Vorlesungen über Funktionentheorie || Die komplexe Ebene
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ERSTER TElL
Die Grundlagen der Funktionentheorie
Erstes Kapitel
Die komplexe Ebene
1. Der Korper K der komplexen Zahlen. Bildet man das kartesische Produkt1 der reeilen Zahlengerade
(1.1) El:-oo<a<+oo,
deren Theorie hier als bekannt vorausgesetzt wird, mit sich selbst, so lieferl die entsprechende Bildung EI xEI die Ebene E2 (sprich: E zwei) der analytischen Geometrie, deren Punkte die geordneten Paare (a, b) (a, b E EI) sind.
Schreibt man fur (1.1) die Gleichung
(1.2) EI = {a I a reell} , so ist
(1.3) E2 = {(a, b) I a, b E EI} .
DefinitionsgemaB soilen zwei Elemente (a, b), (a', b') von E2 dann und nur dann gleich heiBen, wenn a = a' und b = b' gilt. In diesem Faile solI (a, b) = (a', b') geschrieben werden.
Innerhalb E2 definieren wir nun die (kommutativen) Operationen Addition und Multiplikation durch die Gleichungen
(1.4) (a, b) + (a', b') = (a + a', b + b')
und
(1.5) (a, b) . (a', b') = (aa' - bb', ab' + a'b) .
Zuerst folgt mit Rucksicht auf (1.4), daB aus
(1.6) (a, b) + (x, y) = (a, b) + (x', y')
stets (x, y) = (x', y') folgt. Diese Gleichung lieferl auch den Beweis dafiir, daB das Nullelement (0, 0) (kurz die Null) eindeutig definiert ist. Ferner folgt aus (1.7) (a, b) . (x, y) = (a, b) . (x', y') ,
1 Sind A nnd B zwei nichtleere Mengen, so besteht ihr kartesisches Produkt A X Bans allen geordneten Paaren (a, b), wo a E A nnd bE B ist. Im allgemeinen ist A X B nicht kommutativ.
Dinghas, Funktionentheorie
A. Dinghas, Vorlesungen über Funktionentheorie© Springer-Verlag OHG. 1961
2 I. Die komplexe Ebene
sofern (a, b) =1= (0, 0) ist, daB (x, y) = (x', y') ist, und somit die Giiltigkeit des Kurzungsgesetzes. Ein Spezialfall von (1.7) belehrt uns, daB neben (1,0) (der Einheit) kein Element (x, y) mit der Eigenschaft (a, b) • (x, y) = (a, b) fur alle Elemente von E2 existiert.
Was die Subtraktion und Division anbetrifft, so zeigen die Gleichungen
(1.8) (a, b) + (- a, - b) = (0, 0)
und
(1.9) ( a -b ). (a, b) . a'+b" a'+b2 = (1,0),
daB diese Operationen unter denselben Voraussetzungen wie im K6rper der reelIen Zahlen durchfuhrbar sind.
Def. Die Gesamtheit K aller geordneten Paare (a, b), innerhalb derer die Grundoperationen durch (1.4), (1.5) sowie (1.8), (1.9) definiert werden, soU der Korper der komplexen Zahlen heifJen.
Der Leser m6ge im AnschluB an diese Entwicklungen zeigen: 1. Die Operation Addition ist assoziativ, d. h. es gilt
{(a, b) + (a', b')} + (a", b") = (a, b) + {(a', b') + (a", b")} .
2. Die Multiplikation ist assoziativ, d. h. es gilt
{(a, b) . (a', b')} . (a", b") = (a, b) . {(a', b') . (a", b")} .
3. Es gilt das distributive Gesetz:
(a, b) . {(a', b') + (a", b")} = (a, b) . (a', b') + (a, b) . (a", b") .
Mit Hilfe von (1.4) und (1.5) wird
(1.10) (a, b) = (a, 0) . (1,0) + (b, 0) . (0, 1) .
Somit wird das Operieren mit geordneten Paaren (a, b) auf das Rechnen mit speziellen Paaren, namlich (a, 0), (1,0) und (0, 1), zuruckgefuhrt.
2. Der Karper der reellen Zahlen als Teilkorper von K. Isomorphe Darstellungen. Wir erinnern nun an die Definition der Isomorphie zweier K6rper K und K':
Def. Die Korper K und K' soUen isomorph heifJen, wenn zwischen den Elementen x von K und den Elementen x' von K' eine eineindeutige Zuordnung x _ x' hergesteUt werden kann, die bei den Operationen Addition und Multiplikation erhalten bleibt.
Mit anderen Worten: Gilt x H x' und y _ y', so ist
x + Y - x' + y'; x . y _ x' . y' .
Betrachtet man nun den K6rper
Kl = {(a, 0) I a E £l} ,
2. Der K6rper der reellen Zahlen als Teilk6rper von J( 3
so ist dieser offenbar zum Karper der l'eellen Zahlen isomorph. In der Tat zeigt die Zuordnung (a, 0) +-+ a leicht, daB aus (a, 0) +-+ a, (b, 0) +-+ b die Zuordnungen
(a + b, 0) +-+ a + b; (ab, 0) <-> ab
folgen, da nach (1.4) bzw. (1.5)
(a + b, 0) = (a, 0) + (b, 0); (ab, 0) = (a, 0) . (b, 0) gilt.
Da isomorphe Karpel' mathematisch v611ig aquivalent sind, kann nun (1.10) in der Form
(2.1) (a, b) = a + ib (i = (0, 1))
geschrieben werden. Das Element i = (0, 1) heiBt die imaginare Einheit von 1( und geniigt
wegen (0, 1)2 = (- 1, 0) der Gleichung i2 + 1 = 0. Die Elemente von 1(
nennt man komplexe Zahlen. Die beiden Komponenten a, b heiBen entsprechend Real- bzw. 1maginarteil von (a, b). 1st a = 0, so heiBt (a, b) rein imaginaL
Folgende isomorphe Darstellungen des Karpers 1( sind von grundlegender Bedeutung:
1. Man betrachte die Gesamtheit 1(' der Binome
(2.2) A = a + bx
mit reellen a, b, wobei x zunachst eine algebraische GroBe darstellen soIl. Zwei Binome A = a + b x und A I = a' + b' x sollen dann und nur dann gleich heiBen, wenn a = a' und b = b' gilt. Unterwirft man nun bei der Operation Multiplikation die GroBe x der Bedingung x 2 + 1 = 0, so erhalt man das Multiplikationsgesetz (1.5). Der Leser mage zeigen, daB unter Zugrundelegung dieser Bedingung die Gesamtheit 1(' eine lS0-
morphe Darstellung von 1( (mit der Zuordnung A +-+ (a, b)) liefert. 2. Die lineal'en Transformationen
(2.3) x' = ax- by
y' = bx + ay (kurz z' = T z)
ordnen dem Punkt z von E2 mit den Koordinaten x, y (kurz z(x, y)) den Punkt z' (x', y') zu.
Unter Komposition der linearen Transformation
(2.4) x" = a' x' - b' y'
y" = b' x' + a' y' (z" = T' z')
mit der Transformation (2.3) verstehen wir das Ergebnis des Einsetzens von (2.3) in die Gleichungen (2.4). Man erhalt dann
(2.5) x" = (a'a- bib) x- (a'b + ab' ) y
y" = (a ' b + ab' ) x + (a ' a - b' b) Y , 1*
4 I. Die komplexe Ebene
d. h. wieder eine Transformation von derselben Stmktur. Dieses Einsetzen driickt sich auch durch die Gleichung
(2.6) z" = T'(Tz) = (T'T) z = T"z
aus. Die Transformationen (2.3) haben noch folgende Eigenschaft:
Schreibt man in (2.4) x, y fUr x', y', so erhalt man
(2.7) x' + x" = (a + a') x - (b + b') y
y' + y" = (b + b') x + (a + a') y,
d. h. in symbolischer Form
(2.8) z' + z" = (T + T') Z.
Die Gleichungen (2.8) und (2.6) definieren innerhalb der Gesamtheit K" aller Matrizen
(2.9) (a - b) (a' - b') M = b a' M' = b' a" •.•
mit reellen a, b, a', b', ... die Matrizen
(2.10)
und
(2.11)
I (a + a' - b - b') M + M = b + b' a + a',
( aa' - bb' - ab' - a'b) M·M' -- ab' + a'b aa' - bb' ,
die wieder von derselben Stmktur wie die Ausgangsmatrizen sind. Der Leser mage nun nachweisen, daD die Zuordnung
(2.12) ( a - b) (a, b) <-> b a
eine isomorphe Abbildung von K" auf K (also auch auf K') und umgekehrt darstellt.
3. Nachfolgende Darstellung von Kist fUr die geometrischen Anwendungen der Funktionentheorie wohl die wichtigste. Sie geht von der Bemerkung aus, daD die Transformationen (2.3) in der Form
(2.13) (x', y') = (a, b) . (x, y)
geschrieben werden kannen und somit auch (bei entsprechender Definition der Gleichheit zweier Matrizen) in der Form
(2.14) (X' - Y') = (a - b) (X - Y) . y' x', bay X
Man schreibe jetzt fUr einen Punkt z = z(x, y) von E2
(2.15)
3. Elementare Geometrie der komplexen Ebene 5
und definiere die Operationen z + z' (Addition) und z· z' (Multiplikation) 1
durch die (vennoge der Zuordnung) entsprechenden Operationen von K". Somit kann ein Korper K"' (isomorph zu K, K' und K") konstruiert werden, dessen Elemente die Punkte z von E2 sind. Bei dieser Darstellung der komplexen Zahlen solI jede Zahl z durch einen Punkt P mit den Koordinaten x und y (dem Real- bzw. dem Imaginarteil von z) dargestellt werden. 1m fOlgenden wird oft Re z fiir x und 1m z fur y geschrieben werden. Die geometrische Darstellung der komplexen Zahlen durch die Punkte der Ebene der analytischen Geometrie und die geometrische Veranschaulichung der elementaren Operationen knupft sich historisch an die Namen von CASPAR WESSEL (1745-1818), ROBERT JEAN ARGAND (1768-1822), CARL FRIEDRICH GAUSS (1777-1855) und AUGUSTIN-LoUIS Baron CAUCHY (1789-1857). Da GAUSS und CAUCHY die beriihmteren unter ihnen sind, heiBt diese oft, je nach der vorzuziehenden Nationalitat, die GauBsche bzw. Cauchysche Ebene. 1m folgenden sprechen wir lediglich von der (komplexen) z-Ebene oder auch von der E-Ebene.
3. Elementare Geometrie der komplexen Ebene. 1st z = x + i y eine komplexe Zahl, so wird x - i Y als die zu z konjugierte Zahl definiert und im allgemeinen mit z bezeichnet. Die (nichtnegative) Zahl Izl = V x2+ )';2 heiBt die Nonn bzw. der absolute Betrag (kurz der Betrag) von z. Danach gilt Izl = Izl und (3.1) ZZ=X2+y2=lzI2.
1st z = x + i Y eine komplexe Zahl, so ist
und somit
(3.2)
z = r(~ + i 1])
z = r(cos f) + i sin f)) = r e (f))
mit ~ = cos f), 1] = sin f). 1st r > 0, so ist f) im Intervall - n ~ f) < n eindeutig definiert. Der Leser, der die Theorie der Exponentialfunktion und die klassische Eulersche Formel
(3.3) ei (1. = cos IX + i sin IX (IX reell)
kennt, kann aus (3.2) ohne weiteres die Darstellung z = rei {) ableiten. Hierbei ist f) modulo 2n definiert. Der Anfanger muB jedoch gleich gewarnt werden: So leicht auf den ersten Blick die Gleichung (3.3) erscheint, so schwierig ist es, den Winkel IX allgemein auf einfache Weise zu definiereno Aus diesem Grunde werden im folgenden die trigonometrischenFunktionen sin f), cos f) (- n ~ f) < n), soweit es notig ist, verwendet, jedoch solI die Funktion (Argument) f) erst spater genau definiert werden. Bis
1 1m folgenden wird, wie ublich, das Multiplikationszeichen in der Regel fortgelassen.
6 1. Die komplexe Ebene
dahin solllX in (3.3) den bekannten Winkel der analytischen Geometrie (- n ~ IX < n) darstellen.
Setzt man Zl = IZII ei!Y.', Z2 = IZ21 eiCl." so erhalt man
(3.4) und somit
(3.5) Entsprechend findet man
und
(3.6)
Es sei jetzt
gesetzt. Dann ist
und somit
(3.7) IZI + z21 = IZII cos (IXI - oc) + IZ21 cos (oc2 - oc) .
Diese Identitat zeigt, daB stets
(3.8)
gilt und daB das Gleichheitszeichen dann und nur dann eintritt, wenn ()(l = oc2 = ()( ist.
Mit Hilfe der Formeln
(3.9) x = -~~ (z + z), y = 21i (z - z)
sieht man: Jede reelle Beziehung zwischen x und y auf E geht in eine Beziehung
zwischen Z und z der komplexen Ebene tiber. Hat man insbesondere auf E die Kurve F (x, y) = 0, so erhalt man denselben Sachverhalt, wenn man in der z-Ebene die Gleichung
(3.10) F(~ (z+z),-~-(z-z))=O zugrunde legt.
Als Beispiele mage der Leser die beiden wichtigsten Falle, namlich Gerade und Kreis, studieren und ihre Gleichungen in der z-Ebene aufstellen.
4. Die Riemannsche Kugel und die Zahl z = 00. Man erweitere das rechtwinklige System der z-Ebene zu einem rechtwinkligen System des
I Hier ist eine Reduktion von IXI + IX2 auf das Intervall - n ~ IX < n nicht notwendig. da e;a; die Periode 2n hat.
4. Die Riemannsche Kugel und die Zahl Z = 00 7
Raumes £3 = * £1 und bezeichne mit ~, 'Yj, ~ (~= x, 'Yj = y) die Koordinaten eines Punktes von E3. Setzt man dann bei gegebenen Z = x + iy
x y Iz12 .. (4.1) T+Tzl2= ~, 1 + Izl2 = 'Yj, 1 +lzI2= s, so gilt , 1 )2 1 (4.2) ~2 + 'Yj2 -+- ('--2- = 4'
und somit liegt der Punkt P = (~, 'Yj, ') auf einer Kugel R mit dem Radius
~ urn den Punkt (0, 0, ~) . Der Studierende kann sofart bestiitigen,
daJ3 der Ubergang von Z zu dem Punkt P sich geometrisch dadurch bewerkstelligen Hi.J3t, daJ3 man den Punkt N(O,O, 1) (den "Nordpol" von R) mit Z durch eine Strecke verbindet und den Schnittpunkt dieser Strecke mit R nimmt. Diesen ProzeJ3 nennt man die stereographische Projektion von E auf R. Lost man das System (4.1) nach ~, 'Yj, ~ auf, so findet man leicht
(4.3) x= l-~ r' y=~ , 1 - \, (~=l=1),
und somit entspricht auch jedem Punkt P =t= N von Rein Punkt z von E. Die Gleichungssysteme (4.1) und (4.2) stellen so mit eine eineindeutige
Abbildung von E auf die in N punktierte Kugel R dar. Ui.J3t man sich nun von dem Gedanken leiten, jedem Punkt von R (also auch N) einen Punkt der z-Ebene zuzuordnen, so muJ3 man diese durch ein Element ergiinzen, das von allen bisher betrachteten geordneten Paaren mit endlichen Komponenten verschieden ist. Wir wiihlen fUr dieses (abschlieBende) Element die Bezeichnung z = 00 bzw. Zoo (lies: z unendlich) und nennen es oft den unendlich fernen Punkt der komplexen Ebene. 1st z = 00, so wird Izl = 00 gesetztl. Vom Standpunkt der Zahlenpaare aus bedeutet die EinfUhrung z = 00 die Ergiinzung der Gesamtheit der Zahlenpaare durch solche mit mindestens einer unendlichen Komponente und zugleich die Zusammenfassung aller solchen Zahlenpaare zu einem einzigen Element von K. Der Anfiinger solI jedoch gleich bei der Anwen dung der elementaren Operationen auf uneigentliche Paare zur Vorsicht gemahnt werden, da diese Operationen zuniichst nur fUr eigentliche geordnete Paare aufgestellt wurden. Folgende Rechenregeln fUhren zu keinem Widerspruch zu den aufgestellten Gesetzen von K:
1. a + Zoo = Zoo -+- a = Zoo
2. Zoo + Zoo = Zoo
3. a Zoo = Zoo a = Zoo
4. ~=O Zoo
(a E E)
(a E E, a =t= 0)
(a E E) .
1 Der Anfiinger darf das Symbol z = 00 mit den abschlieI3enden Elementen - 00 und + 00 von E1 nicht verwechseln. Dagegen hat die rechte Seite der Gleichung IZool = 00 die iibliche Bedeutung.
8 I. Die komplexe Ebene
Die Ausdriicke Zoo - Zoo, 0 . Zoo und ~ haben wie im Reellen keinen Zoo
Sinn und werden in Spezialfallen, falls moglich, durch Stetigkeits-betrachtungen ausgewertet werden.
Eine rechnerische Erfassung von Z = 00 liefert die Inversion. Als solche wird die Operation bezeiehnet, welche jedem Punkt Z (z =l= 0) von E durch die Gleiehung z* z = 1 einen Punkt z* E E zuordnet. Man erweitert nun diese Operation auf z = 0, indem man die Verabredung trifft, daB dem Punkt z = 0 der Punkt Zoo als inverser Punkt entsprechen soll. Durch diese Zuordnung kann ein Sachverhalt im Punkt Zoo auf den Punkt z = 0 zuriickgeflihrt werden. Jedoch werden oft auch in solchen Fallen Stetigkeitsbetrachtungen herangezogen werden.
Die Kugel R wurde im Zusammenhang mit tieferen Untersuchungen, von denen spater ausflihrlicher die Rede sein wird, zunachst von BERNHARD RIEMANN (1826-1866) eingefiihrt und heiBt oft die Riemannsche Kugel. Manchmal wird sie auch die komplexe Kugel genannt.
Die durch den Punkt Zoo (bzw. z = 00) erganzte komplexe Ebene wird die volle komplexe Ebene genannt und oft mit iff bezeichnet. Dagegen wird die durch die Zahl z = 00 erganzte Gesamtheit der komplexen Zahlen wieder mit K bezeiehnet. 1m folgenden soll z, falls allgemein die Rede von komplexen Zahlen ist, stets eine endliche Zahl bedeuten. Der Sonderfall eines nicht endlichen z wird entweder durch das Zeiehen Zoo oder durch Hinzufligung der Gleiehung z = 00 hervorgehoben.
5. Gruppen. Lineare Transformationen. Flir die spateren Entwicklungen ist es von grundsatzlicher Bedeutung, den in 2. eingeflihrten Isomorphiebegriff zu erweitem und durch eine Reihe wichtiger Begriffsbildungen zu erganzen.
Def. Unter einem abstrakten Raum S wird eine Gesamtheit von Objekten, der Elemente von S, verstanden. 1st a ein Objekt, so schreiben wir a E S oder a ~ S,je nachdem a zu S gehih-t oder nicht.
Die hier in Frage kommenden Raume sind Raume, deren Elemente a
mathematische Begriffe sind. Flir einen Raum wird auch oft die Bezeiehnung Menge, Familie und Klasse verwendet. Die Zusammenfassung von Elementen zu einem (abstrakten) Raum wird im folgenden durch die Gleichung
(5.1) S={aIP(a)}
zum Ausdruck gebracht. Dabei bedeutet P(a) eine Aussageform, welche die Zugehorigkeit von a zu S siehert. Manchmal wird flir die rechte Seite von (5.1) auch {a I a E S} geschrieben.
5. Gruppen. Lineare Transformationen 9
Zwei Raume A, B heiBen gleich, wenn aus a E A a E B folgt und umgekehrt.
Folgt aus a E A stets a E B, so heiBt A ein Teilraum von B. Wir schreiben dann A ~ B (A enthalten in B oder gleich B) und A C B (A ein echter Teil von B), wenn ein a E B existiert, das kein Element von A ist.
DeC. Existiert eine biniire Operation 0, welche zwei Elemente a, b von S derart verknupft, daf3
1. a 0 b in S liegt und 2. (a 0 b) 0 c = a 0 (b 0 c)
gilt, so heif3t Seine H albgruppe. 1st die Operation a 0 b kommutativ (also a 0 b = boa), so heiBt S
eine kommutative bzw. eine abelsche (nach NIELS HENRIK ABEL, 1802-1829) Halbgruppe.
Der. Eine Halbgruppe wird eine Gruppe genannt, wenn es 1. ein Element e gibt derart, daf3
(5.2) aoe=eoa=a
fur alle a E S gilt und 2. zu jedem a E S ein Element a' von S existiert mit der Eigenschaft
(5.3) a 0 a' = a' 0 a = e .
Fur das Element a' schreibt man dann a-I und nennt es das zu a inverse Element.
Sind S und S' Gruppen und gilt S' C S, so heiBt S' eine Teilgruppe von S.
Der. Eine OPeration T, die jedem Element a von S eindeutig ein Element a' eines Raumes S' zuordnet, heif3t eine Abbildung von S auf S'.
1st die Abbildung a --* T a E S' umkehrbar eindeutig (also a' --* a E S eine eindeutige Operation), so heiBt T eine Transformation. Wir schreiben dann S'= T(S) und S= T-I(S'). Die Operation T-I heiBt dann die zu T inverse Transformation.
1st S = S' und T eine Transformation, so heiBt T ein Automorphismus von S.
Automorphismen fuhren durch Komposition zu Gruppenbildungen. Es bedeute in der Tat G den abstrakten Raum aller Automorphismen von S. Da die identische Transformation a +-+ a ein Automorphismus ist, so enthalt G mindestens das Einheitselement.
Es seien nun a' = T a, b' = T' b (a, a', b, b' E S)
zwei Automorphismen von S. Man setze a" = T' ai, Dann liefert die Zuordnung a +-+ a" einen Automorphismus Til von S, den wir mit
10 1. Die komplexe Ebene
Riicksicht auf die Gleichungen a" = T' (T a) = T" a als die Komposition T' 0 T von T' und T bezeichnen. Der Leser mage nachpriifen, daB hier alle vier Gruppenforderungen erfiillt sind.
Eine wichtige Klasse von Automorphismen von Iff liefem die linearen Transformationen
(5.4) , az + b z=Tz=---cz + d
mit endlichen, komplexen oder reellen a, b, e, d und einer von Null verschiedenen Determinante ad-be. Hierbei sollen den Punkten z=-dje und z = 00 die Punkte z' = 00 und z' = alc zugeordnet werden und entsprechend bei der inversen Abbildung
(5.5) , - dz' + b z = T-IZ = ----
cz' - a
den Punkten z' = ale und z' = 00 die Punkte z = 00 bzw. z = -dje. DefinitionsgemaB werden zwei Transformationen z' = T z und -
(5.6)
gleich genannt, wenn
z" = T' z = _.a' z + b'_ e'z + d'
a = ./la', b = ./lb', c = ./lc', d = ./ld'
mit einem endlichen ./l =l= 0 gilt.
(a'd' - b' c') =to 0
Kombiniert man die Transformation (5.6) mit der Transformation (5.4), indem man in (5.6) z durch z' ersetzt, so erhalt man die lineare Transformation
(5.7) (a' a + b' c) z + a' b + b'd a" z + b" z" = (T' T) z = = ---;-:---:--:-; (e'a + d'e) z + e'b + a'd e"z + d" .
Man bestatigt leicht die Gleichung
a" d" - b" c" = (a'd' - b' c') (ad - bc) .
Wir definieren nun innerhalb des Raumes 5, der aus allen Matrizen von der Form
(5.8) (ad - be =l= 0)
besteht, Aquivalenzklassen, indem wir zwei Matrizen
(dann und nur dann) als aquivalent (kurz gleich) bezeichnen, wenn ein endliches ./l =l= 0 existiert derart, daB
gilt.
6. Metrisierungsfragen. Bewegungen der komplexen Ebene 11
Es bezeichne nun {(: !)} die durch die Matrix (5.8) erzeugte Aqui
valenzklasse. 'Vir schreiben M, M', M" fUr die Aquivalenzklassen
und erhalten mit Hilfe von (5.7) das Kompositionsgesetz
(5.9) M" = M' 0 M .
Dieses Kompositionsgesetz der Aquivalenzklassen ist im allgemeinen nicht kommutativ.
Der Raum 5 der Aquivalenzklassen von 5 bildet, wie man leicht fest
stellt, eine Gruppe. Das Einheitselement von 5 wird gegeben durch die Aquivalenzklasse
(5.10) {(~ ~)} und die zu einer gegebenen Klasse M inverse Klasse durch die Klasse
(5.11) J(-d b)}. l c - a
6. Metrisierungsfragen. Bewegungen der komplexen Ebene. 1st z E E und E (lEI = 1) eine Einheitszahl, so stellt die Transformationsgruppe
(6.1) w=ez+a (aEE)
euklidische Bewegungen (d. h. Rotationen und Verschiebungen) dar. Nennt man WI ,1£'2 die mit Hilfe von (6.1) transformierten Punkte von Zl' Z2' so ist (6.2)
Den Ausdruck iZl- z21 (zv Z2 E E) nennen wir die gewohnliche (oder auch die Cauchysche) Entfernung von ZI und Z2' Sie ist eine Invariante gegentiber allen euklidischen Bewegungen von E. Setzt man allgemeiner
(6.3) az - b
1£'= Tz=---'" Kbz + a
mit einem reellen K ~ 0, so kann man zeigen:
(ail + Kbb > 0)
1. Die Gesamtheit A aller Transformationen von der Form (6.3) bildet bei konstantem Wert von K eine Gruppe.
2. Es existiert ein Ausdruck Izv z2i, der sich gegentiber allen Transformationen von A im Sinne von (6.2) invariant verhaIt.
In der Tat Iiegt zuerst wegen i'iz+ b (6.4) 1£'= T-1z = -----
- Kbz + a
die inverse Transformation von (6.3) in A. 1st ferner
I , a'z - h' w = T Z= Kb':;+i'i'
12 I. Die komplexe Ebene
eine zweite Transformation aus A, so ist
" (a'a - Kbb') z - (a'b + ab') a"z - b" T Z= --=-----K(b'a + a'b) z + (aa' - Kb'b) Kb"z + a"
mit Rucksicht auf die Gleichung
(6.5) a" a" + K b"b" = (a' a' + K b'b') (aa + bb)
ebenfalls eine Transformation aus A. Es sei jetzt
(6.6) S = {z I Z E E, 1 + K IzI2 > O} . Dann gilt
IKbZ + al > 0
und somit sind die Transformationen (6.3) wegen
_ (1 + ICzz) (au + I<bb) (6.7) 1 + Kiwis = 1 + Kww = -- II(bz + al2 ----
Automorphismen von S. Man setze jetzt
(6 ) I I IZl - z.1 .8 zl> Zs = VI + K IZ111 VI + K IZ212
und (fur K > 0)
(6.9)
Dann kann man mit Hilfe von (6.7) und der Gleichung
(6.10)
(Z E S) ,
zeigen, daB der Ausdruck IZI' zsl (Zl' Zs E S) gegenuber allen Automorphismen (6.3) im Sinne der Gleichung
(6.11)
invariant ist. Fur den Fall K = 1, in dem [ZI' zs] fur IZl> zsl geschrieben wird, kann
man leicht eine geometrische Deutung dieser GroBe geben. Es bezeichnen in der Tat PI bzw. P s die Punkte auf R, die man aus Zl bzw. Zs durch stereographische Projektion erhalt. Dann zeigt eine elementare Rechnung, daB [zl> Z2] gleich der Lange PIPS der Strecke ist. Mit Hilfe dieser Deutung mage der Leser noch beweisen:
Sind ZI' zs, Za drei beliebige Punkte von E, so ist stets
(6.12) [zl> Z2] ~ [zl> Z3] + [Z2' za] .
Die GroBe [Zl> zs] bezeichnen wir im folgenden als die Ostrowski-Ahlforssche Entfemung von zl> zS' Sie ist stets ~ 1 und insofem allgemeiner als die Cauchysche Entfemung IZI - Z2!' als sie die volle komplexe
7. Bemerkungen und historische Zusammenhlinge 13
Ebene metrisiert. Dabei versteht man allgemein unter der Metrisierung eines (nichtleeren) Raumes A die Angabe einer nichtnegativen Funktion d(a, b) (a, b E A) mit den Eigenschaften:
1. d(a, a) = 0, 2. d(a, b) = d(b, a) > 0 (a =1= b), 3. d(a, b) ;:;;; d(a, c) + d(b, c) (a, b, c E A). Die Metrisierung von iff durch [zl> Z2] weist neben den hier angefuhrten
drei Eigenschaften noch die Invarianzeigenschaft gegenuber den Transformationen (6.3) auf und gestattet somit die Einfuhrung des Begriffs der Entfemung. Jedoch ist auch dieser Entfemungsbegriff gegenuber IZl- z21 unvollkommen, da er den Begriff der Geraden nicht aufdrangt und somit das bekannte Axiom der euklidischen Geometrie, daB fUr drei Punkte Zl> Z2' Za auf einer Geraden bei geeigneter Anordnung IZI - z21 = IZI - zal + IZa - z21 gilt, nicht kennt. Eine Entfemung (unter Abanderung des Begriffs der Geraden), die man aus den vorherigen Entwicklungen fur die Gruppe A konstruieren kann, sei hier kurz angefUhrt:
Es bedeute A (x) die Funktion
(6.13)
Dann definiert die Gleichung
:J;
J dt
1 +Kt2
o
(6.14) d (zl> Z2) = A (11 ~ ~;:Zl I)
(1 + Kx2 > 0).
eine Metrik in 5, bei der die Rolle der Geraden der euklidischen Ebene von geeigneten Kreisen von 5 ubernommen wird.
Wir kommen im Kap. 8 auf diese Frage zurUck.
7. Bemerkungen und historische Zusammenhange. Historisch gesehen geht die erste Anwendung der komplexen Zahlen auf Probleme der hOheren Mathematik auf JOHANN BERNOULLI (1667-1748) zurUck. Der Studierende, der meist seine Kenntnisse fertig aufaxiomatische Art vorgesetzt erhaIt, kann sich schwer ein Bild von den Schwierigkeiten verschaffen, welche die groBen Meister der Analysis bei der Einfuhrung der komplexen Zahlen zu uberwinden hatten. Er findet manches in der Korrespondenz von LEONHARD EULER (1707-1783), dem man eine Reihe genialer Entdeckungen verdankt, mit JOHANN BERNOULLI und NIKOLAUS BERNOULLI (1687-1759). Eigentlich ist JOHN WALLIS (1616-1703) wohl der erste Mathematiker gewesen, der in seiner Algebra (Oxford, 1685) einen emstzunehmenden Versuch untemahm, die komplexen Wurzeln einer quadratischen Gleichung auf einer Ebene darzustellen. Ein groBerer Erfolg beim Aufbau einer Vektoralgebra der komplexen Ebene (der intuitiv die richtigen Verhaltnisse bei der Definition der Multiplikation erfaBt), war dem in ]OSRUD in Norwegen 1745 geborenen Geodaten (eigentlich Oberfeldmesser) CASPAR WESSEL
14 I. Die komplexe Ebene
beschieden. Seine im Jahre 1797 in den Sitzungsberichten der Danischen Akademie gedruckte Arbeit (Om Directionens analytiske Betegning) wurde jedoch vergessen und erst nach mehr als 90 Jahren wieder entdeckt und in franzosischer Sprache publiziert. Neben CASPAR WESSEL ist einerseits JEAN ROBERT ARGAND (1768-1822), andererseits CARL FRIEDRICH GAUSS (1777-1855) zu erwahnen. In der Argandschen Abhandlung (Essai sur une maniere de repn§senter les quantites imaginaires dans les constructions geometriques, 1806) werden (ohne Kenntnis der Wesselschen Arbeit) die Operation en Addition und MuItiplikation mehr oder weniger begrundet und eine Reihe von komplexen Identitaten behandeIt. GAUSS' Abhandlung: Theoria residuorum biquadraticorum, commentatio secunda (GesammeIte Werke, Bd. 2) tragt wesentlich dazu bei, das Rechnen mit den komplexen Zahlen durchzusetzen und das MiBtrauen der Mathematiker gegenuber dem Gebrauch des Komplexen (mehr oder weniger) zu beseitigen. GAusS' Gedanken uber komplexe Zahlen gehen hochstwahrscheinlich bis in die Zeit seiner Dissertation aus dem Jahre 1799 zuruck. Seine Darstellung hat gegenuber der eingeschlagenen Methode seiner Vorganger den Vorteil, daB hier die komplexen Zahlen als Punkte von E2 (und nicht als Vektoren) definiert werden. Das wichtige abschlieBende Element von K, der Punkt Zoo, fehIt bei GAUSS ebenso wie bei seinen Vorgangern. Erst RIEMANNs Einfiihrung der komplexen Kugel R hat die Notwendigkeit der Verwendung dieses Elements von K plausibel und anschaulich gemacht.
Die Arithmetisierung der komplexen Zahlen durch die Schaffung der Zahlenpaare (x, y) geht auf WILLIAM ROWAN HAMILTON (1805-1865) zuruck. Die isomorphe Darstellung 2, d. h. die Verwendung von Matrizen
der Form (: -!), ist in einem Lehrbuch anscheinend zuerst von
COPSON verwendet worden. Alle diese verschiedenartigen Einfiihrungen der komplexen Zahlen munden ein in die geometrische Darstellung von K durch die komplexe Ebene, die in den 160 Jahren, die seit CASPAR WESSELS Arbeit verflossen sind, von ihrem Zauber und ihrer Vvichtigkeit kaum etwas eingebuBt hat.
Die Bezeichnung der imaginaren Einheit mit i ist von EULER (1777) eingefiihrt worden, wird aber erst durch GAUSS (1801) Gemeingut der Mathematiker.
In Zusammenhang mit dem abstrakten Gruppenbegriff sind hier an erster Stelle die Namen von GALOIS, ABEL und LIE sowie auch KLEIN zu nennen.
Diese kurzen Hinweise sollen dem Anfanger klar vor Augen fiihren, wie langsam oft die Entwicklung mathematischer Begriffe vor sich geht, und welch groBer Gedankenarbeit es bedurfte, bis diese die uns heute gelaufige Form angenommen haben.
4. Spezielle Gruppen 15
Erganzungen und Aufgaben zum ersten Kapitel 1. Die Formel von MOIVRE. Man zeige durch Induktion (ohne Heran
ziehung der Theorie der Exponentialfunktion), daB e({})n = e(n{}) (n ganz) gilt. [Diese Formel geht inhaltlich auf ABRAHAM DE MOIVRE (1667-1754) zurUck.]
2. Gleichungen elementarer Gebilde. Mit Hilfe der in 3. gegebenen Formel zeige man, daB die Gleichung einer Geraden in der komplexen Ebene die Form (iz + az + y = 0 (y reell) hat. Die dazu senkrechten Geraden haben die Gleichung (iz - az + ib = 0 (b reell).
Die Gleichung azz + (iz + az + y = 0
solI einen reellen Kreis darstellen. 'Welcher Bedingung unterliegen die Parameter (J.., y und a?
3. Das Doppelverhaltnis von vier Punkten. Man setze fUr die vier voneinander verschiedenen Punkte z1> Z2' Z3' Z4
und
Wird dann (Z1> Z2' zoo) = 1 .
( ) ~,~~ Zl' Z2' Z3' Z4 =~: i~:~J-
definiert, so zeige man, daB stets
(TZl' Tz2 , Tz3, Tz4) = (Z1> Z2' Z3' Z4)
gilt, sofern Tz eine line are Transformation mit nicht verschwindender Determinante darstellt. Der Ausdruck (Zl' Z2' Z3' Z4) heiBt das Doppelverhaltnis der vier Punkte Z1> Z2' Z3' Z4'
Man beweise: a) Liegen Zl' Z2' Z3' Z4 auf einem Kreis (oder auf einer Geraden), so ist
(Z1> Z2' Z3' Z4) reell. b) Es seien Z1> Z2' Z3 drei voneinander verschiedene Punkte von E.
Sind W1> W 2, W3 ebenfalls voneinander verschieden, so gibt es eine lineare Transformation W= Tz derart, daB Wk= Tzk(k= 1,2,3) gilt. Die gesuchte Transformation wird durch die Gleichung
gegeben.
4. Spezielle Gruppen. Man zeige, daB folgende line are Transforma-tionen eine Gruppe bilden: .
Die Familie aller linearen Transformationen
az + b w=---cz + d
(ad - be =F 0)
16 1. Die kornplexe Ebene
a) mit reellen a, b, c, d, b) mit reellen a, b, c, d und ad - be = 1, e) mit reellen a, b, c, d und ad - be> O.
Man beweise, daB die linearen Transformationen
W= ±z, 1 .z+1 z+i
w=±-;, w=±~~, W=±z_i und
z-i . z-1 w=±z+i' w=±~~
eine Gruppe (die sog. Tetraeder-Gruppe) bilden. Die unter e) genannte Gruppe hat die Eigensehaft, die obere Halb
ebene (Im Z > 0) auf die obere Halbebene abzubilden. Beweis?
5. Drehungen der Riemannsehen Kugel. Es sei
az - b W = bz + ii
und es seien Zv Z2 die beiden Wurzeln der Gleiehung
bz2 - (a - li) Z + b = 0 .
(ali + bb > 0) ,
Die beiden Punkte ZI> Z2 heiBen Fixpunkte der Transformation und weisen folgende Eigenschaft auf: Man verbinde ZI> Z2 mit dem Nordpol der Riemannschen Kugel R und bezeichne mit PI> P 2 die entsprechenden Punkte auf R. Dann ist die Strecke PI' P 2 ein Durchmesser von R, und die Transformation laBt sich durch eine Drehung von R urn PI P 2 (und anschlieBende stereographische Projektion) bewerkstelligen. Beweis?
6. Bewegungen des Einheitskreises. Man studiere die line are Transformation
( 1) z - zo
W = W (z) = -c-1-='zo'-z (0 < IZol < 1)
und zeige, daB sie einen Automorphismus von Izi ;£; 1 darstellt. Dabei sollen beim Beweis neb en der Eindeutigkeit von (1) und ihrer inversen Transformation
(2)
nur noch Stetigkeitsbetrachtungen herangezogen werden. (Anleitung. Man beginne damit, daB Izi = 1 und Iwi = 1 eineindeutig
aufeinander abgebildet werden. Ist dann Zl ein Punkt mit IZII < 1, so kann fur WI = W(ZI) nicht IWII ~ 1 gelten.)
7. Wurzeloperationen. Ist Z =i= 0, 00 und n eine ganze Zahl > 0, so gibt es genau n Punkte Zoo •••• Zn-I mit der Eigenschaft, daB z~ = Z
(k = 0, 1, 2, ... , 12 - 1) ist. Setzt man
(1) z=lzlei {} (0;£;f}<2n),
II. Topologie der komplexen Ebene 17
so kann man die Zk durch die Gleichungen
. (fl k 2") (2) Zk = Vizi e' n + iI- (k = 0, 1, ... , n - 1)
bestimmen. Allgemein liefem die Zahlen i
(3) "v-- --(fI+ 2""'k) Cn = Izl en (k = 0, 1, ...• n - 1) ,
wobei je zwei !Xk, !X! ganz und flir k =l= 1 inkongruent modulo n sind, die 1
Gesamtheit aller n-ten Wurzeln von z. Wir schreiben dann C = z-n und verstehen darunter irgendeine der n n-ten Wurzeln von z.
Zweites Kapitel
Topologie der komplexen Ebene. Die Cauchysche Konvergenztheorie. Stetige Abbildungen
8. Grundlegende Begrillsbildungen. Es bedeute K die Gesamtheit aller komplexen Zahlen und A eine Teilmenge von K. Dann schreiben wir ahnlich wie vorhin
(8.1) A = {a I P(a)}
und stellen die Zahlen a durch Punkte von iff dar. Dabei kann es vorkommen, daB verschiedene Elemente von A durch denselben Punkt von iff reprasentiert werden. 1st die Zuordnung zwischen den komplexen Zahlen a von A und den Punkten von iff eine 1 - 1 Zuordnung, so sprechen wir von einer (schlichten) Teilmenge A von iff!.
Folgt aus der Aussage a E A stets die Aussage a E B (wir sagen kurz, die Aussage a E A impliziere die Aussage a E B, und schreiben a E A -+
-+ a E B), so nennen wir A eine Teilmenge von B und schreiben A ~ B (oder auch B ~ A). Gilt A ~ B und B ~ A, so sind A und B gleich. Die Menge A ist eine echte Teilmenge von B, wenn ein a E B existiert derart, daB a ~ A (d. h. a kein Element von A) gilt. 1m allgemeinen braucht flir zwei Mengen A und B weder A ~ B noch B ~ A zu gelten. Sind zwei Mengen A und B nicht gleich, so schreiben wir A =l= B. Die Menge, die kein Element (im vorliegenden Fall keine komplexe Zahl) enthaIt, heiBt die leere Menge und wird durch 0 bezeichnet. Die leere Menge ist als Teilmenge in jedem A enthalten. Schreibt man namlich die Implikation a E A -+ a E B in der gleichwertigen Form a ~ B -+ a ~ A, so gilt 0 ~ A flir jedes A, denn die Implikation a ~ A -+ a ~ 0 ist stets richtig.
1st A eine Teilmenge aus K, so wird die Menge A', die aus allen Zahlen besteht, die nicht in A enthalten sind, die zu A komplementare Menge
1 Die Zuordnung zwischen den Punkten von it und den komplexen Zahlen ist natiirlich stets eineindeutig.
Dinghas, Funktionentheorie 2