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Die Kommanditgesellschaft Außenverhältnis der KG: § 172 IV HGB und das Ausscheiden aus der KG Fall 49 („Einlagenrückgewähr beim Ausscheiden aus der KG“) Hannibal, Face und Murdock betreiben gemeinsam unter die Firma „HFM Security KG“ ein Unternehmen für Sicherheitsdienstleistungen. Hannibal ist persönlich haftender Gesellschafter. Face und Murdock sind Kommanditisten mit einer Einlage von je 25.000 Euro. Die Gesellschaft ist ordnungsgemäß in das Handelsregister eingetragen und die Einlagen sind voll eingezahlt. Nach einiger Zeit will Murdock aus der Gesellschaft ausscheiden und er kündigt seine Mitgliedschaft gem. §§ 132, 161 II HGB. Am Ende des Jahres, als seine Kündigung wirksam wird, zahlt die KG ihm sein Auseinandersetzungsguthaben i.H.v. 38.000 Euro aus. Sein Ausscheiden zu diesem Zeitpunkt wird in das Handelsregister eingetragen. Einige Monate später meldet sich bei Murdock ein Gläubiger der KG und verlangt von ihm Zahlung einer Kaufpreisforderung, die entstanden ist, als Murdock noch Gesellschafter der KG war. Muss Murdock bezahlen? 379

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Die KommanditgesellschaftAußenverhältnis der KG: § 172 IV HGB und das Ausscheiden aus der KG

Fall 49 („Einlagenrückgewähr beim Ausscheiden aus der KG“) Hannibal, Face und Murdock betreiben gemeinsam unter die Firma „HFM Security KG“ ein Unternehmen für Sicherheitsdienstleistungen. Hannibal ist persönlich haftender Gesellschafter. Face und Murdock sind Kommanditisten mit einer Einlage von je 25.000 Euro. Die Gesellschaft ist ordnungsgemäß in das Handelsregister eingetragen und die Einlagen sind voll eingezahlt. Nach einiger Zeit will Murdock aus der Gesellschaft ausscheiden und er kündigt seine Mitgliedschaft gem. §§ 132, 161 II HGB. Am Ende des Jahres, als seine Kündigung wirksam wird, zahlt die KG ihm sein Auseinandersetzungsguthaben i.H.v. 38.000 Euro aus. Sein Ausscheiden zu diesem Zeitpunkt wird in das Handelsregister eingetragen. Einige Monate später meldet sich bei Murdock ein Gläubiger der KG und verlangt von ihm Zahlung einer Kaufpreisforderung, die entstanden ist, als Murdock noch Gesellschafter der KG war. Muss Murdock bezahlen?

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Die KommanditgesellschaftAußenverhältnis der KG: § 172 IV HGB und das Ausscheiden aus der KG

Voraussetzungen • Ein Anspruch gegen Murdock persönlich kann sich lediglich aus §§ 433 II

BGB, 171 I Hs. 1 HGB ergeben • Der Anspruch gegen die KG aus § 433 II BGB ist entstanden, als Murdock

noch deren Gesellschafter war • Sein späteres Ausscheiden ändert an der persönlichen Einstandspflicht

nichts, da §§ 160, 161 II HGB eine Nachhaftung des ausgeschiedenen Gesellschafters für Altverbindlichkeiten voraussetzen

• Aber: An sich ist Murdocks persönliche Haftung gem. § 171 I Hs. 2 HGB ausgeschlossen, da er eine seiner Haftungssumme entsprechende Einlage in das Gesellschaftsvermögen geleistet hat

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Die KommanditgesellschaftAußenverhältnis der KG: § 172 IV HGB und das Ausscheiden aus der KG

Wiederaufleben der persönlichen Haftung gem. § 172 IV HGB?

• Aber: Murdocks persönliche Haftung könnte gem. § 172 IV HGB dadurch wiederaufgelebt sein, dass er anlässlich seines Ausscheidens das Auseinandersetzungsguthaben ausgezahlt bekam

• Dazu muss es sich bei dieser Leistung von der KG an Murdock um eine Rückzahlung i.S.d. § 172 IV HGB handeln

• Rückzahlung i.S.d. § 172 Abs. 4 HGB ist jede Zuwendung an den Kommanditisten, durch die dem Gesellschaftsvermögen Vermögenswerte ohne angemessene Gegenleistung entzogen werden

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Die KommanditgesellschaftAußenverhältnis der KG: § 172 IV HGB und das Ausscheiden aus der KG

Wiederaufleben der persönlichen Haftung gem. § 172 IV HGB? • Problem: Was passiert in dem Moment, in dem ein Kommanditist aus der

KG ausscheidet? • Seine Mitgliedschaft endet (§ 131 III HGB) und die Gesellschaft wird unter

den verbleibenden Gesellschaftern fortgesetzt • Gleichzeitig wächst der Anteil des ausscheidenden Gesellschafters gem. §

738 I 1 BGB i.V.m. §§ 105 III, 161 II HGB den verbleibenden Gesellschaftern an

• Als Abfindung erhält der ausscheidende Gesellschafter dasjenige, was er im Fall der Auseinandersetzung der KG bekäme (§§ 738 I 3 BGB, 105 III, 161 II HGB)

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Die KommanditgesellschaftAußenverhältnis der KG: § 172 IV HGB und das Ausscheiden aus der KG

Wiederaufleben der persönlichen Haftung gem. § 172 IV HGB?

• Was bekommt ein Gesellschafter bei der Auseinandersetzung der Gesellschaft?

• Bei der Auseinandersetzung können die Gesellschafter aus dem Gesellschaftsvermögen nur etwas bekommen, wenn nach der Befriedigung aller Gläubiger noch Gesellschaftsvermögen verbleibt

• In diesem Fall bekommen die Gesellschafter ihre Kapitaleinlagen zurückgezahlt, zu- oder abzüglich ihres Anteils am Gewinn bzw. Verlust der Gesellschaft

• Problem: Dieses Vorgehen ist beim Ausscheiden eines Gesellschafters nicht möglich, da die Gesellschaft nicht alle ihre Verbindlichkeiten gegenüber Dritten erfüllen kann, ehe der Gesellschafter ausscheidet

• Das bedeutet: Der ausscheidende Gesellschafter erhält eine Abfindung in Höhe eines hypothetischen Auseinandersetzungsguthabens, obwohl noch laufende Verbindlichkeiten der Gesellschaft offen sind

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Die KommanditgesellschaftAußenverhältnis der KG: § 172 IV HGB und das Ausscheiden aus der KG

Wiederaufleben der persönlichen Haftung gem. § 172 IV HGB?

• Was macht man also?

• Man erstellt eine besondere Bilanz, durch die der Abfindungsanspruch des ausscheidenden Gesellschafters festgestellt wird, und zwar im Umfang eines hypothetischen Auseinandersetzungsguthabens

• Das Guthaben des ausscheidenden Kommanditisten errechnet sich dabei nach dem Wert seiner geleisteten Einlage, vermehrt oder vermindert um nicht ausgezahlten früheren Gewinn bzw. um nicht ausgeglichene Verlustanteile, sowie nach dem in der Schlussbilanz festgestellten Ergebnis des letzten Geschäftsjahres

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Die KommanditgesellschaftAußenverhältnis der KG: § 172 IV HGB und das Ausscheiden aus der KG

Wiederaufleben der persönlichen Haftung gem. § 172 IV HGB? • Das bedeutet: Das Kapitalkonto des ausscheidenden Gesellschafters wird

gelöscht und seine früher geleistete Einlage steht den Gläubigern der Altverbindlichkeiten nicht mehr als Haftungsmasse zur Verfügung

• Damit werden der Gesellschaft an sich Vermögenswerte entzogen, und zwar in haftungsschädlicher Weise

• Vermeiden lässt sich das nur, wenn der ausscheidende Gesellschafter eine Einlage in Höhe seiner Haftungssumme auch nach seinem Ausscheiden im Gesellschaftsvermögen stehenlässt

• Problem: Für § 172 IV HGB ist dieser Abfluss von Vermögenswerten aus dem Gesellschaftsvermögen nur relevant, wenn dem Gesellschaftsvermögen keine angemessene Gegenleistung zufließt

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Die KommanditgesellschaftAußenverhältnis der KG: § 172 IV HGB und das Ausscheiden aus der KG

Wiederaufleben der persönlichen Haftung gem. § 172 IV HGB?

• Denkbar: Bis zum Zeitpunkt der Zahlung ist das Gesellschaftsvermögen mit dem Anspruch des ausscheidenden Gesellschafters aus § 738 I 3 BGB belastet

• Diese Belastung entfällt mit der Zahlung der geschuldeten Abfindung an den ausscheidenden Gesellschafter

• Aber: Angemessene Gegenleistungen sind nur Vermögenswerte, die der Gesellschaft dauerhaft zur Gläubigerbefriedigung zur Verfügung stehen

• Hinzu kommt: Der Abfindungsanspruch aus § 738 I 3 BGB erfasst die für die Haftungssumme eingezahlte Vermögenseinlage nur insoweit, wie sie zur Gläubigerbefriedigung nicht benötigt wird

• Die Zahlung einer Abfindung an den ausscheidenden Gesellschafter ist eine Rückzahlung i.S.d. § 172 IV HGB, wenn sie auch die seiner Haftungssumme entsprechende Einlage erfasst

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Die KommanditgesellschaftAußenverhältnis der KG: § 172 IV HGB und Zahlungen Dritter

Fall 50 („Zahlungen Dritter als Rückzahlungen i.S.d. § 172 IV HGB“)Dieter ist an der „DTS Music Entertainment KG“ als Kommanditist mit einer Einlage von 50.000 Euro beteiligt, der neben ihm noch Shona als weitere Kommanditistin und Thomas als persönlich haftender Gesellschafter angehören. Als Dieter sich später beruflich neu orientieren will, vereinbaren alle Gesellschafter einvernehmlich, dass anstelle von Dieter der Bruce neuer Kommanditist der Gesellschaft werden soll. Weiter wird vereinbart, dass der Gesellschafterwechsel vollzogen werden soll durch eine Abtretung des Gesellschaftsanteils von Dieter an Bruce. Dementsprechend verkauft Dieter seinen Anteil an Bruce zu einem Kaufpreis von 60.000 Euro und überträgt ihn ihm durch Abtretung gem. §§ 398, 413 BGB. Einige Wochen danach wendet sich Heinz mit einer Zahlungsforderung aus Werkvertrag an Dieter, die noch aus der Zeit stammt, als Kommanditist der Gesellschaft war. Muss Dieter zahlen?

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Die KommanditgesellschaftAußenverhältnis der KG: § 172 IV HGB und das Ausscheiden aus der KG

Voraussetzungen • Ein Anspruch gegen Dieter persönlich kann sich lediglich aus §§ 631 I BGB,

171 I Hs. 1 HGB ergeben • Der Anspruch gegen die KG aus § 631 I BGB ist entstanden, als Dieter noch

deren Gesellschafter war • Sein späteres Ausscheiden ändert an der persönlichen Einstandspflicht

nichts, da §§ 160, 161 II HGB eine Nachhaftung des ausgeschiedenen Gesellschafters für Altverbindlichkeiten voraussetzen

• Aber: An sich ist Dieters persönliche Haftung gem. § 171 I Hs. 2 HGB ausgeschlossen, da er eine seiner Haftungssumme entsprechende Einlage in das Gesellschaftsvermögen geleistet hat

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Die KommanditgesellschaftAußenverhältnis der KG: § 172 IV HGB und das Ausscheiden aus der KG

Wiederaufleben der persönlichen Haftung gem. § 172 IV HGB?

• Aber: Dieters persönliche Haftung könnte gem. § 172 IV HGB wiederaufgelebt sein, dass er anlässlich seines Ausscheidens vom neuen Kommanditisten Bruce einen Betrag von 60.000 Euro für seinen Beitrag gezahlt bekam

• Dazu muss es sich bei dieser Zahlung von Bruce an Dieter um eine Rückzahlung i.S.d. § 172 IV HGB handeln

• Rückzahlung i.S.d. § 172 Abs. 4 HGB ist jede Zuwendung an den Kommanditisten, durch die dem Gesellschaftsvermögen Vermögenswerte ohne angemessene Gegenleistung entzogen werden

• Problem: Kann die Zahlung eines Dritten anlässlich des Gesellschafterwechsels eine Rückzahlung i.S.d. § 172 IV HGB sein?

• Der Wortlaut verlangt jedenfalls keine Zahlung direkt aus dem Gesellschaftsvermögen

• Maßgeblich ist, wie der Gesellschafterwechsel konstruiert und vollzogen wird

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Die KommanditgesellschaftAußenverhältnis der KG: § 172 IV HGB und das Ausscheiden aus der KG

§ 172 IV HGB und der Gesellschafterwechsel durch Doppelvertrag

• Erster Schritt: Dieter kündigt seine Mitgliedschaft, scheidet aus der Gesellschaft aus und sein Anteil wächst Shona und Thomas an gem. §§ 738 I 1 BGB, 105 III, 161 II HGB

• In diesem Fall erwirbt Dieter gem. § 738 I 3 BGB einen Anspruch auf Zahlung einer Abfindung in Höhe des hypothetischen Auseinandersetzungsguthabens

• Wird ihm dieses inklusive der seiner Haftungssumme entsprechenden Einlage zurückbezahlt, greift § 172 IV HGB zugunsten der Gesellschaftsgläubiger ein

• § 171 I Hs. 2 HGB gilt für den ausscheidenden Gesellschafter also nur fort, wenn er seine Haftungssumme aus dem Abfindungsanspruch herausrechnet und sie weiterhin im Gesellschaftsvermögen lässt

• Das bedeutet: Bei der Konstruktion als Doppelvertrag bleibt die Haftungssumme des ausscheidenden Gesellschafters im Gesellschaftsvermögen

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Die KommanditgesellschaftAußenverhältnis der KG: § 172 IV HGB und das Ausscheiden aus der KG

§ 172 IV HGB und der Gesellschafterwechsel durch Doppelvertrag

• Zweiter Schritt: Bruce muss in die Gesellschaft aufgenommen werden

• Denkbar: Shona und Thomas spalten den Vermögensanteil, der ihnen soeben von Dieter angewachsen ist, wieder von ihren Anteilen ab und übertragen ihn auf den neuen Mitgesellschafter Bruce

• Aber: In diesem Fall handelte es sich um eine Abtretung von Anteilen im Verhältnis von Thomas und Shona zu dem neuen Mitgesellschafter Bruce gem. §§ 398, 413 BGB

• Das ist ohne Weiteres möglich, aber im technischen Sinne kein „Eintritt“ eines neuen Kommanditisten in die KG

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Die KommanditgesellschaftAußenverhältnis der KG: § 172 IV HGB und das Ausscheiden aus der KG

§ 172 IV HGB und der Gesellschafterwechsel durch Doppelvertrag

• Zweiter Schritt: Bruce muss in die Gesellschaft aufgenommen werden

• Denkbar: Shona und Thomas spalten den Vermögensanteil, der ihnen soeben von Dieter angewachsen ist, wieder von ihren Anteilen ab und übertragen ihn auf den neuen Mitgesellschafter Bruce

• Aber: In diesem Fall handelte es sich um eine Abtretung von Anteilen im Verhältnis von Thomas und Shona zu dem neuen Mitgesellschafter Bruce gem. §§ 398, 413 BGB

• Das ist ohne Weiteres möglich, aber im technischen Sinne kein „Eintritt“/keine „Aufnahme“ eines neuen Kommanditisten in die KG

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Die KommanditgesellschaftAußenverhältnis der KG: § 172 IV HGB und das Ausscheiden aus der KG

§ 172 IV HGB und der Gesellschafterwechsel durch Doppelvertrag • Die „Aufnahme“/der „Eintritt“ eines neuen Kommanditisten in die KG erfolgt

durch Abschluss eines Gesellschaftsvertrags zwischen den aktuellen Gesellschaftern mit dem neu hinzukommenden Kommanditisten

• Dieser Gesellschaftsvertrag ist gerichtet auf den gemeinsamen Betrieb des bestehenden Handelsgewerbes mit dem neuen Kommanditisten Bruce

• Dieser Gesellschaftsvertrag muss deshalb alle Merkmale des § 161 II HGB erfüllen, d.h. es verspricht der neu hinzukommende Kommanditist seinen Mitgesellschaftern die Übernahme einer eigenen, selbständigen Haftungssumme und die Leistung einer entsprechenden Einlage

• Daraus folgt: Bei einem Gesellschafterwechsel, der durch einen Doppelvertrag vorgenommen wird, erhöht sich das Haftungskapital der KG um die Haftungssumme des neu hinzukommenden Gesellschafters

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Die KommanditgesellschaftAußenverhältnis der KG: § 172 IV HGB und das Ausscheiden aus der KG

§ 172 IV HGB und der Gesellschafterwechsel durch Doppelvertrag

• Aber: Zu dieser Erhöhung kommt es nicht, wenn der neu hinzukommende Gesellschafter keine Einlage in das Gesellschaftsvermögen leistet, sondern die Zahlung in der entsprechenden Höhe direkt an den ausscheidenden Gesellschafter leistet

• Wie geht man mit dieser Situation um?

• Man könnte den neu hinzukommenden Gesellschafter dazu zwingen, sein Einlageversprechen an die KG zu leisten oder aber gem. § 171 I Hs. 1 HGB in dieser Höhe unmittelbar gegenüber den Gläubigern zu haften

• Aber: In diesem Fall würde er doppelt bezahlen, wohingegen der ausscheidende Gesellschafter einen seinem Abfindungsanspruch entsprechenden Betrag direkt von dem neuen Gesellschafter erhält

• Man sagt deshalb: Die Direktzahlung des neu eintretenden Gesellschafters ist wirtschaftlich zu behandeln wie eine Abfindungszahlung aus dem Gesellschaftsvermögen und deshalb eine Rückzahlung i.S.d. § 172 IV HGB

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Die KommanditgesellschaftAußenverhältnis der KG: § 172 IV HGB und das Ausscheiden aus der KG

§ 172 IV HGB und der Gesellschafterwechsel durch Abtretung des Anteils

• Die alternative Gestaltungsmöglichkeit ist die Abtretung des bestehenden Gesellschaftsanteils von dem ausscheidenden an den neu hinzukommenden Gesellschafter

• §§ 719 BGB, 105 III, 161 II HGB untersagen nur die einseitige Verfügung über den Gesellschaftsanteil, nicht aber die Verfügung im allseitigen Einvernehmen

• In diesem Fall wird dem neu hinzukommenden Gesellschafter kein neuer Gesellschaftsvertrag geschlossen, so dass er auch keine eigene und selbständige Haftungssumme gem. §§ 161 I, 171 Hs. 1 HGB versprechen muss

• Vielmehr bleibt der Gesellschaftsanteil bestehen und es ändert sich lediglich der Inhaber

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Die KommanditgesellschaftAußenverhältnis der KG: § 172 IV HGB und das Ausscheiden aus der KG

§ 172 IV HGB und der Gesellschafterwechsel durch Abtretung des Anteils • Daraus folgt: Beim Gesellschafterwechsel durch Abtretung des Anteils gem.

§§ 398, 413 BGB wird das Haftungsvermögen der KG nicht erhöht• Die Gegenleistung, die der übernehmende (neue) Gesellschafter an den

übertragenden (ausscheidenden) Gesellschafter erbringt, ist deshalb auch keine Rückzahlung i.S.d. § 172 IV HGB

• Die Abgrenzung zwischen beiden Gestaltungsvarianten erfolgt durch Auslegung gem. §§ 133, 157 BGB

• Hier: Dieter hat seinen Anteil an Bruce abgetreten, so dass zu beider Gunsten § 171 I Hs. 2 HGB gilt und Dieter nicht aufgrund von § 172 IV HGB abermals unmittelbar an die Gläubiger leisten muss

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5. Kapitel

Die stille Gesellschaft gem. §§ 230 ff. HGB

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Stille GesellschaftBegriff

Legaldefinition gem. § 230 I HGB• „Wer sich als ein stiller Gesellschafter an dem Handelsgewerbe, das ein anderer

betreibt, mit einer Vermögenseinlage beteiligt, hat die Einlage so zu leisten, dass sie in das Vermögen des Inhabers des Handelsgeschäfts übergeht.“

• Der Vertrag gem. § 230 BGB besteht aus zwei Parteien, dem Inhaber eines Handelsgewerbes („tätiger Gesellschafter“), und dem sog. „stillen Gesellschafter“ als dem anderen, der eine Kapitaleinlage für das Handelsgewerbe seines Vertragspartners erbringt

• Betreiber des Handelsgewerbes kann ein Kaufmann (§§ 1, 2 HGB) sein, eine Personenhandelsgesellschaft (§§ 105, 161 HGB) oder ein Formkaufmann (§ 6 HGB)

• Stiller Gesellschafter kann jede (teil)rechtsfähige Person oder Personenmehrheit sein

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Stille GesellschaftBegriff

Einige Merkmale der stillen Gesellschaft • Zunächst: Der Betreiber des Handelsgewerbes und der stille Gesellschafter

bilden kein gemeinsames Vermögen • Vermögensinhaber ist vor und bleibt nach dem Vertragsschluss allein der

Betreiber des Handelsgewerbes• Sobald der Stille seine Einlage geleistet hat, ist sie vermögensrechtlich

allein dem Betreiber des Handelsgewerbes zugeordnet• Dem Stillen bleiben allein seine schuldrechtlichen Ansprüche aus dem

Vertrag i.V.m. §§ 230 ff. HGB gegen den Betreiber des Handelsgewerbes• Das bedeutet: Durch den Abschluss des Vertrags gem. § 230 I HGB entsteht

kein neuer Rechtsträger

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Stille GesellschaftBegriff

Die stille Gesellschaft als Personengesellschaft

• Dennoch ist die stille Gesellschaft eine Personengesellschaft

• Ihr Zweck ist das Erzielen von Gewinn mittels eines bestimmten Handelsgewerbes

• Der Beitrag des tätigen Gesellschafters zum Erreichen dieses Zwecks ist der Betrieb des Handelsgewerbes

• Beitrag des stillen Gesellschafters ist die Finanzierung dieses Handelsgewerbes durch das Leisten einer Einlage in das Vermögen des tätigen Gesellschafters

• Diese Gesellschaft ist eine GbR, allerdings als reine Innengesellschaft

• Von der §§ 705 ff. BGB sind deshalb nur die Vorschriften auf sie anwendbar, die nichts mit einem Auftritt nach außen zu tun haben

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Stille GesellschaftBegriff

Was gibt es zu der stillen Gesellschaft zu besprechen ?

• Das Innenverhältnis zwischen dem tätigen und dem stillen Gesellschafter

• Das Außenverhältnis dieser stillen Gesellschaft gegenüber Dritten

• Beendigung und Auseinandersetzung der stillen Gesellschaft

• Abgrenzung gegenüber verwandten Formen der Förderung fremder Unternehmungen durch Bereitstellung von Kapital (insbesondere KG und Darlehen)

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Stille GesellschaftDas Innenverhältnis

Pflichten des Betreibers des Handelsgewerbes: Beitragspflicht • Nochmal: Die Beitragspflicht des tätigen Gesellschafters liegt in dem Betreiben

des Handelsgewerbes, mit dem das Erzielen von Gewinn als der Zweck der stillen Gesellschaft erreicht werden soll

• Daraus folgt: Der tätige Gesellschafter darf das Unternehmen weder auflösen noch veräußern noch seinen Zweck ändern

• Die Pflicht zum Betrieb des Handelsgewerbes bringt die Pflicht zur Führung der Geschäfte mit sich

• Das Recht und die Pflicht zur Geschäftsführung stehen dem tätigen Gesellschafter abweichend von § 709 BGB allein zu

• Der stille Gesellschafter hat kein Beteiligungs- und auch kein Widerspruchsrecht gem. § 711 BGB, sondern allein das Kontrollrecht aus § 233 HGB

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Stille GesellschaftDas Innenverhältnis

Pflichten des Betreibers des Handelsgewerbes: Beitragspflicht

• Beispiel: Der tätige Gesellschafter, der bei seinen privaten Geldgeschäften zum Risiko neigt, nimmt gegen den ausdrücklichen Rat seines stillen Gesellschafters ein Investitionsgeschäft vor. Wäre es gelungen, hätte es den mit dem Handelsgewerbe erzielten Jahresgewinn verdoppelt. Tatsächlich hat es einen negativen Jahresabschluss zur Folge.

• Grundsatz: Das Abraten des stillen Gesellschafters von dem Geschäft ist rechtlich für den tätigen Gesellschafter nicht relevant, sondern in der Tat nur ein Ratschlag

• Aber: Der tätige Gesellschafter hat die Geschäfte des Handelsgewerbes gem. § 347 HGB mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns zu besorgen und im Fall der Nichtbeachtung gem. §§ 280 BGB, 230 ff. HGB den daraus resultierenden Schaden zu ersetzen

• Jedoch gilt für das Verhältnis zwischen dem tätigen und dem stillen Gesellschafter der Haftungsmaßstab gem. § 708 BGB

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Stille GesellschaftDas Innenverhältnis

Pflichten des Betreibers des Handelsgewerbes: Pflicht zur Beteiligung am Gewinn

• Gem. § 231 HGB ist der stille Gesellschafter am Gewinn und am Verlust der Gesellschaft beteiligt

• Während die Beteiligung des stillen Gesellschafters am Verlust ausgeschlossen werden kann, ist seine Beteiligung am Gewinn gem. §231 II Hs. 2 HGB zwingend

• Problem: Was passiert, wenn in dem Vertrag die Gewinnbeteiligung des Kapitalgebers dennoch ausgeschlossen wird?

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Stille GesellschaftDas Innenverhältnis

Pflichten des Betreibers des Handelsgewerbes: Pflicht zur Beteiligung am Gewinn

• Natürlich verstößt diese Klausel gegen § 231 II Hs. 2 HGB

• Denkbar: Der Vertrag zwischen dem Kapitalgeber und dem Kapitalempfänger ist deshalb nichtig

• Aber: Dazu müsste § 231 II Hs. 2 HGB ein Verbotsgesetz i.S.d. § 134 BGB sein

• Deshalb: Der Vertrag ist gültig, aber nicht als stille Gesellschaft, sondern als ein anderer Vertragstyp (z.B. verzinstes oder zinsloses Darlehen)

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Stille GesellschaftDas Innenverhältnis

Pflichten des stillen Gesellschafters • Die primäre Leistungspflicht des stillen Gesellschafters aus dem Vertrag gem. §

230 HGB ist das Leisten seiner Einlage („stille Einlage“) • Einlagefähig sind dauerhaft im Vermögen speicherbare Gegenstände, die der

Stille als Bar- oder Sacheinlage erbringen kann • Der Stille muss seine stille Einlage bis zur Beendigung des

Gesellschaftsverhältnisses mit dem tätigen Gesellschafter in dem Unternehmen halten

• Problem: Wie sind Fälle zu behandeln, in denen der Stille eine Sacheinlage erbringt, die im Lauf der Zeit an Wert einbüßt?

• Es steht den Parteien frei, weitere Beitragspflichten des Stillen vertraglich festzulegen

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Stille GesellschaftDas Außenverhältnis

Die fehlende Rechtsträgerschaft der stillen Gesellschaft und die Folgen • Nochmal: Anders als die Verträge über die Errichtung einer Außen-GbR,

einer OHG oder einer KG bringt der Vertrag über ein stilles Gesellschaftsverhältnis keinen neuen Rechtsträger hervor

• Rechtsträger ist und bleibt allein der tätige Gesellschafter, der deshalb nicht nur die Geschäfte allein führt, sondern auch alleine nach außen tätig wird

• § 231 II HGB stellt insoweit klar, dass nur der tätige Gesellschafter aus den Geschäften dieses Handelsgewerbes berechtigt und verpflichtet wird

• Daraus folgt: Der Stille haftet nach außen überhaupt nicht, sondern es haftet allein der tätige Gesellschafter, in dessen Vermögen die Einlage des Stillen geflossen ist

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Stille GesellschaftDas Außenverhältnis

Die fehlende Rechtsträgerschaft der stillen Gesellschaft und die Folgen

• Beispiel: Gläubiger Glaub hat gegen Kaufmann Kurt eine Geldforderung, die dieser gegenwärtig nicht begleichen kann. Glaub weiß, dass Stefanie dem Kurt eine stille Einlage von mehreren 1.000 Euro versprochen hat und fragt, ob er an diese Einlage herankommen kann.

• Bei der KG können die Gesellschaftsgläubiger auf den Kommanditisten gem. § 171 I Hs. 1 HGB direkt zugreifen, soweit dieser keine seiner Haftungssumme entsprechende Einlage in das Gesellschaftsvermögen geleistet hat

• Denkbar: KG und stille Gesellschaft sind einander recht ähnlich, so dass § 171 I Hs. 1 HGB analog auch für §§ 230 ff. HGB gelten könnte

• Aber: Es ist gerade einer der Zwecke der stillen Gesellschaft, dass der Kapitalgeber Gesellschaftsgläubigern gar nicht unmittelbar haftet

• Jedoch: Wenn Glaub gegen Kurt einen Vollstreckungstitel erwirkt, kann er im Wege der Zwangsvollstreckung gem. § 829 ZPO pfänden lassen

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Stille GesellschaftAuflösung und Abwicklung

Auflösungsgründe und Vorgehen bei der Abwicklung • Die stille Gesellschaft wird aufgelöst durch den Tod des tätigen

Gesellschafters oder durch Kündigung gem. §§ 132 bis 135 HGB oder § 723 BGB

• Außen-GbR und Personenhandelsgesellschaften werden nach dem Wirksamwerden eines Auflösungsgrundes abgewickelt bzw. liquidiert und sodann das Gesellschaftsvermögen unter den Gesellschaftern auseinandergesetzt

• Die stille Gesellschaft ist jedoch kein eigener Rechtsträger und bildet deshalb auch kein eigenes Vermögen

• Eine selbständige Phase der Abwicklung bzw. Auseinandersetzung ergibt daher für die stille Gesellschaft keinen Sinn

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Stille GesellschaftAuflösung und Abwicklung

Auflösungsgründe und Vorgehen bei der Abwicklung

• Daraus folgt: Die stille Gesellschaft gem. §§ 230 ff. HGB endet sofort mit dem Eintritt des Auflösungsgrundes, insbesondere dem Wirksamwerden der Kündigung

• Der Inhaber des Handelsgewerbes führt dieses dann alleine und ohne eine schuldrechtliche Bindung an den anderen weiter

• Dennoch ist in § 235 HGB von einer „Auseinandersetzung“ die Rede

• Gemeint ist das Erstellen einer Auseinandersetzungsbilanz, welche den Wert der Einlage sowie nicht ausgeschüttete Gewinne und nicht abgezogene Verluste erfasst

• Der Überschuss ist dem vormaligen stillen Gesellschafter in Geld auszuzahlen

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Stille GesellschaftAbgrenzungen

Stille Gesellschaft und Kommanditgesellschaft • Stille Gesellschaft und Kommanditgesellschaft sind beide Sonderformen

der GbR • Auch bezweckt der Kapitalgeber in beiden Fällen seinen maximalen Verlust

auf die Höhe einer bestimmten Einlage zu begrenzen • Aber: Der Gesellschaftsvertrag einer KG ist darauf gerichtet, zwischen den

Beteiligten einen neuen Rechtsträger entstehen zu lassen • Insbesondere wird das Handelsgewerbe von diesem Rechtsträger betrieben • Hinzu kommt, dass der Kommanditist anders als der stille Gesellschafter

eine beschränkte unmittelbare Haftung gegenüber den Gläubigern der KG zusagt

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Stille GesellschaftAbgrenzungen

Stille Gesellschaft und Darlehen

• Darlehensgeber und stiller Gesellschafter stellen einem anderen eine bestimmte Menge an Kapital zur Verfügung, ohne dass der Kapitalgeber und der Kapitalempfänger eine gemeinsame Vermögensmasse bilden

• Aber: Anders als der stille Gesellschafter ist der Darlehensgeber idR weder am Gewinn noch am Verlust des Kapitalempfängers beteiligt

• Aber: Es gibt auch das sog. partiarische Darlehen, bei dem der Darlehensgeber einen festen Zins bekommt, sondern Anteile am Gewinn

• Normalerweise ist der Geber eines partiarischen Darlehens zwar nicht am Verlust beteiligt, wobei auch dies anders vereinbart sein kann

• In diesem zuletzt genannten Fall kann die Unterscheidung, ob die Parteien ein partiarisches Darlehen oder ein Rechtsverhältnis nach §§ 230 ff. HGB wollten, nur anhand aller Umstände des einzelnen Falls ergehen

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6. Kapitel

Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung

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GmbHAllgemeines

Einige Merkmale der GmbH• Die GmbH ist geregelt in dem Gesetz betreffend die Gesellschaften mit

beschränkter Haftung (GmbHG) • Sie ist eine Kapitalgesellschaft, da sie gem. § 5 GmbHG ein bestimmtes

Stammkapital haben muss • Ausnahmen von dieser Pflicht zur Kapitalaufbringung bestehen lediglich für die

Unternehmergesellschaft (UG) gem. § 5a GmbHG• Die GmbH ist gem. § 13 III GmbHG ein Kaufmann kraft Rechtsform, so dass die

Bestimmungen des HGB auf sie Anwendung finden• Anders als bei den Personengesellschaften haften bei der GmbH die

Gesellschafter den Gesellschaftsgläubigern gem. § 13 II GmbHG nicht mit ihrem privaten Vermögen

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GmbHAllgemeines

Begriff der GmbH

• Der Begriff der GmbH ist gesetzlich nicht definiert

• Nach der Vorstellung des historischen Gesetzgebers soll die GmbH aber eine „Mittelstellung“ zwischen der Aktiengesellschaft (AG) und den Personenhandelsgesellschaften einnehmen

• Im schweizerischen Gesellschaftsrecht ist die GmbH demgegenüber in Art. 772 OR anhand ihrer wesentlichen strukturellen Merkmale beschrieben: (1) Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist eine personenbezogene Kapitalgesellschaft, an

der eine oder mehrere Personen oder Handelsgesellschaften beteiligt sind. Ihr Stammkapital ist in den Statuten festgelegt. Für ihre Verbindlichkeiten haftet nur das Gesellschaftsvermögen.

(2) Die Gesellschafter sind mindestens mit je einem Stammanteil am Stammkapital beteiligt. Die Statuten können für sie Nachschuss- und Nebenleistungspflichten vorsehen.

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GmbHGründung

Allgemeines • Personengesellschaften werden gegründet durch den Abschluss des

wirksamen Gesellschaftsvertrags • Maßgeblich ist der Zeitpunkt, in dem die Gesellschafter die auf die

Gründung der Gesellschaft gerichteten Willenserklärungen gem. §§ 145, 147 BGB austauschen

• Bestimmte Formerfordernisse sind für den Gesellschaftsvertrag grundsätzlich nicht vorgesehen

• Die Eintragung in das Handelsregister ist für die Errichtung der Gesellschaft im Innenverhältnis und auch im Außenverhältnis nur dort konstitutiv, wo die Gesellschaft ein Kleingewerbe betreibt (§ 123 II Hs. 2 HGB)

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GmbHGründung

Allgemeines

• Die GmbH kann demgegenüber nicht so formlos errichtet werden

• Auch für die Gründung einer GmbH ist ein Gesellschaftsvertrag erforderlich, dessen Mindestinhalt in § 3 GmbHG beschrieben ist

• Aber: Dieser Vertrag ist nicht formfrei möglich, sondern bedarf gem. § 2 I 1 GmbHG der notariellen Beurkundung

• Die GmbH entsteht jedoch noch nicht unmittelbar mit der notariellen Beurkundung des Gesellschaftsvertrags

• Vielmehr entsteht die GmbH als GmbH gem. § 11 I GmbHG erst mit ihrer Eintragung in das Handelsregister

• Anders als im Personengesellschaftsrecht ist die Eintragung hier also stets konstitutiv

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GmbHGründung

Allgemeines

• Die Gründungsphase einer GmbH erstreckt sich demnach von dem Beschluss, eine GmbH zu gründen, bis zur Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister

• Man unterscheidet insoweit zwei Phasen der Gesellschaftsgründung

• Erste Phase: Vom Beschluss, eine GmbH zu gründen, bis zur Beurkundung des Gesellschaftsvertrags („Vorgründungsphase“)

• Zweite Phase: Von der wirksamen Beurkundung bis zur Eintragung der Gesellschaft („Vorphase“)

• Aktivitäten in diesen Gründungsphasen werfen die Frage nach der Passivlegitimation und der Haftung auf, wenn an der GmbH-Gründung mehr als nur eine Person mitwirken

• Angedeutet ist dieses Problem in § 11 II GmbHG

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