VI 2 07 Bornemann +EA - Bosse-engineering
Transcript of VI 2 07 Bornemann +EA - Bosse-engineering
Götz Bornemann, Hamburg
Codiertes Aufmaß, eine Alternative zur klassischen Aufnahme mit Feldbuch
VDVmagazin 2/07 l Codiertes Aufmaß, eine Alternative zur klassischen Aufnahme mit Feldbuch
Ein Verfahren wird vorgestellt, welches das
aufwändige, zeit- und somit kosteninten-
sive Erstellen von Feldbüchern für topo-
grafische Aufmaße erspart. Bei den heut-
zutage gegebenen Möglichkeiten moder-
ner Messinstrumente kann davon ausge-
gangen werden, dass diese alle in der
Lage sind, zusätzliche Sachinformationen
zu speichern. Investitionen in zusätzliche
Hardware sind nicht erforderlich.
AusgangslageKlassischerweise werden bei der Erstel-
lung von Lageplänen zuvor Feldbücher
gezeichnet, in die jeder gemessene
Punkt mit seiner Punktnummer eingetra-
gen wird. Je besser die Qualität des Feld-
buches ist, desto weniger besteht für den
Innendienst die Notwendigkeit von Rück-
fragen an den Außendienst, ein Feldver-
gleich ist i. d. R. nicht notwendig. Der
Aufwand bei der Erstellung der Feldbü-
cher ist jedoch beträchtlich. Aus diesem
Grund werden verstärkt Verfahren
gesucht, die diesen Aufwand deutlich
reduzieren.
Eine Alternative zu der bisherigen Vor-
gehensweise ist die Koppelung der Total-
station an einen Feldcomputer. Damit kann
der Lageplan im Felde weitestgehend voll-
ständig erstellt werden, da die Kontrolle
über die Plausibilität und die Vollständig-
keit der Aufnahme gegeben sind. Diese
Technik konnte sich derzeit noch nicht am
Markt durchsetzen. Aus Sicht des Autors
sind die Gründe hierfür in den noch vor-
handenen technischen Unzulänglichkeiten,
dem hohen Investitionsbedarf bei Hard-
und Software sowie in der Notwendigkeit
zu finden, dass CAD-Fähigkeiten des
Innendienstes auf den Außendienst über-
tragen werden müssen.
Codiertes AufmaßEine andere (fast kostenlose) Möglichkeit
besteht darin, unter Verzicht auf die Ferti-
gung von Feldbüchern die symbol- und
linienförmigen Informationen an der Total-
station codiert zu erfassen.
Für die Symbole ist diese Vorgehens-
weise Stand der Technik, die Symbole
werden dabei über Punktarten codiert.
Eine vergleichbare Codierung kommt nun
für linienförmige Elemente hinzu. Dazu
werden Informationen über Anfangs-,
Folge- und Endelemente erfasst und es
muss die Geometrie des Elementes (Linie
oder Bogen) registriert werden. Mischfor-
men von Symbolen und Linien treten
hinzu wie Straßeneinläufe (Symbole),
die entlang eines Bordes (Linie) ausge-
richtet werden sollen. Auch die Ausrich-
tung von Richtungspfeilen, Fahrbahnmar-
kierungen, Kästen und Schächten ist bei
diesem Verfahren möglich.
Nicht alle Informationen können im
Außendienst erfasst werden, eine Nach-
bearbeitung im Innendienst ist also not-
wendig. In der Regel ist ein Feldvergleich
notwendig, sofern dieser nicht durch
Fotos und/oder Videoaufnahmen ersetzt
werden kann.
Vorteile sind:
● Die Vermessung wird wirtschaftlicher
durchgeführt, da die Feldbucherstellung
entfällt.
● Durch den Datenfluss beim Einlesen des
codierten Aufmaßes werden Übertra-
gungsfehler beim „Malen nach Zahlen“
des Feldbuches vermieden.
Dieser Vorteil wird umso größer, je kom-
plexer die einzuhaltenden Zeichnungs-
strukturen sind.
Andererseits erfordert die Erfassung am
Gerät einen höheren Aufwand und eine
höhere Qualifikation der Außendienst-
mitarbeiter:
● Der Außendienst muss CAD-mäßig denken
(Beispiel: Eine Bogenfolge über vier Punkte
ist nicht eindeutig zu konstruieren).
● Der Außendienst muss die zugrunde lie-
genden Vorschriften zur Erstellung von
digitalen Lageplänen (Normierung) für
verschiedene Auftraggeber genauso gut
kennen wie der Innendienst.
● Der Außendienst muss die Kontrolle über
die schon erfassten Bereiche behalten.
Das beschriebene Verfahren ist realisiert
im „codierten Aufmaß“, entwickelt von
Bosse-engineering, Wolfsburg, im Rah-
men der Bosse_tools (Applikation für
AutoCAD).
Es existieren zwei technisch gleichwer-
tige Erfassungsarten für die Zusatzinfor-
mationen:
● Es werden alle Codierungen mit den
Ziffern 0 bis 9 in zwei sog. REM-Wörtern
gespeichert. Die Länge der REM-Wörter
darf maximal 8 Zeichen betragen.
● Es werden alphanumerische Zeichen ver-
wendet (A = Anfang, E = Ende, K = Kreis,
L = Linie ...), die fast im Klartext lesbar und
damit visuell sehr gut prüfbar sind. Die
alphanumerischen Codierungen werden
ebenfalls in zwei REM-Wörtern gespei-
chert, es ist keine Begrenzung der Zei-
chenlänge vorgegeben. Das alphanumeri-
sche Verfahren wurde vom Ingenieurbüro
Spanheimer-Bornemann-Ingenieure (SBI),
Hamburg, entwickelt.
Voraussetzungen● Benötigt wird ein AutoCAD-Arbeitsplatz
2000 oder höher, auf dem das „codierte
Aufmaß“ der Bosse_tools installiert ist.
● Weiterhin muss eine Codierungsliste
erstellt worden sein, in der Symbolen
und Linienelementen Codenummern
zugeordnet sind sowie Zusatzinforma-
tionen, die z. B. zum automatischen Aus-
richten von Symbolen erforderlich sind.
Die zulässigen Codierungen werden aus
dieser Codierungsliste abgeleitet und
auf der Station installiert.
● Zuletzt wird eine Vorlagenzeichnung
benötigt, in der die Blockdefinitionen für
die Symbole und die Layerstruktur ent-
halten sind.
Vom Feld zur CAD-Zeichnung● Die Topografie wird mittels Totalstation
oder GPS aufgemessen. In den regis-
trierten Datensätzen müssen zusätzliche
Codierungen für die Linienart und -geo-
metrie enthalten sein.
● Daraus wird eine Koordinatendatei mit den
Codierungen abgeleitet; die Koordinaten
werden entweder im Feld erzeugt oder aus
den originären Messwerten berechnet.
● Es folgt das Einlesen der Koordinaten-
datei mit den Bosse_tools am AutoCAD-
Arbeitsplatz, die Rohzeichnung wird
automatisch generiert.
● Diese wird zur Verwendung für einen
Feldvergleich geplottet.
● Es folgt die Durchführung des Feldver-
gleichs.
● Am AutoCAD-Arbeitsplatz werden die
Feldvergleichsergebnisse eingearbeitet.
Elemente, die codiert werdenBei Symbolen wird zwischen „genordeten“
und automatisch auszurichtenden Symbo-
len unterschieden. Letztere können auto-
matisch ausgerichtet werden, wenn das
Aufmessen mit zwei oder drei Punkten
erfolgt. Anhand von Zusatzinformationen,
die in der Codierungsliste gespeichert sind,
werden die Symbole beim Einlesen in
AutoCAD mit ihren Sollmaßen verglichen
und bestmöglich eingepasst (Bild 1).
Zu Symbolen ist eine zusätzliche Erfas-
sung von Informationen zur Darstellung in
Attributen möglich, wie z. B. Deichkilometer-
stein („12.9 km“) oder Durchlässe („DN 500“).
Linienzüge können aus den Elementen
Linie und Bogen kombiniert werden, jedem
Element kann über die Objektcodierung in
AutoCAD ein eigener Layer zugewiesen wer-
den (Folge von Hochbord, Hänger, abge-
senktem Hochbord etc. ...). Bögen können
tangential an das Vorelement anschließen.
Beim Element Bordstein wird die im
Feld erfasste Auftrittshöhe als Oberkante
Bord zusätzlich erzeugt, das Ausrichten
der Straßenabläufe entlang des Bordes
erfolgt automatisch.
Für den gesamten Linienzug ist die
Registrierung einer parallelen Linie mit
anderer Objektcodierung möglich, z. B. ein
Wasserlauf als Parallele zum Bord oder
eine parallele Radwegkante (Bild 2). Mittels
geschlossener Parallelen lassen sich z. B.
Mauerpfeiler definieren.
Die Messpunkte eines Linienzuges sind
in der Regel aufeinanderfolgend zu mes-
sen, allerdings kann der Linienzug jederzeit
zur Messung von Punktsymbolen (Bäume,
Laternen etc. ...) unterbrochen werden.
Eine Profilcodierung fasst mehrere
Linienzüge zur Optimierung der Laufwege
im Außendienst zusammen. Diese Aufnah-
metechnik eignet sich in Bereichen, die eine
gleichmäßige Struktur (und somit jedes
Profil dieselbe Anzahl von Profilpunkten)
aufweist. Die Profile können sägezahnför-
mig und/oder mäanderförmig aufgemessen
werden, zwischen den einzelnen Profilen
können wiederum Linienzüge und Punkt-
symbole codiert werden (Bild 3). Der Ein-
satz der Profilcodierungen ermöglicht im
Außendienst ein Einsparungspotenzial von
ca. 35% der Laufwege gegenüber denen
eines nur linienorientierten Aufmaßes.
Folgendes Beispiel (Bild 4) stellt die
Koordinatendateien mit REM-Wörtern für
beide Codierungsverfahren dar:
REM1:Spalte 5: Linieninformation
Spalte 6 bis 8: Objektcode (Zaun)
REM2 beinhaltet Zusatzinformationen,
z. B. die Baumcodierung bei Punkt 14
oder das Schließen des Linienzuges bei
Punkt 16.
Codiertes Aufmaß, eine Alternative zur klassischen Aufnahme mit Feldbuch l VDVmagazin 2/07
Bild 1: Automatisch auszurichtende Symbole
Bild 2: Codierung eines Linienzuges
Bild 3: Profilcodierung: zusammenfassen mehrerer Linienzüge
Bild 4: Beispiel geschlossener Linienzug
Numerische Codierung
Pn Y X Z REM1 REM2
11 ... ... ... 00002002 00000000
12 ... ... ... 00002002 00000000
13 ... ... ... 00002002 00000000
14 ... ... ... 00002002 20030120
15 ... ... ... 00002002 00000000
16 ... ... ... 00002002 93000000
REM1:Symbol- oder Liniencodierung
REM2:Das erste Zeichen enthält das „Wo?“
(A = Anfang, W = Weiter, E = Ende,
S = Schließen)
Das zweite Zeichen enthält das „Welche
Geometrie?“ (L=Linie, B=Bogen ...)
Hinter dem Bindestrich ist der Objektcode
(hier: 2 = Zaun) enthalten.
Wenn das erste und zweite Zeichen ein
Schlüsselwort enthält, z. B. „BM“, dann
wird eine Baumcodierung erwartet.
AußendienstDie folgenden beiden Abbildungen zeigen
die Eingabefenster an den bei SBI verwen-
deten Totalstationen.
InnendienstDie Koordinatendatei mit den Codierungen
wird mit Hilfe der Bosse_tools in AutoCAD
eingelesen.
Das Ergebnis ist die Rohzeichnung (Bild 8).
Durch die Ausarbeitung des Feldvergleichs
entsteht die fertige CAD-Zeichnung (Bild 9).
Vorbereitung des Verfahrens bei SBIAlle notwendigen Vereinbarungen hinsichtlich
● Symbolen (Blockname, Einfügelayer, ...),
● Linien (Layer, Linientyp, Linienstärke, ...)
und
● Texten (Layer, Schriftstil, ...)
werden bei SBI für alle Normierungen
(Hamburger Normierungskatalog, Digitales
Liegenschaftsmodell, ...) in einer ACCESS-
Datenbank geführt.
Die Verwendung von ACCESS anstelle von
z. B. EXCEL bietet zwei entscheidende
Vorteile:
● Plausibilitätsprüfungen sind möglich
● Zielgenauer Informationsexport durch
Abfragen
Die ACCESS-Datenbank hat die „Daten-
führerschaft“, alle weiteren Darstellungen,
z. B. eine Codierungsliste einschließlich der
zugehörigen Vorlagenzeichnung für das
„codierte Aufmaß“, werden bei SBI aus
dieser Datenbank abgeleitet.
Weitere ToolsEs wird Anwender geben, die für die Ablei-
tung der Codierungslisten nicht den von
SBI beschrittenen Weg bevorzugen. Für
diese Anwender sind Tools vorhanden, die
die Erstellung und Verwaltung von Codie-
rungslisten für die verschiedenen Einsatz-
bereiche (Topografie, Innenaufmaß, ...) im
Rahmen der Bosse_tools ermöglichen.
VDVmagazin 2/07 l Codiertes Aufmaß, eine Alternative zur klassischen Aufnahme mit Feldbuch
Alphanumerische Codierung
Pn Y X Z REM1 REM2
11 ... ... ... 1 AL-2
12 ... ... ... 1 WL-2
13 ... ... ... 1 WL-2
14 ... ... ... 1060 BM-0.3-12-Ki
15 ... ... ... 0 WL-2
16 ... ... ... 0 SL-2
Bild 5: Aussuchen des passenden Codes (hier:Liniencode 6404 = Li HoBrd [Hochbord])
Bild 7: Startmaske
Bild 6: Eingabe der Geometrie: Weiter mit Linie(WL), Auftritt rechts in Laufrichtung mit 12 cm. Bild 9: Durch die Ausarbeitung des Feldvergleiches entsteht die fertige CAD-Zeichnung
Bild 8: Das Ergebnis ist die Rohzeichnung
unserer Erfahrung heraus ist das „codierte
Aufmaß“ wirtschaftlich.
Weiterhin ist das Verfahren für die viel-
fältigen und immer umfangreicheren Zeich-
nungsstrukturen ideal. Beispielweise um-
fasst der in Hamburg verwendete „Normie-
rungskatalog für den Bestand“ ca. 650
Layer und ca. 450 Blockdefinitionen. Eine
manuelle Zuweisung beim „Abzeichnen“
eines klassischen Feldbuches ist dabei
sehr arbeitsintensiv und fehleranfällig. Die-
ser Arbeitsschritt wird weitgehend durch
den Automatismus des „codierten Aufma-
ßes“ übernommen.
Die Umstellung vom klassischen Feld-
buchaufmaß hin zum „codierten Aufmaß“
beinhaltet in erster Linie ein Umdenken für
den Außendienst. Der Außendienstmitar-
beiter muss mehr Verständnis für die CAD-
Bearbeitung aufbringen, da er beim
„codierten Aufmaß“ die Grundlage für die
CAD-Zeichnung schafft. Die Codierung
selbst ist in kurzer Zeit erlernbar, wichtig ist
eine gute Vorbereitung der Codierungs-
listen und der Vorlagenzeichnung sowie
eine gute Kooperation mit dem Innen-
dienst.
AutorDipl.-Ing. Götz BornemannSBI Spanheimer-Bornemann-Ingenieure Hasselbrookstraße 33, 22089 HamburgTel. 0 40/25 19 57-0www.sbi.de
SoftwareTel. 0 53 61/8 97 77 77www.bosse-engineering.com
Das „codierte Aufmaß“ wird sinnvoller-
weise ergänzt durch Tools zur Erzeugung
von Fahrbahnmarkierungen, Böschungs-
schraffen und Mauersignaturen. Das Tool
„Zeichnungsprüfung“ kontrolliert die Ein-
haltung der Normierung. Eine Rahmenrou-
tine und ein Tool zur Erstellung der
Legende vervollständigen die CAD-Zeich-
nung. Alle vorgenannten Tools sind bei SBI
im Einsatz.
FazitDie Einführung des „codierten Aufmaßes“
hat bei SBI unerwartet wenig Probleme
verursacht. Nach zwei Testprojekten, in
denen Verständnismängel beseitigt wur-
den, ist das Verfahren im Herbst 2005 für
drei Messtrupps eingeführt worden. Aus
Codiertes Aufmaß, eine Alternative zur klassischen Aufnahme mit Feldbuch l VDVmagazin 2/07
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