Umgang mit Know-how in internationalen FuE-Kooperationen
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Umgang mit Know-how in internationalen FuE-Kooperationen Ein Leitfaden für Forschungsinstitute und Hochschulen
Der vorliegende Leitfaden wurde mit Förderung des Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) erarbeitet. Die Verantwortung für den Inhalt tragen die
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Autoren
Prof. Dr. Günther Schuh
Christopher Nußbaum
Dr. Peter Ganea
Nina Sophie Klunker
Michael Lenders
Henning Möller
Bildnachweis
Scholz & Friends
Bonn, Berlin 2009
Umgang mit Know-how in internationalen FuE-Kooperationen Ein Leitfaden für Forschungsinstitute und Hochschulen
VORWORT
In den vergangenen Jahren hat sich die Weltkarte der Wissenschaft grundlegend verändert. Mehr als neunzig Prozent des weltweiten Wissenszuwachses werden derzeit außerhalb Deutschlands generiert. Dieses Wissenspotenzial wollen wir für die Forschung in Deutschland erschließen. Gleichzeitig sind wir bereit, bei der Beantwortung globaler Herausforderungen wie Klimawandel, Energieversorgung und bei Fragen der Gesundheit mehr internationale Verantwortung zu übernehmen.
Mit der „Strategie zur Internationalisierung von Wissenschaft und Forschung” hat die Bundesregierung unter der Federführung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) den Rahmen geschaffen, um deutsche Hochschulen und Forschungseinrichtungen noch intensiver international zu vernetzen. Diese Strategie wird entscheidend dazu beitragen die Forschungszusammenarbeit mit den weltweit Besten zu stärken, Innovationspotenziale international zu erschließen, die Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern zu stärken und gemeinsam Strategien und Technologien für weltweite Herausforderungen zu erarbeiten.
Forschungseinrichtungen und Unternehmen sammeln bereits seit Jahrzehnten Erfahrungen in der internationalen Forschungs- und Entwicklungszusammenarbeit. Sie gehen dabei aber immer auch wirtschaftliche und rechtliche Risiken ein. Deshalb soll ein umfassendes Maßnahmenbündel aus politischen, rechtlichen und technologischen Instrumenten einen sicheren Rahmen schaffen, damit Forschungsergebnisse unter Wahrung des Rechts auf geistiges Eigentum möglichst schnell in Produkte, Verfahren und Dienstleistungen umgesetzt werden.
Insbesondere frühzeitige und umfangreiche wissenschaftliche Kooperationen bieten allen beteiligten Partnern enorme Potenziale. Der vorliegende Leitfaden gibt konkrete Hilfestellungen, um die Chancen und Möglichkeiten einer internationalen Kooperation erfolgreich zu nutzen.
Dr. Annette Schavan, MdB Bundesministerin für Bildung und Forschung
4 INHALTSVERZEICHNIS
Inhaltsverzeichnis
1. ZUSAMMENFASSUNG 5
2. EINLEITUNG 6
3. AUFBAU DES LEITFADENS 10
4. DIE FÜNF PHASEN EINER FUE-KOOPERATION 13
4.1. Strategie und Zieldefinition 13
4.2. Anbahnung 14
4.3. Vertragsgestaltung 18
4.4. Durchführung der Kooperation 25
4.5. Auflösung der Kooperation 38
5. FAZIT 41
5 ZUSAMMENFASSUNG
Zusammenfassung
Dieser Leitfaden wendet sich an deutsche Forschungseinrichtungen und Hochschulen. Er gibt Hinweise zum Umgang mit Know-how in internationalen Forschungs- und Entwicklungskooperationen (FuE-Kooperationen), damit die erarbeiteten Ergebnisse erfolgreich verwertet werden können und das eingebrachte Know-how ausreichend geschützt wird.
Dafür zeigt dieser Leitfaden die wesentlichen rechtlichen Aspekte einer internationalen FuE-Kooperation auf und hebt die Besonderheiten der bestehenden Rechtsgrundlagen sowie der Rechtspraxis in den acht Ländern Brasilien, China, Indien, Russland, Südafrika, Südkorea, Türkei und USA hervor. Der vorliegende Leitfaden ist entsprechend der Phasen einer Kooperation gegliedert: von der Anbahnung über die Vertragsgestaltung bis zur Durchführung und Auflösung. Zu jeder Phase werden die wichtigsten rechtlichen Fallstricke aufgezeigt und Handlungsempfehlungen vorgestellt. Ausgewählte Beispiele aus den betrachteten Ländern, die den einzelnen Phasen zugeordnet wurden, ergänzen den Leitfaden.
Als allgemeine Handlungsempfehlung konnten fünf Erfolgsfaktoren zum Umgang mit Know-how in internationalen FuE-Kooperationen identifiziert werden.
Klare Zieldefinition: Wohin soll diese Reise gehen?
Nur wer eine klare Zielvorstellung über die angestrebte Kooperation besitzt, kann seine Schutzstrategie optimal auslegen. Dies beginnt schon bei der Überlegung, welches Know-how gegenüber dem Kooperationspartner offengelegt werden muss, damit die Kooperationsziele erreicht werden können.
Nutzen und Risiken müssen gegeneinander abgewogen werden
Allzu oft werden die Risiken einer Kooperation vor dem Hintergrund der vermuteten Potenziale ausgeblendet. Mit Blick auf die langfristigen Effekte eines möglichen Know-how-Abflusses gilt es jedoch, die Risiken einer FuE-Kooperation selbst bei Projekten zur Grundlagenforschung zu bewerten.
Juristische Expertise ist schon vor ersten Gesprächen entscheidend
Bereits wenn sich die potenziellen Kooperationspartner zum ersten Mal treffen, spielt der Schutz des eigenen Know-hows eine Rolle: Oft müssen Informationen ausgetauscht werden, um den Umfang und die genauen Ziele der Kooperation zu klären. Dabei wird dem Kooperationspartner Know-how offen gelegt. Hier ist es wichtig, im Vorfeld geeignete Schutzmaßnahmen unter Heranziehung juristischer Expertise zu definieren.
Festlegung von Meilensteinen und Erfolgskontrolle während der Kooperation
Neben der kontinuierlichen Prüfung, ob die FuE-Kooperation zielgerecht abläuft, sind auch mögliche Änderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen sowie gegebenenfalls die Beweggründe für ein vertragswidriges Verhalten des Kooperationspartners zu überprüfen.
Am Anfang schon ans Ende denken – Definition von Ausstiegsklauseln
Vor dem Hintergrund der bewerteten Chancen und Risiken einer FuE-Kooperation ist es unerlässlich, bereits zu Beginn der Zusammenarbeit Ausstiegsklauseln zu definieren. Treten bestimmte, vorab definierte Ereignisse ein oder verändern sich die Rahmenbedingungen und beeinträchtigen dadurch die erfolgreiche Verwertung der Ergebnisse, müssen entweder die Verträge angepasst oder die Kooperation frühzeitig beendet werden.
Dieser Leitfaden konzentriert sich auf die rechtlichen Aspekte einer FuE-Kooperation. Diese stellen jedoch nur eine Säule einer umfassenden Schutzstrategie für das eigene Know-how dar und müssen durch faktische Maßnahmen unterstützt werden. Das gilt vor allem dann, wenn rechtliche Maßnahmen versagen oder nicht greifen. So können diese durch ökonomische Maßnahmen oder durch einen in das Produkt integrierten Kopierschutz ergänzt werden.
6 EINLEITUNG
2. Einleitung
Ausgangssituation
Deutschland ist traditionell ein guter Standort für Forschung und Entwicklung. Die exzellenten Rahmenbedingungen sind geprägt durch das innovative Marktumfeld und politische sowie rechtliche Impulse zur Förderung effizienter Forschungs- und Entwicklungskooperationen (FuE-Kooperationen). In einer globalisierten Welt greifen hier nationale, europäische und internationale Impulse ineinander, die einen Rahmen für die grenzüberschreitende FuE-Zusammenarbeit deutscher und anderer Forschungspartner bieten.
Politische Anreize und Rechtssicherheit sind wichtige Grundlagen für Forschungsakteure, um die Möglichkeiten der internationalen Forschungszusammenarbeit zu nutzen.
Die Europäische Kommission greift etwa die Frage des professionellen Managements von Know-how mit einem „Verhaltenskodex”1 auf, der freiwillig anwendbare Leitlinien für Forschungspartner in nationalen, europaweiten und auch internationalen Kooperationen beinhaltet. Die Schaffung eines Bewusstseins für den Umgang mit Know-how in Deutschland und in anderen Staaten ermöglicht es, Staaten, die illegalen Know-how Transfer nicht verfolgen, entgegen zu treten.
Bereits jetzt vergrößert sich die Anzahl internationaler FuE-Kooperationen jedoch stetig. Eine aktuelle Studie des Werkzeugmaschinenlabors (WZL) der RWTH Aachen und der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft KPMG2 zeigt, dass Entwicklungsprojekte inländischer wie auch internationaler FuE-Kooperationen in den nächsten fünf Jahren fast doppelt so stark zunehmen werden wie Entwicklungsprojekte, die ausschließlich durch eigene Zentralbereiche durchgeführt werden. Die Gründe dafür sind vielfältig: Wichtigste Begründung ist jedoch die enorme Zunahme der Komplexität von Entwicklungsaufgaben sowie der starke Anstieg von Kosten für Entwicklungen. Einzelne Unternehmen oder Institute besitzen
1 Dokument C(2008)1329, Commission Recommendation on the management of intellectual property in knowledge transfer activities and Code of Practice for universities and other public research organisations, 10. April 2008, abrufbar unter http://ec.europa.eu/invest-in-research/pdf/ip_ recommendation_en.pdf (Stand 19. Mai 2008).
2 Studie »Erfolgreiches Standortmanagement von Forschung und Entwicklung«, Werkzeugmaschinenlabor WZL der RWTH Aachen und KPMG (2007)
oft weder das Know-how noch die Ressourcen, um Entwicklungsprojekte alleine durchzuführen. Grenzüberschreitende FuE-Kooperationen dienen außerdem dazu, besser auf lokale Markt- oder Kundenanforderungen eingehen zu können, Entwicklungsrisiken abzuschwächen oder auch Kapazitätsspitzen abzufangen.
Den Vorteilen internationaler FuE-Zusammenarbeit stehen jedoch auch Risiken gegenüber. Insbesondere der unkontrollierte und illegale Abfluss von Know-how schädigt deutsche Unternehmen in großem Umfang. Der Verband der deutschen Maschinen und Anlagenbauer (VDMA) schätzt den Schaden, der deutschen Maschinen- und Anlagenbauern 2006 entstanden ist, auf mehr als 5 Milliarden Euro3. Weltweit entsteht durch Plagiate ein volkswirtschaftlicher Schaden von etwa 200–300 Mrd. EUR pro Jahr (Deutschland: EUR 29 Mrd.)4. Erschwerend kommt hinzu, dass durch Plagiate nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen beeinträchtigt wird, sondern auch Menschenleben in Gefahr geraten können, wenn z. B. Medikamente oder Maschinenteile gefälscht werden5.
Hier stellt sich die Frage, ob FuE-Kooperationen die Türen für den Abfluss von Know-how nicht noch weiter öffnen. Sollte aus diesem Grund nicht ganz auf internationale FuE-Kooperationen verzichtet werden? Wie kann das in internationale FuE-Kooperationen eingebrachte Know-how überhaupt umfassend geschützt werden? Einige erfolgreiche Beispiele wie die Zusammenarbeit von General Electrics und Pratt & Whitney oder die Entwicklungskooperationen von Porsche Engineering mit Harley Davidson, Opel und weiteren zeigen, dass eine Kooperation durchaus für alle Parteien ein Gewinn sein kann.
FuE-Kooperationen bieten Unternehmen viele Chancen, um ihre eigene Wettbewerbsposition zu verbessern. Allerdings dürfen die Risiken einer Kooperation nicht außer Acht gelassen werden: Neben gegenläufigen Interessen der Partner, mangelnder Kompetenz oder Ineffizienzen im Projektmanagement spielen
3 http://www.conimit.de/index.php?id=151 (Stand 22. Februar 2008) 4 http://www.plagiarius.com/d_index.html (Stand 22. Februar 2008) 5 Partnair Flug 394, Oslo – Hamburg: Absturz nach Abbruch des Leitwerks.
Die Ursache waren gefälschte, nicht zugelassene Schrauben und Buchsen. 55 Menschen kamen bei dem Absturz ums Leben. Fälschung eines Novartis Medikamentes: Aus Borsäure, Bohnerwachs und gelber Farbe für Farbahnmarkierungen gefälschte Malaria-Pillen haben in Afrika 3000 Todesfälle verursacht.
7 EINLEITUNG
rechtliche Aspekte in einer internationalen FuE-Kooperation eine zentrale Rolle. Dabei geht es nicht alleine um den Schutz des eingebrachten Wissens, sondern vielmehr um das aktive Management des gesamten Know-hows. Dies betrifft eingebrachtes, in der Kooperation gemeinsam entwickeltes wie in der Kooperation getrennt voneinander erworbenes Know-how.
Know-how wird in diesem Leitfaden nicht im rechtstechnischen Sinne verstanden, sondern umfasst ebenfalls formale technische Schutzrechte. In der Verordnung (EG) Nr. 772/2004 der Kommission vom 27. April 2004 über die Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 EG-Vertrag auf Gruppen von Technologietransfer-Vereinbarungen6 wird in Art. 1 (1) (i) Knowhow folgendermaßen definiert: „eine Gesamtheit nicht patentierter praktischer Kenntnisse, die durch Erfahrungen und Versuche gewonnen werden und die
geheim, d. h. nicht allgemein bekannt und nicht leicht zugänglich sind, wesentlich, d. h. die für die Produktion der Vertragsprodukte von Bedeutung und nützlich sind, und identifiziert sind, d. h. umfassend genug beschrieben sind, so dass überprüft werden kann, ob es die Merkmale "geheim" und "wesentlich" erfüllt”
Know-how im rechtstechnischen Sinn umfasst damit dasjenige technische Wissen, welches nur einer bestimmten Personenzahl zugänglich gemacht wird und zu dessen Geheimhaltung sein Inhaber Vorkehrungen getroffen hat. In vorliegendem Leitfaden bezieht sich der Begriff jedoch auf die Gesamtheit von Fähigkeiten und Wissen, welches im Rahmen einer internationalen Kooperation relevant werden kann und entweder mittels Geheimhaltungsvereinbarungen oder auch mittels formaler Schutzrechte wie einem Patent oder Gebrauchsmuster geschützt werden kann.
Der Umgang mit Know-how ist jedoch stark von landestypischen Rahmenbedingungen wie der Rechtskultur, der Rechtslage, aber auch der Rechtspraxis abhängig. So zeigen sich z. B. hinsichtlich der Verlässlichkeit von Zusagen und schriftlichen Vereinbarungen erhebliche Unterschiede bei verschiedenen Kooperationspartnern. Einer im Zusammenhang mit diesem Leitfaden vom WZL der RWTH Aachen in
6 Amtsblatt Nr. L 123 vom 27. April 2004, S. 11–17.
Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer IPT und dem Munich Intellectual Property Law Center7 erstellten Studie zufolge nehmen die befragten Institute und Unternehmen im Hinblick auf Vertragsverletzungen in FuE-Kooperationen in den betrachteten Ländern deutliche Unterschiede wahr (vgl. Abbildung 1).
Somit bilden die rechtlichen Rahmenbedingungen und die landestypischen Risiken zentrale Kriterien bei der Bewertung einer internationalen FuE-Kooperation. Allerdings geht aus der aktuellen Befragung auch hervor, dass die Kenntnisse der wissenschaftlichen Mitarbeiter (vgl. Abbildung 2) in Instituten und Unternehmen über Know-how-Schutz und das Bewusstsein für die Bedeutung von Know-how gering ausgeprägt sind. Hier besteht ein hoher Handlungsbedarf, um auf Mitarbeiterebene die Kenntnis der rechtlichen Aspekte zu verbessern. Zumindest sollte ihr Bewusstsein für deren Relevanz geschärft werden, damit juristischer Rat rechtzeitig eingeholt wird. Vor allem Institute sowie kleine und mittlere Unternehmen können in der Regel keine eigene juristische Expertise aufbieten. Die im Rahmen dieser Untersuchung Befragten bemängelten zudem, dass von öffentlicher Seite keine ausreichende Hilfe, etwa in Form von Beratungsstellen, geleistet werde. Tatsächlich finanziert die Bundesregierung zwar beispielsweise Patentverwertungsagenturen und das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie gab 2007 eine Broschüre mit Mustervereinbarungen für Forschungs- und Entwicklungskooperationen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft heraus, die auch Empfehlungen für internationale Kooperationen beinhalten.8 Diese scheinen jedoch nicht immer bekannt und akzeptiert zu sein und richten sich primär auf einen deutschen Anwendungskontext. Daraus ergibt sich der Bedarf nach einem weiteren Hilfsmittel, das Institute und Unternehmen bei der Anbahnung und Durchführung internationaler FuE-Kooperationen unterstützt.
7 Studie »Umgang mit Know-how in internationalen FuE-Kooperationen«, Werkzeugmaschinenlabor der RWTH Aachen, Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT, Munich Intellectual Property Law Center (2007). An der Studie beteiligten sich insgesamt 110 Unternehmen und Institute aus Deutschland. Die detaillierten statistischen Ergebnisse der Studie können unter http://www.internationale-kooperation.de/ heruntergeladen werden.
8 „Mustervereinbarungen für Forschungs- und Entwicklungskooperationen, Ein Leitfaden für die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft”, herausgegeben vom BMWi (http://www.bmwi.de/BMWi/ Navigation/Service/publikationen,did=217918.html) oder DIHK-Leitfaden zu Forschungs- und Entwicklungskooperationen (http://verlag.dihk.de/ forschungs_und_entwicklungskooperationen_382400_1.html).
8 EINLEITUNG
Abbildung 1: Häufigkeit und Schwere von Vertragsverletzungen in internationalen FuE-Kooperationen
Abbildung 2: Kenntnisstand der wissenschaftlichen Mitarbeiter aus Industrie und Forschung hinsichtlich internationaler Rechtsrundlagen
Ziel der Untersuchung
Ziel der Untersuchung war es, den vorliegenden Leitfaden zu entwickeln. Dieser soll deutschen Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Unternehmen ein Instrumentarium zur Verfügung stellen, mit Hilfe dessen sie Vorkehrungen für einen erfolgreichen Ablauf von internationalen FuE-Kooperationen treffen können.
Aufbau und Länderfokus der Untersuchung
Fehlende Rechtssicherheit und mangelnde Absprachen im Vorfeld einer FuE-Kooperation führen häufig dazu, dass die Forschungsergebnisse nicht ausreichend verwertet werden können oder das eingebrachtes Wissen gegen den eigenen Willen weiterverwendet oder sogar an Dritte weitergegeben wird. Gerade in den frühen Phasen einer Kooperation besteht oft
9 EINLEITUNG
große Unsicherheit darüber, welche Maßnahmen zur Geheimhaltung und zum Schutz eingebrachten Wissens zu treffen sind. Die Untersuchung beleuchtet deshalb alle Phasen, die in internationalen FuE-Kooperationen durchlaufen werden (vgl. Abbildung 3). Im Mittelpunkt der Betrachtung stehen die Länder Brasilien, China, Indien, Russland, Südafrika, Südkorea, Türkei und USA.
Um die Ziele der Studie zu erreichen, wurde diese in die folgenden Arbeitspakete unterteilt:
Befragung führender deutscher Universitäten, Forschungseinrichtungen und Unternehmen (Breitenbefragung10
10 Die im Leitfaden abgebildeten Grafiken zum Umgang mit Know-how sind Teilergebnisse der Breitenbefragung. Die vollständigen Ergebnisse können unter: http://www.kooperation-international.de/countries/ geistiges-eigentum heruntergeladen werden.
). An der Studie beteiligten sich insgesamt 110 Institute und Unternehmen.
Rechtsrecherchen über die acht betrachteten Länder11
11 Brasilien, China, Indien, Russland, Südafrika, Südkorea, Türkei und USA. Die vollständigen Länderberichte können unter http://www. kooperation-international.de/countries/geistiges-eigentum heruntergeladen werden.
. Die Länderberichte decken inhaltlich folgende Punkte ab: – Rechtsbewusstsein und geschichtliche Ent
wicklung des geistigen Eigentums – Rechtsgrundlage – Rechtspraxis – Einwirkung der nationalen Politik auf den
Schutz geistigen Eigentums Tiefenbefragung, die auf Basis der Erkenntnisse der Breitenbefragung und der Rechtsrecherche die identifizierten Problemfelder durch Experteninterviews detaillierter beleuchtet.
Abbildung 3: Phasen einer FuE-Kooperation
10 AUFBAU DES LEITFADENS
3. Aufbau des Leitfadens
Dieser Leitfaden richtet sich an Institute und Unternehmen, die eine internationale FuE-Kooperation planen oder bereits im Begriff sind, eine solche anzubahnen. Er stellt keinen Mustervertrag dar und enthält damit auch keine Vertragsbausteine, die der Leser übernehmen könnte. Dieser Leitfaden soll vielmehr als praxisnahe Einführung in das Thema dienen. Er zeigt dafür die wesentlichen rechtlichen Aspekte einer internationalen FuE-Kooperation auf, die zu beachten sind. Dabei orientiert sich der Leitfaden an den Phasen einer Kooperation (vgl. Abbildung 4). So kann der Leser im Leitfaden entlang der Phasen eine FuE-Kooperation planen und wird in jeder Phase auf Besonderheiten hingewiesen, die es zu beachten gilt. Zudem gibt der Leitfaden praktische Beispiele zu nationalen Regelungen und ihrer Umsetzung in der Rechtpraxis in den ausgewählten acht Ländern. Er zeigt außerdem besondere Fallstricke auf, die bei der Planung, Anbahnung und Gestaltung einer internationalen FuE-Kooperation zu beachten sind.
Abbildung 4: Phasen einer Kooperation und detaillierter Ablauf zum Umgang mit Know-how
Strategie und Zieldefinition
Bereits in der Strategie und Zieldefinition spielen rechtliche Aspekte eine wichtige Rolle: Abhängig von den konkreten Zielen einer Kooperation sind unterschiedliche Aspekte bei der Vertragsgestaltung zu beachten. Auch können sich länderspezifische Regelungen kritisch auswirken. Als Beispiel sei hier Russland erwähnt, wo sich der Staat das Eigentum an Ergebnissen von FuE-Kooperationen vorbehält, wenn die Ergebnisse von besonderem staatlichem Interesse sind. Handelt es sich bei dem Ergebnis beispielsweise um eine sicherheitsrelevante Technologie, so ist das Risiko einer solchen staatlichen Inanspruchnahme vergleichsweise hoch. Dient die Kooperation auch noch dazu, den russischen Markt zu erschließen, so
kann die Kooperation durch nationale Gesetze und Bestimmungen zusätzlich erschwert werden. Verfügt eine Institution oder ein Unternehmen bereits in dieser Phase über fundierte Kenntnisse über die länderspezifischen Vorschriften, so kann es je nach Ziel und Zweck der Kooperation frühzeitig Partner aus bestimmten Ländern ausschließen.
Anbahnung
In der Anbahnungsphase einer Kooperation werden geeignete Partner identifiziert und erste Gespräche zur Planung mit dem potenziellen Partner durchgeführt. Diese ersten Gespräch spielen für den Schutz des eigenen Know-hows eine besondere Rolle. Oft tauschen die Partner in den Gesprächen bereits erste Informationen aus, um z. B. die Kompetenzen des Partners zu prüfen. Damit wird jedoch dem potenziellen Kooperationspartner gleichzeitig eigenes Know-how zugänglich gemacht. Häufig geschieht dies, da man sich über den Umgang mit schon bestehendem Knowhow im Vorfeld der Gespräche keine Gedanken gemacht hat. Dies kann insbesondere dann kritisch werden, wenn die Kooperation nicht zustande kommt und dem Gesprächspartner zuvor keine Restriktionen im Hinblick auf den Umgang mit solchermaßen offenbarten Wissen auferlegt worden sind. Vor den ersten Gesprächen sind demnach bereits erste rechtliche Vorkehrungen12 zu treffen.
12 Wie z. B. Geheimhaltungsvereinbarung (GHV), Letter of Intent (LOI), etc.
Dafür sind auch Kenntnisse der jeweiligen Rechtslage im Land des Kooperationspartners erforderlich. Für die Auswahl eines Kooperationspartners sollten die partner- und länderspezifischen Risiken den erwarteten Vorteilen aus einer solchen Kooperation gegenübergestellt werden.
11 AUFBAU DES LEITFADENS
Vertragsgestaltung
Konnte anhand der Vorgespräche ein geeigneter Kooperationspartner identifiziert werden, gilt es in einem nächsten Schritt, die Verträge auszuarbeiten. Hier müssen nicht nur Kenntnisse der rechtlichen Grundlagen des entsprechenden Landes einfließen, sondern auch Informationen über die Rechtspraxis und die Rechtsmentalität. Sind die Prozesse zur Rechtsdurchsetzung langwierig und schwierig, müssen gegebenenfalls Sanktionen direkt vertraglich vereinbart werden, die auch Bestand vor den jeweiligen Gerichten haben. Weiterhin wird oft auch die Verbindlichkeit schriftlicher Vereinbarungen in verschiedenen Ländern sehr unterschiedlich aufgefasst (vgl. Abbildung 5).
Abbildung 5: Verbindlichkeit schriftlicher Vereinbarungen
In der Vertragsgestaltung ist darauf zu achten, dass zur Vermeidung späterer Rechtsstreitigkeiten Regelungen zu allem in der Kooperation relevantem Know-how vertraglich festgehalten werden. Die drei verschiedenen Kategorien von Know-how umfassen das in die Kooperation eingebrachte, das gezielt entwickelte sowie das durch die Kooperationspartner während der Kooperation separat entwickelte Knowhow (peripheres Know-how). Darüber hinaus ist die geplante Verwertung der Ergebnisse genau festzuhalten. Dies betrifft auch Regelungen über die Nutzungsrechte der Parteien an den Ergebnissen. Neben den
Rechten sind auch die Pflichten, die aus der Kooperation oder den Ergebnissen entstehen, vertraglich festzuhalten. Wer ist beispielsweise verantwortlich für die Durchsetzung der Rechte an den Kooperationsergebnissen, wenn es zu Verletzungen durch Dritte kommt?
Durchführung
Im Verlauf einer Kooperation entsteht neues Wissen. Dieses erarbeitete Know-how gilt es zu schützen. Ebenso sind die Rechte für eine gewinnbringende Verwertung zu sichern. Dazu müssen die unterschiedlichen Schutzmöglichkeiten, aber auch die Schutzvoraussetzungen bekannt sein, die sich in den betrachteten Ländern zum Teil erheblich unterscheiden. Neben der Kenntnis der rechtlichen Rahmenbedingungen müssen zwischen den Partnern jedoch auch operative Fragen geklärt werden: Wer meldet zum Beispiel ein Patent an und in welchen Ländern wird es angemeldet? Wichtig ist auch die Frage, wann die Schutzrechte angemeldet werden sollen. So finden sich in den verschiedenen Ländern unterschiedliche Regelungen darüber, wem das Recht auf ein Patent zusteht – dem, der es als erster anmeldet oder dem ersten Erfinder? Auch die Neuheit einer Erfindung kann unterschiedlich beurteilt werden. Macht etwa ein Kooperationspartner frühzeitig Informationen öffentlich zugänglich, so kann dies in Abwesenheit einer Regelung zur Neuheitsschonfrist der Patenterteilung entgegen
12 AUFBAU DES LEITFADENS
stehen, da der Erfindung die Neuheit fehlt. Darüber hinaus müssen in die Überlegungen zur Sicherung der Schutzrechte auch Kosten und Dauer der rechtlichen Verfahren einbezogen werden.
Während der Kooperation ist eine laufende Kontrolle der rechtlichen Rahmenbedingungen ebenso erforderlich wie die Überprüfung der erreichten Ziele. Zum einen ist zu prüfen, ob sich nationale Regelungen dahingehend verändert haben, dass die Voraussetzungen des Kooperationsvertrages nicht mehr erfüllt sind. In diesem Fall ist der Vertrag gemäß den Änderungen anzupassen. Dies bedingt natürlich, dass bereits im Vorfeld vertraglich festgehalten wurde, bei Veränderung der Rahmenbedingungen entsprechende Anpassungen vorzunehmen. Zum anderen sollte während der Kooperation die Motivation des Partners regelmäßig hinterfragt werden. Werden seine Ziele weiterhin erreicht? Welche zusätzlichen Optionen bieten sich dem Kooperationspartner, wenn er geschütztes Knowhow anderweitig nutzt oder an Dritte weitergibt? Besteht die Gefahr einer nicht vertragsgemäßen Nutzung durch den Kooperationspartner, so ist dies rechtzeitig zur Sprache zu bringen. Gegebenfalls müssen Maßnahmen ergriffen werden.
Auflösung
Die Ziele der Kooperation werden zu Beginn mit dem Kooperationspartner festgelegt. Dazu zählen auch Erfüllungskriterien, an die das Ende der Kooperation geknüpft ist. Das Ende der Kooperation kann beispielsweise zu einem bestimmten Zeitpunkt oder nach einer bestimmten Kooperationsdauer erreicht sein. Oft werden auch bestimmte technische Ziele definiert. Neben den Kriterien, die das Ende der Kooperation festlegen, sollten die Kooperationspartner im Vorfeld auch Abbruchkriterien vereinbaren. Der Abbruch einer Kooperation kann erforderlich werden, wenn sich etwa die rechtlichen Rahmenbedingungen ändern oder Vertragverletzungen durch den Kooperationspartner festgestellt werden. Darüber hinaus ist zu definieren, wie bei einem frühzeitigen Abbruch der Kooperation mit den bisherigen Ergebnissen und dem entstandenen Aufwand zu verfahren ist. Dies ist besonders wichtig, wenn die Kooperation wegen einer Vertragsverletzung beendet wird.
13 DIE FÜNF PHASEN EINER FUE-KOOPERATION
4. Die fünf Phasen einer FuE-Kooperation
4.1. Strategie und Zieldefinition
Im vorgestellten Phasenmodell einer FuE-Kooperation dient die erste Phase der Strategie- und Zieldefinition (vgl. Abbildung 6).
Abbildung 6: Einordnung der Phase „Strategie und Zieldefinition"
Vor der Feststellung, ob Kooperationsbedarf besteht, steht zunächst die Festlegung der internen Forschungs- und Entwicklungsziele im Rahmen der übergeordneten Unternehmensstrategie. Aus dem Abgleich dieser Ziele mit den unternehmensintern vorhandenen Ressourcen und Fähigkeiten lässt sich der Bedarf für FuE-Kooperationen ermitteln. Daraus ergeben sich dann die konkreten Ziele und das angestrebte Ergebnis der Kooperation. Den Ablauf zeigt Abbildung 7.
Abbildung 7: Ableitung des Kooperationsbedarfs aus der Unternehmensstrategie
Sollten zur Zielerreichung externe Ressourcen erforderlich sein, so gilt es, den Umfang der FuE-Kooperation zu definieren. Dabei wird unterschieden, welche Art von Ergebnis die Kooperation erzielen soll und auf welche Weise durch Verwertung der Kooperationsergebnisse übergeordnete Ziele erreicht werden
können. Das Kooperationsergebnis kann ein Produkt, ein Prozess, aber auch ein rein wissenschaftlicher Erkenntnisgewinn sein. Auch lassen sich die Ergebnisse sowohl extern als auch intern verwerten. Unter die interne Verwertung fallen beispielsweise die Patentierung der Ergebnisse, ihre Nutzung für nachfolgende Forschungsaktivitäten oder Übertragung auf eigene Produkte sowie deren Vermarktung. Eine externe Verwertung ist hingegen die Lizenzvergabe oder der Verkauf der Rechte von Forschungsergebnissen an Dritte.
Auf dieser Basis kann bereits ein Profil erstellt werden, in dem eigene Zielvorgaben und Anforderungen an die Kooperation definiert sind. Dies erleichtert die Suche nach geeigneten Kooperationspartnern zur erfolgreichen Durchführung und späteren Verwertung der Ergebnisse.
14 DIE FÜNF PHASEN EINER FUE-KOOPERATION
4.2. Anbahnung
In der Anbahnungsphase wird (vgl. Abbildung 8) auf Basis des zuvor festgelegten Kooperationsprofils nach geeigneten Partnern zur Durchführung der FuE-Kooperation gesucht.
Abbildung 8: Einordnung der Phase „Anbahnung"
Abbildung 9 zeigt das Vorgehen zur Auswahl geeigneter Kooperationspartner. Zunächst wird ein Kompetenzprofil erstellt, das der Kooperationspartner aufweisen sollte, damit die Ziele der Kooperation erfüllt werden können. Je nach Zieldefinition können dies Eigenschaften wie wissenschaftliche Expertise, Marktkenntnis oder auch eine besonders gute Reputation sein.
Abbildung 9: Übersicht des Vorgehens zur Auswahl eines Kooperationspartners
Anhand des erstellten Kompetenzprofils beginnt die Suche nach potenziellen Partnern. Hier gilt es bereits im Vorfeld Kompetenzen abzugleichen, um eine sinnvolle Vorauswahl zu treffen.
Die Bewertung landestypischer Einflussfaktoren und Risiken sollte bereits in diesem Stadium in die Betrachtungen einfließen. Abhängig von den Kooperationszielen können rechtliche Aspekte oder kulturelle Faktoren im jeweiligen Land erheblichen Einfluss auf die Anbahnung, aber auch auf die Durchführung der Kooperation ausüben. Daher ist es bereits bei der Vorauswahl von Kooperationspartnern wichtig, diese landesbezogenen Einflussfaktoren zu kennen.
Schon im Vorfeld von Gesprächen mit möglichen Partnern sollte Klarheit darüber geschaffen werden, wie mit bestehendem und innerhalb der Kooperation erarbeitetem Know-how umzugehen ist. Eine Rechtsberatung ist bereits in diesem frühen Stadium dringend zu empfehlen, damit Geheimhaltungsvereinbarungen und dergleichen rechtlich einwandfrei ausformuliert werden. Hierfür sollte man sich auch darüber im Klaren sein, welche Informationen in den Gesprächen preisgegeben werden dürfen.
15 DIE FÜNF PHASEN EINER FUE-KOOPERATION
Im Anschluss an die Gespräche mit möglichen Partnern sollten systematisch die Chancen und Risiken erörtert werden, die eine Zusammenarbeit mit jedem der in Frage kommenden Kooperationspartner mit sich bringen kann (vgl. Abbildung 10).
Abbildung 10: Erstellung von Chancen- und Risikoprofilen potenzieller Partner
Auf der Basis der erstellen Profile können dann einer oder mehrere Kooperationspartner ausgewählt werden.
Rechtsmentalität
Unterschiedliche Rechtsmentalitäten können sich stark auf das Vertragsgebaren und die Rechtspraxis im Konfliktfall auswirken. Die untersuchten Länder lassen sich grob in drei Rechtskreise unterteilen, die „Civil Law” Länder, die „Common Law” Länder und solche mit Transformationshintergrund: Am weitesten verbreitet sind der kontinentaleuropäische „Civil Law”-Ansatz und das vom angelsächsischen Einfluss geprägte „Common Law”. Ersteres fußt auf kodifiziertem Recht. Man findet es nicht nur in Europa, sondern auch in Südamerika, weiten Teilen Asiens und in Afrika. Seine Wurzeln liegen im Römischen Recht. Das „Common Law” hingegen ist das in den angelsächsischen Ländern teilweise fortgeltende Recht, das sich nicht primär auf Gesetze, sondern auf richterliche Urteile aus der Vergangenheit (Präzedenzfälle) stützt
und entsprechend von der Rechtsprechung fortgebildet wird. Das „Common Law” hat Züge des Gewohnheitsrechts. Es richtet sich nicht nur nach den Gesetzen, sondern nach der Gesamtheit der Prinzipien, Richtlinien und Entscheidungen der Judikative. Teile des „Common Law" gelten in ihrer ursprünglichen Fassung noch in zahlreichen Ländern, die früher Kolonien der englischen Krone waren, so etwa in den USA, Kanada, Australien oder Neuseeland .
Während die Türkei neben Brasilien und auch Russland der römischen Rechtstradition und damit dem „Civil Law” zuzuordnen sind, sind die USA, aber auch Indien als ehemals britische Kolonie, von der angelsächsischen Rechtsgeschichte geprägt (vgl. Abbildung 11).
In Südkorea und China, deren Recht ebenfalls nach dem „Civil Law” ausgestaltet ist, gilt darüber hinaus in unterschiedlichem Maße traditionelles Rechtsdenken fort, was sich vor allem auf die Praxis der Umsetzung der größtenteils auf westlichen Rechtsvorstellungen beruhenden geschriebenen Normen auswirkt.
Welchen Einfluss die verschiedenen kulturellen Rechtshintergründe auf die Anbahnung einer internationalen Forschungskooperation haben können, soll nachfolgend beispielhaft dargestellt werden:
16 DIE FÜNF PHASEN EINER FUE-KOOPERATION
Abbildung 11: Unterschiedliche rechtskulturelle Hintergründe
Allzu oft wird in Deutschland angenommen, dass einer schriftlich niedergelegten Vereinbarung in anderen Ländern derselbe Stellenwert eingeräumt wird wie hierzulande und dass man sich im Streitfall im Ausland ebenso vertrauensvoll an die Justiz wenden kann. Dies ist jedoch mitnichten der Fall: Bereits die Zusammenarbeit mit einem Partner aus einem europäischen Nachbarland oder den Vereinigten Staaten von Amerika erfordert eine erhöhte rechtliche und interkulturelle Sensibilität. So ist es wichtig, bereits bei Vertragsabschluss die Gefahr eines kostspieligen, mit vielen Besonderheiten behafteten Rechtsstreits zu minimieren. Umso mehr gilt dies für Entwicklungsund Schwellenländer wie Brasilien, Südafrika und Indien, die zwar im Verlauf ihrer kolonialen Geschichte das kontinentaleuropäische Recht oder das britische „Common Law" übernommen haben, deren Rechtsdurchsetzung jedoch aufgrund unzureichender Ressourcen bei weitem nicht so effizient ist wie in den meisten entwickelten Industriestaaten. Schließlich finden sich unter den betrachteten Ländern auch solche mit Transformationshintergrund, in denen der Rechtssprechung erst seit dem Übergang von der Plan- zur Marktwirtschaft eine ähnliche Rolle zukommt wie in traditionell marktwirtschaftlich ausgerichteten Ländern. Trotz moderner Gesetze hat sich dort meist noch keine gefestigte Rechtsprechungspraxis etabliert. Die größten Besonderheiten im Hinblick auf das „gelebte" Recht weist in diesem Zusammenhang China auf, dessen Gesellschaft über Jahrtausende hinweg andere Mechanismen zur Absicherung von geschäftlichen Transaktionen entwickelt hat als die vom Recht flankierte vertragliche Vereinbarung. Hier klaffen
geschriebenes, zumeist aus dem Westen übernommenes Recht und der Umgang der Gerichte und Institutionen mit diesem Recht am weitesten auseinander.
Diese Hintergründe gilt es, sich bewusst zu machen. Sie müssen bereits in der Phase der Entscheidung über die Aufnahme von Kooperationsbeziehungen in die Überlegungen einfließen, damit eine Zusammenarbeit auch unter ungewohnten Rahmenbedingungen zum Erfolg führen kann.
Beispiel China
In China findet sich eine Reihe potenzieller Kooperationspartner, u.a. aufstrebende Unternehmen und staatliche Wissenschaftsinstitute. Nicht zuletzt aufgrund eines umfangreichen Pools an hervorragend ausgebildeten Ingenieuren und Naturwissenschaftlern eignet sich eine immer größere Zahl an chinesischen Einrichtungen zur Zusammenarbeit im Hochtechnologiebereich. Gleichzeitig stellt sich aber die Frage des häufig als unzureichend kritisierten Rechtsschutzes vertraglicher Vereinbarungen (vgl. Abbildung 5). Zwar verfügt auch China über einen rechtlichen Patent- und Know-how-Schutz auf akzeptablem Niveau sowie über eigene vertragsrechtliche Regelungen für Technologievereinbarungen. Diese lassen sich aber im konkreten Streitfall häufig nicht durchsetzen. Der am häufigsten genannte Grund ist der so genannte Regionalprotektionismus, also der Schutz ortsansässiger Unternehmen durch Behörden
17 DIE FÜNF PHASEN EINER FUE-KOOPERATION
und Gerichte vor Ansprüchen Ortsfremder. Da der Vertragspartner damit rechnen kann, dass sein Gegenüber im konkreten Streitfall vor Gericht nicht in der Lage sein wird, seine Ansprüche gegen die unerlaubte Verwertung eines in die Kooperation eingebrachten Patents oder die Weitergabe von technischen Geheimnissen geltend zu machen, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass er dem Vertrag wenig Bedeutung beimessen wird.
Angesichts der Schwierigkeiten, die eine rechtliche Auseinandersetzung in China mit sich bringen kann, ist es erforderlich, sich weit im Vorfeld einer Kooperation über die Rolle und die Motivation seines Kooperationspartners im Klaren zu sein.
Konkret bedeutet dies: Erkundigungen über die Verflechtungen des potenziellen Partners mit staatlichen Einrichtungen und Unternehmen einholen! In China besteht normalerweise ein hoher Grad an institutionellen und personellen Verflechtungen zwischen Unternehmen und Behörden vor Ort. So arbeiten alle Beteiligten auf Wachstum und Wohlstand in ihrer Region hin - die Unternehmen, indem sie Arbeitsplätze bereitstellen und Körperschaftssteuern zahlen und die Behörden, indem sie Investitionsentscheidungen politisch mittragen und zum Teil auch Schutz vor Konkurrenz aus anderen Landesteilen bieten (was gesetzlich jedoch nicht erlaubt ist). Ein Grund für diese Verflechtung besteht in der schrittweisen Transformation von der Plan- zur Marktwirtschaft, die die Grenzen zwischen „staatlich” und „privat” auch heute noch verwischt. Für den deutschen Partner gilt es daher, diejenigen zu ermitteln, die indirekt auf das Projekt Einfluss nehmen könnten, beispielsweise durch die Bereitstellung von Mitteln, die eine Durchführung von chinesischer Seite finanziell absichern. Diese Personen oder Institutionen könnten dann auch die in das Projekt eingebrachten technischen Geheimnisse beanspruchen. Wie viele Institutionen an einer Kooperation unmittelbar und mittelbar beteiligt sein können, lässt sich unter anderem anhand der Liste derjenigen erahnen, die an Vorgesprächen über Vertragsverhandlungen oder an den eigentlichen Vertragsverhandlungen teilnehmen. Über die Teilnehmer an Vertragsverhandlungen und die Institutionen, denen sie angehören, sollte der deutsche Kooperationspartner rechtzeitig Erkundigungen einholen.
Entsprechend dem Grad der Verflechtung des potentiellen Partners mit weiteren regionalen und überregionalen Institutionen empfiehlt es sich, darauf hinzuwirken, dass der Vertrag eine klare Vereinbarung über den Personenkreis enthält, der Kenntnis über in das Projekt eingebrachte und aus dem Projekt hervorgegangene technische Geheimnisse erlangen darf. Solche Klarheit garantiert zwar im konkreten Streitfall noch keinen Erfolg, verringert aber den Spielraum für Parteilichkeit auf Seiten der Verfolgungsbehörden und der Justiz.
Über die Ziele, die der potenzielle Partner mit der Kooperation verfolgt, Klarheit schaffen! In Vorgesprächen sollte so weit wie möglich die Ernsthaftigkeit ermittelt werden, mit der der eigentliche Verhandlungsgegenstand verfolgt wird. Inwieweit ist der chinesische Partner beispielsweise bereit, sich finanziell zu engagieren und damit Risiken eines Scheiterns auf sich zu nehmen? Wie weit richten sich die Verhandlungsbeiträge der chinesischen Seite auf das gemeinsame Ziel? Und inwieweit hängt der Vertragsabschluss davon ab, dass der Kooperationspartner technisches Wissen in die Zusammenarbeit einbringt?
Ausreichend Zeit einplanen! Persönliche Beziehungen und der Aufbau von Vertrauensverhältnissen ersetzen in China nach wie vor in starkem Maße klare vertragliche Regelungen und deren Absicherung durch Rechtsvorschriften. Ist beispielsweise ein früherer Doktorand der eigenen Institution bei dem potenziellen Kooperationspartner tätig und wurde der Erstkontakt auf diese Weise angebahnt, so besteht eine Grundlage für den weitergehenden Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung. Es ist sehr wichtig, dass den Teilnehmern der chinesischen Verhandlungsdelegation „gleichwertige” Verhandlungspartner von deutscher Seite gegenüberstehen, dass also beispielsweise der Institutsdirektor sich nicht durch einen niederrangigen Mitarbeiter vertreten lässt, weil er einen anderweitigen Termin hat. Termine sollten entsprechend abgestimmt werden. Wenn Verhandlungen in Deutschland stattfinden, sollte auch an ein Rahmenprogramm gedacht werden. In China ist es selbstverständlich, dass Gäste zum Essen eingeladen und zu lokalen Sehenswürdigkeiten geführt werden.
Häufig sind chinesische Verhandlungspartner an einem unverbindlichen „Letter of Intent”, dass man weitergehende Kooperation beabsichtigt, interessiert. Solche unverbindlichen Vorvereinbarungen gehen in China in Statistiken über die Technologiekoopera
18 DIE FÜNF PHASEN EINER FUE-KOOPERATION
tion mit dem Ausland ein und können das Ansehen einer Institution oder einer Region aufwerten. Sie bieten sich gerade dann an, wenn nicht sofort in allen Punkten Einigkeit erzielt werden kann, es sich aber um ein interessantes Projekt handelt, das weiterverfolgt werden soll. Dann können beide Parteien mit einem Zwischenergebnis auseinander gehen, ohne das Gesicht zu verlieren. Sollte die chinesische Seite auf Eile drängen, ist Vorsicht geboten. Schutzrechte anmelden! In Verhandlungen über FuE-Kooperationen kommen die Partner oft nicht umhin, technische Geheimnisse preiszugeben, um überhaupt eine konkrete Verhandlungsgrundlage zu schaffen. Um nicht Gefahr zu laufen, sich durch Preisgabe eines Geheimnisses seines geistigen Eigentums zu entledigen, sollte vor Aufnahme der Vertragsverhandlungen sicherheitshalber die Patentanmeldung des geheimen Gegenstandes in China in Betracht gezogen werden. Damit sichert man sich ein Anmeldedatum, kann aber die Anmeldung vor Offenlegung, die erst nach 18 Monaten erfolgt, wieder zurückziehen, falls dann doch Geheimhaltung angezeigt sein sollte. Gem. Art. 43 des chinesischen Vertragsgesetzes (Contract Law of the People´s Republic of China)13 sind zudem Geheimnisse, die im Verlauf von Verhandlungen zur Sprache kommen, auch dann zu wahren, wenn ein Vertrag schließlich doch nicht zustande kommt. Wirksamer als der bloße Verlass auf diese Bestimmung erscheint jedoch die Patentanmeldung, aufgrund derer man im Streitfall ein klar umrissenes und damit überzeugendes Recht vorweisen kann.
Rückzugsmöglichkeiten einplanen! Aufgrund der vergleichsweise hohen Rechtsunsicherheit empfiehlt es sich, Rückzugsmöglichkeiten in Betracht zu ziehen – also in Verhandlungen auf eine Kooperationsform hinzuwirken, die schrittweises, von erreichten Zwischenzielen abhängiges Einbringen von materiellem und immateriellem Kapital erlaubt. Verläuft später die Kooperation in anderen als in den vertraglich vorgesehenen Bahnen, so bleibt der Schaden bei einem Ausstieg begrenzt.
Vertretungen vor Ort in Anspruch nehmen! Eine Reihe renommierter deutscher und internationaler
13 In englischer Fassung abrufbar unter http://www.sipo.gov.cn/sipo_ English/laws/relatedlaws/200204/t20020420_34757.htm. Der Gesetzestext von Art. 43 lautet folgendermaßen: »A business secret the parties learn in concluding a contract shall not be disclosed or unfairly used, not matter the contract is established or not. The party who causes the other party to suffer from losses due to disclosing or unfairly using the business secret shall be liable for damages.
Sozietäten unterhält auch Niederlassungen in China. Deutsche Anwälte arbeiten im Bereich der Rechtsdurchsetzung mit ausgesuchten chinesischen Anwälten zusammen. Die Fachleute vor Ort können bei der Vertragsanbahnung und bei der Ausgestaltung von Vertragsklauseln wichtige Beratung leisten, die späteren Streit vermeiden hilft.
4.3. Vertragsgestaltung
Nachdem die Ziele einer Kooperation definiert sind und diese angebahnt ist, wird im nächsten Schritt der konkrete Vertrag mit dem Kooperationspartner ausgehandelt (vgl. Abbildung 12). Vertraglich zu regeln ist nicht nur der Umgang mit dem in die Kooperation eingebrachten Know-how sowie den aus der Verhandlung hervorgehenden Forschungsergebnissen, sondern soweit möglich auch – sozusagen in Vorwegnahme eines möglichen Streits – das anwendbare Recht und der Gerichtsstand.
Die folgende Auflistung dient als „Checkliste”, welche Punkte die Kooperationspartner auf jeden Fall berücksichtigen sollten:
Geheimhaltung Regelung der Eigentumsrechte Nutzungsrechte Lizenzen/Übertragungen Anmeldung von Schutzrechten Vorgehensweise bei Unstimmigkeiten oder Haftungsfällen Anwendbares Recht und Gerichtsstand Vertragsstrafen Kündigung Allgemeine Punkte
Geheimhaltung:
Im Vertrag sollte kein Zweifel daran gelassen werden, dass Innovationen und technische Geheimnisse, die in die Zusammenarbeit eingebracht werden oder aus ihr hervorgehen, nur den unmittelbaren Vertragsparteien gehören. Jede Weitergabe über diesen Kreis hinaus muss demnach eine Vertragsverletzung darstellen. Zwischen den Kooperationspartnern stellen sich hinsichtlich des eingebrachten und gemeinsam entwickelten technischen Wissens deshalb folgende Fragen, die bereits im Vertrag grundsätzlich zu klären sind:
19 DIE FÜNF PHASEN EINER FUE-KOOPERATION
Abbildung 12: Einordnung der Phase „Vertragsgestaltung"
Zunächst sollten verschiedene Wissensbereiche voneinander getrennt und geschützt werden. Um nicht nur auf den sehr einzelfallbezogenen und in einigen Ländern recht rudimentär geregelten Schutz des Geschäftsgeheimnisses zu vertrauen, sollte ein Vertrag klare Vorschriften über den Umgang mit eingebrachtem oder im Verlauf der Kooperation entwickeltem Know-how enthalten. Gerade im Hinblick auf den gesetzlichen Geheimnisschutz gilt es in den meisten Ländern gewisse Vorgaben zu beachten, damit überhaupt die Kriterien eines Geschäftsgeheimnisses erfüllt sind. Hier heißt es klare Geheimhaltungsregeln zu formulieren und Maßnahmen zu beschreiben, anhand derer belegt werden kann, dass tatsächlich versucht wird, das entsprechende Wissen geheim zu halten.
Das Wissen, das in einer Kooperationsvereinbarung zu regeln ist, lässt sich zunächst in drei Kategorien aufteilen (vgl. Abbildung 13):
Abbildung 13: Kategorien des Know-hows
Zur ersten Kategorie gehören die so genannten „Altschutzrechte” oder „Background Know-how”, also Wissen, das von beiden Seiten in die Kooperation eingebracht wird. Dieses sollte darauf begrenzt werden, was zur Durchführung der Kooperation unbedingt erforderlich ist. Auch sollte je nach Gegenstand eine Patent-, Gebrauchsmuster- oder sonstige Schutzrechtsanmeldung im Zielland in Betracht gezogen werden. Auch die bereits erwähnte Patentanmeldung aus Sicherheitsgründen kommt hier in Betracht. Entscheidet man sich für Geheimhaltung, so sollte diese im Vertrag klar geregelt werden.
Eine weitere Kategorie bildet das von beiden Seiten im Kooperationsverlauf separat voneinander erarbeitete Wissen. Der Vertrag sollte regeln, wie mit Wissen zu verfahren ist, das jede Partei unabhängig voneinander im Laufe der Kooperation aufbaut, vor allem im Hinblick auf das Wissen, das dem Kooperationspartner
20 DIE FÜNF PHASEN EINER FUE-KOOPERATION
zur Durchführung der Zusammenarbeit mitgeteilt werden muss.
Die dritte Kategorie ist das Wissen, das von beiden Seiten gemeinsam erarbeitet wird. Der Vertrag sollte klare Klauseln darüber enthalten, wie mit solchem Wissen zu verfahren ist, beispielsweise dass es geheim zu halten ist, bis die Parteien eine Entscheidung darüber getroffen haben, ob eine Schutzrechtsanmeldung erfolgt oder ob es grundsätzlich geheim zu halten ist.
Regelung der Eigentumsrechte:
Wie im Fall der Geheimhaltung gilt auch hier, verschiedene Kategorien von Wissen auseinander zu halten.
In die Kooperation eingebrachtes Wissen Generell sollten die Rechte bei demjenigen verbleiben, der das jeweilige technische Wissen in die Kooperation mit einbringt.
Während der Kooperation separat erworbenes Wissen Entwickeln beide Seiten im Verlauf der Kooperation getrennt voneinander neue technische Lösungen, so ist die Eigentumsfrage meist unproblematisch. Wer die technische Lösung entwickelt hat oder zu einem verwertbaren Entwicklungsergebnis gekommen ist, dem sollte auch das Eigentumsrecht daran zustehen.
Gemeinschaftlich erarbeitetes Wissen Anders verhält es sich bei Wissen, das im Zuge der Kooperation gemeinsam erarbeitet wurde: Im Vertrag sollte genau ausgeführt werden, was die Parteien unter „gemeinsamer Entwicklung” verstehen. Des Weiteren sollte der Vertrag Bestimmungen enthalten, die den Umfang, in dem beide Seiten über das gemeinsame Wissen verfügen können, genau regeln. Entweder erhält einer der Kooperationspartner die alleinigen Eigentumsrechte an den Entwicklungsergebnissen oder diese stehen beiden Kooperationspartnern gemeinschaftlich zu. Ersteres ist gerade deshalb vorzuziehen, da gemeinschaftliches Eigentum im Hinblick auf etwaige Einwilligungen oder gemeinsame Verfügungsberechtigungen deutlich öfter Uneinigkeiten auslöst.
Bevor jedoch eine wirksame Regelung über die Eigentumsverhältnisse getroffen werden kann, muss geklärt werden, inwiefern der Kooperationspartner über
haupt frei über die Entwicklungsergebnisse verfügen kann.
Beispiel Deutschland
In Deutschland ist in diesem Zusammenhang an § 42 ArbnErfG zu denken, der als Folge der Freiheit der Wissenschaft in Forschung und Lehre nach Art. 5 GG Sonderregelungen für alle Hochschulbeschäftigten enthält. Mit der Gesetzesänderung vom 18. Januar 2002 ist § 42 ArbnErfG novelliert und das so genannte Hochschullehrerprivileg abgeschafft worden. § 42 ArbnErfG lautet nun folgendermaßen:
§ 42 Besondere Bestimmungen für Erfindungen an Hochschulen
Für Erfindungen der an einer Hochschule Beschäftigten gelten folgende besonderen Bestimmungen:
1. Der Erfinder ist berechtigt, die Diensterfindung im Rahmen seiner Lehr- und Forschungstätigkeit zu offenbaren, wenn er dies dem Dienstherrn rechtzeitig, in der Regel zwei Monate zuvor, angezeigt hat. § 24 Abs. 2 findet insoweit keine Anwendung.
2. Lehnt ein Erfinder aufgrund seiner Lehr- und Forschungsfreiheit die Offenbarung seiner Diensterfindung ab, so ist er nicht verpflichtet, die Erfindung dem Dienstherrn zu melden. Will der Erfinder seine Erfindung zu einem späteren Zeitpunkt offenbaren, so hat er dem Dienstherrn die Erfindung unverzüglich zu melden.
3. Dem Erfinder bleibt im Fall der Inanspruchnahme der Diensterfindung ein nichtausschließliches Recht zur Benutzung der Diensterfindung im Rahmen seiner Lehr- und Forschungstätigkeit.
4. Verwertet der Dienstherr die Erfindung, beträgt die Höhe der Vergütung 30 vom Hundert der durch die Verwertung erzielten Einnahmen.
5. § 40 Nr. 1 findet keine Anwendung.
§ 42 ArbnErfG wurde durch Gesetz vom 18. Januar 2002 dahingehend geändert, dass Hochschulangehörige ihre Erfindungen nun nicht mehr grundsätzlich für sich beanspruchen können. Die
21 DIE FÜNF PHASEN EINER FUE-KOOPERATION
Arbeitgeber-Arbeitnehmer Regelung gilt nun auch für Wissenschaftler an den Hochschulen. Das Beschneiden der Individualansprüche einzelner Hochschulangehöriger soll den Wissenstransfer zwischen öffentlichen Forschungsinstituten und der Wirtschaft erleichtern.
Beispiel USA
Auch in den USA gilt es, die Gesetzeslage betreffend der Inhaberschaft an Entwicklungsergebnissen sorgfältig zu prüfen. Hier gilt die Grundregel, dass der Erfinder Inhaber der Diensterfindung ist. Erfinderperson ist dabei diejenige, die die Erfindung tatsächlich gemacht hat, mit der Folge, dass in den meisten Fällen eine „joint ownership" anzunehmen ist, zu der jeder Beteiligte entweder konzeptionell (conception) oder durch praktische Umsetzung (reduction to practice) beigetragen hat. Als Folge der gemeinschaftlichen Stellung als Eigentümer kann jeder der Eigentümer beispielsweise ein erteiltes Patent für sich und ohne die Einwilligung des anderen ausüben, lizenzieren, übertragen etc. (35 U.S.C. Sec. 262).
Die gesetzlichen Regelungen über die Inhaberschaft können jedoch vertraglich geändert werden. Zu diesem Zweck enthalten die meisten Arbeitsverträge eine Regelung, die dem Arbeitgeber alle Rechte an der Diensterfindung einräumt. Auch besteht eine Reihe von Ausnahmen: Zu berücksichtigen ist etwa die so genannte „employed-to-invent”-Doktrin, nach der alle Rechte dem Arbeitgeber zustehen, wenn der Arbeitnehmer als Erfinder eingestellt wurde (Siehe dazu z.B. Standard Parts Co. v. Peck, 264 U.S. 53 (1924)). Darüber hinaus gilt auch die „shop-right”Doktrin, die dann eingreift, wenn der Arbeitnehmer für seine Erfindung die Ressourcen des Arbeitgebers nutzt. In diesem Fall geht man davon aus, dass die Inhaberschaft zwar beim Arbeitnehmer verbleibt, dieser dem Arbeitgeber jedoch eine exklusive kostenlose Lizenz erteilt. Generell ist in den USA zu beachten, dass das Arbeits- und Vertragsrecht in jedem Bundesstaat unterschiedlich geregelt ist.
Im Hinblick auf die Inhaberschaft an Entwicklungsergebnissen in den USA gilt es weiterhin folgendes zu beachten: De facto kann die Regierung zu jeder Zeit für sich oder einen Dritten ein erteiltes Patent beanspruchen. Dem Patentinhaber bleibt
dann lediglich die Möglichkeit, eine Kompensation für diese Aneignung einzuklagen. Auch wenn von dieser Möglichkeit nicht oft Gebrauch gemacht wird, sollte man sich über ihr Bestehen bewusst sein. Wird die Forschung und Entwicklung, aus welcher das Patent hervorgeht, staatlich finanziert, besteht ferner die Möglichkeit für die Regierung, bestimmte Eingriffsrechte („March-in Rights) auszuüben. Relevant sind in diesem Zusammenhang neben dem „Bayh-Dole Act” für staatlich finanzierte Forschung, welche außerhalb der Regierung stattfindet, der „Ste-venson-Wydler Act” für staatlich finanzierte Forschung, welche auch innerhalb der Regierung vorgenommen wird. Der „Bayh-Dole Act” erlaubt beispielsweise Universitäten, kleineren Unternehmen und gemeinnützigen Organisationen, die Ergebnisse staatlich finanzierter Forschung selber zu vermarkten. Wie auch § 42 ArbnErfG in Deutschland liegt dem „Bayh-Dole Act” die Überlegung zugrunde, dass Eigentumsrechte in den Händen von Einrichtungen für Unternehmen deutlich attraktiver sind und eine bessere Garantie für den Technologietransfer bieten als verstreute Ansprüche in den Händen von Einzelforschern. Interessant sind im Zusammenhang mit staatlich finanzierter Forschung beispielsweise auch die Leitlinien der „National Science Foundation – NSF”. Die NSF ist verantwortlich für die finanzielle Unterstützung von Forschung und Bildung auf allen Gebieten der Wissenschaften mit Ausnahme der Medizin. Die „Grant General Conditions” des NSF setzen sich in Art. 21 mit Patenten auseinander. Zusätzlich zu den bestehenden „March-in Rights” der Regierung nach 35 U.S.C. Sec. 203 ist in Art. 21 Buchst. b. der Leitlinien für die Regierung eine nicht exklusive, nicht übertragbare und unwiderrufliche Lizenz zu Gunsten der Regierung vorgesehen. In Art. 21 Buchst. d wird weiterhin die Inhaberschaft der Rechte für den Fall geregelt, dass sich der Geförderte gegen eine Erlangung von Schutzrechten entscheidet.
Beispiel Russland
In Russland wird die Inhaberschaft an Erfindungen grundsätzlich zwischen den Parteien auf vertraglicher Ebene aufgeteilt. Zu diesem im Vierten Zivilgesetzbuch (ZGB 4) enthaltenen Grundsatz der Aufteilung nach dem Parteiwillen gibt es jedoch Ausnahmen. Diese Ausnahmen finden sich in einer Reihe
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von Regierungsverordnungen, von denen die Regierungsverordnung Nr. 685 vom 17. November 2005 eine zentrale Rolle spielt. In ihr sind die Grundlagen für die Verteilung der Rechte an mit staatlichen Mitteln geschaffenen Ergebnissen wissenschaftlichtechnischer Tätigkeit geregelt.
Staatliche Auftraggeber sollen demnach beim Abschluss von Verträgen über das Schaffen von Ergebnissen wissenschaftlich-technischer Tätigkeit aus budgetären Mitteln folgende Prinzipien einhalten:
Staatliche Auftraggeber müssen im Vertrag zwingend sicherstellen, dass die Rechte an Ergebnissen der wissenschaftlich-technischen Tätigkeit aus budgetären Mitteln dem Staat zustehen, wenn diese Ergebnisse kraft Gesetz aus dem Verkehr gezogen oder im Verkehr beschränkt sind oder die Russische Föderation die Finanzierung der Vorbereitung dieser Ergebnisse bis zum Stadium ihrer gewerblichen Verwendung (einschließlich der Fertigung einer Versuchsserie) übernommen hat.
Staatliche Auftraggeber müssen im Vertrag ferner zwingend sicherstellen, dass die Rechte an Ergebnissen der wissenschaftlich-technischen Tätigkeit aus budgetären Mitteln dem Staat oder dem Staat und dem Auftragnehmer gemeinsam zustehen, wenn diese Ergebnisse mit der Gewährleistung der Verteidigung und Staatsicherheit sowie dem Schutz der Volksgesundheit zusammenhängen.
In anderen Fällen sollen die Rechte an Ergebnissen wissenschaftlich-technischer Tätigkeit aus föderalen Mitteln nach der Verordnung dem Auftragnehmer zustehen. Dabei ist zu beachten, dass der staatliche Auftraggeber berechtigt sein soll, die Ergebnisse unentgeltlich zum Zwecke der Erfüllung von Arbeiten oder der Durchführung von Produktlieferungen für den Bedarf der Föderation zu nutzen.
Ergänzend hat am 2. März 2006 das russische Patent- und Markenamt (ROSPATENT) die so genannten „Methodischen Empfehlungen zur Regelung der rechtlichen Fragen des Rechtsschutzes und der Nutzung von Ergebnissen wissenschaftlich-technischer Tätigkeit” verabschiedet. In diesen methodischen Empfehlungen sind Hinweise zur Vertragsgestaltung enthalten.
Werden Ergebnisse wissenschaftlich-technischer Tätigkeit von staatlichen Einrichtungen geschaffen, so stehen die Rechte an diesen Ergebnisse gemäß der Verordnung diesen Einrichtungen zu. Nach der Verordnung sind die Nutzungsbedingungen in einem zwischen der staatlichen Einrichtung und dem „Verfügungsberechtigten über Budgetmittel” abzuschließenden Vertrag festzuhalten. Strebt eine deutsche Forschungsorganisation die Zusammenarbeit mit einer russischen staatlichen Einrichtung an, so sollte diese Regelung beachtet und der russische Vertragspartner nach dem Vorliegen eines Vertrages mit dem „Verfügungsberechtigten über Budgetmittel” gefragt werden.
Auch gilt es, die nach wie vor defizitäre Rechtsdurchsetzungslage im Vertrag zu berücksichtigen. Dafür ist eine Vereinbarung zu wählen, die im Falle von Hindernissen im Verlauf der Kooperation einen Ausstieg mit weitgehender Schadensbegrenzung ermöglicht. Die Gefahr von Rechtsstreitigkeiten besteht vor allem im Bereich technischer Geheimnisse, da Mitarbeiter in Russland vergleichsweise häufig den Arbeitsplatz wechseln - der Kreis derjenigen, die Kenntnis über technische Geheimnisse erlangen dürfen, ist also entsprechend einzuschränken.
Beispiel China
In China findet sich in Art. 8 des Patentgesetzes (Patent Law of the People´s Republic of China) eine Regelung über Gemeinschaftserfindungen. Entwickeln mehrere Erfinder oder Einrichtungen eine Erfindung gemeinsam, so sind alle Beteiligten gemeinschaftlich berechtigt, ein Patent anzumelden. Weiterhin ist in Art. 340 des Vertragsrechts (Contract Law of the People´s Republic of China) geregelt, dass die Parteien in diesem Fall eine vertragliche Abrede treffen können, wonach eine Partei beispielsweise auf ihr Anmelderecht verzichten kann. So erhält nur eine Partei das Recht, später ein Patent für die vertragsgegenständliche Erfindung anzumelden. Die verzichtende Partei hat jedoch das Recht, das später erteilte Patent ohne Gegenleistung zu nutzen. Möchte bei Gemeinschaftserfindungen eine Partei ihr Recht übertragen, so genießen die anderen Parteien ein Vorkaufsrecht.
23 DIE FÜNF PHASEN EINER FUE-KOOPERATION
Ausgestaltung von Nutzungsrechten
Zusätzlich zu Klauseln über die Zuordnung der Inhaberschaft sollte der Vertrag auch Klauseln über die Verwertung des gemeinsam erarbeiteten Wissens enthalten.
Vertraglich geklärt werden sollte zum einen, für welche Zwecke jede Partei die Ergebnisse nutzen darf:
Jede Partei kann sich verpflichten, das Wissen ausschließlich zum Zweck der Zusammenarbeit zu nutzen. Alternativ kann man sich darauf einigen, dass jede Partei die Ergebnisse für ihre eigenen, vom Kooperationsgegenstand unabhängigen Forschungszwecke nutzen kann.
Weiterhin sollten auch die Nutzungsrechte an dem in die Kooperation eingebrachten Wissen geregelt werden:
Geregelt werden sollte in diesem Zusammenhang nicht nur, dass das eingebrachte Wissen geheim zu halten ist, sondern auch, dass es nicht über die Zwecke der Zusammenarbeit hinausgehend genutzt werden darf.
Folgendes ist ebenfalls zu klären:
Ist eine der Parteien in ihrer Nutzung räumlich auf ein bestimmtes Gebiet beschränkt?
Kann jede Partei die Ergebnisse weiterentwickeln oder modifizieren?
Dabei ist zu beachten, dass dem Vertragspartner keine unangemessenen, womöglich kartellrechtswidrigen Bedingungen auferlegt werden. Nach Teil II, Abschnitt 8 des “Übereinkommens über handelsbezogene Aspekte des geistigen Eigentums” (TRIPS-Übereinkommen), dem alle der hier behandelten Länder außer Russland als WTO-Mitglieder angehören, können die Mitgliedsstaaten gesetzliche Vorkehrungen gegen die Gültigkeit solcher Verträge treffen.
Lizenzen und Übertragungen von Rechten
Werden für die Entwicklungsergebnisse Schutzrechte angemeldet, so stellen sich verschiedene Fragen:
Kann jede Partei Schutzrechte an Dritte weiterlizenzieren oder sogar ganz übertragen?
Was geschieht mit den Lizenzeinnahmen?
Hat die eine Partei ein Vorkaufsrecht oder ein Vetorecht, wenn die andere Partei ihren Anteil an Dritte überträgt?
Gerade im Zusammenhang mit der Übertragung von Rechten sind in einigen der untersuchten Länder gesetzliche Besonderheiten zu beachten.
Beispiel China
So ist in China bei der Übertragung und Lizenzierung von Patenten Art. 10 des Patentgesetzes (Patent Law of the People´s Republic of China) zu beachten. Dieser besagt, dass die Übertragung von Rechten an Ausländer eine Regierungserlaubnis (von der zuständigen Behörde des State Council) erfordert. Die zuständige Patentverwaltungsbehörde ist in China das SIPO, das Chinesische Staatsamt für Geistiges Eigentum (Art. 3 Patent Law). Außerdem muss die Übertragung in einem schriftlichen Vertrag vereinbart werden, der dann wiederum beim SIPO registriert werden muss. Erst wenn die Registrierung von der Behörde angezeigt worden ist, erlangt die Vereinbarung Rechtskraft. Der Antrag auf Registrierung kann jedoch nicht von der ausländischen Firma/Institution oder Person selbst gestellt werden, solange diese keinen festen Sitz in China hat oder vor Ort durch eine Tochterfirma oder ein Joint-Venture vertreten wird. Für die Eintragung müssen dann Patentanwälte vor Ort beauftragt werden.
Über die Übertragung des Rechts zur Patentanmeldung oder des Patents müssen die Parteien einen schriftlichen Vertrag abschließen und diesen bei der Patentverwaltungsbehörde des Staatsrates registrieren lassen, die ihn daraufhin bekanntmacht. Die Übertragung des Rechts zur Patentanmeldung oder des Patents wird mit dem Tag der Registrierung wirksam14 .
Die patentrechtlichen Regelungen in China werden ergänzt durch die „Measures on the administration of recordation of patent licensing agreements" (2001), die bestimmen, dass alle Lizenzvereinba
14 Dt. Übersetzung in GRUR Int. 2001, 541 ff.
24 DIE FÜNF PHASEN EINER FUE-KOOPERATION
rungen, aber auch Übertragungsverträge innerhalb von drei Monaten beim SIPO oder dessen lokalen Dependancen angezeigt werden müssen. Die Eintragung ist zwar keine Wirksamkeitsvoraussetzung (außer bei der Übertragung von Patentrechten), jedoch zwingend notwendig, um die Rechte gegenüber Dritten durchzusetzen oder auch, um Lizenzgebühren außer Landes überweisen zu können. Sind in China angemeldete Patente in eine Technologietransfer-Vereinbarung involviert, so muss dies beim SIPO angezeigt werden. Sind nur ausländische Patente betroffen, reicht eine Eintragung beim Handelsministerium.
Beispiel Russland
Auch in Russland ist bei der Übertragung von Rechten an (Erfindungs-) Patenten, Gebrauchsmustern und „industrial designs" eine Regierungserlaubnis erforderlich, ohne die die Vereinbarung nichtig ist. Im russischen Zivilgesetzbuch (ZGB 4) finden sich darüber hinaus noch Sonderregelungen, welche Klauseln ein entsprechender Übertragungsvertrag enthalten muss. Gleiches gilt auch für die Vergabe von Lizenzen.
Beispiel Brasilien
Nach Art. 211 des brasilianischen Patentgesetzes sind Technologietransfer-Verträge beim nationalen Patent- und Markenamt (INPI) zu registrieren. Dies umfasst neben der Übertragung von Rechten und Lizenzvereinbarungen auch Franchiseverträge15. Der Antrag auf Eintragung kann jedoch von beiden Parteien gestellt werden.
15 „211. The INPI shall register the contracts involving transfer of technology, franchising and similar contracts in order that they may become effective with regard to third parties.”
Anmeldung von Schutzrechten
Wenn das Anmelderecht geklärt ist, ist auch zu regeln, welcher Partei welche Aufgaben zufallen - beispielsweise bei der Formulierung der Ansprüche, der Beauftragung einer Patentvertretung oder Ähnlichem. Gebühren, Aufwendungen für patentanwaltliche Vertretung sowie administrative oder gerichtliche Verfahren, die das Patent betreffen, können erhebliche Kosten verursachen, so dass auch hier eine vertragliche Vereinbarung angezeigt ist, um späteren Streit zu vermeiden.
Weitere in den Vertragsverhandlungen zu beachtende Punkte
Im Vertrag sollten außerdem die folgenden Fragen geklärt werden:
Nehmen die Vertragspartner vor einer gerichtlichen Auseinandersetzung ein vorgeschaltetes Schiedsverfahren in Anspruch?
Welche Fragen können durch solch ein Schiedsverfahren geklärt werden, welche können nur durch das Gericht behandelt werden?
So ist es durchaus sinnvoll, einstweilige Maßnahmen zur Beweissicherung von einer Schiedsklausel ausdrücklich auszunehmen, damit der Kooperationspartner im Streitfall einem Antrag auf einstweilige Maßnahmen - die nur das Gericht verhängen kann - nicht den Hinweis auf das Bestehen einer solchen Klausel entgegensetzen kann.
Was geschieht in Haftungsfällen?
In diesem Zusammenhang ist nicht nur an Rechtsverletzungen, sondern auch an die Produkthaftung zu denken. Die Parteien sollten sich darüber einig sein, wie die Kosten in solchen Fällen aufzuteilen sind:
Wer ist dafür zuständig, Verletzer zu verklagen?
Gibt es eine Vertragsstrafe für den Fall des Vertragsbruchs?
Welche Gründe können dazu führen, die Kooperation frühzeitig aufzulösen?
25 DIE FÜNF PHASEN EINER FUE-KOOPERATION
In welchen Fällen kommt es zu einer Beweislastumkehr? (Denkbar wäre hier etwa der Fall, dass in die Kooperation eingebrachtes Wissen in der Öffentlichkeit bekannt wird.)
Zu klären sind ferner allgemeine Punkte wie:
Definitionen Ziele und Etappen der Kooperation Dauer der Kooperation Tatsächliche Verantwortlichkeiten Gerätschaften Wettbewerbsverbotsklauseln
4.4. Durchführung der Kooperation
Während der FuE-Kooperation wird durch die Partner neues Wissen erarbeitet. Die Rechte an den Entwicklungsergebnissen und die geplante Verwertung wurden im Vorfeld bereits festgelegt. In dieser Phase der Kooperation (vgl. Abbildung 14) müssen die Schutzrechte an den Ergebnissen gesichert werden. Dafür sind die jeweiligen Schutzmöglichkeiten und die Schutzvoraussetzungen zu prüfen. Darüber hinaus ist zwischen den Partnern festzulegen, wer für die Erlangung der Schutzrechte verantwortlich ist und wie die Kosten dafür zwischen den Partnern aufgeteilt werden.
Abbildung 14: Einordnung der Phase „Durchführung der Kooperation"
Schutzmöglichkeiten
Für den Schutz von Innovationen aller Art, die aus einer Forschungskooperation hervorgehen können, sieht das Recht eine Reihe von Schutzmöglichkeiten vor. Das von seiner Abgrenzungswirkung gegenüber Dritten her zweifellos stärkste Schutzrecht ist das Patent. Es wird in der Regel für eine Dauer von 20 Jahren ab Anmeldetag geschützt. Seine Stärke besteht darin, dass es die Idee, die einem innovativen Produkt oder innovativen Prozess zugrunde liegt, unmittelbar schützt. Dieser Schutz richtet sich nicht nur gegen die
Imitation durch Dritte, sondern auch gegenüber denjenigen, der dieselbe Erfindung gemacht, es aber versäumt hat, diese rechtzeitig zum Patent anzumelden. Das Erstanmeldeprinzip, welches demjenigen das Patent zuspricht, der zuerst eine Anmeldung eingereicht hat, gilt fast überall auf der Welt, nicht jedoch in den USA.
Beispiel USA
Nur im US-Recht gilt nach wie vor das so genannte Ersterfinderprinzip („first to invent”), das denjenigen begünstigt, der die Erfindung tatsächlich als Erster gemacht hat. Die Entscheidung darüber wird in einem gerichtsähnlichen Interferenz-Verfahren getroffen. Der Inhalt des in den USA praktizierten Ersterfinderprinzips besteht kurz zusammengefasst darin, dass nur der eigentliche und wahre Erfinder berechtigt sein soll, ein Patent für seine Erfindung zu erlangen. Das Interferenz-Verfahren zum Nachweis der Erfinderschaft ist zeit- und kostenintensiv. Nicht zuletzt aufgrund der großen Beweisschwierigkeiten in der Praxis überlegen die Vereinigten Staaten zurzeit, ebenfalls zum Erstanmeldeprinzip überzugehen. Hier entscheidet lediglich das Datum der zuerst eingegangenen Anmeldung darüber, wem das Patentrecht nach der Erteilung zusteht
Zu welchem Zeitpunkt der Schutz auch einsetzt – Hauptmerkmal des Patents ist, dass es nicht nur vor Imitatoren, sondern auch unabhängigen Erfindern schützen soll. Um Letzteren nicht die Geschäftsgrundlage zu entziehen, dürfen diese in der Regel ihre technische Lösung im bis zur Anmeldung geltenden Umfang weiterverwenden. Hier unterscheidet sich das Patentrecht beispielsweise vom Urheberrecht, das den Autor lediglich vor Kopien und anderen Formen der unerlaubten Verwertung seines Werkes schützt, nicht aber vor unabhängigen Nachschöpfungen. Ein Patent zu erlangen erfordert einiges an Kosten und Zeit, denn
26 DIE FÜNF PHASEN EINER FUE-KOOPERATION
das Patentamt überprüft die Erfindung mit großem Aufwand. So kann es sicherstellen, dass es das Schutzrecht tatsächlich für eine Erfindung erteilt, die neu und so erfinderisch ist, dass ein Fachmann nicht ohne weiteres auf denselben Erfindungsgedanken gekommen wäre (Näheres zu den Patentierungsvoraussetzungen unter „Durchführung der Kooperation – Schutzvoraussetzungen”).
Eine Übersicht über die Anmeldehäufigkeit der befragten Unternehmen und Institute in den verschiedenen Regionen findet sich in Abbildung 15.
Eng verwandt mit dem Patent ist das Gebrauchsmuster. Es bietet ein „kleineres Schutzrecht” zur Förderung der Innovation vor allem bei kleinen und mittleren Unternehmen. Gebrauchsmuster sind international nicht geregelt. Ihre Laufzeit ist zumeist kürzer als die des Patents. Sie sind rascher und billiger zu erlangen, da sie zumeist nur formal auf Vollständigkeit der Unterlagen und hinreichende Offenbarung des Erfindungsgedankens geprüft werden, nicht aber auf Neuheit oder den so genannten „erfinderischen Schritt”. Auch wird der erfinderische Schritt bei Gebrauchsmustern, der zum Erlangen der Schutz-rechte erforderlich ist, in vielen Ländern niedriger angesetzt als beim Patent. Schließlich beschränkt eine Reihe von Ländern den Gebrauchsmusterschutz auf bestimmte Gegenstände, weshalb der Schutz nur für Erzeugnisse, nicht
Abbildung 15: Anmeldehäufigkeit von Patenten
aber für Verfahren oder chemische Stoffe erlangt werden kann. Ebenfalls verwandt mit dem Patent ist das Geschmacksmuster, das ein ästhetisches, nicht alleine durch Eigenschaften und Funktionen vorgegebenes Design industrieller Erzeugnisse mit einem Schutzrecht belohnt. Verwandtschaft mit dem Patentrecht weist darüber hinaus das Sortenschutzrecht auf. Dieses schützt die erfolgreiche Züchtung neuer Pflanzensorten. Ein Patentrecht kann für Pflanzen im Normalfall nicht erlangt werden, da es sich dabei nicht um „technische” Lösungen handelt.
Streng abzugrenzen vom Patentrecht, weil er auf gänzlich unterschiedlichen Prinzipien beruht, ist der Schutz des betrieblichen Geheimnisses. Handelt es sich um ein Geheimnis technischer Art, so spricht man auch von „Know-how” im eigentlichen juristischen Sinne16. Das Betriebsgeheimnis wird in den meisten Ländern durch das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb geschützt. Die internationalen Regeln zum Geheimnisschutz geben einen sehr groben Mindeststandard vor, so dass die Schutzvorschriften in den einzelnen Ländern stark voneinander abweichen können. Beispielsweise regeln einige Länder die Strafbarkeit der Weitergabe von Geheimnissen durch Beschäftigte oder ehemals Beschäftigte, während andere Länder hierfür gar keine Vorschriften vorsehen. Ein geschütz
16 S. Fn.6
27 DIE FÜNF PHASEN EINER FUE-KOOPERATION
tes Geheimnis liegt in allen betrachteten Ländern dann vor,
wenn ein Geheimnis in dem Sinne, dass es in Wahrheit nicht schon öffentlich bekannt ist, tatsächlich vorliegt;
wenn erkennbare Vorkehrungen zur Geheimhaltung getroffen werden, also beispielsweise der Kreis derjenigen, die darüber Kenntnis erlangen dürfen, eingeschränkt oder Mitarbeiter zur Verschwiegenheit verpflichtet werden;
wenn der Gegenstand der Geheimhaltung auch tatsächlich geheimhaltenswert ist, dessen Weitergabe also für das betreffende Unternehmen einen Schaden mit sich bringt.
Aktuelle Wirtschaftsnachrichten berichten darüber, dass die Geheimhaltung als Schutzmöglichkeit immer attraktiver wird. Ein Grund dafür ist die wachsende weltweite Produktpiraterie. Durch die heutigen weltumspannenden Kommunikationswege fällt es Produktpiraten immer leichter, sich im Ausland veröffentlichtes Wissen zur Herstellung nachgeahmter Produkte anzueignen. Gerade in Asien werden immer häufiger Erfindungsgedanken kopiert – unabhängig davon, ob sie dort zum Patent angemeldet wurden – und die Produkte weltweit exportiert. Werden Erfindungen geheim gehalten, so besteht diese Gefahr nicht.
Allerdings bietet der Know-how-Schutz lediglich die Möglichkeit, gegen unmittelbaren Verrat und Verwendung des eigenen Geheimnisses vorzugehen. Dagegen, dass ein Dritter ohne Rückgriff auf geheim gehaltene Laborunterlagen dieselbe technische Lösung entwickelt oder die Öffentlichkeit auf andere Weise Kenntnis über das Know-how erlangt, wirkt es nicht. In diesem Moment – und darin unterscheidet es sich vom Patent – verliert das Geheimnis seinen Schutz und damit auch seinen Wert.
Ob man sich für Geheimhaltung oder für Patente entscheidet, hängt stark von der Technologie ab, die den Vertragsgegenstand bildet. Manche Produktinnovation lässt sich durch Rückwärtsentwicklung des Produktes einfach ermitteln. Das technische Geheimnis ist damit verloren. Geht es um technische Herstellungsverfahren, so lässt sich das Geheimnis meistens für längere Zeit aufrechterhalten, da das Produkt nicht unbedingt auf das Herstellungsverfahren schließen lässt.
Neben dem Patentrecht, dem Know-how-Schutz und sonstigen Schutzrechten ist auch eine Reihe weiterer Rechtsnormen in der Ausübungs- und Durchsetzungspraxis von Bedeutung: Das allgemeine Zivilrecht beispielsweise ist in den meisten Ländern maßgeblich für Vertragsstreitigkeiten. Einige Länder wie China sehen hier ein eigenes Vertragsgesetz vor, das sich auf verschiedene Typen von Verträgen bezieht. Das Zivil-und Strafverfahrensrecht ist von hoher praktischer Relevanz, wenn es zu Durchsetzungsstreitigkeiten kommt. So regelt es beispielsweise das Verfahren der Beweisführung und andere prozessuale Aspekte. Wie die Ausführungen zu Rechtsstreitigkeiten noch aufzeigen werden, ist gerade ein lückenhaftes Verfahrensrecht in vielen Ländern die Ursache für die unzureichende Rechtdurchsetzung. Das Strafrecht sieht Sanktionen für schuldhafte Verletzungen vor, die eine besondere Schwere aufweisen. Auch dieses kann im Falle der unerlaubten Weitergabe von Betriebsgeheimnissen relevant werden. Von großer Bedeutung ist auch das internationale Privatrecht, eine der schwierigsten juristischen Disziplinen. Es regelt die Umstände, unter denen beispielsweise ein Richter fremdes Recht anwenden muss, wenn sich dies aus dem Ort der Verletzung, der Herkunft der Beteiligten oder sonstigen Umständen ergibt.
Um aufzuzeigen, wie geistiges Eigentum international geschützt werden kann, sollen nachfolgend einige der relevanten Internationalen Abkommen vorgestellt werden:
Am 20. März 1883 wurde die Internationalen Übereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums in Paris (PVÜ) getroffen. Unterzeichnet von elf Staaten, trat diese Übereinkunft am 7. Juli 1884 für 14 Staaten in Kraft. Nach einer Vielzahl zeitlich befristeter bilateraler Abkommen, gilt die PVÜ als das erste multilaterale Abkommen über geistiges Eigentum. Der tragende Grundsatz der PVÜ ist das Prinzip der Inländerbehandlung, das in Art. 2 Abs. 1 PVÜ niedergelegt ist. Danach genießen Angehörige eines jeden Mitgliedsstaates in allen übrigen Mitgliedsstaaten dieselben Rechte in Bezug auf den gewerblichen Rechtsschutz wie die eigenen Staatsangehörigen.
Als zweites ist der Vertrag über die internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Patentwesens (Patent Cooperation Treaty – PCT) aus dem Jahr 1970 zu nennen: Der PCT bietet Industrie und Erfindern eine Möglichkeit, einfach und kostengünstig internationalen Patentschutz zu erhalten. Ein Patentanmelder hat
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die Möglichkeit, durch eine einzige internationale Anmeldung, entweder beim nationalen Amt oder einem regionalen Amt wie dem Europäischen Patentamt, einen multinationalen Schutz für das angemeldete Patent im Gebiet der Mitgliedsländer zu erwerben, Art. 3, 4 PCT. Allerdings wird durch den PCT nicht das Patenterteilungsverfahren insgesamt, sondern lediglich das Verfahren für eine internationale Anmeldung und die Neuheitsrecherche vereinheitlicht. Die Prüfung der Patentierungsvoraussetzungen und die Erteilung werden von den nationalen Ämtern vorgenommen und richten sich gesondert nach dem dort geltenden Patentrecht.
Das Europäische Patentübereinkommen (EPÜ) regelt den zentralen Teil der Patenterteilung europäischer Patente, vor allem die Anmeldung, das Verfahren und die Erteilung selbst. Nach Erteilung eines europäischen Patents zerfällt dieses in ein Bündel nationaler Patente. Insgesamt ist der Vereinheitlichungseffekt des EPÜ begrenzt, denn die Wirkung des europäischen Patents und die Rechtsfolgen seiner Verletzung richten sich nach den jeweiligen nationalen Gesetzen. Nach der Erteilung des europäischen Patents sind die nationalen Patente hinsichtlich der weiteren Entwicklung voneinander vollständig unabhängig.
Ein besonders wichtiges Übereinkommen auf dem Gebiet des geistigen Eigentums ist das in die Welthandelsorganisation (WTO) eingegliederte Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des Geistigen Eigentums (Agreement on Trade Related Aspects of Intellectual Property Rights – „TRIPS-Übereinkommen”) vom 15. April 1994. Als verpflichtendes Teilübereinkommen der WTO kommen all die Länder, die am freien Handel teilnehmen möchten, nicht umhin, auch das Geistige Eigentum nach bestimmten Standards zu schützen. TRIPS verfolgt laut seiner Präambel primär das Ziel, „Verzerrungen und Behinderungen des internationalen Handels zu verringern [...] sowie sicherzustellen, dass die Maßnahmen und Verfahren zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums nicht selbst zu Schranken für den rechtmäßigen Handel werden”. Unter anderem setzt es Mindeststandards für den Schutz von Patenten und für Geheimnisse betrieblicher und technischer Art, wie auch für Designs, Sorten, Halbleitertopographien und Computerprogramme. Zudem regelt TRIPS nicht nur den Mindestschutz, sondern enthält auch Vorgaben darüber, dass die Verfahren zur Erlangung von Schutzrechten (z. B. Patentanmeldeverfahren) nicht übermä
ßig kompliziert und aufwändig sein dürfen und dass Verfahren und Rechtsfolgen zur Rechtdurchsetzung fair zu sein haben und Verletzer wirksam abschrecken müssen. In der internationalen Praxis zeigt sich jedoch immer öfter, dass die Einhaltung der TRIPS-Vorgaben zur Rechtsdurchsetzung in Ländern, die allgemein über ein schwaches Rechtssystem verfügen, nur schwer eingefordert werden kann. Man kann sich also nicht darauf verlassen, dass ein Land nur deshalb, weil es Mitglied der WTO ist, wirksamen Schutz gegen Rechtsverletzungen vorsieht.
So zeigt die Studie auch, dass nur etwa bei jeder fünften festgestellten Patentrechtsverletzung tatsächlich rechtliche Schritte eingeleitet werden (vgl. Abbildung 16). Bezogen auf die Anzahl der festgestellten Patentrechtsverletzungen werden nur in 4 Prozent der Fälle die Ansprüche auch erfolgreich durchgesetzt. Laut Angaben der Befragten liegt dies gleichermaßen an den Kosten, dem generellen Aufwand, weil etwa die richtigen Stellen erst ermittelt werden müssen, sowie der dafür benötigten Zeit.
Schutzvoraussetzungen
Nach dieser kurzen Darstellung der Schutzmöglichkeiten, die nationales und internationales Recht vorsehen, soll etwas konkreter auf die Voraussetzungen eingegangen werden, die erfüllt werden müssen, um Patentschutz zu erlangen. Diese unterscheiden sich zwischen den betrachteten Ländern zum Teil erheblich:
Sieben der untersuchten Länder sind gleichzeitig Mitglieder der WTO (USA, China, Südkorea, Brasilien, Türkei, Südafrika und Indien), so dass sich alle nach den in Art. 27 TRIPS enthaltenen Patentierungsvoraussetzungen zu richten haben. Zwar zeigt sich Russland zuversichtlich im Hinblick auf einen baldigen Beitritt zur WTO, doch eine tatsächliche Einigung zeichnete sich zum Zeitpunkt der Untersuchung noch nicht ab.
Nach Art. 27 (1) TRIPS sind die Mitgliedsstaaten dazu verpflichtet, Patente für Erfindungen auf allen Gebieten der Technik zur Verfügung zu stellen. Voraussetzung dafür ist, dass sie neu sind, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und gewerblich anwendbar sind. Allerdings werden diese Voraussetzungen in jedem Land unterschiedlich interpretiert – beispielsweise im Hinblick auf die Definition einer Erfindung, aber auch auf den für die Bestimmung der Neuheit einer Erfindung relevanten Stand der Technik.
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Abbildung 16: Durchsetzung von Patentschutzrechten
Die Patentierungskriterien sollen ein Mindestmaß an Sicherheit schaffen, so dass auch nur für schützenswerte, neue Erfindungen ein Patent erteilt wird. Sinn und Zweck der Neuheitsprüfung ist, dass nichts mit einem Schutzrecht belastet werden kann, was für die Allgemeinheit bereits frei verfügbar ist. Nach Art. 54 Abs. 1 EPÜ gilt eine Erfindung als neu, wenn sie nicht zum Stand der Technik gehört. Daher bemisst sich im europäischen Recht die Neuheitsbeurteilung nach einem Einzelvergleich des Anspruchs mit den Offenbarungen im Stand der Technik, soweit dieser inhaltlich relevant ist. Nach Art. 54 Abs. 2 EPÜ bildet den Stand der Technik alles, was vor dem Anmeldetag der europäischen Anmeldung der Öffentlichkeit durch schriftliche oder mündliche Beschreibung, durch Benutzung oder in sonstiger Weise zugänglich gemacht wurde. Eine große praktische Bedeutung hat daneben das bereits erwähnte Patentierungserfordernis der erfinderischen Tätigkeit. Nach Art. 56 EPÜ beruht eine Erfindung auf einer erfinderischen Tätigkeit, „wenn sie sich für den Fachmann nicht in nahe liegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt”. Weitere Voraussetzung, um eine Erfindung zum Patent anmelden zu können, ist nach Art. 57 EPÜ das Erfordernis der gewerblichen Anwendbarkeit. Demnach gilt eine Erfindung als gewerblich anwendbar, wenn ihr Gegenstand auf irgendeinem gewerblichen Gebiet einschließlich der Landwirtschaft hergestellt oder benutzt werden kann.
Folgende Beispiele sollen kurz verdeutlichen, dass nach wie vor in den verschiedenen Ländern unterschiedliche Auffassungen darüber bestehen, was überhaupt als Patent angemeldet werden kann und unter welchen Voraussetzungen dies geschieht. Selbst wenn Art. 27 (1) TRIPS die Patentierungskriterien vorgibt, so werden die Begriffe der „Erfindung”, aber auch der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit in den untersuchten Ländern unterschiedlich ausgelegt. Diese Unterschiede können sich auf Forschungskooperationen auswirken. So können etwa bestimmte Entwicklungsergebnisse in einigen Ländern nicht durch das Patentrecht geschützt werden, weil es ihnen an der erforderlichen Neuheit oder Erfindungshöhe mangelt oder ihnen von vornherein kein Erfindungsstatus anerkannt wird.
Beispiel Indien, der Fall Novartis
Novartis wurde in Indien der Patentschutz für das Krebsmedikament „Glivec” unter Anführung von Sec. 3 (d) des indischen Patentgesetzes17 versagt. Besagte Vorschrift sieht vor, dass Weiterentwicklungen und neue Anwendungsgebiete bereits bekannter Medikamente nicht als Erfindungen
17 The Patents Act, 1970, in englischer Sprache abrufbar unter http://www. patentoffice.nic.in/ipr/patent/patent_2005.pdf (zuletzt besucht im Februar 2008).
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anerkannt werden18. Der Antrag auf Patentschutz wurde vom indischen Patentamt mit dem Argument abgelehnt, dass „Glivec” keine echte innovative Neuheit sei, sondern es sich vielmehr um eine neue Formulierung eines bereits bekannten Stoffes handle. Das Pharmaunternehmen Novartis reichte daraufhin zwei Klagen ein. Die eine richtete sich gegen die Entscheidung des indischen Patentamts, das den Patentschutz verwehrt hatte, die andere setzte sich mit der Verfassungsmäßigkeit des Abschnitts 3 (d) und seiner Vereinbarkeit mit TRIPS auseinander.
Im Verfahren um die Vereinbarkeit von Sec.3 (d) mit Art. 27 TRIPS brachte Novartis vor, dass die indische Regelung, nur solchen Weiterentwicklungen von Medikamenten Schutz zu gewähren, die zu einer bedeutenden Verbesserung der Wirkung führen, mit Art. 27 Abs.1 TRIPS unvereinbar sei. Dieser Artikel besagt, dass der Patentschutz auf allen Gebieten der Technik und ohne Diskriminierung im Hinblick auf einzelne Gebiete der Technik zu gewähren sei. Im vorliegenden Fall würde das Gesetz jedoch höhere Anforderungen an Weiterentwicklungen für Pharmazeutika stellen als an Erfindungen auf anderen Gebieten der Technik.
Das Gericht entschied, dass die WTO selbst die Vereinbarkeit der umstrittenen Passage des 2005 novellierten indischen Patentgesetzes mit dem TRIPS-Übereinkommen zu prüfen habe. Das indische Gericht sei hier nicht zuständig, da TRIPS ein eigenes Verfahren zur Streitbeilegung im Hinblick auf seine Auslegung vorsehen würde. Dieses Verfahren sei vorrangig in Anspruch zu nehmen. Demnach müsste die Schweiz als Heimat von Novartis eine Klage gegen Indien vor dem Schieds-Panel der WTO einreichen.
18 Die englische Fassung von Sec. 3 (d) lautet: “The following are not inventions within the meaning of this Act [...] (d) the mere discovery of a new form of a known substance which does not result in the enhancement of the known efficacy of that substance or the mere discovery of any new property or new use for a known substance or of the mere use of a known process, machine or apparatus unless such known process results in a new product or employs at least one new reactant.”
Beispiel USA
Auch die USA weisen aus europäischer Sicht im Hinblick auf Neuheit, „erfinderische Tätigkeit” und Patentierbarkeit einige Besonderheiten auf, die für Forschungskooperationen relevant werden können.
In den USA sind beispielsweise deutlich mehr Gegenstände dem Patentschutz zugänglich als in Europa. Dies ergibt sich aus Sec. 101 des amerikanischen Patentrechts (35 U.S.C.). Anders als im EPÜ wird dort der patentfähige Gegenstand positiv formuliert: „Wer irgendein neues und nützliches Verfahren, Maschine, Erzeugnis oder Stoff oder davon irgendeine neue und nützliche Verbesserung erfindet oder entdeckt, kann dafür nach den Bedingungen und Erfordernissen dieses Titels ein Patent erlangen.” Dem Technizitätserfordernis nach dem EPÜ steht somit im amerikanischen Patentrecht das Erfordernis der „utility” entgegen. Die zu 35 U.S.C. Sec. 101 bestehenden Ausnahmen sind vom Gewohnheitsrecht herauszubilden und werden nicht explizit – wie im EPÜ – aufgezählt. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass Chemikalien, pharmazeutische Produkte und andere Stoffe auch „als solche” patentfähig sind. Der Erfinder eines Stoffes kann demnach durch die Patentierung alle Verwendungen dieses Stoffes verbieten, vor allem auch solche, die zur Zeit der Erfindung noch unerkannt sind. Auch sind Algorithmen/ Computerprogramme in den USA nur dann von der Patentierbarkeit ausgeschlossen, wenn sie eine abstrakte Idee darstellen und keine praktische Anwendungsmöglichkeit entfalten (nützliches, greifbares und konkretes Ergebnis). Nach Art. 52 Abs. 2 Buchst. c EPÜ werden Programme für Datenverarbeitungsanlagen „als solche” dagegen von der Patentierbarkeit ausgeschlossen. Möglich ist jedoch die Patentierung computerimplementierter Erfindungen. Voraussetzung ist, dass das Computerprogramm Bestandteil einer „technischen” Erfindung ist, was bei einem CNC-Bearbeitungszentrum der Fall sein dürfte, nicht aber bei einem Textprogramm.
Eine weitere Besonderheit ist die so genannte „grace period” (Neuheitsschonfrist). So enthält 35 U.S.C. Sec. 102 nicht nur Regeln darüber, was das Gesetz als „neu” ansieht („prior art provisions”), sondern auch so genannte „statutory bar” Vorschriften, also gesetzliche Patenthinderungsgründe. Der
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Unterschied der Regelungen liegt darin, dass sich die Frage der Neuheit zum Zeitpunkt des Erfindungsdatums entscheidet („prior art provisions”), die Frage, ob Patenthinderungsgründe („statutory bars”) greifen, jedoch erst zum Zeitpunkt des Anmeldedatums beurteilt werden kann.
Anknüpfend an die Definition der Neuheit enthält das amerikanische Patentrecht in 35 U.S.C. Sec. 102 (b) eine Regelung zur „grace period” bzw. zur Neuheitsschonfrist. Sie schützt den Erfinder gegen Vorveröffentlichungen, die innerhalb eines Jahres vor der Patentanmeldung erfolgt sind. Folgende Tatbestände stellen nach Sec. 102 (b) neuheitsschädliche Tatbestände dar, sollte der Anmelder die fragliche Erfindung nicht innerhalb eines Jahres in den USA anmelden:
– die Beschreibung der Erfindung in einer gedruckten Veröffentlichung oder die Patentierung der Erfindung durch irgendjemanden, irgendwo auf der Welt.
– die öffentliche Vorbenutzung der Erfindung in den USA oder das Verfügbarmachen zum Verkauf in den USA
Durch die Regelung in Sec. 102 (b) wird der Zeitpunkt für die Prüfung der Neuheit der Erfindung effektiv um 12 Monate vorverlegt, es sei denn, eine Nutzung, Veröffentlichung oder Patentanmeldung hat vor der eigentlichen Erfindung durch den Anmelder stattgefunden (gem. 35 U.S.C. Sec. 102 (a) oder 102 (e)).
Die Tatsache, dass manche Staaten eine Neuheitsschonfrist gesetzlich verankert haben, andere aber nicht, ist in internationalen Forschungskooperationen zu berücksichtigen. So kennt beispielsweise das EPÜ keine Neuheitsschonfrist im amerikanischen Sinne. Dies kann dazu führen, dass eine frühe Vorveröffentlichung dazu führt, dass beim Europäischen Patentamt kein Patent mehr angemeldet werden kann. Ein häufig angeführtes Beispiel ist das Pionierpatent von Cohen/Boyer, den Entdeckern der rekombinanten DNA (künstliches DNA-Molekül, welches anhand gentechnischer Methoden neu zusammengesetzt wird). Die Ergebnisse wurden veröffentlicht, ohne dass rechtzeitig eine europäische Patentanmeldung eingereicht wurde. Dank der einjährigen Neu
heitsschonfrist in den USA konnte dort gerade noch rechtzeitig ein Patent erlangt werden, aufgrund dessen Einnahmen um die 200 Mio. USD erzielt wurden. In Europa hingegen konnte aufgrund der neuheitsschädlichen Vorveröffentlichung kein Patent mehr erlangt werden.
Staatliche Intervention: Zwangslizenzen
Staatliche Intervention kann ein weiterer Faktor sein, den es bei der Durchführung einer internationalen Kooperation zu bedenken gilt. Hier gilt es insbesondere die staatliche Intervention mittels Vergabe von Zwangslizenzen zu beachten. Auf andere Formen, wie den staatlichen Anspruch auf technische Ergebnisse, die mit Hilfe staatlicher Fördermittel erzielt worden sind, wurde oben bereits eingegangen.
Die Patentgesetze und begleitenden Vorschriften vieler Länder erlauben unter bestimmten Voraussetzungen die Vergabe einer so genannten Zwangslizenz. Dies ist eine staatlich erzwungene Verwertung des Patents zu einer als angemessen erachteten Lizenzgebühr, etwa von Technologien, die für die nationale Sicherheit oder die Grundversorgung der Bürger essentiell erscheinen, nachdem freie Verhandlungen zwischen Patentinhaber und dem möglichen Lizenznehmer ohne Ergebnis geblieben sind. Die Wahrscheinlichkeit einer Zwangslizenzerteilung ist von Land zu Land unterschiedlich. Sie kann jedoch darüber entscheiden, ob ein Schutzrecht angemeldet werden sollte. Nur in diesem Fall wird schließlich die technische Lösung offenbart, so dass Dritte davon Kenntnis erlangen und Lizenzen nachfragen können.
Beispiel China, Brasilien: Angabe des Ursprungs genetischer Ressourcen
Beide Länder weisen eine große Vielfalt an heimischen Tier- und Pflanzenarten auf und setzen sich gemeinsam mit Indien und anderen Schwellen- und Entwicklungsländern international für eine Aufnahme der „Angabe des Ursprungs genetischer Ressourcen” in die Voraussetzungen für die Patentierung von Erfindungen ein, die auf genetischen Ressourcen beruhen. Hierbei müssen Patentanmelder unter anderem nachweisen, dass sie augrund einer voran
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Abbildung 17: Definitionen des Neuheitsbegriffs
gegangenen „ Zustimmung aufgrund Inkenntnissetzung” („prior informed consent”) durch örtliche Gemeinden oder die sie verwaltenden Einrichtungen rechtmäßig in den Besitz von genetischem Material und ggf. des dazugehörigen traditionellen Wissens gelangt sind. In Brasilien wurde diese Voraussetzung schon früh auf nationaler Ebene eingeführt, doch sah sich das Patentamt über mehrere Jahre hinweg nicht in der Lage, die Prüfung dieses Nachweises in die Patentprüfung aufzunehmen. Erst seit 2006 herrscht Einklang zwischen dem Nachweiserlangungs- und Patenterteilungsverfahren. Allerdings gestaltet sich die Erbringung des Nachweises für potenzielle Patentanmelder nach wie vor äußerst schwierig, da hierfür sowohl die Landbesitzer oder örtlichen Gemeinden als auch eine Reihe von Einrichtungen konsultiert werden müssen. Ähnlich schwierig könnte sich alsbald die Lage in China gestalten, wo der Entwurf zur Neuregelung des Patentgesetzes ebenfalls vorsieht, den Patentanmelder zur Angabe des Ursprungs genetischer Ressourcen sowie von traditionellem Wissen zu verpflichten. Derzeit arbeiten mehrere Behörden unabhängig voneinander an dem Erlass von Vorschriften über die Einholung der „Zustimmung aufgrund Inkenntnissetzung”.
Beispiel China
Nach den derzeitigen Plänen zu einer umfassenden Änderung des PatG sollen die Möglichkeiten zur Zwangslizenzerteilung erheblich ausgeweitet werden. U.a. sollen Zwangslizenzen schon dann statthaft sein, wenn diese dem „Schutz der öffentlichen Gesundheit” dienen, was zumindest dem Wortlaut nach über die enger definierten Voraussetzungen der Zwangslizenzerteilung nach Art. 31 (b) TRIPS („nationaler Notstand, andere Umstände von äußerster Dringlichkeit, öffentliche nicht gewerbliche Nutzung”) hinausgeht. Daneben sollen in Einklang mit der Doha-Ministererklärung über das TRIPS-Abkommen und die öffentliche Gesundheit19 vom 14. November 2001 Zwangslizenzen nicht nur zur Versorgung der eigenen Bevölkerung, sondern auch zur Versorgung der Bevölkerung in armen Drittstaaten erteilt werden, wenn sich diese nicht aus eigener Kraft versorgen können.
19 „Declaration on the TRIPS Agreement and public health”, WTO-Dokument WT/MIN(01)/DEC/2, vom 20. November 2001.
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Beispiel Türkei
Auch in der Türkei ist die Zwangslizenzvergabe aufgrund mangelnder Ausübung des Patents im Inland oder im Fall „öffentlichen Interesses” möglich. Oft werden die Regelungen zur Zwangslizenzvergabe in der Türkei als zu weitgehend kritisiert, vor allem da der Begriff des „öffentlichen Interesses” recht dehnbar ist. Weiterhin sieht das türkische Recht keine zeitliche Begrenzung der Zwangslizenz für den Zeitraum vor, in dem die Voraussetzungen für ihre Erteilung gegeben sind.
Beispiel Brasilien, Fall Efavirenz
Mit der Begründung eines erheblichen öffentlichen Interesses erteilte Brasilien im Mai 2007 Zwangslizenzen für das von Merck hergestellte AIDS-Medikament „Efavirenz” auf Grundlage der „Doha-Erklärung über das TRIPS-Übereinkommen und die öffentliche Gesundheit” sowie Art. 31 TRIPS. Erstmals setzte sich Präsident Luiz Inacio Lula da Silva damit über das exklusive Patent des Pharmaunternehmens Merck für das AIDS-Medikament „Efavirenz” hinweg und unterzeichnete am 4. Mai 2007 das Dekret Nr. 6.108 (im Staatsblatt vom 7. Mai 2007 bekannt gemacht) über die Vergabe zweier Zwangslizenzen. Er berief sich dabei auf Art. 71 des brasilianischen Patentrechts (No. 9,279)20 .
Hintergrund war die Auseinandersetzung über den zu zahlenden Preis für das Medikament. Per Dekret 6.108 ist nun geregelt, dass der Patentinhaber eine Lizenzgebühr von 1,5 Prozent der Herstellungskosten oder des Preises erhält, zu dem das Ministerium das Arzneimittel abnimmt.
Abgesehen von nationalem Notstand oder öffentlichem Interesse ist in Brasilien auch die Zwangslizenzvergabe nach Art. 68 ff. (No. 9,279) zulässig, etwa wenn nach drei Jahren das Patent im Inland
20 Art. 71: “In cases of national emergency or of public interest, as declared in an act of the Federal Executive Power, and provided the patentholder or his licensee does not fulfill such need, a temporary and non-exclusive compulsory license for exploiting the patent may be granted, ex officio, without prejudice to the rights of the respective titleholder. The act of granting the license shall establish its term and the possibility of extension.”
nicht ausgeübt wird. Nur im Ausnahmefall kann eine solche „Ausübung” auch durch Import der patentierten Erzeugnisse erfolgen21.
Beispiel Indien
Ähnlich gestaltet sich die Lage in Indien, wo eine Zwangslizenzvergabe möglich ist, wenn das Patent nicht innerhalb von drei Jahren ab der Erteilung im Inland ausgeübt wird. In Indien kann darüber hinaus auch eine Zwangslizenz mit der Begründung beantragt werden, dass die Erfindung oder das Patent der Öffentlichkeit nicht zu einem angemessenen Preis zur Verfügung stehen.
21 Art. 68 (1): “The titleholder shall be subject to having the patent licensed on a compulsory basis if he exercises his rights derived therefrom in an abusive manner, or by means thereof engages in abuse of economic power, proven pursuant to law in an administrative or judicial decision. (1) The following also occasion a compulsory license: I. non-exploitation of the object of the patent within Brazilian territory for failure to manufacture or incomplete manufacture of the product, or also failure to make full use of the patented process, except cases where this is not economically feasible, when importation shall be permitted [...].”
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Erlangung von Schutzrechten
Das Verfahren zur Erlangung von Schutzrechten, das die Anmeldung, gegebenenfalls die Prüfung und schließlich die Erteilung einschließt, verursacht je nach Land Kosten in unterschiedlicher Höhe. Auch weichen die Verfahrensdauern erheblich voneinander ab. Entschließt man sich, eine Erfindung, die Gegenstand der Forschungskooperation ist, irgendwo auf der Welt zum Patent anzumelden, so sollte dies auch in dem Land geschehen, in dem die Kooperation stattfindet.
Will man ein Patent in mehreren Ländern anmelden, so ist zunächst das Verfahren in Betracht zu ziehen, welches der Vertrag über die Patentzusammenarbeit (Patent Cooperation Treaty – PCT) vorsieht. Dieser erlaubt es, bei einer von der WIPO anerkannten Anmeldebehörde eine internationale Anmeldung einzureichen und bei einer internationalen Recherchenbehörde (unter anderem die Patentämter Chinas, Südkoreas, das USPTO und ROSPATENT) eine Recherche über die Patentierbarkeit zu veranlassen. Innerhalb einer im Normalfall 30-monatigen, so genannten internationalen Phase genießt die Anmeldung in allen Vertragsstaaten Priorität. Dritte dürfen nicht für denselben Gegenstand eine Anmeldung einreichen. Allerdings entbindet das PCT-Verfahren den Anmelder nicht von der Aufgabe, nach Ablauf dieser Frist nationale Anmeldungen in den Staaten einzureichen, in
denen er sein Patent verwerten möchte, und sein Patent einer nationalen Prüfung im Hinblick auf die Patentfähigkeit zu unterziehen. Der Grad, zu dem die Prüfer der nationalen Ämter den internationalen Recherchenbericht als maßgeblich betrachten (und damit der Grad an Sicherheit der Patentfähigkeit), variiert von Land zu Land. Die chinesischen Prüfer werden beispielsweise von den Prüfungsrichtlinien des SIPO dazu angehalten, sich auf jeden Fall nach Maßgabe der dortigen Vorschriften ein eigenes Bild von der Patentfähigkeit zu machen. Die Qualität des Anmeldeverfahrens hängt auch entscheidend von der Qualifikation des Personals ab, das am Procedere beteiligt ist. In Russland sollte man bei der Auswahl der Patentvertretung auf Reputation und technische Qualifikation der Patentvertretungen besonders achten, da dort auch Patentanwälte ohne technische Ausbildung zugelassen werden.
Die mögliche Dauer und die Kosten einer Patenterteilung sind in den Abbildungen 18 und 19 dargestellt. Die Kosten der Erteilung eines Patentes fallen in der Regel deutlich geringer aus als die Kosten, die mit der Aufrechterhaltung eines Patentes verbunden sind, da die Gültigkeit eines Patents 20 Jahre überschreiten kann. Die Kosten für die Aufrechterhaltung werden jährlich entrichtet und können mit der Zeit zunehmen.
Abbildung 18: Durchschnittliche Dauer bis zur Patenterteilung22
22 Quellen: Die Jahresberichte der verschiedenen Patent- und Markenämter bzw. die im Rahmen dieser Studien angefertigten Länderberichte.
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Abbildung 19: Kosten einer Patenterteilung
Die unterschiedliche Dauer lässt sich zum Teil mit der Attraktivität des jeweiligen Wirtschaftsstandortes und einem entsprechend hohen Aufkommen an Anmeldungen erklären. Das SIPO beispielsweise ist personell und technisch vergleichsweise gut ausgestattet, dennoch ist die jährliche Zunahme an Patentanmeldungen so hoch, dass es große Schwierigkeiten hat, mit der Bearbeitung nachzukommen.
Durchsetzung von Rechten im Streitfall
Bereits in Deutschland ist eine gerichtliche Auseinandersetzung, etwa um die hoch komplizierte Frage, ob die technische Lösung eines Dritten den Schutzumfang des eigenen Patents berührt, mit hohen Kosten und Unwägbarkeiten verbunden. Um ein Vielfaches schwieriger gestaltet sich ein solcher Streit, wenn er nach Maßgabe fremder Normen und vor dem Hintergrund ungewohnter Rechtstraditionen stattfindet.
Beispiel China
In China gestalten sich Gerichtsstreitigkeiten aufgrund einer noch im Aufbau begriffenen Justiz als besonders kompliziert, denn ihre Mängel werden durch spezielle Durchsetzungsbehörden mit quasigerichtlichen Kompetenzen nur teilweise ausgeglichen. Zum einen gelten für das gerichtliche und das behördliche Verfahren unterschiedliche Normen. Beamte der lokalen Patentadministrationen oder aber der für Verletzungen des Betriebsgeheimnisses zuständigen lokalen Behörden für Industrie und Handel treten vor allem auf Grundlage administrativer Vorschriften in Aktion, die vom Staatsrat oder den ihm untergeordneten Ministerien erlassen werden. Für die Volksgerichte sind hingegen die Gesetze und die zu ihrer Interpretation erlassenen Auslegungsvorschriften des Obersten Volksgerichts maßgeblich. Die Behörden dürfen in der Regel nur die Einstellung von Verletzungshandlungen anordnen und Strafen verhängen. Da ihre Aufgabe vor allem öffentlicher Natur ist und in der Wiederherstellung der Marktordnung besteht, kann man im Behördenverfahren keinen Ersatz für erlittenen Schaden verlangen. Auch weigern sich die Behörden in der Regel, die verletzte Partei als Verfahrensbeteiligte zuzulassen, sobald ein Antrag auf behördliches Vorgehen gestellt worden ist. Sie bleibt also im weiteren Verlauf
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des Verwaltungsverfahrens außen vor. Das Gesetz schreibt vor, dass jede Verwaltungsentscheidung vor Gericht überprüfbar sein muss, eine Regel, die erst im Verlauf der Anpassung der chinesischen Gesetzgebung an die TRIPS-Vorgaben umgesetzt wurde. Dies kann allerdings zu lang andauernden Gesamtverfahren führen, die den behördlichen und den gerichtlichen Instanzenweg einschließen.
Ein Verfahren vor Gericht ist zumeist langwieriger und kostspieliger als behördliches Einschreiten. Allerdings wird speziell der Kompetenz und Unparteilichkeit der örtlichen Patentbehörden nicht viel Vertrauen entgegengebracht. Daher empfiehlt sich besonders bei Patentstreitigkeiten ein gerichtliches Vorgehen.
Allerdings ist auch das gerichtliche Verfahren in China mit vielen Unwägbarkeiten behaftet: So ist es üblich, dass Richter sich im Verlauf des Verfahrens bereits mit den oberen Instanzen sowie mit dritten Parteien über einen bestimmten Verfahrensausgang abstimmen, etwa mit den örtlichen Regierungen und anderen Stellen, die am Verfahren ein Interesse haben, weil z.B. durch ein hartes Urteil Arbeitsplätze vor Ort verloren gehen könnten. Allgemein ist heute aufgrund mangelnder Unabhängigkeit der Justiz damit zu rechnen, dass die Gerichte im Zweifel zugunsten der ortsansässigen Partei entscheiden oder aber zumindest die Interessen der ortsansässigen Beteiligten in ihre Entscheidung einfließen lassen. Nicht zuletzt deshalb sei auf den im Zusammenhang mit der Vertragsanbahnung gegebenen Rat verwiesen, sich mit den Verflechtungen des potenziellen Vertragspartners und seinem institutionellen Umfeld vertraut zu machen.
Die Schwierigkeiten beginnen allerdings schon bei Beweisaufnahme. Von ausländischen Parteien werden vor Prozessbeginn und im Verfahren häufig konsularische Beglaubigungen aller eingereichten Dokumente verlangt und so das Verfahren erschwert und verzögert.
Zumindest lassen sich Schwierigkeiten und Unwägbarkeiten, die mit dem eigentlichen Streitgegenstand zu tun haben, durch die Wahl eines geeigneten Gerichts abmildern. Zwar unterhalten inzwischen fast alle Mittleren Volksgerichte in China auch spezielle Senate für geistiges Eigentum, doch trifft man je nach Region auf unterschiedliche Grade an Sachverstand und Praxiserfahrung. Am bekannte
sten für eine ausgewogene Rechtsprechung, die auf dem Gebiet des geistigen Eigentums internationalen Standards entspricht, sind die Volksgerichte in Peking und in Shanghai. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich zwar nach dem Verletzungsort. Doch hat beispielsweise die rechtsverletzende Verwendung eines geheimen oder patentgeschützten Verfahrens in Chengdu im Westen Chinas Produkte hervorgebracht, die auch in Peking feilgeboten werden, so kann der in Chengdu ansässige Verletzer wegen Herstellung und Inverkehrbringung verletzender Erzeugnisse auch in Peking verklagt werden.
Weitere Unsicherheiten im Hinblick auf die Verfahrenspraxis könnten durch die geplante Neuregelung des Patentgesetzes entstehen. Nach den derzeitigen Plänen verwirkt der Rechtsinhaber nicht nur das Recht auf Schadensersatz, sondern muss auch die weitere Verwertung seines Patents durch den Verletzer gegen Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr hinnehmen, wenn er nicht innerhalb von zwei Jahren ab dem Zeitpunkt, zu dem er von der Verletzung Kenntnis erlangt hat, Klage einreicht. Die Vorschrift soll laut chinesischer Begründung verhindern, dass Rechtsinhaber zunächst abwarten und den Verletzer erhebliche Investitionen in die verletzende Herstellung und dgl. tätigen lassen, bevor sie rechtliche Schritte einleiten. Die geplante Neuregelung wird jedoch als zu rigoros und wenig zielführend kritisiert. Zumindest ihrem Wortlaut nach zwingt sie die Parteien in einen Rechtsstreit, anstatt sie zunächst einen Versuch der gütlichen Einigung unternehmen zu lassen.
Nicht nur aufstrebende Länder wie China, deren Rechtsentwicklung mit der rasch voranschreitenden Industrialisierung nur schwer Schritt halten kann, stellen Kooperationpartner vor besondere Herausforderungen. Auch in einem hoch entwickelten Land wie den Vereinigten Staaten, die auf eine lange und angesehene Rechtstradition zurückblicken, erschweren Fallstricke im Verfahren die Vorhersehbarkeit gerichtlicher Entscheidungen. Streitigkeiten arten dort häufig in ein finanzielles Kräftemessen zwischen den Parteien aus. Die Ursache ist vor allem das so genannte „discovery”-Verfahren, in dem die Parteien sich gegenseitig im Vorfeld des gerichtlichen
Beispiel USA
37 DIE FÜNF PHASEN EINER FUE-KOOPERATION
Verfahrens mit allen erforderlichen Informationen und Unterlagen versorgen müssen. Dies wird häufig dazu ausgenutzt, der Gegenseite durch Antrag auf Vorlage immer weiterer Unterlagen von oft zweifelhaftem Beweiswert hohe Kosten zu verursachen. Die Kosten können so hoch sein, dass die schwächere Partei den Fall nicht weiterverfolgen kann. In komplizierten Fällen können die Kosten eines Rechtsstreits bis zu 12 Mio. USD betragen.
Beispiel Russland
Von den drei Arten von Gerichten, aus denen sich das russische Gerichtswesen zusammensetzt, also den Gerichten mit allgemeiner Zuständigkeit, den Schiedsgerichten für Wirtschaftsstreitigkeiten sowie den Verfassungsgerichten, sind für Streitigkeiten um geistiges Eigentum vor allem die Gerichte mit allgemeiner Zuständigkeit maßgeblich. Hier beginnt der Instanzenweg mit den Gerichten auf Magistratsebene. Die letzte Instanz bildet das Oberste Gericht. Je niedriger die Instanzhierarchie, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass Urteile parteiisch ausfallen bzw. regionale Politik und Wirtschaft in die Urteilsfindung mit hereinspielen. Zudem ist das geistige Eigentum in Russland noch eine recht junge Rechtsdisziplin. Entsprechend selten sind spezialisierte und erfahrene Richter und Anwälte anzutreffen. Es empfiehlt sich also auch hier, Rechtsstreitigkeiten nur als allerletztes Mittel in Betracht zu ziehen.
Beispiel Indien
Da in Indien das geistige Eigentum erst seit Mitte der neunziger Jahre mit dem Beitritt zur WTO an Bedeutung gewinnt, fehlt es hier vielfach an einschlägiger Rechtsprechung. Dies gilt besonders für die oft technisch hoch komplizierten Fragen des Patent- und Know-how-Schutzes. Dadurch wächst auch die Unsicherheit über den Ausgang von Immaterialgüterrechtsstreitigkeiten. Andererseits heben Investoren in Umfragen die vergleichsweise hohe allgemeine Rechtssicherheit hervor. Kulturelle Faktoren, die in Ländern mit starken vorkolonialen Einflüssen auf das Rechtsdenken Gerichtsverfahren häufig erschweren, spielen in Indien eine vergleichsweise geringe Rolle.
Vor allem beim Schutz von Betriebsgeheimnissen, der im Gesetz nur rudimentär geregelt ist, hat sich aufgrund einer Reihe einschlägiger Urteile eine gewisse Rechtsprechung hinsichtlich der so genannten nachvertraglichen Wettbewerbsverbote gegenüber ausgeschiedenen Mitarbeitern etabliert. Demnach hat die Freiheit der Berufsausübung Vorrang vor dem Geheimhaltungsinteresse des früheren Arbeitgebers. Ehemalige Angestellte lassen sich kaum daran hindern, ihre im Verlauf der Anstellung erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten nach Beendigung des Dienstverhältnisses weiter zu nutzen. Höchstens kann ihnen verwehrt werden, geheime Informationen wie beispielsweise Datensammlungen einem neuen Arbeitgeber oder Konkurrenten zur Verfügung zu stellen.
Beispiel Südafrika, Brasilien
Auch Südafrika und Brasilien blicken im Wirtschaftsrecht auf koloniale Rechtsnormen zurück. Allerdings lassen fehlende Informationen über einschlägige Gerichtsentscheidungen auf mangelnde Praxis auf dem Gebiet des geistigen Eigentums schließen. Auch wenn man dort mit fairen Verfahren rechnen kann, so ergeben sich Unwägbarkeiten aus der Unerfahrenheit der Justiz und der Anwälte mit Immaterialgüterrechten. Die Dauer der Verfahren hängt stark vom Entwicklungsstand der jeweiligen Region ab.
Beispiel Südkorea
In Südkorea haben bis vor einigen Jahren vor allem ausländische Unternehmen den ineffizienten Schutz des geistigen Eigentums im Zivilverfahren beanstandet. Allerdings hat sich dort seit dem Jahr 2000 eine Reihe von Neuerungen ergeben, nicht zuletzt aufgrund der Einsicht, dass ein effizienter Schutz des geistigen Eigentums besonders der inländischen innovativen Industrie nutzt. Unter anderem ist die Rechtsprechungspraxis in den vergangenen Jahren dazu übergegangen, höhere Schadensersatzsummen zu verhängen und auf eine Vereinfachung der Verletzungsverfahren hinzuarbeiten. So legte der Oberste Gerichtshof in einer Entscheidung erst kürzlich fest, dass das Verletzungsgericht eine Klage abweisen kann, wenn das Klägerpatent offen-
38 DIE FÜNF PHASEN EINER FUE-KOOPERATION
sichtlich zu Unrecht erteilt wurde. Eine Entscheidung des Korean Intellectual Property Office (KIPO) im Nichtigkeitsverfahren muss dazu nicht mehr abgewartet werden.
Aufgrund der Unsicherheiten, vor denen man als Anwender fremden Rechts steht, empfiehlt es sich, Rechtsstreitigkeiten so weit wie möglich aus dem Weg zu gehen. Auch gilt es die Möglichkeiten eines Schiedsverfahrens zu prüfen, bevor ein Rechtstreit angestrebt wird. Die Einleitung des Schiedsverfahrens anstelle eines Gerichtsverfahrens ist beispielsweise in der Türkei ratsam. Das dortige Streitbeilegungsverfahren im Falle von Wirtschaftsstreitigkeiten wird vergleichsweise häufig in Anspruch genommen und läuft nach internationalen Standards ab. Im Verlauf der Kooperation sollte daher eine gute Zusammenarbeit oberste Priorität haben, die auch kleinere Rückschläge wegstecken kann. Jedenfalls sollte die deutsche Seite zu einem vertragsgemäßen Ablauf aktiv beitragen. Dies kann gelingen, indem sie darauf hinwirkt, ausscheidenden Mitarbeitern die Einhaltung nachvertraglicher Wettbewerbsverbote durch großzügige Gegenleistungen schmackhaft zu machen.
4.5. Auflösung der Kooperation
Die letzte Phase einer Kooperation ist die Auflösung (vgl. Abbildung 20).
Abbildung 20: Einordnung der Phase „Auflösung der Kooperation”
Bei der Auflösung der FuE-Kooperation sind grundsätzlich zwei Fälle zu unterscheiden: Ziel ist in der Regel ein planmäßiges Ende der Kooperation, das an zuvor definierten Erfüllungskriterien festgemacht wird. In der Praxis werden Kooperationen jedoch oft auch außerplanmäßig beendet. Für die planmäßige Beendigung einer FuE-Kooperation werden sachliche oder zeitliche Erfüllungskriterien definiert, die während der Durchführung regelmäßig zu überprüfen sind. Stellen beide Partner fest, dass alle Kriterien
erfüllt sind, so kann die Kooperation im Hinblick auf den in Frage stehenden Kooperationsgegenstand als beendet betrachtet werden.
Im Gegensatz zur planmäßigen Auflösung bestimmen bei der außerplanmäßigen Auflösung äußere Umstände oder das Verhalten eines der Partner das frühzeitige Ende der Kooperation. Bereits während der Kooperation sind deswegen Kontrollmechanismen zu installieren, um opportunistischem Verhalten des Kooperationspartners entgegenzuwirken.
Häufige Gründe für die frühzeitige Beendigung einer Kooperation sind technische Probleme, wirtschaftliche Gründe, Probleme in der Zusammenarbeit, Strategieänderungen eines Partners oder andere externe Gründe. Entsprechend der definierten Erfüllungskriterien gilt es für ein außerplanmäßiges Ende einer Kooperation im Vorfeld Abbruchkriterien zu definieren. Diese sind regelmäßig zu prüfen. Oft kündigt sich die Erfüllung eines Abbruchkriteriums bereits im Vorfeld an, so dass mit dem Kooperationspartner vor der tatsächlichen Beendigung der Kooperation Maßnahmen definiert werden sollten, um auf veränderte Rahmenbedingungen zu reagieren. Ist das nicht möglich oder werden Abbruchkriterien kurzfristig erfüllt, sind Maßnahmen zum Abbruch der Kooperation einzuleiten.
Über die Definition der Abbruchkriterien hinaus sind alle Rechte und Pflichten der Partner im Falle einer vorzeitigen Auflösung der Kooperation vertraglich festzuhalten, um für Streitigkeiten im Anschluss einer Kooperation gewappnet zu sein. Dies betrifft neben der Ergebnisverwertung und -nutzung auch Aspekte der Kostenübernahme für bereits durchgeführte Tätigkeiten oder auch der Haftung, wenn aus der Kooperation bereits Produkte entstanden sind, die an Dritte weitergegeben werden. Zuletzt sollte im Anschluss die Durchführung der Kooperation systematisch hinterfragt und das Ergebnis ausgewertet werden, um aus möglichen Fehlern zu lernen.
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5. Fazit
Abbildung 21: Erfolgsfaktoren für die Gestaltung einer FuE-Kooperation
Neben den Erkenntnissen zu den betrachteten Ländern konnten besonders durch die Expertengespräche fünf Erfolgsfaktoren für die Durchführung einer internationalen FuE-Kooperation aufgedeckt werden (vgl. Abbildung 21).
Klare Zieldefinition: Wohin soll diese Reise gehen?
Diese Aussage gilt selbstverständlich für alle Aspekte einer FuE-Kooperation. Jedoch trifft sie besonders auf rechtliche Aspekte zu. Nur wenn die Ziele einer FuE-Kooperation klar definiert sind, kann eine optimale Strategie zum Umgang mit Know-how erarbeitet werden. Dabei ist zu klären, welches Know-how dem Kooperationspartner bis zu welchem Grad zur Verfügung gestellt werden muss. Gerade Kooperationspartnern, zu denen noch kein Vertrauen aufgebaut wurde, sollten nur die essentiellen Informationen zur Verfügung gestellt werden, die zum Erreichen der vereinbarten Ziele erforderlich sind. Auch gilt es, die Absprachen und Verträge auf das angestrebte Ziel hin abzustimmen. Wichtig ist zudem, abhängig von den übergeordneten Kooperationszielen geeignete Schutzmöglichkeiten zu identifizieren und Nutzungsrechte zu sichern.
Nutzen und Risiken müssen gegeneinander abgewogen werden
Oft verheißen internationale Kooperationen so große Vorteile, dass die Risiken außer Acht gelassen werden. Mit Know-how, auf dem die Wettbewerbsfähigkeit von technologieorientierten Unternehmen und Instituten zumeist beruht, ist jedoch sorgsam umzugehen. Die Auswahl eines Kooperationspartners bedarf deshalb einer detaillierten Bewertung und Gegenüberstellung von Chancen und Risiken. Dafür müssen auch die rechtlichen Rahmenbedingungen, also Rechtsgrundlage, Rechtspraxis und Rechtskultur, im Zielland geprüft und deren Auswirkungen auf die geplante Kooperation bewertet werden.
Juristische Expertise ist schon vor den ersten Gesprächen entscheidend
Der Schutz des Wissens, das in die Kooperation eingebracht wird, ist ein wichtiger Aspekt im Umgang mit Know-how. Oft wird jedoch vergessen, dass in den ersten Gesprächen mit potenziellen Partnern bereits Wissen offengelegt wird, um überhaupt eine Grundlage für anstehende Verhandlungen zu schaffen. Der Umgang mit diesem Wissen wird stark durch die Rechtslage, aber auch durch den rechtskulturellen Hintergrund des Kooperationspartners beeinflusst. Daher ist in jedem Fall vor den ersten Gesprächen juristische Expertise zu Rate zu ziehen. Mit den juristi
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schen Experten sollten zunächst eine Schutzstrategie und Maßnahmen zur Sicherung des eigenen Knowhows festgelegt werden. Darüber hinaus ist es sinnvoll, auch die kulturellen Gepflogenheiten des Partners zu kennen, um die Verhandlungen zum Erfolg zu führen.
Festlegung von Meilensteinen und Erfolgskontrolle während der Kooperation
Eine Meilensteinplanung und Erfolgskontrolle gehört zu jedem FuE-Projekt. Die Maßstäbe der Zielerreichung und die Erfolgskontrolle beim Kooperationspartner müssen jedoch für den Know-how-Schutz um rechtliche Aspekte ergänzt werden. So ist zum einen die Entwicklung der Rechtslage im Zielland regelmäßig zu prüfen, da Verträge gegebenenfalls an Änderungen angepasst werden müssen. Zum anderen besteht die Gefahr vertragswidrigen Verhaltens durch die Parteien. Beispielsweise sollte ein aufmerksames Projektcontrolling Änderungen im direkten Wettbewerbsumfeld, die dem Kooperationspartner neue Möglichkeiten zur Verwertung der Erkenntnisse eröffnen, frühzeitig erkennen und dadurch im gegebenen Fall die Einleitung rechtzeitiger Maßnahmen ermöglichen.
Am Anfang schon an das Ende denken – Definition von Ausstiegsklauseln
Entsprechend den Zielen der FuE-Kooperation legen die Partner Erfüllungskriterien fest, die das Ende der Kooperation bestimmen. Unabhängig davon kann eine erfolgreiche Kooperation natürlich auch verlängert werden. Läuft die Kooperation nicht zufriedenstellend oder verhält sich der Kooperationspartner nicht vertragsgemäß, ist die Kooperation gegebenenfalls frühzeitig zu beenden. Damit dies nicht sofort in einen Rechtsstreit mündet, sind schon während der Vertragsgestaltung durch die Partner Ausstiegsklauseln zu definieren, die an veränderte Rahmenbedingungen oder Fehlverhalten des Partners geknüpft sind. Über die Ausstiegsklauseln hinausgehend sind alle Rechte und Pflichten der Partner für den Fall einer vorzeitigen Beendigung der Kooperation vertraglich zu regeln. Dies umfasst auch die Nutzungsrechte an Teilergebnissen sowie die Verteilung der bis dahin entstandenen Kosten.
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