Weicher Faktor oder QS was verspricht sich die Patienten...

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Weicher Faktor oder QS was verspricht sich die Patienten- vertretung von Patienten- befragungen? Qualität kennt keine Grenzen, Tagung des AQUA-Instituts Göttingen, 09.05.2012 Dr. Ilona Köster-Steinebach

Transcript of Weicher Faktor oder QS was verspricht sich die Patienten...

Weicher Faktor oder QS – was verspricht sich die Patienten-vertretung von Patienten-befragungen?

Qualität kennt keine Grenzen,

Tagung des AQUA-Instituts

Göttingen, 09.05.2012

Dr. Ilona Köster-Steinebach

Agenda

1. Was ist „Patientenperspektive“ in der

Qualitätssicherung?

2. Welche Rahmenbedingungen für

Patientenbefragungen?

3. Was können Patientenbefragungen ergeben?

4. Fazit

Vorurteile rund um die „Patientenperspektive“

Da machen nur die Reichen bzw. Jungen mit

Es gibt viele Vorurteile gegenüber Aussagekraft, Validität oder Machbarkeit von Patientenbefragungen im Rahmen der Qualitätssicherung.

Was ist überhaupt Qualität?

Qualität „ (...) das Maß, in dem die gesundheitliche Versorgung von Individuen oder Gruppen die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass von Patienten erwünschte, auf die Gesundheit bezogene Ergebnisse erzielt werden, und zwar in Übereinstimmung mit dem aktuellen professionellen Wissen.“`

Institut of Medicine´ der ´National Academy of Sciences´ der USA 1990 / D. Klemperer 1996

„Ergebnisqualität beinhaltet zwei Aspekte: den Grad, zu dem erwünschte Therapieresultate erreicht werden, und den Grad, zu dem unerwünschte Behandlungsergebnisse vermieden werden. (…) Bitzer et al 2007, GMS Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie.

Aus Patientensicht ist die Verbesserung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität durch das Gesundheitswesen oberstes Ziel.

Was erreicht die Qualitätssicherung heute?

(Ergebnis-) Qualität

Vermeidung von Negativem Erzielung von Positivem

• Erhebung von Komplikationsraten und Fehlern in Prozess- und Dokumentationsqualität

• 30 Leistungsbereiche der stationären Qualitätssicherung (Transplantation und Herzchirurgie)

• Stichprobenprüfung in 39 ambulanten Leistungsbereichen

• QSR-Projekt der AOK • IQM-Initiative

• Stationäre Qualitätssicherung: ein (!) Indikator zu Beweglichkeit nach Hüft-TEP-Erstimplantation

Klare Defizite bei der Transparenz über Positives

Wie sollte die Patientenperspektive in die Qualitätssicherung eingebracht werden?

Nötige Datenbasis für beides: Patientenbefragungen!

Die Erreichung von patientenrelevanten Endpunkten hinsichtlich gesundheitsbezogener Lebensqualität muss konsequent im Rahmen der Qualitätssicherung erfasst werden:

• Verbesserung von Funktionalität • Schmerzreduktion • Ermöglichung sozialer Teilhabe

Auch bei der Prozessqualität sind patientenrelevante Faktoren wichtig und müssen erhoben werden:

• Verständlichkeit der Aufklärung • Entscheidungsbeteiligung entsprechend Wunsch der Patienten • Lückenlosigkeit der Versorgungskette • Wahrung der Würde • Angemessener Umgang mit Problemen (Angst, Informationsbedürfnis, …)

Agenda

1. Was ist „Patientenperspektive“ in der

Qualitätssicherung?

2. Welche Rahmenbedingungen für

Patientenbefragungen?

3. Was können Patientenbefragungen ergeben?

4. Fazit

Rechtlicher Rahmen für Patientenbefragungen in der gesetzlichen Qualitätssicherung

Regelungen zu Patientenbefragungen fehlen: • Datenerhebung und Datenfluss • Datenschutz • Nutzung und Konsequenzen der Ergebnisse

aber

„Richtlinie zur einrichtungs- und sektorenübergreifenden Qualitätssicherung“:

Präambel: Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) beschließt (…) diese Richtlinie zur Sicherung und Förderung der Qualität in der medizinischen Versorgung. (…) Diese haben insbesondere zum Ziel, die Ergebnisqualität zu verbessern, valide und vergleichbare Erkenntnisse über die Versorgungsqualität der Leistungserbringerinnen und Leistungserbringer zu gewinnen und damit die Selbstbestimmung der Patientinnen und Patienten zu stärken. Durch die sektorenübergreifende Betrachtung wird ein kontinuierlicher Qualitätsentwicklungsprozess eingeleitet.

Ausgestaltung von Patientenbefragungen

Ereignisorienter Ansatz: Reporting statt Rating

Bundesweit standardisierte einheitliche und manipulationssichere Durchführung

Angemessene Information und Motivation der Beteiligten

Qualifizierte Auswertung (Risikoadjustierung, Stratifizierung etc.)

Zusammenführung mit Dokumentations- und Routinedaten, perspektivisch nicht nur einrichtungs-, sondern auch fallbezogen

Transparenz / Public Reporting der Ergebnisse

Identifikation von Handlungsbedarf bei allen in der Versorgung befindlichen Leistungserbringern

regelmäßige, vergleichende Rückmeldung (Benchmarks) an die Leistungserbringer, um eine Umsetzung innerhalb des QM zu ermöglichen

Wiederholung in regelmäßigen Abständen (Monitoring-Funktion, Anreize für konstante Qualitätsverbesserung)

Nach der Erprobungsphase: Flächendeckung erforderlich!

Agenda

1. Was ist „Patientenperspektive“ in der

Qualitätssicherung?

2. Welche Rahmenbedingungen für

Patientenbefragungen?

3. Was können Patientenbefragungen ergeben?

4. Fazit

Beispiel 1: Patientenbefragung und Hygiene

Vorurteil: Patienten können die Hygienequalität in Kliniken nicht beurteilen.

Ergebnisse aus Patientenbefragungen für das Klinikum Bremen-Mitte vor Bekanntwerden der Hygieneprobleme in der Neonatologie:

• Weiterempfehlungsrate: 78,8% (Durchschnitt: 85,6%) • Einschätzung Hygiene: 69,6% (Durchschnitt: 77,9%) Quelle: Qualitätskliniken.de, abgerufen im Oktober 2011

Untersuchung von 166 Akutkrankenhäusern des NHS mit Vergleich von Ergebnissen aus Patientenbefragungen mit Routine- und Dokumentationsdaten, 25 % der am saubersten eingeschätzten Häuser:

• 5 % weniger Mortalität • 11 % geringere Wiedereinweisungsrate • 42 % weniger MRSA-Fälle Quelle: Archives of internal medicine, Februar 2012

Selbst Hygiene erscheint zuverlässig erfragbar!

Beispiel 2: Patientenbefragung zur Steuerung der Versorgung?

Ausgangspunkt: Vergleich von Krankenhausranglisten nur unter Nutzung von Routinedaten (einer Krankenkasse) und unter Einbezug von Patientenbefragungen für das Jahr 2002:

• Netto-Rücklaufquote: 82,7 % • ex-post-Befragung v.a. hinsichtlich Funktionalität und Schmerzniveau • Deutlich höhere Sensitivität der Befragungsergebnisse für

Qualitätsaussagen als Routinedaten • Gute Prädiktivität für Komplikationen => Nutzung für Risikoadjustierung • Sehr enger Zusammenhang zwischen anfänglichem

Einschränkungsniveau und erzielbaren Verbesserungen Quelle: Bitzer et al. 2007, GMS Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie.

Möglicher Ansatzpunkt für ergebnisorientierte Vergütung (pay for performance)

Agenda

1. Was ist „Patientenperspektive“ in der

Qualitätssicherung?

2. Welche Rahmenbedingungen für

Patientenbefragungen?

3. Was können Patientenbefragungen ergeben?

4. Fazit

Fazit 1:

Wir brauchen uns nicht zu wundern, dass unser Gesundheitssystem Über- und Fehlversorgung belohnt, wenn wir nur Erbringung und (bestenfalls) Abwesenheit von Komplikationen überhaupt wahrnehmen. => Qualitätssicherung muss die „Patientenperspektive“ durch Patientenbefragungen erfassen.

Fazit 2:

=> Wirkungsvolle Qualitätssicherung braucht alle diese Elemente.

Fazit 3:

Die Patientenvertretung erwartet von der Etablierung von Patientenbefragungen eine deutliche Verbesserung von Transparenz und Effektivität des Gesundheitswesens. => Patientenbefragungen dürfen kein schmückendes Beiwerk sein, sondern müssen so umgesetzt werden, dass sie Konsequenzen haben (können).

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!