Verhalten von Hopfenaromastoffen bei der Bieralterung · Differenz = Indikator für Stabilität...

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AGRARIA Workshop 31.05.-02.06.2017 Entre Rios Verhalten von Hopfenaromastoffen bei der Bieralterung Adrian Forster Andreas Gahr Roland Schmid Filip van Opstaele

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AGRARIA Workshop31.05.-02.06.2017

Entre Rios

Verhalten von

Hopfenaromastoffen bei

der BieralterungAdrian Forster

Andreas Gahr

Roland Schmid

Filip van Opstaele

Andreas Gahr– Entre Rios – 01.06.2017

Überblick über Hopfenaromasubstanzen

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Über das Verhalten verschiedener Bieraromastoffe

liegen bisher nur einige und zum Teil widersprüchliche

Untersuchungen vor.

Andreas Gahr– Entre Rios – 01.06.2017

Material & Methoden

Brauversuche (8 Serien)• Allmalzbiere mit 11,0 -12,5 % Stammwürze, pH 4.42-4.60

• Hopfung ausschließlich mit Pellets; Grundbittere bei

Kochbeginn; späte Hopfung 50 % bei Kochende, 50 % in

Whirlpool, Hopfenstopfen am Ende der Gärung vor der Reifung:

1 Woche 14 °C, 2 Wochen 0-1 °C.

• Späte Hopfengabe und Hopfenstopfen mit 100 - 500 g/hl,

Verwendung von 9 deutschen Hopfensorten

• Alterung: 87 Proben gelagert bei 3, 20 und 30°C

Analyse der Hopfenaromakomponenten• R- und S- Linalool: NATECO2, Wolnzach, mit GC-FID

• Alle anderen Aromastoffe: KU Leuven, Ghent, HS SPME-GC-MS

(Head Space Solid Phase Micro Extraction GC MS)

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Teil 1: Ergebnisse zu Linalool; einige Fakten

Linalool besteht aus den R- und S- Stereoisomeren

Geruchsschwellenwerte nach Fritsch:

• R-Linalool 2,2 µg/l

• S-Linalool 170 µg/l

Geschmacksschwellenwerte:

• R-Linalool 10-20 µg/l

• S-Linalool 200-300 µg/l

Verhältnis R-Anteil im Gesamtlinalool liegt bei frischen Hopfen und

ungealterten Bieren bei ~90% rel. und sinkt mit ihrer Alterung.

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Angaben zu den ermittelten Daten

Folgende Daten wurden gesammelt und dargestellt:

➢ Abnahmen von R-Linalool in % rel.

➢ Zunahmen von S-Linalool in % rel.

➢ Veränderungen von Gesamt-Linalool (R+S) in % rel.

➢ Änderung des R-Linalool-Anteils in % vom Gesamt-Linalool

Konfidenzintervalle:

R-Linalool Abnahme ± 4% (bei ca. 50 µg/l)

S-Linalool Zunahme ± 33% (bei ca. 5 µg/l)

Änderung des R-Anteiles ± 3% (bei ca. 90%)

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Darstellung der Ergebnisse

• Die Verläufe aller Versuchsreihen werden in einer Grafik

gesammelt dargestellt und nicht jede Serie einzeln.

• Grundlage der Untersuchungen sind 49 Biere, bei drei

unterschiedlichen Temperaturen gealtert:

▪ 3°C - 4 Biere

▪ 20°C - 38 Biere

▪ 30°C - 7 Biere

• Lagerdauer 21 bis 700 Tage

• Insgesamt 107 Messungen

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Entwicklung von Linalool bei einer Bieralterung (20°C, 700d)

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Zu Beginn keine klare Tendenz, wohl aber mit zunehmender Alterung; Abnahme ca. 15 % pro Jahr

Andreas Gahr– Entre Rios – 01.06.20178

Entwicklung von R- und S- Linalool bei einer Bieralterung (20°C, 700d)

S-Linalool steigt um 150 % pro Jahr an R-Linalool nimmt um 30 % pro Jahr ab

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Änderung des R-Linalool-Anteils bei 20 °C

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R-Linalool Anteil nimmt um 15 %-rel pro Jahr ab

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Änderungen von R-, S-, und Gesamt-Linalool bei 30°C

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S-Linalool steigt um 200 % in 3 Monaten an R-Linalool nimmt um 40 % in 3 Monaten ab

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Veränderungen des R- Linalool Anteiles bei 30°C

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Darstellung von 5 Bieren

R-Linalool Anteil nimmt in allen Bieren gleichmäßig ab

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Durchschnittliche Abnahme des R-Linalool Anteils bei 20 und 30°C

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Reaktionsgeschwindigkeit bei 30 °C um den Faktor 3,5 höher als bei 20 °C

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Unterschiede in der Linalool-Abnahme zwischen später

Hopfung und Hopfenstopfen

Beispiel 1:

Jeweils 6 Biere bei 20 °C über 420 Tage gelagert

Abnahmen des Gesamt-Linalools:

• Späte Hopfung: 37 %

• Hopfenstopfen: 43 %

Beispiel 2:

Jeweils 2 Biere bei 30 °C über 105 Tage gelagert

Abnahmen des Gesamt-Linalools:

• Späte Hopfung: 11 %

• Hopfenstopfen: 9 %

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Kein Hinweis für Unterschiede zwischen den beiden Hopfungsarten

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Ergebnisse zu anderen Aromastoffen

Die Analytik umfasst maximal folgende Substanzgruppen:

• 5 Monoterpene (Myrcen u.a.)

• 12 Sesquiterpene (β-Caryophylen, Humulen u.a.)

• 7 Carbonsäure-Ester (Isobutylisobutyrat u.a.)

• 6 Monoterpen-Alkohole (Linalool, Geraniol u.a.)

• 9 Sesquiterpenoide (Epoxide und Alkohole)

• 2 Terpen-ether (Terpinyl- und Linalylethyl-ether)

• 3 Ketone (überwiegend β-Damascenon)

• 2 Terpen-Ester

46 Substanzen

Schwerpunkt wurde in einigen Untersuchungen auf Ester

und Monoterpenalkohole gelegt

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Auswertung auf 2 Wegen

(1) Vergleich von gealterten Proben nach der Lagerung

z.B. von 420 Tagen bei 20 °C mit den frischen Proben:

Problematisch hierbei ist die Zeitspanne mit potentiellen

Fehlerquellen wie Kalibrierung, Säulenwechsel etc.;

GC-MS ist weniger stabil über längere Messzeiträume als GC-FID

(2) Vergleich von zwei unterschiedlich gealterten Proben z.B. bei 3 °C und 20 °C, analysiert zum selben Zeitpunkt

Vorteil: Vermeidung von Kalibrierfehlern.

Nachteil: Keine Ergebnisse zur absoluten Veränderung

Me

ssw

ert

Lagerzeit

Differenz = Indikator für Stabilität

3°C

20°C

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Vergleich der Alterung ausgewählter Aromastoffe

nach Methode 1 (frisch gegen alt)

• 12 Biere mit 6 unterschiedlichen Hopfensorten,

• jeweils spät gehopft und hopfengestopft,

• Alterung 420 Tage bei 20 °C (Ergebnisse in % rel.)

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Spät gehopft Hopfengestopft

Myrcen und Humulen -100 -100

Geraniol -35 -44

3-Methylbutyl-2-methylpropanoat -36 -46

2-Methylbutyl-2-methylpropanoat -41 -54

2-Methylbutyl-2-methylbutanoat -43 -50

2-Methylbutyl-3-methylbutanoat -52 -60

Isobutylisobutyrat +35 +28

Isoamylpropanoat -45 -53

Kein Hinweis für Unterschiede zwischen den Hopfensorten; Unterschied

zwischen spät gehopft und hopfengestopft nicht abgesichert

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Brauserie mit 4 Bieren (spät gehopft und hopfengestopft)

Vergleich 3°C gegen 20°C bei 120 Tagen Lagerdauer

Pale Ale IPA

Monoterpene 100 85

Sesquiterpene 93 85

Ester 82 72

Monoterpenalkohole

(ohne Linalool)112 100

Sesquiterpenoide 95 90

Wert < 100%:

stärkerer Abbau bei

20 °C im Vergleich

zu 3°C

Wert > 100%:

stärkere Zunahme

bei 20 °C im

Vergleich zu 3°C

Andreas Gahr– Entre Rios – 01.06.2017

Brauserie mit 6 Bieren

Vergleich 3°C gegen 20°C bei 150 Tagen Lagerdauer

Durchschnitt

Monoterpene 93

Sesquiterpene 77

Ester 78

Monoterpenalkohole

(ohne Linalool)111

Sesquiterpenoide 88

Terpenester 100

Terpenäther 364

Beta-Damascenon 240

Wert < 100%:

stärkerer Abbau

bei 20 °C im

Vergleich zu 3°

Wert > 100%:

stärkere Zunahme

bei 20 °C im

Vergleich zu 3°C

Andreas Gahr– Entre Rios – 01.06.2017

Beobachtungen zu Einzelsubstanzen

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Stabil

Werte 20°C ~ 3°C

Abnahme

Werte 20°C < 3°C

Anstieg

Werte 20°C > 3°C

Isobutylisobutyrat2-Methylbutyl 2-

methylpropanoatIsobutylisobutyrat (?)

2-Methylbutyl 3-

methylbutyrat

3-Methylbutyl 2-

methylpropanoat1-Terpinen-4-ol

2-Methylbutyl 2-

methylbutyrat2-Methylbutylpropanoat α-Terpineol

Monoterpene Sesquiterpene Terpenether

Nerol Sesquiterpenoide β-Damascenon

Geraniol Geraniol (?)

β-Citronellol

Andreas Gahr– Entre Rios – 01.06.2017

Beispiele für Alterungsreaktionen

Umwandlungen von Linalool:

• R- zu S-Linalool

• Linalool zu α-Terpineol

• Geraniol zu Linalool

Umesterung:

Nachweisbar ist z.B. die Zunahme

von Ethyl-deca-4-dienoat aus

dem zugehörigen Methylester.

Andreas Gahr– Entre Rios – 01.06.2017

Beispiele für Alterungsreaktionen

Absorption:

Schlecht lösliche Mono- und Sesquiterpene, aber

auch in geringerem Maße Terpenalkohole werden

von der Dichtmasse des Kronkorkens (sowie von der

Innenbeschichtung von Dosen) absorbiert.

Wietstock et al., Scalping of hop volatiles from beer into crown cork liner polymers and can coatings, Poster, WBC 2016 Denver

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Zusammenfassung (1)

Verhalten von Linalool bei der Bieralterung

• R-Linalool nimmt ab (z.B. -30%/Jahr bei 20°C).

• S-Linalool steigt an (z.B. +150%/Jahr bei 20°C).

• Relative R-Anteil am Gesamtlinalool nimmt ab

(z.B. von 90% auf 75% pro Jahr bei 20°C).

• Neben der Racemesierung von R zu S wandelt sich R-Linalool z.B. zu α-Terpineol und evtl. Nerol um.

• Einflüsse von Hopfungsart (heiß oder kalt), Hopfensorten

und Biertyp (UG/OG) sind nicht erkennbar.

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Da R-Linalool sensorisch um ein vielfaches aktiver als die S-

Form ist, spielt die R-Abnahme eine entscheidendere Rolle.

Daher ist die alleinige Analytik von Gesamtlinalool zur

Beschreibung sensorischer Effekte unzureichend.

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Zusammenfassung (2)

Verhalten anderer Aromastoffe bei der Bieralterung

• Monoterpene sind in sauerstoffarmer Atmosphäre

überraschend stabil; Kronkorkendichtmasse

entscheidend.

• Sesquiterpene nehmen leicht ab.

• Die meisten Ester erleiden "moderate" Verluste.

• Monoterpenalkohole verhalten sich uneinheitlich.

R-Linalool nimmt ab, Nerol und Geraniol sind noch unklar, 1-Terpinen-4-ol und α-Terpineol nehmen zu.

• Sesquiterpenoide nehmen leicht ab.

• Terpenäther steigen stark an; sensorische Auswirkung ist

unklar.

• Beta-Damascenon steigt stark an.

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Andreas Gahr– Entre Rios – 01.06.2017

Zusammenfassung (3)

• Hopfenaromakomponenten in Bier sind stabiler als

zunächst (von uns) angenommen.

Grundvoraussetzung eine sauerstoffarme Abfüllung.

• Nicht alle festgestellten analytischen Veränderungen

sind sensorisch eindeutig zuzuordnen.

Naheliegende Zusammenhänge sind:

– Abnahme von R-Linalool: hopfig-florale Noten gehen verloren.

– Abnahme der Ester: fruchtige Noten nehmen ab.

Unklare Zusammenhänge sind:

– Umwandlungen sonstiger Monoterpenalkohole (Takoi / Quing)

– Bildung von Terpenäther

– Umesterungen (Methyl- in Ethylester)

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Andreas Gahr– Entre Rios – 01.06.2017

Ausblick

• gewonnene Erkenntnisse absichern

• Zusätzlich zu den rein analytischen

Untersuchungen Durchführung von

sensorischen Bewertungen nötig (z.B. über

den direkten Vergleich von Bieren bei 0°C

und 20°C gelagert, um Zeitversatz zu

vermeiden).

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Danke!

Andreas [email protected]