vorwärts Dezember 2012 - Januar 2013

44
Dezember 2012/Januar 2013 VORWÄRTS.DE: WEITERLESEN IM INTERNET! DIE ZEITUNG DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATIE n GEGRÜNDET 1876 vorwärts € 2.50 – A 07665 ILLUSTRATION: JINDRICH NOVOTNY DER LOTSE GEHT AN BORD KANZLERKANDIDAT PEER STEINBRÜCK »ZIEMLICH BESTE FREUNDE« DEUTSCHE UND FRANZOSEN

description

Die Zeitung der deutschen Sozialdemokratie. Gegründet 1876. Titel: der Lotse geht an Bord

Transcript of vorwärts Dezember 2012 - Januar 2013

Page 1: vorwärts Dezember 2012 - Januar 2013

Dezember 2012/Januar 2013VORWÄRTS.DE: Weiterlesen im internet!

D i e Z e i t u n g D e r D e u t s c h e n s o Z i a l D e m o k r a t i e n g e g r ü n D e t 1 8 7 6

vorwärts€ 2

.50

– a

07

66

5

illu

str

at

ion

: Jin

Dr

ich

no

vo

tn

y

DER LOTSE gEhT an bORDKanzlerKandidat Peer SteinbrücK

»ziEmLich bESTE fREunDE«deutSche und franzoSen

Page 2: vorwärts Dezember 2012 - Januar 2013

Sparkassen. Gut für Deutschland.

Sparkassen-Finanzgruppe

Wann ist ein Geldinstitut gut für Deutschland?

Sparkassen fördern den Wachstumsmarkt Umwelt. Mit ihren Finanzierungs- und Beratungsangeboten unterstützen sie den Ausbau innovativer Klimaschutz-technologien. Gemeinsam mit ihren Kunden tragen sie so zu einer erfolgreichen Energiewende in Deutschland bei. Das ist gut für die Wirtschaft und gut für die Umwelt. www.gut-fuer-deutschland.de

Wenn es Investitionen ermöglicht,die sich für die Umwelt rentieren.

DSGV_Vorwarts_GfD3_Wirt.indd 1 30.10.12 11:24

Page 3: vorwärts Dezember 2012 - Januar 2013

12/2012-01/2013 vorwärts Inhalt 3

tItel

Der lotse geht an borD: Peer steinbrück

4 wir merkeln nicht – Steinbrück will den Wechsel

5 kontern statt kuscheln – Mit Peer auf Tour

7 mit tolstoi auf Die insel – Steinbrück-Fragebogen

8 steinbrücks lernkurve – Peer und die Frauen

8 meister Der ironie – Der Kandidat und die Medien

9 mit scharfsinn unD witz – Jürgen W. Falter über

Wahlchancen der SPD und Qualitäten Steinbrücks

aktuell

10 seite an seite – 50 Jahre Elysée-Vertrag

11 kühles verhältnis – Bericht aus Paris

12 berlin, mon amour – Eine Liebesbeziehung

13 PersPektiven – Lernen aus einem Geschichtsbuch

14 na Denn, knusemang! – 20 Jahre Arte

15 grenzerfahrung – Leben an der Saar

Foto

s: W

olF

ga

ng

Qu

ick

els,

dpa

, dir

k B

leic

ker

, ro

na

ld W

itt

ek/d

apd

eine bewegung feiert: 2013 besteht die sozial-demokratie 150 Jahre! Der „vorwärts“ erscheint zum Jubiläum im hoch-glanzformat. 140 seiten dick, mit fotostrecken, reportagen und essays von prominenten akteuren und wegbegleitern.

nächste ausgabe

themen in Diesem heft

Kolumnen

16 global geDacht | 17 berliner tagebuch

28 zwischenruf | 37 meDienzirkus

42 Das allerletzte

parteI leben!

19 Die Partei Des wir – Partei-Konvent zur Rente

20 hinter Den kulissen – Jusos Lüneburg

21 neue serie: gelebte Politik Teil 2 – Peter Struck

22 Der sPD-bürgerDialog

24 Porträt – Malu Dreyer, künftige Minister-präsidentin von Rheinland-Pfalz

26 arbeitsgemeinschaften in Der sPD Die AG 60plus: Junge Ideen statt altem Eisen

WIrtschaft

30 gut gemacht – Der Casting-Betrieb

31 meine arbeit – Die Ton-Ingenieurin

Kultur

36 rezensionen – Weihnachtslektüre

37 bunt wie Das leben – vorwärts-Fotowettbewerb

38 walD Der sPD – Ein Geschenk für Israel

hIstorIe

39 Der übervater – Willy Brandt und die SPD

40 vor 40 Jahren – Der Grundlagenvertrag von 1972

41 wer war’s? – Lothar Pollähne

16 in kürze | 28 leserbriefe

18 Parlament | 40 imPressum

41 rätselseite | 42 seitwärts

Redaktionsschluss 03. Dezember 2012

diese ausgaBe enthält eine Verlags- sonderVerÖFFentlichung Zum thema »energie«, seiten 32–34

liebe leserin, lieber leser!

Jetzt sind wir wieder von Weihnachts-märkten umzingelt und glühweinduft umweht. Wer aus der ferne kommt, könnte meinen, ein tiefreligiöses land zu betreten. auch die spD hat die Ver-kündigung ihres Kanzlerkandidaten in die holde adventszeit gelegt. Da wollen wir uns dem sog nicht entziehen und machen einen Vorschlag für ein wahr-haft biblisches Weihnachtsgeschenk (auf seite 38).

Würden alle, die sich sonntags christen nennen, auch im alltag der lehre Jesu folgen, wäre die sozialdemokratie viel-leicht nie entstanden. sie wäre nicht vonnöten gewesen. Wo jeder seinen nächsten liebt, da werden keine Kriege geführt, da wird niemand ausgebeutet und ausgestoßen, da schließt sich die Kluft zwischen arm und reich immer wieder wie von selbst.

leider hinkt die Wirklichkeit dem Ideal hinterher. bestenfalls. und niemals, oh-ne dass ihr jemand beine macht. genau das taten die männer und frauen, die vor 150 Jahren die sozialdemokratie ge-gründet haben, samt genossenschaf-ten und gewerkschaften. Das taten helmut schmidt und giscard d'estaing, als sie den deutsch-französischen ely-sée-Vertrag mit leben füllten. und das ist heute wieder bitter nötig; in europa, in berlin und überall, wo not wächst und in ihrer folge hass. Wo ausbeu-tung wieder zunimmt und schwächere an den rand gedrückt werden.

Wir sollten uns nicht einreden lassen, es gehe jetzt um Jung gegen alt oder nord gegen süd oder stadt gegen land – es geht immer nur um reich gegen arm, oben gegen unten. und darum, ob alle menschen gleiche, unveräu-ßerliche rechte haben. alle! ohne rücksicht auf herkunft, farbe, glauben, geschlecht und Wohlstand. Daran glauben sozialdemokraten – ob sie sich christen nennen oder anders.

mit adventlichen grüßen,

uwe KnüpferChefredakteur

vorwärts extra

Der lange Weg zu einem besseren Deutschland

150 Jahre SOZIALDEMOKRATIE

D I E Z E I T U N G D E R D E U T S C H E N S O Z I A L D E M O K R A T I E � G E G R Ü N D E T 1 8 7 6

vorwärts extra

Der lange Weg zu einem besseren Deutschland

150 Jahre

D I E Z E I T U N G D E R D E U T S C H E N S O Z I A L D E M O K R A T I E � G E G R Ü N D E T 1 8 7 6

JUBIL ÄUMS-SONDERHEF T Frühjahr 2013 Preis 7,90 Euro www.vorwärts.de

vorwärts-regional Dezembernrw: aachen

Der bismarck-rücktritt 1890 war anlass für die britische karikatur „Der lotse geht von bord.“ sie gab uns die idee fürs titelbild: Deutschland braucht einen klaren kurs.

völkerliebe: deutsch-französische familie in berlin Seite 12

malu Dreyer: bald ministerpräsidentin in mainz Seite 24

Page 4: vorwärts Dezember 2012 - Januar 2013

4 TiTel vorwärts 12/2012-01/2013

Foto

: Dir

k B

leic

ker

D iese Regierung wird es in einem Jahr nicht mehr geben!“ ruft Peer Steinbrück dem Kabinett

Merkel/Rösler zu. Und er verspricht der SPD: „Alles, was ich dazu beitragen kann, werde ich auf die Waagschale werfen.“

Das ist eine Menge. Peer Steinbrück hat das Regieren von der Pike auf ge-lernt. Das fällt auf in Zeiten der Blitzkar-rieren und -verpuffungen. in Zeiten, wo smartes Auftreten und gute Vernetzun-gen oft reichen, Minister zu werden.

Peer Steinbrück war Referent, Büro-leiter, hoher Verwaltungsbeamter, bevor ihn seine Talente – und seine spitze Zun-ge – in Staatssekretärs- und dann Minis-terämter führten. Dass er auch einmal arbeitslos war, ist ihm wichtig. Seither weiß er, wie es sich anfühlt, wenn der Boden unter den eigenen Füßen wegzu-brechen droht. Sozialdemokrat wurde er während seiner Bundeswehrzeit; 1968, im Jahr der Bewegung.

Steinbrück hat Politik aus der länder- und der Bundesperspektive gestaltet. Schach zu spielen hat er von seiner aus Dänemark stammenden Großmutter gelernt (da war er sechs), „methodisches Staubsaugen“ in der WG. Als er das ers-te Mal für ein Ministerium arbeitete, in Bonn, war er 27. Staatssekretär wurde er 1990, in Kiel. Da war er 43 Jahre alt.

Der baldige Kanzlerkandidat der SPD hat sich beruflich mit Verkehr befasst, mit Umweltthemen, immer wieder mit Wirtschaft und Finanzen. landesmi-nister war er in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen. Dort wurde er 2002 Ministerpräsident und damit der Nach-Nachfolger Johannes Raus – des-sen Büro er einst geleitet hatte.

Als Bundesfinanzminister führte Steinbrück Deutschland durch die Ban-kenkrise. er tat es auf unsicherem Ter-rain; suchend, aber mit sicherer Hand. Das ließ ihn nach seiner Amtszeit zu ei-

nem gefragten Redner werden. Wer ihm zuhört, spürt: Da weiß einer, wovon er spricht. Und, vielleicht genauso wichtig: er sagt auch, was er (noch) nicht weiß. Steinbrück merkelt nicht rum.

Seine Ansage für den Wahlkampf 2013 ist aus erfahrungen geboren. „Unsere Politik muss auf den Zusam-menhalt unserer Gesellschaft gerichtet sein.“ CDU, CSU und FDP betonen das ich, Steinbrücks SPD setzt auf das Wir: „Das ist unsere Chance. Wir wollen eine andere Politik!“

Also: gesetzlicher Mindestlohn statt lohndrückerei, Solidarrente statt Alters-armut, erschwingliche Kinderbetreu-ung statt Betreuungsgeld, Frauenquote statt Flexigeschwafel. Und außenpoli-tisch: „Wir wollen wieder ein Volk guter Nachbarn sein.“

Reden wie Brandt, regieren wie Schmidt: Das könnte ein erfolgsrezept sein. n

Er weiß, wovon er spricht und vertraut auf die Kraft der besseren Argumente: Peer Steinbrück, hier beim Bürgerdialog in der Markthalle Hamburg

Wir MErKEln nicHtPEEr StEinBrücK Der designierte kanzlerkandidat der SPD hat das regieren gelernt. er setzt auf den Wechsel: »Wir wollen eine andere Politik!« Von Uwe Knüpfer

»Diese Regierung wird es in einem Jahr nicht mehr geben.«Peer Steinbrück,zu den Aussichten der schwarz-gelben Bundesregierung

Page 5: vorwärts Dezember 2012 - Januar 2013

12/2012-01/2013 vorwärts TiTel 5

Kontern statt KuschelnKandidat auf tour Er erklärt. Er überzeugt. Er bringt sein Publikum zum Lachen. Und manchmal spricht Peer Steinbrück auch über seine Fehler Von Susanne Dohrn

A nderen leuten nach dem Mund redet dieser Mann nicht. Um ihn lächeln zu sehen, muss

man genau aufpassen. Dafür hat Peer Steinbrück eine Gabe, über die nur weni-ge verfügen: er kann andere zum lachen bringen. „in Hamburg bin ich geboren, in Hamburg bin ich lange zur Schule gegangen, in Hamburg bin ich sitzen geblieben“, sagt er. Dass trotzdem was draus werden könne, erkläre er allen eltern und Großeltern, die sich Sorgen um ihren Nachwuchs machen. es gibt Gelächter, Applaus.

in der Markthalle am Hauptbahnhof, wo schon AC/DC und die Scorpions auf-getreten sind, ist Steinbrück der Matador unter der Discokugel. er erklärt, pariert, überzeugt. Der Saal ist rappelvoll, min-destens 200 sind an diesem Nachmittag gekommen, mehr Junge als Graue, viele Nicht-Mitglieder darunter. Bürgerdialog heißt die Veranstaltung. Was die Bürger sagen, wird gesammelt und soll eingang finden ins Wahlprogramm.

Peer und die Frauen„Hi, lieber Peer!“ ruft eine Frauenstim-me aus dem Saal. Was er für Frauen tun wolle? ein heikler Punkt, war Steinbrück doch vorgeworfen worden, er komme bei Frauen nicht gut an. „ich hab‘ nicht das verklemmte Verhältnis zu Frauen, das mir derzeit von Kommentatoren unterstellt wird“, kontert der Vater von zwei Töchtern und einem Sohn. erklärt,

dass er für eine 40-Prozent-Quote von Frauen in Aufsichtsräten und Vorstän-den ist, auch wenn er vor ein paar Jah-ren noch anders gedacht habe, dass er die ungleiche Bezahlung von Frauen und Männern für „skandalös“ hält und dass ihm die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sehr am Herzen liege, wes-halb er strikt gegen das Betreuungsgeld ist. Für alle, die in ihm vor allem den Fi-nanz- und Wirtschaftsexperten sehen, fügt er hinzu: „ich war auch mal Um-weltstaatssekretär.“

Die Fragen kommen Schlag auf Schlag. Antikorruptionsgesetz? Stein-brück ist dafür, und weil CDU und CSU dagegen sind „müssen wir die Mehrhei-

Kann auch heiter: Peer steinbrück beim „roten frauensalon“ im Willy-Brandt-haus in Berlin

hannelore Kraft

„Mit Peer Steinbrück mache ich gerne Politik. Das kann ich im Nachgang an viele gemeinsame Sitzungen, Termine und Gespräche voller Überzeugung sagen. Er ist offen, ehrlich und direkt. Ich schätze das sehr an ihm. Es sind immer Diskussionen auf Augenhöhe – gerne mal lauter – doch egal ob Frau oder Mann, er begegnet einem auf dem politischen Parkett ohne Vorurteile und mit gleicher Wertschätzung. Es zählt das bessere Argument und nicht, sich auf Biegen und Brechen durchzusetzen bzw. mit dem Kopf durch die Wand zu rennen. Das macht Spaß und bringt alle voran. Denn nur einer wie er, der die Meinung des anderen hört und guten Rat auch annehmen kann, der kann gut gestalten und wird Deutschland gut regieren.“

»Ich hab’ nicht das verklemmte Verhältnis zu Frauen, das mir von Kommenta-toren unter-stellt wird.«Peer Steinbrück

Foto

S: H

C P

Lam

bEC

k/P

Ho

tot

HEk

/SPD

, ma

LtE

oSS

ow

Ski/

SVEN

Sim

oN

/DPa

stationen

ten im Bundestag ändern“. NPD-Verbot? „Nur wenn ich genau weiß, dass es klappt“. Bürgerversicherung? er will mit dem Konzept werben. Bankenret-tung? „ich bin dafür, dass die großen Banken dafür einen Fonds gründen, den sie selbst finanzieren.“ Hohe Staatsver-schuldung? ist ungerecht. „Wer muss für die Zinsen und die Tilgung aufkommen? ihre Generation“, sagt er, gerichtet an die vielen jungen Zuhörer im Saal.

Beim Thema Waffenexporte antwor-tet er differenziert. Bei Saudi-Arabien lehnt er sie ab, fügt aber sofort hinzu: „ich bin kein Pazifist.“ länder hätten ein Recht auf Selbstverteidigung. Die Bundesrepublik sei mit der Bundeswehr

10.01.1947Geburt in Hamburg 1969Eintritt in die SPD 1970-1974Studium der Volkswirtschaft und Sozialwissenschaften 1974-1990Referent in Bundesministeri-en, der Bundestagsfraktion, Büroleiter von Johannes Rau1990-1993Staatssekretär in Schleswig-Holstein1993-1998Minister für Wirtschaft und Verkehr in Schleswig-Holstein1998-2000Minister für Wirtschaft, Mittelstand, Technologie und Verkehr in NRW2000-2002Finanzminister in NRW2002-2005NRW-Ministerpräsident 2005-2009Bundesfinanzminister und stellv. SPD-Vorsitzenderseit 2009Mitglied des Bundestages

Page 6: vorwärts Dezember 2012 - Januar 2013

6 TiTel vorwärts 12/2012-01/2013

geben kann“, sagt Steinbrück. Der Saal applaudiert. in Sachen Finanzmärkte gibt er zu: „Die SPD hat sich der Arie der Deregulierung zu schnell ergeben.“ Zum ersten und einzigen Mal an diesem Tag wird er auch nach seinen „finanziellen Angelegenheiten“ gefragt. Steinbrück versteckt sich nicht. Die 25 000 euro aus Bochum waren ein „massiver Fehler“, sagt er und weist darauf hin, dass er auf seinen Verdienst den Spitzensteuersatz zahlt. Steinbrück: „Übrigens bin ich da-für, dass der erhöht wird.“

Am Abend dann der Wandel vom Wahlkämpfer zum Staatsmann. Das lübecker Willy-Brandt-Haus hat in die „MUK“ geladen. So nennen die lübecker ihre Musik- und Kongresshalle liebevoll. Peer Steinbrück hält die Willy-Brandt-Rede. Ohne Honorar. eine Stunde lang spricht er. Ohne Manuskript. Das The-ma: die Zukunft europas. 1600 Zuhörer sind gekommen, so viele wie noch nie zu einer Willy-Brandt-Rede. Als Ausgangs-punkt nimmt er Brandts Satz: „Wir wol-len ein Volk von guten Nachbarn sein“.

Für Steinbrück ist das zuallererst eine moralische Verpflichtung gegenüber den Nachbarländern, die in der Ver-gangenheit von Deutschland nicht nur Gutes erfahren haben. es ist aber auch eine rationale entscheidung, vor dem Hintergrund des Aufstiegs von mächti-gen industrienationen wie indien, Chi-na oder Brasilien. Daraus ergibt sich für Steinbrück: „Ohne europa und den euro kann Deutschland keinen einfluss mehr nehmen auf die Gestaltung der globalen Wirtschaft.“

In Hamburg erklärt Steinbrück die Probleme der Verschuldung: „Wer muss für Zinsen und Tilgung aufkommen? Ihre Generation.“

Zuschauerrekord in Lübeck: 1600 Gäste warten gespannt auf Steinbrücks Rede.

gut beraten gewesen. Geld für Grie-chenland? „Deutschland hat innerhalb von 20 Jahren 2000 Milliarden für die Wiedervereinigung aufgebracht. Und da ist uns europa nicht ein Viertel oder ein Fünftel wert, verteilt über mehrere Jahre?“ Nach seinen Honoraren fragt in Hamburg übrigens niemand.

in lübeck ist das Publikum gesetz-ter und der Veranstaltungsort hansea-tisch gediegen. „Dat Hoghehus“ ist ein Kaufmannshaus, dessen Ursprünge bis ins 13. Jahrhundert zurückgehen. ein-geladen haben die lübecker SPD und der DGB. Von den etwa 80 Besuchern kennen einander viele persönlich. es gibt kritische Fragen. Steinbrück wird auf Gerhard Schröder und die Agenda 2010 angesprochen. Deutschland sei während der Schröder-Regierung aufge-schlossener und offener geworden, ant-wortet der designierte Kanzlerkandidat, distanziert sich aber von der Auswei-tung von leiharbeit und untypischer Beschäftigung. Beides will er begrenzen.

Die Sache mit den Finanzener spricht über falsche politische ent-scheidungen, zum Beispiel das Koope-rationsverbot. Beschlossen 2006 von der Großen Koalition verbietet es dem Bund, sich beim Thema Bildung in den ländern zu engagieren. Deshalb kann der Bund die länder bei der Verbesse-rung des Bildungssystems finanziell nicht unterstützen. „Wir haben einen riesigen Fehler gemacht. Das Koopera-tionsverbot muss so schnell wie mög-lich weg, damit der Bund mehr impulse

Forderungen, Griechenland solle aus dem euro austreten, erteilt er eine Absa-ge. ein Kollaps Griechenlands führe zu so hohen Prämienaufschlägen für italieni-sche und spanische Staatsanleihen, dass auch diese länder unter die „Wasserober-fläche gedrückt“ würden und die Regie-rungen jeglichen Rückhalt verlören. „Not frisst Demokratie“, warnt Steinbrück.

ein Kandidat zum Kuscheln ist Stein-brück nicht geworden, auch nicht nach dieser Rede. Aber das würde ihm so-wieso niemand abnehmen. Die Zuhörer scheint’s nicht zu stören. Sie applaudie-ren begeistert. im Jahr zuvor hielt übri-gens Joachim Gauck die Willy-Brandt-Rede. Der wurde fünf Monate später zum Bundespräsidenten gewählt. n

HeIde SImonIS

„Peer Steinbrück ist ein Kämpfertyp, der sich immer dann in die Bresche warf, wenn er von einer Sache überzeugt war. Er ist ein glänzender Redner, kann gut einstecken und scheut nicht davor zurück, um der Sache willen auszuteilen.Er ist ein Hanseat durch und durch, gerade und ehrlich. Was ich ihm noch mitgeben möchte: Natürlich muss er als Kandidat auch das Vertrauen der Wirt-schaft gewinnen, aber das gilt ebenso für Frauen, Arbeitslose, Rentner, Sozialhilfe-Empfänger. Wenn es ihm gelingt, dies schnell nachzu weisen, dann wird die Partei gerne für ihn wahlkämpfen.“ Fo

tos:

Dir

k B

leic

ker

(2)

, Ho

rst

PFe

iFFe

r/

DPa

Pic

tu

re-

all

ian

ce

»Die SPD hat sich der Arie der Deregu-lierung zu schnell ergeben.«Peer Steinbrück

Page 7: vorwärts Dezember 2012 - Januar 2013

12/2012-01/2013 vorwärts TiTel 7

Was macht Sie glücklich?

Welches Talent wünschen Sie sich?

Auf welche eigene Leistung sind Sie besonders

stolz?

Und auf welche ganz und gar nicht?

Bei wem holen Sie Rat?

Was schätzen Sie an Freunden?

Welche fiktive Figur ist Ihnen ähnlich?

Mit wem würden Sie gern mal ein Bier trinken

gehen?

Sie landen auf einer einsamen Insel. Welches Buch

nehmen Sie mit?

Vor welchem Publikum würden Sie gern mal

einen Vortrag halten?

vorwärts

MIT ToLSToI AUF dIe InSeLFRAgeBogen Peer Steinbrück hat sich Zeit genommen und zum Füller gegriffen. Für vorwärts-Leserinnen und -Leser gibt er auf persönliche Fragen persönliche Antworten

Page 8: vorwärts Dezember 2012 - Januar 2013

8 TiTel vorwärts 12/2012-01/2013

E ine lernkurve. Die nennt Peer Steinbrück als Grund dafür, dass er nun für die gesetzliche Frau-

enquote eintrittt. 40 Prozent Frauen in Aufsichtsräten und Vorständen. Das will die SPD. ihr Kanzlerkandidat will es auch. Heute. Früher war das anders.

M it den Medien geht es Peer Steinbrück so wie mit seiner eigenen Partei – das wech-

selseitige Verhältnis ist spannungsreich, konfliktträchtig, wenngleich geprägt von einer grundsätzlichen Wertschät-zung. Das liegt vielleicht auch daran, dass der junge Steinbrück einmal den Berufswunsch Journalist hegte und ihn sich später ein wenig erfüllte, als Kolum-nist der Zeit.

Steinbrück sieht in Journalisten kei-ne lästigen Wegelagerer, sondern Garan-ten einer demokratischen Gesellschaft. Das allerdings hält ihn natürlich nicht davon ab, einzelne Medienvertreter für Knallchargen oder Wichtigtuer zu hal-ten, jedenfalls dann, wenn er den ein-druck gewinnt, sie kämen ihm dumm. Das kann ziemlich schnell passieren.

Steinbrück ist ein Mann mit aus-geprägtem Selbstbewusstsein, vesuvi-schem Temperament und der Fähigkeit zu bisweilen boshafter ironie. letzteres ist übrigens für ihn bekanntlich nicht immer von Vorteil. Aber deshalb ist er auch ein gesuchter Gesprächspartner der Medien. Gespräche, interviews und Treffen mit Steinbrück sind zumeist auch sehr unterhaltsam, weil er unge-

Dazwischen liegt die lernkurve. Die be-schreibt er beim „Roten Frauensalon“ im Berliner Willy-Brandt-Haus. Die SPD-Frauen haben ihn eingeladen. Der Kan-didat, der das Feld der Gleichstellung der Geschlechter bisher wenig beackert hat, dem die Presse attestiert, er interessie-

wöhnliche und witzige Formulierungen findet. Und wer als Journalist Ziel seines Zorns oder seines Spottes wird, darf sich mit der Tatsache trösten, dass Stein-brück mit seinen meisten übrigen Mit-menschen – ausgenommen selbstver-ständlich Altkanzler Helmut Schmidt – auf ähnliche Weise verfährt.

Steinbrück weiß um die Probleme der delikaten Symbiose von Politikern und Medien, die sich, wie er meint, „ge-radezu wolllüstig in ihren einander ab-stoßenden eigenschaften ergehen“. er ahnte auch , dass er als Kanzlerkandidat strenger und intensiver beobachtet wer-den wird. Das aber hat ihn nicht vor Feh-lern in der Honorar-Debatte bewahrt. eingangs erweckte er den eindruck, als seien Fragen nach seinen Nebenein-künften eine Art Majestätsbeleidigung. Aber er kompensiert seinen Hang zu Herablassung mit vergleichsweise gro-ßer Wahrhaftigkeit.

Und mehr noch: Gelegentlich plau-dert er Dinge aus, die eigentlich noch nicht spruchreif sind, wie etwa die seiner möglichen Kanzlerkandidatur. Auch deshalb mögen ihn die Medien. Und bereiten ihm die Bühne, die er so gern bespielt. n

SteinbrückS LernkurveFrauenpoLitik Sie war bisher nicht Steinbrücks Spezialgebiet. Doch der Kanzlerkandidat kann erklären, warum er heute für die Frauenquote ist

MeiSter der ironieMedien Viele mögen Steinbrücks Witz und Temperament. Manche fürchten seinen Spott Von Susanne Höll

Gesuchter Gesprächspartner: die presse schätzt peer Steinbrück. er sieht in Journalisten keine lästigen Wegelagerer, sondern Garanten der demokratie.

peer Steinbrück nimmt sich beim „roten Frauensalon“ Zeit, um den Frauen zu ver-sichern, dass er sich für ihre belange einsetzen wird.

re sich nicht für Frauenpolitik, von dem wollen die Frauen wissen, was sie er-warten können. Das Atrium der Partei-zentrale ist gut gefüllt. es sind fast aus-schließlich Frauen da. Peer Steinbrück hat auch eine mitgebracht. er ist mit sei-ner Tochter Anne gekommen. Beide hö-ren sich die Podiumsdiskussionen an, in denen Frauen über ihre Benachteiligun-gen auf dem Arbeitsmarkt sprechen: Harte Arbeit in schlecht bezahlten Pfle-geberufen, männlich dominierte Netz-werke im Kulturbereich, Teilzeitjobs, in die Mutterschaft oft führt.

Als Steinbrück dann ans Mikrofon tritt, erklärt er nüchtern, warum er seine Meinung zur Quote geändert hat: „Frei-willigkeit hat nicht funktioniert“. So einfach. Die Selbstverpflichtung der Un-ternehmen, an die er glaubte, habe die Aufstiegschancen für Frauen nicht ver-bessert. Deshalb will er die Quote und die gleiche Bezahlung der Geschlechter nun gesetzlich festschreiben. Wer sich nicht daran halte, dem drohten Sankti-onen. Zudem will er den flächendecken-den Mindestlohn. Frauen würden davon profitieren, denn sie arbeiteten häufig in den schlecht bezahlten Branchen.

Und: „Frauen machen bessere Ab-schlüsse“, sagt Steinbrück. Unternehmer seien auf sie angewiesen. „Das ist eine erkenntnis, die öffentlich verbreitet wer-den muss.“ Dass er nun dazu beiträgt, be-kam den Applaus der Frauen. n BG

FoTo

S: H

C P

laM

beC

K/P

Ho

ToT

HeK

/SPD

, DPa

/ R

ain

eR J

enSe

n

Page 9: vorwärts Dezember 2012 - Januar 2013

12/2012-01/2013 vorwärts TiTel 9

Welche Chancen hat die SPD, die Wahl zu gewinnen?es spielen viele Faktoren eine Rolle. einer wird sein, wie der Spitzenkandidat sich schlägt. er wird vermutlich ein sehr guter Wahlkämpfer sein, denn er ist je-mand, der die scharfen Töne beherrscht, die ein Wahlkampf braucht. Für einen solchen Wahlkampf ist Angela Merkel nicht gestrickt.Also ist Peer Steinbrück der richtige Kanzlerkandidat?er hat als erfolgreicher Finanzminister eine hohe Glaubwürdigkeit. er ist wit-zig und scharfsinnig. Das alles sorgt für Zustimmung auch bei den Wählern, die der SPD nicht von Natur aus zuneigen. Allerdings muss er den Spagat schaffen, auch möglichst viele linke Anrainer der SPD mitzunehmen. Kann Rot-Grün es schaffen?Das hängt von den kleinen Parteien ab. Bei FDP und linke halte ich es für wahr-scheinlich, dass sie in den Bundestag kommen. Wenn es den Piraten ebenfalls gelingt, wird es weder für Rot-Grün noch für Schwarz-Gelb reichen. Dann wird es sogar für Schwarz-Grün eng. Wenn Steinbrück also sagt: „ich setze auf Sieg“, ist das zwar eine Selbstverständlichkeit. es heißt aber auch: Wer ihn als Kanzler haben will, muss ihn wählen.

Sind die Grünen eine sichere Bank?Wenn es vom ergebnis her reicht, wer-den die Grünen mit an Sicherheit gren-zender Wahrscheinlichkeit mit der SPD gehen. Die grüne Führung und die Dele-gierten auf den Parteitagen sind eindeu-tig stärker auf die SPD ausgerichtet als auf die Union. Aber sie werden ein har-ter Verhandlungspartner werden, soll-ten sie mit beiden – CDU/CSU und SPD – verhandeln können. Dann dürfte Grün in Rot-Grün größer geschrieben werden als unter Gerhard Schröder.Warum liegt die SPD hinter der CDU?Die SPD hat einen strukturellen Nach-teil. ihr wurde zweimal ein Klumpen aus dem Fleisch geschnitten – die Grü-nen und die linke. Diese Konkurrenz im eigenen lager hat die CDU bisher nicht erlebt. im Gegensatz zur CSU, wo die Freien Wähler die Partei bei der letzten landtagswahl um die absolute Mehr-heit gebracht haben. Welche Rolle spielt die Wirtschafts-entwicklung für den Wahlausgang?Wenn sich die Situation in Griechen-land dramatisch zuspitzen sollte und die Deutschen merken, dass es an ihren eigenen Geldbeutel geht, könnte ich mir vorstellen, dass die Zustimmung für Angela Merkel und Wolfgang Schäuble nachlässt. n

I n Hannover gibt es die legende, dass Rosa luxemburg nur mit Hilfe einiger Genossen aus dem sozialde-

mokratischen Versammlungslokal Ball-hof durch die Hintertür polizeilicher Verfolgung entgehen konnte. Tatsache ist, dass sie dort 1899 auf dem zehnten Parteitag der SPD nach der Aufhebung der Sozialistengesetze eine Brandre-de gegen den „Revisionisten“ eduard Bernstein hielt. Zu der Zeit schlug in Hannover bereits ein starkes sozialde-mokratisches Herz, denn seit 1884 ver-trat Heinrich Meister die leinestadt im Reichstag.

1918 wird mit Robert leinert in Han-nover zum ersten Mal ein Sozialdemo-krat Oberbürgermeister einer deutschen Großstadt. Von 1920 bis 1933 amtiert Gustav Noske als Oberpräsident in Han-nover. Bis zur Machtübertragung an die Nazis bleibt die leinestadt – trotz ande-rer Spitze – sozialdemokratisch geprägt.

Als die Nazis das Sagen haben, bil-det sich in Hannover die Sozialistische Front, die reichsweit größte sozialdemo-kratische Widerstandsorganisation.

Hannover ist die Geburtsstadt der Nachkriegs-SPD. Dies ist dem Zufall geschuldet, dass Kurt Schumacher aus dem Konzentrationslager zu seiner Schwester ziehen darf. Am 6. Mai 1945 eröffnet er in der lindener Jacobsstraße 10 das „Büro Dr. Schumacher“. Von dort aus beruft er die Reichskonferenz der SPD ein, die vom 5. bis zum 7. Oktober 1945 in Wennigsen bei Hannover statt-findet.

Auf dem ersten Nachkriegsparteitag der SPD, der vom 9.-11. Mai 1946 in der Hanomag-Kantine in Hannover statt-findet, wird Kurt Schumacher zum Vor-sitzenden der Westzonen-SPD gewählt. 1960 kürt die SPD in Hannover Willy Brandt zum Kanzlerkandidaten. Das ist einmal mehr ein klares Aufbruchssig-nal aus der leine-Metropole mit dem zu-tiefst sozialdemokratischen Herzen. n LP

Dieses Herz scHlug unD scHlägt linksHannover Die Leinestadt hat für die SPD große Bedeutung

sPD-konferenz in Hannover 1949, u.a. mit ernst reuter und kurt schumacher (v.l.)

Mit scHarfsinn unD WitzWaHlforscHer Jürgen W. Falter über die Chancen der SPD und die Qualitäten Peer Steinbrücks Interview Susanne Dohrn

Alles Wichtige

zum

Parteitag

vorwärts-E-Paper und -App

am 9. 12. ab 19 Uhr

auf vorwärts.de und

im App-Store

Foto

S: D

irk

BLe

iCk

er, D

DP

ima

geS

/aP

Pho

to/J

aeg

er

BucHtiPPs

Daniel Friedrich SturmPeer Steinbrück Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2012, 289 Seiten, 14,90 Euro,ISBN: 978-3423249249

Eckart Lohse, Markus WehnerSteinbrück: biograPhieDroemer Verlag, München 2012, 364 Seiten, 19,99 Euro, ISBN: 978-3426275931

Daniel GoffartSteinbrück – Die biograPhie Heyne-Verlag, München 2012, 334 Seiten, 19,99 Euro,ISBN: 978-3453200340

Peer SteinbrückUnterm Strich Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2011, 503 Seiten, 12,90 Euro,ISBN: 978-3423346894

1

2

3

4

5

6

78

10

9

131211

14

15

Die kampa im Willy-Brandt-Haus – sie wollen zusammen mit den kampagneros die sPD zum sieg bei der Bundestagswahl 2013 führen: 1| Heiko geue operativer Wahlkampfleiter 2| andrea nahles generalsekretärin 3| Michael Donnermeyer Leiter kommu-nikation Wahlkampf 4| sonja stötzel Büroleiterin kanzlerkandidat 5| rainer sontowski Büroleiter Parteivorsitzender 6| stephan schweitzer technischer Leiter 7| katrin Münch 8| elke nermerich 9| Jessika Wischmeier 10| nils frohloff 11| Hans-Jörg vehlewald 12| thorben albrecht 13| Markus franz 14| Harald emmel und 15| tobias Dünow. achim Post Leiter abteilung internationale Politik konnte aus termingründen bei der fotoaufnahme nicht dabei sein.

Page 10: vorwärts Dezember 2012 - Januar 2013

10 Aktuell vorwärts 12/2012-01/2013

V or 50 Jahren unterzeichneten Charles de Gaulle und konrad Adenauer den elysée-Vertrag,

der die Freundschaftsbeziehungen zwi-schen unseren beiden ländern und un-seren beiden Völkern begründete. Der Jahrestag ist heute der Anlass, erneut diese historische Geste der Versöhnung in erinnerung zu rufen und zu würdigen, die ein Jahrhundert von Zwietracht und immer mörderischeren kriegen beendete

und die deutsch-französischen Beziehun-gen in den Mittelpunkt des europäischen Aufbauwerks stellte. Der elysée-Vertrag war ein politischer Vertrag, aber seine Bestimmungen waren auf praktische umsetzung gerichtet und betrafen zahl-reiche konkrete Bereiche.

Die Gründungsväter der europäischen Gemeinschaft wollten ein europa schaf-fen, in dem der Frieden garantiert war, aber auch Fortschritt und Wohlstand für

seine Bürger. Was ist heute noch von die-sem ursprünglichen Willen geblieben? Haben unsere Völker noch Grund, an den europäischen traum zu glauben?

europa, das zu allererst eine schöne Idee ist, aber natürlich auch ein großer Markt, durchlebt heute eine krise von ungekanntem Ausmaß. Diese krise ist keine krise der konjunktur, sondern die eines ausgelaugten Systems, eines ungebremsten Finanzkapitalismus, der ungleichheiten verstärkt, gegen Staaten spekuliert und den Planeten zerstört. Diese Auswüchse werden uns täglich vor Augen geführt: Massenarbeitslo-sigkeit, Präkarisierung, Niedergang von Solidargemeinschaft und öffentlicher Versorgung sowie Zerstörung der um-welt sind die Folgen.

Aber diese krise in europa ist auch eine krise aufgrund schlechter Regie-rungsführung. Die konservativen Regie-rungen, die auf diesem kontinent in der Mehrheit sind, wussten der krise nur eisernes Sparen entgegenzusetzen. Ihre Sparprogramme vermochten aber nicht, die Wirtschaft wieder anzukurbeln, den Arbeitern ihre Würde wiederzugeben und der Jugend eine Zukunft zu ermög-lichen. es mangelt an einem politischen Projekt und einer gemeinsamen Vision. es fehlt an sozialem Anspruch und an Vertrauen in die eigenen Stärken. und so verliert das große europäische Verspre-chen zunehmend an Strahlkraft.

Wir nehmen das nicht hin, denn hier steht nichts Geringeres als die Zukunft der europäischen Nationen auf dem Spiel und das Ideal der Zusammenar-beit, das mehr denn je unentbehrlich ist, angesichts der globalen Herausforde-rungen und des erstarkens neuer Mäch-te. Nehmen wir gemeinsam die Fackel wieder auf – die des elysée-Vertrags, die von Willy Brandt, von François Mitte-rand und von Jacques Delors. Wir, Sozia-listen und Sozialdemokraten aus Frank-reich und Deutschland, gemeinsam mit unseren Genossen in europa, geeint in der Vielfalt, haben die Pflicht, die euro-päische Flamme neu zu entfachen.

Die Parlamentswahlen in Deutsch-land 2013 und die europawahlen 2014 sind der Anlass für die sozialistische Partei Frankreichs und die sozialdemo-kratische Partei Deutschlands, Seite an Seite zu kämpfen, auf dem Weg, den François Hollande für ein solidarisches und demokratisches europa eingeschla-gen hat.

Der Wachstumspakt und die Finanz-transaktionssteuer sind unabdingbar, aber sie sind nur der Anfang! Wir müs-sen noch weiter voranschreiten, um eine Bankenunion sowie Instrumente einzuführen, die Spekulationen auf Staatsschulden ein ende setzen. Wir müssen ein europa des nachhaltigen Wachstums befördern und eine neue

Seite an Seite50 Jahre elySée-vertrag Gedacht als Geste der Versöhnung wurde er zur Grundlage der europäischen Verständigung. Frankreichs Sozialisten und die SPD müssen diese Flamme neu entfachen Von Harlem Désir

harlem Désir ist Chef der französischen Sozialisten.

auf die Freundschaft! altbundeskanzler helmut Schmidt stößt 2009 im Berliner Schloss Bellevue bei einem abendessen zu seinem 90. geburts-tag mit Frankreichs früherem Staatspräsidenten valery giscard d‘estaing an.

Foto

: St

eFFi

Lo

oS/

DD

P, M

ar

c o

LLiV

ier

/ H

oto

PQ

r/D

Pa

Page 11: vorwärts Dezember 2012 - Januar 2013

12/2012-01/2013 vorwärts Aktuell 11

koordination der Wirtschaftspolitiken einleiten, damit die Ausgaben für Bil-dung und Forschung bei der Berechnung des Haushaltsdefizits auf differenzierte Weise berücksichtigt werden. So fördern wir Investitionen in die Zukunft. Wir müssen große gemeinsame Projekte in den Bereichen der umwelttechnologien, der erneuerbaren energien, der digitalen Netze entwickeln. Wir müssen Vorreiter sein in allen diesen Bereichen, die Mil-lionen von Arbeitsplätzen schaffen und lebensqualität verbessern. Wir könn-ten eine europäische Gemeinschaft für energie ins leben rufen. Dieses europa, das voranschreitet, muss auch ein euro-pa sein, das Sozial- und Steuerdumping ablehnt, das Mindestlöhne in allen Mit-gliedsstaaten verteidigt und eine euro-päische Sozialklausel einführt, die die Rolle der tarifverträge beim Schutz der Arbeitnehmer garantiert.

Schließlich wird die Demokratie dem politischen europa zu neuer Stärke ver-helfen. Das europäische Parlament muss direkt den Präsidenten der kommission wählen, und zwar nach Maßgabe der Wahl der Bürger bei den europawahlen. es könnte über das Initiativrecht verfü-gen und noch enger mit den nationalen Parlamenten in Sachen demokratischer

V or diesen „bösen Wölfen“ muss niemand Angst haben. Im Ge-genteil: Sie sind „kinderreporter,

die sich vor nichts fürchten“. Das jeden-falls ist das Motto der „Grands méchants loups“, eines deutsch-französischen kin-der-Journalistenprojekts aus Berlin. Am 28. November stellen sie in der französi-schen Botschaft in Berlin ihre Arbeit vor. eingeladen hat die SPD-Bundestagsfrakti-on. „Frankreich und Deutschland – ziem-lich beste Freunde für europa?“, lautet die Frage an diesem regnerischen Nachmit-tag. „Wir sind in einer Situation, in der wir nicht nur mit Stolz nach hinten bli-cken können“, stellt Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier fest. Mit Sorge schaue er in europas Zukunft. Immerhin: „Das deutsch-französische Verhältnis ist so belastbar, dass es auch einen Regierungs-wechsel übersteht.“ eine Anspielung auf den französischen Präsidenten Hollande, der für kanzlerin Merkel deutlich unbe-quemer ist als sein Vorgänger Sarkozy. „Mit den Jahren hat sich eine deutsch-französische Methode entwickelt“, lie-fert Helene Miard-Delacroix eine erklä-

rung. Diese Methode bestehe darin, auch dann gemeinsam eine lösung zu finden, wenn beide Staaten unterschiedliche Interessen verfolgten. „Mit einem Motor verbindet man Sachlichkeit“, so die His-torikerin. „Deshalb passt dieses Bild für das deutsch-französische Verhältnis sehr gut.“ Sachlichkeit könnte auch helfen, die krise der eu zu lösen, meint der franzö-sische Abgeordnete Pierre-Yves le Borgn'. „Die Romantik ist weniger geworden, die Aufgaben, die wir bewältigen müssen, dafür umso mehr.“ n KD

kontrolle gemeinsamer Politiken zusam-menarbeiten. Hier ist das europäische Parlament bereits auf einem guten Weg. ebenso müssen wir die kooperation zwi-schen dem französischen und dem deut-schen Parlament verstärken.

Gegen das erstarken nationalisti-scher Strömungen und gegen die Ver-suchung der Abschottung wird es un-ser Ziel sein, europa wieder mit seinen Bürgern zu versöhnen und diesen alten traum zu vollenden, dessen Schicksal heute mehr denn je unser leben und un-seren Platz in der Welt bestimmen wird. und womöglich benötigen wir hierfür einen neuen elysée-Vertrag oder einen Bundeskanzleramts-Vertrag. n

D as deutsch-französische Verhält-nis bleibt kühl und distanziert. Jean-Marc Ayrault, der neue

Premierminister an der Seine, hat nach seinem Berlin-Besuch daran nicht viel zu verändern vermocht. er kehrte mit dem eindruck zurück, Angela Merkel sei in Wahlkampflaune. Präsident François Hollande, so heißt es jetzt in Paris, stelle seine europapolitischen Vorschläge bis Spätherbst 2013 zurück.

Die Verstimmung der französischen Sozialisten geht auf die einmischung der kanzlerin in den französischen Wahl-kampf zurück. Ihre unterstützung für den erzkonservativen Nicolas Sarkozy, der im Mai dieses Jahres gegen Hollande verlor, ist in Frankreich als einmalig ein-gestuft worden. es war abzusehen, dass Merkel dem linken Amtsnachfolger dis-tanziert gegenübertreten würde.

Sechs Monate nach der Wahl beauf-tragte der Präsident seinen Premier, einen neuen Rahmen für die bilaterale Zusam-menarbeit zu ziehen. Der 61-jährige Ay-rault ist ein kenner des Nachbarlandes. er war Deutschlehrer. Dass Hollande mit seiner Berufung zum Premier eine Ges-te gegenüber den Deutschen bezweckte, darf angenommen werden.

Sicher ist aber auch, dass Präsident Hollande ähnlich enge Beziehungen zur kanzlerin, wie sie Sarkozy in seinem letz-ten Amtsjahr unterhielt, nicht eingehen werde, so Ayrault. Sarkozys ständiger Hinweis, der Nachbar mache alles besser und diene als Modell, gehe Hollande auf die Nerven.

ebenso empfindlich reagierte er auf schulmeisterliche Ratschläge aus Deutschland. Im Bundestag hatten sie ein Nachspiel: SPD-kanzlerkandidat Peer Steinbrück hat in der Haushaltsdebat-te den CDu/CSu-Fraktionsvorsitzenden Volker kauder scharf kritisiert, weil dieser die französische Steuer- und Wirtschafts-politik „gemaßregelt“ hatte. Auch dies hatte zur Verschlechterung der Beziehun-gen beigetragen.

unbestreitbar: Das Verhältnis Paris-Berlin ist beschädigt. Als Ayrault in Berlin war, machte er klar, dass er von Merkel & Co. keine Belehrungen erwarte. Was er mit seinem Staatschef jedoch am meisten bemängelt, ist „die schiere unkenntnis“ der deutschen Regierung, was die Reform-pläne der neuen sozialistischen Regierung in Frankreich betrifft. Ayrault: „unsere deutschen Freunde sollten eines verste-hen: unser Gesellschaftsmodell basiert auf sozialer Gerechtigkeit!“ Dieses Modell sei ein Modell für ganz europa. n

Kühles Verhältnisschulmeisterin Angela Merkel beschädigt die deutsch-französische Freundschaft Von Lutz Hermann, Paris

Ziemlich beste Freunde Für europa?beZiehung Berlin und Paris müssen kooperieren

ohne angst: Kinderreporter des „bösen Wolfs“ in der französischen botschaft

3,5millionen deutsche (3,25) und französische (250 000) soldaten fielen im Zweiten Weltkrieg. insgesamt star-ben 6,89 millionen deutsche und 520 000 Franzosen.

Quelle: urlAnis, Boris WArs And PoPulAtion, MoscoW 1971

3,19millionen deutsche (1,81) und französische (1,38) soldaten fielen im ersten Weltkrieg.

begeisterung für die einheit europas: Frankreichs staats-präsident charles de gaulle (l.) mit jubelnden bürgern während seines besuchs am 5.september 1962 in bonn. neben ihm bundeskanzler Konrad adenauer.

Foto

: dPA

Pic

tu

re-

All

iAn

ce

/ u

Pi, B

ild

sch

ön

hintergrund

Nachdem sich Deutsche und Franzosen in zwei blutigen Kriegen als „Erbfeinde“ gegenübergestanden hatten, schlossen beide Staaten am 22. Januar 1963 im Pariser Elsyée-Palast den deutsch-französischen Freundschafts-vertrag. Dieser verpflichtet beide Regierungen zu regelmäßigen Konsultatio-nen in der Außen-, der Sicherheits-, der Jugend- und der Kulturpolitik. Zentraler Bestandteil des Elysée-Ver-trags ist der sprach-unterrricht deutscher und französicher Schüler in der jeweils anderen Sprache und der ausbau des Jugend-austausches. n

Page 12: vorwärts Dezember 2012 - Januar 2013

12 Aktuell vorwärts 12/2012-01/2013

R omantischer geht es kaum. „Ich bin für die liebe nach Deutsch-land gekommen“, sagt etienne

Briand und schaut lächelnd zu seiner Frau. eine Beziehung zu Deutschland habe er vorher nicht gehabt. „Ich woll-te katharina einfach besser verstehen.“ 1999 lernten sich die beiden in etiennes Heimatstadt lyon kennen. katharina verbrachte dort im Rahmen ihrer Frank-reich-Studien ein Austausch-Semester. Doch erst als sie drei Jahre später für ih-re Diplomarbeit zurückkehrte, funkte es zwischen der Deutschen und dem Fran-zosen. „Ich suchte einen tango-Partner“, erzählt die 36-Jährige schmunzelnd.

2005 zog etienne nach Berlin in ka-tharinas Studentenwohnung. Sie folgte ihm ein paar Monate später. „Beide Part-ner müssen beide Sprachen können und im land des anderen gelebt haben, wenn eine Beziehung funktionieren soll“, ist katharina überzeugt. etienne hatte zwar Deutsch in der Schule gelernt, doch das war lange her. Der Diplom-Physiker drückte also noch einmal die Schulbank und machte einen Sprachkurs. Heute arbeitet der 42-Jährige als It-Berater in einem unternehmen in kreuzberg. An die flachen Hierarchien in Deutsch-land musste er sich erst gewöhnen. „So viel persönliche Freiheit ist für mich manchmal ein bisschen komisch.“ und auch seiner Frau fiel die umstellung nicht ganz leicht. „In Paris bin ich in

meiner zweistündigen Mittagspause oft schwimmen gegangen“, erzählt katha-rina. „Dafür musste ich dann allerdings auch bis um sieben arbeiten.“

2010 heirateten die beiden. Ihre kin-der Mathis und lea waren da schon auf der Welt. „Wegen des Papierkrams hat alles etwas länger gedauert“, erzählt katharina Oriefe-Briand. „Als die letz-ten Dokumente aus Frankreich end-lich da waren, waren die ersten schon wieder ungültig.“ Seine kinder erzieht das ehepaar zweisprachig, beide haben sowohl die deutsche als auch die fran-zösische Staatsbürgerschaft. „In Frank-reich ist die kindererziehung stärker organisiert“, erzählt etienne. „kinder haben nicht so große Freiheit wie hier.“ Auch Spielplätze gebe es nicht so viele wie in Deutschland. „und kindergär-ten sind schon eher wie Schulen orga-nisiert.“ Mathis und lea besuchen eine kita in der Nachbarschaft. „Aber wir denken darüber nach, sie später auf ei-ne deutsch-französische Schule zu schi-cken“, verrät katharina. Dafür müsste die Familie allerdings in Deutschland bleiben. konkrete Pläne, nach Frank-reich zu ziehen, gebe es zwar nicht, „aber es ist auch nicht ausgeschlossen“. Weih-nachten werden sie allerdings zuhause in Berlin feiern. etiennes Mutter wird aus lyon zu Besuch kommen. und die Geschenke gibt es nach französischer tradition erst am 25. Dezember. n

M anche Deutsche denken ja, dass die Franzosen alle arro-gant sind, keine Fremdspra-

chen sprechen und nur Baguettes und Schnecken essen“, sagt Magali Baudelet schmunzelnd. Die 24-jährige Französin verbrachte 2004 im Rahmen eines Schü-leraustauschs ein halbes Jahr im Ruhrge-biet. Dort versuchte sie, die gängigen kli-schees zu durchbrechen. Baudelet meint: „Den typischen Franzosen gibt es nicht. und es sind auch nicht alle Deutschen immer pünktlich.“

Organisiert wurde ihr Austausch vom Deutsch-Französischen Jugend-werk (DFJW). Seit fast 50 Jahren fördert es Begegnungen zwischen Deutschen und Franzosen zwischen drei und 30 Jahren. Die Organisation bezeichnet sich selbst als „das schönste kind des elysée-Vertrags“, denn sie wurde 1963 nur wenige Monate nach dem Vertrags-abschluss gegründet. Seitdem haben mehr als acht Millionen Deutsche und Franzosen an den diversen Austausch-programmen des DFJW teilgenommen.

Das Jugendwerk unterstützt klas-senfahrten und den Austausch von Be-rufsschulen, vermittelt Gastfamilien und bietet Fortbildungen für lehrer an. Ziel ist es, die kultur des jeweils ande-ren landes kennenzulernen, auf dessen Sprache neugierig zu machen und die Beziehungen zwischen den ländern zu vertiefen. Die Organisation versteht sich auch als Berater für die Politik. Der Ver-waltungsrat wird je zur Hälfte von der deutschen und der französischen Regie-rung ernannt. Die Regierungen haben dem DFJW übrigens schon ein Geburts-tagspaket für 2013 geschnürt: erstmals seit seiner Gründung wird das Budget des Jugendwerks aufgestockt, von 21,8 auf dann 23,8 Millionen. n CFH

Klischees abbauenJugendwerK Jedes Treffen bringt Nachbarn einander näher

die 24-jährige Französin Magali baudelet reiste ins ruhrgebiet

Vor dem Miniatur-eiffelturm in berlin-wedding: Katharina Oriefe-briand, ihr Mann etienne und die Kinder Mathis und lea

berlin, MOn aMOurFaMilienbande Sie ist Deutsche, er Franzose. Ihre Kinder wachsen zweisprachig auf. Eine Liebesbeziehung der besonderen Art Von Kai Doering

14Prozent der deutschen sprechen Französisch und 6 Prozent der Franzosen deutsch so, dass es für eine unterhaltung reicht.

QuELLE: DFJW 2012, EuropäISchE KommISSIoN EurobAromETEr 2012

8Millionen junge Franzosen und deutsche nahmen seit 1963 an rund 300 000 austauschprogrammen des deutsch-Französischen Jugendwerkes (dFJw) teil.

buchtiPP

Wie Liebe in Zeiten tiefer Erbfeindschaft zwischen Deutschland und Frankreich Grenzen überwindet und die Wirren des Zweiten Welt-kriegs überdauert:Inge Barth-GrözingerGeliebte berthe Thienemann Verlag 2012, ISBN 978-3-522-20149-0

FoTo

S: D

IrK

bLE

IcK

Er, p

rIv

AT

Page 13: vorwärts Dezember 2012 - Januar 2013

12/2012-01/2013 vorwärts Aktuell 13

ANZeIGe

Sanieren Sie Ihr Haus –dann saniert es Sie.Jetzt informieren unter:www.gut-fuers-klima.de

1. Lassen Sie sich von Experten beraten

2. Klären Sie Finanzierungs- und Fördermöglichkeiten mit Ihrer Bank

3. Beauftragen Sie die entsprechenden Umbaumaßnahmen

4. Sparen Sie den Rest Ihres Lebens – CO2 und Geld.

Ob Wärmedämmung, neue Fenster oder eine moderne Heizungsanlage – es gibt viele Möglichkeiten, Ihr Haus CO2-freundlicher zu machen. Angenehmer Neben-effekt: In Zeiten steigender Energiekosten wird Ihr Eigenheim noch wertvoller. Dazu gehören 4 Schritte:

CO2-Gebäudesanierung.

Gut für Sie – gut fürs Klima.

Jetzt informieren unter:www.gut-fuers-klima.de

19759-1_VBS_CO2_Vorwaerts_162x207.indd 1 05.11.12 10:11

W enn sich zwei Streitende versöhnen wollen, dann sprechen sie sich aus. Ge-

meinsam gehen sie durch, was ihre Be-ziehung in der Vergangenheit belastet hat und räumen Missverständnisse aus. Zwischen zwei Nationen verhält es sich im Grunde nicht anders. Deutsche und Franzosen galten jahrzehntelang als erbfeinde, führten zwischen 1870 und 1945 drei kriege gegeneinander. Nun sind sie Freunde. Die gemeinsame Ge-schichte haben Historiker beider län-der aufgearbeitet. Darüber austauschen müssen sich Deutsche und Franzosen dennoch immer wieder.

einen Beitrag dazu leistet das Oberstufen-Geschichtsbuch „Histoire/Geschichte“. es ist ein ungewöhnliches Werk, denn es wird sowohl von französi-schen als auch von deutschen Schülern genutzt. Inhalt und Gestaltung sind in beiden ländern identisch. Der Grund-gedanke: Die Schüler sollen die jeweils andere Sicht auf die gemeinsame Ge-schichte kennenlernen.

Die Idee hatten JugendlicheDie Idee für das Buch hatte 2003 ein deutsch-französisches Jugendparlament. Politiker beider länder griffen den Ge-danken auf und beauftragten die Verla-ge klett und Nathan mit der umsetzung. Je fünf Autoren aus beiden ländern ver-fassten die texte. 2006 erschien der ers-te Band, zwei weitere folgten.

„Die Jugendlichen wissen oft we-nig über die Geschichte eines anderen landes“, sagt Ilas körner-Wellershaus, Projektleiter im klett-Verlag. So nehme der erste Weltkrieg im französischen Gedenken einen breiteren Raum ein, während in Deutschland die national-sozialistischen Verbrechen intensiv thematisiert würden. Das lehrbuch verdeutlicht auch, dass sich beim Aus-bruch des ersten Weltkriegs beide Seiten als Opfer sahen: die Franzosen, weil ihr land angegriffen wurde, die Deutschen, weil sie sich durch Frankreichs Bündnis mit Großbritannien und Russland be-droht fühlten. „Wenn die Schüler sich mit solchen Zusammenhängen beschäf-tigen, können auch Vorurteile abgebaut werden“, sagt körner-Wellershaus.

Das lehrbuch stellt die verschiede-nen Perspektiven zur Diskussion. Das konzept wird an den Schulen gut an-

genommen. Allein vom ersten Band wurden in Deutschland bereits rund 50 000 exemplare verkauft. und Nach-ahmer gibt es auch schon: 2015 soll ein deutsch-polnisches Geschichtsbuch auf den Markt kommen. n CFH

Ein Buch, zwEi PErsPEktivEnGEschichtsuntErricht Schüler zweier Nationen lernen aus dem gleichen Geschichtsbuch

Auch politisch bedeutsam: 2008 stellten klaus wowereit (m.) und der französi-sche Bildungsminister Xavier Darcos (2.v.r.) in Berlin den zweiten Band vor.

Foto

: Er

NSt

KlE

tt

VEr

laG

Gm

bH

Page 14: vorwärts Dezember 2012 - Januar 2013

14 Aktuell vorwärts 12/2012-01/2013

M uckefuck? Schon Mal gehört? Genau, das ist Zichorienkaf-fee, falscher kaffee, „mocca

faux“. Was das mit einem deutsch-fran-zösischen Sender zu tun hat? Der hat es erklärt und zwar so: „mocca faux“ haben die Hugenotten mitgebracht, französi-sche Protestanten, die sich nach dem 30-jährigen krieg in Preußen ansiedel-ten. Die Berliner machten daraus Mu-ckefuck. Immer sonntags um 19.30 uhr ist karambolage-Zeit. Dann geht es um deutsche und französische eigenheiten, Missverständnisse, Alltagskultur und historische Hintergründe. eine junge Frau hat plötzlich Heißhunger auf erd-beeren? Für eine Französin heißt das, sie ist schwanger. In Deutschland würde das eine Frau eher bei plötzlicher lust auf saure Gurken vermuten.

Gemeinsame Vision von EuropaSeit dem 30. Mai 1992 sendet der deutsch-französische kulturkanal Arte. Den Gründungsvertrag haben am 2. Oktober 1990 Vertreter der zehn alten Bundesländer und der Französischen Republik unterzeichnet. Die fünf neuen Bundesländer traten 1996 bei. Gesendet wird im Zweikanalton auf Deutsch und Französisch. Auftrag sei es, „eine politi-sche und kulturelle Vision europas zu vermitteln“, so Arte-Präsidentin Véro-nique Cayla gegenüber dem „vorwärts“.

In vielen Facetten beleuchtet der Sen-der das thema 50 Jahre Élysée-Vertrag und fordert auf, bis zum Juli 2013 die

populärste deutsch-französische Städte-partnerschaft zu wählen. Investigativer Journalismus, Dokumentationen, kino-produktionen, Meisterwerke des Films und anspruchsvolle Wissenschaftsma-gazine, auf Arte gibt es das regelmäßig. In dem Film „kaufen für die Müllhalde“ zeigte Arte beispielsweise, wie die In-dustrie den Wunsch der konsumenten nach neuen Produkten ausnutzt, indem sie den Verschleiß schon einbaut.

„Wir sind davon überzeugt, dass die kultur als Nährboden für das humanis-tische und demokratische Ideal wirkt“, so Véronique Cayla. Der Sender verstehe sich als „Akteur der entwicklung eines Gesellschafts- und Gemeinschaftsent-wurfs für das europa des 21. Jahrhun-derts“. Arte setze sich für die „entwick-lung gemeinsamer Vorstellungswelten ein, dank derer die deutsch-französi-schen Beziehungen auch in Zukunft tragfähig sein werden.“ In einer Zeit, in der die Ökonomie alles zu dominieren scheint, zeige das Programm, dass euro-pa mehr ist als ein gemeinsamer Wirt-schaftsraum.

Na denn, knusemang! Das ist Meck-lenburger Platt. Das karambolage-team erklärt die Herkunft des Wortes so: Im 19. Jahrhundert hätten die Mecklenbur-ger aus dem Französischen „A ce que nous aimons“ („Auf das, was wir lie-ben!“) jenes knusemang gemacht.

und darauf trinken wir eine „Schor-lemorle“. Was das bedeutet? Arte gu-cken! n

ANZeIGeN

128 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag 1 10,– [D] ISBN 978-3-453-20036-4

Auch als E-Book und Hörbuch bei Random House Audio erhältlich

Lese- und Hörprobe unter www.heyne.de

55 Dinge, die Sie garantiert noch nicht über

Helmut Schmidt wussten

Verblüffende und erstaunliche Anekdoten über Deutschlands Stimme der Vernunft

78534-Anz-Kaiser-Schmidt-vorwaerts-99x152.indd 1 19.10.12 10:14

Neue Netze für neue Energie

Das Übertragungsnetz ist der Schlüssel, um die Energiewende in Deutschland erfolgreich zu gestalten. Wir bei 50Hertz sind Vorreiter bei der Integration der erneuerbaren Energien. Wir betreiben das Höchstspannungsnetz für mehr als 18 Millionen Menschen im Norden und Osten Deutschlands. Wir meinen es ernst mit unserer gesellschaftlichen Verantwortung, Stromautobahnen gemäß den Klimazielen Deutschlands und Europas zu entwickeln.

Dafür sind folgende politische Weichen zu stellen :

– Für den notwendigen Netz-ausbau benötigen wir stabile Investitionsbedingungen, be -schleunigte Verfahren sowie eine politisch gestützte Infor-mations- und Dialogoffensive.

– Der rechtliche und regulato-rische Rahmen muss dafür sorgen, dass die enormen Investitionen in den Netzaus - bau getätigt werden können und gleichzeitig Investitions-hemmnisse abgebaut werden.

Mehr unter www.50hertz.com

Na deNN, KNusemaNg!20 Jahre arte Der Zwei-Länder-TV-Sender zeigt, dass Europa mehr ist als ein Wirtschaftsraum Von Susanne Dohrn

Blick in das arte-studio: die moderatoren kurz vor der Präsentation des neuen Programms. sonntag um 19.30 uhr geht es in der sendung „Karambolage“ um deutsche und französische eigenheiten.

FoTo

: Fr

EDEr

ic M

AiG

ro

T/r

EA/L

AiF

Page 15: vorwärts Dezember 2012 - Januar 2013

12/2012-01/2013 vorwärts Aktuell 15

ANZeIGe

I m Frühjahr 1962 kam ich zum Stu-dium ins Saarland, um Frankreich möglichst nahe zu sein. Ich wollte

mehr erfahren von diesem land, das Dichter wie Baudelaire und Rimbaud, Schriftsteller wie Alain Fournier und Raymond Queneau, Philosophen wie Sartre und Camus und – irgendwie noch wichtiger – die Filme der nouvelle vague hervorgebracht hatte. Ich wusste damals noch nicht, dass ich hier Wurzeln schla-gen würde. Das geschah fast unbemerkt, aber nachhaltig.

Saarbrücken ist Grenzstadt. Die Gren-ze zieht sich mitten durch die ineinander-fließenden Siedlungen. Von der Stadtmit-te ist man schneller im lothringischen Spichern als in unserem Haus in der kernstadt. Für die Saarländer gehört das benachbarte Departement Moselle mit seiner Hauptstadt Metz zum direkten le-bensumfeld. Das Gleiche gilt umgekehrt für die lothringer.

Wohnen und arbeiten orientieren sich grenzüberschreitend an den jeweiligen Vorlieben, nicht an der staatlichen Zuge-hörigkeit. Die Restaurants, die kaufhäu-ser, die spezialisierten Geschäfte hüben und drüben konkurrieren und ergänzen sich, das kulturangebot ist vielfältig. Auf engstem Raum blüht eine vielfältige Ge-genwart mit zwei Sprachen, mit unter-schiedlichen Gesetzen, anderen Verkehrs- und Nummernschildern, mit einem bunten Gemisch von Radioprogrammen (die hastige wortreiche Moderation der Franzosen, die eher knappe und betuliche der Deutschen), mit anderen Zeitungen und anderen Schlagzeilen. Die Film- und theaterprogramme sind im Wortsinne eigenartig. um es offen zu sagen: Ich bin kultureller Bigamist – und ich genieße es.

Ich bin dabei nicht allein. Wir leben nicht mehr an der, sondern auf der Grenze und begegnen einander real, nicht nur virtu-ell im Netz.

Saarbrücken war einst Garnisons-stadt, als Bollwerk gegen die „Welschen“ gerüstet. Manche Straßennamen künden noch von dieser Zeit. Heute aber ist es ei-ne europäische Stadt, wie Saarlouis und Merzig auch. Die nationale Identität ist eine Identität unter vielen geworden, zu denen auch die regionale gehört. Am Jah-restag des elysée-Vertrags befinden wir uns bereits auf dem Wege zu einer euro-päischen Region. n

vorwärts App+

… Mehr lesen!

Interview: Angelica Schwall-Düren über Deutsche und F ranzosen

Interaktive Grafik: Online-Check outet Energiefresser

Diashow: Firma Frisch & Faust castet ihre Azubis

Jetzt downloaden:vorwärts.de/app

schlosshof in saarbrücken: nur ein Katzensprung von der französischen Grenze entfernt

Die saar: Der Fluss verbindet beide länder.

BiGaMie ist wunDervollGrenzerFahrunG Wer in Deutschland Frankreich möglichst nah sein will, kann das am besten im Saarland Von Reinhard Klimmt

Quelle: AuSWärtigeS Amt unD miniStère DeS AFFAireS étrAngèreS 2012

2200Partnerschaften zwischen deutschen und französischen städten und regionen gibt es derzeit.

www.mai1863.de

Kostprobe?

Kalender 150 Jahre SPD Format: 40 x 34 cm, 26 Seiten, gedruckt auf PhoeniXmotion Xenon 170 g/m2, PopSet 170 g/m2

19.90 € IMAGE mbH · Deichstraße 47 · 20459 Hamburg · Telefon 0 40 / 28 40 03 15

HOTLINE 01805/4624344 Mo-Fr 9.00 - 15.00, 0,14 Euro/min aus dem Festnetz, Mobilfunk max. 0,42 Euro/min

www.imageshop.de

Die SPD feiert 2013 ihr 150-jähriges Jubiläum. Zu diesem Anlass legen wir einen hochwertigen Kalender auf.

Motive aus der Geschichte der Sozialdemokratie mit Erläuterungen zu den Hintergründen, Mythen und Erzählungen. Zahlreiche Ereignisse verdeutlichen die Rolle der Partei und ihrer Persönlichkeiten im Laufe der Jahrhunderte.

Mithilfe von QR-Codes könnt ihr weitere Zusammen-hänge und Informationen auf der eigens geschaffenen Internetseite www.mai1863.de abrufen: Prominente Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten erzählen Jubiläumsgeschichten. Hört doch mal rein!

KALENDER„150 JAHRE SPD“

Foto

: Fu

lvio

ZA

net

tin

i/lA

iF (

2)

Page 16: vorwärts Dezember 2012 - Januar 2013

16 In Kürze vorwärts 12/2012-01/2013

Herbert Altenberger SPD Ansbachzum 100. Geburtstag Manfred Wendeehem. MdBzum 85. Geburtstag

Peter Conradiehem. MdBzum 80. Geburtstag

Gernot Fischerehem. MdBManfred LahnsteinBundesminister a.D.Rainer OffergeldBundesminister a.D.Peter Paternaehem. MdB Dieter Schanzehem. MdBzum 75. Geburtstag

Peter Endersehem. MdB Uta Titze-Stecherehem. MdBzum 70. Geburtstag

HerzlicHen GlückwunscH

karlsruHe erobert

Frank Mentrup wird neuer Oberbür-germeister in Karlsruhe. Bereits im ersten Wahlgang am 2. Dezember erhielt der 48-Jährige mit 55 Prozent die absolute Mehrheit der Stimmen. Men-trup beendet damit die 42-jährige CDU-Vorherrschaft in Baden-Württembergs drittgrößter Stadt. Der bisherige Amts-inhaber Heinz Fenrich war nach 14 Jahren aus Altersgründen nicht wieder angetreten. Mentrup ist Psychiater und vierfacher Vater. Im Karlsruher Wahl-kampf hatten ihn auch die Grünen, die Piraten und die „Karlsruher Liste“ (KAL) unterstützt. n KD

Global GedacHtVon Rafael Seligmann

Die Nato hat wie jedes Verteidigungs-bündnis die Aufgabe, eine äußere Macht vom Angriff auf einen Mit-gliedsstaat abzuschrecken: mittels Beistand seiner Partner für das atta-ckierte Paktland. Falls dies nicht ge-lingt, hat sie das angegriffene nato-Mitglied militärisch zu verteidigen. Dies hat seit der Gründung der nato vor 60 Jahren funktioniert – da die Linie des Konflikts zwischen der nato und dem Warschauer Pakt verlief. Die Hauptprotagonisten USA und Sowje-tunion waren nuklear hochgerüstet, doch deren rational handelnde Füh-rungen wollten unter allen Umstän-den einen alles zerstörenden Atom-krieg vermeiden.

nun hat das nato-Mitglied Türkei gefordert, Patriot-Abwehr-raketen der USA, Deutschlands und der niederlande an seiner Grenze zu Syrien zu stationieren. Ankara sieht sich von der Assad-Diktatur bedroht. In Syrien herrscht Bürgerkrieg. Die verfeindeten Parteien kennen keine zurückhaltung. zivilisten flüchteten in die Türkei, Granaten flogen über die Grenze, ein türkisches Kampf-flugzeug wurde von den Syrern ab-geschossen. Die schwer bedrängte Assad-Diktatur sucht keinen Krieg gegen die militärisch überlegene Tür-kei. Deren Premier erdogan hofierte bis vor kurzem Assad. nunmehr un-terstützt Ankara aktiv die syrischen Aufständischen. Moskau wiederum hilft Assads regime. zudem führt die Türkei Krieg gegen die separa-tistischen Kurden. Auch jenseits der türkischen Grenzen, denn Ankara fürchtet einen Kurdenstaat. In dieser Situation kann die nato durch ihre Patriot-raketen rasch in einen Krieg gezogen werden. Manches erinnert an 1914. niemand wollte einen Krieg, doch am ende wirkten die Bündnisse als Brandbeschleuniger.

Statt sich in einen bewaffneten Konflikt involvieren zu lassen, soll-te die nato diplomatisch auf Mos-kau einwirken. Russland ist noch keine Demokratie nach westlichen Maßstäben, doch ein rationaler, tra-ditioneller Teil des europäischen Mächtegleichgewichts, zudem ein zuverlässiger energielieferant. Man sollte sich mit dem Kreml einigen n

beschluss des sPd Parteivorstands zum Mitgliederbegehren „sozis gegen Vorratsdatenspeicherung“:

Der Parteivorstand hat das nicht rechtswirksame Zustandekommen des Mitgliederbegehrens „Sozis ge-gen Vorratsdatenspeicherung“ nach § 13 Absatz 3 Satz 3 Organisations-statut festgestellt, da das Begehren nicht von 10 Prozent der Mitglieder unterstützt wurde.

tod eines käMPferser kämpfte gegen nazi-Terror und Stalinismus. Verfolgt wurde Hans Bonkas von Hitlers Helfern wie vom KGB. Geprägt von seinem sozialde-

mokratischen elternhaus trat Bonkas schon mit elf Jahren ins „Jungbanner“, die Jugendorganistation des „reichs-banners Schwarz-rot-Gold“, ein. nach dem Krieg widersetzte sich Bonkas in der sowjetischen Besatzungszone der zwangsvereinigung von SPD und KPD. 1949 wurde er im berüchtigten „roten Ochsen“ in Halle eingesperrt und von einem sowjetischen Gericht zum Tode verurteilt. Die Strafe wurde später in 25 Jahre zwangsarbeit umgewandelt. 1956 wurde Hans Bonkas in den Wes-ten entlassen. Hier kämpfte er fortan unermüdlich für die Demokratie. Als zeitzeuge erzählte er tausenden jungen Menschen von seinen erlebnissen aus zwei Diktaturen. Viele Jahre saß er dem reichsbanner Schwarz-rot-Gold, Bund aktiver Demokraten vor, war danach ehrenvorsitzender. Der SPD hielt er sieben Jahrzehnte die Treue. Am 7. november ist Hans Bonkas im Alter von 91 Jahren verstorben. n KD

Foto

s: s

PD-P

V, ,

Uli

Dec

k/D

Pa ;

Vig

net

te:

hen

Dr

ik J

on

as

D er „vorwärts“ wird ab dem kom-menden Jahr von einer Frau ge-führt. zum 1. Januar wird Karin

Nink neue Chefredakteurin. Die 51-Jäh-rige folgt damit Uwe Knüpfer (57) nach, der sich künftig um den Internetauftritt zum 150-jährigen Parteijubiläum küm-mern wird. Der ehemalige „WAz“-Chef-redakteur hatte die vorwärts-Chefredak-tion im Herbst 2010 übernommen.

Karin nink ist seit 2004 stellver-tretende Parteisprecherin der SPD. Der damalige Bundesvorsitzende Franz Müntefering hatte die Journalistin in die Parteizentrale geholt. zurzeit ver-antwortet nink dort die Pressearbeit der stellvertretenden Vorsitzenden. Vor ih-rem Wechsel ins Willy-Brandt-Haus war sie journalistisch u.a. für die „Financial Times Deutschland“, den „Kölner Stadt-Anzeiger“ und die „taz“ tätig. n KD

twitter-koalitionWird Programmieren bald Schulfach? Wenn es nach Nico Lumma geht schon. Kinder müssten Programmieren als zweite Fremdsprache lernen, forder-te der Blogger und Geschäftsführer des Internetvereins D 64 beim ersten vorwärts-Medienkongress. „Java-Script ist das neue Latein.“ rund 200 Internet- und Medieninteressierte diskutierten am 30. november in Frankfurt am Main über die „Kommunikation der zukunft“. Der hessische SPD-Vorsitzende Thors-ten Schäfer-Gümbel bildete dabei mit Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) eine „virtuelle große Koalition“. Bevor die beiden begeisterten nutzer des Kurznachrichtendienstes „Twitter“ ihr Streitgespräch über „Politik und Social Media“ begannen, hatte Altmaier noch ein paar Tipps parat. „er hat mich darauf hingewiesen, dass man beim Blackberry auch Umlaute verwenden kann“, gab Schäfer-Gümbel zu. n KD

frau an die sPitzeVorwärts Vize-sPD-sprecherin karin nink wird neue chefredakteurin

ab 1. Januar auf dem vorwärts-chefredakteurs-sessel: karin nink

Ausführlicher Bericht: vorwärts.de/medienkongress

Page 17: vorwärts Dezember 2012 - Januar 2013

12/2012-01/2013 vorwärts In Kürze 17

Rechtsextremes Denken ist in Deutschland weiter auf dem Vor-marsch. Woran liegt das? Das hat vielfältige Ursachen. zum Bei-spiel identifizieren sich Menschen oft mit Stärke, Autorität und mit einer eigen-gruppe, gerade in einer modernen Welt und in unsicheren zeiten. Das bedeutet im Umkehrschluss häufig, bestimmte Fremdgruppen zu konstruieren und die-se dann abzuwerten. So wird die eigene Stärke scheinbar be-wiesen. rechtes Den-ken hängt auch mit der Sorge um die eige-ne sozioökonomische Lage zusammen. Der in strukturschwachen regionen zu beobachtende Anstieg der zustimmung zu rechtem Gedankengut hat auch et-was mit zukunftsangst zu tun.Gleichzeitig ist die Zustimmung zur Demokratie hoch wie nie. Wie passt das zusammen?Die Demokratieakzeptanz ist hoch. Das ist ein gutes zeichen. Allerdings reicht das allein nicht aus. nach wie vor emp-finden viele die Demokratie nicht als Teil ihrer Lebenswirklichkeit. Viele fin-den Demokratie an sich zwar gut, haben

aber nicht gelernt, was es heißt, diese auch zu leben. Stattdessen erfahren sie autoritäre, hierarchische gesellschaftli-che Strukturen; im Job, bei der Arbeits-agentur und oft auch immer noch in der

Familie. Hier bleibt noch viel zu tun.Das Bemühen gegen Rechts ist vielfältig. Warum helfen all diese Anstrengungen nicht?Sie helfen! Dafür gibt es viele Beispiele. nur sind die vielen kleinen Projek-te oft nur ein Tropfen auf den heißen Stein, wenn sie nicht von einem brei-ten gesellschaftlichen Konsens unterstützt wer-den. Das trifft umso mehr zu, als man einstellungen

nicht von heute auf morgen ändern kann. Außerdem: ein öffentliches Be-kenntnis gegen rechts gehört zwar zum guten Ton jeder Mandatsträgerin – ge-rade nach so schrecklichen ereignissen, wie sie im vergangenen Jahr mit dem nSU-Skandal ans Licht gekommen sind. Dennoch wird mit der extremismus-klausel Misstrauen gesät, und es fehlt die konsequenzenbehaftete einsicht, dass wir hier mehr tun müssen. n KD

Trainer für die SPdSieben Monate haben sie gebüffelt, nun sind sie offizielle SPD-Trainer. 15 Genos-sinnen und Genossen aus acht Landes-verbänden haben das Programm „Train the Trainer“ der SPD-Parteischule absol-viert. Sie wurden u.a. in der Moderation von Seminaren, in Konfliktmanagement und der Führung von Gruppen geschult. Die Gliederungen der SPD können die Trainer jetzt anfordern. Jeder hat eigene Schwerpunkte, die in seiner Profilmappe erfasst sind. Diese gibt es bei Jana Heinze unter [email protected]. n KD

Trauer um SchüTzer war ein enger Freund Willy Brandts. Als regierender Bürgermeister von Ber-lin war Klaus Schütz wesentlich an der Umsetzung von Brandts entspannungs-politik beteiligt. In seiner 10-jährigen Amtszeit unterzeichnete er das Berlin-Abkommen und das Transit-Abkommen mit der DDr. Die Aussöhnung mit Israel wurde ein weiteres Lebensthema. Vier Jahre war Schütz dort Botschafter. Im Alter von 86 Jahren ist Klaus Schütz am 29. november in Berlin gestorben. n KD

Johannes Kiess ist Mitautor der Studie „Die Mitte im Umbruch“ der Friedrich-Ebert-Stiftung

JohanneS KieSS

drei fragen an

Foto

s: M

ar

k B

oll

ho

rst

, Ma

rie

-sc

hle

i-V

erei

n; V

ign

ett

e: h

end

rik

Jo

na

s

Ja was denn nun? Ist die amtierende Bundesregierung nun die beste oder nur die erfolgreichste? Und wieso nur „seit der Wiedervereinigung“? O.K., davor war Angela Merkel noch keine Bundesbürgerin.

Wenn aber die Merkelsche zeit-rechnung erst im Jahre 90 beginnt, was soll dann die Bescheidenheit? zumal ErfBusdWieVer klingt wie ein uckermärkisches Bw-Standortkom-mando. Um wieviel klarer klingt doch BeBuKAZ! Beste Bundeskanzlerin Aller zeiten. Das ist es. Hat außerdem den Vorteil zu stimmen. Wer allein ist, muss Konkurrenz nicht fürchten.

nach diesem Motto hat Frau Mer-kel bekanntlich die CDU rasiert. Spä-testens seit dem rauswurf – pardon: Abgang – Norbert Röttgens dürfte je-de und jeder in Merkels Praktikanten-truppe wissen: wer aufzeigt, fliegt.

Apropos rauswurf: Philipp Rösler, der (bei redaktionsschluss) Vorsitzen-de der FDP, hat seine Partei bei einem Adventsempfang „Unter niedersach-sens Sternen“ eine „liberale Familie“ genannt. Man wird sich, wenn die FDP an niedersachsens Himmel ver-glüht sein wird, mit dem liberalen Fa-milienbegriff beschäftigen müssen.

Der erste Bürgermeister Ham-burgs sollte den SPD-netzwerkern etwas über gute Großstadtpolitik er-zählen – und schien sich verweigern zu wollen: „ratschläge geben wir nicht. So sind wir nicht.“ Dann mach-te Olaf Scholz reklame für Wilhelms-burg, wo HH aussieht, wie man sich das ruhrgebiet vorstellt. Dort entste-he jetzt eine neue „Metrozone“, dank Bauausstellung und Gartenschau. Im-merhin sei Wilhelmsburg „die größte Flussinsel der Welt – nach Manhattan – und mit nicht ganz so großen Häu-sern.“ Merke: Hanseaten lassen sich von Fakten loben.

Die Methode Merkel geht anders. Der neue Armutsbericht der Bundes-regierung drohte Deutschland zu be-schreiben wie es ist: mit wachsendem Abstand zwischen Oben und Unten. Was taten die Adlaten der BeBuKAz? Sie ließen den Bericht umschreiben. Merke: Man muss den Leuten nur ge-nug Sand in die Augen streuen, und schon halten sie jede Pfütze für die Ostsee. n

Berliner TageBuchNotiert von Uwe Knüpfer

»Ich will auch nicht von einer 67-jäh-rigen Kranken-schwester gehoben werden.«Sigmar Gabriel,SPD-Vorsitzender, zu den Konsequenzen der Anhebung des Renteneintrittsalters

»Wer alle Kraft braucht, um die Koalition statt unser Land zusammen-zuhalten, der sollte in die Rehabili-tation.«Peer Steinbrück,designierter Kanzlerkandidat der SPD, über Angela Merkel

Schlei-Verein hilfT frauen in maliMali ist eines der ärmsten Länder der Erde. Seit im Frühjahr islamistische Kämpfer den Norden erobert haben, hat sich die Lage zusätzlich angespannt. Die Frauen in den Dörfern um Segu, einer Provinzhauptstadt im Süden des Landes, lassen sich davon nicht beirren. Sie kämpfen gegen die Auswirkungen des Klimawandels und der instabilen politischen Lage, um die Bevölkerung mit Nahrungsmitteln zu versorgen. Der Marie-Schlei-Verein will sie gemein-sam mit seinem Partner, der „Groupe Nature“, dabei unterstützen. In einem Jahr sollen sechs Frauengruppen im Gemüseanbau ausgebildet werden. Zwei Brunnen sollen während dieser Zeit angelegt werden. Um 30 Prozent könnte sich das Einkommen der Frauen steigern. Der Marie-Schlei-Verein ist nach der früheren Entwicklungsministerin benannt. Er konnte bereits Frauen in mehr als 500 Selbsthilfeprojekten weltweit unterstützen. n KD

unterstützung vom marie-Schlei-Verein: frauen beim gemüseanbau

Weitere Informationen: marie-schlei-verein.deSpendenkonto: Sparda Bank Hamburg, BLZ 206 905 00, Konto 602 035

Page 18: vorwärts Dezember 2012 - Januar 2013

Energiewende ohne PlanDie schwarz-gelbe Energiepolitik lässt Strompreise

steigen und gefährdet Arbeitsplätze

Die Strompreise in Deutschland steigen immer weiter. Im kommenden Jahr wird sich die Umlage für die Förderung der Er-neuerbaren Energien (EEG-Umlage) erhö-hen. Sie steigt von 3,6 Cent auf 5,3 Cent pro Kilowattstunde, was die Preise weiter nach oben treibt. Zwei Drittel dieses An-stiegs werden nicht durch Fördergelder für Ökostrom verursacht, sondern durch die schwarz-gelbe Lobbypolitik. Denn die Zahl der Unternehmen, die von der EEG-Umlage befreit sind, erhöht sich durch die

Rüstungsexporte steigen an

Die Bundesregierung hat im November ihren Rüstungsexportbe-richt für das Jahr 2011 vorgelegt. Laut dem Bericht passierten Aus-fuhrgenehmigungen im Wert von 5,4 Milliarden Euro den Sicher-heitsrat (BSR). Das entspricht einem Anstieg von mehr als zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr.

„Damit zeigt sich, dass die schwarz-gelbe Koalition den Export von Rüstungsgütern offensichtlich als ganz normales Instrument zur Gestaltung ihrer Außen- und Sicherheitspo-litik betrachtet“, empört sich der SPD-Fraktionsvize Gernot Erler. Die „Merkel-Doktrin“ entfalte ihre Wirkung. Bedenken hinsichtlich einer instabilen Sicherheitslage oder Verletzun-gen von Menschenrechten würden immer weiter in den Hin-tergrund gedrängt, wie zum Beispiel die fragwürdigen Panzer-geschäfte mit Saudi-Arabien oder Indonesien zeigten.

Bereits Ende März hat die SPD-Fraktion einen Antrag in den Bundestag eingebracht, in dem sie mehr Transparenz und eine parlamentarische Beteiligung bei der Vergabe von Exportge-nehmigungen fordert. Besonders gewichtige Kriegswaffen-exporte werden im geheim tagenden BSR beschlossen, dem ausschließlich Vertreter der Regierung und der Ministerien angehören. Der Bundestag erfährt erst nachträglich durch den Exportbericht davon. Die SPD-Fraktion verlangt von der Regie-rung, sich künftig streng an die geltenden Rüstungsexport-richtlinien und an die Gesetze zu halten sowie eine entspre-chend restriktive Genehmigungspraxis anzuwenden. n CFH

Aufruf zum Klimaschutz

In Doha ist die 18. Weltklimakonferenz zu Ende gegangen. Be-reits im Vorfeld haben die Fraktionen von SPD und Grünen die Regierung per Antrag aufgefordert, ihre Tatenlosigkeit beim Kampf gegen den Klimawandel zu beenden. Die Regierung müsse ein Maßnahmenpaket verabschieden, um die nationa-len Klimaziele einzuhalten, heißt es darin. Deutschland solle beim Klimaschutz zusammen mit anderen Vorreiterstaaten voran gehen, auch wenn nicht alle Länder mitmachen. Auf EU-Ebene solle die Regierung sich für eine abgestimmte Kli-mapolitik einsetzen. Die EU müsse ihr CO

2-Reduktionsziel ohne

Vorbedingungen auf 30 Prozent anheben. n CFH

PREis ERinnERt An OttO WEls

Im März 2013 jährt sich die Rede des SPD-Reichstagsab-geordneten Otto Wels gegen das nationalsozialistische Ermächtigungsgesetz zum 80. Mal. Aus diesem Anlass lobt die SPD-Fraktion den „Otto-Wels-Preis für De-mokratie“ aus. Teilnehmen können Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 16 und 21 Jahren. Sie können eine Rede zum Thema Demokratie verfassen, eine Kampagne zur Stärkung der Demokratie entwickeln oder eine Illustration zu Otto Wels einreichen. Die drei besten Beiträge werden mit Geld-preisen bis zu 600 Euro aus-gezeichnet. Einsendeschluss ist der 4. Februar 2013. Mehr Informationen gibt es im Internet unter spdfraktion.de/ottowelspreis. n CFH letzte EEG-Novelle der Regierung von rund

800 auf über 2000. Was die Unternehmen einsparen, müssen die Haushalte zusätz-lich zahlen.

Ende November hat die Regierungsko-alition nun auch noch beschlossen, dass die Verbraucher einen erheblichen Teil der Entschädigungen für Windparkbetreiber bezahlen müssen. Die Entschädigungen kommen zustande, weil die Netzanschlüs-se von neuen Offshore-Windparks ans Festland nicht rechtzeitig geplant und aus-

FOTO

S: K

LAU

S-D

IETM

AR

GA

BB

ERT/

DA

PD, M

ICH

AEL

UR

BA

N/D

DP

gebaut wurden. Die Verbraucher müssten nun für die Fehler der Regierung zahlen, konstatiert der energiepolitische Sprecher der SPD-Fraktion Rolf Hempelmann (siehe Seite 34).

Der Regierung fehlt bis heute ein Kon-zept für die Energiewende. Nach ihren Kosten und Grundlagen erkundigte sich die SPD-Fraktion schon vor vier Monaten in einer Großen Anfrage. Die Regierung ist offenbar überfordert und will erst im Februar antworten. „Wer die Grundlagen nicht kennt, der kann auch keine Entschei-dung in der Energiepolitik treffen“, kom-mentiert SPD-Fraktionsvize Ulrich Kelber.

Um künftig eine bezahlbare und si-chere Versorgung mit Erneuerbaren Ener-gien sicherzustellen, muss die Energie-wende aber koordiniert werden, wie der verschleppte Netzausbau für Offshore-Windanlagen zeigt. Die SPD-Fraktion hat nun einen Entschließungsantrag in den Bundestag eingebracht, in dem sie die Regierung auffordert, mit den Netzbetrei-bern eine gemeinsame Netzgesellschaft zu gründen. Die Kreditanstalt für Wieder-aufbau (KfW) solle an der Finanzierung der Netzanbindungen beteiligt werden. Die SPD-Fraktion forderte dies bereits in der Großen Koalition, scheiterte damit aber an CDU und CSU.

Das Ergebnis: Die missratene Energie-politik der Regierung lässt nicht nur die Strompreise steigen, sondern verschreckt auch Investoren. Die zukunftsträchtige Windkraft-Industrie in Deutschland wird geschwächt, und damit geraten auch Ar-beitsplätze in Gefahr. n CFH

Impressum

Verlags-Sonder-veröffentlichung

Herausgeber:SPD-Bundestagsfraktion Petra Ernstberger, MdBParl. Geschäftsführerin V.i.S.d.P.

Anschrift: SPD-BundestagsfraktionPlatz der Republik 111011 Berlin

12-2012/01-2013-VERLAGS-SONDERVERÖFFENTLICHUNG 18

Ratlos: Der Regierung mit Umweltminister Peter Altmaier fehlt beim Netzausbau der Durchblick.

»Dass der Erkun-dungsstopp nur bis zur Bundestagswahl gelten soll, spricht für sich selbst.«Ute Vogt,Obfrau der SPD-Fraktion im Gorleben-Untersuchungs-ausschuss Die EU-Länder sollen den CO

2 -Ausstoß um 30 statt 20 Prozent senken.

Page 19: vorwärts Dezember 2012 - Januar 2013

12/2012-01/2013 vorwärts 19Fo

tos:

Dir

k b

leic

ker

, bea

Ma

rq

ua

rD

t, p

riv

at

Partei leben!

M an muss die SPD nur SPD sein lassen, dann wird was draus.“ Sigmar Gabriel war voll des

Lobs für die Art und Weise, wie das SPD-Rentenkonzept zustandekam. Der Kon-vent hat es am 24. November ohne Ge-genstimme beschlossen.

Die „Süddeutsche Zeitung“ sprach von einem „Roten Wunder“. Von wegen, meinte Gabriel: Die Partei habe einfach hart und konsequent gearbeitet. Aus-drücklich bedankte er sich bei Ottmar Schreiner für dessen Beharrlichkeit. Im-mer wieder hatte der frühere SPD-Gene-ralsekretär und langjährige AfA-Vorsit-zende vor neuer Altersarmut gewarnt.

Nach der Abstimmung verließ Ga-briel seinen Platz auf dem Podium und eilte in die hintersten Reihen des Hans-Jochen-Vogel-Saals im Willy-Brandt-Haus. Dort saß Gerhard Kompe. Gabriel drückte ihn an seine Brust. Kompe ist der Vater des wegweisenden Beschlusses der NRWSPD vom 27. Oktober. Lange hatte es so ausgesehen – und Kommentato-ren freuten sich darauf –, als würde sich die SPD über den Umgang mit dem Ren-tenthema zerfleischen. Doch Gabriels Arbeitsgruppe nahm Anregungen der Parteilinken auf, und NRW fügte alle Einzelteile zu einem stimmigen Ganzen zusammen. Jetzt steht für die SPD fest:

• Die Gesetzliche Rentenversicherung (GRV) bleibt die Grundlage für „die Sicherung des sozialen Friedens in Deutschland“. • Die Bekämpfung der Altersarmut be-ginnt mit dem Kampf gegen Erwerbs-armut.• Eine Solidarrente von 850 Euro soll verhindern, dass langjährige Beitrags-zahler weniger Geld in der Tasche haben als jemand, der nie eingezahlt hat.• Die SPD garantiert die Angleichung der Ost-Renten an das West-Niveau.• Das Renteneintrittsalter wird flexibel. Wer es auf 45 Versicherungsjahre bringt (einschließlich Ausbildungs-, Kinder-zeiten und Phasen der Arbeitslosigkeit), kann ab einem Alter von 63 Jahren seine volle Rente beziehen.

Auf Initiative von Christoph Mat-schie beschloss der Konvent zudem, dass eine SPD-geführte Bundesregierung bis 2016 zwanzig Milliarden Euro zusätzlich in Bildung und Wissenschaft investieren wird. Auf Betreiben der Jusos strebt die SPD jetzt zudem zügig eine neue Asyl-politik und „einen menschenwürdigen Umgang mit Flüchtlingen“ an. n KL

niedersachsen beim Parteikonvent: Hauke Jagau, Präsident der region Hannover, landtagswahl-Spitzenkandidat Stephan Weil und der SPD-Fraktionsvorsitzende im landtag Stefan Schostok (v.l.)

Das Rentenkonzept im Wortlaut: spd.de/presse/Pressemitteilungen/82052/20121124_beschluss_rente.htmlFragen stellen: vorwärts.de/Parteileben

CHeFSaCHe

anDrea Direkt!Was bezweckt die SPD mit ihrem Dia-log mit der Fatah?Wir versuchen, eine politische Lösung im Nahen Osten zu finden. Dafür brauchen wir einen Gesprächspartner. Die Hamas scheidet dafür aus, weil sie das Existenzrecht Israels nicht aner-kennt. Deshalb ist die Fatah für uns der logische Partner. Wir stehen damit übrigens nicht allein. Vor einem Monat hat die Fatah auch von der europäi-schen sozialdemokratischen Partei einen Beobachterstatus erhalten.Wie groß ist die Angst der SPD vor Schwarz-Grün?Davor haben wir überhaupt keine Angst. In Niedersachsen stehen die Chancen für Rot-Grün sehr gut. Der Sieg bei der Landtagswahl im Januar wäre der Startschuss für das Bundes-tagswahljahr. Wir Sozialdemokraten lassen uns von Debatten über Schwarz-Grün oder eine große Koalition nicht ablenken. Sie werden gezielt von CDU und FDP lanciert, um unsere Wähler zu verunsichern und unsere Partei zu demobilisieren. Deshalb ist mein Ap-pell: Lasst Euch nicht kirre machen! Das Rennen wird hart, aber wir gewinnen.Lässt sich das Betreuungsgeld gericht-lich noch verhindern?Ja. Allerdings kann niemand sagen, wie lange das dauert. Es gibt berechtigte Zweifel daran, dass das Gesetz für das Betreuungsgeld verfassungskonform ist. Es ist sowohl eine Einmischung in die Wahlfreiheit für Familien als auch in Länderangelegenheiten. Eine Klage wäre also sehr aussichtsreich. Die Frage ist allerdings, ob das Gericht noch vor der Bundestagswahl im kommenden Jahr eine Entscheidung trifft. Falls nicht, werden wir das Betreuungsgeld auf der politischen Ebene zurücknehmen. n

Warum seid Ihr gerade jetzt SPD-Mitglied geworden?Schreibt uns [email protected]

»Darum bin iCH in Der SPD…«

kriStoPH-Felix PiePke

macht eine ausbildung zum kaufmann für büro-kommunikation und ist seit april mitglied im oV banzkow-Pinnow in meck-lenburg-Vorpommern.

Im Sozialkunde-Unterricht wurde Politik ein wichti-ges Thema für mich. Ich möchte meine Meinung in Sitzungen vertreten und Ideen entwickeln, die dazu beitragen, das Leben zu verbessern. Der Kampf gegen Rechts war für mich der entscheidende Punkt, in die SPD einzutreten. n

Die Partei DeS WirDer 2. Partei-konVent Die spD setzt auf solidarität, beschließt ein schlüssiges rentenkonzept und fordert eine humane asylpolitik

inHalt

10 unter 20

Die Jusos Lüneburg geben Einblicke in die Politik

Gelebte Politik

Peter Struck erinnert sich

auF inS WaHlJaHr

Bürger-Dialog und Parteijubiläum

Starke Frau

Malu Dreyer auf dem Sprung in die Staatskanzlei

kein alteS eiSen

Die AG 60plus

oV-naCHriCHten

vorwärts 12/2012-01/2013 19

Page 20: vorwärts Dezember 2012 - Januar 2013

20 vorwärts 12/2012-01/2013

ANZEIGE

20 Pa r t e i L e b e n ! 12/2012-01/2013 vorwärts

D ie da oben machen eh was sie wollen!“ Der Frust vieler Deut-scher über die Politik schlägt

sich seit Jahren in abnehmender Wahlbe-teiligung und sinkenden Parteimitglie-derzahlen nieder. Vor allem unter jungen Menschen fehlt häufig das Interesse, sich in Parteien zu engagieren. Um aufzuklä-ren, was „die da oben“ wirklich machen, haben die Jusos in Lüneburg deshalb nun zum dritten Mal das Projekt „10 unter 20“ gestartet. Vier Monate lang bieten sie bis zu zehn Jugendlichen zwischen 14 und 20 Jahren an, in die SPD hineinzuschnup-pern. „Gerade im Hinblick auf die anstehen-de Wahl hier in Niedersachsen und die Bundestagswahl im kommenden Herbst wollen wir das Interesse an der Politik bei Jugendlichen wieder we-cken“, erklärt Lüneburgs Juso-Vorsit-zende Bianca Leufgen. Höhepunkte des diesjährigen Projekts sind die Besuche des außerordentlichen Bundespartei-tags der SPD im Dezember und die Fahrt zum Bundestag nach Berlin. Aber auch Treffen mit Kommunalpolitikern und Besuche im Stadtrat und der Lüneburger SPD-Fraktion sind geplant.

„Ziel ist es, jungen Menschen politi-sche Prozesse verständlich zu machen“, sagt auch Leufgens Vorstandskollege Alexander Sohl. Er hat selbst vor zwei Jahren an „10 unter 20“ teilgenommen. Seither ist der 21-jährige Student der Po-litik treu geblieben. Im März 2011 über-nahm er den Posten als stellvertreten-

der Juso-Vorsitzender. Im Juli folgte der Vorsitz der Jusos, den er sich mit Leuf-gen teilt. Beide waren sich schnell einig, dass sie das Projekt erneut durchführen wollten. „Gerade weil ich selbst darüber zur Politik gekommen bin“, sagt Sohl.

Gestartet ist das diesjährige Projekt Anfang November. In einem Lüneburger Café trafen sich der Juso-Vorstand und die „10 unter 20“-Teilnehmer zu einem ersten Kennenlernen. Eine Woche spä-ter folgte bereits der erste gemeinsame Ausflug zum niedersächsischen SPD-Landesparteitag in Wolfsburg.

Sechs Interessenten haben sich bis-lang gefunden. Mit der Zahl der Teilneh-mer sind die Jusos zufrieden, aber nicht damit, dass es dieses Mal keine weib-lichen Teilnehmer gibt. „Ich befürchte fast, dass die Modewelt in diesem Alter für die meisten Mädchen etwas inte-ressanter ist als Politik“, bedauert sie. Leon Patt dagegen hat nicht lange gezö-gert, als er von „10 unter 20“ erfuhr. Der 16-Jährige möchte am liebsten Berufs-politiker werden. „Ich finde, das Projekt ist eine tolle Möglichkeit, einen Einblick in alles zu bekommen“, so Patt.

Dass politische Arbeit nicht nur in-teressant ist, sondern auch lustig sein kann, haben die Jusos den Projektteil-nehmern am Weltaidstag am 1. De-zember gezeigt. Wie schon im Vorjahr verteilten die Jusos vor der Studenten-diskothek Vamos wieder Kondome. „Ich denke, dass solche ungewöhnlichen Giveaways eher im Kopf hängen blei-ben als der klassische Kuli. Und dass man gerade junge Menschen über so lo-ckere Aktionen auf Politik aufmerksam machen kann“, ist Leufgen überzeugt. Die Menschen wieder zur Politik zu bringen, das ist das Motto der Jusos, sei es auf der Straße oder durch das Projekt. „Selbst wenn wir am Ende nur einen für die Partei gewinnen können, hat sich die Aktion schon gelohnt“, so Leufgen. n

Foto

: Ker

stin

ro

lFes

Von wegen langweilige Debatten in muffigen Hinterzimmern: Die Lüneburger Jusos zeigen Jugendlichen, wie spannend Politik und Parteiarbeit ablaufen.

Hinter Den KuLissenJusos Lüneburg Mit dem Projekt »10 unter 20« ermöglichen die Jusos jungen Menschen überraschende einblicke ins Politikgeschäft Von Marisa Strobel

Die SPD trauert um

Hans Bonkasder am 7. November im Alter von 91 Jahren in Frankfurt/Main

verstorben ist.

Wir verlieren mit ihm einen unermüdlichen Kämpfer für unsere Demokratie. Hans Bonkas war einer der letzten Zeitzeugen

zweier Diktaturen auf deutschem Boden. Bis zuletzt berichtete er jungen Menschen von seinem Widerstand und forderte sie auf,

sich aktiv in Staat und Gesellschaft zu engagieren.

Hans Bonkas trat 1932 in die Jugendorganisation des „Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold“ ein. Mutig kämpfte er gegen Hitler und die

menschenverachtende Ideologie des Nationalsozialismus. Nachdem er Nazi-Barbarei und mörderische Kriegstraumata überstanden hatte,

wehrte er sich gegen die Zwangsvereinigung von SPD und KPD in der sowjetischen Besatzungszone. Als das misslang begann er,

heimlich Informationen an die westdeutsche SPD zu liefern. Er wurde von einem sowjetischen Gericht wegen Spionage zum Tode

verurteilt, zu 25 Jahren Zuchthaus „begnadigt“ und durfte 1956 in die Bundesrepublik ausreisen. Seine eindrücklichen Schilderungen

der Haftbedingungen sind wichtige Dokumente der Zeitgeschichte.

Hans Bonkas wirkte aktiv im Bundesvorstand des „Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold“ mit, u. a. als Bundesvorsitzender. Hans Bonkas

war Träger des Bundesverdienstkreuzes, des Hessischen Verdienst-ordens, des Ehrenkreuzes der Bundeswehr in Gold und erhielt die

Bürgermedaille der Stadt Frankfurt. Der Verein „Gegen Vergessen – Für Demokratie“ ernannte ihn zum Ehrenmitglied.

Wir sind stolz, ihn fast sieben Jahrzehnte in unseren Reihen gehabt zu haben und sind ihm zu großem Dank verpflichtet.

Wir werden seine bewegenden Schilderungen vermissen und trauern mit seiner Familie.

Thorsten Schäfer-GümbelLandesvorsitzender SPD Hessen

Sigmar GabrielSPD-Parteivorsitzender

Gernot GrumbachVorsitzender SPD-Bezirk

Hessen-Süd

99x152_TrauerAZ_Hans_Bonkas.indd 1 13.11.12 13:57

Page 21: vorwärts Dezember 2012 - Januar 2013

vorwärts 12/2012-01/2013 Pa r t e i L e b e n ! 21

ANZEIGE

ParteisoLdat in ziviLPeter struck Der ehemalige SPD-Fraktionschef wird 70 und blickt auf seine Karriere zurück

D isziplin ist eine wichtige Eigen-schaft für Politiker“, sagt Peter Struck. Seine eigene Disziplin

hat ihn weit gebracht. Aus einem Arbei-terhaushalt stammend, stieg er bis zum SPD-Fraktionsvorsitzenden im Bundes-tag und zum Verteidigungsminister auf.

Heute ist er Vorsitzender der Friedrich-Ebert-Stiftung. Im Januar nächsten Jah-res wird er 70 Jahre alt.

Oft wurde Struck als „Parteisoldat“ bezeichnet. Er mag den Begriff, wie er in der vorwärts-Reihe „Gelebte Politik“ erzählt: „Man darf nie vergessen, wem

als verteidigungsminister (2002-2005) befehligte struck den bundeswehreinsatz in afghanistan

man das Mandat verdankt: Nicht den eigenen Fähigkeiten, sondern dem Ver-trauen der Mitglieder einer Partei im Wahlkreis.“

1980 zog Struck erstmals in den Bundestag ein und blieb bis 2009 Ab-geordneter. Dreimal gewann er das Di-rektmandat im Wahlkreis Celle-Uelzen. Im Interview schildert er die Eupho-rie seiner Partei nach dem rot-grünen Wahlsieg 1998, die wegen der Finanz-probleme in der Staatskasse schnell der Ernüchterung wich. 1999 trat der Parteichef und Finanzminister Oskar Lafontaine von seinen Ämtern zurück. „Ein Schlag ins Kontor“ sei dies gewe-sen, sagt Struck. „Er hat eben geglaubt, er könnte auch Bundeskanzler sein. Es gibt aber nicht zwei Kanzler in unserer Verfassung.“

Bis heute verfolgt ihn ein Zitat aus seiner Zeit als Verteidigungsminis-ter: „Deutschland wird auch am Hin-dukusch verteidigt.“ Beim Bundes-wehreinsatz in Afghanistan sei es nicht um wirtschaftliche Interessen gegan-gen, betont Struck. „Als wir reingingen, gab es dort 130 Ausbildungslager von Al Kaida. Die sind alle durch unsere Inter-vention geschlossen worden.“ n

Ein LEbEn im O-TOn Folge 2

In der neuen vorwärts-Reihe „Gelebte Politik“ berichten Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, die viel erlebt haben, über ihre Er-fahrungen. Nach Heidemarie Wieczorek-Zeul blickt nun im zweiten Teil der Serie Peter Struck auf sein Leben als Poli-tiker zurück.

Der vollständige Text (Interview: Uwe Knüpfer, Bearbeitung: Carl-Friedrich Höck, Sprecherin: Vera Rosigkeit) ist im Original-ton in der vorwärts-App-Ausgabe zu hören – und im Internet unter vorwärts.de/Gelebte_Politik

Immer mehr Alte, immer weniger Junge: Deutschland steht vor großen Herausforderungen. Wenn die wenigen Jüngeren auch noch die Krankheitskosten der vielen Älteren tragen müssen, wird es eng. Privatversicherte schonen die Sparschweine unserer Kinder. Sie sorgen für ihre höheren Gesundheits-ausgaben im Alter vor und entlasten so kommende Generationen. Erfahren Sie mehr unter www.pkv.de

Das Sparschwein Ihres Kindes würden Sie doch auch nicht plündern, oder?

GeLebte PoLitik

Foto

S: D

Pa/P

eter

Kn

eFFe

l, D

DP/

aP/

ax

el H

eim

Ken

Page 22: vorwärts Dezember 2012 - Januar 2013

22 vorwärts 12/2012-01/201322 Pa r t e i L e b e n ! 12/2012-01/2013 vorwärts

in der offensivebürger-diaLog Die SPD schließt die »Sammelphase« ab. Über Weihnachten werden die Meinungen der Bürger ausgewertet. Weiter geht es im persönlichen Gespräch

training für den Wahlkampf: bei den „box girls“ in Kreuzberg bekam sPd-Chef sigmar gabriel eine Lektion in sachen schlagabtausch

E s ist nicht leicht, gegen Schalke 04 anzukommen. In Gelsenkirchen eine Veranstaltung zu machen,

wenn der lokale Fußballverein spielt, ist durchaus mutig. Die Jusos und die SPD hatten diesen Mut. Am 10. November lu-den sie zu einem „Tag der Gerechtigkeit“. Der Ort: Ein Kino im Stadtteil Buer. Das Programm: Talks, Musik, ein Film und zum Schluss eine Party – alles zum The-ma Gerechtigkeit.

„Wir möchten wissen, was Sie bewegt und was wir verändern sollen“, begrüßt Heike Gebhardt die Gäste. Denn, das be-tont die Vorsitzende der Gelsenkirchener SPD, genau darum gehe es im Bürger-Dialog, den die Sozialdemokraten im September gestartet haben. Die Idee, der Themenwoche „soziale Gerechtigkeit“ einen ganzen Tag zu widmen, kam von den Jusos. „Sich zu engagieren passt gut zusammen mit Freude am Leben und Fei-ern“, ist deren Vorsitzende Sandra Latzke überzeugt. Und Spaß haben die etwa 300 Gäste. Schließlich wird ihnen einiges geboten an diesem trüben November-Samstag. Sogar ein kostenloses Buffet mit Käsehäppchen und Currywurst haben die Sozialdemokraten aufgefahren. Und am frühen Abend zeichnen sie noch Gel-

senkirchener aus, die sich ehrenamtlich engagieren. Ein Lehrer, der Migranten kostenlos Nachhilfe gibt, und eine Trai-nerin, die sich für Frauenfußball einsetzt, bekommen Präsentkörbe überreicht – na-türlich nur mit fair gehandelten Produk-ten. Auch das ist eine Gerechtigkeitsfrage.

Eine Sporthalle in Berlin-Kreuzberg zwei Tage später. In der Mitte steht ein Boxring. Davor sitzt eine Handvoll Mäd-chen und diskutiert. „Wir haben zu we-nig Zeit für unseren Sport“, klagt eins. „Willst Du mich jetzt rumkriegen, dass ich mich dafür einsetze, dass Du weni-ger zur Schule gehen musst?“, fragt Sig-mar Gabriel und grinst. Der SPD-Chef ist mit dem Berliner Landesvorsitzen-den Jan Stöß zum Bürger-Dialog bei den „Box Girls“ zu Gast. Der Verein bringt Mädchen und junge Frauen aus unter-schiedlichen Milieus über den Sport zusammen und hilft ihnen, persönliche Probleme zu lösen. „Boxen ist die beste Sportart der Welt, um die eigene Stärke nutzbar zu machen“, sagt die Initiatorin Heather Cameron, ehe sie Gabriel ein T-Shirt überreicht. Darauf steht das Motto der Box Girls: „Train hard, fight easy“. „Ein Spruch, der auch gut zur SPD passen würde“, wie Gabriel findet. n KD

im Kino und am boxringthemenWoChen Mit kreativen Aktionen fragt die SPD die Bürger nach ihrer Meinung

S ie ist der Stolz der Sozialde-mokratie, rot und mit wei-ßer Schrift. „Freiheit,

Gleichheit, Brüderlichkeit“ steht auf der Fahne, die zum zehnjährigen Jubiläum des Allgemeinen Deutschen Ar-beitervereins am 23. Mai 1873 in einem Breslauer Versamm-lungssaal eingeweiht wurde. Später musste sie versteckt und beschützt werden. Nun ziert ihr Foto den offiziellen Kalender zum 150-jährigen Parteijubiläum. „Der Kalen-der und der Film sind unsere wichtigsten Produkte für das Jubiläumsjahr“, sagt Matthias Bollermann. Er ist Geschäfts-führer der Firma IMAGE, die den Kalen-der vertreibt. „Der Film“ ist eine Doku-

mentation über 150 Jahre Sozialdemokratie und „soll Stolz auf unsere Geschichte

vermitteln“, wie Jörg Hüs-ter betont. Er ist monatelang

durch die Republik gereist, hat in Archiven gekramt und mit

den unterschiedlichsten Sozi-aldemokraten gesprochen. „Für

mich war es eine Entdeckungs-reise“, sagt Hüster. Auf die möchte

er auch die Zuschauer mitnehmen. Der Filmtitel bezieht diese ausdrücklich mit

ein. „Wenn Du was verändern willst...“ lässt viele persönliche Ergänzungen zu. „Wir wollen eine Idee davon vermitteln, was es bedeutet, Sozialdemokrat zu sein“, sagt Hüster. Altkanzler Helmut Schmidt kommt ebenso zu Wort wie Lothar Otter.

in szene gesetztJubiLäumsProduKte Ein Film und ein Kalender erzählen die Geschichte der Sozialdemokratie auf sehr persönliche Weise

Foto

S: H

An

niB

Al

HA

nSc

HK

E/D

PA, H

EnD

rii

K r

Au

cH

, iM

AG

E

1948 warf der damals 18-Jährige SED-Kri-tische Flugblätter aus der Berliner S-Bahn und wurde zu 25 Jahren Gefängnis ver-urteilt. „Fünf davon hat er abgesessen“, erzählt Hüster. „Dann hat ihn die Bundes-republik freigekauft.“ Die persönlichen Geschichten machen den Film aus.

Premiere wird er am 20. Januar in Leipzig feiern. Dann findet die Ab-schlusskundgebung für die dortige Oberbürgermeisterwahl statt. Danach wird der Film auf Tour durch verschie-dene Kinos gehen. Und natürlich wird er auch zu kaufen sein. „Bestellen kann man die DVD schon jetzt“, sagt Matthias Bollermann. „Geliefert wird dann Ende Januar.“ Der Jubiläumskalender ist dage-gen schon jetzt zu haben. Er kostet eben-so wie der Film 19,90 Euro und kann bei IMAGE bestellt oder im Willy-Brandt-Haus erstanden werden. „Wer den Ka-lender zu Weihnachten verschenken will, sollte ihn auf dem Parteitag kau-fen“, rät Bollermann. „Dort gibt es ein günstigeres Weihnachtsangebot.“ n KD

Jahresbegleiter: der Wand-kalender zum Parteijubiläum

Weitere Informationen mai1863.de

Page 23: vorwärts Dezember 2012 - Januar 2013

12/2012-01/2013 vorwärts 23 Pa r t e i L e b e n ! 2322 Pa r t e i L e b e n ! 12/2012-01/2013 vorwärts

s ie haben im Internet gechattet, Betriebe besucht und auf Markt-plätzen gestanden. In über 300

Veranstaltungen haben SPD-Mitglieder von der Bundesspitze bis in den Orts-verein eine Frage gestellt: Was muss in Deutschland besser werden? Tau-sende Antworten kamen zurück – auf Dialog-Karten, im Internet oder einfach im persönlichen Gespräch. Diese „Sam-melphase“ ist nun vorbei. Zwar können noch Vorschläge ans Willy-Brandt-Haus geschickt werden, doch beginnt paral-lel bereits die Auswertung: Die Beiträge werden in thematischen Abschlussbe-richten zusammengefasst. Alle Absender werden über den Stand ihrer Vorschläge informiert, wenn sie hierzu ihre Zustim-mung erteilt haben.

Im Januar beginnt dann Phase zwei des Bürger-Dialogs. Auf sechs Bürger-Konferenzen zwischen Ende Januar und Anfang März disktutieren diejenigen, die besonders interessante Vorschläge gemacht haben, diese mit Fachpolitikern aus der SPD. Gemeinsam entwickeln sie so genannte Bürgerprojekte, die dann auf einem Bürger-Konvent im Frühjahr dem Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück

und der Parteiführung vorgestellt wer-den. Sie werden auch in den Entwurf für das Regierungsprogramm der SPD aufgenommen, speziell gekennzeichnet, aber gleichberechtigt zu den Punkten, die in den Parteigremien erarbeitet wur-den. Ein Bundesparteitag im Juni wird das Programm für die Bundestagswahl schließlich verabschieden. Das „Regie-rungsprogramm neuen Typs“, das Gene-ralsekretärin Andrea Nahles gefordert hatte, wird damit Wirklichkeit. n

Von der idee zum ProjektFahrPLan Auf Bürger-Konferenzen werden Vorschläge für das Regierungsprogramm der SPD entwickelt Von Kai Doering

in der oFFensiVebürger-diaLog Die SPD schließt die »Sammelphase« ab. Über Weihnachten werden die Meinungen der Bürger ausgewertet. Weiter geht es im persönlichen Gespräch

training für den Wahlkampf: bei den „box girls“ in kreuzberg bekam sPd-Chef sigmar gabriel eine Lektion in sachen schlagabtausch

dialog-karten kistenweise: bis ende des j ahres werden alle Vorschläge ausgewertet.

Frau Kreutziger, für kommenden Juni planen Sie ein „Rotes Meer“ in Görlitz. Was hat es damit auf sich?Wir wollen mehr Rot in Görlitz. Das hat uns zum Wortspiel mit dem „Roten Meer“ verleitet. Schon seit einigen Jahren unterstützen wir den Europamarathon, der im Juni in Görlitz und der polnischen Partnerstadt Zgorzelec stattfindet. Zum 150. Partei-Geburtstag wollen wir nun mit einer möglichst großen Läufergrup-pe an den Start gehen und laden deshalb Sozialdemokraten aus der ganzen Repu-blik ein. Wer gern läuft, aber den Mara-thon nicht schafft, kann sich gern auch für kürzere Strecken anmelden. Sie laden nach Görlitz ein, nur um den Marathon zu laufen?Nein, natürlich nicht. Im Jubiläumsjahr

görLitz im roten meeraktion Ein Lauf bringt Genossen zusammen

ANZEIGE

wollen wir Sozialdemokraten zusam-menbringen und ein ganzes Wochenen-de gemeinsam feiern. Am Freitag gibt es eine Lesung mit Jörg Hildebrandt, dem Witwer von Regine Hildebrandt. Am Samstag feiern wir ein Fest der Sozial-demokratie und am Sonntag nach dem Marathon treffen sich Sozialdemokraten aus Deutschland und aus Polen. Mir ist wichtig, dass Begegnungen möglich sind und Zeit zum Erzählen bleibt. Und mal sehen, welche Veranstaltungen das „Ro-te Meer“ noch bis zum 2. Juni ergänzen. Wie viele Teilnehmer erwarten Sie?Ursprünglich hatten wir wegen des 150. Geburtstags an 150 Läufer und Unterstützer am Straßenrand gedacht. Mittlerweile haben wir noch eine Null in Klammern drangehängt. Wenn wir 1500 Mitwirkende in roten T-Shirts zu-sammenbekommen, werden wir mit mehr Rot in der Stadt deutlich sichtbar. Wichtig ist, dass sich alle LäuferInnen und UnterstützerInnen vorher auf un-serer Internetseite eintragen, damit wir einen Überblick haben und besser pla-nen können. Dort finden sich auch alle

wichtigen Hinweise, die sie für ihre Rei-se nach Görlitz brauchen. n KD

VeranstaLtungen im jubiLäumsjahr

9. bis 12. MaiWorkers Youth FestivalDie Jusos und die Falken laden Jugendliche aus aller Welt nach Dortmund ein.workersyouthfestival.org

23. MaiFestakt und GeburtstagsfeierZum 150. Gründungstag des Allgemeinen Deutschen Arbei-tervereins findet in Leipzig ein Festakt für geladene Gäste im Gewandhaus statt. Danach gibt es ein großes Geburts-tagsfest auf dem [email protected]

16. bis 18. AugustDeutschlandfestGenossinnen und Genossen aus der gesamten Republik kommen nach Berlin, um ein Wochenende vorm Branden-burger Tor zu [email protected]

Gerhild Kreutziger ist Jubiläumsbeauftragte der SPD Görlitz.goerlitz-im-roten-meer.de

€ 19,99 (D) / € 20,60 (A) / sFr 27,90 / 978-3-550-08011-1 www.ullstein.de

„Ein authentisches Buch, lesenswert und ernst zu nehmen.“ SÜDDEUTSCHE ZEITUNG

Hörbuch / 2 mp3-CDs812 Min. / € 19,99

978-3-89903-910-8

Page 24: vorwärts Dezember 2012 - Januar 2013

Bei Neustadt an der Weinstraße fällt den meisten Menschen das jährlich stattfindende Deutsche

Weinlesefest ein und die damit einher-gehende Kür der Deutschen Weinköni-gin. Die bislang bekanntesten Neustäd-ter sind der Fußballer Mario Basler, der Erfinder des PAL-Farbfernsehens, Walter Bruch und der Namensgeber des Gei-gerzählers, Hans Geiger. Wikipedia hat die Neustädter Promiliste mittlerweile um die prominenteste Tochter der Stadt ergänzt: Malu Dreyer, die am 16. Januar 2013 zur Ministerpräsidentin des Landes Rheinland-Pfalz gewählt werden soll.

In Neustadt an der Weinstraße wurde Malu Dreyer am 6. Februar 1961 geboren. Sie spricht von einer glücklichen Kind-heit und Jugend. Der Vater ist Schuldirek-tor, die Mutter Erzieherin. „Eine berufstä-tige Mutter, in den siebziger Jahren alles andere als eine Selbstverständlichkeit, und das aktive politische Handeln mei-

nes Vaters haben mir den Mut und die Lust zu engagiertem Handeln vor allem für Schwächere und sozial Benachteilig-te in unserer Gesellschaft mit auf den Weg gegeben“, schreibt Malu Dreyer auf ihrer Homepage.

Ihr Instinkt für GerechtigkeitBis heute betrachtet sie Neustadt als Hei-mat. Ebenso Mainz, wo sie nach einem Jahr als Austauschschülerin in den USA und dem Abitur in Neustadt zunächst ein Lehrerstudium mit den Fächern Englisch und Theologie aufnimmt. Bald jedoch wechselt sie wegen mangelnder Berufsaussichten zur Juristerei.

In Mainz beginnt Malu Dreyer sich einzumischen, zunächst außerhalb der SPD. 1995 wird sie zur parteilosen Bürgermeisterin von Bad Kreuznach gewählt und entschließt sich, der SPD beizutreten. Das Kreuznacher Zwi-schenspiel währt drei Jahre lang, dann

führt der berufliche Weg nach Mainz zurück, wo sie sich als Sozialdezernentin einen Namen macht.

Bis heute fühlt sich Malu Dreyer geehrt, dass Kurt Beck sie 2002 als So-zialministerin in sein Kabinett beruft. Ausgestattet mit einem „Urinstinkt für soziale Gerechtigkeit“ erwirbt sie sich Respekt bei Freunden und Gegnern. „So-ziale Gerechtigkeit war schon immer mein Thema“, sagt Malu Dreyer. „Ich bin zwar Juristin, aber auch das hat ja etwas mit Gerechtigkeit zu tun.“

Vor allem ein Thema treibt sie um: „Es regt mich auf, dass so viele Leute „für‘n Klicker und ‘n Knopp“ den ganzen Tag malochen und dass wir keinen Mindest-lohn haben. Das ist eine himmelschrei-ende Ungerechtigkeit. Da fehlen mir bis zum heutigen Tag die Worte“. Das stimmt nicht ganz, denn einmal beim Thema, gibt sie der kommenden rot-grünen Bundesregierung den klaren Auftrag, zu

Porträt

Mit Geist, CharMe und KönnenMalu dreyer Am 16. Januar 2013 soll sie zur neuen Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz gewählt werden. Dort gilt sie als kompetente Sozialpolitikerin. Und als „beliebt wie Freibier und Hitzefrei“ Von Lothar Pollähne

Von der Ministerin für soziales, arbeit, Gesundheit und demografie zur Ministerpräsidentin: Malu dreyer (sPd) vor der skyline von trier. hier wohnt sie mit ihrem Mann.

MItreden

vorwärts.de

... täglich neu!

Foto

: to

RSt

en S

ilz

/DA

PD

24 Pa r t e i l e b e n ! 12/2012-01/2013 vorwärts

Page 25: vorwärts Dezember 2012 - Januar 2013

Buche Deinen OV!

Ergänzt die ersten beiden Kapitel

– Chronik der SPD und– Essays/Interviews von PolitikerInnen und Promis,

u.a. Hannelore Kraft, Sigmar Gabriel, Frank-Walter Steinmeier, Ingo Appelt sowie Günter Grass

mit Euren Texten und Fotos.

Auf Wunsch unterstützen Euch professionelle Lektoren. Preis auf Anfrage. Weitere Informationen erhaltet Ihr bei Ines Klughardt, [email protected], 030/25594 -500

Jetzt vorbestellen: Die Jubiläums- Chronik als allgemeine Version ohne Ortsvereinskapitel für 9,90 Euro unter [email protected]

150 Jahre SPDJubiläums- chronik mit eurer individuellen Ortsvereins-geschichte

allererst den flächendeckenden Mindest-lohn in Angriff zu nehmen.

Niedriglöhne machen sie wütend„Dies betrifft ja vor allem Frauen“, mo-niert Malu Dreyer die Obstruktionspo-litik der Bundesregierung. „Das ist ein Armutszeugnis. Und führt direkt in die Altersarmut.“ Bei diesem Thema würde sie am liebsten gleich losmarschieren, wenn sie denn könnte, aber Malu Dreyer ist wegen ihrer schleichenden Multiple- Sklerose-Erkrankung überwiegend auf ihren Rollstuhl angewiesen.

2006 hat Malu Dreyer ihre Erkran-kung öffentlich gemacht. Einen Bonus möchte sie dafür nicht. Den braucht sie auch nicht, denn sie überzeugt mit ihrem fröhlichen, offenen Auftreten und einer Ernsthaftigkeit, die nicht aufgesetzt wirkt. Das hat ihr in Rheinland-Pfalz das Prädikat „Königin der Herzen“ einge-tragen, aber Königin mag sie nicht sein. Auch als Nachfolgerin von „König Kurt“ bleibt sie Bürgerin Dreyer.

Das liegt vielleicht auch an ihrer Her-kunft aus Neustadt an der Weinstraße. Malu Dreyer ist mit dem Hambacher Schloss im Rücken geboren worden. Es ist ihr Lieblingsort in Rheinland-Pfalz.

Landen aus der Missachtung heraustre-ten konnten.

„Klar ist, dass sich endlich etwas ver-ändert und dass wir uns so ganz langsam der Gleichstellung von Männern und Frauen annähern“. Irgendwann möchte sie miterleben, dass es völlig unwichtig ist, ob eine Frau oder ein Mann eine be-deutsame Position einnehmen. Wichtig ist ihr, dass die jeweils unterschiedlichen Sichtweisen von Frauen und Männern politisch wirksam werden können.

In Rheinland-Pfalz heißt es, Malu Dreyer sei „beliebt wie Freibier und Hit-zefrei“. Sie ist nah bei den Menschen und lässt auch Wein- und Wurstfeste nicht aus. Die großen Fußspuren von Kurt Beck erschrecken sie nicht.

In Neustadt an der Weinstraße wur-de übrigens 1995 Julia Klöckner zur Deutschen Weinkönigin gekürt. Die sitzt als Oppositionsführerin für die CDU im Mainzer Landtag und hat sich bislang an Kurt Beck abgearbeitet. An Malu Dreyer wird sie sich die Zähne ausbeißen, denn die hat schon in der Landtagswahl 2006 den damaligen CDU-Landesvorsitzen-den Christoph Böhr direkt in die Wüste geschickt. Malu Dreyer steht bereit für weitere Erfolge. n

Dort stand die Wiege der deutschen De-mokratie. Von dort aus richtete Philipp Jakob Siebenpfeiffer zum Volksfest am 27. März 1832 seinen wegweisenden Aufruf an das andere Geschlecht: „Deut-sche Frauen und Jungfrauen, deren poli-tische Missachtung in der europäischen Ordnung ein Fehler und ein Flecken ist, schmücket und belebet die Versamm-lung durch eure Gegenwart.“ Es hat lange gedauert, bis Frauen in deutschen

»Soziale Gerechtigkeit war schon immer mein Thema.«Malu Dreyer

Nach ihrer Nominierungsrede auf dem Parteitag: Malu Dreyer küsst ihren Ehe-mann Klaus Jensen, den OB von Trier. Der scheidende Kurt Beck freut sich mit.

vorwärts 12/2012-01/2013 Pa r T E i L E B E N ! 25Fo

to: R

on

ald

Wit

tek

/da

pd

ANZEIGEN

Die Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen in der SPD (AfA) trauert um

Willi Klukas1922 – 2012

Willi Klukas hat über 50 Jahre sozialdemokratische Vertrauensarbeit in den Betrieben geleistet.

Sein Engagement für die Organisation der Betriebsgruppen sozialdemokratischer Eisenbahnerinnen und Eisenbahner bleibt

unvergessen.

Willi Klukas war uns ein guter Genosse und ein Freund, den wir schmerzlich vermissen werden.

Ottmar Schreiner Klaus BarthelRudolf Dreßler

ANZE IG ENMARKTBerliner vorwärts Verlagsgesellschaft mbH, Stresemannstraße 30, 10963 BerlinTel.: 030/255 94-166 ■ Fax: 030/255 94-190 ■ E-Mail: [email protected] ■ Geben Sie bitte immer Rubrik, Erscheinungsmonat sowie Ihre Bankverbindung an. ■ Preis: Pro Wort berechnen wir 3,50 Euro inkl. MwSt., für gewerbliche Anzeigen 4,00 Euro zzgl. MwSt. ■ Anzeigenschluss ist jeweils der 10. Tag des Monats.

Kommunalpolitik besser machenNeue Herausforderungen erfordern moderne Kommunalpolitik.Lesen Sie mehr in der DEMO 11-12/2012

TitelBürgerhaushaltBürger rechnen mit ihrer Stadt

Demokratische Gemeinde | Einzelpreis 7,00 | 64 JG. | A 02125

Ausgabe 3-4/2012

Exclusiv mit

SGK-Regionalbeilage

Demokratische Gemeinde | Einzelpreis 7,00 | 64 JG. | A 02125

Ausgabe 11-12/2012

Exclusiv mit

SGK-BeilageNiedersachsen

Bürgerhaushalt

Bürger rechnenmit ihrer Stadt

Kostenloses Probeheft: Berliner vorwärts Verlagsges. mbH, Stresemannstraße 30, 10963 Berlin,Tel.: (0 30) 2 55 94-130, Fax: (0 30) 2 55 94-199, E-Mail: [email protected], www.demo-online.de

■ URLAUBOstsee/Lubmin – Deutschlands

Sonnenküste, Natur pur, Ostsee küsten-Radweg. Herrlich gelegenes Hotel, direkte Strandlage, heimische Küche, familiäre Atmo sphäre. Parkplatz am Haus, ganz jährig geöffnet, Fahrrad-verleih. EZ: 35–70 Euro, DZ: 50–70 Euro, Hotel Seebrücke, Waldstraße 5a, 17509 Lubmin, Tel.: (03 83 54) 35 30, Fax: -3 53 50, E-Mail: andre&[email protected], www.hotelseebruecke.de

Urlaub im Spreewald www.spreewald-camping-luebben.de

Sylt/List – Erholung pur! Neubau-Komfort-Fewos, 2–4 Per sonen, 31 bis 45 qm, 70 bis 98 Euro pro Tag. Alle Appartements mit eigener Terrasse und Strandkorb. Tel.: (0 46 51) 95 75-25, Fax: -05, mobil: 0171/4 86 37 91, Internet: www.syltpur.de

Berlin/PotsdamWEINBERG-PENSIONTel.: (03 32 09) 7 04 89

■ VERSCHIEDENESTierhilfsnetzwerk Europa e. V.

Mitglieder willkommen!www.tierhilfsnetzwerk-europa.de

Klimarettung mit 7 % Jahresrenditedurch Regenwaldaufforstung. Ab 33 Euro monatlich ein Edelholzbaum: Tel.: (02 28) 9 43 77 80, www.BaumSparVertrag.de

■ VERKAUFSüdpfälzer Weingut bietet Ihnen

ansprechende Weine aus eigenem Anbau aller Prädikatsstufen und Sekt zu sozialen Preisen. Bitte fordern Sie unverbindlich unsere Preisliste an. Auch Postversand frei Haus. Weingut Cuntz Telefon: (0 63 48) 15 20

Page 26: vorwärts Dezember 2012 - Januar 2013

26 vorwärts 12/2012-01/2013vorwärts 12/2012-01/2013 Pa r t e i L e b e n ! 26

Pakete statt kartenWeihnachtskarten verschickt Swen Schulz, SPD-Bundestagsabgeordneter aus Spandau, dieses Jahr keine. Statt-dessen spendet er das Geld, das für die Post verwendet worden wäre. Es geht an die Aktion „Weihnachten für Alle“ der Arbeitsgruppe der Bruno-Gehrke-Halle. Nachdem letztes Jahr durch die AG insgesamt 700 Pakete an bedürftige Spandauer Senioren verschickt wur-den, sollen es in diesem Jahr über 800 Pakete werden. „Ich bin sicher, dass die, die dieses Mal keine Weihnachtspost von mir erhalten, damit einverstanden sind“, erklärt Schulz. n TO

kamPf dem frustZwei Jahre ist es her, da sagte der SPD-Kreisverband Wilhelmshaven der Politikverdrossenheit den Kampf an. Seither entwickelt eine Projektgrup-pe Vorschläge, wie man der geringen Wahlbeteiligung und dem Mitglieder-schwund entgegenwirken kann. Nun suchen die Genossen ähnliche Gruppen zum Erfahrungsaustausch. n MS

[email protected]

12. DezemberDiskussion „Gleichheit und Ungleichheit. Alte und neue Dimensionen der sozialen Frage“, Diskussion über sozialdemokratische Poli-tik, Hannover, Klecks-Theater, 18.30 Uhrspd.de

14. DezemberWorkshops„8. Jugendgeschichtstag Sachsen-Anhalt“, für Jugend-liche und Lehrer, Magdeburg, Friedrich-Ebert-Stiftung, 9.30 [email protected]

Dezember/JanuarFotoausstellung„TONY VACCARO. Retrospek-tive – 70 Jahre Fotografie“, Berlin, Willy-Brandt-Haus, Ausstellung läuft bis zum 27. Januar 2013freundeskreis-wbh.de

termine

Foto

s: R

ud

olF

Wo

lFF,

Ph

iliP

P W

eit

zel

, PR

iva

t

F ür das Wahlprogramm 2013 hat Angelika Graf klare Forderungen: „Wir brauchen ein Gesamtkonzept

für den Umgang mit der älter werdenden Gesellschaft – vom altersgerechten Um-bau von Wohnraum über die Stärkung des Miteinanders von Jung und Alt bis hin zu altersgerechten Arbeitsplätzen.“ Die Bundestagsabgeordnete ist Vorsit-zende der AG 60plus. Größe bedeute auch Einfluss, sagt die 62-Jährige und verweist auf die rund 250 000 Mitglieder, mit de-nen die AG 60plus die größte Arbeitsge-meinschaft in der SPD ist. Und eine der jüngsten. 1994 gegründet, vereinigt die AG alle Mitglieder der Partei, die über 60 Jahre alt sind. Wie die Partei ist auch sie in Landesverbänden, Unterbezirken und Ortsvereinen organisiert.

Seit 2011 sitzt Angelika Graf der AG 60plus vor, mit der sie sich in der Debatte über das Rentenkonzept der Partei für die Beibehaltung des jetzigen Rentenniveaus einsetzt. Der Kampf gegen Altersarmut und der Einsatz für mehr Generationen-solidarität sind zentrale Anliegen der Vor-sitzenden. „Wir als AG können dem Kurs der Partei neue Impulse geben“, ist Graf überzeugt. „Wir müssen uns noch stärker einmischen.“

Deswegen organisiert die AG 60plus regelmäßig öffentliche Veranstaltungen und Fachkonferenzen sowie einmal im Jahr einen bundesweiten Aktionstag. Auch auf Facebook gibt es eine eigene

beitsgemeinschaften wie den Jusos funk-tioniere diese bereits sehr gut. „Ich schät-ze die Jusos sehr, da sie die Lebenslage des Menschen und nicht das kalendarische Alter zum Ausgangspunkt ihrer Diskus-sionen machen“, lobt Graf. n TO

Junge ideen statt aLtem eisen60PLus die sPd-senioren sind die größte aG der Partei

arbeitsgemeinschaften in der sPd Folge 9

Gruppe für interne Diskussionen und In-formationen. Für die Zukunft wünscht sich Angelika Graf eine engere Zusam-menarbeit mit befreundeten Organisati-onen wie der Arbeiterwohlfahrt und der Friedrich-Ebert-Stiftung. Mit anderen Ar-

WohL behütetWährend der Sozialistengesetze galt der „Sozialistenhut“ als Erkennungs-zeichen und als Form von Protest. Seit 1985 vergibt auf Initiative von Leo Wiedemann (m.) der bayerische SPD-Kreisverband Lindau jährlich den „Sozialistenhut“ an Sozialdemokraten, die sich um Gesellschaft und Partei ver-dient gemacht haben. Wolfgang Thierse

hat einen. Christian Ude hat einen. Und jetzt hat Ulrich Maly (l.), Nürnbergs OB, auch einen. Sein Engagement für eine solidarische Stadtgesellschaft, für eine interkulturelle Öffnung der Stadt und für Investitionen in Bildung trotz klammer Kassen zeichneten Maly aus, hieß es in der Laudatio der letztjährigen Preisträgerin Johanna Werner- Muggendorfer (r.). n TO

größe ist einfluss: der bundesvorstand der ag 60plus mit der Vorsitzenden angelika graf (vorn 2.v.r.)

hünfeLd nazifreiAm 10. November stellte sich das über-parteiliche Bündnis „Hünfeld nazifrei“ einer Demonstration der „Jungen Nationaldemokraten“ entgegen. Das Datum, einen Tag nach dem Jahrestag der Reichspogromnacht, ist von der NPD-Jugendorganisation bewusst gewählt worden. Dem „Fackelzug“ mit rund 80 Teilnehmern standen 1000 Gegendemonstranten gegenüber. Unter ihnen waren Jusos aus ganz Hessen, wie der Landesvorsitzende Felix Diehl und der Landtagskandidat Pascal Barthel aus dem benachbarten Fulda. Gemeinsam mit Vertretern der Landes-SPD setzten sie ein Zeichen gegen Frem-denhass und für Toleranz. „ Der breite zivilgesellschaftliche Protest zeigt, dass in Hünfeld und Fulda kein Platz ist für braunes Gedankengut“, so Barthel. n TO

ArbeitsgemeinschAFtseit 1994

mitglieDerrund 250 000 (alle SPD-Mitglieder über 60 Jahre)

bunDesvorstAnDAngelika Graf (Vorsitzen-de), Ruth Brand (stellv. Vorsitzende), Peter Schöbel (stellv. Vorsitzender), Lothar Binding, Norwin Dorn, Heidemarie Fischer, Gesche Peters, Reinhold Hemker, Jürgen Rischar,

KontAKtspd.de/spd_organisationen/60plus

Page 27: vorwärts Dezember 2012 - Januar 2013

Sofort ausführliche Reisebeschreibungen anfordern! Per Telefon, Post, Fax oder E-Mail.

Telefon: 030/25594-600Wilhelmstraße 140, 10963 Berlin • Fax: 030/25594-699www.spd-reiseservice.de • [email protected]

SPD Kreuzfahrten – Kurs Nord

Nordkap und die grandiose Welt der Fjorde mit einem „4-Sterne-Komfortschiff“

Stationen einzigartiger See(h)reisen:Von überwältigender Schönheit präsentiert sich die Natur an der Westküste Norwegens. Nur eine Tagesreise entfernt sind wir mitten im Fjordland. Rund 6.800 km entlang der norwegischen Küste zum atemberaubenden Sognefjord, Aurlandsfjord, Geirangerfjord und Trollfjord, zur „heimlichen Hauptstadt“ Bergen.

Große Nordkapreise 14 Tage vom 20.05. – 02.06.2013 ab / bis Bremerhaven

Glückskabine Preis

2-Bett-Innen 1.999,–

2-Bett-Außen – Sichtbehinderung 2.099,–

2-Bett-Außen 2.399,–

2-Bett-Balkon 2.999,–

Einzel / Außen 2.999,–

Einzel / Balkon 3.999,–Bremerhaven

BergenSkjolden/Lustrafjord

Alesund

Svolvær/LofotenLeknes/Lofoten

HonningsvagHammerfest

Alta/AltafjordTromsö

NordkapInnenpassage

Molde/RomsdalfjordAndalsnes/Romsdalfjord

Geiranger/Geirangerfjord

Rörvik

NORD-ATLANTIK

OSTSEE

Norwegen

UNSERE RoUTE: Bremerhaven – Svolvaer/Lofoten – Leknes/Lofoten – Honningsvag/Nordkap – Hammerfest – Alta/Altafjord – Norwegische Innenpassage – Tromsö – Rörvik – Molde/Romsdalfjord – Andalsnes/Romsdalfjord – Geiranger/Geirangerford – Alesund – Kreuzen im Sognefjord – Skjolden/Lustrafjord – Bergen – Bremerhaven

Bremerhaven

BergenVik/Sognefjord Flam/Aurlandsfjord

Eidfjord/HardangerfjordRosendal/Hardangerfjord

Kristiansand

Geiranger/Geirangerfjord

Nordsee

Ostsee

NORWEGEN

Grandiose Welte der Fjorde 8 Tage vom 25.08. – 01.09.2013 ab / bis Bremerhaven

Glückskabine Preis

2-Bett-Innen 899,–

2-Bett-Außen – Sichtbehinderung 999,–

2-Bett-Außen 1.199,–

2-Bett-Balkon 1.499,–

Einzel / Außen 1.599,–

Einzel / Balkon 2.149,–UNSERE RoUTE: Bremerhaven – Eidfjord/Hardangerfjord – Rosendal/Hardangerfjord – Geiranger/Geirangerfjord – Vik/Sognefjord – Flam/Aurlandsfjord – Bergen – Kristiansand – Bremerhaven

Reisepreis pro Person in Euro inkl. Vollpension

Reisepreis pro Person in Euro inkl. Vollpension

iNKluSivleiStuNGeN � Schiffsreise in der gewählten Kabinen-Kategorie

� Ein- und Ausschiffungsgebühren, Hafentaxen

� Vollpension an Bord � Tischwein und Säfte zu den Mittag- und Abendessen

� Willkommens- und Abschieds-cocktail

� Galadinner � Bordveranstaltungen � Benutzung der Bordeinrichtungen � Farbfernseher in jeder Kabine mit Satelliten programm (Empfang abhängig vom Fahrgebiet)

� Bademäntel zur Benutzung � Obstkorb mit frischen Früchten in jeder Kabine

� Betreuung durch erfahrenes Reiseleiterteam

� Reiseführer bzw. Länder-informationen

� SPD-Reisebegleitung

•4-Sterne-Komfortschiff•Bordsprache Deutsch • Überschaubare Größe /

kein Megaliner • Limitiertes Kontingent – Preise

sind gültig bis Ende Januar (danach ggf. Preiserhöhungen bis zu € 300,– p. P.)

Jetzt

Glücks kabinen

sichern!

Page 28: vorwärts Dezember 2012 - Januar 2013

28 Meinung vorwärts 12/2012-01/2013

UntersUchUngsaUs-schUss nsU sabriye yasarIn Deutschland konnten drei fehlgeleitete Menschen zehn Morde verüben und niemals wurde auch nur ansatzweise der Verdacht gehegt, dass es sich beim Tatmotiv um Ras-sismus handeln könnte. Bis heute will niemand Fehler eingestehen. Und das trotz der vielen Ermittlungsfehler und Vertuschungsversuche, die der Untersuchungsaus-schuss unter der Leitung von Sebastian Edathy und der engagierten Arbeit von Eva Högl an den Tag gebracht hat. Schon jetzt zeigt sich, dass der U-Ausschuss in seinem Abschlussbericht auf Dimensionen hinweisen werden muss, die weit über seinen Auftrag hinausgehen. Irgendwann muss man an-fangen, Farbe zu bekennen und aussprechen, wie die Dinge liegen. In Deutschland gibt es auf allen Ebenen der Gesellschaft Rassismus.vorwärts.de/blogs

nach der Us-WahlKUrt nicKelNatürlich hielt er sich nicht für den Messias, der von Gottes Gnaden gesandt wur-de; doch selbst ich glaubte seinerzeit, dass es einen Ruck in der westlichen Welt geben könnte, der sich auf andere Bereiche des Erdballs übertragen würde und die Welt zumindest ein wenig friedlicher machen würde. Und er wohl auch, denn dass Barack Obama ein gläubiger Mensch ist und sich sehr viel Mühe gab, das war offensichtlich. Doch auch er stieß an die Grenzen, die er schließlich selbst erkennen musste: Gegen die Macht des Kapitals und gegen die Macht von Monopolen und Lobbyisten hatte auch er keine Chance.vorwärts.de/blogs

Mitreden & bloggen:

vorwärts.de/Politik/Zwischenruf

A uch wenn die Zielgruppe ,Handwerk‘ bei der grün-dung der SPD vor 149 Jahren

eine maßgebliche Rolle gespielt hat – weite Teile dieser Zielgruppe sehen ihre politische Heimat heute im soge-nannten bürgerlichen Lager.

Allerdings blickt diese vermeintli-che Stamm-Klientel derzeit fassungs-los auf die aktuellen Leistungen ,ihrer‘ Regierung. So scheuen sich Standes-vertreter des elektro-Handwerks noch nicht einmal mehr, die zuständigen Fachminister öffentlich als „völlig überfordert“ bloßzustellen.

insbesondere die ursprünglichen Pläne von ex-Bundesumweltminister Röttgen sorgten zuletzt für entset-zen. Abgesehen von den zunächst beabsichtigten Kürzungen bei der Photovoltaik-Förderung an sich, woll-te Röttgen diese ohne jegliche Über-gangsfristen durchpeitschen. Damit hätte ,Muttis Klügster‘ vielen ein-gestielten, aber noch nicht fertigge-stellten Projekten über nacht die Kal-kulationsgrundlage entzogen. Viele Handwerksbetriebe wären in kürzes-ter Zeit Pleite gegangen. eine Tatsache, die während der Protestlawine gegen Röttgens Pläne von fast niemandem öffentlich kritisiert wurde. Auch nicht von SPD-Politikern!

Wie geht es mit den erneuerbaren energien weiter? Wenig konkret for-dert die FDP europäische Quotenmo-delle. unions-Minister Peter Altmaier verwendet seine energie darauf, den Bürgern stromsparende Kühlschränke ans Herz zu legen. Planungssicherheit für Handwerksbetriebe sieht anders aus. ein Handwerksmeister des elek-tro- bzw. Sanitär/Heizung-gewerks (SHK) muss heute wissen: Wie und wo geht es mit regenerativen energi-en weiter? Auf welche künftigen Rah-menbedingungen muss er sich heute

– und nicht erst nach der Bundestags-wahl – einrichten? Wie lässt sich der eigenverbrauch von selbst erzeugtem Strom auf rentable Weise steigern? Welche Funktion soll die dezentrale energieerzeugung einnehmen? Wel-che Bedeutung soll den Klein(!)wind-kraftanlagen zukommen? Oder setzt die Bundesregierung beim Windma-chen ausschließlich auf großprojekte, bei denen durchschnittliche Hand-werksbetriebe (zirka 10 Mitarbeiter) meistens außen vor bleiben? Wird es Maßnahmen geben, um die nachfra-ge nach elektro-Autos zu steigern?

ein einziges perspektivisches Va-kuum! nicht nur die 128 000 Hand-werksmeister des elektro- und SHK-gewerks, sondern auch die zirka 1,3 Millionen Mitarbeiter dieser unter-nehmen fragen sich: Wo bleibt die deutliche Kritik der SPD an diesem Vakuum ? Wie will eine SPD-geführte Bundesregierung die steigenden ener-giekosten in den griff bekommen und gleichzeitig Planungssicherheit für das Handwerk schaffen?

Mit klaren Botschaften könnte sich die SPD zum 150. geburtstag selbst beschenken n

Zwischenruf

Oliver Blumberg ist Chefredakteur des Brancheninforma-tionsbriefes „markt intern – Elektro-Installation“, Europas größtem Branchen-informationsdienst.

Leserbriefebesser essen!11/2012

Dass Lebensmittel heutzutage auch industrieprodukte sind, ist doch völlig normal. Wie sonst sollten denn die nötigen Mengen in hoher Qualität zu vertretbaren Preisen zur Verfügung gestellt werden? und gerade die Bio-Wirtschaft hat inzwischen begriffen, dass sie die Möglichkeiten der industriellen Produktion nutzen muss. Dieter Ehlermann, Linkenheim-Hochstetten

Danke für die gelungene Ausgabe des Vorwärts: eine runde Sache von Knüp-fer bis Weil, von grass bis Brandt, von 1972 bis 2012. und das Titelthema ist wichtig: ein Beitrag auf dem schwie-rigen Weg, Problembewusstsein zu wecken. Wolfgang Heitmann, Sankt Augustin

Das Problem bei „industrieschutz“-Ministerin ilse Aigner besteht nicht nur darin, dass sie Politik lediglich als PR betrachtet und dementsprechend großen Ankündigungen keine Taten folgen, sondern dass sie bis hin auf die europäische ebene wichtige Reformen, wie etwa die Lebensmittelampel, verhindert. Rasmus Ph. Helt, Hamburg

Meine Arbeit – LAndwirt11/2012

Wenn man einen weit überdurch-schnittlich großen Landwirtschafts-betrieb bewirtschaftet (wie der auf S. 25 portraitierte ingo Fürchtenicht, Anm. d. Red.), dann sollte man nicht so tun, als ob man so wenig verdient wie der Durchschnittslandwirt. Auch ein Landwirt darf stolz sein, wenn er ordentlich verdient. Wenn man nur jammert, hört niemand mehr zu. Josef Festl, Brackenheim

Günter GrAss sALZte nAch11/2012

Anstatt die Realität verleugnen-de gedichte zu schreiben, sollte günter grass das Terrorregime Ahmadinedschads ernst nehmen. Doch er salzt sogar noch nach mit einem weiteren Offenbarungseid der eigenen unbelehrbarkeit: „es war eine notwendige Torheit“, oder anders ausgedrückt: Wenn schon falsch, dann richtig ... Joachim Kretschmann, Villingen-Schwenningen

Foto

: ma

rk

t in

ter

n V

erla

g

Gut GebLoGGt

wo bLeibt die sPd?oLiver bLuMberG Das Handwerk ist entsetzt über das Versagen dieser Bundesregierung. Die SPD sollte endlich klar machen, was sie ändern will

Page 29: vorwärts Dezember 2012 - Januar 2013

12/2012-01/2013 vorwärts Meinung 29

Er war EinEr von uns 11/2012

im ersten Satz ist ein Fehler, die gitarre ist eine Mandoline. (gemeint ist das berühmte Willy-Brandt-Plakat aus den 70ern: Brandt mit Zigarette im Mund-winkel und – tatsächlich – Mandoline. Anm. d. Red.) Klaus-D. Schulz, Berlin

PEEr macht’s 10/2012

eine ganz bescheidene Frage: Wofür sind Herr Steinbrück und andere Spitzen-politiker angetreten? um ihre Hono-rarabrechnungen zu diskutieren? na prima! (...) Dürfen die Wähler nicht erwarten, dass sich die Spitzenpoliti-ker in Deutschland um die wirklich essentiellen Probleme kümmern und die Honorarabrechnungen zurückstellen? Klaus Schikorski, Friedrichsthal

Wir sind stolz darauf, dass Peer Stein-brück bereit ist, den harten gang zu gehen. Auch wir kleinen Leute wissen Leistung zu würdigen. Joseph Gindorff, Aachen

was wird aus dEr rEntE? 10/2012

Das Problem ist, dass die einkommens-schere auseinander geht und dass

daher viele erwerbstätige von Alters-armut bedroht sind. (...) Das hat die Arbeitsministerin ursula von der Leyen richtig erkannt. Sie bietet aber keine Lösungen an. Das wäre eine Chance für die SPD, ein überzeugendes Konzept vorzulegen. Die Altersarmut ist nur durch die Revision und Anhebung des Rentenniveaus zu verhindern. Gerd Hardach, Berlin

Wo bleibt das Konzept, eine auskömm-liche Rente zu sichern? (...) Die Lösung liegt doch auf dem Tisch! Die Schweizer machen es uns doch vor: Alle Berufs-tätigen, auch Freiberufler, Beamte, Po-litiker, Banker usw. zahlen solidarisch in die Rentenkasse ein. Die Auszahlung ist jedoch unabhängig von der einzah-lungshöhe gedeckelt. Dieter Feist, per E-Mail

es wird Zeit, dass sich unsere Partei mit der Situation der niedrigren-ten befasst. ich bin ebenfalls der Meinung, dass eine Mindestrente, für Personen, die mindestens vierzig Jahre in die Rentenkasse eingezahlt haben, gezahlt werden muss. Aber gerechterweise sollte die geleistete Renten vorsorge nicht zur grund-rente angerechnet werden, sondern zusätzlich gezahlt werden. Bernd Weise, per E-Mail

Wann endlich begreift auch unsere Partei, dass die Bevölkerungspyramide es unmöglich macht, das alte System der gesetzlichen Rentenversicherung länger am Leben zu halten? Mit kleinen Veränderungen am System (...) lässt sich das Problem nicht lösen. Meiner Ansicht nach (ist) die einzige Lösung: (...) Hin zu einer zu 100 Prozent steuerfi-nanzierten Rente. Hans-Heinrich Settgast, Loose

304 S., Ln., € (D) 22.90Auch als Hörbuch

Donna Leon und Ce-cilia Bartoli auf den Spuren von Agostino Ste� ani, Kirchenmann, Komponist und Ge-heimagent.

736 Seiten, Leinen€ (D) 24.90

»Einer der überra-schendsten und mit-reißendsten von John Irvings Romanen.«Nürnberger Zeitung

304 S., Ln.,€ (D) 21.90 Auch als Hörbuch

»Herrlich verrückt und wunderbar leicht. Ist Zeit wirklich nur eineEinbildung – und wennja: Wie spät ist es jetzt?« Brigitte, Hamburg

432 Seiten, Leinen€ (D) 22.90

Ein selbsternannter »nationaler Steuer-eintreiber« treibt sein Unwesen in Athen – mit antiken Mordme-thoden.

Neu von Diogenes

336 S., Ln.,€ (D) 21.90 Auch als Hörbuch

»Amüsant und über-raschend von der al-lerersten bis zur letz-ten Seite! Echt Noll.«News, Wien

496 Seiten, Leinen€ (D) 22.90

Martin Walkers Péri-gord ist immer ein spannender Schauplatz – diesmal ohne Bruno Courrèges.

464 S., Ln., € (D) 22.90Auch als Hörbuch

Wie es mit der Familie Delpe aus Superhero weitergeht. »Eingängig, witzig und klug.« Der Falter, Wien

240 Seiten, Leinen€ (D) 19.90

Privatdetektiv Kayan-kaya ist zurück: älter, entspannter, cooler –und so was wie verhei-ratet.

detebe 24134208 Seiten, € (D) 9.–

detebe 24135208 Seiten, € (D) 9.–

detebe 24136208 Seiten, € (D) 9.–

DiogenesHörbuch

Gelesen vonCharles Brauer

»Wieder schafft es Schlink, die Figuren

lebendig werden zu lassen, ohne alles über sie zu verraten.

Er ist ein genuiner Erzähler.«

Volker Hage / Der Spiegel,

Hamburg

8 CD

BernhardSchlink

Liebesfluchten

DiogenesHörbuch

Gelesen vonBurghart Klaußner

»Dieser Roman ist ein einziges

Gleiten auf einer glatten Oberfläche – Eleganz, das wusste dieser Schriftsteller,

ist eben der echte Existentialismus.«

Georg Diez, Die Zeit

6 CD Roman

F. Scott FitzgeraldZärtlich istdie Nacht

DiogenesHörbuch

Gelesen vonSven Görtz

»Paulo Coelho ist der lebende Beweis

dafür, dass man auseiner Krise gestärktherausgehen kann.«

Dagmar Kaindl /News, Wien

7 CD

Paulo CoelhoAleph

Roman

Spieldauer 553 Min., 8 CD€ 31.90*

»Kurzgeschichten, so sen-sibel geschrieben, dass man schlucken muss. Von großer Liebe, vertanen Chancen, Nähe und Entfremdung.«Emotion, München

Georges Simenon – Ausgewählte Romane in 50 Bänden

Spieldauer 514 Min., 7 CD€ 29.90*

»Aleph ist Paulo Coelhos persönlichstes und vielleicht bewegendstes Buch.« News, Wien

Spieldauer 448 Min., 6 CD€ 29.90*

»Der schönste Roman über das Scheitern der Liebe – erstmals auf Deutsch die ursprüngliche Fassung von 1934.« Die Zeit, Hamburg

* un

verb

. Pre

isem

pfeh

lung

912 S., Ln., € (D) 45.90Erzählungen in 2 Bänden

Als Meisterin der Short Story ist Katherine Mans-fi eld in die Literaturge-schichte eingegangen. Sämtliche Erzählungen.

120 Seiten, Broschur€ (D) 15.–

»Anarchistisch, kindlich bzw. kindisch, jedenfalls wunderbar.« Der StandardJetzt als Reprint der Erst-ausgabe von 1978.

136 S., zweifarbig,Spiralbindung, € (D) 19.90

Kochen mit dem kleinen Nick: Kann das gut ge-hen? Es kann! 50 Rezepte – salzig und süß und ganz einfach, für Kinder ab 7.

Kochen mit dem kleinen Nick

Diogenes

50 Rezepte

vorwaerts2012neu.indd 1 06.11.12 15:33

Juli 1976: willy Brandt spielt mandoline

Ka

riK

at

ur

: Kla

us

stu

ttm

an

n; F

oto

: Hen

nin

g v

on

Bo

rst

ell

Page 30: vorwärts Dezember 2012 - Januar 2013

30 Wirtschaft vorwärts 12/2012-01/2013

D er Lärm ist ohrenbetäubend, die temperatur knapp über Null Grad celsius. auf den ers-

ten Blick wirkt dieser arbeitsplatz alles andere als einladend. Doch gerade diese arbeit im freien ist es, die Jens Müller zu seinem Job gebracht hat. „Draußen zu ar-beiten und dabei körperlich aktiv zu sein, das gefällt mir am meisten an diesem Be-ruf“, erzählt der 22-Jährige. seit andert-halb Jahren macht er eine ausbildung zum tiefbaufacharbeiter bei der Berliner firma frisch & faust tiefbau Gmbh.

Zu dem Beruf kam der gebürtige stuttgarter über Umwege. Mit einem er-weiterten hauptschulabschluss begann er eine Lehre zum industriemechaniker, brach diese ab, zog nach Berlin. „indus-triemechanik und Maschinenbau, das wurde mir auf Dauer zu langweilig“, erklärt Müller seinen Lebenslauf. Über einen cousin wurde er auf die straßen- und tiefbaubranche aufmerksam und landete schließlich bei frisch & faust. Kein ungewöhnlicher Lebenslauf für die firma. „Bei uns erhalten auch Bewerber eine chance, die bereits eine ausbildung abgebrochen haben“, sagt Dieter Mie-ßen, kaufmännischer Leiter der firma.

Nachhilfe von der FirmaUnd nicht nur das. in Zusammenar-beit mit diversen Bildungsträgern und streetwork-Vereinen wie Gangway be-müht sich frisch & faust auch um Ju-gendliche aus schwierigen Milieus und mit schlechten abschlussnoten. Denn im Vordergrund stehen die handwerkli-chen fähigkeiten. Die muss jeder Bewer-ber vorab in einem Pflichtpraktikum beweisen. Wer in der Berufsschule an-schließend nicht mitkommt, erhält von der firma Nachhilfeunterricht. 2010 ist die tiefbau-firma für ihre Bemühungen gerade um Jugendliche mit so genann-

ten Vermittlungshemmnissen deshalb zum besten Berliner ausbildungsbetrieb ernannt worden.

in der Baubranche ist frisch & faust ein ausnahmefall. Während immer mehr Baubetriebe Probleme haben, ih-re Lehrstellen zu besetzen, bildet frisch & faust sogar über Bedarf aus, jeder fünfte im Betrieb ist azubi. Nicht selten vermittelt die firma azubi-anwärter an Kollegenbetriebe. Um Nachwuchs zu werben, geht die firma weite Wege. stets auf ausbildungsmessen und schul-veranstaltungen präsent, lädt die firma zweimal im Jahr zum Baustellentag ein. „Dann lautet bei uns die Devise: Vorma-chen-Nachmachen", berichtet Mießen. Ziel der aktion ist es, möglichst viele für die Baubranche zu begeistern. „Wir übernehmen das casting für Branchen-betriebe“, sagt Mießen stolz. trotz alle-dem: Den demografischen Wandel spürt auch frisch & faust. „Vor fünf, sechs Jah-ren konnten wir unsere Lehrlinge noch aus bis zu achtzig Bewerbungen aus-wählen. Diese Zahl hat sich inzwischen halbiert“, so Mießen.

Dabei ist Nachwuchs gerade in der Baubranche gefragt. seit Jahren gibt es einen wachsenden fachkräftemangel. anfang des Jahres meldete der haupt-verband der Deutschen Bauindustrie gar, dass facharbeiter auf dem arbeits-markt praktisch nicht mehr zu finden seien. Die Jobchancen auf dem Bau sind dementsprechend gut. trotzdem ist die Branche bei schulabgängern wenig be-liebt. „Das Problem ist, dass die meisten sich den Bau zu anstrengend vorstellen“, ist Müller überzeugt. Dabei werde heu-te dank der Maschinen körperlich gar nicht mehr so viel gearbeitet. für Müller ist es sein traumberuf: „Die arbeit ist abwechslungsreich und man hat gute fortbildungsmöglichkeiten.“ n

Der Casting-betriebtiefbau Der Baubranche fehlt der Nachwuchs. Nicht so der Firma Frisch & Faust, sie bildet über Bedarf aus. Davon profitieren auch die anderen Von Marisa Strobel

Foto

s: D

irk

Ble

ick

er

baustelle hautnah: Mit baustellentagen wirbt Dieter Mießen (o.) für die baubran-che, Jens Müller (2. v. l.) hat er so für den Job gewonnen.

firMenporträt

frisCh & faust tiefbau gMbh

Geschäftsfeld Tiefbau, Rohrleitungsbau, Kanalbau, Straßenbau

firmensitz Berlin

GeGründet 1991

BeschäftiGte 125

AuszuBildende23

Weitere Porträts der Serie:vorwaerts.de/Wirtschaft/Gut_gemacht

gutgeMaCht

aN

ZEi

GE

»John Lanchester malt ein großes Gesellschafts-panorama unserer Zeit.« Johan Schloemann, Süddeutsche Zeitung

John Lanchester: Kapital Aus dem Englischen von Dorothee Merkel688 Seiten, geb. mit SU€ 24,95 (D)Auch als E-Book erhältlich

Leseprobe unter klett-cotta.de/lanchester

Großstadtleben in Zeiten

der Finanzkrise: Die

Bewohner der Londoner Pepys

Road haben viel Glück, Liebe

und Leid gesehen. John

Lanchester zeichnet ein hoch-aktuelles und gleichzeitig

sehr amüsantes Panorama

unserer Gegenwart.

»Weitgesponnene Geschichten aus der globalisierten Welt.« Georg Diez, Der Spiegel

Page 31: vorwärts Dezember 2012 - Januar 2013

12/2012-01/2013 vorwärts Wirtschaft 31

D ie Kombination technik und Musik ist genau richtig. Das habe ich mit 16 Jahren so tief

gespürt, dass ich gar keine alternative erwogen habe. Wir haben zu hause viel gesungen und musiziert. ich habe Gitarre und flöte gespielt. als Kind hatte ich eine stereoanlage mit Mischpult, technik zog mich magisch an. so entstand früh der Wunsch, beides zu verbinden. ich habe Klavierstunden für die aufnahmeprü-fung der Musikhochschule genommen, um ton und Bildtechnik zu studieren.

Das studium ist vielfältig: Elektro-technik, Mathe, Physik, chemie, Gehör-bildung, Partitur lesen. 75 Prozent inge-nieurwissenschaft, 25 Prozent Musik. Damals haben wir die studiotechnik in einem verrosteten Ü-Wagen erprobt, auf-

Uhr. ich bereite das studio vor, fahre die computer hoch, baue Mikrofone und stellwände auf. Um 9.30 Uhr kommt die regie, wir haben einiges zu besprechen: Wie können wir das aufnehmen? Wel-che Geräusche machen wir selbst? Wie soll der raum klingen? ich mag es, im team zu arbeiten mit Musikern, schau-spielern, tontechnikern und regie. Es macht spaß, mit hannelore hoger oder Katharina thalbach zu üben, wie sie sich bewegen sollen. Darauf zu ach-ten, dass sich der text geschmeidig sprechen lässt. ich bin für die technik verantwortlich, die sehr umfangreich geworden ist. tasten, regler, Mikrofo-ne, Kopfhörer. Mittendrin arbeite ich am digitalen Pult, jede Bewegung wird aufgezeichnet. am Mischpult bringe ich das hinterher in das richtige Lautstärke-Verhältnis, gebe räumliche Effekte wie hall drauf, bewege schauspieler, indem ich schritte drunter lege. Meine arbeit ist, das Ganze zum Wohlklang zu brin-gen, damit beim hören Kino im Kopf entsteht. als herrin über 54 tonspur-regler fühle ich mich dabei zuweilen wie im cockpit eines flugzeugs.“ n

nahmen von Kirchenkonzerten gemacht, da war viel Kreativität gefragt. Beim studium habe ich mir Zeit gelassen, nebenbei auf Messen Beschallung gemacht. 1983 fing ich in Berlin als ton-technikerin an. so bin ich in den hörfunk reingerutscht. seit 1989

arbeite ich in Köln beim WDr, bin inzwischen seit 18 Jahren als ton-ingenieurin dabei, wenn hörspie-le wie „Die säulen der Erde“ ent-stehen. Das ist so vielfältig, ich bin genau da, wo ich hin wollte.

Mein arbeitstag beginnt ent-weder um 9 Uhr oder um 16.30

aNZEiGE

TON-INGENIEURIN GERTRUDT MELCHER 56 Jahre, lebt in Köln

Ausbildung Master Studium Ton- und Bildtechnik

Status angestellt

Gehalt 3500 (Einstieg) bis 6000 Euro brutto im Monat

Arbeitszeit 39 Wochenstunden nach Tarif, Schichtarbeit

Foto

: Ma

icK

e M

ac

Ker

od

t

MEINE ARbEIT

Anzeige

Wir bekennen uns zum Standort Deutschland!

www.automatenwirtschaft.de

▶ Die Deutsche Automatenwirtschaft ist Teil der mittelständischen Wirtschaft in Deutschland!

▶ Sie zahlt jährlich über 1,5 Mrd. Euro an Steuern und Abgaben, davon ca. 438 Mio. Euro Ver gnügungssteuer an Städte und Gemeinden.

▶ Die Deutsche Automatenwirtschaft sichert rund 100.000 Arbeits- und Ausbildungsplätze in Deutschland – davon sind 75 % weibliche Mitarbeiter!

▶ Wir bilden jährlich über 500 junge Menschen in zwei eigenständigen branchenspezifi schen Automatenberufen aus:

▶ Spieler- und Jugendschutz sind Ausbildungs-inhalte. Darüber hinaus schulen und sensibi-lisieren wir unsere Mitarbeiter für Gäste mit problematischem Spielverhalten.

▶ Wir sind uns dabei unserer gesellschaftlichen und sozialen Verantwortung bewusst.

• Fachkraft für Automatenservice (2-jährig) (m/w)• Automatenfachmann/-frau (3-jährig)

Aufgezeichnet von Maicke Mackerodt

vorwaerts.de/Wirtschaft/Meine_Arbeit

DAMIT Es sCHöN KLINGT»Als Herrin über 54 Tonspurregler fühle ich mich wie im Cockpit.«

Page 32: vorwärts Dezember 2012 - Januar 2013

EnErgiE 12-2012/01-2013-Verlags-sonderVeröffentlichung 32

Eine Frage der Verteilung

Die Energiebranche steckt mitten im Wandel. Auf Erneuerbare Energien setzen dabei alle, auf dezentrale Erzeugung auch. Ein großes Thema des kommenden Jahres ist der Netzausbau,

da sind sich alle Marktteilnehmer einig

Netzausbau bei Erfurt: Neue Hochspannungsleitungen garantieren, dass der Strom auch da ankommt, wo er gebraucht wird.

steigende stromkosten, solarförderung, netzausbau: die energiebranche steckt mitten im Wandel. Was steht 2013 im energiebreich an, welche themen be-schäftigen die Beteiligten? „Wichtig ist, das Zieldreieck aus Klimaverträglichkeit, Wirtschaftlichkeit und Versorgungssta-bilität weiterhin in Balance zu halten“, sagt carsten thomsen-Bendixen, Konzernpres-sesprecher beim energieriesen eon. Vor-dringliches thema im neuen Jahr ist aus seiner sicht die Versorgungsstabilität. „es geht darum, dass strom auch sicher fließt“, so thomsen-Bendixen.

Zwar gebe es grundsätzlich keine Ka-pazitätsprobleme in deutschland, „aber ein starkes regionales ungleichgewicht“. Während die Kernkraftwerke im süden sukzessive abgeschaltet werden, entstün-

den die meisten neuen, regenerativen anlagen eher im norden. Windkraftwerke etwa. die frage wie der strom aus erneu-erbaren vom nordosten in die restlichen landesteile kommt, treibt auch den netz-betreiber 50hertz um. Wichtigstes Ziel des einst zu Vattenfall gehörenden un-ternehmens sind genehmigungen für den netzausbau.

Verbindung zwischen Ost und West noch in diesem Jahr soll eine so genannte höchstspannungsfreileitung von schwe-rin nach geesthacht bei hamburg in Be-trieb genommen werden. „das wird die vierte Verbindung zwischen alten und neuen Bundesländern“, sagt Volker Kamm, Pressesprecher von 50hertz. die drei be-stehenden ost-West-Verbindungen für fo

to:J

ens-

ulr

ich

Ko

ch

/da

Pd

strom gibt es schon seit 1995. lange ist in dieser hinsicht relativ wenig passiert, wes-halb Kamm den netzentwicklungsplan begrüßt, der 2013 in die parlamentarische abstimmung gehen soll.

„Wir brauchen Planungssichereit“, sagt Kamm. und viele neue netze. Kamm ver-anschaulicht mit Zahlen zur energiege-winnung aus Windkraft: 42 Prozent der Windkraftenergie werden im nordosten deutschlands gefördert – in einer region, in der relativ wenig strom verbraucht wird, nämlich 20 Prozent des bundesweiten ge-samtverbrauchs. „die industrie sitzt größ-tenteils eben nicht im osten, sondern im süden und Westen“, so Kamm.

auch bei Vattenfall ist der strom-transport wichtiges thema: „um unsere nachhaltigkeitsziele zu erreichen, werden

Page 33: vorwärts Dezember 2012 - Januar 2013

33 xx-2012-Verlags-sonderVeröffentlichung EnErgiE33 12-2012/01-2013-Verlags-sonderVeröffentlichung EnErgiEfo

to: b

ob

sair

po

rt

wir die Zuwachsrate bei den erneuerba-ren energien steigern“, kündigte der Vor-standschef von Vattenfall, oystein loseth, an. er mahnt aber auch: „damit der ener-giemarkt auch international funktionieren kann, braucht es aber eine höhere Kapazi-tät bei der stromübertragung und mehr stromtrassen.“

Bekenntnis zur Braunkohle der schwedische staatskonzern setzt künftig voll auf grün: bis 2020 sollen alle investitionen von Vattenfall in regene-rative energie fließen. der Kohlendioxid- ausstoß soll stark reduziert werden, von 94 Millionen tonnen im Jahr 2010 auf 65 Millionen tonnen im Jahr 2020. hoffnun-gen von umweltschützern, der Konzern

Leuchtendes Beispiel? Für Stromsparen jeden-falls nicht: Weihnachtsdekoration bei Zürich.

ImpressumSonderveröffentlichungEnErgIE

berliner vorwärts Verlagsgesellschaft mbh, postfach 610322, 10925 berlin, tel. 030/25594-320, fax -390, e-Mail: [email protected]

geschäftsführung: guido schmitz redaktion: Yvonne hollanzeigen: nicole stelznerlayout: Jana schulzeherstellung:metagate berlindruck: frankenpost Verlag gmbh, hof

werde seine braunkohlenwerke schließen, erteilten die schweden jedoch eine absa-ge: „Wir bekennen uns nach wie vor zum deutschen Markt und zur braunkohle. Mit den erträgen aus der braunkohle wollen wir unseren ausbau der erneuerbare ener-gien vorantreiben“, erläutert loseth.

Künftig dezentral sein auch ein anderer energieriese ist dabei, sich zu verändern: „die enbW setzt ver-stärkt auf den ausbau der erneuerbaren energien“, so die stellvertretende Kon-zernpressesprecherin Johanna Mertins. das profil des Konzerns aus baden-Würt-temberg werde sich deutlich wandeln. ein schwerpunkt liege auf dem ausbau dezen-traler energieerzeugung. n YH

„Unser Ziel war es, die Hintergründe und Mecha-nismen von Protestbewegungen zu verstehen und ein Gefühl für den Gestaltungsspielraum bei der Umsetzung von Großprojekten zu be-kommen“, sagt Peter Terium, Vorstandsvorsit-zender der RWE AG. Man darf dem Niederländer abnehmen, dass ihn das wirklich bewegt. Die niederländischen Nachbarn pflegen seit Langem eine Kultur des Konsenses. Und zum anderen ist die Akzeptanz von großen Infrastruk-turprojekten in einer zunehmend vernetzten Gesellschaft alles andere als selbstverständ-lich. „Wir haben in den letzten Jahren festge-stellt, dass viele aus unserer Sicht wichtige Investitionsprojekte einen immer größeren Widerstand in der Bevölkerung hervorgerufen haben“, erläutert Volker Heck, RWE-Kommu-

nikationschef, und sieht darin auch eine Chan-ce: „Das kann man bedauern oder auch han-deln und ge-meinsam über-legen, was zu tun ist, um die-sem Widerstand zu begegnen.“

RWE hat des-halb eine Studie ver fasst, die die unterschied-lichen Facetten von Bürgerbetei-ligung beleuch-tet. Im Ergebnis ist eine der umfassendsten

Stakeholder-Erhebungen zum Thema Partizipa-tion entstanden. Befragt wurden fast 40 nam-

Ade Schwarz-Weiß-Denken oder: Offenheit statt Tunnelblick

hafte Exper-ten aus Wirtschaft und Politik, von NGOs und Univer-sitäten, von Medien und Kirchen, darunter unter ande-rem die Bundesmi-nister Peter Altmaier

und Philipp Rösler, der Präsident der Bundes-netzagentur Jochen Homann oder auch die Leiterin Klima- und Energiepolitik des WWF, Regine Günther. Über die Experteninterviews hinaus wurden zudem wissenschaftliche Studi-en und frühere Befragungen für die Analyse ausgewertet.

Eine der zentralen Erkenntnisse ist: Deutschland braucht eine neue Dialog- und Beteiligungskultur.

„Schwarz-weiß ist vorbei“, stellte Rolf Martin Schmitz, stellvertretender Vor-standsvorsitzender der RWE AG, bei der Vorstellung der Studie in Berlin nüchtern fest und bekräftigte gleichzeitig den Wunsch nach einem Wechsel in der Kom-munikation. „Wir müssen mit einer

anderen Diskussionskultur arbeiten. Diesen Umschwung müssen wir selbst hinbekommen.“

Offenheit und Transparenz statt Tunnelblick und Scheuklappen erwarten die Interessen-gruppen der Zi-vilgesellschaft von Politik und Wir tschaft. Gefragt ist eine ergebnis orien-tier te Dialogkul-tur, die den Ansprüchen an

„Dialog“ und „Kultur“ gerecht wird. Ausge-dient haben die verbalen Schar-mützel. Einzug hält ein partner-schaftlicher Stil im Umgang miteinander. Da-bei ist Partnerschaft kein One-Way-Ticket. Für

Peter Terium implizier t dies auch, „dass man Abstriche machen muss – jeder in seinem Verantwortungs-bereich“.

Sich über Form und Stil einer neuen Beteiligungskultur zu verständigen, ist notwendig. Die Diskussion darü-ber hat RWE mit der Akzeptanzstudie eröffnet. Aufgabe aller Beteiligten ist es, sie lebendig fortzuführen und am Ende eine Beteiligungskultur zu etablieren, die von Respekt gegen-über anderen Sichtweisen und Inter-essenlagen geprägt ist, und die Ergebnisorientierung in den Fokus stellt.

RWE ist dazu bereit.

Anzeige

ANZEIGE

Page 34: vorwärts Dezember 2012 - Januar 2013

EnErgiE 12-2012/01-2013-Verlags-sonderVeröffentlichung 34

Immer häufiger zu sehen: Off-Shore-Windparks wie hier in der Deutschen Bucht. Die SPD unterstützt die Windkraftanlagen auf See, kritisiert aber Überförderung.

Schluss mit der Flickschusterei!Viele Ausgaben im Bereich Energie, die nun auf die Verbraucher

abgewälzt werden, waren unnötig, sagt Rolf HempelmannInterview Yvonne Holl

Ein Konzern geht auf „grüne Reise“

Der Arzneimittelhersteller Pfizer erzeugt den

Großteil seiner benötigten Energie selbst

Vom „Strompreisschock“ und einer „Preislawine“ zur Jahreswende ist derzeit die Rede, von Erhöhungen der Energie­kosten um bis zu 20 Prozent: Müssen sich die Verbraucher fürchten?

ich kann verstehen, dass Verbraucher sich sorgen machen. Wenn wir in erneuerbare energien investieren, in neue Kraftwerke und netze, dann kann energie teurer wer-den. aber wir stellen auch fest, dass diese Bundesregierung fehler macht. und dass wir für diese fehler teuer bezahlen.

Welche Fehler sind das?

fehler etwa in der einschätzung der risi-ken der off-shore-technologie – also von Windkraftanlagen vor den Küsten – ge-rade in den ersten Jahren. aufgrund einer falschen Planung sind regressforderungen von rund einer Milliarde euro von Markt-teilnehmern aufgerufen worden.

Was bedeutet das für Privathaushalte?

die unternehmen sollen von haftungsri-siken möglichst befreit werden, weil sonst die investitionen zum erliegen kommen würden. deshalb sollen jetzt die Verbrau-cher zur Kasse gebeten werden und zwar mit 0,25 cent pro Kilowattstunde. das ist unnötig, bei einer solideren Planung hätte diese Preisanhebung vermieden werden können. deshalb sage ich, die Bundesre-gierung muss weniger panisch reagieren,

aufhören, flickschusterei zu betreiben und endlich ein vernünftiges Konzept vorlegen.

Ihre Kritik erinnert an den Vorwurf Peer Steinbrücks, jede Frittenbude würde bes­ser gemanagt als die Energiewende.

es gibt weitere Beispiele für unnötige Kosten: die Bundesregierung hat vor ein-einhalb Jahren eine sogenannte optionale Marktprämie in das erneuerbare-energien- gesetz miteinbezogen. die Marktakteure sagen uns: sie nehmen sie gerne mit, aber sie wird eigentlich nicht gebraucht. Mit-nahmeeffekte sorgen dafür, das zig Milli-arden verbrannt werden, aber am ende der endkunde dafür zusätzlich zahlen muss.

In der öffentlichen Meinung haben aber meist die Erneuerbaren Energien den Schwarzen Peter, oder?

es gibt da auch bei dem einen oder ande-ren die interessenlage, den erneuerbaren energien den schwarzen Peter zuzuschie-ben. Wir unterstützen alle forderungen, die Überförderung vermeiden. die Bun-desregierung hat sich zunächst mit den Vergütungssätzen für die Photovoltaik auseinandergesetzt. Beim thema off-shore scheint sie der Kostenentwicklung keine Beachtung zu schenken. dort wer-den sozusagen mit der förderung die re-paraturkosten dem Verbraucher gleich noch mit aufgeladen. das gefährdet die akzeptanz der energiewende. n

In Freiburg tut sich etwas Besonderes: Regelmäßig öffnen die Pförtner die Schranken des traditionsreichen Arz-neimittelwerks, das zum Pharmakon-zern Pfizer gehört, um eine besondere Fracht aufs Gelände zu lassen. Es sind nicht etwa Rohstoffe für Medikamente, sondern Holzpellets aus der Region. Mit den kleinen Schnipseln wird Europas größte Holzpellet-Dampfkesselanlage betrieben. Sie sind der Grund dafür, dass Pfizer am Freiburger Standort eine Öko-bilanz vorweisen kann, von der andere Unternehmen nur träumen können.

Die Freiburger haben es geschafft, mehr als 90 Prozent ihres Energiebe-darfs selbst zu decken – aus Erneuerba-ren Energien. Neben der 2009 ans Netz gegangenen Holzpellet-Anlage werden Photovoltaik und Geothermie betrieben sowie Wärmerückgewinnung durch ein Blockheizkraftwerk (BHKW). Auf dem Gelände fährt ein Solarauto, und die La-bore arbeiten energiesparend.

Weniger CO2-Ausstoß

Das alles gehört zu über 200 Projekten, die bei Pfizer im Baden-Württembergi-schen in den vergangenen fünf Jahren durchgeführt worden sind – und die auch dank eines betrieblichen Vor-schlagswesens von den Mitarbeitern selbst erdacht und auch mit in die Tat umgesetzt worden sind.

Das Ende der Fahnenstange ist noch nicht erreicht: Bei Pfizer wird weiter darüber nachgedacht, wie sich umwelt-schonend produzieren lässt. Unterneh-menssprecher Martin Fensch spricht von einer „grünen Reise“, auf der sich das Unternehmen befinde. So wurden innerhalb der vergangenen vier Jahre die CO

2-Emissionen um 20 Prozent reduziert.

„Wir glauben, Ökonomie und Ökologie sind miteinander vereinbar“, so Fensch.

Der Ausstoß von giftigem Kohlen-dioxid bei Pfizer in Frieburg ist von 13 000 Tonnen im Jahr 2004 auf 650 Tonnen zurückgegangen – macht laut Pfizer eine Einsparung von 93 Prozent. Und was die Controler freut, ist der Um-stand, dass die Energiekosten um 30 Pro-zent reduziert wurden.

Für diese Anstrengungen ist Pfizer mehrfach ausgezeichnet worden – so mit dem Umweltpreis des Landes Ba-den-Württemberg und im Jahr 2011 mit dem Titel „Fabrik des Jahres“ im Bereich Nachhaltigkeit. „Das ist der Branchen-Oskar“, sagt Fensch. n UBU

foto

s: d

Pa/

ger

ha

rd

la

un

er /

eur

olu

ftB

ild

.de,

deu

tsc

her

Bu

nd

esta

g

Rolf Hempelmann, Energie-politischer Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag.

Page 35: vorwärts Dezember 2012 - Januar 2013

Vattenfall sorgt dafür, dass der Strom jederzeit zuverlässig aus der Steckdose kommt. In Berlin, Hamburg und in der Vattenfall-Heimat Schweden ist das Unternehmen für alle Stromkunden zuständig, unabhängig davon, mit welchem Stromanbieter sie einen Vertrag abgeschlossen haben.

Mit seinem Netzgeschäft erwirtschaftet Vattenfall rund ein Fünftel des Konzernergebnisses. Insgesamt beschäftigt die Netzgesellschaft rund 3.500 Mitarbeiter, davon etwa 1.400 in Berlin. Interview mit Herrn Dr. Helmar Rendez, Vorsitzender der Geschäftsführung der Vattenfall Europe Berlin GmbH.

– Anzeige –

Herr Dr. Rendez, warum sollte Vattenfall das Verteilnetz in Berlin auch in Zukunft betreiben? Klare Antwort: Wir können Netze. In Berlin sind wir mit dem Vorgänger Bewag seit 130 Jahren Netzbetreiber. Das ist unser Kern-geschäft. Wir sind der Meinung, dass es für den Betrieb des Stromnetzes in einer Metro-polregion wie Berlin Profis braucht, die ihr Handwerk beherrschen. Unsere Erfahrung in Berlin zeigt, dass man am Ende daran ge-messen wird, ob der Strom fließt oder nicht. Jedem, der sich hier um den Betrieb des Stromnetzes bewirbt, muss klar sein, dass die Berlinerinnen und Berliner in Bezug auf ihre Versorgungsqualität verwöhnt sind. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Betreiber, der es vermeintlich besser meint, aber nicht besser macht, lange Freude an der Aufgabe hat.

Das Land bewirbt sich mit Berlin-Energie, um stärkeren Einfluss aufs Netz zu ge-winnen und die Stromversorgung grüner zu machen. Wie stellt sich das aus Ihrer Sicht dar?Mit Netzen kann man keine Energiepolitik betreiben, jedenfalls nicht mit dem Berliner Netz. Alles, was möglich ist, um eine grünere Stromversorgung zu gewährleisten, haben wir als Vattenfall Distribution umgesetzt und wollen es auch künftig umsetzen. Den ener-giepolitischen Mehrwert, den man mit Ber-lin-Energie erzielen will, kann ich momentan nicht erkennen. Was man nicht vergessen sollte, ist, dass es Unternehmen in Berlin gibt, für die Versorgungsqualität ein Standortargu-ment ist. Denen und der gesamten Berliner Wirtschaft wird es nicht darum gehen, ob es demnächst einen kommunalen Stromnetz-

betreiber gibt. Vielmehr werden alle Strom-kunden mit ihren besonderen Anforderun-gen – wie beispielsweise Fernsehstudios, Botschaften, Bahn und Ministerien – wissen wollen, ob sie unter einem anderen Betreiber mindestens die gleiche Qualität bekommen.

Aber lautet denn der Widerspruch nicht, dass Berlin auf erneuerbare, dezentral erzeugte Energien umgestellt werden soll, Vattenfall aber aus historischen Gründen ein großes, überwiegend auf fossile Kraftwerksblöcke ausgerichtetes Netz hat? Welches Interesse hat Vatten-fall, das für viel Geld umzubauen?Wir tragen Vattenfall in unserem Firmenna-men. Aber es ist wichtig zu wissen, dass wir vollständig getrennt vom übrigen Konzern sind und jedem Anbieter, der dezentral Strom erzeugt, diskriminierungsfrei Zugang zum Netz gewähren. Es ist mir kein einziger Fall bekannt, dass einem Anbieter der Zugang zum Netz verwehrt worden ist – egal, ob Photovoltaik, Biomasseanlage oder dezent-rale Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen. Wir schließen alle ans Netz an! Würden wir das nicht tun, stiege uns sofort die Bundesnetz-agentur aufs Dach.

Was muss sich am Berliner Stromnetz ändern?Wir müssen das Netz für die kommenden Herausforderungen der Energiewende weiter umbauen. Berlin ist umgeben vom Energie-land Brandenburg, und wir wollen mehr erneuerbare Energien. Wir müssen dafür sorgen, dass wir Windkraft- oder Photovol-taikanlagen im Umland und dezentrale Blockheizkraftwerke in der Stadt so intelli-gent angeschlossen bekommen, dass der Strom jeweils da ankommt, wo er gebraucht wird. Wir wollen bis 2020 eine Million Elektro-autos haben, für die Ladestationen einge-richtet werden müssen. Und wir müssen nicht nur den Strom transportieren, sondern auch die Informationen, wann, wo und wie viel davon angeboten und verbraucht wird. Mit unserem Know-how werden wir das schaffen.

Page 36: vorwärts Dezember 2012 - Januar 2013

36 Kultur vorwärts 12/2012-01/2013

Kunsthandel Hoffschild, Goethestr. 8, 23564 LübeckTel. 0171/1935842, Fax 0451/598544, E-Mail: [email protected]

Name

Straße

PLZ, Ort

Datum, Unterschrift

vorwärTs GalEriEZEiTGEnössiscHE KunsT Radierung von Eiko Borcherding für vorwärts-Leser

Ja, icH KauFE

Exemplare der radierung Blatt nr. 10 aus der serie „Höstarken“ à 160,00 Euro (inkl. Mehrwertsteuer)

Serie „HöStarken“ schwedisch: Herbstblätter Radierung, Blatt Nr. 10 Maße: 27 x 18,8 cm Auflage: 20 ExemplarePreis: 160 Euro

HörBucH-Tipp

Ein Bäcker backt die Torte seines Lebens, Carl Tohrberg freut sich auf Weihnachten, Richter Seybold geht in Rente. Wie abgründig das Alltägliche sein kann, zeigt der Jurist und Autor Ferdi­nand von Schirach in seinen drei neuen Erzählungen. Der Schauspieler Christian Berkel („Inglorious Basterds“) liest und macht Schirach zum Hörvergnügen. n BG

Ferdinand von SchirachCarl toHrbergS WeiHnaCHtenHörbuch Hamburg 1 CD, 10 Euro, ISBN 978-3-86952-133-6

vErlosunG

Gut hundert Weggefährten und Widersacher von Peer Steinbrück hat Daniel Friedrich Sturm befragt. Und legt die politische Biografie des Mannes vor, der „Kanzler kann“. Der „vorwärts“ verlost drei Exemplare.

Bitte schicken Sie eine Karte mit dem Stichwort „Peer“ bis 15. Februar 2013 per Post oder per E-Mail an: [email protected]

wEiHnacHTs-lEKTürE

voM Tod dEr idEalElorenz lochthofen war Kommunist, Sta-lins lager überlebte er mit Glück. In der DDr stieg er zum Werksleiter auf – und stieß sich wund an der Borniertheit des Systems. Sein Sohn Sergej, in Workuta ge-boren, erzählt die lebensgeschichte des Vaters. Er berichtet von Willkür, Morden, Misshandlungen, tod durch Verhungern – und von den tücken der „sowjetskaja ekonomica“. Fesselnd und augenöffnend – insbesondere für alle, die wieder zu glauben beginnen, es gebe eine andere Alternative zum ungehemmten Kapita-lismus als die soziale Demokratie. n UK

Sergej LochthofenSCHWarzeS eiS Der Lebensroman meines VatersRowohlt 2012 ,447 Seiten, 19,95 Euro, ISBN 978-3-498-03940

doJcZE aBEnTEuErAls am Heiligabend Onkel Marek aus sei-nem Mercedes steigt, ist es um die acht-jährige Ola geschehen. Im Gepäck hat er nämlich nicht nur Parfüm, Südfrüchte und jede Menge Süßigkeiten, sondern auch viele Geschichten aus „Dojczland“. Für Ola ist klar: Da muss sie hin, denn „in BrD ist es noch besser als im Paradies“. und so bricht die Familie im Polski-Fiat auf richtung Westen – und in eine un-bekannte Welt, die einige Überraschun-gen bereithält. Alexandra tobor ver-mischt Autobiografisches mit Erdachtem zu einem großen lesevergnügen. n KD

Alexandra ToborSitzen vier Polen im auto Teutonische AbenteuerUllstein-Verlag 2012,272 Seiten, 9,99 Euro ,ISBN 978-3548283746

FussBallKunsTDie Faszination des Fußballsports liegt darin begründet, dass er gute Bilder pro-duziert. Bilder von Helden und Verlie-rern, von Freude und Schmerz. Insofern war es eine naheliegende Idee, dass rei-naldo Coddou, Ex-Bildredakteur des Ma-gazins 11 Freunde, nun eine Auswahl besonders eindrücklicher Fußballfotos zusammengestellt hat. Sie verewigen auf kunstvolle Weise die Emotionen des Augenblicks, in Stadien und auf Freizeit-plätzen, in den Kabinen und Pubs. und jedes der Bilder erzählt eine eigene Ge-schichte. n CFH

Reinaldo Coddou H. (Hrsg.)kunStSCHuSS Die schönsten Fußball­fotos aller ZeitenEdition Panorama 2012, 232 Seiten, 29,95 Euro, ISBN 978-3898234566

Fau wiE in voGElEin Geschwisterpaar verbringt den Sommer bei den Großeltern. Die verreis-ten Eltern schreiben täglich Karten. Der Großvater liest daraus vor, was er möch-te, nicht, was da steht. „Fau ruft er, wie in Sieg, Fau wie in Vogel, und Fau, wie die Vögel fliegen!“ letzteres sollen die Enkel lernen. In selbst gebauten Apparaten aus Draht, Federn und Papier, aufgepeitscht durch großväterliche Geschichten über waghalsige Flugmanöver aus seiner Ju-gend und die liebe zu einer Japanerin. Sprachgewaltig treibt teresa Präauer die Phantasie zu Höhenflügen. n BG

Teresa PräauerFür den HerrSCHer auS überSee RomanWallstein Verlag 2012, 140 Seiten, 16,90 Euro, ISBN 978-3-8353-1092-6

Deutschland steckt voller Bismarck- und Hindenburgstraßen. Otto-Wels- oder Elisabeth-Selbert-Straßen sind deutlich seltener zu finden. Deutschland hat gern seine Haudegen geehrt – und De-mokraten übersehen. umso besser, dass es Bücher gibt wie dieses. Bernd Faulen-bach, Andreas Helle und viele Mit-Auto-ren beschreiben darin Schlüsselszenen sozialdemokratischer – und deutscher – Geschichte. Vom Einfluss wandernder Handwerksgesellen und geheimer radi-kaler Bünde auf den bürgerlichen Kampf gegen Monarchien und Ständegesell-schaft bis zu Gerhard Schröders „Nein“ zum Irakkrieg und der Agenda 2010.

In knappen, nichts verklärenden Aufsätzen entfaltet sich ein Panora-ma des Fortschritts. Sichtbar wird die Wandlung eines bigotten, militaristi-schen, obrigkeitsgläubigen landes zu dem Deutschland, das Besucher heute als weltoffen und friedlich erleben.

Welche Widerstände auf diesem lan-gen Weg zu überwinden waren, welche Opfer gebracht werden mussten, welche Fehler gemacht wurden: Auch daran er-innert dieses Buch. Daran, dass August Bebel Jahre seines lebens in Gefängnis-sen zubrachte, aufrechte Demokraten wie Julius leber oder Carlo Mierendorff umgebracht wurden, auch an den Hass, der Willy Brandt entgegenschlug, als er in Warschau niederkniete.

Sozialdemokraten übernahmen im-mer dann Verantwortung, wenn sich andere nicht mehr trauten oder versagt hatten. Das wurde ihnen selten ge-dankt. Bis heute wirkt die Propaganda von KPD und SED nach, Sozialdemokra-ten seien vom Weg zum wahren Sozia-lismus abgewichen. Dieses Buch räumt damit auf. n

Bernd Faulenbach, Andreas HellemenSCHen, ideen, Wegmarken Aus 150 Jahren deutscher Sozialdemokratievorwärts|buch, 384 Seiten, 35 Euro,ISBN 978-3-86602-210-2

dEuTscHlands wEG in diE ModErnEÜber Verantwortung in guten wie in schweren Zeiten Von Uwe Knüpfer

Page 37: vorwärts Dezember 2012 - Januar 2013

12/2012-01/2013 vorwärts Kultur 37

„Frankfurter rundschau“ (Fr): insol-vent, „Financial times Deutschland“ (FtD): in Auflösung, lokalpostillen: in Bedrängnis. Selbst der Berliner Verlag schwächelt. Die Branche re-agiert geschockt bis hämisch – wie das eben so ist, wenn in einer Familie trauerfälle oder letzte Stündlein zu beklagen sind.

ruft man der Fr betroffen nach, sie sei einst eine „herrliche Bleiwüste großer und leidenschaftlicher Debat-ten“ gewesen (so die „Süddeutsche Zeitung“), erregt der Exitus der FtD (außer bei ihren Mitarbeitern) schon weniger Anteilnahme: Es musste ja so kommen, wenn man die Hälfte der Auflage kostenlos bei lufthansa auslegt.

Die Hinterbliebenen blicken ge-fasst ins offene Grab, freuen sich heimlich auf heiße Süppchen beim leichenschmaus – und doch springt sie ein unbehaglicher Gedanke an: Vergänglichkeit....

Was, fragt man sich in Verlags-häusern von Hamburg bis München besorgt, löst nur die „Zeitungskrise“ aus? – Ist das ansteckend, der Anfang vom Ende, eine Art Zeilengrippe? Nervöse Diagnosen sind in umlauf: Heißt das Virus vielleicht „Internet“? Es ist schnell, pausiert nie, kann im-mer auf die neuesten Entwicklungen reagieren und steht aktuell schwer unter Verdacht, die gute alte tages-zeitung zu bedrohen: Behäbigkeit, dein Name ist Papier. Die leser von heute wollen den pausenlosen (und vor allem kostenlosen) News-Blog-twitter-Strom!

Psst, Verlagshäuser, wir verraten euch (ganz im Vertrauen): Das ist Quatsch. Euer Hauptfeind ist nicht das Internet. Auch seid ihr nicht Op-fer der Finanzierung eurer (wenigen noch verbliebenen) redaktionen, noch eurer Konkurrenz – euch for-dern kluge leser heraus. Die glauben nicht, dass sich die Weltsituation von Sekunde zu Sekunde ändert, auf Meldungsbrei (Obama: Er war beim Frisör!) sind sie nicht erpicht. Doch wenn zum Beispiel da, wo Fr drauf-steht, kaum mehr Fr drin ist, mer-ken sie das. und suchen dann eben woanders nach dem, was sie wollen: Inhalt. Das ist eure Krise. n

MedienzirkusVon Gitta List

V or einem Jahr haben SPD und „vorwärts“ einen Foto-Wettbe-werb ausgelobt. Zu vier Kate-

gorien – Parteileben, Familie, Arbeit und Fortschritt – konnten Bilder eingereicht werden. Jetzt hat eine Jury die Preisträ-ger ermittelt. Gesamtsiegerin ist Caro-line Winkler: Ein rosenstrauß auf dem Preikestolen, dem Felsplateau hoch über dem norwegischen lysefjord, zum Ge-denken an die ermordeten sozialdemo-kratischen Jugendlichen auf der Insel utøya. Sie erhält als Preis ein iPad.

Die weiteren Preisträger erhalten den Bildband „Willy Brandt – Kämpfer und Visionär: Fotografien von Jupp Dar-chinger.“ Bei „Parteileben“ gewinnt Ingrid roithmeier mit den Frauen im Messerschmitt Kabinenroller aus den 50ern. Jutta Plath punktet mit dem Bild der Enkelin für „Familie“. „Fortschritt“ verkörpert für Hans Jürgen Schunk der Kampf um den Atomausstieg. Für „Ar-beit“ schließlich liegt Annette richter mit den konzentriert arbeitenden töp-fern vorn. n WL

Rezensionen

die Favoriten der Leser iM internet

Eckart Lohse/Markus WehnerSteinbrück. biographie Droemer Verlag, München 2012, 364 Seiten, 19,99 Euro, ISBN 978-3-426-27593-1

Hans Jürgen Krysmanski0,1% – DaS imperium Der milliarDäre Westend Verlag, Frankfurt am Main 2012, 265 Seiten, 19,99 Euro, ISBN 978-3-86489-023-9

Volker Neuhausgünter graSS. Schrift-Steller – künStler – ZeitgenoSSe Steidl Verlag, Göttingen 2012, 463 Seiten, 19,80 Euro, ISBN 978-3-86930-516-5

Klaus SchererWahnSinn amerika. innenanSichten einer Weltmacht Piper Verlag, München 2012, 288 Seiten, 18,99 Euro,ISBN 978-3492055314

Ines PohlSchluSS mit lobbyiSmuS Westend Verlag, Frankfurt am Main 2012, 224 Seiten, 14,99 Euro, ISBN 978-3-86489-024-6

Joe Bageantauf rehWilDjagD mit jeSuS. melDungen auS Dem amerikaniSchen klaSSenkampf Aus dem Amerikanischen von Klaus H. Schmidt und Ulrike E. Köstler, André Thiele Verlag, Mainz 2012, 360 Seiten, 18,90 Euro, ISBN 978-3-940884-92-3

weiteRlesen

vorwärts.de

im Internet

wettbewerb

bunt wie das Lebenpreisträger Die Siegerfotos wurden gekürt

1| Caroline winkler: gedenken an die ermor­deten sozialdemokratischen Jugendlichen auf utøya 2| ingrid roithmeier: Fröhliche Frauen­power im oldtimer. 3| Jutta plath: Meine enkelin auf dem weg in die zukunft 4| Hans Jürgen schunk: Menschenkette im kampf um den atomausstieg 5| anette richter: volle konzentration beim töpfern

Foto

S: c

ar

oli

ne

win

kle

r,

ing

riD

ro

ith

mei

er,

jut

ta P

lat

h,

ha

nS

jür

gen

Sc

hu

nk

, an

net

te

ric

ht

er

1

2

4 5

3

Page 38: vorwärts Dezember 2012 - Januar 2013

38 Kultur vorwärts 12/2012-01/2013

ANZEIGEN

www.dtv.de

_premium

Ori

gin

alau

sgab

e 3

00

Sei

ten

¤ 1

4,9

0

Auc

h al

s e

rhäl

tlich

Daniel Friedrich Sturm, Dr. phil., schreibt als Parlaments-korrespondent von ›Welt‹ und ›Welt am Sonntag‹ über das (Innen-)Leben der SPD. Er beobachtet und begleitet Peer Steinbrück seit etlichen Jahren.

DER KANDIDATDass er »Kanzler kann«, zu dieser Ansicht hat sich nun auch

seine eigene Partei durchgerungen. »Es geht um einen alles in allem doch recht ungewöhnlichen Menschen und Politiker.«

Andreas Hoidn-Borchers auf ›stern.de‹

Ori

gin

alau

sgab

e 3

00

Sei

ten

¤ 1

4,9

0

Vorwaerts_12_Steinbrueck.indd 1 16.11.12 14:14

ww

w.di

etz-

verla

g.de

/043

1

Text-Bild-Band mit über 200 Farb- und Schwarzweißfotos, Illustrationen und Plakaten aus eineinhalb Jahrhunderten deutscher sozialdemokratischer Geschichte, begleitend zur Ausstellung »150 Jahre deutsche Sozialdemokratie «.

ww

w.di

etz-

verla

g.de

/042

6

»Man muss eine Vergangenheit haben, um aus dieser Vergangen-heit für die Zukunft lernen zu können.« 55 Reden Willy Brandts über Deutschland, die Sozialdemo-kratie, die Geschichte und ihre Lehren für unser Handeln. Spannend und erstaunlich aktuell. Herausgegeben und eingeleitet von Klaus Schönhoven.

»Man muss eine Vergangenheit haben, um aus dieser Vergangenheit für die Zukunft lernen zu können.« 55 Reden Willy Brandts über Deutschland, die Sozialdemokratie, die Geschichte und ihre Lehren für unser Handeln. Spannend und erstaunlich aktuell.

Herausgegeben und eingeleitet von Klaus Schönhoven.

»Man muss eine Vergangenheit haben, um aus dieser Vergangenheit für die Zukunft lernen zu können.« 55 Reden Willy Brandts über Deutschland, die Sozialdemokratie, die Geschichte und ihre Lehren für unser Handeln. Spannend und erstaunlich aktuell.

Herausgegeben und eingeleitet von Klaus Schönhoven.

Broschur, 36,00 EuroISBN 978-3-8012-0426-6

Halbleinen, 29,90 Euro ISBN 978-3-8012-0431-0

Verlag J.H.W. Dietz Nachf. www.dietz-verlag.de • [email protected] • Tel. 02 28/18 48 77-0

Bitte ausfüllen und an folgende Anschrift senden:Jüdischer Nationalfonds e.V., Kaiserstraße 28, 40479 Düsseldorf

Name

Straße

PLZ, Ort

Telefon (für evtl. Rückfragen)

Kontoinhaber

Bank, BLZ

Kontonummer

Datum, Unterschrift

Den Gesamtbetrag von Euro

überweise ich selbst auf das Spendenkonto des Jüdischen National fonds e.V., Konto-Nr. 1 005 007 001 bei der Santander Bank, BLZ 500 333 00.

buchen Sie bitte direkt von meinem angegebenen Konto ab.

Ja, ich freue mich über eine Dankes-/Geschenkurkunde. Bitte stellen Sie die Urkunde auf meinen Namen aus. Bitte stellen Sie die Urkunde aus zu Ehren von:

Ich spende Bäume zu je 10 Euro im Rahmen der Wiederaufforstung des nördlichen Negev im Wald der SPD.

Baumspender: Frank-Walter Steinmeier pflanzt einen Baum in der Wüste Negev

WalD DER SPDMItMachEN Wir schenken Israel Bäume zum Geburtstag

S uchen Sie noch das passende Ge-schenk zu Weihnachten? Wie wäre es mit einem Baum oder am

besten gleich ein paar? Zum 65. Grün-dungstag Israels am 16. April 2013 hat die SPD eine besondere Geburtstagsidee.„Wir wollen Israel einen Wald schenken“, sagen Generalsekretärin Andrea Nahles und der Parlamentarische Geschäftsfüh-rer der SPD-Bundestagsfraktion Chris-tian lange. „Damit tragen wir nicht nur zur Aufforstung des landes bei, sondern setzen auch ein Zeichen der Freundschaft und der Solidarität, das für lange Zeit Be-stand haben wird.“ Mindestens 5000 Bäu-

me soll der „Wald der SPD“ in der Wüste Negev umfassen. Für einen Baum benö-tigt man zehn Euro, für die es auf Wunsch eine urkunde sowie eine Spendenbe-scheinigung gibt. Der „vorwärts“ betei-ligt sich mit 600 Euro an der Ak tion und spendet damit zwei Bäume pro Mitar-beiter. Auch der designierte Kanzlerkan-didat Peer Steinbrück und Bundestags-fraktionschef Frank-Walter Steinmeier spenden Bäume. „Der Wald der SPD ist ein wunderbares Symbol unserer Ver-bundenheit“, findet Steinmeier. n KD

Online spenden: spd-wald.jnf-kkl.de

FOTO

: ST

yLE

UN

EED

/FO

TOLI

A.c

Om

, SPD

Page 39: vorwärts Dezember 2012 - Januar 2013

12/2012-01/2013 vorwärts Historie 39Fo

to: K

lau

s R

ose

/dpa

; Ill

ust

Ra

tIo

n: H

end

RIK

Jo

na

s

I m rückblick erscheinen Willy Brandts Jahre an der spitze der sPD als geradezu goldene Zeit: er führte

seine Partei an die Macht und läutete jenes sozialdemokratische Jahrzehnt ein, in dem die sozialdemokratie 13 Jah-re den Kanzler stellte, innenpolitische reformen durchsetzte und mit ihrer ost- und entspannungspolitik eine wichti-ge Grundlage für die spätere deutsche Vereinigung schuf. Das Wort „Mehr Demokratie wagen“ in Brandts erster re-gierungserklärung als Kanzler steht für eine Politik der erneuerung, sein Kniefall in Warschau macht ihn zur moralischen Autorität in der Politik und wird mit dem Friedensnobelpreis geehrt.

seine erfolge und sein Charisma er-klären, daß er 23 Jahre – fast ein Viertel-jahrhundert – den Vorsitz innehat; län-ger als er hat vor ihm nur August Bebel die sPD geführt. Was das in einer Partei bedeutet, die den Diskurs und harte Dis-kussionen zwischen den Flügeln pflegt, macht ein Blick auf seine Nachfolger deutlich: in den 22 Jahren nach Brandt hat die sPD neun Vorsitzende. Nun ist Willy Brandt, und das mag seine lange unumstrittene Führungsrolle auch er-klären, der letzte Parteichef, der aus der alten Arbeiterbewegung kommt und die für ihn, den Proletariersohn ohne hei-le Familie, zu einer Art Familienersatz

wird – auch im skandinavischen exil. Genossen der norwegischen Arbeiter-partei nehmen den jungen, revolutio-nären Linkssozialisten aus Lübeck wie einen der ihren auf. Durch diese betont linke Partei wird er nachhaltig geprägt, denn bei allen Flügelkämpfen bewahrt sie stets die einheit der organisation, und ihr revolutionäres Programm hin-dert sie nicht an einer pragmatischen re-gierungspolitik, welche die realen Nöte der Arbeiter, Fischer und Bauern lindern kann. in diesen erfahrungen wurzelt sei-ne innerparteiliche toleranz, aber auch seine tiefe Überzeugung, dass Politik, die nicht den Menschen nützt, nichts taugt.

Sein Weg in der SPD war steinigim exil zum sozialdemokraten gewan-delt, ist der Weg zum „Übervater“ der Partei jedoch steinig und lang: in Berlin hat er gegen sPD-Chef Franz Neumann zu kämpfen, und als erbe ernst reuters, der schon wegen der Lage West-Berlins ein gutes Verhältnis zu Amerika pflegt, gilt er lange als Außenseiter in der von ollenhauer auf schumacher-Kurs gehal-tenen sPD. Noch 1960, als er in Hannover zum Kanzlerkandidaten gewählt wird, kann er lediglich auf Platz 22 in den PV einziehen. Von Wehner gefördert, rückt er nach ollenhauers tod an die spitze der Partei und wird schließlich zum großen

integrator, der die realistischeren unter den studentischen 68er-rebellen einbin-det. stets dem Zeitgeist aufgeschlossen und dem Gros der Partei darin voraus, sucht er später die sozialdemokratie für die Friedens- und Umweltbewegung zu öffnen und, beinahe präsidial über den Flügeln schwebend, sie als Partei den-noch zusammenzuhalten. Der spagat ist nicht leicht, selbst sein alter Freund rix Löwenthal versteht die sPD als Partei der industriegesellschaft und wendet sich gegen die Aufnahme von grünen Leistungsverweigerern, die gar Null-wachstum fordern.

Als er 1987 als weiteres Zeichen der Öffnung gar eine Parteilose zur spre-cherin der sPD bestellen will, löst er eine Parteirebellion aus, die ihn zum rücktritt veranlasst. Doch bleibt er eh-renvorsitzender. 1989, als er die junge Generation der sozialdemokraten vor der nationalen Frage versagen sieht, setzt er sich mit seiner ganzen Autorität für die schnelle Vereinigung ein. er ret-tet damit die tradition und ehre einer sozialdemokratie, die schon unter Kurt schumacher für die deutsche einheit kämpfte. n

Vom Aussenseiter zum ÜberVAter Willy brAndt 23 Jahre führte er die spd als Vorsitzender. Wegen seiner politischen erfolge und wegen seines Charismas ist er bis heute unvergessen Von Peter Merseburger

Peter Merseburger (geboren 1928 in Zeitz) wurde von 1967 bis 1975 bekannt als Leiter und Moderator des ARD-Magazins Panorama.

die serie

Folge 3: Willy Brandt und die SPD

Im nächsten Heft Folge 4:Willy Brandt und Berlin

»Es war seine tiefe Überzeugung, dass Politik, die nicht den Menschen nützt, nichts taugt.«Peter Merseburger

Gut gelaunt und auf dem Weg in die regierung: rund zwei monate vor dem beginn der Großen Koalition interviewt Peter merseburger sPd-Chef Willy brandt am 13.09.1966.

Page 40: vorwärts Dezember 2012 - Januar 2013

40 Historie vorwärts 12/2012-01/2013

K aum eine Frage hat die Gemüter in den frühen Jahren der Bun-desrepublik so sehr beschäftigt

wie die erinnerung an den Untergang von Weimar. „Bonn ist nicht Weimar“ hieß der titel eines Bestsellers von Fritz rené Allemann aus dem Jahr 1956. Der satz wurde zu einem geflügelten Wort.

Doch zur Zeit der ersten soziallibe-ralen Koalition unter Willy Brandt und der ostverträge Anfang der 70er Jahre liegt plötzlich wieder ein Hauch von Weimar über der republik. Von „erfül-lungspolitik“ ist die rede, von „Verzicht“ und nationalem Verrat. Die emotionen schlagen hohe Wellen. Viele fragen sich irritiert, ob die Deutschen wieder in eine situation geraten könnten, in der sie sich noch einmal in einer Alles-oder-Nichts-Haltung weigern, die selbstverschulde-ten Folgen eines verlorenen Krieges zu akzeptieren.

egon Bahr hatte 1963 in einer rich-tungweisenden rede die Formel vom „Wandel durch Annäherung“ in Umlauf gebracht. es war ein „Plädoyer für eine Wiedervereinigungspolitik neuer Art“. seit 1969 ist sie regierungspolitik. im August 1970 wird der Moskauer Vertrag abgeschlossen, im Dezember der War-schauer Vertrag, und am 3. september 1971 das Viermächteabkommen über Berlin.

Diplomatischer KunstgriffAm 21. Juni 1973 tritt der Grundlagen-vertrag zwischen der Bundesrepublik und der DDr in Kraft. er sollte nach den Worten egon Bahrs das Verhältnis der beiden deutschen staaten „untereinan-der und gegenüber Dritten“ regeln „und bis zur Wiedervereinigung nicht mehr revisionsbedürftig“ sein. Das hat sich im rückblick als eine zutreffende Prognose herausgestellt.

Nur mühsam kamen die Verhand-lungen voran, weil die DDr forderte, nach Abschluss der Verhandlungen müsse eine völkerrechtliche Anerken-nung des ostdeutschen staates stehen. Das war für die Bundesrepublik auf Grund des grundgesetzlichen Wieder-vereinigungsgebots unakzeptabel. Die

Weg zur einheitVor 40 Jahren Am 21. 12.1972 wurde der deutsch-deutsche Grundlagenvertrag, ein Meilenstein der Entspannung, unterzeichnet Von Rolf Hosfeld

temperamentvoll: SPD-Fraktionschef herbert Wehner verteidigt den Vertrag im Bundestag.

gut gelaunt: egon Bahr (l.) und Michael Kohl in ost-Berlin

Lösung bestand in einem diplomati-schen Kunstgriff, der den Nachkriegs-realitäten rechnung trug. Denn zur deutschen Frage gehörte auch die Vier-Mächte-Verantwortung für Gesamt-deutschland. Die Lösung der deutschen Frage musste also zwingend offen blei-ben. sie blieb es bis zu den Zwei-Plus-Vier-Verhandlungen 1990.

Der »Brief zur deutschen Einheit«in der endfassung des Grundlagenver-trages verpflichten sich die Vertrags-partner, normale, gutnachbarliche Be-ziehungen zueinander zu unterhalten, sich von den Prinzipien der UN-Charta leiten zu lassen und gegenseitig auf Gewaltanwendung und Gewaltandro-hung zu verzichten. Die zwischen bei-den staaten bestehende Grenze wird für unverletzlich erklärt, die territoria-le integrität und die Beschränkung der Hoheitsgewalt auf das jeweils eigene staatsgebiet und die jeweilige respek-tierung der Unabhängigkeit und selbst-ständigkeit beider deutscher staaten ausdrücklich bekräftigt.

Wie beim Moskauer Vertrag übergibt die Bundesregierung noch vor Abschluss einen „Brief zur deutschen einheit“. Da-rin heißt es, dass der Vertrag „nicht im Widerspruch zu dem politischen Ziel der Bundesrepublik Deutschland steht, auf einen Zustand des Friedens in europa hinzuwirken, in dem das deutsche Volk in freier selbstbestimmung seine ein-heit wiedererlangt.“

Die Bundesrepublik und die DDr un-terhalten nun zwischenstaatliche Bezie-hungen, mit der einschränkung, dass sie durch den bleibenden Viermächtevorbe-halt teile eines Ganzen bleiben und des-halb keine Botschaften, sondern ständi-ge Vertretungen in Bonn und ost-Berlin verabreden. im Außenverkehr sind sie jedoch frei. ein kompliziertes Vertrags-gebilde ist vollendet, das beiden staaten Handlungsfreiheit eröffnet, ohne dass die Bundesrepublik dabei ihren An-spruch auf die fortbestehende einheit der Nation beiseitelegen muss.

Die Jahre 1989/90 haben dem recht gegeben. n

Foto

s: d

pA /

AlF

rEd

HEn

niG

, dpA

/ K

on

rA

d G

iEH

r, d

pA /

EGo

n s

tEi

nEr

Feierlich: egon Bahr (r.) und Michael Kohl unterzeichnen den Vertrag in Bonn.

vorwärts-Impressum Die zeitung der deutschen Sozialdemokratie gegründet 1876 von W. Hasenclever und W. Liebknechtherausgeberin: Andrea Nahles redaktionsadresse: Berliner vorwärts Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 610322, 10925 Berlin; Tel. 030/25594-520, Fax 030/25594-390, E-Mail: [email protected] Chefredakteur: Uwe Knüpfer (V.i.S.d.P.) redaktion: Lars Haferkamp (Textchef); Dagmar Günther (CvD); Hendrik Rauch (Bildred.); Kai Doering (Redaktion), Yvonne Holl (App); Vera Rosigkeit (Online); Dr. Susanne Dohrn, Birgit Güll und Werner Loewe (redaktionelle Mitarbeit); Carl-Friedrich Höck und Marisa Strobel (Volontäre) Fotografie: Dirk Bleicker Layout: Jana Schulze Korrespondenten: Jörg Hafkemeyer (Berlin), Renate Faerber-Husemann (Bonn), Lutz Hermann (Paris) geschäftsführung: Guido Schmitz anzeigen: Nicole Stelzner (Leitung strategische Unternehmensentwicklung und Verkauf); Nele Herrmann Valente, Manfred Köhn, Simone Roch, Carlo Schöll, Franck Wichmann und Ralph Zachrau (Verkauf) Gültige Anzeigenpreisliste: Nr. 35 vom 1.1.2012 Verlags-Sonderseiten: verantw. Guido Schmitz Vertrieb: Stefanie Martin, Tel. 030/25594-130, Fax 030/25594-199 herstellung: metagate Berlin GmbH Druck: Frankenpost Verlag GmbH, Poststraße 9/11, 95028 Hof abonnement: IPS Datenservice GmbH, Postfach 1331, 53335 Meckenheim; Tel. 02225/7085-366, Fax -399; bei Bestellung Inland: Jahresabopreis 22,– Euro; für Schüler/Studenten 18,– Euro; alle Preise inkl. Versandkosten und 7 Prozent MwSt.; Ausland: Jahresabopreis 22,– Euro zzgl. Versandkosten. Das Abo verlängert sich um ein Jahr, wenn nicht spätestens drei Monate vor Ablauf schriftlich gekündigt wird. Für SPD-Mitglieder ist der Bezugspreis im Mitgliedsbeitrag enthalten (bei Änderungen bitte an den SPD-UB wenden). Bankverbindung: SEB Berlin, BLZ 100 101 11, Konto-Nummer 174 813 69 00Bei Nichterscheinen der Zeitung oder Nichtlieferung ohne Verschulden des Verlages im Falle höherer Gewalt besteht kein Anspruch auf Leistung, Schadensersatz oder Minderung des Bezugspreises. Für unverlangt eingesandte Manuskripte, Fotos und Zeichnungen wird keine Haftung übernommen.

Page 41: vorwärts Dezember 2012 - Januar 2013

12/2012-01/2013 vorwärts Rätsel 41

kreuzworträtselDie Fragen und das Kreuzworträtsel darunter ergeben die Lösung.

Die richtige Lösung schicken Sie bitte bis zum 15. Februar 2013 per Post an vorwärts, Postfach 610322, 10925 Berlin oder per E-Mail an [email protected]. Bitte Absender nicht vergessen und ausreichend frankieren! Unter den richtigen Einsendungen verlosen wir zehn Bücher.

WAAGERECHT

1 widerstandslos gehorsam

9 rissig, uneben

10 Anpflanzung

12 weiterbestehen

14 in der Nähe von

15 sauber, unbe-schmutzt

16 Dramengestalt bei Goethe

18 Fluss zur Drau

19 Zimmer

20 Lebenshauch

22 innerasiatisches Gebirge

25 Weingut mit großen Lagerräumen

28 Wertpapier

30 freundlich

31 Marktbude

32 Stelle, Ort; größere Fläche

34 in hohem Maße

36 Schwur

37 Schmuckstein

39 Ansehen, Prestige, Bild (englisch)

40 langer, dünner Speisefisch

41 Truppeneinheit

SENKRECHT 2 wieder

3 radioaktives Schwermetall

4 französisch: Wasser

5 Hüftriemen

6 als Weg geeignet; möglich

7 eine der Gezeiten

8 Frage-und-Antwort-Spiel

11 sizilianischer Vulkan

12 starke Kriegsflotte

13 unmittelbar

17 schmieren, fetten

21 fast immer

23 Schmelzgefäß

24 vertraulich, im engsten Kreis

26 Verlierer bei einem Wettkampf

27 Notiz, Vermerk

29 orientalischer Wandteppich

32 Leid, Schmerz

33 biblischer Stamm-vater

34 Lachsfisch

35 Nervenzentrum

38 Monatsname

1 2 3 4 5 6 7 8

9 10 11

12 13 14

15 16 17

18 19

20 21 22 23 24

25 26 27

28 29 30

31

32 33 34 35

36 37 38

39 40

41

1

2

3

4

?

S eine Übersetzung von Charles Baudelaires Vers-epos „les Fleurs du Mal“ aus dem Jahr 1947 gilt

bis heute als bahnbrechend. Kein Wun-der: seine Muttersprache im eigentlichen sinne ist Französisch. Als sohn eines württembergischen Privatgelehrten und einer französischen Mutter wird er am 3. Dezember 1896 in Perpignan geboren. seine Kindheit verbringt er in Weil der stadt, seine schulzeit in stuttgart. Der erste Weltkrieg bringt ihn nach Frank-reich zurück, wo er in den schützengrä-ben vor Verdun dem Friedensschluss ent-gegenlagert.

Nach dem Krieg studiert er Jura in tübingen und arbeitet hier an verschie-denen Gerichten. 1940 wird er zur Wehr-macht eingezogen und als Jurist nach lille abgeordnet. Nach der Zerschlagung des Faschismus tritt er der sPD bei und wird zum Professor für Öffentliches Recht an der Universität tübingen be-rufen. Im parlamentarischen Rat wählt ihn die sPD-Fraktion zum Vorsitzenden. 1949 wird er im Wahlkreis Mannheim I in den Bundestag gewählt und kann sein Direktmandat bis zu seinem Aus-scheiden im Jahr 1972 verteidigen.

schon in den frühen tagen der Bun-desrepublik Deutschland ist ihm klar, dass europa „unsere Hoffnung und zugleich unsere realistische Zukunft“ ist. entschieden tritt er daher für die deutsch-französische Freundschaft ein. Unter seinen vielen Auszeichnungen ragt der „Orden wider den tierischen ernst“ heraus, den er für seine geistrei-chen Reden verliehen bekommt. Das passt zu seiner lebensmaxime, die da lautet: „Der noble Humor grinst nicht, sondern lächelt.“ n

Unter allen Einsendern verlosen wir eine vorwärts-Tasche. Bitte schicken Sie das Lösungswort mit dem Stichwort „Wer war’s“ bis 15. Februar 2013 per Post oder per E-Mail an: [email protected]

HistoriscHes Bilder-rätsel

Die Lösung des Bilder-Rätsels aus der vergangenen Ausgabe lautet: Hans koscHnickDie vorwärts-Tasche hat gewonnen:

Annette Schulz-Kersting,14532 Kleinmachnow

Die Lösung des jüngsten Preisrätsels lautete: Penn Gesucht wurden außerdem: stePHan und HannoVer Jeweils ein Buch gewannen:

Susi Scheinert, 04416 Markkleeberg

Margit Schillig, 96237 Ebersdorf

Karlheinz Straub, 60386 Frankfurt/M.

Udo Hargarten, 15517 Fürstenwalde/Spree

Julia Hartwig, 39104 Magdeburg

Beate Glende, 24257 Hohenfelde

Herbert Langer, 59846 Sundern

Julian Müller, 46049 Oberhausen

Gaby Wagner, 99425 Weimar

Erwin Franiek, 66606 St. Wendel

wer war’s?In zwei Kriegen kämpfte er gegen Frankreich. Danach für die deutsch-französische Freundschaft

Von Lothar Pollähne

Gewinner

Kaum jemand weiß... dass der erfolgreiche Jurist und lupenreine Hanseat einer Schauspielerfami-lie entstammt und in einem Film von Dieter Wedel sozusagen von Robert Atzorn dargestellt wurde. Sein Vorname und Nachname im Film?

Im Mittelalter... übertraf die Stadt mit über 600 Brauereien die bayerische Residenz bei Weitem und entwickelte sich dank eines (gefälschten?) Freibriefs eines süddeutschen Kaisers zur heutigen internationalen Handels-Metropole.

Es gIbt zwEI wEgE, das PrEIsrätsEl zu lösEn: Ratefüchse beantworten zuerst die beiden Fragen. Der zweite, dritte und vierte Buchstabe des ersten Lösungswortes sowie der zweite Buchstabe des zweiten Lösungswortes ergeben in der richtigen Reihenfolge die Lösung. Es geht aber auch einfacher: die grauen Felder im Kreuzwort­rätsel ergeben in der richtigen reihenfolge das lösungswort. Gesucht wird eine Künstlerin, die u.a. für ein spezielles Schulprojekt in Rahlstedt bekannt ist.

1 2 3 4 5 6 7

1 2 3 4

1 2 3 4 5 6 7

Foto

: bpK

/ b

enn

o W

un

Dsh

am

mer

Besuch in Paris im oktober 1954: die sPd-Politiker Herbert wehner, erich ollen-hauer, karl Mommer und der Gesuchte (v.l.)

Page 42: vorwärts Dezember 2012 - Januar 2013

42 Das allerletzte vorwärts 12/2012-01/2013

Wann das angefangen hat mit dem erb-feinde-Unsinn, weiß ich nicht. Wahr-scheinlich gleich mit dem entstehen der deutschen Nation. Das müsste im fins-tersten Mittelalter gewesen sein, um 800 herum, kurz nach Karl dem Großen, unserem Kaiser, dem Franken. Franken-reich klingt nach Frankreich, weshalb die Franzosen ihn ja auch als einen der ihren ansehen und Charlemagne nen-nen. Was dann wieder nach allemagne klingt, nach Deutschland.

also ist da doch was dran mit der erb-feindschaft. Denn ums erbe kann sich nur streiten, wer gemeinsame Vorfahren hat.

Wir sind mithin näher verwandt als man denkt. trotzdem sind wir so ver-schieden. als vor 50 Jahren der elysée-Vertrag geschlossen wurde, hatten De Gaulle und adenauer unterschiedliche Motive. In dem Vertrag ging es auch um Kultur und Bildung. Der französische Präsident konnte das mal eben unter-zeichnen. Der Kanzler musste erst mal föderal nachfragen, nicht in lille, aber in den Hauptstädten der elf Bundesländer. n

Französisch ist komisch. Da hören die Wörter einfach nicht auf. Das hat schon im Unterricht damals

genervt. Du sagst etwas, und dann kom-men da noch ganz viele Buchstaben, die zeigen die zeit an, das Geschlecht und wahrscheinlich auch noch den Kon-tostand. aber da war ich schon raus aus dem Kurs. soll sich noch mal jemand über die „awful german language“ beschweren, die fürch-terliche deutsche sprache, wie es Mark twain großartig gelang.

aber französisch klingt so verdammt gut. Maurice Chevalier ist einfach viel mehr als sein deutscher Kollege Mo-ritz ritter. Wenn in einem artefilm ein Mann französisch spricht, dann denke ich gleich, der hat die Nacht verbracht mit rotwein, Gauloises und einer tol-

len Frau. Dabei sitzt er im Finanzamt und möchte nur die Umzugskosten von der steuer absetzen. schon hat die Falle zugeschnappt, die mit den Vorurteilen. Hier der französische esprit, dort das germanische Grübeln im Grauen. Dieser

Gegensatz ist alt, nicht erst seit dem Krieg 1870/71 wird er gefördert.

an ihm mag auch etwas dran sein. Deutschland ist nicht Frankreich. Deutschland hat

kein Paris, dafür hat es viele lilles. Für die nicht Frankophilen: Paris ist diese Hauptstadt des 19. Jahrhunderts und die ewige stadt der liebe. lille, das ist da, wo die sch´tis wohnen, aus der Filmkomödie bekannt, eine Gegend, die der normale Franzose für eine Mischung aus eisen-hüttenstadt und sibirien hält, struktur-wandel auf Dauer.

seitwärts Haushaltsplanlos von David Füleki

Na, wer ist jetzt der Dumme, Herr

Buchhaltungs-Fuzzi? Und jetzt lassen Sie bitte den wütenden

Mob rein.

Dieses scheiß

Schlagloch vor unsrem Laden wird

auch immer größer!

Aber die mitAbstand seltsamste

und höchste Ausgabe floss in die Entwicklung und Anfertigung eines Katastrophenschutz-

anzugs.

Ich meine: Mehrere Millionen

für einen Prototypen, der vor allem schwe-ren Erschütterungen

standhalten kann?

Was haben Sie -

Wir leben hier nicht unbedingt

in einem Erd-bebengebiet.

Frau Kermel! Ich muss kurz stören!

Draußen wartet ein wütender Mob!

Was machen

die von der Gemeinde eigentlich mit unsrer

Steuer- kohle?

Frau Kermel, ich geh gerade den

Haushaltsplan durch und hier gibt es

einige Ungereimt-heiten. Die An-

schaffung einer Kronebeispiels-weise ...

Die hab ich mir aber

verdient!

Dann sind hier exorbitante Ausgaben für Drucker ver-

merkt.

Fünfmal so viele

Drucker wie die Gemein- de Mitarbei-

ter hat ...

In einer Gemeinde

wird halt viel gedruckt.Na und?

18_haushaltsplanlos.indd 1 26.11.12 12:24

Frankreichs esprit und deutschlands GrauenVorurteile Kennen Sie das? Wenn ein Mann im Film französisch spricht, denke ich gleich, der hat die Nacht verbracht mit Rotwein, Gauloises und einer tollen Frau. Dabei sitzt er im Finanzamt und möchte nur die Umzugskosten von der Steuer absetzen Von Martin Kaysh

IllU

StR

at

IoN

: ch

RIS

tIN

a B

Ret

Sch

NeI

DeR

Martin Kaysh ist Kabarettist, Alternativkarnevalist („Geierabend“) und Blogger. Er lebt im Ruhrgebiet, freiwillig.

»Ums Erbe kann sich nur streiten, wer gemeinsame Vorfahren hat.«Martin Kaysh

Page 43: vorwärts Dezember 2012 - Januar 2013

Die Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft (ddvg) informiert:zur aktuellen Lage der „Frankfurter Rundschau“ (FR)

Der Verlag der „Frankfurter Rundschau“ hat Insolvenz angemeldet. Diese Nachricht vom 13. November dieses Jahres hat Erschütterung ausgelöst. Das politische Deutschland vielleicht demnächst ganz ohne die FR!

Wie konnte es soweit kommen?

Im Frühjahr 2004 stieg die ddvg bei der FR ein. Zu diesem Zeitpunkt war der FR-Verlag faktisch pleite. Für uns, die ddvg, ging es jetzt darum, den FR-Verlag grundlegend zu sanieren, um eine kritische Stimme in der deutschen Medienlandschaft zu erhalten.

Die Sanierung des Verlags umfasste die Optimierung der Arbeitsabläufe ebenso wie die Modernisierung der Betriebsmittel. Es gab Schulungen zur besseren Qualifizierung der Mitarbeiter und es wurden neue Produkte geschaffen. Die Entwicklung des Internetangebots der FR und der FR-Shop sind Beispiele dafür. Die Sanierung erfolgte in enger Kooperation mit dem Betriebsrat.

Mitte 2006 kam als neuer Mehrheitsgesellschafter der Kölner Zeitungsverlag „M. DuMont Schauberg“ (MDS) hinzu.

Zusammen mit MDS bauten wir das Angebot an Digitalprodukten aus. Ferner stellten wir die FR auf ein kleineres, handliches Format um. Das brachte Kritik ein, kam jedoch gut an in der Frankfurter Region, wo es eine Vielzahl Pendler gibt.

Kurz: MDS und ddvg investierten eine Menge Geld in die FR. Randbemerkungen, die ddvg hätte Geld bei dem Engagement verdient und an die Parteikasse abgeführt, kommentieren sich selbst als dummes Geschwätz.

Die Sanierungsbemühungen waren zunächst erfolgreich: Bis August 2008 lag der Verlag auf Plan. Die Finanz-krise jedoch führte dann zu einem herben Rückgang des Anzeigengeschäfts.Erschwerend kam hinzu, dass sich die Medienwelt in einem tiefgreifenden Strukturwandel befindet: Neue Digitalprodukte kosten die gedruckten Medien Leser und – vor allen Dingen – Anzeigengeschäft. Das Ergebnis sind Umsatzeinbußen im zweistelligen Millionenbereich.

Durch all das gelang es letztendlich nicht, der FR wirtschaftlich eine langfristige Perspektive zu geben.Dabei stimmen wir keineswegs in den Abgesang der gedruckten Tageszeitungen ein. Die Tageszeitung hat Zukunft, sie wird jedoch in dem Medienangebot zukünftig eine andere Stellung einnehmen:

Weg von einem Massenprodukt, hin zu einem Zielgruppenmedium.

Ein Produkt, das dem Leser tiefgründige Hintergrundinformationen liefert, die Einordnung von Geschehnissen erleichtert und mit Kommentaren eine Orientierung gibt. Dieser Wandel jedoch braucht Zeit und diesen Weg werden nicht alle Tageszeitungen schaffen.

Die FR hat den Weg nicht geschafft: trotz des Engagements der Mitarbeiter, die zur Rettung der FR auf viel Lohn verzichteten, trotz der gewaltigen Investitionen der Gesellschafter, trotz der hohen redaktionellen Reputation der FR.

Die Geschäftsführung der ddvg

– Anzeige –

Page 44: vorwärts Dezember 2012 - Januar 2013

Ob für die Wirtschaft, für Privathaushalte oder unvergessliche Livekonzerte – wir liefern die Energie. Als einer der weltweit größten Erdgasversorger bieten wir Europa zuverlässige, kostengünstige Energie mit geringstmöglichen Umweltauswirkungen. So können alle Menschen das Leben in vollen Zügen genießen. Spüren Sie die Energie unter goodideas.statoil.com

EuropäischE LEidEnschaftAngetrieben mit norwegischem Gas