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Das Heinz-Dilemma In einer fernen Stadt liegt eine Frau, die an einer besonderen Krebsart erkrankt ist, im Sterben. Es gibt eine Medizin, von der die Ärzte glauben, sie könne die Frau retten. Es handelt sich um eine besondere Form von Radium, die ein Apotheker in der gleichen Stadt erst kürzlich entdeckt hat. Die Herstellung war teuer, doch der Apotheker verlangt zehnmal mehr dafür, als ihn die Produktion gekostet hat. Er hat 2000 Franken für das Radium bezahlt und verlangt 20'000 Franken für eine kleine Dosis des Medikaments. Heinz, der Ehemann der kranken Frau, sucht alle seine Bekannten auf, um sich Geld auszuleihen, und er bemüht sich auch um eine Unterstützung durch die Behörden. Doch er bekommt nur 10'000 Franken zusammen, also die Hälfte des verlangten Preises. Er erzählt dem Apotheker, dass seine Frau im Sterben liegt, und bittet, ihm die Medizin billiger zu verkaufen bzw. ihn den Rest später bezahlen zu lassen. Doch der Apotheker sagt: «Nein, ich habe das Mittel entdeckt und ich will damit viel Geld verdienen.» Heinz hat nun alle legalen Möglichkeiten erschöpft; er ist ganz verzweifelt und überlegt, ob er in die Apotheke einbrechen und das Medikament für seine Frau stehlen soll. Aus: OSER/ALTHOF, Moralische Selbstbestimmung, Klett-Cotta, Stuttgart 1992, S. 171 f. Das Sterbehilfe-Dilemma Eine Frau war krebskrank, und es gab keine Rettungsmöglichkeit mehr für sie. Sie hatte qualvolle Schmerzen und war schon so geschwächt, dass eine grössere Dosis eines Schmerzmittels wie Morphin ihr Sterben beschleunigt hätte. In einer Phase relativer Besserung bat sie den Arzt, ihr genügend Morphin zu verabreichen, um sie zu töten. Sie sagte, sie könne die Schmerzen nicht mehr ertragen und würde ja doch in wenigen Wochen sterben. Der Arzt entsprach ihrem Wunsch. Was meinen Sie, hat der Arzt richtig gehandelt? Aus: OSER/ALTHOF, Moralische Selbstbestimmung, Klett-Cotta, Stuttgart 1992, S. 177

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Das Heinz-Dilemma

In einer fernen Stadt liegt eine Frau, die an einer besonderen Krebsart erkrankt ist, im Sterben. Es gibt eine Medizin, von der die Ärzte glauben, sie könne die Frau retten. Es handelt sich um eine besondere Form von Radium, die ein Apotheker in der gleichen Stadt erst kürzlich entdeckt hat. Die Herstellung war teuer, doch der Apotheker verlangt zehnmal mehr dafür, als ihn die Produktion gekostet hat. Er hat 2000 Franken für das Radium bezahlt und verlangt 20'000 Franken für eine kleine Dosis des Medikaments.Heinz, der Ehemann der kranken Frau, sucht alle seine Bekannten auf, um sich Geld auszuleihen, und er bemüht sich auch um eine Unterstützung durch die Behörden. Doch er bekommt nur 10'000 Franken zusammen, also die Hälfte des verlangten Preises. Er erzählt dem Apotheker, dass seine Frau im Sterben liegt, und bittet, ihm die Medizin billiger zu verkaufen bzw. ihn den Rest später bezahlen zu lassen. Doch der Apotheker sagt: «Nein, ich habe das Mittel entdeckt und ich will damit viel Geld verdienen.» Heinz hat nun alle legalen Möglichkeiten erschöpft; er ist ganz verzweifelt und überlegt, ob er in die Apotheke einbrechen und das Medikament für seine Frau stehlen soll.

Aus: OSER/ALTHOF, Moralische Selbstbestimmung, Klett-Cotta, Stuttgart 1992, S. 171 f.

Das Sterbehilfe-Dilemma

Eine Frau war krebskrank, und es gab keine Rettungsmöglichkeit mehr für sie. Sie hatte qualvolle Schmerzen und war schon so geschwächt, dass eine grössere Dosis eines Schmerzmittels wie Morphin ihr Sterben beschleunigt hätte. In einer Phase relativer Besserung bat sie den Arzt, ihr genügend Morphin zu verabreichen, um sie zu töten. Sie sagte, sie könne die Schmerzen nicht mehr ertragen und würde ja doch in wenigen Wochen sterben. Der Arzt entsprach ihrem Wunsch.

Was meinen Sie, hat der Arzt richtig gehandelt?

Aus: OSER/ALTHOF, Moralische Selbstbestimmung, Klett-Cotta, Stuttgart 1992, S. 177

Das Gefangenen-Dilemma

Du und ein anderer Gefangener schmachten in getrennten Zellen des Polizeigefängnisses von Ruritanien. Die Polizei möchte euch beide zum Geständnis einer Verschwörung gegen den Staat bringen. Ein Vernehmungsbeamter kommt in deine Zelle, giesst dir ein Glas ruritanischen Wein ein, gibt dir eine Zigarette und bietet dir im Ton verführerischer Freundlichkeit einen Handel an.«Gestehe», sagt er, «und wenn dein Freund in der anderen Zelle ...»Du protestierst, du hättest den anderen noch nie gesehen, aber der Beamte wischt deinen Einwand beiseite und macht einfach weiter:«Um so besser, wenn er nicht dein Freund ist; ich wollte nämlich sagen, wenn du gestehst und er nicht, dann benutzen wir dein Geständnis, damit er zehn Jahre kriegt. Dich lassen wir zur Belohnung frei. Wenn du aber so dumm bist, nicht zu gestehen, und dein ‹Freund› in der anderen Zelle tut es, dann gehst du für zehn Jahre ins Gefängnis, und er kommt frei.»Du denkst darüber eine Weile nach und bemerkst, dass du noch nicht genug weisst, um dich zu entscheiden; du fragt also:«Und wenn wir beide gestehen?»«Dann wirst du, weil wir dein Geständnis nicht wirklich gebraucht haben, nicht freigelassen. Aber als Anerkennung dafür, dass ihr uns zu helfen versucht habt, bekommt jeder von euch nur acht Jahre.»«Und wenn keiner von uns gesteht?»Der Vernehmungsbeamte setzt plötzlich einen finsteren Blick auf, und du hast Angst, dass er dich schlagen könnte. Aber er beherrscht sich und murmelt, dann würde man euch, da keine für eine Verurteilung ausreichenden Beweise vorlägen, nicht sehr lange behalten können. Doch dann fügt er hinzu:«So leicht geben wir nicht auf. Wir können euch noch ein halbes Jahr hier behalten und verhören, ehe diese mitleidigen Leute von Amnesty International unsere Regierung genügend unter Druck setzen können, um euch raus zu bekommen. Also, denk mal nach: ob dein Freund gesteht oder nicht, du bist immer besser dran, wenn du gestehst. Und mein Kollege erzählt jetzt im Moment dem Kerl in der anderen Zelle genau dasselbe.»

Aus: PETER SINGER, Wie sollen wir leben? Ethik in einer egoistischen Zeit, Erlangen 1996, S. 152 ff.

Gefangener Bgesteht nicht gesteht

Gefangener A

gesteht nicht

A: B: A: B:

Gesteht A: B: A: B:

Wie würden Sie sich verhalten?

Was wären Ihre Beweggründe?

Das Diebstahl-Dilemma I

Lehrling A verschwindet mit einem CD-Player unter dem Mantel aus einem Geschäft. Sein Freund B wird zurückgehalten und aufgefordert, den Namen des Lehrlings A zu verraten, um nicht selbst in Schwierigkeiten zu geraten.

Was soll B tun?

Das Diebstahl-Dilemma II

Sabine und Karin waren eng befreundet. Eines Tages gingen sie zusammen einkaufen. Sie schlenderten durch ein Kaufhaus. Da sah Karin eine Bluse, die ihr sehr gut gefiel, und sie wollte sie anprobieren. Karin ging mit der Bluse zu den Umkleidekabinen; Sabine schaute sich weiter um.Bald kam Karin aus der Umkleidekabine zurück. Sie hatte schon wieder ihren Mantel an. Karin sah zu Sabine herüber und zwinkerte ihr zu: Unter dem Mantel trug sie die Bluse. Karin wandte sich zum Ausgang, und ohne ein Wort verliess sie den Laden.Einen kurzen Augenblick später kamen drei Männer auf Sabine zu. Den einen hatte sie vorher schon gesehen, das war ein Verkäufer. Dieser zeigte schon aus der Entfernung auf Sabine und rief, mit hochrotem Kopf: «Da ist sie – das ist eins der Mädchen! Kontrollieren Sie ihre Tasche!» Der zweite Mann stellte sich als Kaufhausdetektiv vor; er zeigte auf ein über der Tür angebrachtes Schild, auf dem stand, dass das Kaufhaus sich das Recht vorbehielt, Taschen und Gepäckstücke auf eventuelles Diebesgut hin zu kontrollieren. Sabine gab ihm ihre Tasche. «Da ist keine Bluse drin, stellte der Kaufhausdetektiv fest; er hatte den dritten Mann angesprochen – den Abteilungsleiter. «Dann war es das andere Mädchen, ich bin ganz sicher!», sagte der Verkäufer. «Ich habe die beiden doch gesehen. Es war völlig klar, dass die hier was planten. Sie haben zusammengearbeitet!»Der Detektiv fragte den Manager, ob er den Fall weiterverfolgen wolle. «Aber sicher, antwortete dieser. Ladendiebstahl wird in Kaufhäusern wie diesem langsam zum wichtigsten Kostenfaktor. Ich kann Ladendiebe nicht laufen lassen und dann erwarten, dass wir erfolgreiche Geschäfte machen.»Der Kaufhausdetektiv wandte sich an Sabine: «Wie heisst das Mädchen, mit dem Sie zusammen waren?» Sabine schaute zu ihm hoch, sie sagte nichts. «Ach, kommen Sie, geben Sie schon zu, wie das gelaufen ist», drängte der Mann. «Sie wissen doch sicher, dass Sie sich selbst strafbar machen, wenn Sie mir den Namen Ihrer Freundin nicht sagen. Beihilfe zu einer strafbaren Handlung, wenn Sie den Diebstahl nicht sowieso gemeinsam begangen haben!»

Aus: THOMAS LICKONA, Wie man gute Kinder erzieht, Kindt, München 1989, S. 488 f.

Das Schaden-Dilemma

Nach der obligatorischen Schulzeit erhält Michael eine Lehrstelle als Spengler in einer grossen Spenglerei. Er arbeitet unter einem erfahrenen Lehrmeister. Eines Tages macht dieser einen Fehler, der den Betrieb über 3000 Franken kostet. Der Meister behauptet aber gegenüber der Betriebsleitung, Michael habe den Fehler begangen. Michael wird daraufhin entlassen. Michael erzählt den Eltern, was geschehen ist. Er verzichtet darauf zu kämpfen, sondern bemüht sich um eine neue Lehrstelle. Doch die Suche ist schwierig. Er hat noch nichts gefunden, als er einige Wochen später heimkommt und ihm seine Eltern erzählen, der Besitzer der Spenglerei habe angerufen. Er bitte ihn, wieder an seinen Arbeitsplatz zurückzukommen. Michael glaubt, alles sei wieder in Ordnung, und tritt seine Stelle wieder an. Eines Tages erfährt er, dass sein Vater den Besitzer angerufen, sich für ihn entschuldigt und angeboten hatte, den Schaden zu regulieren – einen Schaden, für den Michael nicht verantwortlich war. Michael ist betroffen.

Was soll Michael tun?

Aus: OSER/ALTHOF, Moralische Selbstbestimmung, Klett-Cotta, Stuttgart 1992, S. 21

Das Drogen-Dilemma I

«Ich kenne da einen Typ, mit dem ich zwar nicht eng befreundet, aber doch ganz gut bekannt bin. Na ja, auf jeden Fall handelt der mit einer illegalen Droge: PCP. Das wird aus einem Beruhigungsmittel für Pferde entwickelt. Dieser Bekannte dealt in grossem Stil mit diesem Zeug. Ich habe mich inzwischen über diese Drogenart ‹schlau gemacht›, viele Artikel gelesen und mich in medizinischen Zeitschriften informiert. Ich bin zum Schluss gelangt, dass PCP extrem gefährliche Nebenwirkungen hat. Ich bin total gegen dieses Zeug, aber wie soll ich mich verhalten? Meinen Bekannten habe ich schon unzählige Male beschworen, mit dem Dealen aufzuhören, vor allem die Droge nicht an jüngere Teenager zu verkaufen. Mir bleiben jetzt eigentlich nur zwei Möglichkeiten: Ich könnte die ganze Sache einfach vergessen, oder ich gehe und zeige ihn an.»

Aus: THOMAS LICKONA, Wie man gute Kinder erzieht, Kindt, München 1989, S. 283.

Das Kopftuch-Dilemma

Die moslemische Lehrerin Sevim Kaman hat ihre Staatsexamen so gut bestanden, dass sie auf eine Anstellung an einer öffentlichen Schule hoffen kann. Bei ihrem Bewerbungsgespräch wird sie darauf hingewiesen, dass sie sich in der Schule weltanschaulich neutral verhalten muss und sie daher ihr Kopftuch nicht tragen dürfe. Es verletze die Pflicht eines Beamten zur religiösen Neutralität. Frau Kaman sagt zu, dass sie nicht versuchen werde, in der Schule jemanden zu ihrem Glauben zu bekehren, dass sie aber auf ihr Recht bestehen möchte, ihr Kopftuch als Ausdruck ihres religiösen Glaubens zu tragen. Sie würde

sich schämen, wenn sie ihr Kopftuch in der Öffentlichkeit ablegen müsste. Wegen seiner Bedeutsamkeit wird dieser Fall der Kultusministerin vorgelegt. Sie muss entscheiden, ob Frau Kaman als Lehrerin eingestellt wird. Zunächst ist sie geneigt, die Lehrerin einzustellen, auch wenn diese ihr Kopftuch nicht ablegt. Schliesslich entscheidet sie aber, dass Frau Kaman nicht eingestellt wird, wenn sie darauf besteht, ihr Kopftuch zu tragen. Man respektiere ihren Glauben, aber könne nicht tolerieren, dass sie für ihren Glauben durch das Tragen eines Kopftuchs werbe.

Was meinen Sie, war die Entscheidung der Kultusministerin richtig oder falsch?

© von GEORG LIND, http://www.uni-konsanz.de/ag-moral/dildisk-d.htm

Das Drogen-Dilemma II

Tommy hat Julia vor kurzem aus einer schwierigen Situation geholfen. Bei einer entscheidenden Klassenarbeit hat er ihr einen Spickzettel zugesteckt, der ihre ‹letzte Rettung› war. Ohne diesen Spickzettel wäre ihre Arbeit mit Sicherheit in die Hose gegangen und das hätte sehr unangenehme Folgen für sie gehabt: eine Eins in diesem Fach wäre ihr gewiss gewesen und ihre Versetzung damit unwahrscheinlich geworden.Nun hat Julia entdeckt, dass Tommy zu dealen angefangen hat, und zwar auch mit harten Drogen. Als Julia Tommy daraufhin anspricht und meint, das finde sie ganz hübsch beschissen, antwortet ihr Tommy, er müsse ja schliesslich auch von etwas leben, wenn er den Stoff nicht verkaufe, würden andere Dealer das Geschäft machen, Drogenabhängigen könne sowieso nicht mehr geholfen werden, und ähnliches mehr. Als Julia diese Ausreden nicht akzeptiert, wird Tommy sauer und fährt sie an, sie solle gefälligst sonst wo den Moralapostel spielen, aber nicht bei ihm.Julia fühlt sich nach diesem Gespräch sehr unglücklich und fragt sich, ob sie jetzt den Klassenlehrer ins Vertrauen ziehen soll. Auch Bekannte, denen sie von diesem Problem erzählt (ohne Tommys Namen zu nennen), meinen, in diesem Fall müsse der Klassenlehrer informiert werden. Julia ist sich klar darüber, dass ein solcher Schritt sehr unangenehme Konsequenzen für Tommy haben kann.

Was soll Julia tun?

http://bebis.cidsnet.de/weiterbildung/sps/allseminar/kohlberg.htm

Das Dilemma von Frau Dr. Paul

Frau Dr. Paul war sich während der Anfangsphase ihres praktischen Jahres im Krankenhaus vollkommen dessen bewusst, dass die Entnahme von Organen oder Hauttransplantaten von Toten ohne das Einverständnis der Angehörigen illegal ist. Ausserdem verletzte eine solche Entnahme grundsätzlich ihren Glauben.Sie erfuhr jedoch sehr schnell, dass es im Krankenhaus Engpässe gab, wenn es insbesondere darum ging, Menschen mit schweren Hautverletzungen mit Transplantaten zu versorgen.Eines Tages teilt ihr der Chefarzt mit: Das Team benötigt sofort Hauttransplantat für eine Notoperation. Weil jedoch keines zur Verfügung steht, soll Frau Dr. Paul in die Pathologie gehen und Toten Haut entnehmen. Sie darf jedoch mit niemandem darüber sprechen.Zuerst wusste Dr. Paul nicht, was sie tun sollte. Doch dann ging sie und besorgte die Haut des Toten.

Was meinen Sie, hat Frau Dr. Paul richtig gehandelt?

© von GEORG LIND, http://www.uni-konsanz.de/ag-moral/dildisk-d.htm

Das Anselm-Dilemma

Anselm S. lebt zusammen mit seiner Frau und den beiden Kindern in einem neuen Haus am Stadtrand, das sie erst vor drei Jahren bezogen haben. Er ist Chemiker in leitender Position bei einer Lebensmittelfirma, die ihre Zentrale direkt am Ort hat.Er ist ein Mann mit recht konservativen Ansichten und daher auch stolz darauf, dass seine Frau jetzt nicht mehr mitarbeiten muss. «Das schaffe ich schon alleine!» ist eine seiner Standardredewendungen. Anselms Frau ist mit diesem Zustand ebenfalls sehr zufrieden. Ihr macht es Spass, sich um Haus und Garten zu kümmern. Ausserdem hat sie so genug Zeit für ihre Mutter, der es in letzter Zeit nicht gut geht. Aber selbst wenn sie arbeiten wollte (sie ist gelernte Biologielaborantin), würde es für sie vermutlich sehr schwierig sein, eine Anstellung zu finden, da sie schon seit zwanzig Jahren nicht mehr berufstätig ist.In seiner Freizeit ist Anselm engagierter Mitarbeiter im örtlichen Tierschutzverein, den er vor etlichen Jahren mitbegründet hat, und der sich gerade wegen der von ihm mitinitiierten Aktionen zu einer in der Stadt anerkannten Institution entwickelt hat. Betreuung des Tierheims, Beratung für Haustierbesitzer, Aktionen gegen Tiertransporte und vor allem gegen Tierversuche, die in einer nahegelegenen Kosmetikfirma durchgeführt werden, charakterisieren die Arbeit, für die Anselm S. meist federführend ist. Dadurch ist er auch über die Grenzen der Stadt hinaus zu einer bekannten Persönlichkeit geworden. Auch im privaten Bereich hat Anselm S. mit den Mitgliedern der Tierschutzgruppe sehr viel zu tun. Sie und ihre Familien stellen den grössten Teil seines Bekanntenkreises dar. Er ist bei allen sehr beliebt.Beruf, Familie und Hobby bereiten Anselm sehr viel Freude und eigentlich war er mit seinem Leben bisher sehr zufrieden. Doch nun droht dies alles, was er sich mühsam aufgebaut hat, zusammenzustürzen. Von seinem Vorgesetzten hat er erfahren, dass der Stellenabbau, der in seiner Firma seit der Übernahme durch die neuen Besitzer forciert wird, nun auch seine Abteilung treffen soll. Da man ihn als langjährigen Mitarbeiter nicht direkt entlassen kann, soll er, zunächst für ein halbes Jahr, in einer Filiale in der 250 km entfernten Landeshauptstadt eingesetzt werden. Allerdings nicht seiner bisherigen Position entsprechend. Innerhalb dieses Zeitraumes muss er sich dann um eine neue Stelle bemühen. Für einen Mann Anfang Fünfzig keine einfache Sache.Einige Tage später trifft er in dem kleinen Pub in der Altstadt, in dem er seit einiger Zeit auf dem Nachhauseweg noch einmal kurz ein Bier trinkt, seinen ehemaligen Schul- und Studienkameraden Benno F. Benno ist Chemiker und mittlerweile im Vorstand der grossen Kosmetikfirma am Ort. Die einst gute Freundschaft der beiden ist in den letzten Jahren sehr abgekühlt. Der Grund dafür war, dass in dem Unternehmen, in dem Benno Karriere gemacht hat, gerade die Tierversuche durchgeführt werden, gegen die sich Anselm und seine Gruppe so vehement auflehnen.Benno hat von den Schwierigkeiten in Anselms Firma gehört und kommt ohne grosse Umschweife darauf zu sprechen. Im Laufe der Unterredung deutet er an, dass bei seiner Firma sehr bald eine Stelle neu zu besetzen sei, für die jemand mit seinen Fähigkeiten sehr geeignet wäre. Er lässt durchblicken, dass Anselm sich sogar finanziell besser stellen würde- auf Dauer, versteht sich. Wenn Anselm sich mit dem Gedanken anfreunden könne, er würde sich gerne für ihn stark machen, da er Vorstandsmitglied sei, wäre dies sicher auch erfolgreich. Anselm spricht Benno auf die Versuche in den Labors seines Unternehmens an, worauf ihm sein früherer Freund zu verstehen gibt, dass er, wie immer, Scheuklappen trage: Erstens basierten die meisten Produkte nicht auf derartigen Versuchen, sie vertrieben ja auch zahlreiche Naturprodukte. Zweitens würden die Versuche nur einen ganz kleinen Teil von Anselms zukünftigem Arbeitsbereich darstellen. Und drittens, ob Anselm denn meine, dass er sich in seiner jetzigen Situation diese Bedenken leisten könne?Anselm bittet um eine längere Bedenkzeit, doch Benno teilt ihm mit, dass die Neubesetzung der Stelle schon bald ansteht und er innerhalb der nächsten zwei Wochen zu einer Entscheidung kommen müsse. In den nächsten Tagen geht Anselm so einiges durch den Kopf, vor allem auch seine beiden Kinder. Die ältere Tochter hat gerade ihr Abitur bestanden und freut sich auf den einjährigen Studienaufenthalt in den USA, den ihr ihre Eltern versprochen haben. Wenn sich die finanzielle Situation der Familie verschlechtert, wird dieser Aufenthalt nicht zu finanzieren sein. Der jüngere Sohn, 14 Jahre alt, hat mit der Schule zur Zeit nicht so viel

im Sinn. Wie sein Vater ist er ein grosser Tierfreund und widmet den grössten Teil seiner Freizeit der Arbeit im Tierschutzverein. Sein Vater ist für ihn das grosse Vorbild.

Soll sich Anselm S. für die Stelle in Bennos Firma entschliessen oder soll er ablehnen?

http://bebis.cidsnet.de/weiterbildung/sps/allseminar/kohlberg.htm

Das Beruf-oder-Baby-Dilemma

Carla studiert Französisch, Spanisch und Italienisch. Sie möchte Dolmetscherin bei einer internationalen Behörde im Ausland werden. Ihr Freund studiert Physik und hofft ebenfalls, nach dem Studium einige Jahre an einem Institut im Ausland arbeiten zu können. Er hat sogar schon ein sehr gutes Angebot, an einem renommierten Forschungslabor im Ausland zu arbeiten, wo auch Carla eine Stelle bekommen kann.Kurz vor ihrem Examen wird Carla ungewollt schwanger. Als sie es bemerkt, ist sie schon im dritten Monat. Carla überlegt, was sie tun soll. Ein Kind käme ihr völlig ungelegen. Sie wollte später irgendwann schon Kinder haben. Zuerst wollte sie aber ihr Studium beenden und einen Beruf finden. Ein Kind würde bedeuten, dass sie das Examen und ihre Berufspläne lange hinausschieben müsste und auch nicht mit ihrem Partner ins Ausland gehen könnte. Ihr Partner sagt, dass er das Angebot nicht aufgeben kann und auf jeden Fall ins Ausland gehen will. Carla müsste sich dann allein um das Kind kümmern. Andererseits stammt sie aus einem streng katholischen Elternhaus. Ihre Eltern sind strikt gegen eine Abtreibung. Auch sie selbst befürchtet, dass sie deswegen später vielleicht einmal ein schlechtes Gewissen haben könnte. Sie ist schon 25 Jahre alt und vielleicht klappt es später nicht mehr mit einem Kind, wenn sie erst Karriere macht.

Wie soll Ihrer Meinung nach Carla entscheiden?

© nach GEORG LIND, http://www.uni-konsanz.de/ag-moral/dildisk-d.htm

Das Adoptionsdilemma

Eine alleinstehende, arbeitslose Frau gibt aus Armut ihr Kind zur Adoption frei. Später findet sie eine Stelle und verdient genug. Sie begegnet ihrem Kind aus Zufall in einem Park und will es zurückhaben. Es kommt zu einem Gerichtsverfahren.

Wie soll der Richter entscheiden?

Aus: OSER/ALTHOF, Moralische Selbstbestimmung, Klett-Cotta, Stuttgart 1992, S. 124 f.

Das Flucht-Dilemma

Nehmen wir an, Sie haben sich Ihr ganzes Leben lang bemüht, ein guter Mensch zu sein, Ihre Pflicht nach bestem Wissen zu erfüllen und an das Wohl Ihrer Mitmenschen zu denken. Angenommen auch, viele Ihrer Mitmenschen sind gegen Sie, Ihr Tun missfällt ihnen, sie sehen in Ihnen gar eine Gefahr für die Gesellschaft, ohne jedoch beweisen zu können, dass Sie es sind. Nehmen wir ferner an, Sie werden angeklagt, vor Gericht gestellt und von einem Geschworenengericht von Ihresgleichen zum Tode verurteilt, und zwar in einer Weise, die Ihnen mit Recht unge-recht erscheint. Angenommen schliesslich, Ihre Freunde haben, während Sie in der Haft auf die Urteilsvollstreckung warten, alles vorbereitet, damit Sie fliehen und mit Ihrer Familie ins Exil gehen können. Ihre

Freunde machen geltend, dass sie die nötigen Bestechungsgelder auf-bringen können und sich durch die Beihilfe zu Ihrer Flucht keiner Gefahr aussetzen; dass Sie das Leben noch länger geniessen können, wenn Sie fliehen; dass es für Ihre Frau und für Ihre Kinder besser wäre; dass Ihre Freunde Sie weiterhin besuchen können, und dass man im allgemeinen für Ihre Flucht sein wird.

Würden Sie die Gelegenheit ergreifen?

Aus: WILLIAM K. FRANKENA: Analytische Ethik. Eine Einführung, München 1972, S. 17 f.

Das Folter-Dilemma

Erlaubnis zur Folterung eines Häftlings in Israel Warnung vor Selbstmordattentat Das Oberste Gericht Israels hat am Sonntag mit fünf gegen vier Stimmen entschieden, dass der Geheimdienst beim Verhör des mutmasslichen Terroristenführers Abdel Rahman Ranimat physischen Druck anwenden darf. Die Rechtsvertreter des Geheimdienstes argumentierten, dass der Verhaftete Informationen über einen unmittelbar bevorstehenden Terroranschlag besitze, aber nicht zur Preisgabe dieses Wissens bereit sei. Die Möglichkeit des Vorhandenseins einer sogenannten «tickenden Bombe» gebiete es, die Informationen auch mit unkonventionellen Methoden aus dem Gefangenen herauszuholen. Bezeichnend ist, dass das Urteil nicht bloss von gemässigtem Druck spricht, der zum Beispiel Schlafentzug, Fesselung mit Hand- und Fussschellen, heftiges Schütteln oder die Stülpung eines Sackes über den Kopf umfasst, da solches dem Geheimdienst ja sowieso gestattet ist. Offenbar liess sich die Mehrheit der Richter davon überzeugen, dass im vorliegenden Fall tatsächlich die Voraussetzungen für härtere Methoden gegeben seien. Bei dem Urteil handelt es sich jedoch um keine generelle Gutheissung von Foltermethoden durch das Oberste Gericht, sondern bloss um eine Erlaubnis für diesen spezifischen Fall. In einigen Wochen wird das Gericht den Fall zum Anlass für die Veröffentlichung einer grundsätzlichen Stellungnahme zur Folterung von Verhafteten nehmen. Der knappe Ausgang des Urteilsspruches weist auf die Problematik des Themas hin, bei dem das individuelle Menschenrecht des Einzelnen gegen das Wohl der Bevölkerung abgewogen werden muss. Ranimat gilt als Führer der Gruppe, aus der im vergangenen Juli und September die Attentäter zweier Selbstmordanschläge in Jerusalem hervorgingen. […]

Aus: «Neue Zürcher Zeitung», 11. Januar 1998

Das Sterilisations-Dilemma

Malvinder, ein junger Mann von 16, steht vor einer schwierigen Entscheidung. Malvinder war für ein Jahr Austauschschüler in der Schweiz; er hat in der Familie von Andreas gewohnt, mit dem er auch die gleiche Klasse besucht hat. Beide wurden gute Freunde.Kurz nach seiner Rückkehr nach Indien ist Malvinders Vater gestorben. Die Familie hat noch Schulden und kein Einkommen mehr. Die Mutter verdient als Putzfrau zu wenig, um die Familie zu ernähren. Er und die beiden jüngeren Geschwister müssen die Schule verlassen und mit kleinen, schlecht bezahlten Jobs Geld verdienen.Da hört Malvinder, dass die Weltbank jedem jungen Mann von 16 Jahren in Indien 5000 Franken verspricht, der sich sterilisieren lässt. Damit soll die Überbevölkerung in Ländern wie Indien gestoppt werden. Malvinder überlegt, ob er das tun soll. Mit dem Geld könnte seine Familie ein paar Jahre leben und er und seine Geschwister könnten ihre Ausbildung fertig machen. Aber ihn plagen Zweifel. Er träumt davon, einmal zu heiraten

und selbst Kinder zu haben. Das wäre dann nicht mehr möglich. Er schreibt seinem Schweizer Freund und fragt ihn, ob es richtig wäre, das Geld zu nehmen.

Was soll Andreas ihm raten? Soll er Malvinder in seiner Meinung bestärken?

© von GEORG LIND, http://www.uni-konsanz.de/ag-moral/dildisk-d.htm

Aktuell möglich wäre auch: http://www.20min.ch/sport/eishockey/story/13798379 - z. B. als Variante zum Diebstahl-Dilemma. Mögliche Kurzversion: Patrick geht mit seinem besten Freund Reto, dem "17-jährigen Hauptübeltäter" (O-Ton 20minuten), an den EVZ-ZSC-Match, als Reto nach dem ersten Bully (ohne dass dies mit Patrick abgesprochen wäre) einen Rauchtopf zündet. Die immense Rauchentwicklung führt in der Folge zum Matchabbruch. Reto entkommt unerkannt aus dem Stadion. Zeigt Patrick seinen besten Freund an oder nicht? Variante: Patrick ist auch / kein "Nebenübeltäter", der auch Teile des Rauchtopfs mit ins Stadion geschmuggelt hat.Lest auch die Kommentare unter dem 20min-Artikel: "Jetzt muss endlich hart durchgegriffen werden. Mindestens 10 Jahre Stadionverbot in der ganzen Schweiz. Und die entstandenen Kosten abzahlen." usw. usf.