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TE 1 Grundlagen der elektrischen Triebfahrzeuge Über die Oberleitungen erhalten elektrisch betriebene Tfz in Deutschland mit wenigen Ausnahmen einphasigen Wechselstrom mit einer Spannung von 15.000 Volt ( 15 kV) und einer Frequenz von 16,7 Hz. Hauptstromkreise im Triebfahrzeug Das Tfz erhält seine Energie zum Speisen der Fahrmotoren und der Stromkreise für die weiteren elektrischen Einrichtungen über den Fahrdraht. Das Tfz ist dabei Bestandteil eines geschlossenen Stromkreises, des Oberstromkreises. Bestandteil des Oberstromkreises ist der Transformator des Tfz als Verbraucher. An den Trafo sind wiederum weitere Stromkreise angeschlossen, die die Fahrmotoren, die Hilfs- betriebe und die Zentrale Energieversorgung („Zugsammelschiene“) mit Energie spei- sen. Hilfskompressor Der Hilfskompressor ist kein Hilfsbetrieb, weil der Fahrbetrieb auch ohne ihn problem- los möglich ist. Der Hilfskompressor wird ausschließlich für die Druckluftversorgung des Stromabnehmer-Hauptschalter-Systems benötigt und das auch nur dann, wenn der Hauptluftkompressor keine Druckluft erzeugt. Das ist in der Regel im abgerüsteten Tfz der Fall. Der Hilfskompressor wird ausschließlich zum Aufrüsten des Tfz (Stromabnehmer he- ben, Hauptschalter einschalten) benötigt. Triebfahrzeug aufrüsten und einschalten durch Schließen des Stromkreises Ein elektrisches Triebfahrzeug lässt sich in seinem rudimentären Aufbau mit einer Lampe vergleichen. Um Licht zu bekommen, muss die Lampe ans Stromnetz angeschlossen, also der Stecker in die Steckdose gesteckt werden. Licht erzeugt die Lampe jedoch erst, wenn sie mit dem Schalter eingeschaltet wird. Ein E-Tfz muss vor Benutzung also erst „eingesteckt“ werden. Das geschieht mit dem He- ben des Stromabnehmers an den Fahrdraht. Dann muss das Tfz mit dem Hauptschalter eingeschaltet werden. Stromabnehmer Der Abstand von Fahrzeugdach zum Fahrdraht ist nicht überall gleich. Allerdings muss sich dieser Abstand in einem festgelegten Bereich bewegen. Die Fahrdrahthöhe liegt einheitlich zwischen 4,95 m und 6,50 m über der Schienenoberkante. Um das Tfz auch bei wechselnden Fahrdrahthöhen immer mit dem Stromnetz zu verbinden, ist der Stromabnehmer in der Höhe flexibel. Das wird durch eine Federung und ein Gelenk erreicht. TE 1 Grundlagen der elektrischen Triebfahrzeuge Seite 1 von 15

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TE 1 Grundlagen der elektrischen Triebfahrzeuge

Über die Oberleitungen erhalten elektrisch betriebene Tfz in Deutschland mit wenigen Ausnahmen einphasigen Wechselstrom mit einer Spannung von 15.000 Volt (15 kV) und einer Frequenz von 16,7 Hz.

Hauptstromkreise im Triebfahrzeug

Das Tfz erhält seine Energie zum Speisen der Fahrmotoren und der Stromkreise für die weiteren elektrischen Einrichtungen über den Fahrdraht. Das Tfz ist dabei Bestandteil eines geschlossenen Stromkreises, des Oberstromkreises.

Bestandteil des Oberstromkreises ist der Transformator des Tfz als Verbraucher. An denTrafo sind wiederum weitere Stromkreise angeschlossen, die die Fahrmotoren, die Hilfs-betriebe und die Zentrale Energieversorgung („Zugsammelschiene“) mit Energie spei-sen.

Hilfskompressor

Der Hilfskompressor ist kein Hilfsbetrieb, weil der Fahrbetrieb auch ohne ihn problem-los möglich ist. Der Hilfskompressor wird ausschließlich für die Druckluftversorgung des Stromabnehmer-Hauptschalter-Systems benötigt und das auch nur dann, wenn derHauptluftkompressor keine Druckluft erzeugt. Das ist in der Regel im abgerüsteten Tfz der Fall. Der Hilfskompressor wird ausschließlich zum Aufrüsten des Tfz (Stromabnehmer he-ben, Hauptschalter einschalten) benötigt.

Triebfahrzeug aufrüsten und einschalten durch Schließen des Stromkreises

Ein elektrisches Triebfahrzeug lässt sich in seinem rudimentären Aufbau mit einer Lampe vergleichen. Um Licht zu bekommen, muss die Lampe ans Stromnetz angeschlossen, alsoder Stecker in die Steckdose gesteckt werden. Licht erzeugt die Lampe jedoch erst, wenn sie mit dem Schalter eingeschaltet wird.

Ein E-Tfz muss vor Benutzung also erst „eingesteckt“ werden. Das geschieht mit dem He-ben des Stromabnehmers an den Fahrdraht. Dann muss das Tfz mit dem Hauptschalter eingeschaltet werden.

Stromabnehmer

Der Abstand von Fahrzeugdach zum Fahrdraht ist nicht überall gleich. Allerdings muss sich dieser Abstand in einem festgelegten Bereich bewegen. Die Fahrdrahthöhe liegt einheitlich zwischen 4,95 m und 6,50 m über der Schienenoberkante. Um das Tfz auch bei wechselnden Fahrdrahthöhen immer mit dem Stromnetz zu verbinden, ist der Stromabnehmer in der Höhe flexibel. Das wird durch eine Federung und ein Gelenk erreicht.

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Ein Stromabnehmer ist mechanisch grundsätzlich so ausgerichtet, dass die Wippe ange-hoben und mit einem Anpressdruck von etwa 50 N gegen den Fahrdraht gedrückt wird. Ein druckkluftbetriebener Senkantrieb wirkt der Hubfederspannung entgegen und hält den Stromabnehmer unten, wenn das betrieblich gewollt ist oder bei Unregelmäßigkeiten, die die Trennung des Stromabnehmers vom Fahrdraht erfordern.

Stromabnehmer gibt es in zwei Bauformen. Der Scherenstromabnehmer ist gekenn-zeichnet durch zwei Scheren je Seite, die die Wippe tragen, mit je einem Gelenk. Der Einholmstromabnehmer besteht nur aus einem Oberarm, einem Unterarm und dazwi-schen ein Gelenk. Zwischen beiden Bauformen bestehen zahlreiche Analogien. So haben beide Bauformen einen Rahmen, der auf Stützisolatoren auf dem Fahrzeugdach aufliegt.Darauf sind die Scheren bzw. der Holm montiert, darauf wiederum die Wippe mit dem Kohleschleifstück. Die Wippe liegt auf der Wippenaufhängung und endet seitlich mit den Wippenhörnern. Beide Bauformen verfügen über Hubfedern, einen Senkantrieb und Falldämpfer.

Der Einholmstromabnehmer hat gegenüber dem Scherenstromabnehmer die Vorteile, dass er weniger wiegt, weniger Platz und weniger Wartungsaufwand benötigt und bei hohen Geschwindigkeiten bessere aerodynamische Eigenschaften hat.

Um die Gelenke eines Stromabnehmers stromlos zu halten, werden zur Über-brückung Kupferlitzen eingesetzt, über die der Strom läuft. Andernfalls würden dieGelenke ist kürzester Zeit beschädigt.

Voraussetzungen zum Heben eines Stromabnehmers

Um einen Stromabnehmer anheben zu können, muss • Batteriespannung im Steuerstromkreis vorhanden sein, • der mechanische Antrieb muss über Druckluft verfügen und • die Schutzstromkreise müssen in Grundstellung stehen.

Bei diesen Voraussetzungen handelt es sich um technische Bedingungen, ohne die der Stromabnehmer nicht gehoben werden kann. Es sind keine Bedingungen, mit denen ein Stromabnehmer gehoben werden darf.

Automatische Senkeinrichtung

Die automatische Senkeinrichtung eines Stromabnehmers ist ein dünner Luftkanal im Kohleschleifstück. Wird das Schleifstück derart beschädigt, dass die Druckluft aus dem Luftkanal entweicht, spricht der Senkantrieb an und senkt den Stromabnehmer.

Stromabnehmer im Fahrbetrieb

Ein Tfz hat im Regelfall zwei Stromabnehmer. Für die Fahrt wird nur ein Stromabnehmer gehoben, normalerweise der in Fahrtrichtung hinten liegende. Ausnahmen gelten für Züge, in denen unmittelbar hinter dem Tfz Wagen laufen, die gefährliche (brennbare) Gü-ter transportieren oder deren Windschutzscheibe zum führenden Tfz ausgerichtet ist, also Steuerwagen oder ein weiteres Tfz. Weil möglicher Funkenflug vom hinteren Strom-abnehmer des führenden Fahrzeugs die Scheiben des folgenden Fahrzeugs beschädigen oder die gefährlichen Güter entzünden könnte, wird in diesen Fällen jeweils nur der in

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Fahrtrichtung vorne liegende Stromabnehmer gehoben. Befindet sich Raureif oder Eis auf der Fahrleitung, können auch beide Stromabnehmer gehoben werden. Der vordere wird dabei auch zum „Reinigen“ des Fahrdrahts verwendet. Die zulässige Höchstgeschwin-digkeit beträgt dann 110 km/h.

Hauptschalter

Starkstromkreise lassen sich nicht ohne Weiteres unterbrechen. Der Hauptschalter eines Tfz muss Ströme bis 1500 A zuverlässig aushalten und unterbrechen können. Weil erdas einzige Bauteil am Tfz ist, das dazu in der Lage ist, muss der Hauptschalter einerseits vom Tf geschaltet werden können, andererseits muss er den Stromkreis selbsttätig unter-brechen, wenn mindestens eine Schutzeinrichtung am Tfz dies fordert. Der Hauptschalter ist also einerseits Schalter (im Regelfall) und Sicherung (bei Unregelmäßigkeiten) am Tfz. Hauptschalter gibt es in aktuell verkehrenden Tfz in drei Bauformen: Druckluftschnell-schalter, Vakuumhauptschalter und Gleichstromhauptschalter.

Druckluftschnellschalter (in BR 420)

Der Druckluftschnellschalter ist eine über-holte Bauform, die heute nicht mehr ein-gebaut, aber in Altbaufahrzeugen nocheingesetzt wird. Der Druckluftschnellschal-ter zeichnet sich dadurch, dass er durchDruckluft geschaltet wird. Der Kontaktzwischen den leitenden Bauteilen ist beinormalem Druck im Leistungsschalter her-gestellt. Zum Unterbrechen des Kontakts(Ausschalten) wird Druckluft aus demSchaltluftbehälter in den Leistungs-schalter geführt, die wiederum eines derbeiden leitenden Bauteile von dem ande-ren wegdrückt. Der Kontakt ist damit unterbrochen. Beim Ausschalten kann ein Lichtbogenentstehen, der den Hauptschalter zerstören kann. Dieser Lichtbogen wird durch einen Druckluftstoß ausgeblasen. Außerdem dreht sich beim Ausschalten ein Trennmesser weg vom Leistungsschalter, so dass auch hier der Kontakt unterbrochen ist.

Ausführlich wird die Funktionsweise des Druckluftschnellschalters in „Elektrische Lokomo-tiven für Vollbahnen“ von Werner Deinert (Transpress VEB Verlag für Verkehrswesen, Ber-lin, 1960, Seite 124) beschrieben (nächste Seite).

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Druckluftschnellschaltera Grundplatteb Druckluftbehälterc Drehisolatord Trennkontakte Stützisolatorf Löschkammer-Isolatorg Anschlussh Steuerblocki Hauptventilk LöschkammerI fester Löschkontaktm beweglicher n Kontaktrohro Kolbenp Auspufftopfq Isolatorr Widerstands Verzögerungsventilt Trennkontakt-Antriebu Hilfsschalterv Druckluftzuleitungw Ablass Druckluftschnellschalter im Schnitt (Schema)

Der Druckluftschnellschalter wurde im Jahre 1944 von der Firma BBC, Baden (Schweiz) entworfen und später zum Einheitsschalter der Deutschen Bundesbahn weiterentwickelt. Er zeichnet sich durch besondere Einfachheit in Aufbau, Antrieb und Steuerung aus. Die unter Hochspannung stehenden Teile, d. h. das Trennmesser und der Leistungsschalter, sind oberhalb der Grundplatte im Freien angeordnet, während dieTeile, die den Schaltablauf steuern, in einem Behälter unterhalb des Daches untergebracht sind. Der Vorratsbehälter für die Druckluft ist unmittelbar an den Schalter angebaut. Der Teil, der in den Maschinenraum hineinragt, ist gegen Wärme isoliert, um einen Feuchtigkeitsniederschlag im lnnern des Schalters zu vermeiden. Die Druckluft dient zum Öffnen der Löschkontakte, zum Löschen des Lichtbogens und auch zum Öffnen des Trennkontaktes. Der Betriebsdruck beträgt 8 bis 11 at (≈7,85 bis 10,8 bar). Beim Ausschalten strömt die Druckluft aus dem Druckluftbehälter durch das geöffnete Hauptventil und durch den Stützisolator in die Löschkammer. Dabei wird der mit dem beweglichen Löschkontakt verbundene Kolben gegen die Federkraft verscho-ben, und die Luft entweicht über einen Auspufftopf ins Freie. Der Lichtbogen wird beim Null-durchgang des Wechselstromes durch den kräftigen Luftstrom gelöscht. Parallel zu dem Löschkontakt liegt ein Widerstand, der die Überspannung beim Ausschalten begrenzt.Ein Teil der Druckluft strömt beim Ausschalten über ein Verzögerungsventil in den An-triebszylinder für das Trennmesser. Die Kolbenstange dreht die Welle mit dem Drehisola-tor und öffnet dadurch den Kontakt. Das Verzögerungsventil bewirkt, daß der Trennkontakterst geöffnet wird, wenn der Lichtbogen bereits gelöscht und der Strom somit unterbro-chen ist. Gleichzeitig wird der Druckluftstrom in der Löschkammer unterbrochen, und der bewegliche Kontakt wird durch die Federkraft wieder an den feststehenden Kontakt ge-drückt. Beim Einschalten braucht also lediglich der Trennkontakt eingelegt zu werden.Dieser neue (1960!) Druckluftschnellschalter ist für einen Nennstrom von 400 A berechnet und hat eine Abschaltleistung von 200 MVA. Er hat eine Masse von nur 145 kg und wird bei allen Neubaulokomotiven der Deutschen Bundesbahn verwendet.

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Löschkontakt

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Vakuumhauptschalter (in BR 423)

Der Vakuumhauptschalter ist einfacher konstruiert als der Druckluftschnellschalter. Der Kontakt wird elektromechanisch geschaltet. Weil dieser Vorgang in der nahezu luftleeren Schaltkammer vollzogen wird, entsteht beim Ausschalten trotz der hohen Spannung kein Lichtbogen. Aufgrund der einfachen Ausführung ist der Vakuumhauptschalter war-tungsfreundlicher und im Betrieb auch leiser als der Druckluftschnellschalter. In der Regel sind die Vakuumhauptschalter im Maschinenraum in einem Schaltschrank verbaut. Der Vakuumhauptschalter der BR 423 wurde dennoch auf dem Dach platziert, weil im Innen-raum des Triebzuges (Führerraum, Fahrgastraum) der entsprechende Raum fehlt.

Funktionsweise des Vakuumhauptschalters:

Gleichstromhauptschalter (in Mehrsystem- und Gleichstromfahrzeugen)

Der Gleichstromhauptschalter ist eine Sonderbauform des Hauptschalters, der vergleichs-weise selten zum Einsatz kommt. Genutzt wird er unter anderem bei den S-Bahnen in Hamburg und Berlin, die mit Gleichstrom betrieben werden.

Hauptschaltersteuerung

Um den Hauptschalter einzuschalten, müssen technische Bedingen erfüllt sein.Dabei handelt es sich um die gleichen Voraussetzungen wie beim Heben desStromabnehmers und weitere:• Batteriespannung (Steuerstromkreis)• Druckluft im Stromabnehmer-Hauptschalter-System• Schutzeinrichtungen in Grundstellung (Schutzstromkreise)• Stromabnehmer gehoben (Steuerstromkreis)• Fahrdrahtspannung vorhanden (Messstromkreis)

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Transformator

Der Transformator hat im E-Tfz die Aufgabe, den Fahrmotoren und den Hilfsbetrieben Spannung in der jeweils benötigten Größe zur Verfügung zu stellen. Dabei erhitzt sich der Trafo erheblich. Entsprechend muss er gekühlt werden. Das geschieht über einen Kühlkreislauf, in dem die Kühlflüssigkeit (entweder PCB-freies Öl oder Polyolester) durch eine Pumpe in den Trafo gepumpt wird. Außerhalb liegt das Rohrsystem im Fahrtwind, wodurch das Kühlmittel luftgekühlt wird.

Bei örtlicher Überhitzung, bei Kriechströmen (Fehlerströmen) oder bei Lichtbögen wird dasÖl unter Bildung von Gasen zersetzt. Die Gase sammeln sich im Buchholz-Relais (Buch-holzschutz) und schalten zum Schutz des Trafos bei einem festgelegten Wert den Haupt-schalter aus.

Rückleitung

Damit der für den Betrieb es E-Tfz benötigte Strom (besser: die Energie) fließt, muss ein geschlossener Stromkreis vorliegen, der eine Spannungsquelle und einen Widerstand/ Verbraucher enthält. Als Spannungsquelle dieses Oberstromkreises dient das Unterwerk,das E-Tfz ist der Verbraucher. Der Bahnstrom fließt vom Unterwerk über die Speiseleitung in die Oberleitung (Fahrdraht), von dort ins Tfz – durch Stromabnehmer, Hauptschalter, Transformator, Raderdekontakte und Räder – und schließlich über die Schiene und die Erde zurück zum Unterwerk. Die Raderdekontakte sind in den Stromkreis eingeschaltet, damit der Strom nicht durch die Radsatzlagergehäuse fließt. Dadurch würden diese inner-halb kürzester Zeit überhitzt. Die Raderdekontakte übernehmen dabei dieselbe Schutz-funktion für die Lagergehäuse wie die Kupferlitzen am Stromabnehmer für die Gelenke.

Eine schematische Darstellung des Oberstromkreises wird in „Elektrische Lokomotiven für Vollbahnen“ von Werner Deinert (Transpress VEB Verlag für Verkehrswesen, Berlin, 1960,Seite 34) gezeigt:

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Fahrmotoren

Reihenschlussmotoren werden nicht mehr in Triebfahrzeugen verbaut, allerdings sind sie in zahlreichen Altbaufahrzeugen noch immer auf den Schienen unterwegs. Der Rei-henschlussmotor hat mehrere Nachteile gegenüber modernen Tfz-Motoren. So ist er ver-gleichsweise schwer und erreicht eine geringere Leistung. Bei Überschreiten der technischerlaubten Zugkraft können Einbrennungen am Kommutator (Stromwender) entste-hen. Daher gilt: Setzt sich das Tfz nach 5 Sekunden nicht in Bewegung, ist dieLeistung sofort abzuschalten.

Mischstrommotoren nutzen in Gleichstrom umgewandelten Wechselstrom, also pulsie-renden Gleichstrom, auch Mischstrom genannt. Gegenüber dem Reihenschlussmotor fällt der Mischstrommotor durch geringere Abmessungen und geringere Kosten (Anschaffung und Betrieb) positiv auf. Die BR 420 fährt mit Mischstrommotoren.

Drehstrommotoren brauchen keinen Kollektor (Kommutator) und werden auch bei Über-lastung nicht beschädigt. Außerdem sind sie noch mal kleiner, leichter und leistungsfähi-ger. Der eingespeiste Wechselstrom wird von Vier-Quadranten-Stellern (4QS) zunächst gleichgerichtet, dann über einen Zwischenkreis geführt und im Pulswechselrichter in Drei-phasen-Wechselstrom umgewandelt. Sie zeigen ein günstiges Anfahrverhalten und wer-den in in der Konsequenz dieser Argumente als Drehstromasynchronmotor bei allen Neu-bautriebfahrzeugen der DB AG eingebaut. Die BR 423 fährt mit Drehstrommotoren.

Motorstromkreis

Fahrmotoren, egal welcher Bauart, müssen regel- und steuerbar sein. Die Schaltstelle, die die Anforderungen des Tf (Fahrtrichtung, Leistungsstufe) entgegennimmt, umsetzt und an die Antriebe weiterleitet, ist der Motorstromkreis.

Wechselstrommotoren (Reihenschlussmotoren) verfügen über ein Schaltwerk, das mittels eines Stufenwählers an der Stufenwicklung des Trafos 29 verschiedene Spannungen (Schaltstufe 0 bis 28) mit bis zu 15 kV abgreifen kann (Hochspannungsschaltwerk). Die Spannung wird über den Lastschalter bzw. den Thyristor (zur stufenlosen Ansteuerung) an die Oberspannungswicklung geführt. Die Oberspannungswicklung ist ihrerseits mit der Stufenwicklung des Trafos verbunden. Der auf diese Weise geschlossene Stromkreis ist der Schaltwerksstromkreis.

Die Oberspannungswicklung induziert in der Unterspannungswicklung, die Teil des Mo-torstromkreises ist, eine Spannung zwischen 0 und 500 Volt, die dann den Fahrmotoren zugeführt wird. In den Motorstromkreis sind außerdem Richtungswender und Fahr-bremswender sowie der Fahrmotortrennschütz geschaltet. Damit lassen sich in der Ge-samtheit Fahrtrichtung und Leistungsstufe regulieren.

Schaltwerke ohne Thyristor übertragen die Leistungsstufen jeweils in voller Stärke. Da-durch machen sich die Leistungsstufen durch ruckartige Zugkraftänderungen bemerkbar. Diese Schaltung verursacht Verschleißschäden im Zugverband und mindert den Reise-komfort. Mit Phasenanschnittsteuerung werden diese Nachteile vermieden. Dennoch hat das mechanisch arbeitende Schaltwerk selbst eine hohe Wartungsintensität.

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Richtungs- und Fahrbremswender (Reihenschlussmotor)

Der Richtungswender in E-Tfz mit Wechselstrommotoren legt die Drehrichtungdes Fahrmotors durch Umschaltung der Polung an der Erregerwicklung fest. Der baugleiche Fahrbremswender schaltet in den Motor- oder Generatorbe-trieb. Beide Wender werden vom Führerstand aus bedient.

Trennschütz (Reihenschlussmotor)

Schütze sind Schalter mit Lichtbogenlöschung für große Arbeitsströme. Fahr-motorentrennschütze sind daher in erster Linie dazu da, um die Fahrmotoren in Ausnahmesituationen automatisch auszuschalten. Sie werden auch für die reguläre, vom Tf gesteuerte Ein- und Ausschaltung verwendet.

Mischstrommotoren arbeiten mit gleichgerichtetem Wechselstrom. Der Wechselstrom aus dem Fahrdraht wird über gesteuerte Gleichrichterbrücken (Gleichrichter und Thyristor zur Phasenanschnittsteuerung und damit zur Leistungssteuerung) direkt den Fahrmotoren zu-geführt. Dadurch bedürfen Fahrzeuge mit Mischstrommotoren keines Schaltwerks mehr. Außerdem kann die Fahrleistung stufenlos angesteuert werden.

Prinzip der Phasenanschnittsteuerung

Wechselspannung wird in pulsierende Gleichspannung umgewandelt (Brücken-schaltung durch Dioden) und kann dann durch Einstellen des Zündzeitpunkts (Brückenschaltung durch Thyristoren) zur Leistungssteuerung eingesetzt werden.

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Drehstrommotoren können ebenso wie Mischstrommotoren auf Schaltwerke verzichten. Bei ihnen wird die Leistungssteuerung über Stromrichter geregelt. Dabei handelt es sich um Vier-Quadranten-Steller (4-QS), die den Wechselstrom gleichrichten, im Zwischen-kreis kurzzeitig speichern und mit Pulswechselrichtern in Dreiphasen-Wechselstrom (Drehstrom) umrichten. Damit werden Motoren mit Einzelachssteuerung oder Drehgestell-steuerung gespeist. Drehstrommotoren sind im Vergleich zu den anderen Motorarten klei-ner, leichter und wartungsärmer.

Fahrsteuerung

Mit der Fahrsteuerung im Führerraum regelt der Tf die Motorleistung des E-Tfz. Hierbei wird unterschieden nach:• Nachlaufsteuerung (indirekte Steuerung): Der Tf wählt per Fahrschalterhandrad

eine Leistungsstufe vor, das Schaltwerk läuft auf die gewählte Stufe nach.• Auf-Ab-Steuerung: Über einen Fahrschalter am Führertisch wird eine Aufwärts-

oder Abwärtsstellung eingestellt, die fortgesetzt auf- oder abschaltet, solange der Schalter in der entsprechenden Stellung verbleibt.

• Zugkraft- und Geschwindigkeitssteuerung: Mit zwei Hebeln am Führertisch wählt der Tf eine Zugkraft vor und stellt die Fahrgeschwindigkeit ein. Wird die Ge-schwindigkeit überschritten, muss der Tf bremsen. Bei Zuschaltung der Automati-schen Fahr- und Bremssteuerung (AFB) bremst das Tfz selbsttätig bei Über-schreiten der gewählten Geschwindigkeit. Das Prinzip entspricht dem eines Tempo-maten im Auto.

Elektrodynamische Bremse

Der Nutzwert der elektrodynamischen Bremse zeigt, dass Energie allgemein nicht ver-braucht, sondern nur umgewandelt wird. Verbraucht wird Energie lediglich in einem ge-schlossenen Energiestromkreis.

Wird die elektrodynamische Bremse genutzt, so werden die Fahrmotoren in Generato-ren umgeschaltet. In Neubaufahrzeugen (z. B. BR 423) wird die dem Zug zuvor zuge-führte Bewegungsenergie wieder in elektrische Energie umgewandelt und ins System (Fahrdraht) zurückgespeist. Dabei wird die Energie bis auf geringe physikalische Verlustekomplett umgewandelt.

In Altbaufahrzeugen (z. B. BR 420) ist die Rückspeisung aus technischen Gründen in der Regel nicht möglich. Die durch die Generatoren umgewandelte elektrische Energie wird auf Bremswiderstände geschaltet und in Wärmeenergie umgewandelt. Diese Energieist damit dem System entzogen und somit innerhalb des Systems verbraucht. Allgemein betrachtet ist die Energie weiter vorhanden.

Die elektrische (elektrodynamische) Bremse ist eine Motorbremse, keine Radbremse. Daher verzögert sie das Auftreten von Verschleißerscheinungen an den Radbremsen.

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Antriebe

Grundsätzlich gibt es zwei Grundformen von Antrieben: Gestellantrieb und Tatzlager-antrieb. In Deutschland wurde der Gestellantrieb letztmals in der Baureihe E 03 (BR 103) zwischen 1965 und 1974 verbaut.

Forderungen an den Antrieb:• Bei schweren Anfahrten muss sich der Anker des Fahrmotors etwas verdrehen

können, auch wenn der Radsatz noch stillsteht.• Die Masse des Fahrmotors soll zur Schonung des Oberbaus möglichst federnd

gelagert sein.• Der Antrieb soll möglichst verschleißarm, wartungsfrei und geräuscharm sein.

Im modifizierten Tatzlagerantrieb stellt ein flexibler Ring zwischen Drehgestellrahmen und Motoraufhängung einen ausreichenden Vorlauf für ruckfreies Anfahren sicher. Mit Be-ginn der Kraftübertragung wird der Ring leicht verdreht. Erst dann zieht das Fahrzeug nach und setzt die im Ring gespeicherte Spannungsenergie kontinuierlich in Bewegung um.

Ähnlich funktioniert der Gummiringfederantrieb, eine Weiterentwicklung des (modifizier-ten) Tatzlagerantriebs. Auch hier wird durch sechs elastische Gummikörper die Übertra-gung der Antriebskraft auf die Räder verzögert und gedämpft. Die Folge ist ein ruckfreies Anfahren und eine Verringerung der Schleudergefahr, so dass das Anfahren in der Nähe der Haftreibungsgrenze möglich ist.

Der Gummikegelringfederantrieb ist eine Variante des Gummiringfederantriebs. Anstatt mehrerer Gummikörper wird ein durchgehender Gummiring verbaut, der die Funktion der Gummikörper ausübt.

Weil moderne Drehstrommotoren klein und leicht genug sind, können sie bei Fahrzeugen mit Geschwindigkeiten bis 160 km/h direkt und ungefedert auf der Radsatzwelle abge-stützt werden, ohne dass Nachteile für Schienen und Oberbau zu erwarten sind. Da die aufwändige Federung entfällt, ist die ungefederte Abstützung auch wartungsärmer.

Eine weitere Variante des Tatzlagerantriebs ist der Kardanantrieb.

Hilfsbetriebe

Hilfsbetriebe sind in einem Tfz diejenigen Betriebe, die nicht unmittelbar zur Erzeugung der Antriebskraft benötigt werden, die jedoch für den Fahrbetrieb notwendig sind.

Einer der Hilfsbetriebe ist das Batterieladegerät, das die Akkumulatoren („Batterien“) mit Gleichstrom versorgt. Die Akkus halten bei Ausfall des Oberstromkreises Notbeleuchtung, Zugbeeinflussungssysteme, Sifa, Zugfunk, Hilfskompressor und deren Steuerung und Re-gelung aufrecht.

Die Hilfsbetriebe (Lüfter, Pumpen, Kompressoren – außer Hilfskompressor –, Batterielade-gerät) erhalten ihre Energie vom Trafo über die Hilfsbetriebestromkreise (Altbaufahrzeuge)oder von Hilfsbetriebeumrichtern, die Drehstrom erzeugen (Neubaufahrzeuge).

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Anlassen der Hilfsbetriebe

Beim Starten eines Hilfsbetriebs wird das bis zu Zehnfache des Nennstroms aufgenom-men. Um das Auslösen von Überstromschutzeinrichtungen zu verhindern, werden beim Anlassen von Hilfsbetriebemotoren in Altbaufahrzeugen Widerstände stufenweise abge-schaltet. In Neubaufahrzeugen werden die Hilfsbetriebe minimal zeitversetzt eingeschaltet.

Kompressoren

Der Hauptkompressor (Hauptluftpresser, Luftverdichter) wird aus der Hilfsbetriebewick-lung des Trafos gespeist. Einmal eingeschaltet, wird der Motor des Hauptkompressors über einen Druckwächter gesteuert. Er schaltet den Motor ein, wenn der Druck im Haupt-luftbehälter unter 8,5 bar sinkt, und schaltet ihn wieder ab, wenn der Druck über 10,0 bar angestiegen ist. Es gibt zwei Bauformen für den Hauptkompressor: den Kolbenkompres-sor und den Schraubenkompressor.

Ölpumpe/Ölkühlerlüfter

Die Ölpumpe bewegt das Öl zum Kühlen und Isolieren durch den Trafo. Damit das Öl selbst die aufgenommene Wärme wieder abgeben kann, durchläuft es den Ölkühlerlüfter.

Stromrichterpumpen und Stromrichterkühlung

Die in neueren Antrieben verbauten Stromrichter erhitzen sich im Fahrbetrieb, so dass auch sie gekühlt werden müssen. Das Prinzip funktioniert genauso wie bei der Trafo-kühlung. Stromrichterpumpen treiben das Kühlmittel durch das System, die Stromrichter-kühlung führt die aufgenommene Wärme nach draußen ab.

Fahrmotorlüfter

Zur Kühlung der Fahrmotoren saugt der Fahrmotorlüfter Außenluft an, filtert sie und führt sie den Fahrmotoren zur Kühlung zu.

Flüssigkeitskühlung für Fahrmotoren

Bei neueren Fahrzeugen können die Fahrmotoren flüssigkeitsgekühlt sein. Die erwärmte Kühlflüssigkeit wird von der Fahrzeugklimaanlage abgekühlt. Die abgeführte Wärme wird zum Heizen des Fahrgastraums genutzt, wenn angefordert.

Bremswiderstandslüfter

Die beim elektrischen Bremsen an den Bremswiderständen erzeugte Wärme wird in der Mehrheit zum Heizen des Fahrgastraums genutzt. Ein Teil der Wärme heizt jedoch die Bremswiderstände auf, die entsprechend gelüftet werden müssen.

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Thyristorlüfter

E-Tfz, die zur Leistungssteuerung mit Thyristoren arbeiten, müssen diese kühlen, vor allem wenn die Thyristoren ständig Laststrom führen.

Stufenwählerölpumpe

Die Stufenwählerölpumpe ist ein Bauteil des Schaltwerks in E-Tfz mit Wechselstrom-motoren. Mit ihrer Hilfe wird das Stufenwähleröl durch einen Filter gepresst, um Schwe-beteilchen und Kupferpartikel herauszufiltern.

Führerraumheizung und -kühlung

Strahlungs- und Gebläseheizungen in den Führerräumen der Altbaufahrzeuge sowie die Klimaanlagen in den Führerräumen der Neubaufahrzeuge werden über die Hilfsbetriebe-wicklung versorgt.

Zugsammelschiene

Die Zugsammelschiene, auch Zentrale Energieversorgung (ZEV) genannt, früher Zughei-zung, versorgt den Wagenzug mit elektrischer Energie. Die 1000 Volt-Leitung darf nur ent- oder gekuppelt werden, wenn der Zug spannungslos ist, also wenn am E-Tfz alle Strom-abnehmer gesenkt sind bzw. wenn am V-Tfz der Motor ausgeschaltet ist.

Bauteile der elektrischen Zugsammelschiene:• Trafo mit 1000V-Anzapfung (Hilfsbetriebewicklung/Heizwicklung)• Heizschütz zum Einschalten der Heizung• Heizkupplung zwischen den Wagen• Heizkörper oder Klimaanlagen in den Wagen• Zugsammelschiene (Hauptheizleitung)• Heizrückstrom über die Schiene

Mess- und Schutzeinrichtungen

Mess- und Schutzstromkreise greifen an verschiedenen Stellen in den Stromkreisen Spannungen oder Ströme ab, um die Werte auf Messinstrumenten anzeigen bzw. um den Hauptschalter bei Überschreiten von Grenzwerten auszuschalten.

Messeinrichtungen:• Fahrdrahtspannungsanzeige• Oberstromanzeige• Heizspannungsanzeige (Altbaufahrzeuge)• Motorspannungsanzeige (Altbaufahrzeuge)• Motorstromanzeige (Zugkraftmesser)

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• Bremskraftanzeige• Öltemperaturanzeige und Öltemperaturerfassung• Öldruckerfassung• Drehzahlerfassung des Umformers• Fahrmotortemperaturerfassung• Achslagertemperaturerfassung• Schaltwerksstufenanzeige• Luftströmungskontrollen der Lüfter• Batteriespannungsanzeige

Schutzeinrichtungen:• Unterspannungserfassung (schaltet Hauptschalter bei anhaltender Unter-

spannung im Fahrdraht von weniger als 10,5 kV, ggf. auch schon ab 12,5 kV)• Oberstromerfassung• Heizüberstromerfassung• Erdstromerfassung (Erdstromrelais oder Differenzstromrelais)• Motorüberstromerfassung• Buchholzschutz• Thyristorlastschalterschutz (in Thyristorschaltwerken)• Ölüberdruckschutz am Stufenwähler

Die Überwachung der von den Mess- und Schutzeinrichtungen übermittelten Werte über-nimmt in Neubaufahrzeugen der „Lokschutz“. Kritische Werte oder Schalterauslösungen zeigt er im Diagnosedisplay (MTD) auf dem Führerstand an und schlägt Abhilfemaßnah-men vor.

Sicherung als Schutzeinrichtung

Sicherungen schützen Elektroanlagen und -bauteile vor Beschädigungen und Zerstörung durch Überstrom. Je nach Funktion und Anforderung an die Belastung werden unter-schiedliche Überstromschutzeinrichtungen in Tfz eingesetzt:• Schmelzsicherungen enthalten einen dünnen Draht, der bei kurzfristiger erhebli-

cher oder anhaltender Überlastung schmilzt, so den Stromkreis unterbricht und die dahinterliegenden Bauteile vor weiterer Überlastung schützt.

• Leitungsschutzschalter (LSS) lösen bei Überlastungen aus, indem der elektro-magnetische Überstromschutzschalter abschaltet. Während Schmelzsicherungen nach dem Auslösen ausgetauscht werden müssen, können LSS nach Beseitigung der Überlastung einfach wieder eingeschaltet werden.

• Motorschutzschalter (MSS) arbeiten nach demselben Prinzip wie LSS, können allerdings höhere Ströme aufnehmen, wie sie beim Einschalten von Verbrauchern auftreten. Weil MSS träger sind, lösen sie nicht sofort aus, was bei Anlaufströmen auch nicht gewollt ist.

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Umgang mit Elektroanlagen im Hochspannungsbereich

Bevor Arbeiten an Elektroanlagen im Hochspannungsbereich aufgenommen werden, müssen UVV nach VDE durchgeführt werden. Zu beachten sind vier Sicherheitsregeln undihre konkrete Umsetzung auf dem E-Tfz:

1. Freischalten: Hauptschalter ausschalten, Stromabnehmersenken

2. Gegen Wiedereinschalten sichern: Richtungsschaltergriff abziehen, Griff des Stromabnehmereinstellventils, Stromabneh-merschlüssel oder Strecke-Prüf-Umschalter abziehen. Bei BR 423: Richtungsschlüssel auf 0 stellen und abziehen

3. Spannungsfreiheit feststellen: Augenscheinlich vom gesenkten Zustand derStromabnehmer überzeugen

4. Erden und Kurzschließen: Nullstellung des Schaltwerks feststellen oder Erdungstrenner einlegen. Bei BR 423: Fahr-zeug ist mit Verlegen des Richtungsschlüs-sels auf 0 automatisch geerdet.

Mehrfachtraktions- und Wendezugsteuerung

Nicht immer wird ein arbeitendes Triebfahrzeug von einem seiner Führerstände aus ge-steuert. Das ist zum Beispiel bei Mehrfachtraktion (mehrere arbeitende Tfz, die gemein-sam vom Führerraum an der Spitze des vorderen Tfz aus gesteuert werden) und bei Wen-dezügen (mit Stw an der Spitze und Tfz am Ende des Zuges) der Fall. Die Steuerbefehle werden über Steuerkabel vom besetzten Führerraum an das oder die arbeitenden Tfz geleitet. Dabei gibt es verschiedene Systeme:KWS: Konventionelle Wendezugsteuerung mit 34- oder 36-adrigen Steuerkabeln (veraltet)ZWS: Zeitmultiplexe WendezugsteuerungZDS: Zeitmultiplexe Doppeltraktionssteuerung über 18-polige IS-LeitungZMS: Zeitmultiplexe Mehrfachtraktionssteuerung (Informationssysteme)WTB: Wire-Train-Bus

Bei der Mehrfachtraktion müssen alle relevanten Daten des/der folgenden Tfz auf das füh-rende Tfz übertragen werden.

Schutzstrecken

Jedes Unterwerk versorgt seinen eigenen Einspeisebezirk. Ein elektrifiziertes Gleis führt aufgrund seiner Länge durch mehrere Einspeisebezirke, die wiederum von mehreren Un-terwerken mit Energie versorgt werden. Die Phasenlagen der jeweils einphasigen Wech-selströme ist in zwei angrenzenden Einspeisebezirken nicht identisch. Würden die Ein-speisebezirke nicht gegeneinander abgegrenzt, käme es zu einem Kurzschluss. Daher muss zwischen zwei Einspeisebezirken eine Schutzstrecke eingerichtet werden, in der ein E-Tfz ohne Energiezufuhr unter einer spannungslosen Oberleitung durchrollt. Schutz-strecken gibt es in zwei Bauausführungen.

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Normale Schutzstrecke: Zwei angrenzende Speiseabschnitte werden durch einen 36 Meter (ggf. auch nur 35 Meter) neutralen Abschnitt getrennt. Am Beginn der Schutzstreckeist ein Signal El 1 aufgestellt, am Ende der Schutzstrecke ein Signal El 2. Kommt ein E-Tfzmit dem Stromabnehmer im neutralen Abschnitt zum Stehen, kann der Abschnitt durch dieZES geschaltet werden. Der Stromabnehmer muss bei der Einschaltung gesenkt sein und darf erst danach gehoben werden. Anschließend kann das Tfz die Schutzstrecke aus eigener Kraft verlassen.

Verkürzte Schutzstrecke: Eine verkürzte Schutzstrecke trennt ebenfalls zwei aneinander angrenzende Speiseabschnitte der Oberleitung. Anders als die normale Schutzstrecke ist die Konstruktion nur etwa sieben Meter lang. Sie besteht aus einem geerdeten Abschnitt zwischen zwei Isolierstrecken, an die wiederum die Oberleitungen der beiden Speiseab-schnitte folgen. Zwischen den einzelnen Leitungsabschnitten unterbrechen Streckentren-ner den Stromfluss. Kommt ein Tfz in der spannungslosen Schutzstrecke zum Stehen, kann es die Fahrt durch Heben des zweiten Stromabnehmers fortsetzen. Weil die verkürz-te Schutzstrecke kürzer ist als der Abstand zwischen zwei Stromabnehmern eines E-Tfz erreicht einer der beiden Stromabnehmer in jedem Fall einen unter Spannung stehenden Fahrdraht.

Bahnerden

Bahnerden heißt, eine gut leitende Verbindung der Oberleitung mit der Erde herzustellen. Das ist notwendig, um die Restspannung aus einer abgeschalteten Oberleitung abzuführen, bevor Arbeiten daran ausgeführt werden können.• Bahnerden dürfen nur berechtigte oder unterwiesene Personen (Notfallmanager,

Feuerwehr, Mitarbeiter der Fahrleitunginstandhaltung)• Bahnerden darf erst erfolgen, wenn die Oberleitung abgeschaltet ist und dies

bestätigt wurde. Vor dem Erden wird die Spannungsfreiheit mit einem Spannungsprüfer kontrolliert

• Geerdet wird immer vor und hinter der Arbeitsstelle.

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