Veränderte Zugwege: Kraniche Gänsegeier¤nsegei… · Kolonien der Kvarner Bucht zu ˜nden. Aber...

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64. Jahrgang · Mai 2017 · D: € 4,95 · A: € 5,00 · CH: CHF 8,20 5 2017 Veränderte Zugwege: Kraniche Unberührte Wildnis: Nationalpark Kalkalpen Kolonien in Kroatien: Gänsegeier

Transcript of Veränderte Zugwege: Kraniche Gänsegeier¤nsegei… · Kolonien der Kvarner Bucht zu ˜nden. Aber...

  • 64. Jahrgang · Mai 2017 · D: € 4,95 · A: € 5,00 · CH: CHF 8,20 5 2017

    Veränderte Zugwege:

    Kraniche

    Unberührte Wildnis:

    Nationalpark Kalkalpen

    Kolonien in Kroatien:

    Gänsegeier

  • 2 | DER FALKE 5/2017

    IN

    HA

    LT Ornithologie aktuell

    Neue Forschungsergebnisse 4

    Biologie

    Klaus v. d. Dunk, Heinz Armer, Klaus Bäuerlein, Klaus Brünner:

    Reichen Insekten derzeit noch aus? Nahrungspräferenzen beim Mauersegler 7

    Biologie

    Günter Nowald:

    Veränderte Zugwege: Neue Kranichwelten in Europa 12

    Beobachtungstipp

    Christian Wagner, Christopher König, Christoph Moning, Felix Weiß:

    Landschaft aus einer anderen Zeit: Der ehemalige Truppenübungsplatz Münsingen in Baden-Württemberg 18

    Biologie

    Goran Sušić, Cornelia Kruchten:

    Kinder des Sturms: Gänsegeier in der Kvarner Bucht 22

    12 Kraniche

    34 Kalkalpen 40 Federduft

  • 5/2017 DER FALKE | 3

    Mitmachen

    Cathy Ribot, Christian Couloumy:

    Geier in den französischen Alpen: Gänsegeier-Sommerzählung 28

    Limikolen

    Anita Schäffer:

    Arealausweitung und Wiegefolge: Schwarzkopfmöwe 30

    Impressum 33

    Europäische Highlights

    Hans Uhl:

    Auf dem Weg zur Waldwildnis in Mitteleuropa: Nationalpark Kalkalpen 34

    Biologie

    Hans-Heiner Bergmann:

    Ein vergessenes Merkmal: Der Duft der Federn 40

    Veröffentlichungen

    Neue Titel 43

    Bild des Monats

    Rätselvogel und Aufl ösung 44

    Leute und Ereignisse

    Termine, TV-Tipps, Kleinanzeigen 46

    Titelbild

    Kranich. (Foto: Günter Nowald)

    DER FALKE Journal für Vogelbeobachter 64. Jahrgang, Heft 5, Mai 2017 · ISSN 0323-357X4

    7 Mauersegler 22 Gänsegeier

  • BIOLOGIE

    22 | DER FALKE 5/2017

    Gänsegeier in der Kvarner Bucht

    KINDER DES STURMS:

    Der berühmt-berüchtigte Wind „Bora“ macht Mensch und Natur an der kroatischen Küste das Leben schwer. Im Sommer sorgt der von Nordost kommende Fallwind für eine willkommene Abkühlung. Doch im Winter schlägt er erbarmungslos zu. Mit Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 200 Kilometern pro Stunde fegt er über die Adriaküste hinweg – von Triest in Italien bis hinunter nach Dubrovnik. Ab Herbst, wenn die Stürme am heftigsten wüten, entbrennt in der Kvarner Bucht ein ganz besonderer Sturm, die Paarungszeit der Gänsegeier beginnt. Ihre Kolonien befi nden sich nur noch auf fünf Inseln. Die Tiere beginnen zwischen Dezember und Januar mit der Brut und die ersten Küken schlüpfen im Februar.

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    Die Gänsegeier Kroatiens sind einzigartig. Im Vergleich zu den Kolonien in anderen Län-dern beginnt die Brutzeit in dieser nördlichsten, etablierten Gänsegei-erpopulation Europas sehr früh schon zu Jahresbeginn. Und auch die Wahl der Nist-plätze ist einzigartig. Die Nester be�nden sich auf steilen Klippen direkt über dem Meer. Manche von ihnen liegen nur 8 bis 10 m über dem Meeresspiegel. Wind und Wetter schufen in den schro�en, karsti-gen Felsen kleine Nischen, die den Vögeln Schutz bieten.

    Doch nicht nur die die Wahl der Nest-standorte ist ungewöhnlich. Die kroati-schen Gänsegeier, die zu den schwersten und größten Vertretern ihrer Arten zäh-len, können große Strecken zurücklegen. Mithilfe von Ring- und Flügelmarkenable-sungen konnte erstmals bewiesen werden, dass die Gänsegeier Zehntausende von Kilometern reisen. Einige der spektaku-lärsten Fälle sind die von „Oštro“, „Imela“ und „Ledjni Zlajo“. Im Juni 2012 landete der Gänsegeier „Oštro“ nahe eines Bau-ernhofes unweit der schwedischen Stadt Tuve. Nach einem Aufenthalt von mehre-ren Wochen in einem schwedischen Ret-tungszentrum in Göteborg wurde er Ende August 2012 per Flugzeug nach Kroatien zurückgebracht.

    Mit einem GPS-Sender ausgestattet, wurde er dort erfolgreich wieder frei-gelassen. Neben diesem Ausreißer nach Schweden wurde 2006 die Gänsegeier-dame „Imela“ in Russland – in der Nähe von Melnichnye Pamyaly (circa 800 km nordöstlich von Moskau!) gefunden. Lei-der hatte sie ihre Reise nicht überlebt, man fand nur noch ihr Skelett mit dem Ring an ihrem Bein. Die südlichste dokumentierte Sichtung eines beringten Gänsegeiers war die des kroatischen Tieres „Ledjni Zlajo“. Als jugendlicher Vogel �og „Ledjni Zlajo“ Ende August 1992 aus. Im Oktober dessel-ben Jahres wurde er im Zakouma Natio-nalpark im Tschad (Zentralafrika) gefun-den. Leider traf ihn das gleiche Schicksal wie Imela in Russland. Er wurde tot aufge-funden. Mehr als 75 % aller jugendlichen Gänsegeier sterben im ersten Jahr ihres Lebens.

    Migrationsverhalten

    Die kroatischen Gänsegeier wandern hauptsächlich in drei Richtungen: Nord-westlich zu den österreichischen und itali-enischen Alpen und weiter über Südfrank-

    reich nach Spanien, Richtung Südosten in den Süden Italiens bis nach Sizilien und vom Balkangebiet bis zur Krim und über die Türkei und Israel auf den afrikani-schen Kontinent. In Westafrika tre�en sie höchstwahrscheinlich auf spanische Gän-segeier und folgen ihnen bis in den Nor-den Spaniens. Über Frankreich wandern sie dann zurück nach Kroatien und schlie-ßen so den Kreis. Einige von ihnen ziehen nach Norden – nach Dänemark, Schwe-den, Norddeutschland und Polen, bis in den Nordosten Russlands. Nur die juveni-len Gänsegeier legen diese langen Entfer-nungen zurück. Nach dem Erreichen der Geschlechtsreife mit etwa fünf bis sechs Jahren kehren sie nach Kroatien zurück, um ihren Partner fürs Leben in einer der Kolonien der Kvarner Bucht zu �nden. Aber es gibt auch Ausnahmen: Einer fand seinen Partner in Griechenland und baute ein Nest auf der Insel Naxus. Einer anderer verpaarte sich in Serbien und ein weiterer in Norditalien.

    Die kroatischen Gänsegeier nutzen für ihre Flüge in der Kvarner Bucht haupt-sächlich Winde wie die Bora, weitaus mehr als die warmen �ermalwinde auf dem Festland. Übrigens sind die Inseln der Kvarner Bucht genau genommen Bergspit-zen eines ehemaligen Gebirges. Erst als mit

    der Klimaerwärmung nach der Eiszeit vor 10 000 Jahren der Meeresspiegel um 100 m anstieg, wurden sie zu Inseln. Dadurch entwickelte sich auch der Fallwind Bora in diesem Gebiet. Die Gänsegeier der kroati-schen Population sind größer und schwe-rer als ihre Artgenossen auf dem Festland, denn durch die Nutzung des Windes müs-sen sie bei der Futtersuche nicht warten, bis die Sonne das Land erwärmt und sie sich durch die �ermik in die Lu� schrau-ben können. Sobald Wind au�ommt, star-ten sie ihre Erkundungs�üge, o� schon vor dem Morgengrauen. Selbst nach Son-nenuntergang können sie noch aktiv sein und haben so täglich mehr Stunden für die Futtersuche zur Verfügung als ihre Artge-nossen.

    Über 7000 Sichtungen

    Seit 1989 werden jedes Jahr im Mai die Jungtiere in den Nestern der Kvarner Bucht beringt. Die ersten 500 von fast 1000 Gänsegeiern erhielten anfangs auch Flügelmarken, später nur noch grüne PVC- und Metallringe an ihren Füßen. Das Alter, die Heimatkolonie, das Nah-rungsgebiet und Migrationsverhalten während der ersten fünf Lebensjahre bis zum Erreichen der Geschlechtsreife und

    BIOLOGIE

    Während der Beringung dieses Gänsegeierkükens wurde im Nest ein zweites Ei enteckt. Ein sehr selten vorkommendes Ereignis. Normalerweise brüten Gänsegeierpaare nur ein Ei pro Jahr aus. Foto: V. Jalžić. Insel Cres, 7.5.2011.

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  • BIOLOGIE

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    Brutverhalten können so dokumentiert werden. Diese wertvollen Daten werden zur Identi�zierung der Schlüsselfaktoren ihrer Gefährdung genutzt. Seit Beginn der Maßnahme wurden bis heute rund 7000 Sichtungen gemeldet. Die Forschung führte zu vielen neuen interessanten Erkenntnissen. Gemeinhin ist bekannt, dass Gänsegeier jährlich nur ein Ei aus-brüten. In Gefangenscha� kommt es vor, dass Weibchen zwei Eier legen. Dieses in

    der Natur sehr seltene Phänomen konnte in der Kvarner Bucht beobachtet werden. Die wahrscheinlichste Erklärung ist, dass sich zwei Weibchen das gleiche Nest (und das gleiche Männchen) teilen, wie es bei etwa 1 % der Kappgeier dokumentiert ist. Bei Sperbergeiern wurde dieser Fall erst einmal beobachtet. Auch bei Weißrücken-geiern ist bekannt, dass zwei Weibchen sich ein Nest und Männchen teilen. Und auch die Konstellation eines Weibchens

    mit zwei Männchen wurde beobachtet. Den dritten im Bunde nennt man in die-sem Fall „Helfer“ oder „Onkel“. Dieses Verhalten ist auch bei anderen Vogelarten bekannt.

    Tourismus als große Bedrohung

    Die ersten Maßnahmen zum Schutz der kroatischen Gänsegeier begannen bereits Jahre zuvor. 1969 wurde auf der Insel Krk das weltweit erste ornithologische Schutz-gebiet für Gänsegeier eingerichtet. Die Einsicht, dass ihre Lebensräume als schüt-zenswert angesehen wurden, war ein erster wichtiger Schritt.

    Doch erst mit Beginn der wissenscha�li-chen Forschung – eingeläutet von den ita-lienischen Ornithologen Fabio Perco und Silvano Toso gemeinsam mit dem kroati-schen Ornithologen Goran Sušić – wurde deutlich, dass diese Population am Rand des Aussterbens war. Nachdem 1983 alle Nester dokumentiert worden waren, zeigte sich, dass nur noch rund 60 Brutpaare exis-tierten. Es war höchste Zeit zu handeln. Ein erster Futterplatz wurde bereits 1982 eingerichtet. Schutzmaßnahmen sollten die Bedrohungen für die Vögel minimie-ren. Neben dem Mangel an Nahrung waren Touristen (und sind noch heute) eine der größten Gefahren für die kroatische Popu-lation.

    Während der Sommermonate sind die jungen Gänsegeier in den Nestern gro-ßen Störungen ausgesetzt. Es werden Bootstouren für die Touristen angeboten, die im Sommer halbstündlich die Brut-

    Während der Brutsaison in den Sommermonaten werden die Tiere massiv von Touristen gestört. O� halten diese Beeinträchtigungen den ganzen Tag an, so-dass die Elterntiere nicht in der Lage sind, ihre Jungen zu füttern. Foto: G. Sušić. Insel Plavnik, 25.8.2013.

    Ein ertrunkener junger Gänsegeier. Er war in Panik vom Brutfelsen gesprun-gen und konnte sich nicht mehr aus eigener Kra� an Land retten. Foto: G. Sušić. Insel Plavnik, 5.7.2007.

    Durch verschiedene Maßnahmen konnte sich die Brutzahl der Gänsegeier seit 1983 mehr als verdoppelt werden. Leider sind die Zahlen seit 2014 wieder rückläu�g. Als Gründe werden Futtermangel, erhöhte Be-einträchtigungen durch den wachsendes Tourismus und illegale Vergi�ungen vermutet. Foto: H. J. Meyer. Kvarner Bucht, Mai 2015.

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    felsen passieren. Nicht selten kommt es vor, dass Touristen den Jungvogel durch Schreie und in die Hände klatschen anfeu-ern, weil sie ihn �iegen sehen wollen. Und dann kann es passieren, dass das Tier in Panik aus dem Nest springt und ins Meer stürzt. Selbst wenn der Geier in der Lage ist, darunterliegende Felsen zu erreichen, kann er von dieser niedrigen Position nicht mehr starten. Bei verunglückten Tieren ist schnelle Hilfe nötig und auch für den Retter nicht ungefährlich, denn man muss über rutschige und schar�an-tige Felsen balancieren, um den Vogel zu erreichen. Meist versuchen die erschöpf-ten Tiere, sich unter Einsatz der starken Halsmuskeln gegen die Person zu weh-ren, die es retten will. Das Boot mit dem Vogel auf dem Arm zu besteigen, ist noch schwieriger, besonders bei unruhiger See. Die ersten Tiere wurden ab 1983 gerettet. Anfangs brachten Vogelschützer die Geier noch in den Zoo der Hauptstadt Zagreb, von wo sie nach ihrer Rehabilitation auf der Insel Cres freigelassen wurden. Fast zwanzig Gänsegeier wurden auf diese Weise gerettet.

    Ökozentrum Caput Insulae-Beli

    Im Laufe der Jahre mussten immer mehr Opfer dieser Störungen beklagt werden. Der Transport der Vögel von den Inseln in der Kvarner Bucht bis nach Zagreb war mit großen �nanziellen und organisatori-schen Kosten verbunden. So entstand die Idee eines Rettungszentrums auf Cres. Zunächst wurde 1993 in einem ehemali-gen Schulgebäude ein Forschungs- und Bildungszentrum für den Naturschutz gescha�en. Zwei Jahre später wurde die Voliere gebaut, in der die jungen Gänse-geier untergebracht werden sollten, die vor allem aufgrund von Störungen, Verletzun-gen, Erschöpfungen und Vergi�ungen ins Meer gefallen waren.

    Ziel des „Ökozentrums Caput Insulae-Beli“ war es, die biologische Vielfalt, die ursprünglichen Werte und das kulturhisto-rische Erbe der Insel Cres zu schützen und zu bewahren. Ein umfassender und ganz-heitlicher Ansatz wurde entwickelt. Die Vision „Nachhaltigkeit – Menschen und Natur im Einklang“ umschrieb das Projekt und beinhaltete Programme wie den integ-rierten Schutz des Eurasischen Gänsegeiers und der Artenvielfalt, ein Interpretations-zentrum, das Bildungsprogramm „Natur-schule“ für junge Menschen, ein Ökovo-lontariat und Ökotourismus-Programm.

    Es wurde eine „Ausstellung für Kunst und Geschichte in der Natur“ eingerichtet. Steinskulpturen mit poetischen Inschri�en lokaler Künstler wurden ausgestellt, sieben Labyrinthe (Repliken bekannter Labyrin-the) in einem uralten Wald luden die Wan-derer zum Ausruhen und Meditieren ein und zahlreiche Wanderwege führten durch den magischen Tramuntana-Wald, die sich auf rund 60 km erstreckten.

    Nach der Ankun� in der Rehastation folgte eine Zeit der Intensivbehandlung für

    die geretteten und o� sehr geschwächten Tiere. Zuerst wurden sie für einige Zeit in einem Quarantänekä�g untergebracht, um zu sehen, ob sie Vergi�ungserscheinungen zeigten. O� waren sie so geschwächt, dass sie von Hand gefüttert werden mussten. Spezielle Au�aunahrung lieferte die nötige Energie. Auch die intensive medizinische Versorgung im Falle einer Dehydration konnte hier gewährleistet werden. Wenn das Tier auf dem Wege der Besserung war, wurde es in der größeren Flugvoliere in

    Gänsegeier: Von der Stadt Baška auf der Insel Krk führen Wanderwege in die Nähe der ornithologischen Reservate. Die Kolonien der Gänsegeier be�nden sich an der dem Festland zugewandten Seite der Insel. Gegenüber von Baška blickt man auf die unbe-wohnte Insel Prvić. Mit einem Taxiboot kann man entlang der Insel fahren und die Gänsegeier beobachten. Hier sind ihre Nester sehr hoch über dem Meeresspiegel, somit ist die Gefahr einer Störung für die Tiere weitgehend ausgeschlossen. Bitte akzeptieren Sie keine Angebote, die Gänsegeier bei der Insel Plavnik zu beobachten. Denn dort lie-gen die Nester sehr niedrig und die Gefahr, dass ein junger Gänsegeier durch Störungen verunglückt, ist hier sehr hoch.Weitere Vogelarten: Steinadler, Schlangenadler, Wanderfalke, Rötelfalke, Baumfalke, Bienenfresser, Kormoran, Mittelmeer-Steinschmätzer, Blaumerle, Steinrötel, Stein-huhn, Triel, Uhu, Zwergohreule, Steinkauz, Ziegenmelker, Alpensegler, Fahlsegler, WiedehopfSelten: Habichtsadler, Eleonorenfalke, Lannerfalke, Mittelmeer-SturmtaucherAndere Tierarten: Del�ne, Koyoten

    Beobachtungstipps Kvarner Bucht

    Junge Gänsegeier in der Rehabilitationsstation in Crnika während der Fütterung. Foto: H. J. Meyer. 26.1.2015.

  • BIOLOGIE

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    die Gruppe der anderen Gänsegeier gelas-sen. Der Zeitraum von der Ankun� in der Rehastation bis zur Wiederauswilderung lag zwischen zehn und zwölf Monaten. Die Jungvögel verdoppelten ihr Gewicht in die-ser Zeit und trainierten ihre Flugmuskeln. Der lange Aufenthalt gewährleistete, dass sie stark genug für eine Wiederauswilde-rung waren. Zusätzlich zum körperlichen Au�au lernten die Gänsegeier den Umgang mit ihren Artgenossen. Für gewöhnlich sit-zen die Tiere friedlich zusammen. Doch ihr Verhalten ändert sich schlagartig, wenn es Futter gibt.

    Bei den Rangkämpfen testen die Jung-tiere sich gegenseitig aus. Eine besondere Delikatesse ist die Leber eines toten Tie-res, denn sie liefert viel Energie. Nur der Stärkste am „Bu�et“ erwischt den Happen. Leider ist die Leber jedoch das gefähr-lichste Organ, wenn die Beute vergi�et wurde. Denn hier reichert sich das meiste Gi� an. Gänsegeier verfügen über keinen Geruchssinn und sind sich der tödlichen Gefahr nicht bewusst. Deshalb sind gerade die ranghöchsten und stärksten Gänse-geier o� die ersten Opfer einer Vergi�ung. Ein illegal ausgelegter Gi�köder hatte 2004 auf der Insel Rab verheerende Folgen: Die stark gefährdete Population wurde mit

    einem Schlag um zwanzig Gänsegeier dezimiert.

    Die Informations- und Bildungsarbeit im Ökozentrum war eine wichtige Maß-

    nahme, um Unfälle durch Störungen und Vergi�ungen der Tiere zu verhindern. Das Projekt auf Cres wuchs und zog in den rund zwanzig Jahren seines Bestehens immer mehr Besucher an. Es wurde mit vielen Auszeichnungen überschüttet. 2011 erhielt das Projekt von Skal International, einem internationalen Berufsverband der Tourismusindustrie, einen Preis als welt-bestes Reiseziel in der Kategorie „General countryside“.

    Es war die Geldgier der Tourismus- industrie auf der Insel, die dem Zentrum letzten Endes des Todesstoß versetzte. Kon�ikte zwischen den Tierschützern und Menschen, die mit den Gänsegeiern Geld verdienen wollten (zum Beispiel Aus�ugs-boote), waren schon bald an der Tagesord-nung. Auf dem Höhepunkt des Erfolges sah man sich gezwungen, das Ökozentrum zu schließen.

    Neue Auffangstation auf dem Festland

    Einige Monate später wurde ein neues Areal für das Rettungszentrum auf dem Festland gefunden. Im Velebit Naturpark und direkt neben der Küstenstraße mit direktem Blick auf die unbewohnte Insel Prvić, wo Kolonien der Gänsegeier liegen. Auf dem Gelände befand sich ein verfal-lenes ehemaliges Forsthaus. Die Wieder-herstellung des Gebäudes und der Au�au

    Im Rettungszentrum auf Cres wurden in manchen Jahren bis zu 15 gerettete Gänsegeier gesund gep�egt. Foto: G. Sušić. Frei�ugvoliere Ökozentrum Caput Insulae Beli, 20.7.2010.

    Im Mai 2016 konnten sechs rehabilitierte Gänsegeier wieder in die Freiheit entlassen werden. Foto: H. J. Meyer. Kvarner Bucht, 28.5.2016.

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    einer Flugvoliere dauerten fast zwei Jahre. Der Name der neu gegründeten Organi-sation war „Grifon“. Im September 2013 wurde das Zentrum eingeweiht. Mit der Hilfe zahlreicher, sehr enthusiastischer Freiwilliger blühte der vormals verlassene Ort auf.

    Die Tiere in der Rehastation konnten ungestört von Besuchern hinter verspie-gelten Scheiben beobachtet werden. Das Gebäude befand sich außerhalb des Dor-fes und war leider ohne Stromanschluss. Die Betreibergesellscha� versprach mona-telang immer wieder, eine Stromleitung zu verlegen. Die Monate vergingen, doch nichts passierte. Die Organisation musste sich mit einem Generator behelfen. Bald sprach es sich rum, dass das Zentrum erö� net hatte. Mit jedem Jahr kamen mehr Besucher, doch leider nicht genug. Die laufenden Kosten (vor allem für das Futter) konnten kaum durch Ticketver-käufe bzw. Spenden gedeckt werden. Ende Dezember 2016 wurde das Projekt erneut mit schlechten Nachrichten konfrontiert: Das „Ministerium für Umwelt und Natur“ änderte seinen Namen in „Ministerium für Umwelt und Energie“. Durch diese Umwidmung stellte das Ministerium die Co-Finanzierung für Rettungszentren gefährdeter Tiere in Kroatien mit soforti-ger Wirkung ein. Das traf auch den Verein Grifon. Denn ohne die Unterstützung war die Deckung der laufenden Kosten für das Jahr nicht zu stemmen. Und dies bedeu-tete wiederum den Todesstoß für ein Pro-jekt, dessen Erfolgsstory seinesgleichen sucht.

    Trotz dieses herben Rückschlages wird Grifon im Rahmen der � nanziellen Mög-lichkeiten den Kampf für den Erhalt der kroatischen Gänsegeier fortsetzen. 2017 könnte der Verein den Meilenstein von 1000 beringten Gänsegeiern erreichen. Doch um dieses Ziel zu erreichen, braucht es die Hilfe � nanzkrä� iger Sponsoren und Spender.

    Geplant ist auch, ein Netzwerk von Futterplätzen (Geierrestaurants) von den Alpen bis Griechenland zu etablieren. Darin eingeschlossen sind Naturschutzge-biete in Italien, Slowenien, Kroatien, Bos-nien/Herzegowina, Serbien, Mazedonien und Griechenland. Es soll sozusagen eine Art „sicherer Durch� ugkorridor“ für Geier gescha� en werden. Eine Kooperation mit dem Nationalpark Krka auf dem Festland wird zurzeit angestrebt. Dort soll der erste einer Reihe von Futterplätzen angelegt werden. Bis Ende des letzten Jahrhunderts

    war dort eine Gänsegeierkolonie angesie-delt. Langfristiges Ziel ist es, die gesund gep� egten Geier wieder im Nationalpark beziehungsweise in anderen geeigneten Gebieten anzusiedeln.

    Bleibt letzten Endes noch die Ho� nung, dass kün� ige Generationen realisieren, wie unabdingbar Gänsegeier für eine gesunde Umwelt sind. Sie sind so wichtig für den Planeten wie naturbelassene Nahrung und sauberes Trinkwasser.

    Goran Suši , Cornelia Kruchten

    Literatur zum � ema

    Redaktion Der Falke (Hrsg.) 2016: Geier. Biologie – Gefährdung – Schutz. Der Falke, Sonderhe� .Aula, Wiebelsheim.

    Sušić G 2000: Regular Long-distance Migration of Eurasian Gri� on Gyps fulvus. In: Chancellor R D, Meyburg B-U (eds.): „Raptors at Risk“. WWGBP/Hancock House. Pp. 225-230.

    Dr. Goran Sušić ist Ornithloge, er war Gründungspräsident des „Ökozentrum Caput Insulae-Beli“, einer Gesellschaft zum Schutz des natürlichen und kulturhistorischen Erbes der Insel Cres, und gründete die Gesellschaft „Grifon“ zum

    Schutz von Greifvögeln. Er ist Mitglied der inter-nationalen IUCN Vulture Specialist Group.

    Cornelia Kruchten unterstützt das Projekt seit Anfang 2014 ehrenamtlich, unter anderem ist sie zuständig für Marketing und Fundraising.

    Geplant ist ein Kinderbuch, das die wahre Geschichte des Gänsegeiers „Spaky“ erzählt. Für die Realisierung dieses Büchleins, dessen Einnahmen dem Projekt zugutekommen sollen, sucht der Verein noch Sponsoren. Wei-tere Informationen unter www.supovi.de.

    Ein junger Gänsegeier schraubt sich in nach sei-ner Wiederauswilderung über der Insel Prvić in die Lü� e. Foto: H. J. Meyer. Kvarner Bucht, 28.5.2016.

  • Im63. Jahrgang

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    U1EditorialInhaltOrnithologie aktuellSilberreiher: Feldmäuse ernähren ÜberwintererWeißstorch: Vorteil EuropaVogelzug: Wärmebildkameras am Golf von BiskayaTrottellumme: Eiform garantiert „Stärke und Sauberkeit“Höckerschwan: Windsurfen spart EnergieSitzwarten: Je höher, desto dominanterRaben: So schlau wie Primaten

    Reichen Insekten derzeit noch aus? Nahrungspräferenzen beim MauerseglerKlaus v. d. Dunk, Heinz Armer, Klaus Bäuerlein, Klaus Brünner

    Veränderte Zugwege: Neue Kranichwelten in EuropaGünter Nowald

    Landschaft aus einer anderen Zeit: Der ehemalige Truppenübungsplatz Münsingen in Baden-WürttembergBeobachtungstippChristian Wagner, Christopher König, Christoph Moning, Felix Weiß

    Kinder des Sturms: Gänsegeier in der Kvarner BuchtGoran Sušic, Cornelia Kruchten

    Geier in den Französischen Alpen: Gänsegeier-SommerzählungMitmachenCathy Ribot, Christian Couloumy

    Arealausweitung und Wiegefolge: SchwarzkopfmöweLimikolenAnita Schäffer

    ImpressumAuf dem Weg zur Waldwildnis in Mitteleuropa: Nationalpark KalkalpenEuropäische HighlightsHans Uhl

    Ein vergessenes Merkmal: Der Duft der FedernHans-Heiner Bergmann

    VeröffentlichungenDie Vogelwelt von Rheinland-Pfalz von Christian Dietzen und MitarbeiternGefiederte Lebenswelten – das endlose Band der Ornithologie von Walter A. SontagWer die Eule liebt. Fabeln von Dorothee Warnecke

    Leute & EreignisseBirdLife-Vogelschutzrallye erbringt 60000 Euro gegen illegale Vogeljagd8. HanseBirdInoffizieller „Tag der Vogelartenvielfalt“ – 14. bundesweites Birdrace am 6. Mai 2017„Stunde der Gartenvögel“ 2017

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