Ueber den Zusammenhang der vulkanischen Phänomene in Süd - Amerika, und über die Bildung von...

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484 X. Ueber den Zusammenlinng der culknnischen Phinomene in Siid- Amerikn, und iiher die Bildung uon Bergkettcn und Vuikarre als mrkung derselben Krafk durch welche Con- tinente erhoben werden ; von Charles Darwin. (Aus den Tramact. of the grolog. Soc. at London. lm Ausrug.) D e r Zweck dieses Aufsatzes ist eine Beschreibung dcr Haupterscheinungen der Erdbeben an der Westkiiste von Siidamerika , und besonden desjenigen, welches am 20. Februar 1835 Concepcion zerstarte. Diese Erscheinun- gen zeigen eine innige Verbindung zwischen den vulka- nischen und den Hebungskrtiften, und es mird versuclit, SchlUsse in Bezug auf die langsame Bildung der Berg- ketten zu ziehen. Bei deln Erdbeben in Chili am 20. Febrriar 1635 hat eine Hebung der Kiiste anf eine bctr3cbtliche Ausdeliiiung stattgefunden; fiir die Umgebung von Concepcz'on wird bestatigt, was F i t z Roy und Caldcleugb iiber diese Hebung berichtef haben. Die Insel Juan Fernundez, 90 geographiscbe Meilen nordilstlich von Concepcion, wurtle mebr beunrubigt , als die gegeutiberlicgende Kusk dcs Festlandes. Ein Vulkan brach nocb bei Bncafuo Head an dem Tage und in dcr folgendeu Nncht an eiiier Slelle des Meeres aus, deren Tiefe splter zu 69 Fedeii be- stimmt wurde. Diese Thatsache ist merliwviirdig, weil a u B wlhrend des Erdbebens, welches 1751 Concepcion zerstilrte, diese meit entlegene Insel beftige Schwankuugen erlitt. Einer Sage nach sol1 auch damals das Land gehoben worderi seyn, zielnlich in demselben Bereiche, wie bei dem Erd-

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X. Ueber den Zusammenlinng der culknnischen Phinomene in Siid- Amerikn, und iiher die Bildung uon Bergkettcn und Vuikarre als m r k u n g derselben Krafk durch welche Con- tinente erhoben werden ;

von Char les D a r w i n . (Aus den Tramact. of the grolog. Soc. at London. l m Ausrug.)

D e r Zweck dieses Aufsatzes ist eine Beschreibung dcr Haupterscheinungen der Erdbeben an der Westkiiste von Siidamerika , und besonden desjenigen, welches am 20. Februar 1835 Concepcion zerstarte. Diese Erscheinun- gen zeigen eine innige Verbindung zwischen den vulka- nischen und den Hebungskrtiften, und es mird versuclit, SchlUsse in Bezug auf die langsame Bildung der Berg- ketten zu ziehen.

Bei deln Erdbeben in Chili am 20. Febrriar 1635 hat eine Hebung der Kiiste anf eine bctr3cbtliche Ausdeliiiung stattgefunden; fiir die Umgebung von Concepcz'on wird bestatigt, was F i t z R o y und C a l d c l e u g b iiber diese Hebung berichtef haben. Die Insel Juan Fernundez, 90 geographiscbe Meilen nordilstlich von Concepcion, wurtle mebr beunrubigt , als die gegeutiberlicgende Kusk dcs Festlandes. Ein Vulkan brach nocb bei Bncafuo Head an dem Tage und in dcr folgendeu Nncht an eiiier Slelle des Meeres aus, deren Tiefe splter zu 69 Fedeii be- stimmt wurde.

Diese Thatsache ist merliwviirdig, weil a u B wlhrend des Erdbebens, welches 1751 Concepcion zerstilrte, diese meit entlegene Insel beftige Schwankuugen erlitt. Einer Sage nach sol1 auch damals das Land gehoben worderi seyn, zielnlich in demselben Bereiche, wie bei dem Erd-

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beben von 1835. M o l i n a giebt an, dafs die wellen- fiirmige Bewegung von Stiden her kam, und ungefshr so wird es auch von der zweiten Katastrophe angegeben.

I)& die Bewegung der Oberflache wellenfarmig war, zeigt der Umstaod, dafs in Coocepcion die Mauern, wel- chc in der Richtung derselben sich befanden, im Allge- lneinen aufrecht stehen blieben , obgleich sehr zerriittet, miihrend die recbtwinklich dagegen liegeoden ulngestlint wurden. Auf der Insel Chiloe beuglen sich die Baume, unch dem Zeugnifs voo Hrn. D o u g l a s , bis zur Erde nieder.

Die Kordilleren - Kette, welche dieser Insel Chiloe gegeniibcrliegt, ist bei weitem niedriger, als die Haupt- kette ; nur weuigc ausgezeichnete Gipfcl erreichen 7000 Furs Iliihe. Der Vulkan von Osorno h c h d sich zwei Tage vor dem Erdbeben in einer mtifsigen Thtitigkeit; dcr Minchinrnadom in gleichem Zustaiide wie seit 30 Jahren; der Corcovado war walircnd eines Jabres ganz ruhig gewesen. In dem Augenblicke des Stokes brach ails dem Osorno eine dicke RauchsSule hervor, ein Kra- ter brach an der Siidostseite des Berges auf, gliiheude Steioe wurdcn ausgeschlcudert; einige Tage sprter gliibte der neue Krater noch, so wie der alte auf dem abge- stumpften Gipfel des Berges. Die Thiitigkeit dauerte wiihrend des gaozen Jahres fort. Der Minchinmadom verbielt sicli ahnlich; zwei wirbelnde weife Rauchslulen waren wiilircnd des Morgens gesehen worden, aber bei dein Stofse erhoben sich ihrer viele iin grofsen Krater, und Lava ergofs sich aus einein kleineren an der Schnee- grlnzc. Diescr kleiuere Krater crlosch nach acht Ta- gen; aber bci Nacht leuchtete er fort. Am'26. M a n war ein starker Erdstok, und diese fiinf Feuersaulen erschieue~i von Neuem; 14 Tagc sptiter iiberragten die S1)itzen von 1.5 Kegeln die Wiinde des grofsen Kraters.

I)er Corcovado zeigte bei dem Hauptstofse keinc bcsoudere Thiitigkeit; aber als nacb einer Woche Wol-

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ken ihn wieder sichtbar machten, war der Schnee um den nordwestlichen Krater geschmolzen. Am Ymtales, einem hohen Berge siidlich vom Corcovado, wurden drei chwarze Flecken uber der Schneegrhze bemerkt von

kraterfirrmigen Ansehen, welche man friiherhin nicht beob- achtet batte; da auch sonst die Ausbriiche des Osorno und Corcovado gleichgeitig sind, so scheint d i e t genii- gend, um zu zeigen, dafs die Wirkungen der grolsen Katastrophe vow 20. Februar auch an diesen sudlichsten der arnerikanischen Vulkane bemerkt wurden.

Am 11. November waren wieder heftige AusbrUche des Osorno und Corcovado, welche Steine zu gro ten Hahen auswarfen und viel Gerausch verursachten; Tal- cchuano, der Hafen von Concepcion, nicht viel weniger als 80 Meilen daron eutfernt, litt an delnselben Tage durch ein heftiges Erdbeben. Hier trat wiederholt die- selbe Verbindung der Erscheinungen wieder aiif, wie am 20. Februar. Am 5. December stiinte die SGd Sad-Ost- seite des Osorno ein; die beiden getrelinten Kratere ver- einigten sicb, wie es schien, zu einem grofsen Feaer- strome, ungeheure Masseu von Asche und Rauch wur- den in den nachsten 14 Tagen ausgestoben. Die vul- kanische Kette vom Osorno bis zum Yantales, nahe auf 40 Meilen Lange, wurde nicht allein in dem Moment des Hauptstohes am 20. Februar 1833 in Thstigkeit ge- setzt, sondern blieb mehre Mouatc darin.

Am 7. November 1837 wurde Valvidia und San Car- los, die Hauptstadt von Chiloe, heftig erschiittert, star- ker als jemals friiher; dieser Stofs war bedeutend zu Talcahuaqo, und es scheint, dafs die Insel Lenius in dem Chonos -Archipelagus, 50 Meilen siidlich F O ~ San Car- los, wahrend dieses Erdbebens um 8 Furs in die Hahe stieg.

Im Jahr 1835 waren das Erdbeben von Chiloe, der Ausbruch der benachbarten Vulkanreihe, die Hebung des Landes urn Concepcion, der Ausbruch im Meere bei Jwn

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Fernmdez gleichzeitig, und bildeten eine und dieselbe grofse Erscheinung. Im Jabre 1837 wurde ein grofser Theil derselben Flgcbe heftig erschiittert , wahrend cine Gegeud, 50 Meileu slidlicb von San Carlos und Chiloe gehoben wurde, indessen 1835 eine Gegeud 80 Meilen ulirdlich davon eine solche Hebung zeigte. An eineni Ende der bewegten Fliiche schinolz der Schuee auf dem Ym- tales und die nahen vulkanischeu Oeffnungeu aahmen von Ncuem cine Thiitigkeit an, gleichzcitig init dem Aas- bruche uuter dem Meere bei Jwn Fernandez, in 180 geogr. Meilen Entfcrnung; bald nachher brachen die Vul- kaue 100 Meilen bstlich von dieser Insel auf, uud eine grofse Flache Landes zwischen diesen Punkten' wurde gehoben.

Aus der gleichzeitigen vulkanischen Bewegung an so entfernten Punkten folgert der Verfasser, daCs das Festland von Chili auf einein uuterirdischen See gcschmol- zener Masse schwiinmend ruhe. Wol le man dieser An- sicht uicht beistimmen, so bleibe nur die Aunahme librig, dafs Kanlle vou den verschiedenen Ausbruchspunkten sich in einer grofsen Tiefe verbinaen, so d a b von ei- nem Punkte aus sich eine liraftaufseriing in gleicher Stsrke nach sebr entlegenen Theilen der Oberflache fort- ytlanzen ki)une. W e n n aber eine Verbinduug zwischen zwei Vulkanreihen der Andes staltfinde, wie es sehr wahrscheinlich sey, so mlisse dieselbe liberaus tief liegen. Die Berechnungen iiber die Tiefe, in der alle Gebirgs- arten bereits gescbmolzcn sind, z e i p i , dafs diefs etwa in 4 bis 5 Meilen Tide statttinde, und dafs die Kinde wirklich mir init eiiier diiunen Eisdecke auf einein Tei- che verslichen werden k6noe. Weuii aber mit diesen Erscheinungen gleichzeitig die KIiste von Chili uod Peru auf Huuderte von Meilen erhobeu wurde, so kann das L'erbindungsmittel, welches sich unter einem groisen Theile des Kontincuts verbreitet, nicht fuglich niit Ka- d e n verglichen werden. Die Thatsachen deuten a d eine grofse, wiewobl laugsame Veriinderiing der Ober-

488 fleche der inneren fliissigen Masse, auf welcber die feste Erdrinde rube; und die Verbindung, in welcber die He- bung des Landes mit den vulkanischen Ausbriichen stehe, welche sich eben so wie diese nur in einzelnen Kata- strophen deutlich zeige, mache es nothwendig, jede Theo- rie der Vulkane zu verwerfen, welche nicht auch gleich- zeitig Rechenschaft von den Erhebungen der Continente gebe.

A. v. Hum b 0 1 d t in der Beschreibung der Vulkane, welche den Mexicanisclien Busen einfassen, stellt zum Beweise, d a t ihre erhfihte Thztigkeit groke Fkchenrgume umfafst , folgende Erscheinungen zusammen :

1796. November.

1797. 4. Februar. - 27. Septembcr.

- 14. December. 1811. Mai

- 16. December.

- December. 1812. 26. Marz.

- 30. April.

D;r Vulkan von Pasto be- ginnt Rauch auszustol'sen. Zerstoruog vou Riobambo. Ausbruch auf den Westindi- schen Inseln. Vulkan von Guadeloupe. Zersturung von Cumana. Anfang des Erdbebens auf der Insel St. Vi'ncerit, welches big zum 12. Mai daiiert. An fang der. Erschiitterungen im Mississkpi- und Ohio-Thale, welche bis in's J. 1813 dauern. Erdbeben in Caracas. Zerstdrung von Caracas, Erd- beben, welche bis in's Jahr 1813 dauern. Ausbruch des Vulkans von St. Yincent, an demselben Tage unterirdisches Get6se zu Cara- cas und am Flusse Apwe.

Diesen Zusammenstellungeu laLt sich folgende iiber die Erscheinungen im Jahre 183.1 und 1835 zur Seite stellen.

489 Sabiondoy ( lo 15' N. Br.) bei Pasto, furchtbares Erdbeben, 80 Personen kamen um; die Stadt Smfiugo wurde ver- schlungeu. St. Marta (11O 30' N. Br.). Zwei Drittel der Stadt stiin- ten in wenigen Tagen ein, 60 gehhrliclie Stdfsc. Jamaica, heftiges Erdbeben, die Stadt litt groken Schaden. Osorno (40" 31' S. Br.). Aus- bruch.

1534. 80. Januar.

- 22. Mai

- 7. September.

1835. 20. Januar.

- 20. Januar. vor Tages Aubruch.

am, Morgen.

12. Februar.

- 20. Februar.

11: U. v. M.

- 11. November.

Aconcugna (32O 30' S . Br. ) Ausbruch. Coseguina ( 1 3 O N . Br.), ein schreck barer Ausbrucb, blieb zwei Mooate in Thatigkeit. Erschlitterung auf dem Meere, sehr stark in der Nshe der Kiiste von Guyana. Juan Fernundez(33O 3CYS.Br.). Ausbruch im Mecrc. Concepcion (36O 40' S. Br.) und alle benachbarte Stadte durch ein Erdbeben zerstbrt; die KUste daiiernd gehoben; die Vulkane in der ganzen Lruge der Kordillere von Chili machen husbrliche, blieben Mo- nate hindurch thgtig uad viele Erdbeben kamcn vor. Concepcion, heftiges Erdbebea, Osorno und Corcovado in hef- tiger Tbdtigkeit.

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grofsen Ausbruche. 1535. 5. December. Osorno, Eins tun mil einem

Der Ausbruch des Coseguz'nu ist von C a l d c l e u g h heschrieben; am 29. Januar zeigte sich iiach 26jlhriger Ruhe ein lcises Geriiuscb und eine Rauclisiiiile ; am Mor- gen des folgenden Tages urn 6: Ubr zeigte sich eiue M'olkc von ungewbhnlicher G r s k und (hstalt ; unge- heure Massen von Asche und Biiiisstcin wurden ausge- worfen und der Boden an den nachfolgcnden drei Ta- geii zerrissen ). Die Gleichzeiligkeit der drei Ausbru- che am 19. uud 20. Jauuar ist uberraschcnd, drr Anfaug ist niir 6 Stunden von einander enlferut. Ucr Aconca- gua ist 120 Meilen gegen Nord V O U I osorno entfernt, aber der Coseguinu 675 Meilen gegen Nord voin Acou- cagua. 13ei dieser ungeheuern Entfernuiig kanu man al- lerdiugs fragen , in wiefern dieee Erschcinungen eiucn gemeinsamen Urspruug haben , oder ob ihr Zusainmen- treffen zufallig sey. In Bezug auf den Aconcugua und Osorno findet keine Scliwierigheit statt, wcil iu demsel- ben Bezirke, und nur einen Mouat splter, wciter von einander entfcrnte Vulkane gleiclizeitig aufgeregt wurden; dennoch findet dabei der Uuterschied statt , dafs der fru- liere gleichzeitigc Ausbruch des Aconcngu~ und des Osorno von keiner allgcmeincn Bewegnng des uuterir- dischen Bezirkes begleitet war. Der Fall des Coseguha wird dadurch so auffallend, dafs zwei dieser drei Vul- kane gew6hnlich ruhen; bei clein Coseguiiia ist, nnch C a l d c l e u g h , eiue 26jahrige Rulie vorausgegaugen, rind dcr Aconcngua zeigt rich so selten [hiilig, dals sogar be- zweifelt worden ist, ob irgend ein Thcil scincr gigauti- schen, 23000 F u t hohen Masse wirklich vulkanischcn Ur- sprungs seg. In einer Gegend, deren Charakter keine Einheit besitzt, wird bei so eutlegcneu Viilkauen kaum an eine gemeiusaine Ursache gedacht werdcn, aber in Amerika fiibrt die Lage sammtlicher Vulkaninlindungen 1) S. Ann. Bd. XXXVlI S. 445 und Bd. XXXXI S . 221.

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auf einer Spalte, uud die Gleicbftirmigkeit der ebenen Flechen auf der Ostseite als ein Zeichen der gleichf6r- migen Wirkung vulkanischer KrVfte in diesem Theile der Erde wohl darauf bin. Wenn nun gar die Htisten- strecke auf 500 geogr. Meilen LVnge in so neuen Zei- ten, dafs sie gegen geognostische Zeitalter zu einem Punlit sich ziisammenziehen, gehoben wordcn ist, so kann man es nicht als unwalirscheinlich betrachten, wenn die Au f- regungen, die dime Wirkungen herbeiflihrten, einmal gleichzeitig gewesen sind.

Daraus ergiebt sich, dafs die unterirdischen Kraft e ihre Wirkungen unter einem grolsen Theile von Siicl- Amerika mit erhebbcheu Unterbrecliungen zeigen, wie bei einzelnen Vulkanen; sie ruhen eine Zeit lang und wcrden d a m mit erneuter Starke in grolsen Districten wirksam.

Die Natur der Erdbeben, welche mit unregelmllsi- gen Unterbrechungen die Westkhte von Slid - Amerika treffen, fiihrt zu dem Schlusse, dafs sie durcli das Ein- dringen feuerfliissiger Massen in die feste Erdrinde her- vorgebracht werden. Heftige Erdbeben, eben so wie beftige Ausbruche, erneuern sich nur von Zeit zu Zeit, und es scheint daher wohl, dafs beide in gleicher Art die Spanniing der unterirdischen KrVfte vermindern. D i e t ist auch die Ansicht der Einwohner, welche von einem innigen Verheltnib der unterirdiscben Thetigkeit der Vul- Lane und den Erschutterungen des Bodens tibeneugt sind. Bei den Erdbeben, wie dem von Concepcion, folgen viele Stake dem ersten Hauptstofse, sie kommen von dersel- ben Gegend her, eben so wie der unterirdische Don- uer, und haben daher sicherlich dieselbe Ursache, nur eine geringere Sterke. So zahlte man an dem ersten Tage nach dem Erdbeben von Lima, 1746, nicht weni- ger als 200 furchtbare Sttihe. Dagegen bei Erdbeben, welche den ersten Durchbruch eines neuen Vulkans b& zeichnen, die Erde bald nachher ruhig wird; nur in der

492 unmittelbaren NHhe wird der Boden erschiittcrt bei je- dem neuen Auswurfe. Diese Erschiitteruogen sind den nachfolgeuden Stbfsen der Erdbeben zu vergleichen. Die Ursache eines ersten vulkanischen Ausbruches ist das Mervorstofsen gasfirrmiger und feuerflussiger Massen erst diircb die feste Rinde, dann durch einen beinahe offe- non Ausweg, daher scheint die Ursache der Erdbeben init den nachfolgenden Stblsen in Explosionen ahnlicher Bescliaffeulieit zu liegen, welche sich keincn 'Ausweg bahnen, aber nach und nach Theile der aufliegenden Maasen von eiuauder reifsen.

Die wellenfiirrnige Bewegung , welche sich horizon- tal in dcin Uoden in einer bestimlnten Richtung fort- yflauzt, killin nicht vou einem Punkte in grofser Tiefe ausgehcn, soudern nur von dem Zerreifseu .der festou Masse in einer geringen Tiefe uuter der- Oberflliche. Uebereiustiu~rncud mit diesen Bewegungen dehot sich das Erdbebeii in die Liiuge aus, das von Valparaiso im Jalire 1822 auf eine Liiuge von 220 geogr. Meilen an der Kii- ste des stillen Meeres, das von Coucepcion im Jahrc 1835 auf inehr als 250 Meilen LSnge; aber niemals in einer grofscu Erstreckung quer gegeii die Hichtuug der Cordillere. Iu Concepcion, Valparaiso, Lima, Acapulco glauben die Einwohncr, dnfs die Stiirungen von dem be- nachbarten M*,rc ausgehcu, daher die Stsdte im Innern weniger beschadigt werdeu, als an der Kliste. Die Stb- rungen gelien uicht von eiriem Punkte aus, sondern von vielen, die in eioein Bnnde liegen, daher auch die li- nienartige uud uiigleichc Erstreckung der Erdbeben.

Die Erhebung des Bodens scheiut in Siid- Ainerika selir oft mit deui Erdbebeii zusammeozufalien, doch ist nicht iinmer eine solche in einer bemerkenswerthen Grafse damit verbunden, wie das Erdbeben zu Lima von 1746 beweist. Es m6chte scheiaeo, dafs die Hebung allein alle Wirkungen des Erdbebcns vou Concepciou erklart, nber dem Hauptstofse folgten in den nlchsten Tagen

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vielc kleinere, wclche von derselben Seite herkamen, wie der Hauptstofs: damit wiirde der Boden ganz bestiinmt niclit gehoben; einigc Woclien nachher befand sich der Boden sogar noch etwas niedriger als unmittelbar nach dcr groten Erschtitterung. Auch zu Valparaiso im Jahr 1822 gescliali die Hebung am Morgen nach dem grofsen Stofsc, wicwohl der Boden mit Unterbrechungen noch Tage lang zilterte. Aus diesen Betrachtungen folgert der Verfasscr 1) d a t der HauptstoB durch eine heftige Zerreitung dcr festen Erdrinde erzeugt werde, wclche oft linter dem bcnachbarten Meere zu liegen scheine; 2) dafs demselben vide kleinere Briiche folgen, welchc sich beinahe bis zur Obertliiche ersrrecken, 'ieselbe aber uur in dein selteuen Falle eines itiitermeerischen Aus- briiches erreichen; 3) dais die zerrissene Flaclie sicli tin-

gef;ihr dem Kiistengebirge parallcl erstrecke; 4) dafs wcnn init dein Erdbeben eine Hebung des Landes in Masse vcrbuiiden ist, eine besondere Ursacbe dieser SWoug noch liinzutrcten musse; und endlich, d d s ein Erdbebcn, oder die durch dasselbe angedeutete Wirkune die unter- irdische Spannung in derselben Art n i e ein Ansbruch Bus einem gewbhnlichen Vullian vermindere.

Die Axe der weisten Gebirgsketten wird von keil- fiirtnigen , lang gestreckten Gesteinsinasscn gcbildel, wel- d i e nach der jetzt allgcmeineii Annahme einst fliissig ~ a r e u , uud unter liohem Druck erkaltet sind. Das Eiii- dringcn -. solcher Massen in die feste Erdrinde inufs die unterirdisclie Spannung eben so verinindert haben, wic ein Lava - Ergufs aus einer Vulkan -0effnung. Die Rauiii- verhderungen in den obcren Theilen der Erdriiide miis: sen Ton Schwiiigungen begleitet werden, welche sicli nahe an der Obertlache iiber die angrsnzende Gcgend verbreiten und welche Richtung diese Kaumrcrtinderuu- grn nelitncn, mufs niclit eine in derselben Richtung ver- IlinScrtc FlZche diese Schwiognng gefiihlt haben. Diese Analogien zeigen wohl, d a b Erdbeben, %vie das von

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Conception 1835, durch die Zerreilsung gro ter Massen der festen Erdrinde und durch Eindringen gescbmolze- ner Massen in die Spalten hervorgebracht wurden.

Der Schlufs, zu welchem der Verfasser weiter ge- langt, dafs die Erhebung von Bergketten nur eine unter- geordnete und abhlngige Erscheinung der Hebung des Continents sey, ist weniger begriindet, uud fiihrt in ein Gebiet , welches nicht aus einem einseitigen Standpunkte und von wenigeu Thatsachen ausgehend betrachtet wer- den darf.

XI. Hebung an der Wistkiiste Frankreichs >.

D e r Phare von la Rochelle enthllt merkwiirdige Beob- achtungeu iiber die Zunahme des Landes an der franzij- sischen Kiiste des Oceans, durch welche der Grund und Boden auf eine bedeutendc Weise vermehrt wird. I n Bourgneuf betinden sich jetzt die Triimmer eines engli- schen Schiffes von 64 Kanonen (welches 1752 auf ei- ner Austerbank zu Grunde gegangen war) mitten in ci- nem grofsen bebauten Felde, dessen Flache 15 Furs iiber der Meeresfllche erhaben ist. I n dieser einzigen Ge- meinde Bourgneuf sind seit 25 Jahren iiber 500 Hekta- ren anbaurahiges Land gewoonen worden. Die Insel Bouin, die sonst von Bourgneuf durch eine Rhede von 7500 Furs Breite getrennt war, liegt jetzt ganz in der Nahe, und wenn nicht der kleine Fluls Faleron bier mtindete, wtirde dieser schmale Kana1 bald ausgefiillt und die Insel Bouin mit dein Festlande verbunden seyn. Port Bahaud, wo die bolltindische Schiffe ihre Salzla- dungen einnahrnen, liegt jetzt 9000 Furs von dem Meere. Der Hafen St. Gilles ftillt sich von Tage zu Tage mehr 1 ) Eotoommeo aus der Haude- uod Speocr’scheo Zeituog.