Siehe dazu exemplarisch die folgende, unvollständige Auswahl: Beiträge zum Rosa

    Mayreder gewidmeten Heft der Mitteilungen des Instituts für Wissenschaft und Kunst,

    1 (1989); Anderson, Harriet, Rosa Mayreder, in: Daviau, Donald (Ed.), Major Figu-

    resofTurn-of-the-CenturyAustrianLiterature,Riverside1991,259-290;Bubeniček,

    Hanna, Rosa Mayreders Essays und die Erkundung eines komplementären Erfahrungs-

    raumes als Ort des Denkens, in: Heindl/Király/Millner (Hg.), Frauenbilder, 61-70;

    Kubes-Hofmann, Ursula, »Etwas an der Männlichkeit ist nicht in Ordnung«. Intellektu-

    elle Frauen am Beispiel Rosa Mayreder und Helene von Druskowitz, in: Fischer, Lisa/

    Brix, Emil (Hg.), Die Frauen der Wiener Moderne, Wien/München 1997, 124-136;

    Leisch-Prost, Edith, Rosa Mayreder. Biographie, Ansichten, Forderungen, in: Frauen-

    Dok. Zeitschriftenartikel, Frauenartikel, Rezensionen, (2000) 1, 27-38; Schmölzer,

    Hilde, Rosa Mayreder. Ein Leben zwischen Utopie und Wirklichkeit, Wien 2002;

    Wobbe, Theresa, Politik, Macht und soziale Bewegung. Rosa Mayreder (1858–1938),

    in: Ariadne, (1995) 28, 11-15.

    102 ExemplarischetwaBubeniček,Hanna(Hg.),RosaMayrederoderWiderdieTyrannei

    der Norm, Wien/Köln/Graz 1986; Mayreder, Rosa, Geschlecht und Kultur. Essays. Mit

    einem Nachwort von Eva Geber, Wien 1998; Mayreder, Rosa, Zur Kritik der Weiblich-

    keit. Essays. Mit einem Nachwort von Eva Geber, Wien 1998.

    103 Vgl. Witzmann, Reingard (Hg.), Aufbruch in das Jahrhundert der Frau? Rosa Mayreder

    und der Feminismus in Wien um 1900, (125. Sonderausstellung des Historischen Muse-ums der Stadt Wien, 21. September 1989 bis 21. Jänner 1990), Wien 1989.

    104 Siehe www.rmc.ac.at (4.3.2009).

    105 Geber, Eva, Rosa Mayreder. Visionäre Theoretikerin des Feminismus, in: Mayreder,

    Rosa, Zur Kritik der Weiblichkeit. Essays, Wien 1998, 261-274 (hier: 267).

    106 Heller-Whyte, Lotte, in: Aufbruch der Frau. Zu Rosa Mayreders 70. Geburtstag, Jena

    1928, 107-109 (hier: 107f).

    107 Luzzetto, Elisabeth, in: Aufbruch der Frau. 61-63 (hier: 63).

    108 Hainisch, Marianne, Festgruß an Rosa Mayreder. Zu ihrem siebzigsten Geburtstage, in:

    Neue Freie Presse, 30. November 1928, 8.

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  • 132 Natascha Vittorelli

    109 Arthur, Marie, Das Werk der Denkerin Rosa Mayreder, in: Neue Freie Presse, 2.

    Dezember 1928, 36.

    110 Insbesondere anlässlich ihres 70. Geburtstags. Siehe Aufbruch der Frau.

    111 Für wertvolle Hinweise danke ich Heidi Niederkofler.

    112 Bezugnehmend auf den 12. März 1870 und seine Bedeutung u.a. Ulmann, Regine, Das

    Wirken von Marianne Hainisch auf dem Gebiete der Frauenbildung des Frauenrechts,

    in: Marianne Hainisch zum 25. März 1909, Wien 1909, 29-32 (hier: 29); Richter, Elise,

    Marianne Hainisch und das akademische Studium der Frauen, in: Die Österreicherin, 2

    (1929) 3, 4f (hier: 4); Ulmann, Regine, Was ist uns Marianne Hainisch?, in: Die Öster-

    reicherin, 2 (1929) 3, 2f (hier: 2); Hoheisl, Marie, Frauenbewegung in Österreich, in:

    Volks-Zeitung, Nr. 90/31.3.1935, 33f (hier: 33); Hainisch, Die Geschichte der Frauen-

    bewegung in Österreich, 171; Hainisch, Marianne, Die Anfänge der Frauenbewegung,

    in: Neue Freie Presse, Nr. 25247/25.12.1934, 29f (hier: 29).

    113 Urban, Die Entwicklung der österreichischen Frauenbewegung, 27.

    114 H. W. (= Helene Wagner), 60 Jahre Österreichs Frauenbewegung, in: Österreichs Frau-

    enzeitung, 4 (1930) 1, 1f, (hier: 1) (Gesperrt im Original).

    115 Vgl. etwa Hainisch, Die Geschichte der Frauenbewegung in Österreich; Hainisch,

    Marianne, Die Frauenbewegung von 1870–1920, in: Die Frau und ihre Interessen, 1

    (1927) 1, 2f (hier: 2); Hainisch, Zur Geschichte der österreichischen Frauenbewegung;

    Hainisch, Die Anfänge der Frauenbewegung.

    116 Hainisch, Zur Geschichte der österreichischen Frauenbewegung, 13.

    117 Hainisch, Zur Geschichte der österreichischen Frauenbewegung, 14f.

    118 Hainisch, Marianne, Wie ich zur Arbeit an der Frauenbewegung kam, in: Die Österrei-

    cherin, 3 (1930) 4, 6.

    119 Alles: Ulmann, Was ist uns Marianne Hainisch?, 2.

    120 Zit. nach Niederkofler, Heidi, »Die Begründerin der Frauenbewegung in Österreich« .

    Marianne Hainisch als identitätsstiftende Figur in frauenbewegten Zusammenhängen

    nach 1945 in Österreich, in: Ariadne, (2006) 50, 32-37 (hier: 32).

    121 Niederkofler, »Die Begründerin der Frauenbewegung in Österreich«, 36.

    122 Derzeit arbeitet Michaela Königshofer (Universität Wien) an einer Dissertation zu

    Marianne Hainisch. Weiters siehe Laessig, Hildegard, Marianne Hainisch und die

    österreichische Frauenbewegung, Universität Wien (ungedr. Diss.) 1949; Perger, Lydia,

    Begegnung mit Marianne Hainisch. Frauenrecht – Frieden – Muttertag, Mürzzuschlag

    1986; Wallner, Viktor, Zwischen Fächer und Bubikopf. Die »vergessene« Emanzipation

    in Baden. Fanny Arnstein, Karoline Pichler, Betty Paoli, Marianne Hainisch, Adolfine

    Malcher, Baden 1993; Bader-Zaar, Birgitta, Marianne Hainisch, in: De Haan/Daskal-

    ova/Loutfi (Eds.), A Biographical Dictionary, 173-177.

    123 Entsprechende Versuche wurden wiederholt unternommen. Siehe allen voran die ein-

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  • 133Wie Frauenbewegung geschrieben wird

    schlägigen Arbeiten von Ute Gerhard und Karen Offen.

    124 Vor der Konstruktion eines »Sonderfalls Osteuropa« warnt auch Kerstin S. Jobst. Siehe

    Jobst, Kerstin S., Nationalitäten, Geschlecht und geographischer Raum. Anmerkun-

    gen zu dem »Sonderfall« Osteuropa, in: Gehmacher/Harvey/Kemlein (Hg.), Zwischen

    Kriegen, 129-142. Das Potenzial einer Geschlechtergeschichte Osteuropas angesichts

    von Raum- wie Geschlechterkonstruktionen wird von Claudia Kraft betont. Vgl. Kraft,

    Claudia, Die Geschlechtergeschichte Osteuropas als doppelte Herausforderung für die

    »allgemeine« Geschichte, auf: http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/forum/2006-06-

    005 (26.1.2009).

    125 Scott, Joan Wallach, Only Paradoxes to Offer. French Feminists and the Right of Man,

    Cambridge/London 1996.

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