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Untersuchung der Druckschwankungen höherer Ordnung am Hinterschiff unter Berücksichtigung der Kavitation am Propeller K. Rieck (*) , P. Anschau (*) , C. Lifante (**) , M. Kuntz (**) , Th. Frank (**) (*) Schiffbau-Versuchsanstalt Potsdam GmbH (SVA), Marquardter Chaussee 100, 14469 Potsdam, Germany; [email protected] (**) ANSYS Germany GmbH, Staudenfeldweg 12, 83624 Otterfing; [email protected] Einführung Im Mittelpunkt des von ANSYS Germany und SVA Potsdam bearbeiteten Verbundprojektes stand die Verbesserung der Vorhersage der durch Kavitation am Propeller verursachten instationären Druckschwankungen am Hinterschiff. Es wurde ein numerisches Berechnungsverfahren erweitert und validiert, um die Genauigkeit der berechneten instationären Druckschwankungen am Hinterschiff zu erhöhen. Da die Druckschwankungen am Schiff beim Durchgang des Propellers durch das inhomogene Nachstromfeld des Schiffes entstehen, ist es zwingend, die Ausbildung der Kavitation im Gesamtsystem Schiff mit rotierendem Propellerzu betrachten. Die Entwicklungen am Berechnungsverfahren erfolgten beim Kooperations- partner ANSYS und beinhalteten sowohl Arbeiten an der Modellierung der Turbulenz und der Wasserqualität im Kavitationsmodell sowie am Interface zwischen stationärem und rotierendem Gitter als auch Untersuchungen zur Gitteradaption. Auf dem Weg zur finalen Berechnung der Konfiguration „Schiff mit Propeller“ wurden von der SVA Potsdam zahlreiche numerische und experimentelle Untersuchungen an verschiedenen Geometrien vorgenommen. Die entwickelten numerischen Modelle sind dabei an praxisrelevanten Testfällen ausführlich untersucht worden. Für alle numerischen Berechnungen wurde das viskose Berechnungsverfahren ANSYS CFX eingesetzt. Im Ergebnis der Untersuchungen ist festzustellen, dass die Entwicklungen der numerischen Modelle im Berechnungsverfahren verbunden mit den gewonnenen Erfahrungen in der Generierung von Rechen- gittern zu einer Verbesserung der Ergebnisse der numerischen Simulation führten.

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Untersuchung der Druckschwankungen höherer

Ordnung am Hinterschiff unter Berücksichtigung

der Kavitation am Propeller

K. Rieck(*), P. Anschau(*), C. Lifante(**), M. Kuntz(**), Th. Frank(**)

(*) Schiffbau-Versuchsanstalt Potsdam GmbH (SVA), Marquardter

Chaussee 100, 14469 Potsdam, Germany; [email protected]

(**) ANSYS Germany GmbH, Staudenfeldweg 12, 83624 Otterfing;

[email protected]

Einführung

Im Mittelpunkt des von ANSYS Germany und SVA Potsdam bearbeiteten Verbundprojektes stand die Verbesserung der Vorhersage der durch Kavitation am Propeller verursachten instationären Druckschwankungen am Hinterschiff. Es wurde ein numerisches Berechnungsverfahren erweitert und validiert, um die Genauigkeit der berechneten instationären Druckschwankungen am Hinterschiff zu erhöhen. Da die Druckschwankungen am Schiff beim Durchgang des Propellers durch das inhomogene Nachstromfeld des Schiffes entstehen, ist es zwingend, die Ausbildung der Kavitation im Gesamtsystem „Schiff mit rotierendem Propeller“ zu betrachten.

Die Entwicklungen am Berechnungsverfahren erfolgten beim Kooperations-partner ANSYS und beinhalteten sowohl Arbeiten an der Modellierung der Turbulenz und der Wasserqualität im Kavitationsmodell sowie am Interface zwischen stationärem und rotierendem Gitter als auch Untersuchungen zur Gitteradaption.

Auf dem Weg zur finalen Berechnung der Konfiguration „Schiff mit Propeller“ wurden von der SVA Potsdam zahlreiche numerische und experimentelle Untersuchungen an verschiedenen Geometrien vorgenommen. Die entwickelten numerischen Modelle sind dabei an praxisrelevanten Testfällen ausführlich untersucht worden.

Für alle numerischen Berechnungen wurde das viskose Berechnungsverfahren ANSYS CFX eingesetzt. Im Ergebnis der Untersuchungen ist festzustellen, dass die Entwicklungen der numerischen Modelle im Berechnungsverfahren verbunden mit den gewonnenen Erfahrungen in der Generierung von Rechen-gittern zu einer Verbesserung der Ergebnisse der numerischen Simulation führten.

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Aufgabenstellung

Die Zielstellung des Vorhabens ist die genaue rechnerische Vorhersage der propellerinduzierten, kavitationsbedingten Druckschwankungen am Hinterschiff. Von Seiten der Schiffbauindustrie besteht die Anforderung, die durch den Propeller induzierten Effekte im Entwurfsstadium von Schiff und Propeller zu erfassen. Um die Entwürfe zu bewerten, sollen Simulationsverfahren zum Einsatz kommen. Abschließende kostspielige und zeitaufwendige experimentelle Unter-suchungen sollen dem finalen Entwurf vorbehalten bleiben.

Dieses Vorhabensziel ergab sich aus dem Trend zu immer größeren und schnelleren Schiffen. Das erforderte entsprechend höhere Antriebsleistungen. Da der Propellerdurchmesser z.B. wegen Tiefgangsbeschränkungen in den Häfen nicht proportional zur Schiffsgröße wachsen kann, steigt die Belastung pro Flächeneinheit in der Propellerkreisfläche an. Eine Vergrößerung des Propeller-durchmessers würde zu einer Verringerung des Freischlages über dem Propeller und damit zu höheren Druckimpulsen am Schiff führen. Diese beeinträchtigen einerseits den Komfort, besonders bei achtern liegenden Aufbauten und können durch ihre stetige Erregung zu Dauerfestigkeitsproblemen in der Schiffsstruktur führen.

Im Forschungsvorhaben wurde mittels eines viskosen Berechnungsverfahrens die Umströmung eines Schiffes mit arbeitendem Propeller unter Berücksichtigung von Kavitation in mehreren Betriebszuständen simuliert. Der Schwerpunkt des Vorhabens lag auf der numerischen Vorhersage der instationären kavitations-bedingten Druckschwankungen am Hinterschiff. Dazu wurden verschiedene mathematische Modelle im Berechnungsverfahren ANSYS CFX weiterentwickelt. Diese Entwicklungen wurden durch umfangreiche Testrechnungen und Laborversuche zur Gewinnung von Daten zur Validierung begleitet.

Vorhabensplanung und -ablauf

Die Entwicklung der Computerhardware zeigt auch für die kommenden Jahre weiter einen ungebrochenen Trend zu mehr Rechenleistung. So können immer mehr physikalische Teilphänomene der Simulation durch CFD-Methoden zugänglich gemacht werden. Im Projekt erfolgten Arbeiten an der mathematischen Formulierung bzw. numerischen Umsetzung zu folgenden Punkten:

Kavitationsmodell

Turbulenzmodellierung

Datenaustausch an der Rotor-Stator-Schnittstelle

Berechnungen der viskosen Strömung erfolgten mit schrittweiser Steigerung der Komplexität für folgende Objekte:

2D-Profil

3D-Flügel

Dralldüse

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Propeller P1356

Dummymodell DM40 mit Propeller P1356

Weiterhin wurden folgende Laboruntersuchungen im Kavitationstunnel an diesen Objekten vorgenommen:

Kavitationsbeobachtungen

High-Speed-Video Aufnahmen der Kavitation

Zugspannungsmessungen

Druckschwankungsmessungen

In den insgesamt 18 Arbeitspaketen erfolgten durch die Partner numerische und experimentelle Untersuchungen.

Ausgewählte Ergebnisse

Kavitationsmodellierung

Das in ANSYS CFX entwickelte und implementierte Kavitationsmodell basiert auf der Rayleigh-Plesset-Gleichung, die das Wachstum einer einzelnen Dampfblase in einem Fluid beschreibt. Die Produktion von Dampf auf Grund des Kavitations-vorganges wird durch entsprechende Quellterme in der Kontinuitätsgleichung beschrieben. Die Fluidströmung wird hierbei in einem bzgl. der Geschwindig-keiten beider Phasen homogenen Ansatz beschrieben, in dem angenommen wird, dass sich beide Phasen mit demselben Geschwindigkeitsfeld bewegen (kein Schlupf der Dampfblasen).

Die Fluidturbulenz übt in vielen Fällen einen maßgeblichen Einfluss auf die Kavitation aus. Turbulente Druckschwankungen können zu einem lokalen Druckabfall unter den Dampfdruck und somit zu Kavitation führen. Zum Erreichen einer hohen Simulationsgenauigkeit ist es erstrebenswert, die turbulenten Druckschwankungen sowohl räumlich als auch zeitlich in der CFD-Simulation aufzulösen. In den meisten technischen Anwendungsfällen ist dies jedoch wegen des extrem hohen numerischen Berechnungsaufwandes einer Direkten Numerischen Simulation (DNS) oder einer LES-artigen skalenauflösenden Turbulenzmodellierung mit den heutigen Rechenkapazitäten noch nicht möglich. Ein alternativer Ansatz, den anfachenden Einfluss turbulenter Druckschwan-kungen auf die Kavitation zu berücksichtigen, besteht darin, die turbulenten Druckschwankungen in eine Beziehung zur kinetischen Turbulenzenergie zu setzen. In diesem Fall ist der minimale lokal auftretende Druck proportional zum zeitlich gemittelten Druck reduziert um das statistische Maximum der auftretenden turbulenten Druckschwankungen. Da die kinetische Turbulenz-energie an das lokale Vorhandensein der fluiden Phase gebunden ist, erscheint es physikalisch richtiger, den zu den turbulenten Druckschwankungen im Verhältnis stehenden Term mit dem Volumengehalt der fluiden Phase (Wasser) zu wichten.

Das Standardkavitationsmodell beinhaltet die Modellierung des Verdampfungs- und Kondensationsvorgangs bei Kavitation zwischen einer Flüssigkeit und der korrespondierenden Dampfphase. Die Modelle auf der Basis der Rayleigh-Plesset-Gleichung berücksichtigen hierbei als treibende Kraft für den Kavitations-

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vorgang den Druckunterschied zwischen dem lokalen Druck und dem Dampf- oder Sättigungsdruck der Flüssigkeit.

In realen Anwendungen treten Fluide jedoch nicht als absolut reine Flüssigkeiten auf. Vielmehr enthalten sie Verunreinigungen, z.B. Keimpartikel. Reale Fluide enthalten auch einen Anteil an gelösten nicht-kondensierbaren Gasen, wie z.B. Luft. Deren Präsenz beeinflusst insbesondere den Einsatz der Kavitation, der für reale Fluide mit gelösten Gasen bereits bei höherem lokalem Druck und somit früher eintreten kann. Die Modellierung des Desorptions- und Absorptions-vorganges von gelöster Luft in Wasser kann auf ähnliche Weise erfolgen, wie das mit der Rayleigh-Plesset-Gleichung für den Verdampfungs- und Kondensationsvorgang erfolgte. D.h. es wird eine ähnliche Gleichung für den Massenaustauschterm auf Grund von Desorption und Absorption hergeleitet, nur dass in diesem Fall die treibende Kraft der Druckunterschied zwischen dem lokalen Druck und dem Gleichgewichtsdruck ist.

Das in ANSYS CFX implementierte Modell berücksichtigt hierfür eine 3-Phasen-Strömung, die zunächst aus einer flüssigen Phase mit zwei Fluidkomponenten, der reinen Flüssigkeit und dem Massenanteil der gelösten Luft, besteht. Die beiden anderen Phasen sind gasförmig und repräsentieren den Dampf der fluiden Phase und die aus Lösung ausgetretene gasförmige Luft. Das bedeutet, dass in diesem Fall das Modell mit zwei Phasen von Blasen formuliert wird. Der Massenaustausch zwischen der Flüssigkeit und deren Dampfphase wird in gewohnter Weise auf der Basis der bereits bekannten Rayleigh-Plesset-Gleichung modelliert. Der Massenaustausch zwischen der flüssigen Phase und der darin enthaltenen gelösten Luft und der aus der Lösung ausgetretenen gasförmigen Luft wird nun durch das „vollständige“ Kavitationsmodell (Full Cavitation Model – FCM) berücksichtigt.

Turbulenzmodellierung

Das SST-Turbulenzmodell wurde in den vorliegenden Untersuchungen als Standardmodell eingesetzt. Es ist wie andere Zweigleichungs-Turbulenzmodelle ein isotroper Ansatz für die Turbulenzmodellierung und daher in der Regel ungeeignet um Turbulenz in Strömungen mit stark gekrümmten Stromlinien und starkem Drall zu berechnen. Der Projektpartner ANSYS modifizierte in seinem Teilprojekt das SST-Turbulenzmodell. Es wurde um eine so genannte Krümmungskorrektur (Curvature Correction) erweitert. Diese erhöht bzw. ver-ringert die Turbulenzproduktion in Abhängigkeit von der örtlichen Krümmung der Stromlinien. In einem Wirbel, wie z.B. in einem Spitzenwirbel führt dieses Modell zu einer zusätzlichen Absenkung des Druckes im Wirbel und hat damit Einfluss auf die Kavitationsausbreitung.

Rotor-Stator-Schnittstelle

In Turbomaschinen-Anwendungen besteht die Geometrie für die Strömungs-berechnung typischerweise aus einem rotierenden und einem statischen Teil der Gesamtgeometrie. Für derartige Strömungssimulationen stellt ANSYS CFX die sogenannte Rotor-Stator-Schnittstelle zur Verfügung. Hierbei wird das Strömungsgebiet entlang einer festzulegenden Oberfläche in einen rotierenden und einen im Raum statisch angeordneten Bereich des Gesamtströmungs-gebietes geteilt. Da der rotierende Bereich entlang der gewählten Fläche „gleiten“ muss, wählt man hierfür eine Zylinderoberfläche, die den gesamten rotierenden Bereich der Strömungsberandung – hier den Schiffspropeller – einschließt. Jeder andere Rotationskörper ist als Schnittstelle denk- und realisierbar. Die Transportgleichungen werden bei einer transienten Simulation in jedem der zwei Teilgebiete während einer Unteriteration eines Zeitschrittes unabhängig

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voneinander gelöst. Um zu einer Lösung des Gesamtgleichungssystems zu gelangen, werden die Daten an der Rotor-Stator-Schnittstelle ausgetauscht.

Wenn die Gitternetze auf beiden Seiten der Kopplungsschnittstelle zum Zeitpunkt des Datenaustausches nicht exakt übereinstimmen, ist die Berechnung von geometrie- und gitternetzabhängigen Wichtungsfaktoren für die anteilige Berechnung der Austauschgrößen für jede teilweise überlappende Gitternetz-fläche erforderlich. Diese Wichtungsfaktoren basieren somit auf dem Flächen-anteil einer Gitterzelle auf der einen Seite der Kopplungsschnittstelle die sich mit jeweils einem Teil einer Gitterzelle auf der anderen Seite der Kopplungsschnitt-stelle teilweise überlappt.

Bei der CFD-Untersuchung wurde festgestellt, dass bei bestimmten Gitter-anordnungen von Rotor- und Stator-Gitternetz unphysikalische Oszillationen dieser Drucktransienten auftraten. Nimmt man eine reguläre Diskretisierung an der Rotor-Stator-Schnittstelle an, so korrespondiert der „kritische“ Integrations-zeitschritt, bei dem die unphysikalischen Druckoszillationen erstmalig beobachtet werden können, mit der rotatorischen Vorwärtsbewegung des Rotors um eine Zelle der Interface-Diskretisierung pro Zeitschritt. Die Ursache konnte auf die numerische Behandlung der Austauschgrößen an der Rotor- Stator-Schnittstelle zurückgeführt werden. Durch eine Veränderung des numerischen Algorithmus zur Berechnung der Austauschgrößen konnte der beobachtete Effekt unphysikalischer Druckoszillationen eliminiert werden.

2D-Kreissegmentprofil

Für die Untersuchungen der kavitierenden Strömung wurde das 2D-Profil von Le [1] ausgewählt. Das Le-Profil ist ein Kreissegmentprofil mit ebener Oberkante, kleinem Nasenradius und scharfer Hinterkante. Es wurde als endlicher Tragflügel in einem Strömungskanal umfangreich experimentell untersucht. Auf der Ober-seite war eine drehbare Scheibe mit 15 Drucksensoren eingearbeitet, um die Druckverteilung unter Kavitationsbedingungen messen zu können. Untersucht wurde von Le das Kavitationsverhalten bei Variation von Anstellwinkel und Kavitationszahl. Es gibt in der Literatur Angaben zur Dicke und Länge des Kavitationsgebietes sowie zum dynamischen Verhalten der Kavitation. Die Abbildung 1 stellt das unterschiedliche Kavitationsverhalten in Abhängigkeit von Anstellwinkel und Kavitationszahl dar. Es sind Bereiche ohne Kavitation, mit periodischer Kavitation und mit Superkavitation dokumentiert.

Zur Beobachtung und Dokumentation der instationären Kavitations-erscheinungen wurde in der SVA ein Labormodell des 2D-Profils als quasi unendlich langer Tragflügel zur Untersuchung im Kavitationstunnel gefertigt.

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Abb. 1: Kavitationsverhalten des 2D-Profils [1] mit zur Untersuchung ausgewählten Betriebspunkten

Abb. 2: Druckbeiwert in Abhängigkeit von der Modellierung des Terms zur Berücksichtigung von turbulenten Druckschwankungen

Abb. 3: Instationäres Kavitations-

verhalten, α = 4°, σv = 0.780, Gasgehalt 34%

Abb. 4: Instationäres Kavitations-verhalten, α = 4°, σv = 0.705, Gasgehalt 49%

Das Kavitationsverhalten in einigen Betriebspunkten wurde mit einer High-Speed-Videokamera aufgezeichnet. Dabei erfolgten die Aufnahmen mit Blick auf die ebene Profiloberseite und mit Blick auf die Profilkontur. Die Aufnahme-frequenz betrug 6000 Bilder pro Sekunde. Nach der Auswertung der Video-aufnahmen wurden 8 Betriebspunkte (4 Anstellwinkel mit je 2 Kavitationszahlen) für die numerischen Berechnungen ausgewählt, siehe rote Marker in der

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Abbildung 1. Die Videoaufnahmen zeigten zum Teil das sehr instationäre Verhalten der Kavitation, das in dieser Form nicht mit dem Auge zu erkennen war. Exemplarisch sind in den Abbildungen 3 und 4 zwei Momentaufnahmen dargestellt.

Die numerischen Strömungsberechnungen für das 2D-Profil konnten auch in 2D erfolgen, d.h. die Rechengitter mussten in der 3. Dimension nur eine Zelle besitzen. Damit wurde auch numerisch eine Strömung in Querrichtung ausgeschlossen. Mit 3 Rechengittern unterschiedlicher räumlicher Auflösung (31.000, 124.000 und 496.000 Zellen, Verfeinerung mit Faktor 2 in jeder Richtung), ist der Ist-Zustand des implementierten Kavitationsmodells auf-genommen worden. Die Berechnungen erfolgten für die ausgewählten 8 Betriebspunkte auf allen 3 Gittern. Zuerst wurde nach einer stationären Lösung gesucht, stellte diese sich nicht ein, wurde instationär weitergerechnet. Aus den Ergebnissen sind die zeitlichen Verläufe des Kavitationsverhaltens als Video darstellbar. Die Abbildungen 3 und 4 zeigen für 2 ausgewählte Betriebspunkte Bilder aus den Videos der Beobachtung und Ergebnisse der korrespondierenden Berechnungen.

Die von Le veröffentlichten Ergebnisse der Druckmessungen auf der Oberseite des 2D-Profils können dazu verwendet werden, den Einfluss des Modells für turbulente Druckschwankungen auf die Kavitation zu untersuchen. Die Abbildung 2 zeigt Ergebnisse, die mit dem Original und den modifizierten Versionen der Rayleigh-Plesset-Gleichung berechnet wurden. Man kann aus der Abbildung 2 erkennen, dass die Modifikation der Rayleigh-Plesset-Gleichung zu recht realistischen Ergebnissen führen, auch wenn die beobachtbaren Unterschiede im gegebenen Fall nicht sehr stark ausgeprägt sind.

Abb. 5: Dampfgehalt,

ohne FCM Abb. 6: Dampfgehalt,

mit FCM Abb. 7: Luftgehalt

(oben) und Hüllkurve für den Dampf- und Luftgehalt (unten), mit FCM

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Analysiert man die Kavitationslängen und vergleicht sie mit den experimentellen Werten von Le, ist festzustellen, dass die Kavitationslänge vom Standard-kavitationsmodell eher zu gering berechnet wird, z.B. beträgt sie für den Fall α = 0°, σv = 0.4 in der Berechnung ca. 40% des Tragflügels gegenüber 60% der Sehnenlänge im Experiment.

Daher wurde der Testfall α = 3.2°, σv = 0.55 ein weiteres Mal untersucht, wobei in dieser Simulation die Anwesenheit von nicht-kondensierbaren, in der Flüssigkeit gelösten Gasen (Luft) angenommen wurde und das Full Cavitation Model aktiviert wurde. Die drei in dieser Simulation berücksichtigten Phasen sind Wasser mit gelöster Luft, Wasserdampf und gasförmige Luft. In den Experimenten wurde für diesen Fall eine Kavitationsblase an der Tragflügel-Oberseite mit einer Ausdehnung von 40% der Sehnenlänge des Tragflügels festgestellt.

Zuerst wurde Kavitation mit dem Standardkavitationsmodell mit Wasser und Wasserdampf als Phasen simuliert, siehe Abbildung 5. Die Kavitationslänge ist viel kürzer als im Experiment und liegt bei ca. 20% der Sehnenlänge. Danach wurde das Full Cavitation Model aktiviert und die Strömung mit 3 Phasen berechnet. Die resultierende Verteilung von Wasserdampf ist auf der Abbildung 6 dargestellt. Das Gebiet an der Tragflügel-Oberseite, das von Wasserdampf bedeckt ist, ist in dieser Simulation sogar noch weiter reduziert. Jedoch wird für diese Konfiguration noch eine Kavitationsblase von gasförmiger Luft berechnet. Wenn weiter in Betracht gezogen wird, dass es in der visuellen Beobachtung im Experiment nicht möglich ist, zwischen Wasserdampf- und Luftblasen zu unterscheiden, und daher die beiden Gasgebiete überlagert wahrgenommen werden, dann ergibt die Beobachtung eine gute Übereinstimmung mit der berechneten Kavitationsblase als Kavitationslänge des summarischen Gasgehalts von etwa 40% der Sehnenlänge auf der Tragflügeloberseite.

3D-Flügel

Als nächstes Objekt zur numerischen Untersuchung diente als 3D-Geometrie ein aus der Literatur bekannter halbseitig eingespannter Tragflügel mit elliptischem Flügelumriss und profiliertem Querschnitt (3D-Flügel oder Testfall nach Arndt) [2] und [3]. Dieser erzeugt an seinem freien Ende einen ausgeprägten Spitzenwirbel. Die Berechnung der Umströmung stellt eine Herausforderung für das numerische Verfahren dar. Entscheidend sind nicht nur die Modellierung der Kavitation, sondern auch die der Turbulenz sowie die Auflösung des Rechengebietes durch das Rechengitter. In diesem Arbeitspunkt erfolgten ausschließlich numerische Untersuchungen. Die berechneten Ergebnisse wurden mit den in der Literatur veröffentlichten Ergebnissen verglichen.

Seitens der numerischen Modellierung war bei diesem Objekt der Fokus auf die Turbulenz gerichtet. Zuerst wurde eine ganze Serie von CFD-Simulationen ausgeführt, um den Einfluss von Gitterauflösung und Turbulenzmodellierung zu untersuchen. Insbesondere letzterer Untersuchung wurde besondere Aufmerk-samkeit zugewendet, da für eine erfolgreiche Berechnung der Spitzenwirbel-kavitation als turbulenzinduziertem Kavitationsphänomen eine sehr genaue Auflösung des Spitzenwirbels bezüglich Umfangsgeschwindigkeiten und Druckminimums innerhalb des Wirbels erforderlich ist. Zusätzlich zum Standard-SST-Turbulenzmodell wurden das sogenannte High-Resolution-Advektions-schema (im Gegensatz zum Standard-Upwind-Schema) für die Lösung der Turbulenzgleichungen, der Krümmungskorrekturterm für das SST-Turbulenz-modell und das BSL RSM-Turbulenzmodell untersucht.

Als Zielgröße zur Bewertung der Qualität der numerischen Lösung des CFD-Verfahrens wurden radiale Geschwindigkeitsprofile in verschiedenen Abständen

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stromab der Spitze des Tragflügels herangezogen, die aus Messungen von Arndt [2] und [3] zur Verfügung stehen, siehe Abbildungen 8 und 9. Insbesondere bei sehr kleinem Abstand zur Flügelspitze ist an diesen Positionen ein sehr intensiver Spitzenwirbel mit einer hohen Umfangskomponente und einem steilen Geschwindigkeitsgradienten zu beobachten. Mit zunehmendem Abstand zur Tragflügelspitze setzt dann eine turbulente Dissipation des Spitzenwirbels ein, der mit einer recht schnellen Abnahme der Umfangsgeschwindigkeiten und einer Verflachung des Geschwindigkeitsgradienten einhergeht.

Abb. 8: Radiale Geschwindigkeits-profile im Spitzenwirbel bei der Berechnung mit Advek-tionsschemata und dem Krümmungskorrekturterm im SST-Turbulenzmodell

Abb. 9: Radiale Geschwindigkeits-profile im Spitzenwirbel bei der Berechnung mit verschiedenen Turbulenz-modellen

Es ist bekannt, dass herkömmliche Zweigleichungs-Turbulenzmodelle insbesondere bei stark verdrallten Strömungen und bei Strömungen mit starker Krümmung der Stromlinien Schwächen offenbaren. Im Projekt wurde daher das Standard-SST-Turbulenzmodell um einen Krümmungskorrekturterm erweitert und die Berechnung auf einem feinen Gitternetz wiederholt. Die so erzielten Ergebnisse zeigt die Abbildung 8. Es kann festgestellt werden, dass durch diese Maßnahmen bereits eine deutliche Verbesserung der numerischen Ergebnisse in Richtung der experimentell bestimmten Umfangsgeschwindigkeiten am Messort x/c0 = 1.0 erzielt werden konnte.

Ein weiterer Schritt zu einer Verbesserung der CFD-Ergebnisse besteht in der Aufhebung der für eine stark verdrallte Strömung nicht zutreffenden Annahme isotroper Turbulenz, die allen auf dem Wirbelviskositätsansatz basierenden Zweigleichungs-Turbulenzmodellen zu Grunde liegt, somit also auch dem SST-Turbulenzmodell. Zu diesem Zweck wurde die Turbulenzmodellierung in der CFD-Simulation auf das BSL Reynoldsspannungs-Turbulenzmodell (BSL RSM) geändert. Mit diesem Turbulenzmodell werden nicht zwei Turbulenzmodell-gleichungen sondern insgesamt sechs Differentialgleichungen für alle sechs unabhängigen Komponenten des Reynolds´schen Spannungstensors gelöst. Der numerische Berechnungsaufwand und Speicherverbrauch für diese CFD-Simulation ist somit erhöht. Wie aus der Analyse der Ergebnisse in Abbildung 9 hervorgeht, ist die Verbesserung in den erzielten Ergebnissen substantiell und führt mit dem BSL RSM-Modell zu einem deutlich verbesserten CFD-Experiment-Vergleich und zu einem vergleichbar steil verlaufenden Geschwindigkeits-gradienten in der CFD-Lösung.

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SST SST + CC BSL RSM Abb. 10: Kavitationsausbreitung im Spitzenwirbel bei Variation des Turbulenz-

modells, Isofläche mit 10% Wasserdampf, α = 5.5° und σv = 1.6

Auf einem im Bereich des zu erwartenden Spitzenwirbels extrem verfeinerten Tetraedergitter wurden ebenfalls die oben genannten Turbulenzmodelle getestet. Die tangentiale Geschwindigkeit im Wirbel steigt an, was zu niedrigeren Drücken und ausgeprägterer Kavitation führt. Die Abbildung 10 zeigt die auf dem Tetraedergitter berechnete Kavitationsausbreitung für 3 verschiedene Turbulenz-modellierungen. Die Verbesserungen resultieren aus der Kombination von hoher räumlicher Auflösung durch das Rechengitter und Turbulenzmodellierung.

Zusammenfassend wird festgestellt, dass mit dem von ANSYS entwickelten Krümmungskorrekturansatz für das SST-Turbulenzmodell in Verbindung mit einer hohen räumlichen Auflösung durch das Rechengitter Verbesserungen bezüglich der Berechnung des Spitzenwirbels zu erreichen sind, die jedoch so nicht auf komplexe industrielle Anwendungen übertragbar sind. Das Problem liegt darin, dass sich die erforderlichen Auflösungen des Rechengebietes und die verfügbaren Rechnerkapazitäten nicht im Gleichgewicht befinden.

Freifahrender Propeller P1356

Als dritte Referenzgeometrie wurde ein Propeller verwendet. Die Wahl fiel auf den Propeller des als weltweiten Test- und Validierungsfall bekannten KRISO Container-Schiffs (KCS), in der SVA registriert als Propeller P1356. Einerseits ist die Geometrie frei zugängig und nicht abhängig von Rechten Dritter und andererseits wird dieser Propeller später auch am Dummymodell des KCS untersucht.

Mit dem Propeller P1356 erfolgten Kavitationsversuche in homogener und inhomogener Anströmung. Die inhomogene Anströmung entstand durch eine Platte mit den Drucksensoren, die über dem Propeller angebracht wurde. In dieser Konfiguration erfolgten Messungen der propellerinduzierten Druck-schwankungen im kavitationsfreien und im kavitierenden Zustand bei Variation des Gasgehaltes des Wassers. Die Kavitationserscheinungen wurden durch Skizzen und High-Speed-Video-Aufnahmen dokumentiert.

In den numerischen Berechnungen spielte hier das Rotor-Stator-Interface zwischen dem stationären und dem rotierenden Teil des Rechengitters eine entscheidende Rolle. Berechnet wurde der freifahrende homogen angeströmte Propeller in mehreren Betriebspunkten ohne und mit Kavitationsmodellierung. In definierten Punkten im Raum wurden die propellerinduzierten Druck-schwankungen ermittelt.

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Das Strömungsgebiet wurde in zwei Teilgebiete aufgeteilt: in ein Teilgebiet um den rotierenden Propeller und in ein Teilgebiet im restlichen Bereich des Strömungsgebietes. Die Verbindung zwischen beiden Teilbereichen erfolgt über den Datenaustausch an der Rotor-Stator-Schnittstelle unter Verwendung von sogenannten General Grid Interfaces, der Gitterschnittstelle für nicht konforme Gitternetze in ANSYS CFX. Dabei kommt der Gitterauflösung an der Rotor-Stator-Schnittstelle eine besondere Bedeutung für die Erzielung von genauen und zuverlässigen CFD-Simulationsergebnissen zu und bedarf der besonderen Aufmerksamkeit bei der Gittergenerierung.

Für den Testfall wurden mehrere Gitternetze mit zunehmender Gitterverfeinerung erstellt. Das erste erzeugte Gitternetz beinhaltete ca. 1.4 Millionen Gitterknoten. Bei der Analyse der Simulationsergebnisse wurde festgestellt, dass der Statorbereich in diesem Gitternetz zu grob vernetzt wurde. Der zweite Schritt bestand in der Generierung eines Gitters mit einem in radialer Richtung verfeinerten Statorbereich, um an der Rotor-Stator-Schnittstelle nach Möglichkeit die gleiche räumliche Auflösung auf beiden Seiten des Interfaces zu erreichen. Auch nach dieser Verfeinerung ist die Auflösung in weiten Bereichen des Stators immer noch zu grob. Der Einsatz einer Verfeinerungstechnologie für Hexaedernetze ermöglichte eine homogene Vernetzung auf beiden Seiten der Rotor-Stator-Schnittstelle. Das finale Gitternetz verwendet diese Vernetzungs-technik, und konzentriert die Gitterknoten stärker in dem Bereich des Stators, in dem sich nach den vorausgegangenen CFD-Simulationen die axiale Ausbreitung der Spitzenwirbel ausgehend vom Propeller abzeichnete, und ist gleichzeitig axial stromab engmaschiger vernetzt.

Bei der Untersuchungen der Spitzenwirbelkavitation am Propeller galt besondere Aufmerksamkeit der korrekten Berechnung der druckbedingten Wirbelstrukturen, die als Spitzenwirbel von den Propellerflügeln ablösen. Hierzu wurde die Strömungs- und Wirbelstruktur genauer analysiert, indem Isoflächen konstanten Druckes und konstanter Turbulenzkriterien visualisiert und mit beobachteten Kavitationserscheinungen des Experimentes verglichen wurden.

Abb. 11: Isoflächen konstanten Druckes für verschiedene Gitternetze.

In der Abbildung 11 sind Isoflächen konstanten Drucks für ausgewählte CFD-Simulationen auf verschiedenen Gitternetzen miteinander verglichen. Die gezeigten Ergebnisse beziehen sich auf CFD-Simulationen mit dem BSL RSM-Turbulenzmodell (links und Mitte) und dem DES-Turbulenzmodell (rechts). Die schwarz dargestellten Gitterlinien repräsentieren jeweils die Diskretisierung der Rotor-Stator-Schnittstelle. Das erste Gitternetz führt zu signifikantem Informationsverlust auf Grund der am Interface stattfindenden Dateninterpolation auf eine gröbere Gitterstruktur im Stator. Dies wird dadurch ersichtlich, dass die von den Propellerflügeln ablösenden Spitzenwirbelstrukturen direkt an der Rotor-

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Stator-Schnittstelle plötzlich verloren gehen. Die lokalen Druckminima in den Wirbelkernen können auf dem verwendeten Stator-Gitternetz nicht mehr aufgelöst werden.

Auf dem zweiten Gitternetz kann eine leichte Verbesserung des Berechnungs-ergebnisses beobachtet werden, wenngleich die Spitzenwirbel auch hier bereits nach einer kurzen Distanz auf der Statorseite dissipieren. Die erzielte Verbesserung ist nicht ausreichend, um die Wirbelstrukturen stromab der Rotor-Stator-Schnittstelle verfolgen zu können. Die CFD-Simulation auf dem mit dem neuen Verfeinerungsalgorithmus generierten Gitternetz zeigt in einen wesentlichen Fortschritt. Es wurde eine Reproduktion der Wirbelstrukturen erreicht, die sich in sehr guter Übereinstimmung mit den experimentellen Beobachtungen äußert, siehe Abbildung 12.

Abb. 12: Spitzenwirbelkavitation des P1356 im Kavitationstunnel und

Isofläche des Q*-Kriteriums aus der CFD-Simulation

Die Simulation der Kavitation steht in einer direkten Beziehung zur genauen Berechnung der lokalen turbulenten Druck- und Geschwindigkeitsfelder. Deshalb ist die Visualisierung von Turbulenzkenngrößen hilfreich, um die von der CFD-Simulation aufgelöste Strömungsstruktur zu verstehen. Hierzu wurde das sogenannte Q-Kriterium herangezogen. Es ist eine auf den Geschwindigkeits-gradienten basierende Strömungsinvariante, die die Wirbelintensität und Scherrate einbezieht. Die Abbildung 12 zeigt abschließend einen qualitativen Vergleich zwischen einer Momentaufnahme des kavitierenden Propellers P1356 im Kavitationstunnel der SVA und dem Ergebnis der CFD-Simulation als Isofläche des Q*-Kriteriums. Es kann festgestellt werden, dass auf Grund des verbesserten CFD-Simulationsverfahrens eine sehr gute Übereinstimmung in Bezug auf die turbulente Wirbelstruktur der Strömung hinter dem Propeller erzielt werden kann.

Die bisherigen Untersuchungen zum Gitter- und Interfaceeinfluss erfolgten ohne Simulation der Kavitation. Berechnungen als zweiphasige Berechnung (bzw. dreiphasig bei Nutzung des Full Cavitation Model) wären auf den verwendeten Gittern resourcenmäßig bei den Partnern nicht durchführbar gewesen. Deshalb musste für die Untersuchung der Druckschwankungen an den Positionen der Druckmessdosen auf der über dem Propeller angeordneten Aufnehmerplatte mit kleineren Gittern gearbeitet werden. Hier wurden mit neuer Vernetzungsstrategie Gitter generiert, die sich dadurch auszeichnen, dass die Punkte auf beiden Seiten der Interfaces zwischen stationärem und rotierendem Gitter identisch sind und darüber hinaus auch mit 2 Grad Winkelschritt periodisch gleich sind. Das

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bedeutet, dass in der instationären Berechnung bei einem Zeitschritt entsprechend 2 Grad Winkeländerung die Punkte auf beiden Seiten des Interfaces immer aufeinander fallen (1:1 Interface). Somit ist in der Berechnung keine Interpolation der Variablen am Interface erforderlich, sondern die Werte können direkt übergeben werden. Das erzeugte Rechengitter besitzt 740.000 Knoten im rotierenden Propellergitter und 1.71 Mio. Knoten im stationären Gitter für die Messstrecke des Kavitationstunnels. Das Rechengitter ist nur für den Zeitschritt „Vielfaches von 2 Grad“ optimiert. Die räumliche Auflösung in beiden Teilgittern ist wesentlich geringer als in der oben beschriebenen Studie zur Gitterauflösung. Kavitation wurde deshalb auch nur im rotierenden Propellergitter berechnet.

Messung

Berechnung

Berechnung

Abb. 13: Gemessene und berechnete Druckimpulse in den Dosen 1, 3 und 5, angeordnet in Längsrichtung über dem Propeller

Die Berechnung auf dem 2° Gitter mit dem 1:1 Interface ergab eine deutliche Verbesserung der berechneten Druckimpulse 2. Ordnung gegenüber früheren Berechnungen auf einem Gitter nach damaligem Stand der Technik. Die Abbildung 13 zeigt exemplarisch den Vergleich gemessener und berechneter Druckimpulse 1. Ordnung für 3 Betriebspunkte bzw. 3 Kavitationszahlen. Die auf diesem Gitter erzielten Ergebnisse sind von beiden Partnern als ein hervorragendes Resultat eingeschätzt worden.

Dummymodell DM40 mit Propeller P1356

Das Dummymodell DM40 ist aus der Schiffsform des KCS abgeleitet. Der Propeller P1356 ist aus der Untersuchung des freifahrenden Propellers bekannt. Wie im Fall des freifahrenden Propellers wurden im Laborversuch die instationären Druckschwankungen diesmal an der Schiffsaußenhaut über dem Propeller und die Kavitationserscheinungen bei verschiedenen Kavitationszahlen und Gasgehalten dokumentiert.

Berechnet wurde die instationäre Umströmung mit arbeitendem Propeller in einem Betriebspunkt bei verschiedenen Kavitationszahlen. Dabei wurden die Drücke an den Positionen der Drucksensoren im Modellversuch aufgezeichnet und ausgewertet. In den Berechnungen ist das in ANSYS CFX implementierte Standardkavitationsmodell verwendet worden. Die Abbildung 14 zeigt die Geometrie des modellierten Dummymodells mit Propeller. Die roten Punkte symbolisieren die Positionen der Drucksensoren.

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Abb. 14: DM40 mit P1356, geometrisches Modell der CFD-Untersuchungen

Das Rechengitter für die Konfiguration Dummymodell DM40 mit Propeller P1356 in der großen Messstrecke des Kavitationstunnels der SVA besteht wiederum aus 2 Teilgittern, einem Gitter in der Messstrecke um das Dummymodell (2.7 Mio. Gitterpunkte) und einem Gitter um den gesamten Propeller (1.3 Mio. Gitterpunkte).

σn0.8 = 1.6

σn0.8 = 1.49

σn0.8 = 1.3

Abb. 15: DM40 mit P1356, Berechnete Kavitationsausbreitung auf der Saugseite

Der vorgegebene Betriebspunkt des Propellers am Schiff war der Schubbeiwert KTP = 0.172. Diesem konnte keine Anströmgeschwindigkeit zugeordnet werden. Deshalb erfolgten zunächst mehrere Berechnungen ohne Modellierung der Kavitation bei konstanter Drehzahl n = 30 s-1 und Variation der Anström-geschwindigkeit. Die Interpolation auf den Schubbeiwert KTP = 0.172 ergab die Fortschrittsziffer J = 0.625 und damit die wirksame Anströmgeschwindigkeit. Es erfolgten numerische Berechnungen für 3 Betriebszustände (Kavitationszahlen). Die Abbildung 15 zeigt die Kavitationsausbreitung auf der Saugseite für die berechneten Betriebszustände. Die Zunahme der Kavitationsausbreitung bei fortschreitender Druckabsenkung im Kavitationstunnel wird sehr gut wiedergegeben.

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Zusammenfassung

Für ein 2D-Kreissegmentprofil wurden umfangreiche Untersuchungen der Kavitationseigenschaften bei Variation von Anstellwinkel und Kavitationszahl durchgeführt. Durch den Einsatz von High-Speed-Video-Technik konnten die instationären Effekte der Kavitation sichtbar gemacht werden. In den Berechnungen gelang es zum Teil, diese numerisch zu modellieren.

Für einen aus der Literatur entnommenen halbseitig eingespannten 3D-Flügel erfolgten zahlreiche numerische Untersuchungen bezüglich der Modellierung des Spitzenwirbels. Es wurden verschiedene Turbulenzmodelle und Strategien zur Gittergenerierung einer gründlichen Prüfung unterzogen.

Abschließend erfolgten experimentelle Untersuchungen der induzierten Druckschwankungen eines Propellers in homogener Zuströmung und im Nachstromfeld eines Dummymodells im Kavitationstunnel der SVA. Bei den numerischen Untersuchungen dieser Konfigurationen wurden Propeller und Dummymodell vollständig modelliert und instationär berechnet.

Im Ergebnis der Untersuchungen ist festzustellen, dass die Entwicklungen der numerischen Modelle im eingesetzten Berechnungsverfahren verbunden mit den gewonnenen Erfahrungen in der Generierung von Rechengittern zu einer Verbesserung der Ergebnisse der numerischen Simulation führten. Dadurch hat sich das Vertrauen in die numerischen Verfahren bei gleichzeitiger Kenntnis ihrer derzeitigen Grenzen weiter erhöht. Erfahrungen zur Verbesserung der numerischen Modellierung fließen so in die Bearbeitung von Kundenaufträgen und FuE-Projekten ein.

Literatur

[1] Le, Q., Franc, J. P., Michel, J. M. Partial Cavities: Global Behavior and Mean Pressure Distribution Journal of Fluids Engineering, Vol. 115, No. 2, June 1993

[2] Arndt, R. E. A., Dugue, Ch. Recent Advances in Tip Vortex Cavitation Research Int. Symposium on Propulsor and Cavitation, Hamburg, 1992

[3] Arndt, R. E. A., Maines, B. H. Tip Vortex Formation and Cavitation Journal of Fluids Engineering, Vol. 119, June 1997