Studie Vertrauensraum in der Digitalisierung. · Robotern verlässlich digital rechtssicher...

16
Vertrauensraum in der Digitalisierung. Studie Bundesdruckerei-Studie über den Regelungsbedarf bei E-Government und digitaler Signatur

Transcript of Studie Vertrauensraum in der Digitalisierung. · Robotern verlässlich digital rechtssicher...

Vertrauensraum in der Digitalisierung.

Stu

die

Bundesdruckerei-Studie über den Regelungsbedarf bei E-Government und digitaler Signatur

2

Bundesdruckerei-Studie Vertrauensdienste und E-Government

INHALT

1 Management Summary 3

2 Lebenswirklichkeit: Hürden bei der Digitalisierung 6

3 Einführung einer Vertrauensfunktion in das deutsche Recht 8

4 Handlungs- und Regelungsbedarf für die Zukunft 10

4.1 Erneuerung durch Einführung einer neuen Vertrauensfunktion im elektronischen Rechtsverkehr 10

4.2 Abbau der Hürden im elektronischen Rechtsverkehr 12

5 Handlungsempfehlungen für die Politik 14

3

Bundesdruckerei-Studie Vertrauensdienste und E-Government

MANAGEMENT SUMMARY

Die Digitalisierung verändert die Lebenswelt von Bürgern, Verwaltungen und Unternehmen.

In den nächsten fünf bis zehn Jahren kündigen sich entscheidende Änderungen an. Mit hoher

Wahrscheinlichkeit wird die papiergebundene Kommunikation und die Schriftform aus dem

Alltag von Unternehmen, Bürgern und Verwaltungen verschwinden. Briefe und Verträge auf

Papier werden schlicht zu teuer und zu unbequem sein.

Für die Wahrung von Wohlstand und Sicherheit in Deutschland und Europa ist die Digitali-

sierung von Wirtschaft und Verwaltung unerlässlich. Die Basis bildet die Entwicklung eines

digitalen europäischen Binnenmarkts mit einheitlichen rechtlichen Rahmenbedingungen.

Deutschland liegt bei der Digitalisierung mit Platz 17 von 35 Ländern nur im Mittelfeld.1 Die

Potenziale werden nur zu 10 Prozent genutzt und so verschenkt Deutschland 500 Milli-

arden Euro Potenzial des Bruttoinlandsprodukts (BIP). 2

Nur wenn Deutschland die Herausforderungen der Digitalisierung

erfolgreich meistert, kann es wettbewerbsfähig bleiben und lang-

fristig seinen Wohlstand sichern.

Die Herausforderung der digitalen Revolution und der wesentliche Unterschied zur letzten

industriellen Revolution ist das rasante Tempo, mit dem nahezu alle Bereiche des öffent-

lichen und privaten Lebens erfasst werden. Die hohe Geschwindigkeit stellt insbesondere

die mechanisch und organisatorisch-hierarchisch geprägte Verwaltung und Wirtschaft vor

große Herausforderungen. Es besteht daher enormer Handlungsdruck für die Politik, sich der

verändernden Bedingungen anzunehmen und diese zu gestalten. Denn nur wenn der pas-

sende Rechtsrahmen gegeben ist, können sich die Wirtschaftsteilnehmer anpassen. Die

Verwaltung wird nur digital, wenn die Politik die Kommunikation hin zur digitalen, papier-

losen Welt anpasst und die Einführung neuer digitaler Dienstleistungen gesetzlich regelt.

1 Innovationsindikator 2017,

Acatech/BDI, abgerufen am

11.10.2017 unter: http://www.

acatech.de/de/publikationen/

publikationssuche/detail/artikel/

innovationsindikator-2017.html

2 McKinsey Global Institute,

DIGITAL EUROPE: PUSHING THE

FRONTIER, CAPTURING THE

BENEFITS, 2017, abgerufen am

17.10.2017 unter: https://www.

mckinsey.de/digitalisierung-

deutschland-verschenkt-500-mil-

liarden-euro-potenzial

1

• Papier, Briefumschläge,

Briefmarken

• Metallschlüssel

und Schlüsselanhänger

• Bankfilialen

• Arbeitsplatzcomputer,

Maus und Tastatur

• Sprachbarrieren

und Übersetzungen

• Verbrennungsmotoren

im Massenmarkt

• Kleingeld in Münzen

• Smartphones

• Schultafeln, Schulhefte

und Kreide

• Taxis

18 Dinge, die in den nächsten zwei Legislatur perioden aus dem Alltag verschwinden

4

Bundesdruckerei-Studie Vertrauensdienste und E-Government

Europa hat mit der eIDAS-Verordnung 3 den rechtlichen Rahmen für einen einheitlichen

digitalen Binnenmarkt geschaffen. So wie der Euro als europäisches Zahlungsmittel gilt,

könnten alle rechtlichen Verwaltungs- und Geschäftsprozesse die neuen eIDAS-Werk-

zeuge nutzen und somit die gleiche digitale Sprache sprechen. Mit diesen neuen Werk-

zeugen, die auch als Vertrauensdienste bezeichnet werden, wäre die sichere Umsetzung

von E-Government-Diensten z. B. auch als Cloud-Lösung möglich. Dieser Rahmen muss

jedoch juristisch in der deutschen Gesetzgebung stärker aufgegriffen werden, damit auch

in Deutschland die Potenziale der Digitalisierung genutzt werden können.

Die Vertrauensdienste der eIDAS-Verordnung müssen effektiv

eingesetzt werden, um das Digitalisierungspotenzial in Verwal-

tungs- und Geschäftsprozessen auszuschöpfen. Die Implemen-

tierung fehlt im deutschen Recht noch weitgehend.

Diese Studie beleuchtet die Digitalisierung der Verwaltung und erläutert die Hürden bei der

Anwendung der neuen eIDAS-Werkzeuge im E-Government 4 und bei digitalen Rechtsge-

schäften. Fakt ist, Deutschland nimmt beim E-Government-Ranking 5 der EU im Schwer-

punktbereich „Digitale öffentliche Dienste“ Platz 20 von 28 Mitgliedsstaaten ein. So

ist Deutschland eines der EU-Länder mit der niedrigsten Online-Interaktion zwischen

Behörden und Bürgern bzw. Unternehmen. Die Gründe sind bekannt: Einerseits erschwert

die föderale Struktur eine kohärente und flächendeckende elektronische Verwaltung.

Andererseits kommen oftmals Insellösungen und unterschiedliche Systeme zum Einsatz,

die nicht interoperabel sind. Vor diesem Hintergrund braucht es einen Rechtsrahmen und

Vertrauensraum, der den Einsatz der eIDAS-Werkzeuge und somit digitale Prozesse und

Transaktionen fördert. Nur so können deutschlandweit einheitliche und nutzerfreundliche

E-Government-Dienste angeboten werden.

3 Verordnung (EU) Nr. 910/2014

des Europäischen Parlaments und

des Rates vom 23. Juli 2014 über

elektronische Identifizierung und

Vertrauens dienste für elektro-

nische Trans aktionen im

Binnenmarkt und zur Aufhebung

der Richtlinie 1999/93/EG.

Die Werkzeuge des digitalen Vertrauensraums

qeSignatur

Der individuelle digitale Finger abdruck

eID-Identifizierungsmittel

Den Personalausweis digital nutzen,

um sich bei Vertrauensdiensten

anzumelden

qeSiegel

Der verlässliche digitale Stempel für

Behörden und Unternehmen

Einschreib- und Zustelldienst

Die sichere digitale Nachricht wie bei

der Post oder dem Gerichtsvollzieher

Bewahrungsdienste

Das digitale ewige Archiv

Zeitstempel

Die digitale Stoppuhr wie ein elektroni-

scher Fotobeweis

Validierungsdienst

Der automatische unabhängige Prüfer

Web-Zertifikat

Der digitale Ausweis für jede Website

oder Cloud-Anwendung

4 eGovernment bedeutet die

Vereinfachung und Durchführung

von Verwaltungsprozessen

zwischen Bürgern und Unterneh-

men sowie den Behörden durch den

Einsatz von digitalen Informations-

und Kommunikationstechnologien.

5 Bericht über den Stand der

Digitalisierung in Europa 2017 –

Länderprofil Deutschland.

5

Bundesdruckerei-Studie Vertrauensdienste und E-Government

Digitalisierung wird in über hundert Jahre alte Muster gepresst.

Es gilt, die neuen digitalen Möglichkeiten zu akzeptieren und die

rechtlichen Voraussetzungen der Lebenswirklichkeit anzupassen.

Die rechtliche Konstruktion von Willenserklärungen in Deutschland stammt aus dem Jahr

1896. Es ist daher nicht verwunderlich, dass diese angepasst und um eine digitale Dimension

erweitert werden muss. In wenigen Jahren wird jeder Vertrag und jede rechtserhebliche

Verfahrenshandlung im Zivil- oder öffentlichen Recht digital erledigt werden. Wir brauchen

daher klare Regelungen für eine rechtssichere und verlässliche Kommunikation zwischen

Menschen, Software und Maschinen. Denn es besteht in der Digitalisierung ein essentiel-

les Bedürfnis, die tatsächlichen Handlungen und Wirkungen von Menschen, Software und

Robotern verlässlich digital rechtssicher zuzuordnen. Der tatsächlich handelnde Mensch,

das Unternehmen oder die Behörde muss digital identifizierbar sein. Digitalisierung bedeutet

auch, dass eine „künstlich intelligente“ Maschine oder Software mit einer anderen Maschine

(M2M) oder einem Menschen selbstständig kommunizieren können muss. Das selbstfah-

rende Auto oder das Bestellsystem muss sich digital ausweisen können. Die Kommunikation

von all diesen Akteuren muss digital rechtsverbindlich abgesichert werden, um nicht von

außen verändert (gehackt) zu werden. Hier ist der deutsche

Gesetzgeber in der kommenden Legislaturperiode gefordert.

Wie diese Analyse zeigt, braucht Deutschland, neben den

bereits existierenden Formvorschriften für papiergebun-

dene Prozesse neue Formvorschriften für die wichtigsten

digitalen Rechtsgeschäfte und elektronischen Verwaltungs-

prozesse. Es gibt gesetzliche Regelungen, die lediglich um

die passenden Werkzeuge erweitert werden müssen, um die

Digitalisierung von Rechtsgeschäften einfach und wirkungs-

voll zu ermöglichen. Darüber hinaus gibt es Bereiche, in denen

tatsächlich neue gesetzliche Lösungen geschaffen werden

müssen, um überhaupt digitale Prozesse zu ermöglichen.

Die Matrix zeigt, wo konkreter Handlungsbedarf besteht.

Der in dieser Studie aufgezeigte Lösungsansatz besteht

darin, einen Vertrauensanker für die Verbindung zwischen

analogem Handeln und der digitalen Äußerung zu erstellen.

Es muss für bestimmte rechtserhebliche Handlungen sicher

sein, wer was wann wem digital erklärt hat. Die Brücke – als

Verbindung zwischen analog und digital – ist die Vertrau-

ensfunktion, die als neues Element im deutschen Recht

zu etablieren ist.

Änderungsbedarf Gesetze Erweiterung Ermöglichung

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) x x

Berufsordnungen BRA-O, BOStB,

BOBetreuer

x

eGovG Bund/Länder x

Gesetz zur Förderung des

Elektronischen Rechtsverkehrs

mit den Gerichten (ERV-Gesetz)

x

Einkommensteuergesetz (EStG) x

EU-Tacho-RiLi x

Sozialgesetzbuch (SGB) IV, X, XI,

eHealth

x

Telemediengesetz (TMG) x

Urhebergesetz (UrhG) x

Verwaltungsverfahrensgesetz

(VwVfG)

x

Zivilprozess- und Verwaltungs-

gerichtsordnung (ZPO, VwGO)

x

Straßenverkehrs -Zulassungs-

Ordnung (StVZO)

x

6

Bundesdruckerei-Studie Vertrauensdienste und E-Government

Die Lebenswirklichkeit findet heute oft in der digitalen Welt

statt. Daher wird eine neue Vertrauensfunktion benötigt,

die eine Verbindung zwischen analogem Handeln und der

digitalen Äußerung schafft.

Ideal für die Umsetzung der in dieser Studie geschilderten Digitalisierungsmaßnahmen

wäre eine verantwortliche Stelle in der Bundesregierung, die die Potenziale der Digitalisie-

rung aufzeigt, Regelungsbedarfe lückenlos prüft und schließt und Digitalisierungsprojekte

ressortübergreifend koordiniert.

Die Digitalisierung von Verwaltung und Wirtschaft ist kein

Nebenjob, sondern eine verantwortungsvolle Kernaufgabe.

LEBENSWIRKLICHKEIT: HÜRDEN BEI DER DIGITALISIERUNG

Digitalisierungshürden beim elektronischen Rechtsverkehr in Familiensachen

Beim Amtsgericht Olpe läuft seit September 2005 ein Pilotprojekt zur elektronischen

Verfahrensführung. Alle Verfahrensbeteiligten können ausschließlich elektronisch signiert

nach den Regelungen des Signaturgesetzes kommunizieren. 6 Auch für das Scheidungsurteil

wird die personalisierte elektronische Signatur (qeSignatur) der Richter verwendet. Jedoch

reichen der Name und gegebenenfalls die Dienstbezeichnung für den Nachweis einer

2

Die digitalen Hausaufgaben

• Digitalisierung selbstbewusst und entschlossen angehen

• Neue Formen schaffen für Mensch-zu-Maschine- und Maschine-zu-

Maschine-Kommunikation

• Schließung der regulatorischen Lücken bei der Umsetzung der

eIDAS-Verordnung

• Implementierung digitaler Kommunikation in Gesetzen, die diese noch

nicht vorsehen

• Orientierung an der EU Better Regulation Toolbox #23 als Empfehlung

für effektive und sinnvolle Regulierung

6 Melcher, Simon; www.justiz.nrw.

de, Elektronisches Scheidungs-

verfahren, abgerufen am 8.10.2017:

https://www.justiz.nrw.de/JM/

doorpage_online_verfahren_

projekte/projekte_fuer_partner_

der_justiz/erv/index.php

7

Bundesdruckerei-Studie Vertrauensdienste und E-Government

Erlassbehörde nicht aus. Dieser Umstand trat im Rahmen des Pilotprojekts zum elektroni-

schen Rechtsverkehr in Familiensachen am Amtsgericht Olpe zutage. Die Kommunikation

mit den Standesämtern war ein Problem, da diese die qualifiziert elektronisch signierten

Scheidungsurteile mangels sicheren Herkunftsnachweises nicht akzeptierten. 7 Im Urteil

stand zwar, wer es elektronisch unterschrieben hat, aber nicht, dass diese Person befugt im

Namen des Familiengerichts unterschrieben hat. In der Folge müssen die Urteile ausgedruckt,

ausgefertigt und verschickt werden. Hier reichen die Mittel der elektronischen Signatur allein

nicht mehr aus und das Digitalisierungsprojekt ist gescheitert.

Die Lösung liegt in der Anwendung des elektronischen Behördensiegels 8

aus dem eIDAS-Baukasten.

Durch ein elektronisches Behördensiegel (qeBehördensiegel) kann die Herkunft des Doku-

ments von einer konkreten Behörde rechtssicher nachgewiesen werden. Mit der elektro-

nischen Signatur wird juristisch nur unterstellt, dass das Dokument von der signierenden

natürlichen Person stammt. Die Frage, ob diese Person immer noch z. B. Richter ist, an ein

anderes Gericht versetzt wurde, in Elternzeit oder Urlaub ist, wird durch eine qeSignatur nicht

rechtssicher beantwortet. Diese Funktion des Herkunftsnachweises kann rechtlich nur das

qeBehördensiegel bieten, das durch Art. 36, 37 eIDAS-Verordnung unmittelbar europaweit

geschaffen worden ist. Die Entscheidung, dieses Werkzeug in Deutschland einzuführen, zu

nutzen und bei welchen Prozessen es zulässig ist, obliegt dem deutschen Gesetzgeber.

Das qeBehördensiegel aus dem eIDAS-Baukasten ist die Lösung der geschilderten Digitali-

sierungshürde und müsste lediglich ergänzend auf dem Dokument angebracht werden, um

Herkunft und persönliche Unterschrift von Urteilen elektronisch sicher zu belegen. Hierfür fehlt

allerdings seit zwölf Jahren die Rechtsgrundlage in den Prozess- und Verfahrensordnungen.

Digitalisierungshürden bei der Anwendung von Cloud-Diensten

Bei der Anwendung von Cloud-Diensten besteht die Hürde darin, dass es für Verwaltungen

derzeit keine rechtsverbindlichen Grundlagen für deren Nutzung gibt. Ohne solche Rahmen-

bedingungen und Rechtsgrundlagen hat die Verwaltung keine Rechtssicherheit und deshalb

scheut sie sich vor dem Einsatz digitaler Dienste. Diese Rechtsunsicherheit kostet die Ver-

waltungen nicht nur viel Geld, sondern auch viel Zeit und ist zudem nicht bürgerfreundlich.

Die Lösung liegt in einem regulatorischen Rahmen

für sichere Cloud-Dienste im E-Government.

Die eIDAS-Werkzeuge und das Vertrauensdienstegesetz ermöglichen eine rechtsverbindli-

che und sichere Vertrauensinfrastruktur. Der Kommunikationskanal von Softwareanwendun-

gen in der Behörde bis hin zum Rechenzentrum kann z. B. durch elektronische Website- und

Cloud-Zertifikate nach Art. 45 eIDAS-Verordnung abgesichert werden. Diese können auch

als Identität der Anwendungssoftware oder der Datenbanken genutzt werden. Die Identität

der Nutzer kann wiederum die qeSignatur oder ein qeSiegel absichern.

7 Seiffge/Henke „Zeitersparnis,

Entbürokratisierung, Optimierung“

e-Justice, Nr. 1, 2017, Seite 13,

abgerufen am 8.10.2017:

http://www.e-justice-magazin.de/

2017/06/28/zeitersparnis-entbu-

erokratisierung-optimierung

8 Vgl.: Hölters/Henke, JurPC

Web-Dok. 44/2017, Abs. 4f.:

Verwendungsmöglichkeiten und

Nutzen des qualifizierten

elektronischen Siegels, abgerufen

am 18.9.2017: http://www.jurpc.de/

jurpc/show?id=20170044

8

Bundesdruckerei-Studie Vertrauensdienste und E-Government

Informationsfunktion Klarstellungs-

und Beweisfunktion

Kontrollfunktion Warnfunktion Beratungsfunktion

Die Parteien sollen über

den Inhalt der Rechte und

Pflichten informiert

sein und bleiben, auch nach

Vertragsschluss. Die

Textform erfüllt auch diese

Funktion.

Es wird der Inhalt des

Rechts geschäfts beweisbar.

Deshalb unterscheidet man

weiter in Identitätsfunktion,

Echtheitsfunktion und

Verifikations funktion. Es

sollen die Identität des

Unterzeichners, die Echtheit

der Urkunde und woher

die Er klä rung stammt vom

Empfänger beweisbar sein.

Auch Dritte wie Behörden

können den Inhalt

des Rechts geschäfts

kontrol lieren.

Vor den rechtlichen Folgen

eines Rechtsgeschäfts soll

gewarnt werden. Im

Verbraucherrecht wird hier

oft auch mit Informations-

pflichten und Widerrufsrech-

ten operiert, um der

Warnfunktion gerecht zu

werden.

Bei notariell beurkundeten

Erklärungen soll eine

unabhängige Beratung durch

den Notar sichergestellt

werden, um die Bedeutung

des Geschäfts zu vermitteln.

EINFÜHRUNG EINER VERTRAUENSFUNKTION IN DAS DEUTSCHE RECHT

Europa hat mit der eIDAS-Verordnung den rechtlichen Rahmen für einen einheitlichen digi-

talen Binnenmarkt geschaffen. So wie der Euro als europäisches Zahlungsmittel gilt, könnten

alle rechtlichen Verwaltungs- und Geschäftsprozesse die eIDAS-Werkzeuge nutzen und

somit die gleiche digitale Sprache sprechen. Das bislang nur im deutschen Recht geltende

Signaturgesetz wurde durch die eIDAS-Verordnung überholt.9 Als europäische Verordnung

gilt die eIDAS-Verordnung unmittelbar in allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union

und genießt Anwendungsvorrang vor einfachem nationalen Recht. Ergänzend wurde das

Vertrauensdienstegesetz (VDG) verabschiedet, da die unmittelbar geltende Verordnung seit

dem 29. Juli 2017 ergänzt und die offengelassenen Bereiche der EU-Verordnung im deutschen

Recht ausgestalten soll. Um Rechtsunsicherheit zu beseitigen, können die Mitgliedsstaaten

sogar verpflichtet werden, Vorschriften, die Unionsrecht widersprechen, anzupassen oder

aufzuheben, auch wenn diese aufgrund des Vorrangs unanwendbar sind.10

Die EU wollte nicht regeln, wie Verträge und rechtserhebliche Handlungen

zustande kommen, sondern digitale Werkzeuge bereitstellen. Deutschland hat

seine Form- und Beweisvorschriften daraufhin nicht ausreichend angepasst.

Die allermeisten Verträge sind nach deutschem Recht formfrei möglich. Nur bestimmte

Verträge brauchen eine besondere Form wie die Textform, die Schriftform, die notariell beur-

kundete Form oder die Form der Schließung vor einer besonderen öffentlichen Stelle. Die

Formvorschriften und die unternehmerische Lebenswirklichkeit verlangen aber verschiedene

Funktionen von Verträgen. Die bisherigen Funktionen sind die Warnung, die Klarstellung und

der Beweis, die Information, die Beratung und die Kontrolle.11 Formvorschriften definieren,

unter welchen Bedingungen eine Erklärung rechtliche Wirkung entfaltet. An komplexe

Maschinen oder Software wurde im Jahr 1896 noch nicht gedacht.

3

11 Ellenberger, Jürgen,

im Palandt, Kommentar zum

Bürgerlichen Gesetzbuch,

§ 125, Rn. 2 ff. 71. Aufl. 2012.

9 Am 1. 7.2016 im Rahmen ihres

Anwendungsbereichs durch die

Verordnung (EU) Nr. 910/2014 des

Europäischen Parlaments und

des Rates vom 23. 7.2014 über

elektronische Identifizierung

und Vertrauensdienste für

elektro nische Transaktionen im

Binnenmarkt und zur Aufhebung

der Richtlinie 1999/93/EG.

10 Roßnagel, Alexander:

Das Recht der Vertrauensdienste.

Die eIDAS-Verordnung in der

deutschen Rechtsordnung. Der

Elektronische Rechtsverkehr

Band 37, 1. Aufl. 2016.

Die verschiedenen Funktionen von Verträgen

9

Bundesdruckerei-Studie Vertrauensdienste und E-Government

Informationsfunktion Klarstellungs-

und Beweisfunktion

Kontrollfunktion Warnfunktion Beratungsfunktion

Die Parteien sollen über

den Inhalt der Rechte und

Pflichten informiert

sein und bleiben, auch nach

Vertragsschluss. Die

Textform erfüllt auch diese

Funktion.

Es wird der Inhalt des

Rechts geschäfts beweisbar.

Deshalb unterscheidet man

weiter in Identitätsfunktion,

Echtheitsfunktion und

Verifikations funktion. Es

sollen die Identität des

Unterzeichners, die Echtheit

der Urkunde und woher

die Er klä rung stammt vom

Empfänger beweisbar sein.

Auch Dritte wie Behörden

können den Inhalt

des Rechts geschäfts

kontrol lieren.

Vor den rechtlichen Folgen

eines Rechtsgeschäfts soll

gewarnt werden. Im

Verbraucherrecht wird hier

oft auch mit Informations-

pflichten und Widerrufsrech-

ten operiert, um der

Warnfunktion gerecht zu

werden.

Bei notariell beurkundeten

Erklärungen soll eine

unabhängige Beratung durch

den Notar sichergestellt

werden, um die Bedeutung

des Geschäfts zu vermitteln.

Diese Systematik der Formvorschriften stammt aus dem Jahr 1896 und muss für die digitale

Welt verändert werden. In wenigen Jahren wird jeder Vertrag und jede rechtserhebliche

Verfahrenshandlung im Zivil- oder öffentlichen Recht digital getätigt werden. Neu ist, dass

wir für die Verbindung zwischen analogem Handeln und der digitalen Äußerung einen

Vertrauensanker brauchen. Es muss für bestimmte rechtserhebliche Handlungen sicher

sein, wer was wann wem digital erklärt hat. Die Brücke der Verbindung von analog zu digital

ist die Vertrauensfunktion.

Neben Formvorschiften gibt es auch Beweisvorschriften. Die Formvorschriften beschäftigen

sich mit der Entstehung von Rechtswirkungen, die Beweisvorschriften mit der Beweiskraft

der eingesetzten Mittel. Durch einen wirksamen Vertrag können die Rechte und Pflichten vor

einem Gericht durchgesetzt werden. Form- und Beweisvorschriften greifen ineinander und

schaffen einen Vertrauensraum, in dem sich rechtserhebliches Handeln für die Beteiligten

sicher abspielen kann. Ohne diesen Vertrauensraum des Rechts ist keine wirtschaftliche

Entwicklung möglich. Denn Form- und Beweisvorschriften sind zwei Seiten der gleichen

Medaille.

Die eIDAS-Verordnung sieht vor, dass qeSignaturen, -Siegeln, -Zeitstempeln und -Zer-

tifikaten für elektronische Einschreibdienste die Rechtswirkung und die Zulässigkeit als

Beweismittel in Gerichtsverfahren nicht einfach abgesprochen werden darf. Sie sind daher

grundsätzlich Beweismittel im Gerichtsverfahren. Folgende Übersicht zeigt die Behandlung

der verschiedenen analogen und elektronischen Dokumente im Vergleich.

Physische

private

Urkunde

Physische

öffentliche

Urkunde

Qualifiziert

elektronisch

signierte private

Urkunde

Qualifiziert

elektronisch

signierte

öffentliche

Urkunde

Qualifiziert

elektronisch

gesiegelte

private Urkunde

Qualifiziert

elektronisch

gesiegelte

öffentliche

Urkunde

Beweiswert Vollbeweis Vollbeweis Anscheins beweis Vermutung Anscheins beweis Vermutung

Entkräftung Gegenbeweis Gegenbeweis Gegenvortrag

und Beweis der

Anknüpfungs-

tatsache

Gegenbeweis Gegenvortrag

und Beweis der

Anknüpfungs-

tatsache

Gegenbeweis

Regelung § 416 ZPO § 415 ZPO § 371a Abs. 1 ZPO § 371a Abs. 3 ZPO Art. 35 Abs. 2

eIDAS-VO

Art. 35 Abs. 2

eIDAS-VO i.V.m.

§§ 371a Abs. 3

Satz 2, 437 ZPO

Unterschiede im Beweiswert

Die Unterschiede im Beweiswert führen zu Rechtsunsicherheiten. Die Vertrau-

ensfunktion und ihre Umsetzung können an dieser Stelle Sicherheit schaffen

und die Unklarheiten rund um die verschiedenen Interpretationen auflösen.

10

Bundesdruckerei-Studie Vertrauensdienste und E-Government

HANDLUNGS- UND REGELUNGSBEDARF FÜR DIE ZUKUNFT

Die Erweiterung bestehender Regelungen ist dort notwendig, wo bestimmte eIDAS-Werk-

zeuge noch nicht implementiert wurden und nur die Lücke vom Stand des alten Signatur-

gesetzes zum neuen europäischen Binnenmarkt geschlossen werden muss. Die Erneuerung

ist dort notwendig, wo die Digitalisierung erst möglich gemacht werden muss. Im Ergebnis

ist ein erweitertes Verständnis von Formerfordernissen erforderlich, damit alle Verträge

und Rechtsverhältnisse eine digitale Komponente haben. Dies hat die Bundesrepublik in

der Tallinn Declaration on eGovernment 2017 auch für die eIDAS-Werkzeuge zugesagt. Sie

sollte diese mit den nachfolgenden Maßnahmen umsetzen.

Erneuerung durch Einführung einer neuen Vertrauensfunktion im elektronischen Rechtsverkehr

Die Verbindung von digitalem und analogem menschlichen Handeln stellt eine neue Qualität

dar, weil sich Rechtsräume um die digitale Handlungsebene erweitern. Um eine rechtssichere

Verbindung der Handlungsebenen zu ermöglichen, muss die reale Handlung nachvollziehbar

in eine digitale Handlung übersetzt werden. Diese Brücke von der digitalen in die physische

Welt soll das notwendige Vertrauen in die Herkunft der Handlung schaffen. Alle Geschäfte

unter Abwesenden, die durch die Schriftform z. B. über große Entfernungen möglich waren,

bleiben immer in der physischen Ebene. Der Empfänger kann stets den Unterzeichner an

Schriftbild, Druck auf das Papier und Schreibgeschwindigkeit identifizieren lassen. Dies ist

digital anders. Es gibt keine physische Verbindung mehr zwischen Tastendruck und Schrift-

zeichendarstellung oder zu einer in eine App gesprochenen Sprache. Ungeschützte Daten

können verändert werden und verlieren jeden Bezug zum Ursprung.

Diese Verbindung kann nun durch die Mittel der eIDAS-Verordnung geschaffen werden. Die

Vertrauensfunktion als neue Funktion für Formvorschriften von Rechtsgeschäften schafft

das Vertrauen in die Herkunft der Handlung. Anders als bei der Identitäts-, Echtheits- und

Verifikationsfunktion innerhalb der bereits anerkannten Klarstellungs- und Beweisfunktion

bei papiergebundenen Verfahren kommt die neue Vertrauensfunktion für die Verbindung

von analoger und digitaler Welt hinzu. Sie soll den Ursprung identifizieren und prüfen, ob die

digitale Erklärung „echt“ ist.

4.1

4

11

Bundesdruckerei-Studie Vertrauensdienste und E-Government

Drei wesentliche Merkmale bilden die Grundlage für die neue Vertrauensfunktion:

1. Digitale Geschäfts- oder Verwaltungsprozesse,

die sich physisch nachhaltig auswirken

2. Wenn es um die Nachvollziehbarkeit der Identität der Beteiligten geht

3. Wenn ein erhöhtes Maß an Sicherheit gewährleistet werden soll

Sicherheit meint die Schutzziele digitale Verfügbarkeit, Integrität und

Vertraulichkeit des Geschäfts- oder Verwaltungsprozesses.

In E-Government-Prozessen muss sicher sein, dass alle Beteiligten die sind, für die sie sich

ausgeben. Diese Prozesse brauchen ein besonderes Vertrauen und bedürfen deshalb der

Absicherung durch die Vertrauensfunktion.

Ein anschauliches Beispiel zur Erfüllung der digitalen Vertrauensfunktion: die Ummeldung des Wohnsitzes

Die Bürgerämter in der Hauptstadt Berlin sind überlastet und die Termine für eine per-

sönliche Vorsprache bei den Behörden sind meist drei Monate im Voraus ausgebucht. Ein

digitaler Prozess kann hier enorm viel Zeit für Behörden und Bürger sowie Ressourcen

der öffentlichen Hand einsparen. Gleichwohl besteht für diesen digitalen Prozess die Not-

wendigkeit zur Erfüllung der Vertrauensfunktion. Die Ummeldung hat Auswirkungen auf

die physische Welt, da es eine neue physische Wohnanschrift gibt, an die der Bürger die

Wahlunterlagen, Steuerbescheide und Verwaltungsakte erhält. Außerdem ist entscheidend,

dass die Um meldung von der „echten“ Person vorgenommen wird, der „echte“ Vermieter

die Wohnnutzung bestätigt und die „echte“ Behörde eine Meldebestätigung ausstellt. Die

Identität der Beteiligten muss nachvollziehbar und beweisbar sein. Zuletzt ist entscheidend,

dass die Kommunikation abgesichert wird, weil personenbezogene Daten übertragen

werden. Zudem birgt ein mögliches Eingreifen von außen in den Prozess die Gefahr, dass

eine Meldebescheinigung erschlichen wird. Auch für die Behörde ist wesentlich, dass die

vom Bürger beigefügten Dokumente keine Schadsoftware beinhalten. Der Vorgang selbst

muss langzeitarchiviert werden, um nachvollziehbar zu bleiben. Somit besteht ein erhöhtes

Sicherheitsbedürfnis für den Kommunikationsprozess.

DIGITALE VERTRAUENSFUNKTION

Nachhaltige Auswirkung

Identität nachvollziehbar

Sicherheits- bedürfnis

12

Bundesdruckerei-Studie Vertrauensdienste und E-Government

Abbau der Hürden im elektronischen Rechtsverkehr

Es gibt zahlreiche Beispiele dafür, wie die Digitalisierung durch fehlende Rechtssicher-

heit aufgehalten wird, was unweigerlich der Wahrung und Sicherung des Wohlstands in

Deutschland im Weg steht. Es gibt zudem Beispiele, in denen die digitale Dimension in der

deutschen Gesetzgebung noch gar nicht mitgedacht wurde.

Die besondere Herausforderung besteht in der regulatorischen Ermöglichung

und nicht in der restriktiven Regulation. Dabei muss die „Better Regulation

Toolbox“ 12 der EU genutzt werden.

Die Toolbox #23 gibt auf 17 Seiten sinnvolle Hilfestellung zur Regulierung im Bereich IT

und hilft so, überflüssige Regulierung zu verhindern und Konsistenz zu fördern. Außerdem

verhindert ihre Anwendung mögliche Sanktionen eines EU-Vertragsverletzungsverfahrens

wegen mangelnder Implementierung der eIDAS-Verordnung.

Das Vorgehen sollte grundsätzlich in der gemeinsamen Geschäftsordnung der

Bundesministerien verankert werden (GGO). Denn dadurch wird Digitalisierung

schon im Gesetzgebungsverfahren mitgedacht.

Regelungsbedarf Beispiel Gesetzanpassung Zuständig

Formerfordernis für besondere

digitale Geschäftsprozesse

Einführung einer eigenen Form für

die Digitalisierung. Maschine-zu-

Maschine- und digitale Mensch-

zu-Maschine-Kommunikation.

BGB: neue Formvorschrift § 126c BMJV

Selbstfahrende Fahrzeuge / autonome

Maschinen:

Einführung digitaler Kommunikation

Identifizierung von autonomen

Fahrzeugen untereinander und bei

Nutzern durch sichere Kommunikation

mit Vertrauensdiensten: qeSiegel für

die Maschine und die Software

StVZO: Kommunikation und

Identifikation von Fahrzeugen und

Prüfung Vergabe von vernetzten

Maschinen

BMVI

Einführung des elektronischen

Behördensiegels

Vorteile des qeSiegels zur qeSignatur:

rechtssichere Zuordnung zu Gericht

oder Behörde

VwVfG, VwGO, GVG: Einführung der

qeSiegel-Anforderungen in die

Verfahrensgesetze

BMJV

12 EU-Kommission, Better

Regulation Toolbox, zuletzt

abgerufen am 9.10.2017 unter:

http://ec.europa.eu/smart-

regulation/guidelines/docs/

br_toolbox_en.pdf

Regelungsbedarf in 12 Anwendungsbeispielen nach aktueller Gesetzgebung

4.2

13

Bundesdruckerei-Studie Vertrauensdienste und E-Government

Bürgerkonten ohne Speziallösungen Die eIDAS-Werkzeuge konsequent

für den Bürger und Unternehmen in der

Kommunikation anbieten. Inter-

operabilität und Technologieoffenheit

gewährleisten.

EGovG: Einführung des qeSiegels und

anderer Werkzeuge entsprechend dem

VDG. Einführung des qeBehördensie-

gels.

BMI,

IT-Planungsrat

Digitale Zeugnisse von Arbeitgebern

und öffentlichen Trägern

(Universitäten, Kammern)

Digitale Zeugnisse und Bescheinigun-

gen, die zur Nutzung im Rechtsverkehr

bestimmt sind, müssen den Aussteller

mit hinreichender Sicherheit

identifizierbar machen

BGB, VwVfG: Sicherheit durch

Stand der Technik von qeSignatur oder

qeSiegel des Rechtsträgers

BMJV

Juristische Kommunikation:

Erweiterung ERV durch Einführung

digitaler Kommunikation

Schaffung sicherer und vertrauens-

voller Kommunikation von Anwälten zu

Mandanten und gerichtlichen oder

behördlichen Partnern. Übermittlung

von digitalen Originalen und

verschlüsselten Dokumenten an

verschiedenste Teilnehmer.

BRAO, BOStB, BOBetreuer: Einführung

einer offenen eIDAS-Kommunikati-

onsstruktur neben beA, EGVP durch

eine Erweiterung des Gesetzes zur

Förderung des Elektronischen

Rechtsverkehrs mit den Gerichten

(ERV-Gesetz).

BMJV

Einführung Urheberrechte digital

hinterlegen und dokumentieren

Urheberrechtsplattform, auf der

elektronische Dateien mit einer

qeSignatur des Urhebers und/oder

einem qeSiegel des Unternehmens

hinterlegt werden können

UrhG: Einführung digitaler Prüf-

möglichkeiten für digitale Werke wie

beim Handelsregister

BMWi

Einführung einer Tachostand-Daten-

bank zur Überwachung des Gebraucht-

wagenmarkts

Datenbank, die sicherstellen soll,

dass die Laufleistung von Gebraucht-

fahrzeugen nachvollziehbar wird, und

so den Betrug durch Manipulation

bekämpfen soll.

StVZO-Richtlinie 2014/45/EU

des Europäischen Parlaments vom

29. April 2014, Art. 16

BMVI

eHealth mit intelligenten qeSiegeln

und Signaturlösungen erweitern

Einführung des elektronischen

Entlassbriefs, des elektronischen

Eingangsstempels und der elektro-

nischen Prozessdokumentation

in Pflege und Ambulanz

Prüfen, ob die Unterschrift bzw.

qeSignatur notwendig ist. Im Zweifel

automatisierte Verfahren fördern.

BMG, Gematik

Ersetzendes Scannen mit qeSiegel

ausdrücklich ermöglichen

Große analoge Aktenmengen müssen

in den kommenden Jahren digitalisiert

werden. Hier müssen das qeSiegel und

das qeBehördensiegel einsetzbar sein.

Anpassung VwVfG, VwGO, ZPO BMI, BMJV,

IT-Planungsrat

Erweiterung digitale Beglaubigung

durch digitales Behördensiegel

Wichtig ist die Identität der Behörde,

nicht des Beamten. Einführung

des qeBehördensiegels auch für

Beglaubigungen, um physische

Dokumente digital verkehrsfähig

zu machen.

§ 33 Abs. 4 Nr. 4 und Abs. 5 VwVfG

ermöglichen lediglich den Einsatz von

qeSignaturen, nicht aber von qeSiegeln

BMI, BMJV

Absicherung von Websites mit

öffentlichem Interesse erweitern

Die Manipulation durch Fake-Seiten

muss bekämpft werden. Wasserwerke,

Banken, Behörden, Krankenhäuser,

Schufa usw. müssen nachvollziehbar

die „echten“ Betreiber der Internet-

seite sein.

TMG: Einsatz qualifiziert elektronischer

Website-Zertifikate für die Herkunfts-

angabe des Betreibers

BMI, BMVI

14

Bundesdruckerei-Studie Vertrauensdienste und E-Government

HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN FÜR DIE POLITIK

1. Die Bundesregierung sollte sich das Ziel setzen, die Digitalisierung umfassend vor-

anzutreiben, und die notwendigen Maßnahmen umsetzen, damit Deutschland zum

Vorreiter des digitalen Wandels wird.

2. In der 19. Legislaturperiode sollten die in der Studie genannten 18 Gesetzesänderun-

gen und zwölf Anwendungsbeispiele konkret abgearbeitet werden. Es wird daher

empfohlen, in den entsprechenden Bereichen zunächst die aufgezeigten gesetzlichen

Lücken digitaler Kommunikationsprozesse zu schließen.

3. Im Rahmen der „digitalen Gesetzgebung“ sollte eine Orientierung an der Better

Regulation Toolbox #23 erfolgen. Dazu gibt es bereits das Projekt „Bessere Recht-

setzung” des Bundesministeriums des Innern. Dieses Projekt sollte um die digitalen

Anforderungen ergänzt werden.

Die folgende Liste enthält konkrete gesetzgeberische Maßnahmen für die nächste

Legislaturperiode, geordnet nach den Gesetzen, die angepasst werden müssen.

5

Gesetz Anwendung Vertrauensdienst Anwendungsbeispiele Zuständigkeit

BGB qeSiegel Digitale Unternehmens-

informationen

BMJV

BGB Zeugnisse und Bescheinigungen

durch qeSignaturen und qeSiegel

IHK-Zeugnisse, Arbeitgeber-

zeugnisse, Diplome, Meisterbriefe

BMJV

BGB qeSiegel, Web-Zertifikate,

Zeitstempel

M2M-Kommunikation

und Maschine-zu-Mensch-

Kommunikation

BMJV

BRAO, BOStB, BOBetreuer qeSiegel, Zeitstempel,

qeSignaturen, Zustelldienste

Nutzung eIDAS-Vertrauensdiens-

te für Verfahrenskommunikation

BMJV

eGovG Länder Verankerung aller

eIDAS-Standards

Grundlage für die Einführung im

E-Government: Zustellungs- und

Empfangsverpflichtung, E-Akte

mit qeBehördensiegel

Länder, IT-Planungsrat,

Innenministerkonferenz

eGovG Bund Verankerung aller

eIDAS-Standards

Grundlage für die Einführung im

E-Government: Zustellungs- und

Empfangsverpflichtung, E-Akte

mit qeBehördensiegel

BMI, IT-Planungsrat

Gesetz zur Förderung des

Elektronischen Rechtsverkehrs

mit den Gerichten (ERV-Gesetz)

Verankerung aller

eIDAS-Standards

Implementierung eIDAS-Werk-

zeuge zur Schaffung eines

Vertrauensraums, damit alle

Beteiligten miteinander sicher und

identifiziert kommunizieren

können

BMJV, BMI, IT-Planungsrat

Handlungsbedarf der Bundesregierung – 18 konkrete Gesetzesänderungen

15

Bundesdruckerei-Studie Vertrauensdienste und E-Government

EStG qeSiegel Nutzung des Siegels für Banken,

45a Abs. 2 EStG

BMF

EU-RiLi technische Überwachung

von Kraftfahrzeugen

qeSiegel, Web-Zertifikate Gesetz zur Datenbankerstellung

und -nutzung

BMVI

SGB IV, X - eHealth qeSiegel, Web-Zertifikate Mitteilung der Träger, Speicherung

und Abschriften eHealth

BMG

SGB XI - Pflege qeSiegel, Web-Zertifikate Mitteilungen, Abrechnung,

Dokumentation in der Pflege

BMG

StVZO qeSiegel, Zeitstempel,

qeSignaturen, Zustelldienste

Tachostand-Datenbank für TÜV

und Kfz-Werkstätten

BMVI

TMG qeSiegel, Web-Zertifikate Sichere Kommunikation

§ 13 Abs. 7

BMWI, BMI, BMVI

UrhG qeSiegel, Zeitstempel,

qeSignaturen, Zustelldienste

Dokumentation

des Urheberrechts

BMJV

VwVfG Antragstellung und Abgabe von

Erklärungen und Angeboten per

qeSiegel

Anträge und Erklärungen an

Behörden durch Unternehmen,

§ 3a VwVfG

BMI, BMJV, IT-Planungsrat

VwVfG Einführung des qeBehörden-

siegels

Elektronisches Äquivalent für

Beglaubigungen und Dienstsiegel

§§ 3a, 33 Abs. 5, 37 VwVfG

BMI, BMJV, IT-Planungsrat

VwVfG qeSignaturen und qeSiegel Führungszeugnisse,

Beschei nigungen etc.

BMI

ZPO qeSiegel, Zeitstempel Zustellung Schriftsätze,

Beglaubigungen, Beweismittel

BMJV

Für eine vertiefte Auseinandersetzung mit den Inhalten der Studie wird auf das ausführlichere Gutachten verwiesen.

Vertrauensraum in der Digitalisierung.

Bundesdruckerei-Studie über den Regelungsbedarf

bei E-Government und digitaler Signatur

Herausgeber (V. i. S. d. P.)/Verleger

(zugleich Inhaber ausschließlicher Nutzungsrechte)

Bundesdruckerei GmbH

Antonia Maas

Kommandantenstraße 18

10969 Berlin

Tel.: +49 (0)30 2598-0

E-Mail: [email protected]

www.bundesdruckerei.de

AG Berlin-Charlottenburg HRB 80443

USt.-Id.-Nr.: DE813210005

Ort und Jahr der Veröffentlichung

Berlin, November 2017

Autor

Rechtsanwalt Cornelius G. Kopke,

M.A. Sicherheitswirtschaft und Unternehmenssicherheit Berlin

Fachexperten

Enrico Entschew und Christian Seegebarth, Bundesdruckerei GmbH

Projektleitung und CvD

Alexandra Haberstroh, Bundesdruckerei GmbH

Gestaltung

Tom Leifer Design GmbH, Hamburg

Impressum

Bundesdruckerei GmbH

Kommandantenstraße 18 10969 Berlin

Tel.: +49 (0)30 2598-0 Fax: +49 (0)30 2598-2205

[email protected] www.bundesdruckerei.de