Vorlesung: Bestandsbetreuung – Grundlagen 8. Semester 2006.

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Vorlesung: Bestandsbetreuung – Grundlagen 8. Semester 2006

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Vorlesung:

Bestandsbetreuung – Grundlagen

8. Semester 2006

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Definition

Tierärztliche Tätigkeit, die den Gesundheitszustand und die Leistungsfähigkeit des Bestandes/ der Herde als Zielgröße hat.

Abzugrenzen von der tierärztlichen Tätigkeit am Einzeltier bei der der Gesundheitszustand und die Leistungsfähigkeit des Einzeltieres als Zielgröße gelten.

Unterschiede:- Einzeltiererkrankung als „Einzeltierschicksal“

Beispiel: Torsio uteri (Gebärmutterverdrehung)- Einzeltierschicksal als Indikator für die Bestandsgesundheit

Beispiel: Mastitis (Euterentzündung)

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Klinische Erkrankung

Subklinische Erkrankung

Kompensierte Störung – aber Leistungsreduktion

Abort

Embryonale Resorption

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„Leistungsreduktion“ im Schweinebestand - Wurfzahl - Wurfgröße - Anzahl der geborenen Ferkel - Anzahl der lebend geborenen Ferkel - Anzahl der abgesetzten Ferkel - Körpermassezunahmen

„Leistungsreduktion“ im Milchviehbestand- Milchmenge- Milchinhaltsstoffe- Fruchtbarkeit- Nutzungsdauer

„Leistungsreduktion“ im Mutterkuhbestand- Fruchtbarkeit- Gewichtszunahmen des Kalbes

Anstatt der klinischen Erkrankung stellt sich die Leistungs-reduktion in den Vordergrund.

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Unterschiedliche Stufen der Bestandsbetreuung

- Isolierte Tätigkeit in der Prophylaxe von Erkrankungen (Impfprogramme, Entwurmungen)

- ProblembestandsbetreuungDiagnostik, Interpretation und Problemlösung, wenn ein Mangel auftritt (Aborte, Umrindern, Festliegen)Ist der Mangel behoben, endet die Betreuung.

- Integrierte Tierärztliche Bestandsbetreuung (ITB) Einbindung des Tierarztes in den Produktionsprozesskontinuierliche Überwachung der Gesundheit und der Leistung

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- regelmäßiger Bestandsbesuch- regelmäßiger Datentransfer- Einbindung in die landwirtschaftlichen Motive der Nutztierhaltung

Kurative Praxis

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Durch die integrative Einbindung des Tierarztes in den Produktionsprozess erweitert sich die gesellschaftliche Bedeutung (und das Konfliktpotential in) der tierärztlichen Tätigkeit.

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Bestandsbetreuung - Einzelfaktoren

- Definition der Bestandsgesundheit/-leistung

- Einflussfaktoren auf die Bestandsgesundheit/-leistung- Beschreibung- Wechselwirkungen

- Daten zur Beurteilung der Bestandsgesundheit/-leistung- Erfassung- Auswertung- Interpretation- Richtwerte - Beschreibung

- Wechselwirkungen

- Praktisches Vorgehen- Diagnostik/Gesundheits- und Leistungsüberwachung- Therapie/ Prophylaxe

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Grundregeln der Integrierten Tierärztlichen Bestands- betreuung (ITB)

1. Strategisches Vorgehen

2. Konsequenzprinzip

3. Betriebsspezifität

4. Eignung des Tierarztes

5. Kurative Praxis und Integrierte Tierärztliche Bestandsbetreuung müssen gleichrangig sein

(Kruif, Mansfeld, Hodemaker 1998)

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Tiergesundheit/ Leistung- Milchleistung/Eutergesundheit- Fruchtbarkeitsleistung

- Mastleistung

Da zwischen den willkürlich festgelegten Gesundheits-/Leistungsbereichen Wechselwirkungen bestehen, entwickelt sich in der Regel eine polyfaktorielle Betrachtungsweise.

Beispiele: - Erhöhte Rate an Respirationserkrankungen – schlechte Körpermassezunahmen- Schlechte Klauengesundheit – schlechte Fruchtbarkeit

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Tiergesundheit/ Leistung

Stoffwechselstörung

Milchleistung Fruchtbarkeit

- -

Milchleistung Fruchtbarkeit -

Nicht unbedingt, nur die Anforderungen an Fütterung, Haltung und Management werden höher

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Zusammenhang zwischen Puerperalstörungen

Hypocalcämie

Labmagenverlagerung

OR = 3,2 Retentio secundinarumDystokie

Endometritis

MetritisKetose

OR = 4

OR = 5 OR = 6

OR = 3,4 OR = 8,9

Odds Ratio (OR): relative Chance für das Ereignis bei Vorhandensein des Faktors im Vergleich zum Nicht-vorhandensein des FaktorsDa die Odds Ratio ein Verhältnis beschreibt, bedeutet „kein Unterschied“ eine Odds Ratio von 1. Ein Wert > 1 beschreibt ein Risiko für ein Ereignis, ein Wert < 1 beschreibt einen „Schutz“ vor einem Ereignis.

zitiert nach Heuwieser und Drillich, 2003

OR = 6,5

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Was ist Fruchtbarkeit bei der Milchkuh?

- Die Kuh muss nach der Geburt in den Zyklus kommen.- Die Kuh muss zeitgerecht besamt werden.- Es muss zur Befruchtung kommen.- Der Fetus darf während der Trächtigkeit nicht absterben.- Geburt ohne Komplikationen - Nachgeburtsphase ohne Komplikationen

Milchleistung: - Menge - Inhaltsstoffe

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Tiergesundheit/ Leistung

Management- Fachliche Qualifikation- Charakterliche Eigenschaften- Kenntnisstand- Motivation

Haltung- Fläche- Boden- Gebäude- Stallklima

Fütterung/Tränke- Quantität- Qualität- Fütterungstechnik

Genetik/Abstammung- Erblichkeit von Eigenschaften

(Heritabilität)- Wechselwirkungen Genetik-

Umwelt

Infektionen- Bakterien- Pilze- Viren- Parasiten

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Bestandsbetreuung

- Definition der Bestandsgesundheit/-leistung

- Einflussfaktoren auf die Bestandsgesundheit/-leistung- Beschreibung- Wechselwirkungen

- Daten zur Beurteilung der Bestandsgesundheit/-leistung- Erfassung- Auswertung- Interpretation- Richtwerte - Beschreibung

- Wechselwirkungen

- Praktisches Vorgehen- Diagnostik/Gesundheits- und Leistungsüberwachung - Therapie/ Prophylaxe

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Daten zur Beurteilung der Bestandsgesundheit/-leistung

- Notwendig für die Beschreibung des Ist- und Sollzustandes

Unterscheide:- Betriebsdaten- Tierdaten

- Leistungsdaten: - Zunahmen - Milchmenge

- gesundheitsrelevante Daten: - Abgänge- Anteil der Tiere mit einer bestimmten Krankheit

- betriebswirtschaftliche Daten

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Welche Daten stehen zur Verfügung?

- Ergebnisse eigener Untersuchungen(z. B. klinische Untersuchungen, Probenuntersuchung)

- Ergebnisse bereits durchgeführter Untersuchungen(z. B. Einsendungen: Abortfrüchte, Futtermittel, Bodenproben)

- Milchleistungsprüfung(Eutergesundheit, Stoffwechselsituation)

- Auswertung vorhandener Dokumentationen (Herdenverwaltungsprogramm)

- Erhebungsbogen, der dem Betrieb vor dem Besuch zugeschickt wird

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Bestandsbetreuung

- Definition der Bestandsgesundheit/-leistung

- Einflussfaktoren auf die Bestandsgesundheit/-leistung- Beschreibung- Wechselwirkungen

- Daten zur Beurteilung der Bestandsgesundheit/-leistung- Erfassung- Auswertung- Interpretation- Richtwerte - Beschreibung

- Wechselwirkungen

- Praktisches Vorgehen- Diagnostik/Gesundheits- und Leistungsüberwachung - Therapie/ Prophylaxe

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Beschreibung der Herdenleistung durch Kenndaten

Beispiel: Fruchtbarkeitskennzahlen

Sinn: - Indikatoren zur Beurteilung der Herdenfruchtbarkeit

- Erkennung von Veränderungen der Fruchtbarkeit

- Erkennung von Störungen (im Besonderen: subklinische)

- Beurteilung des Management

- Festlegung von Sollwerten

wichtig für die Interpretation:- Welche Tiere sind einbezogen?- Veränderungen der Umweltfaktoren? AGTK Wehrend

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Ermittlung der Fruchtbarkeitskennzahlen

- in der Regel retrospektiveAnalyse eines zurückliegenden Zeitraumes- Nachteil: Der Erfolg von Maßnahmen ist erst relativ spät

abzuschätzen

- prospektive DatenBerechnung in die Zukunft- Nachteil: teilweise etwas spekulativ- Beispiel: erwartete Zwischenkalbezeit

Merke: Je globaler die Fruchtbarkeitskennzahl, desto geringer ihr praktischer Nutzen.

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Beispiel: Zwischenkalbezeit

Zeitspanne zwischen zwei Abkalbungen

Gründe für Abweichungen:

- später Brunsteintritt post partum

- mangelhafte Brunsterkennung

- Fehler in der Besamung

- erhöhte embryonale Mortalität

- erhöhte Abortrate

- Nachgeburtsverhaltung- Endometritiden- Stoffwechselstörungen- Energiemangel

- zu geringe Zeitdauer- falsche Brunstbeobachtung- falsche Zyklusansprache- Stillbrünstigkeit- postpartale Azyklie

- Besamungszeitpunkt- Besamungstechnik- Spermamängel

- infektiös- nicht infektiös

- Gelbkörperfunktion- Mangelernährungen- Endometritiden

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Bestandsbetreuung

- Definition der Bestandsgesundheit/-leistung

- Einflussfaktoren auf die Bestandsgesundheit/-leistung- Beschreibung- Wechselwirkungen

- Daten zur Beurteilung der Bestandsgesundheit/-leistung- Erfassung- Auswertung- Interpretation- Richtwerte - Beschreibung

- Wechselwirkungen

- Praktisches Vorgehen- Diagnostik/Gesundheits- und Leistungsüberwachung - Therapie/ Prophylaxe

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Strategisches Vorgehen

- geplante Vorgehensweise

1. Erhebung und Dokumentation des Status quo (Ist-Zustand)2. Definition der Ziele (Soll-Zustand)3. Erarbeitung einer Strategie damit das Ziel erreicht werden

kann4. Umsetzen der Strategie (Arbeitsprogramm)5. Controlling (Festlegung von Indikatoren, Überwachung,

Dokumentation)6. siehe 1.

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Vorgehen kontinuierliche Bestandsbetreuung

Erhebung des Status quo

Zielformulierung

Datenerhebung

Dokumentation

Auswertung

Maßnahmen

Umsetzung

Kontrolle

kontinuierlicher Prozess

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Konsequenzprinzip

- Untersuchungen werden nur durchgeführt, wenn deren Ergebnisse im Falle abweichender Befunde auch zu Konsequenzen führen

Beispiel: - Laboruntersuchungen auf Antikörper gegen Chlamydien

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Betriebsspezifität

- Festlegung betriebsspezifischer SollwerteBeispiel: Rastzeit

- Festlegung betriebsspezifischer Indikatoren

- Festlegung eines betriebsspezifischen Arbeitsprogrammes

- Festlegung eines betriebspezifischen Controllings

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Grundregeln der Problembestandsbetreuung

1. Problembenennung

2. Vorbereiten des Bestandsbesuches - Erhebung von Daten (Erhebungsbogen)

- Erstellen einer Aktionsliste

3. Betriebsbesuch

4. Datenerhebung, Untersuchung, Probenentnahme

5. Auswertung

6. Lösungsstrategie

7. Beratung

8. KontrollbesuchAGTK Wehrend

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Bestandsbesuch

- Betriebsbegehung (Weg der Kuh durch den Stall)

- Datenerhebung im Betrieb

- Zusammenstellen der Untersuchungsgruppen

- klinische Untersuchung und Probenentnahme - Wer untersucht was? - Kalkulation der Kosten

- Zeit- und Geldverlust durch Fremdleistung - Sensitivität und Spezifität - Nachweisgrenzen der Verfahren

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Güte diagnostischer Verfahren

- Sensitivität- Spezifität- Prädiktiver Wert

- Maße, um die Güte von diagnostischen Verfahren zu beurteilen. - Die Güte wird dabei durch den Anteil richtig klassifizierter

Befunde bestimmt.- Je näher er an 1 oder 100% herankommt, desto höher ist die

Güte des verwendeten diagnostischen Verfahrens.

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Sensitivität

- gibt Auskunft über die Sicherheit, mit dem ein Test eine Krankheit richtig erkennt

- Wahrscheinlichkeit eines positiven Testbefundes bei erkrankten Individuen- Maß dafür, wie viele richtig positive Befunde ein Test liefert

im Verhältnis zur Anzahl aller kranken getesteten Individuen

Anzahl der testpositiven KrankenGesamtzahl der Kranken

- hohe Sensitivität – es werden nahezu alle erkrankten Individuen erfasst

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Spezifität- gibt Auskunft über die Sicherheit, mit der ein Test in der Lage

ist, das Nichtvorhandensein einer Krankheit richtig auszuschließen

Anzahl der testnegativen Nichtkranken

Gesamtzahl der Nichtkranken

Eine niedrige Spezifität bedeutet, dass auch viele Nichtkranke als krank klassifiziert werden.

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Gibt es die Möglichkeit, das ein diagnostischer Test eine hohe Spezifität hat, aber eine geringe Sensitivität?

Testverfahren Probe Sensitivität % Spezifität %

ELISA X Serum 40 94,8

ELISA Y Serum 70 76,6

Kultureller Erregernachweis

Kot 40 100

Sensitivität und Spezifität von Verfahren zur Diagnostik der Paratuberkulose beim Rind

zitiert nach Köhler et al., 2004

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