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Ursel Hauschildt Dorothea Piening Ursel Hauschildt Hintergründe für Ausbildungen ohne Abschluss: Ergebnisse einer Studie aus dem Kammerbezirk Osnabrück-Emsland Fachkonferenz “Herausforderung Ausbildung: Gleiche Aussichten für alle?”, Regionales Übergangsmanagement Nordsachsen Delitzsch, 09.09.2011

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Ursel HauschildtDorothea Piening

Ursel Hauschildt

Hintergründe für Ausbildungen ohne Abschluss: Ergebnisse einer Studie aus dem Kammerbezirk

Osnabrück-Emsland

Fachkonferenz “Herausforderung Ausbildung: Gleiche Aussichten für alle?”, Regionales Übergangsmanagement Nordsachsen

Delitzsch, 09.09.2011

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Ein Frust ohne Ende…. Die Stimmen der Azubis:

„Ich habe mich mit dem Chef nicht verstanden. Er hat nur rumgeschrien. Ich hatte Angst!“

„Azubi heißt Theke, Bistro, Service, Küche (Schnitzelbraten & Co.) und das sieben Tage die Woche, je zehn bis zwölf Stunden. Freies Wochenende nur mit begründetem Urlaub möglich“.

„Selbst im dritten Lehrjahr habe ich das Büro noch nicht von innen gesehen oder andere Sachen gemacht, die mit meiner Ausbildung zu tun haben.“

„War immer allein im Büro, dadurch kaum was gelernt: Kunden kannten es nicht, dass jemand im Büro ist und riefen somit Chef auf Handy an. Wenn Aufgaben, dann max. für 2 Std. täglich.“

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... für die Jugendlichen: viel Frust und verlorene Zeit. Unnütze Warteschleifen. (Für den Staat teure) Übergangsmaßnahmen. Im schlimmsten Falle Arbeitslosigkeit..

... für die Betriebe: Eine Fehlinvestition, Zeit- und Arbeitskraftverlust.Fachkräftemangel. Engpässe im Betrieb.

Was bedeutet eine vorzeitige Vertragslösung ...

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Eigentlich wäre der Abbruch vermeidbar gewesen!

Und immer wieder die ehrliche Erkenntnis von Auszubildenden UND Ausbildern:

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Rahmendaten der Erhebung Fragebogen • Allgemeinen Rahmendaten • Auswahlverfahren• Einschätzungen zu den Ursachen des Abbruchs und potenzielle Maßnahmen seiner

Vermeidung (z.T. offene Fragestellungen)

Angeschriebene Betriebe und Auszubildende• 470 Betriebe• 800 Auszubildende

Rücklauf• 208 Betriebe (44%)• 159 Auszubildende (26%)

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Vertragslösung ≠ Ausbildungsabbruch

BIBB Datenreport 2011: Etwa die Hälfte der Auszubildenden mit einem gelösten Vertrag schließt einen neuen Ausbildungsvertrag ab.

IBB Studie in Osnabrück: 44% der Abbrecher begann eine neue Lehre. Weitere 14% besuchen eine Berufsfachschule, 8% sind Teilnehmer einer Maßnahme, 7% entschieden sich für weiteren Schulbesuch (Gymnasium oder Fachoberschule) und 5 % begannen ein Studium. 3% traten ihren Wehrdienst an.

13% gaben an berufstätig ohne Ausbildung zu sein. 12% wurden arbeitslos. Nach der IBB Erhebung handelt es sich also in rund einem Viertel der Fälle um einen echten Ausbildungsabbruch.

Wo bleiben die „Abbrecher“ ?

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Verbleib der Jugendlichen nach Vertragslösung

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Verbleib der Abbrecher

Wo bleiben die „Ausbildungsplätze“ ?

Verbleib von Ausbildungsplätze nach einer Vertragslösung:

55% der betroffen Betriebe besetzten Ausbildungsplatz neu23 % planen, den betreffenden Ausbildungsplatz neu zu besetzen22 % haben den Ausbildungsplatz nicht wieder besetzt und planen das auch nicht. Bei Betrieben mit weniger als 5 Mitarbeiten sind es sogar 37%.

Schätzungen zufolge gingen im Jahr 2004 allein im deutschen Handwerk 10 600 (…) Ausbildungsplätze verloren.

(Vergl. Jenewein, http://www.magdeburg.de/media/custom/698_2098_1.PDF?1165233303)

Die IBB Studie hat diese Fragestellung in Osnabrücker Betrieben nicht berücksichtigt. Eine Erhebung der Universität Madgeburg (Prof. Jenewein) kann darüber jedoch interessante Einblicke vermitteln:

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Zentrale Ergebnisse der Untersuchung im Überblick

1. Erwartungshaltung der Betriebe und Auszubildenden vor Ausbildungsbeginn2. Initiator für die Vertragslösung 3. Zeitpunkt der Vertragslösung4. Lösungsquoten nach Berufsgruppen und Betriebsgröße

5. Gründe für den Abbruch (aus Sicht der Betriebe und der Auszubildenden) a) persönliche b) berufliche c) betriebliche d) berufsschulische

6. Konsequenzen & Anregungen

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1a. Erwartungen vor Beginn der AusbildungSicht der Betriebe

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1b. Erwartungen vor Beginn der AusbildungSicht der Auszubildenden

37

32

7

0

5

10

15

20

25

30

35

40

…absolut vielversprechend ..durchschnittlich gut geeignet …nicht geeignet

Azubis

Erwartung an die Ausbildung

Prozent (n = 159)

„Eine Ausbildung in diesem Betrieb hielt ich nach dem Auswahlverfahren für…“

absolut vielversprechend durchschnittlich geeignet …nicht geeignet

37%32 %

7 %

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2. Initiator für die Vertragslösung

0

10

20

30

40

50

60

s. Betrieb s. Azubi beide k.A.

Abbrecher/innen

Ausbilder

27%

1%

18%

7%

26%

Anteil in Prozent

2%

53%

20%

35%

50%

15%

Bei mehr als der Hälfte der Lösungen geht die Initiative von den Auszubildenden aus.

Etwa jede fünfte im gegenseitigen Einvernehmen von Auszubildenden und Betrieb.

Die Aussagen der Azubis und Betriebe passen zueinander.

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3. Zeitpunkt der Vertragslösung

0

5

10

15

20

25

30

35

40

vor Beginnder

Ausbildung

in derProbezeit

im 1. Aj.nach Ablauf

derProbezeit

im 2. Abj. im 3. Abj. im 4.Abj k.A.

Abbrecher/innen

Ausbilder

Anteil in Prozent

3%

60%

6%

38%

32%

30%

29%

21%23%

7% 8 %

1% 2%

Zeitpunkt der Lösung

Rund zwei Drittel der Ausbildungs-verträge werden bereits im ersten Ausbildungsjahr gelöst,

darunter mehr als die Hälfte in der Probezeit.

Die Aussagen von Azubis und Betrieben passen zueinander.

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Quelle: BiBB Datenreport 2011

3. Zeitpunkt der Vertragslösung

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4. Lösungsquoten nach Berufsgruppen

Die Lösungsquote der IHK Osnabrück-Emsland beträgt 16,6%. (Bundesweit:22,1%)

Am stärksten betroffen sind Berufe der Gastronomie gefolgt von kaufmännischen Berufen.

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In Kleinst- und Kleinbetrieben ist das Lösungsrisiko um rund das Achtfache höher als in einem Großbetrieb.

Betriebsgröße (Anz. d. Beschäftigten)

Abbrecher (Ang. d. Auszubildenden)

Befragte Ausbilder

Anzahl der Ausbildungs-betriebe gesamt

Beschäftigte gesamt (ca.)

Anteil der Ausbildungs-verhältnisse

<10 38% 27%3977 100.000 ca. 37%!10–49 29% 34%

50–99 11% 7% 332 25.000 ca. 7%

100–499 13% 18% 376 90.000 ca. 23%

>500 8% 9% 80 123.000 ca. 33%

4b. Lösungsquoten nach Betriebsgröße

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5. Gründe für den AusbildungsabbruchSicht der Auszubildenden

1.

betriebliche berufliche schulische persönliche

2.3.

4.

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5a) Betriebliche Gründe für die VertragslösungSicht der Auszubildenden

- Kommunikationsprobleme- Beschäftigung statt Ausbildung- mangelnde Ausbildungsqualität.

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5b. Persönliche Gründe für die VertragslösungSicht der Auszubildenen

Maßgeblicher persönlicher Grund der Auszubildendem für die Lösung ist das Gefühl, dass „…der Betrieb und ich nicht zusammenpassen.“

Neben gesundheitlichen, familiären und finanziellen Gründen (ca. 10%) argumentieren 13% mit einem nachlassenden Ausbildungsinteresse.

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5c. Berufliche Gründe für die VertragslösungSicht der Auszubildenden

Für jeden vierten Auszubildenden ist das Auseinanderklaffen zwischen Wunschberuf und Ausbildungsrealität ein entscheidender Grund für die Auflösung des Ausbildungsverhältnisses.

Die Attraktivität des Berufs spielt eher nur eine marginale Rolle.

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5. Gründe für die VertragslösungSicht der Ausbilder/innen

Für die Betriebe sind die Vertragslösungen - neben persönlichen Gründen der Azubis - maßgeblich auf berufliche Gründe zurückzuführen, d.h. die Auszubildenden hätten „falsche

Berufsvorstellungen“ gehabt, „ein fehlendes Interesse an der Ausbildung“, „mangelnde Leistungen“ und wären daher

gegenüber den Erwartungen des Betriebes zurückgeblieben.

Die maßgeblichen Gründe für einen Ausbildungsabbruch werden von Azubis und Betriebe anders interpretiert. Die Aussagen von Betrieb und Azubis passen hier NICHT zusammen.

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5. Gründe für die VertragslösungSicht der Ausbilder/innen

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6a. Wurden aus den Erfahrungen Konsequenzen gezogen?

• Zwei Drittel der Auszubildenden hat Konsequenzen aus der Lösung gezogen: sich besser über den Betrieb zu informieren (46%), ein Praktikum zu machen (28%) und sich intensiver über den Beruf informieren (19%).

• Demgegenüber sehen 60% der Ausbilder/innen sehen keine Notwendigkeit zur Veränderung der Einstellungs- und Ausbildungspraxis.

• Ein Viertel der Betriebe gab an, daraus Konsequenzen gezogen zu haben (Fortbildungen für Ausbilder, verstärkte Kommunikation mit den Auszubildenden, intensiveres Auswahlverfahren).

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a) Maßnahmen vor der Berufsausbildung (Prävention)

- Frühzeitige und betriebsnahe Berufsorientierung (Betriebspraktika)

- Individuelle Berufsberatung für Schulabgänger

- Unterstützung der Betriebe bei der Bewerberauswahl

- Verbesserung der Ausbildungsreife und Optimierung von Soft skills

- Allergietests (Friseur/Innen, Bäcker/Innen, Florist/Innen, Bauberufe, holzverarbeitende Berufe)

Maßnahmen zur Verhinderung vorzeitiger Vertragslösungen

b) Maßnahmen während der Berufsausbildung (Intervention)

- Meditation, Krisenberatung (auch externe Ausbildungsmediation)

- Weiterbildung von Ausbildern/Lehrkräften

- Einrichtung berufgruppenspezifischer Fachgruppen (Ausbilder und Lehrkräfte) zwecks Austausch und inhaltlicher Abstimmung

- Sicherung der Ausbildungsqualität (… Einführung des Online-tools „QEK“)