Therapie parasitärer Infektionen

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CURRICULUM Schweiz Med Forum 2004;4:785–791 785 Therapie parasitärer Infektionen: Teil 1 Traitement des infections parasitaires: 1 re partie Kurt Markwalder Quintessenz Intestinale Parasitosen verursachen häufig entweder keine Beschwerden oder unspezifische Symptome. Man tut deshalb gut daran, Verdauungsbeschwerden nicht auto- matisch und zwingend als Folge eines parasitologischen Befundes zu werten. Die Assoziation von Verdauungsbeschwerden mit dem Befund potentiell pathogener Protozoen oder Helminthen im Stuhl soll dennoch spezifisch therapiert werden. Asymptomatische Träger von Entamoeba histolytica und Giardia werden in der Regel ebenfalls spezifisch mit dem Ziel der Eradikation des Parasiten behandelt – erstere wegen des Risikos einer extraintestinalen Streuung nach Penetration in die Darmmukosa, letztere wegen ihrer hohen Kontagiosität und dem Potential, längerfristig unter Umständen ein Malabsorptionssyndrom zu verursachen. Eine Eosinophilie beim Tropenrückkehrer ist suggestiv für das Vorliegen einer Helmintheninfektion. Da die Prä- patenzzeit (Zeit bis zur direkten Nachweisbarkeit von Pa- rasiten oder Eiern) mehrere Wochen bis Monate dauern kann, sollen die entsprechenden Untersuchungen zum an- gemessenen Zeitpunkt wiederholt werden. Serologische Untersuchungen auf Antikörper gegen Gewebshelminthen sind vor allem in der Präpatenzzeit und bei Würmern, welche entsprechend ihrem Lebenszy- klus überhaupt nicht im Stuhl nachweisbar sind, ein nütz- liches diagnostisches Hilfsmittel. Bei einer Behandlung von Parasitosen mit nicht regi- strierten Medikamenten ist zu bedenken, dass eine Geneh- migung durch Swissmedic erforderlich ist. Zudem ist die Übernahme der Kosten durch die Krankenkassen nicht ge- währleistet. Quintessence Les parasitoses intestinales ne provoquent souvent aucun problème, ou que des symptômes aspécifiques. Nous avons donc tout intérêt à ne pas automatiquement et for- cément mettre des troubles digestifs sur le compte d’un ré- sultat parasitologique. L’association entre troubles digestifs et présence de protozoaires ou helminthes potentiellement pathogènes dans les selles doit donc être traitée spécifiquement. Les porteurs asymptomatiques d’Entamoeba histoly- tica et de Giardia sont eux aussi généralement traités spé- cifiquement dans le but d’éradiquer ces parasites. Les pre- miers en raison du risque de dissémination extraintesti- nale après pénétration de la muqueuse intestinale, et les seconds en raison de la contagiosité des Giardia et de leur potentiel de provoquer à long terme un syndrome de mal- absorption. Une éosinophilie au retour d’un voyage sous les tropi- ques est suggestive d’une infection à helminthes. Comme le temps de prépatence (délai avant la mise en évidence directe de parasites ou d’œufs) peut durer quelques semai- nes à quelque mois, les examens ad hoc doivent être répé- tés au moment voulu. Les examens sérologiques avec dosage d’anticorps contre les helminthes tissulaires sont des auxiliaires diagnostiques utiles surtout pendant le temps de prépa- tence et pour des vers qui en fonction de leur cycle ne se trouvent pas du tout dans les selles. Dans un traitement de parasitoses par des médica- ments non enregistrés, il ne faut pas oublier qu’il est in- dispensable d’obtenir une autorisation de Swissmedic. De plus, la prise en charge des coûts par les caisses maladie n’est pas garantie. CME zu diesem Artikel finden Sie auf S. 812 oder im Internet unter www.smf-cme.ch Vous trouverez les questions à choix multiple concernant cet article à la page 813 ou sur internet sous www.smf-cme.ch

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  • C U R R I C U LU M Schweiz Med Forum 2004;4:785791 785

    Therapie parasitrer Infektionen: Teil 1Traitement des infections parasitaires: 1re partie

    Kurt Markwalder

    Quintessenz

    Intestinale Parasitosen verursachen hufig entwederkeine Beschwerden oder unspezifische Symptome. Man tutdeshalb gut daran, Verdauungsbeschwerden nicht auto-matisch und zwingend als Folge eines parasitologischenBefundes zu werten.

    Die Assoziation von Verdauungsbeschwerden mit demBefund potentiell pathogener Protozoen oder Helminthenim Stuhl soll dennoch spezifisch therapiert werden.

    Asymptomatische Trger von Entamoeba histolyticaund Giardia werden in der Regel ebenfalls spezifisch mitdem Ziel der Eradikation des Parasiten behandelt ersterewegen des Risikos einer extraintestinalen Streuung nachPenetration in die Darmmukosa, letztere wegen ihrerhohen Kontagiositt und dem Potential, lngerfristig unterUmstnden ein Malabsorptionssyndrom zu verursachen.

    Eine Eosinophilie beim Tropenrckkehrer ist suggestivfr das Vorliegen einer Helmintheninfektion. Da die Pr-patenzzeit (Zeit bis zur direkten Nachweisbarkeit von Pa-rasiten oder Eiern) mehrere Wochen bis Monate dauernkann, sollen die entsprechenden Untersuchungen zum an-gemessenen Zeitpunkt wiederholt werden.

    Serologische Untersuchungen auf Antikrper gegenGewebshelminthen sind vor allem in der Prpatenzzeitund bei Wrmern, welche entsprechend ihrem Lebenszy-klus berhaupt nicht im Stuhl nachweisbar sind, ein ntz-liches diagnostisches Hilfsmittel.

    Bei einer Behandlung von Parasitosen mit nicht regi-strierten Medikamenten ist zu bedenken, dass eine Geneh-migung durch Swissmedic erforderlich ist. Zudem ist diebernahme der Kosten durch die Krankenkassen nicht ge-whrleistet.

    Quintessence

    Les parasitoses intestinales ne provoquent souventaucun problme, ou que des symptmes aspcifiques. Nousavons donc tout intrt ne pas automatiquement et for-cment mettre des troubles digestifs sur le compte dun r-sultat parasitologique.

    Lassociation entre troubles digestifs et prsence deprotozoaires ou helminthes potentiellement pathognesdans les selles doit donc tre traite spcifiquement.

    Les porteurs asymptomatiques dEntamoeba histoly-tica et de Giardia sont eux aussi gnralement traits sp-cifiquement dans le but dradiquer ces parasites. Les pre-miers en raison du risque de dissmination extraintesti-nale aprs pntration de la muqueuse intestinale, et lesseconds en raison de la contagiosit des Giardia et de leurpotentiel de provoquer long terme un syndrome de mal-absorption.

    Une osinophilie au retour dun voyage sous les tropi-ques est suggestive dune infection helminthes. Commele temps de prpatence (dlai avant la mise en videncedirecte de parasites ou dufs) peut durer quelques semai-nes quelque mois, les examens ad hoc doivent tre rp-ts au moment voulu.

    Les examens srologiques avec dosage danticorpscontre les helminthes tissulaires sont des auxiliairesdiagnostiques utiles surtout pendant le temps de prpa-tence et pour des vers qui en fonction de leur cycle ne setrouvent pas du tout dans les selles.

    Dans un traitement de parasitoses par des mdica-ments non enregistrs, il ne faut pas oublier quil est in-dispensable dobtenir une autorisation de Swissmedic. Deplus, la prise en charge des cots par les caisses maladienest pas garantie.

    CME zu diesem Artikel findenSie auf S. 812 oder im Internetunter www.smf-cme.ch

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    Einleitung

    Die Therapie parasitrer Krankheiten auf weni-gen Seiten umfassend darzustellen, wre einzum Scheitern verurteiltes Unterfangen. Trotz-dem sei die vorgelegte Herausforderung hiermitaufgenommen allerdings zum Preis einer Re-duktion auf Parasitosen und Behandlungen, mitwelchen sich der praktizierende Arzt in derSchweiz tatschlich gelegentlich konfrontiertsieht.Diese bersicht wird nur jene Behandlungen imDetail darstellen, welche in der Regel ambulantund in der Allgemeinpraxis durchgefhrt wer-den. Potentiell toxische Behandlungen, sehr sel-tene Infektionen oder solche, welche aufgrundeines schweren oder komplizierten Verlaufes dieberweisung an einen Spezialisten rechtfertigenoder eine Hospitalisation ntig machen, werdennur summarisch prsentiert.Eine korrekte Diagnose als Basis fr eine spezi-fische Therapie wird vorausgesetzt. Da der di-rekte oder indirekte (letzterer in der Regel sero-logische) Nachweis einer Parasitose nicht immernach einer spezifischen Therapie verlangt, wirdbei solchen Diagnosen auf die Notwendigkeitsorgfltigen Abwgens der Indikation zur Be-handlung oder Besprechung mit einem Speziali-sten hingewiesen.Der erste Teil der Prsentation umfasst inte-stinale Protozoen- und Helmintheninfektionensowie solche, welche entweder peroral erfolgenoder durch Stuhluntersuchungen diagnostiziertwerden knnen.Untersuchungen auf intestinale Parasiten sindhauptschlich angezeigt bei protrahierten Ver-dauungsbeschwerden nach einem Aufenthalt inLndern mit limitierten Hygienestandards,zudem bei asymptomatischen Reiserckkehrern oft auf deren Wunsch nach Exposition in pre-kren hygienischen Verhltnissen.Eine Eosinophilie kann Hinweis auf eine Helmin-theninfektion sein, wird aber durch Einzeller(Protozoen) nicht erklrt zumindest dann nicht,wenn diese ausgeprgt ist. Falls sich bei derenAbklrung in drei Stuhlproben mittels adqua-tem Anreicherungsverfahren keine Wurmeiernachweisen lassen, kann als Ursache eine Ge-webshelmintheninfektion ohne intestinale Betei-ligung vorliegen. berdies besteht die Mglich-keit einer sich noch in der Prpatenzphase derEntwicklung befindlichen Wurminfektion wh-rend welcher noch keine Eier ausgeschiedenwerden oder einer Strongyloidose, welche zu-verlssiger mit einer Larvenkultur aus Nativstuhlgesucht wird.

    Intestinale Protozoen (Einzeller)

    Eine grosse Zahl von intestinalen Protozoengelten als apathogen und bedrfen dement-

    sprechend keiner spezifischen Therapie (z.B.Entamoeba coli, Endolimax nana, Jodamoebabtschlii, Chilomastix mesnilii).Eine Unterteilung in pathogene und fakultativ(oder potentiell) pathogene Protozoen erweistsich deshalb als problematisch, weil auch die gemeinhin als pathogen klassierten (Giardia,Entamoeba histolytica) oft zu asymptomatischerintestinaler Besiedelung fhren und unterUmstnden erst nach vielen Monaten spontaneliminiert werden.Unbestrittene Therapieindikationen sind Be-schwerden, welche sich durch eine nachgewie-sene intestinale Infektion gut erklren lassen am offensichtlichsten afebrile dysenterischeDurchflle beim Befund von Entamoeba histoly-tica oder Diarrhoe und / oder Nausea mit fauli-gem Aufstossen bei Giardiasis.Verdauungsbeschwerden, einschliesslich der ge-nannten, sind aber letztlich unspezifisch undknnen durch verschiedene Pathogene und Me-chanismen hervorgerufen werden. Je unspezifi-scher die Symptome sind, desto wichtiger ist es,den Patienten vor einer spezifischen Behandlungeines mglicherweise fr die Beschwerden ver-antwortlichen, parasitologischen Befundes dar-auf hinzuweisen, dass ein Weiterbestehen derSymptome nach Elimination desselben die Mg-lichkeit besttigen knnte, dass dieser nichtderen Ursache war.Tabelle 1 p gibt eine bersicht ber die hufi-geren nachgewiesenen intestinalen Protozoen,deren Bedeutung und medikamentse Therapie.

    Entamoeba histolyticaE. histolytica ist morphologisch (mikroskopisch)nicht von Entamoeba dispar zu unterscheiden.Whrend erstere das Potential zur Invasion indie Kolonmukosa und zur hmatogenen Streu-ung in andere Organe besitzt, gilt letztere alsapathogen und ist zur Gewebsinvasion nicht be-fhigt. Allerdings fehlt der Beweis, dass E. disparnicht auch gelegentlich Ursache unspezifischerDarmmotilittsstrungen sein knnte.Daraus ergibt sich die pragmatische Konklusion,symptomatische Patienten mit dem mikroskopi-schen Befund E. histolytica / dispar in derRegel vorerst einmal zu behandeln.Die mittels PCR mgliche Differenzierung unddefinitive Zuordnung zu E. histolytica oder E. di-spar bleibt symptomatischen Fllen mit Persi-stenz des mikroskopischen Befundes nach The-rapie vorbehalten.Klassischerweise besteht die Therapie einersymptomatischen Ambiasis aus einem Nitro-imidazol (Metronidazol, Ornidazol, Tinidazol)whrend 5(10) Tagen, gefolgt von einem soge-nannten Kontaktambizid fr 6 bis 8 Tage. DerGrund dafr liegt in einer besseren Wirksamkeitder letzteren gegen Zystenstadien (Tab. 2 p).Das einzige derzeit in der Schweiz noch regi-strierte Kontaktambizid ist Paromomycin (Hu-

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    matin). Dieses figuriert allerdings nicht auf derSpezialittenliste, weshalb die Kostenber-nahme durch die Krankenkasse nicht garantiertist.Fr Amben-Leberabszesse gelten grundstz-lich die gleichen Dosierungen wie fr die sym-ptomatische intestinale Ambiasis. Unter Um-stnden ist initial eine parenterale Therapie vorzuziehen. Bei grossen Abszessen kann eineEntlastungspunktion sinnvoll sein.In neueren bersichtspublikationen [1, 2] wer-den als Kontaktambizide Prparate aufgefhrt,welche in der Schweiz nicht mehr im Handel

    sind (Iodoquinol, Diloxanidfuroat = Furamid).Zudem wird fr Paromomycin eine hhere Dosisempfohlen. Die hier genannte Dosierung folgtder Erfahrung, dass mit dieser das therapeuti-sche Ziel meist erreicht wird mit 2 PackungenHumatin (zu je 16 Kapseln zu 250 mg) zum eherstolzen Preis von 48 Schweizer Franken proPackung.

    Giardia intestinalis (Lambliasis)Tabelle 3 p stellt die Therapie der Giardiasis dar.Detaillierte Ausfhrungen dazu finden sich inder Literaturangabe [3].

    Medikamente

    5-Nitroimidazole (5-NI)und / oder Paromomycin(siehe Text)

    5-Nitroimidazole (5-NI)Albendazol(Mepacrin)

    Paromomycin; Doxycyclin; 5-NI;Erythromycin

    5-NI (Eradikation schwer erreichbar.Ziel: Beschwerdefreiheit)

    Cotrimoxazol

    ParomomycinNitazoxanid (?)

    Cotrimoxazol

    Pathogenitt

    E. histolytica und E. dispar sindmorphologisch identisch und wer-den vom Labor als E.histolytica /dispar berichtetBis 90% der mikroskopischen E. hist. sind in der Tat E. disparund apathogenE. histolytica potentiell pathogenund invasiv

    Alle apathogen

    Pathogen mit variabler VirulenzAsymptomatische Infektionenhufig;hoch kontagis

    Potentiell pathogen

    Apathogen

    Mglicherweise potentiell pathogen (kontrovers!)

    Zu erwgen bei persistierender Diarrhoe

    Bei Immunkompetenten selbstlimitierendBei Immunsupprimierten chron.Diarrhoe

    Potentiell pathogen, bei Immun-kompetenten meist asymptoma-tisch oder selbstlimitierend

    Indikation fr spezifische Therapie

    Symptomatische Patienten behandelnAsymptomatische Trgerbehandeln, wenn E. hist. bewie-sen oder wenn Serologie pos.,sonst individuell entscheiden

    Keine

    Auch asymptomatischin der Regel Behandlungs-indikation

    Nur symptomatische Patientennach Ausschluss anderer Ursachen

    Keine

    Ausnahmsweise bei persistieren-den Symptomen und nach Aus-schluss anderer Ursachen

    Nur bei symptomat. Patienten

    Nur bei Immunsupprimierten

    Nur in klar symptomatischen Pat.(in der Regel Immunsupprimierte)

    Entamoeba histolytica / Entamoeba dispar

    Entamoeba hartmanniEntamoeba coliEndolimax nanaIodamoeba btschliiChilomastix mesnilii

    Giardia intestinalis(G. lamblia)

    Dientamoeba fragilis

    Trichomonas hominis

    Blastocystis hominis

    Cyclospora cayetanensis

    Cryptosporidium parvum

    Isospora belli

    Tabelle 1. Intestinale Protozoen: Bedeutung und Therapie.

    5-NI = 5-Nitroimidazole, z.B. Metronidazol (Flagyl), Ornidazol (Tiberal), Tinidazol (Fasigyn), Paromomycin (Humatin), Albendazol (Zentel)

    Tabelle 2. Therapie von Entamoeba histolytica.

    Gefolgt von Ev. Alternative

    E. histolytica, symptomatisch Metronidazol 500 (750) mg Paromomycin 500 mg 3/d Ornidazol, 500 mg 2/d 3/d fr 710 Tage oder fr 68 Tage fr 10 Tage Ornidazol 500 mg 2/d fr 5 Tage (ohne Paromomycin)oder Tinidazol 2,0 g 1/d fr 36 Tage

    E. histolytica, asymptomatisch Paromomycin, 500 mg 3/d (Zystenausscheider) fr 610 Tage

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    Blastocystis hominis ist in unseren Patientenkol-lektiven der hufigste parasitologische Stuhlbe-fund. Seine potentielle Pathogenitt wird kontro-vers beurteilt und konnte bislang nie ganz zwei-felsfrei gesichert werden [4]. Ein spezifischerTherapieversuch kann allenfalls bei hartncki-gen intestinalen Beschwerden, vor allem Diar-rhoe, ohne nachweisliche andere tiologie erwo-gen werden. In Frage kommt eine 7- bis 10tgigeTherapie mit einem Imidazol [5], oder allenfallsmit Cotrimoxazol [6].

    Helminthen

    Intestinale Nematoden (Rundwrmer) knnenmehrheitlich mit einer einfachen Therapie miteinem Benzimidazol (Mebendazol, Albendazol)oder Pyrantel eliminiert werden (Tab. 4 p). Zwei

    Tabelle 3. Therapie von Giardia intestinalis.

    Giardia intestinalis Alternativen(Lamblien)

    Ornidazol 500 mg 2/d fr 5 Tage Albendazol 400 mg/d 5 Tage (oder 3 Tabl. 1/d fr 2 Tage) oderoder Tinidazol 2,0 g Einmaldosis Mepacrin 100 mg 3/d fr 7 Tageoder Metronidazol 250 mg 3/d fr 5 Tage

    Metronidazol (Flagyl) Tabl. zu 250 und 500 mg, Ornidazol (Tiberal) Tabl. zu 500 mg,Tinidazol (Fasigyn) Tabl. zu 500 mg, Paromomycin (Humatin) Kaps. zu 250 mg, Albendazol (Zentel) Tabl. zu 400 mgOrnidazol = Prferenz des Autors (bessere Vertrglichkeit als Metronidazol; keine imperative Alkoholabstinenz whrend der Therapie)Dosierungen fr Kinder: Siehe Arzneimittelkompendium. Keine kindergerechte Galenik in der Schweiz. Flagyl-Suspension aus Frankreich

    Tabelle 4. Therapie von Helminthen-Infektionen (intestinale und peroral erworbene).

    Nematoden 1. Wahl Alternativen

    Askaris, Ankylostoma / Mebendazol 2 100 mg/d fr 3 Tage Albendazol 400 mg 1 Fr Ankylostoma / Nekator: Nekator, Trichostrongylus (gleiche Dosis fr Kinder >1 J.) oder Kinder: 12 J. oder

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    intestinale Nematodenspezies bedrfen einer in-tensiveren Behandlung und verlangen einenKommentar:

    Enterobius (Oxyuris)Im Gegensatz zu zahlreichen anderen Helmin-then sind die Eier von Enterobius nach einer Rei-fung von wenigen Stunden infektis. Durch ihreAblage und Adhrenz in der Perianalregionkommt es insbesondere bei Kindern hufigzu einer ano-oralen Auto-Reinfektion. Whrendadulte Oxyuren auf praktisch alle Anthelmintikasehr sensibel sind, werden junge Larvenstadienvon diesen nicht eliminiert. Wegen den erwhn-ten hufigen Auto-Reinfektionen muss die medi-kamentse Behandlung nach 14 Tagen minde-stens einmal wiederholt werden.Trotzdem begegnet man gelegentlich Infektio-nen, welche Patienten und Therapeuten durchmonatelange Rezidive zu Verzweiflung und Rat-losigkeit fhren. Lsungsanstze sind in solchenFllen die gleichzeitige mehrfach wchentlichwiederholte medikamentse Therapie der gan-zen Wohngemeinschaft, verbunden mit der In-struktion des gleichzeitigen Wechsels von Bett-und Leibwsche sowie sorgfltigster Fingerna-gel- und Hndehygiene ohne die Wsche vonPlschtieren zu vergessen.

    Strongyloides stercoralisAutoinfektionen beobachtet man auch beimZwergfadenwurm S. stercoralis, dessen infek-tise Larven unmittelbar nach Verlassen desAnalkanals wieder in die Perianalhaut eintretenund eine neue Parasitengeneration initiierenknnen. Begnstigt werden Strongyloides-Auto-infektionen durch jede Form der Immunsup-pression, woraus unter Umstnden eine bedroh-liche Multiplikation der Wurmpopulation resul-tieren kann, deren Auswirkungen deshalb dra-matisch sein knnen, da die Parasiten in ihrerEntwicklung eine Migration durch viszerale Or-gane (insbesondere die Lunge) zeigen.Ivermectin wurde im Vergleich zu Albendazol alswirksamer befunden [7]. Eine nach 2 Wochenwiederholte dreitgige Albendazol-Therapiekonnte eine vergleichbare Heilungsrate von 86%nachweisen. Auch angesichts des einfacherenBehandlungsmodus gilt Ivermectin heute alsTherapie der ersten Wahl. Ivermectin (Stromec-tol, Mectizan) ist allerdings in der Schweiznicht registriert; seine Anwendung verlangt eineAutorisierung durch die ZulassungsbehrdeSwissmedic was aber die Kostenbernahmedurch die Krankenkasse nicht prjudiziert.

    Toxokarose [8]Toxokarosen sind Infektionen durch demmenschlichen Askaris verwandte Nematodenvon Sugetieren, bei uns insbesondere von Hun-den und Katzen (Toxocara canis, Toxocara cati,Toxascaris spp.). Im Gegensatz zu Ascaris lum-

    bricoides knnen sich diese im Menschen nichtbis zum adulten intestinalen Wurm entwickeln,sondern erreichen lediglich ein viszerales Lar-venstadium. Die Infektion wird deshalb auch alsLarva migrans visceralis bezeichnet. Viele Infek-tionen verlaufen asymptomatisch; Abdominal-schmerzen und asthmatiforme Atembeschwer-den knnen bei der fast ausnahmslos nur durchAntikrpernachweis diagnostizierbaren Erkran-kung beobachtet werden. Eine periphere Eosi-nophilie kann diagnostisch wegweisend sein,fehlt jedoch oft und wird insbesondere bei derisolierten Augentoxoplasmose nur selten beob-achtet.Als unbestrittene Therapieindikation gelten nursymptomatische Infektionen.Die Larva cutanea migrans wird ebenfalls durchausschliesslich zoonotische Infektionen mit An-kylostomen (Hakenwrmern), in der Regel vonHunden, verursacht. Deren Larven finden sichim mit Hundekot verunreinigten Boden hufigan Sandstrnden und dringen aktiv in die in-takte Haut des nchsten Wirtes ein. Handelt essich bei diesem um einen Menschen, kann sichdie Larve nicht weiter entwickeln und irrt bis zuihrem Absterben was unbehandelt viele Wo-chen dauern kann unter Hinterlassen einer ty-pischen serpiginsen Spur in der Haut des durchJuckreiz geplagten Patienten umher.Die einfachste und zuverlssige Therapie bestehtheute aus einer systemischen Behandlung mitAlbendazol (Zentel) 400 mg 2mal tglich fr 2 bis 3 Tage. Ivermectin ist ebenfalls wirksam.Die Applikation einer lokalen Therapie mit Thia-bendazol-Salbe unter einem Okklusivverbandstellt eine Alternative dar. Bei multiplem Befallund je nach Lokalisation ist die korrekte Appli-kation jedoch schwierig, zudem ist die Wirksam-keit an stark verhornten Stellen (plantar) weni-ger zuverlssig und schliesslich wird Thiaben-dazol-Salbe in der Schweiz nicht kommerziali-siert.

    Trichinellose [9]Eine weltweit vorkommende zoonotische Infek-tion, welche sich der Mensch durch Konsum vonbefallenem Fleisch von Schweinen, Raubtierenund etwas berraschend von Pferden erwer-ben kann. Die Serologie ist ein zuverlssigesdiagnostisches Hilfsmittel.Albendazol oder Mebendazol werden im allge-meinen zur Therapie verwendet drften abernur einigermassen zuverlssig wirksam sein,bevor sich die Trichinen im Muskel des Wirtesenzystieren. Angesichts eines meist gnstigenSpontanverlaufes nach nur transienter sympto-matischer Phase wird die Indikation zur spezifi-schen Therapie kontrovers beurteilt. Zum Teil in-tensive allergiforme Reaktionen whrend demparasitren Invasionsstadium knnen eine Indi-kation fr eine Steroidbehandlung darstellen.

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    Gnathostomiasis und AnisakiasisZwei Parasiten, welche durch den Konsum vonrohem Fisch erworben werden. Gnathostomensind nach abgeschlossener Reifung subkutan lo-kalisiert und sind Anlass fr rezidivierende mi-grierende Weichteilschwellungen.Anisakis setzt sich in der Magenschleimhaut festund kann heftige epigastrische Schmerzepiso-den verursachen. Serologische Tests fr Anisa-kis- und Gnathostomen-Infekte stehen neuer-dings auch in der Schweiz zur Verfgung (STIBasel).Gegen Gnathostomen hat sich eine dreiwchigeTherapie mit Albendazol, 400 mg 2mal tglich(oder 2 Tage mit Ivermectin) bewhrt.Anisakis wird meist gastroskopisch erfasst undmechanisch entfernt. Nur in einer Fallpublika-tion wurde Albendazol (2mal 400 mg tglich fr21 Tage) bislang als wirksam dokumentiert.

    Zestoden (Taenia saginata, T. solium; Diphyllobothrium latum; Hymenolepis nana;Echinokokkus)T. saginata, T. solium, D. latum und Hymenole-pis sind Zestoden, deren adulte Stadien sich aus-schliesslich im menschlichen Darm entwickeln.Bei den meisten hierzulande beobachteten Tae-nieninfektionen handelt es sich um T. saginata(Rinderbandwurm).In der Schweiz gibt es kein einziges registriertesTaenizid mehr. Praziquantel ist das Therapiemit-tel der Wahl.

    Zystizerkose [10]Cysticercus cellulosae ist das Larvenstadiumvon T. solium (Schweinebandwurm) und bli-cherweise in der Muskulatur von infiziertenSchweinen lokalisiert. Durch den Konsum vonmit Schweinebandwurm-Eiern verunreinigtemRohgemse (durch Dngung mit humanen Ex-

    krementen) kann der Mensch akzidentell zumZwischenwirt fr T. solium werden und Zysti-zerken im ZNS (v.a. im Gehirn) und subkutanoder intramuskulr entwickeln. Die Infektion mitZystizerken vom eigenen Schweinebandwurmim Darm ist weniger gut dokumentiert und stellt wenn berhaupt nur ein sehr beschrnktesRisiko dar.Der Entscheid zu einer Therapie mit Albendazol(15 mg/d fr 8 Tage) oder Praziquantel (50 mg/kg/d fr 2 Wochen) sollte in Absprache mit einemdiesbezglich erfahrenen Spezialisten erfolgen.Nur Patienten mit noch lebenden Zystizerkenprofitieren von einer Chemotherapie. Die Kom-bination mit einer Steroidbehandlung muss vonFall zu Fall entschieden werden.Fr Echinokokken (E. granulosus, E. alveolaris)bietet sich der Mensch nur als (akzidenteller)Zwischenwirt an. Die Therapie welche vorallem fr E. granulosus meist auch chirurgischist soll mit einem erfahrenen Zentrum oderSpezialisten definiert werden. Zur mehrheitlichnur palliativ wirksamen Chemotherapie kom-men Langzeitbehandlungen mit Albendazol oderMebendazol zur Anwendung [11].

    TrematodenObwohl die Diagnose zum Teil mit Stuhluntersu-chungen gestellt wird (Schistosoma mansoni, S. japonicum, S. mekongi, S. intercalatum; Fas-ciola hepatica, Opistorchis, Clonorchis) handeltes sich mit Ausnahme der in unseren Patien-tenkollektiven sehr selten beobachteten Fascio-lopsis buski, Heterophyes- und Metagonimus-Infektionen nicht um intestinale Parasitosen,sondern um Gewebshelminthen, deren Habitatextraintestinal liegt (in den Venenplexus deskleinen Beckens fr Schistosoma spp., in denGallengngen fr die Leberegel).Praziquantel ist wirksam gegen adulte Schisto-somen, whrend juvenile Stadien nicht zuverls-sig eliminiert werden. Wird eine Schistosomen-infektion diagnostisch sehr frh erfasst auf-grund von Anamnese, klinisch manifester Ent-wicklungsphase im Gewebe, positiver Serologie und mit Praziquantel therapiert, soll die Be-handlung deshalb in gleicher Dosierung nach 2 bis 3 Wochen wiederholt werden.Die Leberegel Clonorchis und Opisthorchis sindsensibel gegen Praziquantel, nicht jedoch Fas-ciola hepatica. Zur Therapie der letzteren eignetsich Triclabendazol [12], welches in der Schweiznur als veterinrmedizinisches Prparat im Han-del ist.Die Tabelle 5 p gibt eine bersicht ber zu be-achtende Vorbehalte bei der Anwendung der ge-bruchlichen erwhnten antiparasitren Medi-kamente.

    Tabelle 5. Potentielle Nebeneffekte der gebruchlichen antiparasitren Medikamente (die Liste ist nicht vollstndig; vgl. auch Kompendium).

    Nebenwirkungen Interaktionen Kontraindikationen

    Metronidazol Antabus-Effekt Kumarine Cave Alkoholkonsum!Tinidazol Geschmackstrungen (Cytochrom-Induktoren 1. Trimenon

    Gastrointestinale NW und -Inhibitoren) der SchwangerschaftNeuro-psychiatrische Nebeneffekteallergische Reaktionen

    Ornidazol Grundstzlich wie Metronidazol, aber keine Alkoholunvertrglichkeit

    Paromomycin Gastrointestinale NW Keine bekannt(v.a. Diarrhoe)

    Albendazol Gastrointestinale NW Praziquantel Schwangerschaft Mebendazol (lngere Therapie mit (Cytochrom-Induktoren (v.a. 1. Trimenon)

    hohen Dosen: und -Inhibitoren) Aspirin-Intoleranzpotentiell hepato- und hmatotoxisch)

    Ivermectin Gastrointestinale NW Schwangerschaft

    Praziquantel Gastrointestinale NW Albendazol Schwangerschaft

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    Behandlung mit nicht registrierten Prparaten

    Einige Parasitosen sind ausschliesslich oder inerster Wahl mit Medikamenten zu behandeln,welche in der Schweiz nicht registriert sind z.B. Schistosomiasen oder Bandwrmer mit Pra-ziquantel (Biltricide). Solche Behandlungen verlangen eine Bewilligung durch Swissmedic(Antragsformulare unter www.swissmedic.ch).berdies ist keine Krankenkasse verpflichtet, dieKosten fr solche Prparate zu bernehmen. DieKrankenkassen-Grundversicherung pflegt zu-mindest im Kanton Zrich diesbezgliche

    Leistungsantrge konsequent abzulehnen. FrAsylbewerber zeigen sich die Asylfrsorgestellenmeist bereit, die Kosten zu bernehmen.Das schweizerische Tropeninstitut ist in derLage, nach Absprache mit dem behandelndenArzt im Einzelfall eindeutig indizierte und nichtregistrierte Medikamente zu liefern und die Be-willigungsformalitten gegen eine Umtriebsent-schdigung zu erledigen.

    DankPD Dr. med. Christoph Hatz sei fr seine kritischeDurchsicht des Manuskriptes und wertvolle Pr-zisierungen herzlich gedankt.

    Korrespondenz:Dr. med. Kurt MarkwalderKonsiliarius fr TropenmedizinPraxis fr Tropen- und Reise-medizinUniversittsspitalRmistrasse 3CH-8001 [email protected]

    Literatur1 Stanley SL Jr. Amoebiasis. Lancet 2003;361:102534.2 Haque R, Huston CD, Hughes M, Houpt E, Petri WA. Ame-

    biasis. N Engl J Med 2003;348:156573.3 Syed AA, Hill DR. Giardia intestinalis. Curr Opin Infect Dis

    2003;16:45360.4 Tan KSW, Sing M, Yap EH. Recent advances in Blastocystis

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