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19. Wahlperiode Stenografischer Bericht öffentliche Anhörung 48. Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucher- schutz 8. Juni 2017, 10:01 bis 11:40 Uhr Anwesend: Vorsitzende Abg. Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) CDU Abg. Lena Arnoldt Abg. Sabine Bächle-Scholz Abg. Ulrich Caspar Abg. Klaus Dietz Abg. Dirk Landau Abg. Claudia Ravensburg Abg. Clemens Reif Abg. Michael Reul Abg. Kurt Wiegel SPD Abg. Timon Gremmels Abg. Angelika Löber Abg. Heinz Lotz Abg. Regine Müller (Schwalmstadt) Abg. Norbert Schmitt Abg. Michael Siebel Abg. Torsten Warnecke BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Abg. Angela Dorn Abg. Martina Feldmayer DIE LINKE Abg. Marjana Schott FDP Abg. Jürgen Lenders

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19. Wahlperiode

Stenografischer Bericht – öffentliche Anhörung –

48. Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucher-

schutz

8. Juni 2017, 10:01 bis 11:40 Uhr

Anwesend:

Vorsitzende Abg. Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

CDU

Abg. Lena Arnoldt

Abg. Sabine Bächle-Scholz

Abg. Ulrich Caspar

Abg. Klaus Dietz

Abg. Dirk Landau

Abg. Claudia Ravensburg

Abg. Clemens Reif

Abg. Michael Reul

Abg. Kurt Wiegel

SPD

Abg. Timon Gremmels

Abg. Angelika Löber

Abg. Heinz Lotz

Abg. Regine Müller (Schwalmstadt)

Abg. Norbert Schmitt

Abg. Michael Siebel

Abg. Torsten Warnecke

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Abg. Angela Dorn

Abg. Martina Feldmayer

DIE LINKE

Abg. Marjana Schott

FDP

Abg. Jürgen Lenders

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Sz – 2 – ULA/19/48 – 08.06.2017

Fraktionsassistentinnen/Fraktionsassistenten:

Marco Gaug (Fraktion der CDU)

Stephanie Kramer (Fraktion der SPD)

Anke Pavlicek (Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Kay Lejcko (Fraktion DIE LINKE)

Tobias Kress (Fraktion der FDP)

Landesregierung/Rechnungshof/Landtagskanzlei:

Anzuhörende:

Institution Name

Freie und Hansestadt Hamburg

Bezirksamt Hamburg Mitte Falko Droßmann

Haus & Grund Hessen

Landesverband der Hessischen Haus-,

Wohnungs- und Grundeigentümer

Christian Streim

Younes Frank Ehrhardt

FeWo-direkt

Deutscher Ferienhausverband e. V.

Aye Helsig

Michelle Schwefel

MBWSV Nordrhein-Westfalen

Referat IV.5 MinRin Anna Zavelberg

Public Policy

Airbnb Germany GmbH

Tim Klaws

Tobias Heyer

Stadt Frankfurt

Leiterin Bauaufsicht Simone Zapke

Protokollierung: Sonja Samulowitz

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Sz – 3 – ULA/19/48 – 08.06.2017

Öffentliche mündliche Anhörung zu dem

Gesetzentwurf

der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für ein Ge-

setz zur Änderung des Hessischen Wohnungsaufsichtsgesetzes

– Drucks. 19/4656 –

hierzu:

Stellungnahmen der Anzuhörenden

– Ausschussvorlage/ULA/19/43 –

(Teil 1 verteilt am 01.06.17, Teil 2 am 12.06.17)

Vorsitzende: Meine Damen und Herren! Zu der 48. Sitzung des Ausschusses für Umwelt,

Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz begrüße ich Sie alle ganz herzlich:

die Frau Ministerin, die Damen und Herren von der Verwaltung, die Kolleginnen und Kol-

legen aus allen Fraktionen, Herrn Balk vom Hessischen Rechnungshof und die Anzuhö-

renden, die heute zu uns gekommen sind.

Außerdem heiße ich Frau Kollegin Arnoldt als neues Mitglied unseres Ausschusses herz-

lich willkommen.

Ich stelle fest, dass wir beschlussfähig sind. Die Einladung ist Ihnen fristgerecht zugegan-

gen. Ich bitte Sie, mir zu sagen, ob es von Ihrer Seite Änderungswünsche zur Tagesord-

nung gibt. – Das ist nicht der Fall. Dann können wir beginnen.

Wir haben schon sehr viele schriftliche Stellungnahmen erhalten. Weitere sind einge-

gangen; sie sind Ihnen per E-Mail zugeschickt worden.

(Die Vorsitzende stellt die Anwesenheit der Anzuhörenden fest.)

Ich bitte die Anzuhörenden, sich relativ kurz zu fassen. Sie alle haben eine schriftliche

Stellungnahme abgegeben, und die Abgeordneten hatten die Möglichkeit, diese

gründlich zu lesen und auf dieser Grundlage weitere Fragen zu formulieren.

Als Erstem erteile ich Herrn Droßmann das Wort.

Herr Droßmann: Zur Einordnung, aber auch zur Konkretisierung Ihres Vorhabens: Bei der

Freien und Hansestadt Hamburg handelt es sich um eine Einheitsgemeinde. Das heißt,

wir haben keine Verwaltungsgliederung wie die, die Sie in Hessen haben. Jede Rege-

lung trifft also unmittelbar für das gesamte Staatsgebiet zu. Es bedarf daher keiner ein-

zelnen Ausführungsverordnungen, Gemeindesatzungen oder Ähnlichem. Das verein-

facht natürlich die Sache an der einen oder anderen Stelle.

Zunächst einmal möchte ich mir grundsätzlich eine Einordnung Ihres Gesamtvorhabens

erlauben: Ich bin der Überzeugung – auch aufgrund der Erfahrungen, die wir in Ham-

burg, insbesondere in Hamburg-Mitte, gemacht haben –, dass eine Regelung in dieser

Form als alleiniges Instrument nur teilweise ausreichend ist. Man kann Wohnraum am

besten schützen und Wohnraum in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt am

besten entlasten, wenn man mehr Wohnraum schafft. Das ist ein wesentlicher Punkt.

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Wir haben das gemacht, indem wir, die Verwaltung, uns selbst verpflichtet haben, in

der Freien und Hansestadt Hamburg pro Jahr 10.000 Wohnungen zu errichten. Das ha-

ben wir über den „Vertrag für Hamburg“ gemacht, in dem sich die gesamte Verwal-

tung verpflichtet hat, das zu ermöglichen, über das „Bündnis für das Wohnen in Ham-

burg“, mit dem Verwaltung und Wohnungswirtschaft eine Verpflichtung eingegangen

sind, und, in einer abgewandelten Variante, über das „Bündnis für Quartiere“, bei dem

die Wohnungswirtschaft auch Infrastrukturmaßnahmen übernimmt. Das ist sehr erfolg-

reich. In diesem Jahr haben wir bis jetzt 6.738 Wohnungen errichtet, gerade auch in den

Gebieten, in denen der Wohnungsmarkt angespannt ist. Das ist auch eine Vorausset-

zung für Ihre Regelung.

Meiner Stellungnahme können Sie entnehmen, was – den politischen Zweck einmal au-

ßen vor gelassen – die Verwaltung mit dem, was Sie vorlegen, anfangen könnte. Wir

schlagen Ihnen aufgrund der Erfahrungen, die wir gemacht haben, eine Konkretisie-

rung vor. Der Begriff „Ferienwohnung“ ist aus unserer Sicht zu unbestimmt. Dieser Begriff

stand bis 2013 auch in unseren Verordnungen, aber wir sind eigentlich in keinem Punkt

damit durchgekommen. Wir sind in jedem Widerspruchsverfahren gescheitert, weil der

Begriff „Ferienwohnung“ zu unbestimmt war. Es hieß dann immer: Geht es um Wohnun-

gen, die nur zur Ferienzeit vermietet waren? Was versteht man eigentlich unter Ferien?

Wie definiert man sie?

Ich habe Ihnen eine Formulierung vorgeschlagen, die wir in das Hamburgische Wohn-

raumschutzgesetz und in die entsprechenden Verordnungen aufgenommen haben.

Ich habe Ihnen vorgeschlagen, auf die Nutzungsart abzustellen. Dann haben Sie näm-

lich die Möglichkeit, Boardinghäuser, Privatwohnungen oder Monteurwohnungen mit zu

erfassen.

Ein weiterer Punkt ist, dass Sie in der Erläuterung den Begriff „längerer Zeitraum“ undefi-

niert lassen. Der Begriff „längerer Zeitraum“ ist ebenfalls indifferent; es wird von jedem

anders empfunden, ab wann es sich um einen längeren Zeitraum handelt. Wir haben in

die Fachanweisungen des Hamburgischen Wohnraumschutzgesetzes eine Regelung

übernommen, wonach eine Wohnungsnutzung zweifelsfrei dann vorliegt, wenn die

Aufenthaltsdauer in der Wohnung sechs Monate oder länger beträgt. Damit ist dort

eine Legaldefinition enthalten, nach der sich alle Gemeinden im Bundesland richten

könnten.

Herr Streim: Zunächst bedanke ich mich für die Möglichkeit, hier noch einmal Stellung zu

nehmen. Sie haben es schon unserer schriftlichen Stellungnahme entnehmen können:

Wir lehnen diese Gesetzesvorlage ab. Wir meinen, dass der dadurch entstehende Ver-

waltungsaufwand in keinem angemessenen Verhältnis zu dem damit bezweckten Nut-

zen steht, denn es geht lediglich um Einzelfälle. Zudem wird sich die Regelung in Hessen

– das ist anders als in dem Stadtstaat Hamburg – auf Frankfurt beschränken, weil es

wohl nur dort Fälle geben wird, bei denen es sich lohnt, sich das anzuschauen. Nach

dem, was mein Vorredner aus Hamburg gesagt hat, scheint auch die praktische Umset-

zung schwierig zu sein, da schon die Definition des Begriffs „Ferienwohnung“ in der juris-

tischen Auslegung Probleme bereitet.

Wir lehnen die Regelung vor allem deshalb ab, weil sie eine neuerliche Regulierung des

Wohnungsmarktes und Eingriffe bedeutet und auf lange Sicht investitionshemmend

wirkt. Ich möchte daran erinnern, dass die privaten Haus-, Wohnungs- und Grundeigen-

tümer in Hessen immerhin über 2,5 Millionen Wohnungen verfügen: mehr als 85 % des

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hessischen Wohnungsbestands. Ich weiß nicht, ob Zahlen dazu vorliegen, wie viele die-

ser 2,5 Millionen Wohnungen als Ferienwohnungen genutzt werden. Ich sehe also nicht

die Notwendigkeit dafür, hier eine Regelung zu schaffen.

Im Übrigen muss überlegt werden, inwiefern die Verhältnismäßigkeit gewahrt ist. Bei die-

sem Vermietungsrecht geht es um einen Eingriff ins Eigentum, und da ist der Landesge-

setzgeber gefordert. Das in Form einer kommunalen Satzung zu regeln ist eventuell nicht

möglich. Wir gehen grundsätzlich davon aus, dass diese Regelung nicht erforderlich ist,

weil ein privater Vermieter an einem langfristigen und gedeihlichen Mietverhältnis und

nicht an einem schnellen Wechsel interessiert ist. Daher ist das eine Regelung, die letzt-

lich ins Leere läuft, und eine Regelung, die ins Leere läuft, brauchen wir nicht. Dafür

brauchen wir keine Gesetzesänderung.

Frau Schwefel: Ich bedanke mich sehr für die Gelegenheit, für den Deutschen Ferien-

hausverband Stellung zu nehmen. Der Deutsche Ferienhausverband vertritt die großen

Onlineportale und generell die Branche in Deutschland. Für uns ist entscheidend – das

hat auch mein Vorredner gesagt –: Stehen Nutzen und Aufwand in einem angemesse-

nen Verhältnis? Der Gesetzentwurf bezieht sich ausschließlich auf Ferienwohnungen.

Das heißt, über andere Branchen wird nicht geredet.

Wir betrachten das aus folgendem Grund als nicht sinnvoll: Erstens ist die Zahl der Woh-

nungen, bei denen eine Zweckentfremdung durch die Nutzung als Ferienwohnung vor-

liegt, sehr gering im Vergleich zu dem gesamten Wohnungsbestand in Hessen und auch

im Vergleich zu dem Bedarf, der für die kommenden Jahre ermittelt worden ist. Zwei-

tens sehen wir, dass die Kommunen schon jetzt genügend Handlungsspielraum haben –

auch nach der Änderung der Baunutzungsverordnung –, um einer unerwünschten Ent-

wicklung entgegenzuwirken. Das bedeutet: Wenn man eine neue Ferienwohnung ein-

richten möchte, muss man auch jetzt schon eine Nutzungsänderung beantragen. Die

Behörde kann Ja oder Nein dazu sagen, genauso wie bei einer Kanzlei oder einer Pra-

xis.

Hinzu kommt, dass der Bestandsschutz gewährleistet sein muss. Wir haben in Berlin ge-

sehen, man kann sich nicht einfach darüber hinwegsetzen, dass auf diese Weise beste-

henden Gewerben einfach ihre Grundlage entzogen wird.

Nächster Punkt: Zweitwohnungen. Auch da kann man eine Nutzung, bei der die Woh-

nungen für kurze Zeit vermietet werden, nicht ohne Weiteres untersagen, weil es sich

ebenfalls um Wohnungen handelt, die nicht dem Wohnungsmarkt entzogen werden.

Aus unserer Sicht stellt eine Regulierung der Nutzung von Ferienwohnung kein wirksames

Mittel dar, um den bestehenden, in der Tat nicht zu leugnenden Wohnungsmangel zu

beseitigen. Wir sehen, dass das in keinem angemessenen Verhältnis zum Nutzen steht.

Herr Helsig: Ich möchte noch etwas zu dem Thema Städte ausführen. Wir betreiben das

Portal „FeWo-direkt“ mit dem Schwerpunkt, Ferienwohnungen zu vermitteln. Wir sehen,

dass die Zahl der Ferienwohnungen relativ gering ist. Das stellt man auch fest, wenn

man weitere Portale, inklusive Sharing-Portale, hinzunimmt. In Frankfurt – die Situation in

Frankfurt ist der Kern des Ganzen – sind weniger als 1.500 Wohnungen betroffen. Das

macht 0,25 % des gesamten Frankfurter Wohnungsbestands aus. Wie viele davon dem

Wohnungsmarkt wirklich wieder zuzuführen sind, ist komplett offen. Gerade in Frankfurt

gibt es nicht viele reine Ferienwohnungen. Wie Frau Schwefel eben gesagt hat, gehen

wir davon aus, dass die Kommunen einen ausreichenden Handlungsspielraum haben,

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um die Nutzung als Ferienwohnung zu reglementieren; denn eine Nutzungsänderung

muss beantragt werden.

Aus der Konsumentensicht möchte ich gern folgenden Punkt erwähnen: Ferienwoh-

nungen sind gerade für Familien, die auch einmal in Städten Urlaub machen wollen,

wichtig, denn nicht jeder kann sich zwei Hotelzimmer inklusive Frühstück und Abendes-

sen leisten. Das kostet sehr viel. Deswegen ist diese Form des Urlaubs insbesondere bei

Familien beliebt und wird auch genutzt. Eine Reglementierung würde also auch für den

Tourismusmarkt in Frankfurt einen Einschnitt bedeuten, denn nicht jeder kann sich das

leisten, und letztendlich wird diese Zielgruppe ein bisschen aus den Städten verdrängt.

MinRin Zavelberg: Ich bin Referatsleiterin im Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtent-

wicklung und Verkehr in Düsseldorf und dort für das Wohnungsaufsichtsrecht zuständig.

In Nordrhein-Westfalen wurde 2012 eine vergleichbare gesetzliche Regelung geschaf-

fen, die den Kommunen ein Satzungsrecht für ein Zweckentfremdungsverbot einräumt:

§ 10 des Wohnungsaufsichtsgesetzes. Die Vorschrift enthält im Vergleich zu der in dem

hessischen Gesetzentwurf enthaltenen Regelung erweiterte Tatbestandsvoraussetzun-

gen, denn es sind auch noch der geplante Abriss, ein länger andauernder Leerstand

und die allgemeine Umnutzung zu anderen Wohnzwecken erfasst.

Soweit es sich um Kurzzeitvermietungen handelt, kann ich auf der Grundlage der in

NRW gemachten Erfahrungen berichten, dass vier Städte von den Satzungsermächti-

gungen Gebrauch gemacht haben, wobei sich die Zweckentfremdung dort in unter-

schiedlichen Formen darstellt. Alle vier Städte nutzen das Instrument intensiv und konn-

ten so verhindern, dass Wohnraum dem Wohnungsmarkt entzogen wird, bzw. sie konn-

ten dafür sorgen, dass Wohnraum zurückgeführt wurde.

Das Problem der Umnutzung von Wohnraum zu Ferienwohnungen lässt sich in drei Städ-

ten feststellen, wobei dies aus dem wachsenden Städtetourismus resultiert; in einer

Stadt kommt das Phänomen des Medizintourismus hinzu. Dabei handelt es sich vor al-

lem um ausländische Patienten, die sich zur Behandlung in diese Stadt begeben und

oft von einer großen Anzahl von Familienangehörigen begleitet werden. Damit sind wir

bei den Problemen, die durch die Umnutzung entstehen: Zum einen ist es der Wohn-

raum, der auf dem Wohnungsmarkt fehlt, zum anderen empfinden es die ortsansässi-

gen Bewohner als störend, wenn in den Häusern zu allen Tages- und Nachtzeiten Men-

schen ein- und ausziehen und in großer Anzahl dort wohnen.

Was können die Kommunen erreichen? Sie können zum einen definieren, welche Eigen-

tümer sie erreichen wollen. So haben in NRW alle Kommunen die Eigenheimbesitzer, die

ein Zimmer oder eine Einliegerwohnung anbieten – Wohnraum, der ansonsten unge-

nutzt bliebe –, ausgenommen. Schließlich geht es darum, dass dem Wohnungsmarkt

Wohnraum zur Verfügung steht, und dieser Wohnraum, meist in Ein- oder Zweifamilien-

häusern, stünde dem Wohnungsmarkt auch sonst nicht zur Verfügung. Die Zimmer bzw.

die Einliegerwohnungen würden leer stehen.

Wenn man ein solches Verbot ausspricht, sendet man ein klares Signal an den Woh-

nungsmarkt: Wohnraum muss als Wohnraum genutzt werden. Ausnahmen bedürfen der

Genehmigung. – Wir haben zwei Gruppen von Eigentümern: Das eine sind die gesetzes-

treuen, redlichen Eigentümer, die wegen einer Genehmigung anfragen oder gleich

erkennen, dass sie keine Genehmigung erhalten würden, und von ihrem Vorhaben ab-

lassen. Hier hat man das Ziel erreicht, eine Umnutzung zu verhindern. Gegen die ande-

ren, die trotz des Verbots eine Vermietung von Ferienwohnungen betreiben, muss die

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Kommune repressiv vorgehen, um dieses Geschäftsmodell zu unterbinden und den

Wohnraum wieder dem Mietwohnungsmarkt zuzuführen, wobei es mir ganz wichtig ist,

darauf hinzuweisen, dass die Kommunen das eigentlich nicht als repressive Keule ver-

stehen, sondern mit den Eigentümern ins Gespräch kommen wollen.

Aber zunächst ist es eine schwierige Aufgabe, den Eigentümern nachzuweisen, dass sie

Kurzzeitvermietung betreiben. Die Kommunen, die dem intensiv nachgehen, haben

erkannt, dass man dafür viel Personal braucht. Das kann man nicht mit einer halben

Stelle vom Schreibtisch aus machen. Vielmehr betreiben die kommunalen Mitarbeiter

eigene Recherchen, sowohl über Internetportale als auch über Ortsbegehungen. Aber

das wichtigste Hilfsmittel sind die Einwohner, die Umnutzungen – oder vermeintliche

Umnutzungen – zu Ferienwohnungen anzeigen.

In dem Stadtteil, der vom Medizintourismus besonders betroffen ist, hat man das Perso-

nal verstärkt und sogar eine Hotline eingerichtet, über die sich die Einwohner melden

können; denn aufgrund dieser Umnutzungen von Wohnraum ist es wirklich zu einer gro-

ßen Unruhe in der Bevölkerung gekommen. Hier hat man dann einige Ziele erreicht:

Man konnte zum einen Wohnraum zurückgewinnen, und zum anderen zusammen mit

den Eigentümern überlegen, wie der Bedarf nach Kurzzeitnutzungen von Wohnraum

gedeckt werden kann. So hat man dort einige Boardinghäuser genehmigt und da-

durch, dass die Verwaltung aktiv geworden ist, zu einer Befriedung beigetragen. Ob wir

aufgrund der Änderungen des Baunutzungsrechts in NRW das Satzungsinstrument in

den Städten künftig häufiger nutzen müssen, müssen wir abwarten.

Herr Klaws: Herzlichen Dank für die Einladung und die damit verbundene Möglichkeit,

die Aufmerksamkeit auf einen besonderen Themenkomplex zu lenken: das Thema

Homesharing. Hinter diesem etwas sperrigen Begriff verbirgt sich die Tatsache, dass so-

genannte Homesharer ganz normale Bürgerinnen und Bürger sind, die ihre selbst ge-

nutzte Wohnung bei eigener Abwesenheit oder einen Teil dieser Wohnung, etwa ein

Zimmer, bei eigener Anwesenheit wiederholt kurzzeitig vermieten. Das sind die Leute,

die beispielsweise, wenn sie auf Dienstreise gehen, im Urlaub sind oder für ein verlänger-

tes Wochenende wegfahren, ihre selbst genutzte Wohnung vermieten oder, wie meine

Vorrednerin schon gesagt hat, eine Einliegerwohnung oder ein Zimmer in der Wohnung,

die sonst leer stehen würden, zur Verfügung stellen.

Warum dies so wichtig ist, möchte ich erklären: Im Homesharing drückt sich aus, wie die

Menschen heute leben, arbeiten und reisen möchten. Das heißt, das ist das, was die

Menschen zusammenbringt. Wir sehen, dass sich dieses Modell gerade auch in den

hessischen Städten großer Beliebtheit erfreut.

Unsere Bitte im Rahmen unserer Stellungnahme ist, dass das Homesharing in der vorlie-

genden Gesetzesinitiative ausdrücklich geregelt und von der Genehmigung freigestellt

wird, denn Homesharer sind nicht mit professionellen Ferienwohnungsanbietern gleich-

zusetzen. Die Buchungs- und Vermietungszahlen, die wir verzeichnen, zeigen, dass

Homesharer weit unter der Vermietungszahl bleiben, die ein Gewerbetreibender errei-

chen muss, um sein Geschäft erfolgreich führen zu können. Wir finden, der administrati-

ve Aufwand für einen Homesharer, aber auch für die Verwaltung ist in diesem Fall nicht

gerechtfertigt und auch nicht notwendig oder verhältnismäßig.

Bei Airbnb unterstützen und verstehen wir auch das politische Ziel, Wohnraum zu schüt-

zen. Wir bitten Sie, zu verstehen, dass das gerade durch Homesharing unterstützt wird.

Homesharing ermöglicht, wie schon dargestellt, die nachhaltige Nutzung von Ressour-

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cen, d. h. die bestmögliche Ausnutzung von Wohnraum. Wenn jemand verreist, ob es

sich nun um eine Dienstreise oder um einen Urlaub handelt, wird diese Wohnung für

Gäste der jeweiligen Stadt genutzt. Das heißt, die knappe Ressource Wohnraum wird

optimal genutzt.

Dieser Gesetzentwurf bietet die Chance, mit Blick auf die Verhältnismäßigkeit und die

Förderung der Akzeptanz eine kluge Entscheidung zu fällen. Wir bitten darum, dass das

Homesharing entsprechend der Ergänzung zu unserer Stellungnahme von der Geneh-

migung freigestellt wird. Wir haben hierzu einen Formulierungsvorschlag eingereicht, der

sich an der Regelung der Freien und Hansestadt Hamburg orientiert, wobei eine objek-

tive Obergrenze zugrunde gelegt wird, die dem Gastgeber, also dem Homesharer,

leicht verständlich ist, aber auch die Verwaltung entlastet, die dann nicht Ressourcen,

Zeit und Personal darauf verwenden muss, jeden einzelnen Fall gesondert zu prüfen.

Gleichzeitig ermöglicht es eine objektive Obergrenze der Plattform auch, den Städten

auf technischer Seite unterstützend zur Seite zu stehen. Dies ist leider unmöglich, wenn

es immer wieder Einzelfallentscheidungen der Behörden dazu gibt, wie viele Tage z. B.

der Antragsteller X vermieten darf. Das ist für technische Plattformen nicht

administrierbar. Deswegen äußere ich abschließend noch einmal den Wunsch, ganz

normale Bürgerinnen und Bürger nicht unter das Regime der Genehmigung zu stellen,

sondern sie durch eine im Gesetzestext verankerte Obergrenze von der Genehmigung

freizustellen.

Frau Zapke: Ich bedanke mich für die Einladung. Eine kleine Korrektur vorab: Ich bin

Leiterin der Bauaufsicht der Stadt Frankfurt, komme also nicht aus dem Amt für Woh-

nungswesen. Die Bauaufsicht der Stadt Frankfurt kümmert sich seit Jahren um Ferien-

wohnungen. Daher sitze ich heute hier.

Lassen Sie mich zunächst die Situation in Frankfurt beschreiben: Wir haben ein strukturel-

les Wohnungsdefizit von 40.000 Wohnungen bis 2020. Seit Jahren gehen wir – wie wir

meinen, erfolgreich – gegen die Umnutzung als Ferienwohnungen vor. Bislang hatten

die Kommunen Handlungsspielräume über das Baugesetzbuch. Die Rechtslage hat sich

aber aufgrund der Novellierung des Baugesetzbuches entscheidend geändert. Das

heißt, die Handlungsspielräume, die hier angeführt wurden, sind drastisch eingeschränkt

worden: Die Einrichtung wird zwar auch zukünftig baugenehmigungspflichtig sein, aber

aufgrund der Novelle der Baunutzungsverordnung sind Ferienwohnungen in den meis-

ten Baugebieten zulässig.

Das ist ein ganz entscheidender Unterschied zu der bisherigen Rechtslage. Bislang wa-

ren Ferienwohnungen nur in Sondergebieten zulässig. Das heißt, wir konnten sehr gut

dagegen vorgehen und haben in den letzten vier Jahren 1.300 Wohnungen dem Woh-

nungsmarkt wieder zugeführt. Das man nach wenig klingen; wenn Sie aber die ange-

spannte Wohnungssituation in Frankfurt berücksichtigen, werden Sie einräumen, dass

wir das als Erfolg bezeichnen dürfen.

Ich möchte in diesem Zusammenhang auch deutlich machen, dass der uns vorliegen-

de Gesetzentwurf den Kommunen Handlungsspielräume belässt. Das begrüßen wir;

denn es ist eine politische Entscheidung, ob eine Satzung auf den Weg gebracht wird

oder nicht. In Frankfurt wird eine Satzung auf den Weg gebracht werden, wenn Sie sich

dafür entscheiden, dieses Gesetz zu verabschieden – wofür wir sehr plädieren.

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Ich darf aus der Presse zitieren. Airbnb hat Folgendes über die „Immobilien Zeitung“

lanciert und beschreibt damit die Situation recht gut:

In Frankfurt verspricht die Vermietung von Wohnungen an Touristen und Ge-

schäftsreisende über Portale wie Airbnb eine besonders attraktive Rendite. Das

Portal ShareaCamper hat für 31 internationale Städte die Renditen von ver-

schiedenen Privatvermietungsmodellen … untersucht.

Die Renditen für Ferienwohnungen liegen bei 13,1 %. Sie können sich vorstellen, was für

ein attraktives Modell das ist.

Insofern bitten wir, den Gesetzentwurf wie vorgesehen zu beschließen. Wir können sehr

gut damit umgehen. Es geht nicht um Einzelvermietungen von Zimmern, sondern um

Wohnungen insgesamt, die dem Wohnungsmarkt dauerhaft entzogen werden. Bislang

hatten wir in der Praxis keine Probleme bei der Anwendung.

Vorsitzende: Nun haben die Abgeordneten das Wort. Als Erster hat sich Herr Kollege

Caspar gemeldet.

Abg. Ulrich Caspar: Zunächst möchte ich im Namen der CDU-Fraktion all denen, die

heute zur Anhörung gekommen sind, für ihre schriftlichen Stellungnahmen, die wir uns

sehr interessiert angeschaut haben, aber auch für ihre mündlichen Ausführungen dan-

ken.

Ich habe zuerst eine Frage an Frau Zapke. Frau Zapke, wir haben eben gehört, dass es

in Nordrhein-Westfalen eine Gesetzesermächtigung gibt und dass vier Kommunen da-

von Gebrauch gemacht haben. Man sieht aufgrund der rechtlichen Situation, dass es

weite Teile der Länder nicht berührt, sondern offensichtlich nur einige wenige Städte. In

Hessen ist sicherlich primär die Stadt Frankfurt davon betroffen. Insofern ist es sehr gut,

dass Sie heute anwesend sind, um Ihre Anliegen vorzutragen.

In Frankfurt hat die Unterbringung von Messegästen eine große Bedeutung. Das heißt,

dort besteht – vielleicht im Unterschied zu anderen Kommunen in Hessen – die beson-

dere Situation, dass es attraktiver ist, eine normale Mietwohnung nicht an einen norma-

len Mieter abzugeben, sondern sie stattdessen zu möblieren und Messegästen anzubie-

ten. Frau Zapke, wenn ich Sie richtig verstanden habe, will die Stadt Frankfurt genau

das verhindern, und dazu soll der Gesetzentwurf dienen.

Eine andere Frage haben Herr Klaws von Airbnb und Frau Zavelberg aus Nordrhein-

Westfalen angesprochen, nämlich dass für Personen, die Eigentümer oder Mieter eines

Hauses sind, in dem es eine Einliegerwohnung gibt, eine temporäre Vermietung durch-

aus sinnvoll sein könnte, statt den Wohnraum leer stehen zu lassen. Das gilt auch für je-

manden, der eine große Wohnung hat, diese aber nicht verlassen will, z. B. weil es auf

dem Wohnungsmarkt schwer ist, eine kleinere zu finden. Bevor die Räume leer stehen,

ist es für ihn durchaus sinnvoll, sie an Studierende oder auch temporär zu vermieten.

Frau Zapke, wie wollen Sie eine Satzung umsetzen, die das berücksichtigt? Oder sind Sie

der Meinung, dass wir diesen Aspekt im Rahmen der Gesetzgebung berücksichtigen

müssten?

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Diese Frage richtet sich auch an Herrn Klaws: Wo sehen Sie einen Handlungsbedarf des

Gesetzgebers? Oder ist das, was die Stadt Frankfurt auf der Satzungsebene vorhat,

nach Ihren Vorstellungen ausreichend?

Abg. Michael Siebel: Auch im Namen der SPD-Fraktion möchte ich mich ganz herzlich

für die Ausführungen und die schriftlichen Stellungnahmen bedanken. Meine Fragen

richten sich insbesondere an unsere Gäste, die von etwas weiter her kommen.

Herr Droßmann, ich finde Ihre Formulierung „Überlassung von Wohnraum an wechseln-

de Nutzer zum Zwecke des nicht auf Dauer angelegten Gebrauchs und eine entspre-

chende Nutzung“ sehr zielführend. Ich hätte von Ihnen gern eine Einschätzung zur Auf-

enthaltsdauer. Sie gehen bei einer Wohnnutzung von einer Aufenthaltsdauer von sechs

Monaten oder länger aus. Wir haben uns in der SPD-Fraktion Gedanken darüber ge-

macht und finden, dass sechs Monate ein durchaus langer Zeitraum sind. Im Kern ist das

deckungsgleich mit dem Vorschlag, den Airbnb gemacht hat, nämlich ein halbes Jahr

Aufenthalt zugrunde zu legen. Herr Droßmann, deshalb frage ich Sie: Welche Erfahrun-

gen haben Sie mit diesem Zeitraum von sechs Monaten gemacht?

Herr Klaws, an Sie richte ich dieselbe Frage. Außerdem würde ich gern wissen, ob Sie

auch mit einem kürzeren Zeitraum leben könnten. Wir haben gehört, dass die Renditen

bei diesem Geschäftsmodell offensichtlich gar nicht schlecht sind.

Herr Droßmann, ich habe eine weitere Frage an Sie. Damit Sie den Hintergrund kennen:

In der ersten Lesung habe ich gesagt, dass es, wenn wir dieses hessische Gesetz schon

angehen, einen Sinn ergibt, auch andere Bereiche aufzunehmen. Sie haben in Ihr Ge-

setz eine Regelung in Bezug auf die Instandsetzung aufgenommen: wenn in einem

Wohnraum Arbeiten unterbleiben oder unzureichend ausgeführt werden. Das ist in den

Städten – auch in Frankfurt – zum Teil ein Problem. Deshalb hätte ich gern eine Einschät-

zung zu diesem Thema, auch zu dem, was Sie in § 12 Ihres Gesetzes – treuhänderische

Verwaltung von leer stehendem Wohnraum – geregelt haben. Dabei geht es nicht um

große Zahlen, aber es sind Signale an diejenigen, die zu der von Frau Zavelberg ange-

führten Kategorie B der Betroffenen gehören.

Frau Zavelberg, Sie haben in Ihrem Wohnungsaufsichtsgesetz auch eine Regelung zur

Zweckentfremdung von Wohnraum getroffen. Sie haben ausgeführt, das könne man

da oder dort machen. Im Hessischen Landtag haben wir im Kontext unseres Woh-

nungsgesetzes über die Zweckentfremdung diskutiert; aber jetzt ist mir aufgefallen, dass

man das auch im Wohnungsaufsichtsgesetz regeln kann.

Über das hinaus, was Sie in Ihrer Stellungnahme geschrieben haben – wenn ich Sie rich-

tig verstanden habe, geht es bei den von Ihnen erwähnten vier Städten um die Zweck-

entfremdung, dort sind entsprechende Satzungen erlassen worden – frage ich Sie nach

Ihren Erfahrungen: Ist das Erlassen einer Satzung für die Kommunen eine handhabbare

Möglichkeit, um Zweckentfremdung zu verhindern?

Ich weiß nicht, ob ich Sie akustisch richtig verstanden habe: Ich weiß nicht, was Medizin-

tourismus ist. Das interessiert mich nur so am Rande.

Abg. Martina Feldmayer: Vielen Dank für Ihre Stellungnahmen. Ich habe Fragen an Frau

Zapke. Herr Streim hat vorgetragen, dass, wenn der Gesetzentwurf in dieser Fassung

beschlossen wird, der Verwaltungsaufwand für die Kommunen immens groß sein wird.

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Sz – 11 – ULA/19/48 – 08.06.2017

Ich hätte von Ihnen gern eine Einschätzung dazu, wie groß dieser Verwaltungsaufwand

wäre – vielleicht im Gegensatz zu dem, was Sie im Moment an Arbeit leisten müssen,

um die illegale Umnutzung von Wohnungen zu identifizieren.

Airbnb hat einen Nachtrag zur Stellungnahme vorgelegt – wobei ich nicht weiß, ob er

Ihnen vorliegt. Darüber haben wir gerade gesprochen; es gab Fragen dazu. Hier gibt es

einen konkreten Vorschlag, wie wir den Gesetzentwurf ändern sollten. Demnach dürfen

entweder eine Wohnung weniger als ein halbes Jahr oder weniger als 50 % der Wohn-

fläche einer Wohnung für andere Zwecke genutzt werden. Ich würde gern Ihre Mei-

nung dazu hören: Wäre das eine Möglichkeit? Welche Alternativen sehen Sie ansons-

ten?

Eine Frage habe ich an den Vertreter von Airbnb: Sie führen auf Seite 3 Ihrer schriftli-

chen Stellungnahme aus, wie das Homesharing in Hessen funktioniert. Sie bekommen,

soweit ich das sehe, eine Provision von 3 %. Sie beschreiben dort auch, dass 2016 in Hes-

sen 4.300 Bürgerinnen und Bürger ihr Zuhause geteilt haben. „Teilen“ bedeutet meiner

Meinung nach aber nicht unbedingt, dass man dabei etwas verdient. Aber das ist viel-

leicht Wortklauberei. Ich würde gern wissen, welche Städte in Hessen das vor allen Din-

gen betrifft, wo man also den Wohnraum „teilt“. Wie wir schon gehört haben, ist Frank-

furt eine dieser Städte. Welche Städte betrifft das noch?

Abg. Jürgen Lenders: Auch ich bedanke mich bei den Anzuhörenden dafür, dass sie

sich die Mühe gemacht haben, heute hierherzukommen.

Ich möchte die bisher gestellten Fragen ein bisschen ergänzen. Auch ich habe zu-

nächst eine Frage an Frau Zapke: Ich habe Ihre mündliche Stellungnahme so verstan-

den, dass Sie dem Anliegen, das Airbnb hat, nicht entsprechen wollen. Sie sagen, früher

habe das Baugesetzbuch die Grundlage gebildet, diese Grundlage gebe es jetzt aber

nicht mehr. Vorher hätten Sie mithilfe des Baurechts einem Wildwuchs bei den Ferien-

wohnungen gut entgegenwirken können. Wie Kollege Caspar eben gesagt hat, sind

der interessanteste Markt mit Sicherheit die Messebesucher, die sich kurzfristig in der

Stadt aufhalten und denen privater Wohnraum zur vermietet wird. Habe ich Sie richtig

verstanden, dass Sie diesem Anliegen nicht entsprechen wollen?

Eine weitere Frage geht an Frau Zavelberg: Sie haben gesagt, dass in Nordrhein-

Westfalen speziell vier Städte von dieser Regelung Gebrauch gemacht haben. Können

Sie uns sagen, welche Städte das sind und in welcher Stadt es den sogenannten Medi-

zintourismus gibt? Den kennen wir in Wiesbaden übrigens auch. Sie haben auch gesagt,

Sie seien in diesen vier Städten in NRW sehr erfolgreich gewesen und hätten dem Woh-

nungsmarkt Wohnraum wieder zuführen können. Können Sie das ein bisschen präzisie-

ren? Haben Sie Zahlen dazu?

Auch den Personaleinsatz haben Sie angesprochen: Sie haben gesagt, das gebe es

nicht zum Nulltarif. Das müsse man berücksichtigen, wenn man das machen wolle. Ich

erkundige mich danach, weil an die Vertreterin der Stadt Frankfurt die Frage gerichtet

wurde, wie viel Personal man dafür braucht. Vielleicht können Sie ein bisschen ausführ-

licher beschreiben, wie das in diesen vier Städten ausgesehen hat.

Ich konzentriere mich jetzt auf diese vier Städte. Seitens des Tourismusgewerbes wird oft

der Vorwurf erhoben – ich finde es sehr bedauerlich, dass heute kein Vertreter des

DEHOGA anwesend ist und wir uns nicht über dessen Stellungnahme unterhalten kön-

nen –, dass diejenigen, die, wie ich es ausdrücken möchte, in den gewerblichen Be-

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reich gehen, gegen viele Vorschriften verstoßen, an die man sich im normalen Hotel-

gewerbe halten muss, z. B. Brandschutzauflagen und Steuerauflagen.

Hat man in diesen vier Städten in NRW von Instrumenten Gebrauch gemacht, die, wie

ich es einmal ausdrücke, alternativ anzuwenden gewesen wären, z. B. von der Zweit-

wohnungssteuer, also der steuerlichen Überwachung? Gerade beim Medizintourismus

haben wir es auch vielfach mit Verstößen gegen das Melderecht zu tun. Sind das Din-

ge, die in diesen Städten parallel zu dem – ich nenne es jetzt einmal so – Zweckent-

fremdungsgesetz oder dem Satzungsrecht gelaufen sind? Vielleicht können Sie etwas

dazu sagen.

Eine Frage habe ich auch an Herrn Droßmann: Darüber haben wir jetzt noch nicht ver-

tieft diskutieren können, aber vielleicht können Sie sie aus Hamburger Sicht beantwor-

ten. Die Frage betrifft das Eingriffsrecht ins Eigentum: Inwieweit ist, als Sie das in Ham-

burg gemacht haben, das Eigentumsrecht daraufhin abgeprüft worden? Inwieweit ha-

ben die verfassungsgemäßen Eingriffe in das Eigentum, mit denen wir es hier zu tun ha-

ben, in Hamburg eine Rolle gespielt? Das kann vielleicht Herr Droßmann beantworten –

obwohl ich Frau Zavelberg auch noch hätte fragen können.

Abg. Marjana Schott: Auch ich bedanke mich ganz herzlich. Es ist gut, dass viele Fragen

schon abgeräumt worden sind. Ich habe nur noch ganz wenige Punkte nachzureichen.

Mich interessiert eine Einschätzung von Herrn Droßmann. Sie haben geschrieben und es

eben auch noch einmal erwähnt, es sei juristisch ziemlich problematisch gewesen, dass

Sie das Wort „Ferienwohnung“ in Ihrem Gesetz stehen hatten. Es wäre von uns nicht be-

sonders klug, wenn wir etwas in das Gesetz schreiben würden, bei dem wir aufgrund

der anderswo gemachten Erfahrungen schon ahnen könnten, dass es mit Sicherheit zu

juristischen Auseinandersetzungen führt. Können Sie etwas dazu sagen, wie heftig diese

Auseinandersetzungen waren? Sie müssen immerhin so ausgeprägt gewesen sein, dass

Sie sich entschlossen haben, das vollständig zu verändern.

Von denen, die an den kurzzeitigen Vermietungen interessiert sind, würde ich gern et-

was zu Folgendem hören: Es wurde verschiedentlich darauf hingewiesen, im Moment

sei das alles gut zu regeln. Wie schätzen Sie die Situation ein, wenn es zu den Änderun-

gen am Baurecht kommt? Bestünden dann aus Ihrer Sicht immer noch genug Rege-

lungsmöglichkeiten?

Frau Zapke: Ich habe wahrgenommen, dass Sie zunächst der Verwaltungsaufwand be-

schäftigt. Ich kann berichten, dass wir nicht planen, mehr Personal einzustellen. Wir ha-

ben in der Bauaufsicht eine Abteilung Wohnraumschutz, die das Thema bislang bear-

beitet. Wir sehen keinen Mehraufwand auf uns zukommen; denn wir haben inzwischen

Routinen aufgebaut, wie man mit dem Thema umgeht.

Das setzt allerdings eine klare Regelung voraus. Wir können mit dem vorliegenden Ge-

setzentwurf sehr gut leben. Sie haben mich richtig verstanden: Die Ergänzungen, die

Airbnb vorgeschlagen hat, lehnen wir ab, denn genau diese Ergänzungen schaffen

Interpretationsspielräume, Umgehungstatbestände usw. Auch in den gerichtlichen

Auseinandersetzungen hatten wir mit dem Terminus „Ferienwohnung“ bisher kein Prob-

lem. Die Gerichtsverfahren, mit denen wir es zu tun hatten, haben wir gewonnen. Im VG

Frankfurt am Main und auch im Hessischen Verwaltungsgerichtshof ist das offensichtlich

etwas unproblematischer als in der Hansestadt. Wie die weitere Entwicklung sein wird,

kann ich nicht beurteilen. Aber rechtlich hatten wir bislang keine Probleme.

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Wir bitten, die Homesharer nicht in das Gesetz aufzunehmen. In der Verwaltungspraxis

sind wir bislang folgendermaßen vorgegangen: Die Vermietung einzelner Zimmer bei

Eigennutz – der Eigentümer wohnt weiterhin in der Wohnung und vermietet einzelne

Zimmer – haben wir nicht verfolgt. Es geht um den Entzug einer kompletten Wohnung,

um sie zu einem anderen Zweck zu nutzen, nämlich um Ferienwohnungen einzurichten.

Das ist der Tatbestand, den wir verfolgen, und diesen Bereich würden wir mit einer Sat-

zung steuern.

Wenn der Gesetzentwurf in der jetzigen Fassung beschlossen wird, hätten wir keinen

größeren Verwaltungsaufwand; wir könnten damit leben. Eine zeitliche Eingrenzung zur

Konkretisierung des Tatbestands „Ferienwohnung“ halten wir ebenfalls für nicht erforder-

lich. Wir sind in der Praxis bislang hervorragend zurechtgekommen. Ihr Gesetzentwurf

ermöglicht uns auch weiterhin eine vernünftige Steuerung. Er wäre eine gute Grundla-

ge für eine Satzung. Die Notwendigkeit für weitere Ergänzungen sehen wir nicht.

Herr Klaws: Zunächst zu der Frage von Herrn Caspar: Sie haben gefragt, inwieweit wir

noch Handlungsbedarf sehen, insbesondere vor dem Hintergrund dessen, was die Ver-

treterin der Stadt Frankfurt am Main gesagt hat. Ich glaube, gerade die Aussage, die

eben getroffen wurde, zeigt die Notwendigkeit einer Klarstellung im Gesetz. Absurder-

weise ist nämlich das, was die Vertreterin der Stadt Frankfurt gesagt hat, gar nicht weit

entfernt von unserer Auffassung; denn wir sagen, gerade durch eine Obergrenze wird

der dauerhafte Entzug einer Wohnung verhindert. Durch die Objektivierung der Ober-

grenze ist es auch nachvollziehbar, dass hier ein Interessenausgleich erfolgen soll.

Das führt mich zu der Frage von Herrn Siebel bezüglich des Zeitraums von sechs Mona-

ten: Es geht gar nicht darum, ob wir gut damit leben können, sondern darum, ob es

rechtssicher ist. Die Grundlage der Frage ist das Recht. Da kann ich – das ist das promi-

nenteste Beispiel – auf Erfahrungen aus Berlin verweisen. Das Verwaltungsgericht Berlin

hat im Rahmen eines Urteils festgestellt, dass sich die Abwägung zwischen den privaten

Interessen des Gastgebers und den öffentlichen Interessen am Wohnraumschutz am

Überwiegen der jeweiligen Nutzung orientiere. Das heißt, wenn die Wohnnutzung wei-

terhin überwiegt, ist der Mehrwert eines Verbots nicht gegeben. Der Wohnraum wird

dem Wohnungsmarkt gerade nicht entzogen, wenn die Hälfte oder sogar ein noch

größerer Teil der Wohnung zu Wohnzwecken genutzt wird. Im Umkehrschluss heißt das:

Wenn weniger als die Hälfte des Jahres vermietet wird – das Gericht hat explizit von 182

Tagen gesprochen –, besteht im Interesse der Allgemeinheit immer noch ein ausrei-

chender Wohnraumschutz.

Der Ausgangspunkt sollte also das Recht sein. Inwieweit eine politische Entscheidung

getroffen wird, davon abzuweichen, können wir nicht beeinflussen oder beurteilen. Wir

werben nur dafür, dass keine willkürliche Festlegung vorgenommen wird, nach dem

Motto: „Wir können mit X Tagen leben“, oder: „Wir finden X Tage okay“. Ich finde, der

Gesetzgeber sollte sich dann die Mühe machen, eine rechtsklare Begründung vorzule-

gen, warum er von dem Zeitraum von 182 Tagen abweicht. Die Entscheidung des Ver-

waltungsgerichts Berlin ist bestandskräftig geworden; denn die Senatsverwaltung ist

nicht dagegen vorgegangen. Sie ist der Auffassung, das ist rechtskonform.

Mit anderen Worten: Wir werben dafür, dass, wenn von der Dauer von 182 Tagen ab-

gewichen werden soll, rechtsklar hinterlegt wird, warum das geschieht, und dass eine

Untersuchung zu den Lebensumständen und vielleicht auch zu den vorherrschenden

Arbeitsgewohnheiten der Bürgerinnen und Bürger in Hessen in Auftrag gegeben wird.

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Noch einmal: Um ganz sicher zu sein und der rechtlichen Ausgangslage zu entspre-

chen, sollte man sich an dem Berliner Urteil – das wir Ihnen gern zur Verfügung stellen –

orientieren, in dem eine Interessenabwägung vorgenommen und klargestellt wurde,

warum von der Dauer von 182 Tagen ausgegangen wird.

Wir glauben auch, es ist wichtig, dass der Landesgesetzgeber dies schafft. Auch die

Ausführungen der Vertreterin der Stadt Frankfurt haben gezeigt, dass es, obwohl im Ge-

setzentwurf die Notwendigkeit einer Genehmigung, die Voraussetzung dafür und die

Voraussetzungsverpflichtung für die Erteilung einer Genehmigung enthalten sind, eher

ein Verbot mit Genehmigungsvorbehalt gibt – wobei am Ende des Tages aufgrund poli-

tischer Entscheidungen keine Genehmigungen erteilt werden, und das, wie gesagt,

obschon gerichtlich festgestellt wurde, dass die Interessen des Gastgebers eindeutig

betroffen sind. Ein einfaches Verbot von Homesharing bedingt keinen Mehrwert für die

Allgemeinheit, sondern es handelt sich einfach nur darum, dass dem Gastgeber verbo-

ten wird, seine gesamte Mietwohnung oder seine gesamte Eigentumswohnung bei

Abwesenheit zu vermieten. Ein Mehrwert wird dadurch nicht generiert. Wir wollen durch

diese Obergrenze die Städte dabei unterstützen, administrativen Aufwand herunterzu-

fahren.

Noch einmal: Wir haben mit anderen Städten schon Vereinbarungen getroffen, wie wir

das unterstützen können. Wir brauchen eine objektive Obergrenze, damit wir das admi-

nistrieren können. Den politischen Druck sehen wir auch in Berlin. Den Bezirken als den

ausführenden Organen wurde die Möglichkeit eingeräumt, Ermessensentscheidungen

zu treffen. Da aber der politische Druck seitens der Senatsverwaltung so groß war, ha-

ben sich die Bezirke eher für die sichere Seite entschieden und keine Genehmigungen

ausgestellt. Das heißt, ein Verbot mit Genehmigungsvorbehalt wurde in der Praxis ei-

gentlich als Verbot gehandhabt. Das widerspricht eindeutig den Interessen der Eigen-

tümer und der Mieter.

Frau Feldmayer, zu dem Terminus „geteilt“: Nach unserem Verständnis ist das keine

Wortklauberei; denn es handelt es um keine kostenfreie Zurverfügungstellung. Wir wer-

den immer der „sharing economy“ zugeordnet. „Sharing“ bedeutet das Teilen der

Mietsache mit jemand anders. Egal ob man selbst dort wohnt oder die Mietsache zur

Verfügung stellt, während man nicht anwesend ist, es bleibt das Teilen. Dass man dafür

Geld bekommt, kommt in dem Begriff „economy“ zum Ausdruck. Wir sind der Meinung,

dass das ein Teilen ist. Übertragen auf ein Auto bedeutet das: Wenn man sein Auto an

jemanden vermietet, teilt man dieses Objekt.

Zu der Frage, um welche Städte es noch geht: Wir sind hessenweit in Kommunen vertre-

ten. Wir haben uns aufgrund des Hinweises in dem Gesetzentwurf bezüglich der Kom-

munen einige Städte angeschaut. Natürlich war Frankfurt am Main als prominentestes

Beispiel darunter. Unsere Daten zeigen beispielsweise, dass bei der Nutzung der Anteil

der Privatzimmer den Anteil der ganzen Wohnungen überwiegt: 52 % Privatzimmer, 45 %

ganze Wohnungen und 3 % Gemeinschaftszimmer. In Darmstadt ist es ähnlich – mehr

Privatzimmer als ganze Wohnungen: 52 % zu 45 %. In Wiesbaden haben wir 230 aktive

Gastgeber, bei denen aber – das muss man auch sagen – anzunehmen ist, dass das

Gewerbliche sind, die ganzjährig eine Wohnung zur Verfügung stellen.

Die weit überwiegende Mehrheit der Gastgeber in Hessen macht das eben nicht um

der Investition willen, sondern als Homesharer. Wir stellen fest, dass es zwar nur wenige

schwarze Schafe gibt, die aber prominent auftreten, eher in der Presse auftauchen und

daher eher als Beispiel für die Argumentation genommen werden als die vielen

Homesharer, die das nur ab und zu machen.

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Herr Droßmann: Zunächst einmal: Ich hatte die große Freude, einige Jahre im schönen

Hessen zu leben, nämlich in Michelstadt im Odenwald. Das ist nun ein paar Jahre her,

und vor Kurzem wollte ich Michelstadt wieder besuchen. Die Wohnung, in der ich da-

mals gelebt hatte, konnte ich nun über ein Onlineportal mieten. Ich habe also dieses

Wochenende in meiner alten Wohnung verbracht, die jetzt von privater Hand vermietet

wird. Ich durfte quasi in mein altes Zuhause zurückkehren. Ich sage nicht, welches Portal

das war, um hier nicht Einzelne hervorzuheben. Aber ich fand es interessant, dass das

meine frühere Wohnung war, in der man während der Schulzeit mit wenig Geld leben

konnte.

Es gab eine ganze Menge von Fragen. Ich fange mit der letzten Frage an: Ich werbe

dafür, nicht unbestimmte, sondern bestimmte Rechtsbegriffe zu verwenden. Das ist et-

was, was sich in der Verwaltungspraxis – zumindest in unserer – als gut herausgestellt

hat. Wir haben aufgrund der Verfasstheit der Freien und Hansestadt Hamburg nicht das

Problem, das man in Berlin hat, wo die Bezirke mit diesen Entscheidungen alleingelassen

werden. In Hamburg wird das von zentraler Stelle entschieden. Insofern haben wir dort

keine Selbstständigkeit.

Ich werbe aber für bestimmte Rechtsbegriffe; dass diese sich auszahlen, zeigen die Er-

fahrungen. Der Begriff „Ferienwohnung“ ist einfach unbestimmt und greift nicht, wenn

es sich nicht um eine gewerblich angemeldete Ferienwohnung handelt. In dem Mo-

ment ist der Begriff nicht mehr bestimmt, und dann obliegt es dem jeweiligen Richter,

den Begriff zu definieren, oder – wie in Ihrem Fall – es obliegt sogar der einzelnen Ge-

meinde, das in ihrer Satzung legaldefinitorisch umzusetzen. Ich habe allerdings nicht

gesagt – Frau Abgeordnete, ich erinnere mich nicht mehr genau an Ihre Formulierung –

, dass das ein unkluger Satz wäre. Das würde ich so nicht sagen.

(Frau Zapke: Das war mein Wort!)

– Okay. Das ist nur für das Protokoll wichtig. Ich würde mir das nicht anmaßen wollen.

Es gab allerdings auch noch einige andere Fragen. Da ich ein politischer Beamter bin,

muss ich sie an diesem Punkt auch so beantworten. Sie sprechen über den Entwurf für

ein Gesetz zur Änderung des Hessischen Wohnungsaufsichtsgesetzes. Das ist eine politi-

sche Entscheidung. Wenn ich über den Terminus nachdenke, stelle ich fest, Sie möch-

ten den Wohnungsmarkt beaufsichtigen. Wir sind damals in Hamburg einen anderen

Weg gegangen. Wir haben damals das Hamburgische Wohnraumschutzgesetz verab-

schiedet. Unser Anspruch ist es also nicht, den Wohnungsmarkt zu beaufsichtigen, son-

dern unser Anspruch ist es, den Wohnraum zu schützen und zu erhalten.

Ich erspare es Ihnen jetzt, dass ich den Inhalt des gesamten Gesetzes vortrage, sondern

gehe nur auf die Fragen ein, die zu zwei Punkten gestellt worden sind. Es wurde gefragt,

welchen Anspruch der Gesetzgeber hat. Der Gesetzgeber kann Regelungen erlassen,

aber er muss auch bereit sein, diese Regelungen durchzusetzen. Ich finde, wenn er

nicht dazu bereit ist, brauchen wir diese Regelungen nicht. Dafür brauchen wir die Ulti-

ma Ratio. Das heißt, wenn wir wirklich jemanden haben, der dem öffentlichen Interesse

resistent zuwiderhandelt, muss die kontrollierte öffentliche Verwaltung in der Lage sein,

das zu beenden.

Das haben wir in Hamburg gemacht; ich habe daran mitgearbeitet. Es geht um Stadt-

teile – von denen Sie schon einmal gehört haben, z. B. St. Pauli oder St. Georg; die lie-

gen auch in meinem Verantwortungsbereich –, bei denen wir merken, dass sie sich,

auch durch die Homesharer, verändern, etwa indem die Nahversorgung zurückgeht

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und dafür der Lifestyle kommt: der siebte Bäcker, das achte Café, der nächste Design-

laden. Das sind Stadtteile, die sich komplett verändern und in denen wir – das sind hoch

verdichtete Bereiche in der Innenstadt – jetzt Probleme damit haben, dass es noch ge-

nug Kinder gibt, um die Schule in der Nähe zu rechtfertigen. Sie werden dafür aber im-

mer hübscher und schicker.

Wir haben dort eine Soziale Erhaltungsverordnung erlassen, allerdings viel zu spät, was

die Umwandlung und das Zusammenlegung von Wohnraum und Ähnliches betrifft. In-

sofern mussten wir da reagieren, und das haben wir getan. § 12 des Hamburgischen

Wohnraumschutzgesetzes sieht vor – Sie hatten konkret nachgefragt –, dass nach einer

Eskalationsstufe, die man, wie Sie alle wissen, in der Verwaltung immer hat, nämlich An-

hörung, Androhung von Bußgeld, Bußgeld, Widerspruchsverfahren, die Möglichkeit be-

steht, von Amts wegen einen Treuhänder einzusetzen.

Da gibt es zwei Möglichkeiten. Die eine besteht in der Einsetzung eines Treuhänders bei

der Veränderung von Wohnraum. Ich habe durchgesetzt, einen Treuhänder bei leer

stehendem Wohnraum zu bestellen. In dem Fall war es so, dass ein Wohnungseigentü-

mer alle Eskalationsstufen durchlaufen hat. Er hat in einem Haus in Hamburg-Hamm,

ungefähr zehn Minuten von der Elbphilharmonie entfernt, Wohnraum einfach leer ste-

hen lassen – eine Wohnung war noch belegt –, mit der erklärten Absicht, die Wohnun-

gen pinselsanieren zu lassen und für ein Vielfaches des in den Altverträgen festgelegten

Mietpreises neu zu vermieten. Wir haben es am Ende so gemacht, dass wir dem Eigen-

tümer den Besitz an seinem Haus entzogen – physisch, indem wir die Schlösser austau-

schen ließen – und dann einen öffentlich-rechtlichen Treuhänder eingesetzt haben. Die-

ser Treuhänder hat die Wohnungen sanieren lassen und sie nach einer Markteinschät-

zung vermietet.

Das ist übrigens in Absprache mit dem Mieterverein zu Hamburg und dem Grundeigen-

tümer-Verband Hamburg erfolgt. Beide sind vorher darüber informiert worden, beide

sind um Stellungnahme gebeten worden, und beide haben sich auch dafür ausge-

sprochen, in diesem Fall einem der berühmten schwarzen Schafe einen Riegel vorzu-

schieben; denn durch das Verhalten solcher Einzelner – aber sie wirken in einem Bal-

lungsgebiet natürlich als Symbole – wird letztlich jeder Grundeigentümer in ein schlech-

tes Licht gerückt.

Sie haben gefragt, ob das rechtlich haltbar war. Wir haben im Hinblick auf die Verfas-

sungsmäßigkeit – natürlich bezogen auf die Hamburgische Verfassung – eine eigene

Prüfung zu diesem Punkt angestellt und sind zu dem Schluss gekommen, dass das ge-

setzlich legitimiert ist. Ich erinnere Sie daran, dass auch das Hessische Wohnungsauf-

sichtsgesetz – mir liegt es jetzt leider nicht vor – einen Paragrafen enthält, in dem dieser

Eingriff in die Unverletzlichkeit des Wohneigentums geregelt ist. Das steht in Ihrem Gesetz

bereits jetzt. Das haben wir in Hamburg umgesetzt; es ist sowohl von Wohnungsgebern

als auch von Wohnungsnehmern als ein sehr gutes Instrument gesehen worden.

Zum Verwaltungsaufwand: Natürlich gibt es Verwaltungsaufwand. Aber der Punkt ist:

Wenn der Gesetzgeber etwas möchte, hat es die Verwaltung umzusetzen. Dann muss

man in dieser Situation auch die notwendigen Stellen schaffen. Aber wir haben auch

innerhalb der Verwaltung überlegt, wie wir Informationen austauschen können. Auch

das haben wir rechtlich überprüfen lassen. Wir haben z. B. Informationen aus dem Ge-

werbeamt – Gewerbeanmeldungen – an die Wohnraumschützer weitergeleitet. Auch

an der Bearbeitung von Bauprüfanträgen – Anträge auf bauliche Veränderungen von

Wohnraum – haben wir die Wohnraumschützer beteiligt. Auf diese Weise ist das Wissen

bei allen zeitgleich vorhanden. Natürlich ist noch viel zu tun. Wir schätzen, dass es allein

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in dem von mir verantworteten Bereich 4.000 Wohnungen gibt, die derzeit dem Woh-

nungsmarkt entzogen sind.

Aber noch einmal zu den Homesharern: Wir haben kein Problem damit, dass jemand für

einen gewissen Zeitraum, etwa für ein Wochenende, sein Zimmer herausgibt. Hamburg

ist schließlich die schönste Stadt der Welt, und wir sind froh, wenn Menschen zu uns

kommen.

(Allgemeine Heiterkeit – Zurufe)

Vorsitzende: Sie merken, nicht alle Aussagen finden Zustimmung.

Herr Droßmann: Sie brauchen nicht allem zuzustimmen. – Es geht nur darum, dass es ein

Problem ist, wenn Quartiere geschädigt werden. Die Festlegung eines Zeitraums von

sechs Monaten ist nur eine Regelung. In meiner Stellungnahme habe ich in dem

darunterstehenden Absatz vorgeschlagen, anstelle des Begriffs „längerer Zeitraum“ ei-

nen bestimmten Rechtsbegriff zu wählen:

Dagegen wird eine Wohnnutzung vermutet, wenn Personen zum Zwecke der

Ausbildung oder Erwerbstätigkeit ihren Lebensmittelpunkt für einen begrenzten

längeren Zeitraum verlagern und dafür einen Mietvertrag für mindestens drei

Monate geschlossen wird und die Abrechnung der Miete monatlich erfolgt.

Der letzte Punkt, nämlich dass die Abrechnung der Miete monatlich erfolgt, ist für uns

ein ganz starker Hebel; denn damit können wir der Praxis der Wochenmiete oder der

Tagesmiete etwas entgegensetzen.

Der Grundeigentümer-Verband Hamburg, der Mieterverein zu Hamburg und die

Homesharer: Der Schlüssel liegt darin, dass wir miteinander sprechen. Wir wollen an die-

ser Stelle nicht per se etwas verbieten, aber es muss für alle zeitgleich funktionieren.

Deshalb ist es wichtig, miteinander zu sprechen. Jeder der Beteiligten hat immer die

Möglichkeit, sich an die Verwaltung zu wenden.

Wenn z. B. ein Nachkriegsbau aus dem Jahr 1949 mit 160 Wohnungen abgerissen wer-

den soll, weil er einfach das Ende seiner Lebenszeit erreicht hat, wird er nicht auf einen

Schlag entmietet, sondern unter Umständen haben wir dann zwei, drei Jahre lang Leer-

stand. Wir verlangen aber – auch das ist in dem Hamburger Gesetz geregelt –, dass Er-

satzwohnraum zur Verfügung gestellt wird. Das heißt, der Eigentümer weist uns nach,

dass er Ersatzwohnraum zur Verfügung stellt, und dann kann er die Wohnungen so lan-

ge, bis alle entmietet sind und das Gebäude abgerissen werden kann – das dauert zum

Teil jahrelang –, leer stehen lassen. Wichtig ist aber, dass wir miteinander sprechen.

Dann können wir auch die Genehmigung erteilen.

MinRin Zavelberg: Sie haben gefragt, welche Städte in NRW von der Satzung Gebrauch

machen. Das sind Köln, Bonn, Münster und Dortmund, wobei die Probleme mit den Fe-

rienwohnungen in allen Städten außer in Dortmund auftreten.

Zu der Frage, worum es beim Medizintourismus geht: Hiervon ist vor allem die Stadt Bonn

betroffen. Es bedeutet, dass vor allem aus dem arabischen Raum stammende Patien-

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ten die Universitätsklinik Bonn aufsuchen, sich dort in Behandlung begeben und mit gro-

ßem Gefolge über längere Zeit in der Stadt verweilen.

Herr Siebel, Sie haben auch noch gefragt, ob die Kommunen mit den Satzungen um-

gehen könnten. Das Land hat den Kommunen das Satzungsrecht eingeräumt, weil so

ortsnah entschieden werden kann, ob es einen Wohnraummangel und eine Zweckent-

fremdungsproblematik gibt. Wir haben das im letzten Jahr durch ein Institut evaluieren

lassen, und es hat sich bestätigt, dass diese vier Kommunen davon einen guten Ge-

brauch machen. In einigen anderen Kommunen hat man es sich überlegt, derzeit aber

noch keinen konkreten Bedarf gesehen. Das spiegelt die Lage in NRW wider. Die Kom-

munen haben ähnliche Satzungen. Sie haben die Satzungen zusammen mit dem Städ-

tetag nach einem Musterentwurf gestaltet und dann örtliche Besonderheiten aufge-

nommen.

Zur Quantifizierung: Ich habe mir im Vorfeld aus allen Städten mündliche Berichte ge-

ben, mir aber keine Statistiken vorlegen lassen. Inwieweit Wohnraum erhalten oder dem

Wohnungsmarkt wieder zugeführt werden konnte, ist schwer zu ermitteln; denn, wie ich

eben sagte, wenn ein Zweckentfremdungsverbot mit Genehmigungsvorbehalt besteht,

werden all diejenigen nicht erfasst, die sich treu daran halten. Der Wohnraum bleibt

dabei per se erhalten. Allerdings gibt es unter den Eigentümern, gegen die Stadt re-

pressiv vorgeht, viele, die schon einlenken, wenn jemand von der Stadt kommt und

sagt: Das entspricht nicht der Gesetzeslage, eine Kurzzeitvermietung ist nicht möglich,

Sie müssen zur Langzeitvermietung zurückkehren.

Dass die Städte im Zusammenhang mit der Kurzzeitvermietung schon viele Verfügungen

erlassen hätten, ist mir nicht bekannt. Sie sind an denen dran, die uneinsichtig sind. Aber

eine Stadt muss auch schon einmal eine längere Kette von Beweisen bringen, um zu

belegen, dass in einem Fall eine Kurzzeitvermietung vorliegt. Allerdings ist es nicht im

Sinne der Städte, das als Keule zu verwenden, sondern die Mitarbeiter versuchen erst

einmal, konsensual vorzugehen, und dabei sind sie auch erfolgreich.

Zu dem Personaleinsatz: Diese Frage ist in den Städten unterschiedlich gelöst worden.

Die Stadt Köln hat mit der Einbringung der Satzung zwei zusätzliche Stellen beantragt;

die Stadt Bonn hat gerade mit Blick auf den Medizintourismus eine Taskforce eingerich-

tet und dafür vier zusätzliche Stellen geschaffen, die nach Möglichkeit auf Dauer erhal-

ten bleiben sollen. Die Städte Münster und Dortmund haben das mit dem vorhandenen

Personal geregelt.

Zu der Frage nach der Zusammenarbeit innerhalb der Kommune und mit anderen Stel-

len: Natürlich steht das Wohnungsamt immer mit dem Bauordnungsamt in Kontakt, aber

auch mit der Gemeindekasse – da geht es um die Gemeindesteuern – sowie mit dem

Meldeamt, der Kulturabgabestelle und dem Finanzamt. Man schaut also immer aus

vielen Blickwinkeln: Gibt es hier Indizien für eine Kurzzeitvermietung, und wenn ja, ist sie

genehmigt, ist sie genehmigungsfähig, und hält sich der Eigentümer an die verschiede-

nen Auflagen?

Abg. Ulrich Caspar: Frau Zapke, sowohl Ihnen als Leiterin der Bauaufsicht als auch uns

als Gesetzgeber liegt es am Herzen, alles dafür zu tun, um den Mietwohnraum zu erhal-

ten und ihn optimal zu nutzen. Jetzt haben wir die Situation, dass wir bei bestehenden

Mietvertragsverhältnissen oft relativ günstige Mieten haben, was zur Folge hat, dass

Familien, die sich im Laufe der Zeit zahlenmäßig verkleinern, gleichwohl ihre große

Wohnung behalten, weil es für sie attraktiver ist, in der alten, großen Wohnung die nied-

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rige Miete zu zahlen, als in eine kleinere Wohnung umzuziehen, für die sie vielleicht so-

gar mehr Miete zahlen müssen.

Wir haben in Frankfurt am Main durchaus Bestände an Mietwohnungen, bei denen ein

Teil der Flächen nicht unbedingt benötigt wird. Gleichwohl sind diese Wohnungen ver-

geben. Auf der anderen Seite haben wir dort insbesondere im September sehr viele

Studierende, die kurzfristig Wohnraum suchen. Ich glaube, es ist im Interesse aller, dass,

wenn ein oder zwei Räume in einer großen Wohnung leer stehen, auch in Zukunft die

Möglichkeit gegeben ist, dass Studierende dort temporär aufgenommen werden.

Beabsichtigen Sie, in der Satzung, die Sie erlassen wollen, solchen Wohnraum von der

Genehmigung freizustellen? Ich sehe nämlich folgendes Problem: Wenn Sie sagen:

„Grundsätzlich soll für alle temporären Nutzungen in Zukunft eine Genehmigung erteilt

werden“, wird es viele Mieter geben, die sich sagen: Wenn ich jetzt eine Genehmigung

einholen muss, ist mir das zu umständlich. Ich weiß nicht, an wen ich mich wenden

muss, wie das geht, warum das gemacht werden muss, und dann lasse ich es lieber. –

Das kann nicht in unserem Interesse sein. Wie wollen Sie diesen Punkt regeln? Meinen

Sie, Sie können das in einer Satzung klar definieren, z. B. indem Sie sagen: „Für diese und

jene Nutzung bedarf es keiner Genehmigung“? Oder sagen Sie: „Damit wir die Kontrolle

haben, brauchen wir erst einmal für alles eine Genehmigung, und dann schauen wir

mal“?

Frau Zapke: Auch wir wollen den Verwaltungsaufwand so gering wie möglich halten.

Wir sehen im Augenblick die Einzelzimmervermietung bei gleichzeitigem Verbleib in der

Wohnung gar nicht im Tatbestand der Nutzung als Ferienwohnung erfasst. Insoweit wä-

re das sicherlich überhaupt nicht genehmigungsrelevant. Wir setzen uns aber noch

einmal mit der Rechtsprechung aus Hamburg auseinander und prüfen, ob etwas da-

gegen spricht. Bisher sind wir gegen diese Nutzungen nicht vorgegangen. Wir haben es

nie als Ferienwohnung klassifiziert – auch nicht nach dem Baurecht –, wenn der Mieter

oder Eigentümer in der Wohnung bleibt und einzelne Zimmer vermietet. Das haben wir

bisher nicht als genehmigungspflichtige Nutzungsänderung im Baurecht gesehen, und

diese Praxis würden wir auch fortsetzen. Wenn es dazu einer Klarstellung bedarf – wie

gesagt, in Hessen sind wir, was die Rechtsprechung betrifft, bislang gut damit gefahren

–, würden wir das in einer Satzung ergänzen. Darin sehe ich kein Problem.

Abg. Ulrich Caspar: Herr Klaws hat gerade den Kopf geschüttelt. Herr Klaws, ich würde

gern hören, welche Bedenken Sie dagegen haben; denn inhaltlich scheint mir durch-

aus ein Konsens darüber zu bestehen, was erwünscht ist und was nicht.

Herr Klaws: Ich habe den Kopf zum Teil deshalb geschüttelt, weil wir beispielsweise bei

dem Thema Zimmervermietung einen Konsens haben. Die Rechtsprechung, aus der ich

zitiert habe, macht aber keinen Unterschied, ob es sich um ein Zimmer, also um einen

Teil der Wohnung, handelt oder um einen Teil der Jahresnutzung der gesamten Woh-

nung. Wir fänden alles andere auch sehr lebensfremd; denn – noch einmal – so möch-

ten Leute reisen, so möchten Leute ihre Wohnung nutzen.

Wenn wir uns aufgrund der Erfahrungen in die Situation der Verwaltung versetzen, stel-

len wir fest, es kann, wenn die Wohnnutzung anteilig überwiegt, keinen Unterschied er-

geben, ob es eine gesamte Wohnung ist oder ein Teil einer Wohnung, solange die

Wohnnutzung in Gänze überwiegt. Es wird auf diese Weise kein neuer Wohnraum ge-

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schaffen, und es wird auch kein Wohnraum dem Wohnungsmarkt wieder zugeführt.

Noch einmal: Das führt zu einem Verbot ohne Mehrwert.

Schauen wir uns einmal die schwarzen Schafe an. Über diese sollten wir uns unterhalten,

und über sie unterhalten wir uns auch sehr gern mit den Vertretern der Frankfurter Bau-

aufsicht. Aber man muss erst einmal einen Rahmen schaffen, um die schwarzen Schafe

zu definieren. Die schwarzen Schafe sind garantiert nicht die Homesharer, die, wenn sie

ihre Wohnung vermieten, überwiegend darin wohnen – in der ganzen Wohnung oder in

einem Teil.

Ich warne aufgrund der in Berlin gemachten Erfahrungen ausdrücklich davor, politi-

schen Druck in einer Stadt wie Frankfurt auszuüben, in der es sicherlich eine starke

Wohnraumverknappung gibt, die aber garantiert weder Airbnb noch die anderen An-

bieter von Ferienwohnungen maßgeblich verursacht haben und die auch nicht durch

sie verschärft worden ist. Schon gar nicht sind es die Homesharer. Die Homeharer tra-

gen vielmehr dazu bei, dass die Ressource Wohnraum effektiv genutzt wird.

Wenn es in dem hessischen Gesetz bereits die Möglichkeit gibt, diese von der Geneh-

migung freizustellen, fördert das hessenweit die Akzeptanz des Ganzen; denn es ist

nachvollziehbar. Das heißt, es gilt dann nicht in Frankfurt eine in einer Satzung enthalte-

ne Regelung, die vielleicht von denen in Darmstadt, Bad Homburg usw. abweicht.

Wenn es um die Verhältnismäßigkeit geht, orientiert man sich nun einmal daran, dass es

nicht nachvollziehbar ist, nur zu sagen: Ein Zimmer in einer Wohnung ist für uns kein Prob-

lem.

Noch einmal: Wenn ich Sie richtig verstanden habe, haben Sie gesagt, Sie verfolgten

das nicht. Das heißt, es spielt eine Rolle bei der Umsetzung des Rechts, nicht aber nicht

Rechtsetzung. Auch das ist eine Frage der Akzeptanz, des Verständnisses und der

Nachvollziehbarkeit seitens der Gastgeber. Man sagt also: Das ist etwas, was wir eigent-

lich nicht wollen, aber in der Verwaltungspraxis kümmern wir uns nachrangig darum. –

Auch das ist etwas, was wir vermeiden möchten. Ich sage nicht, dass es in Frankfurt so

ist. Ich möchte nur verhindern, dass es eine Entwicklung in diese Richtung geben kann;

denn man kann nicht etwas verbieten, ohne einen Mehrwert zu schaffen, und da se-

hen wir in Bezug auf die Homesharer eine Gefahr.

Frau Schwefel: Zu den Auswirkungen des veränderten Baurechts: Frau Zapke hat dazu

gesagt, dass mit der Änderung der BauNVO andere Verhältnisse herrschen und dass

zuvor Ferienwohnungen nur in Sondergebieten erlaubt waren. Dem möchte ich entge-

genhalten, dass Ferienwohnungen in Wohngebieten mitnichten eine neue Entwicklung

sind; wir haben das seit Generationen. Etwa 70 % dieser Ferienwohnungen befinden

sich in privater Hand, und der gesamte Markt sorgt immerhin für 8 Milliarden € Umsatz

pro Jahr, und das ist keine Entwicklung, die erst in den letzten Jahren eingesetzt hat.

Eine Änderung bewirkt hat in den letzten Jahren ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts

Greifswald aus dem Jahr 2007, in dem die BauNVO so ausgelegt wurde, dass der Ge-

setzgeber gemeint habe, Ferienwohnungen seien nur in Sondergebieten erlaubt. Dem

steht aber das Vorhandensein von Ferienwohnungen in Wohngebieten – die es schon

sehr lange dort gibt – entgegen.

Der Gesetzgeber hat sich daher im vergangenen Jahr darangemacht, die Regelung in

der BauNVO klarzustellen und deutlich zu machen, dass das Vorhandensein von Feri-

enwohnungen in Wohngebieten vom Bund sehr wohl erwünscht war. Das haben wir

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jetzt mit der Änderung der BauNVO erreicht. Das heißt, für die Ferienwohnungen, die es

sowieso schon gibt, besteht damit Rechtssicherheit.

Für mich ist es auch wichtig, noch einmal zu unterstreichen, das sind alles rechtstreue

Bürger. Das heißt, es sind Leute, die brav ihre Steuern zahlen, die ihr Gewerbe ange-

meldet haben, die die örtlichen Tourismusabgaben zahlen und die ihre Wohnungen

über die Portale der jeweiligen Tourismusgemeinden anbieten. Das sind also keine Leu-

te, die in der Grauzone agieren.

Mit der Änderung der BauNVO haben wir eigentlich nur im Gesetz klargestellt, was wir

auch vorher schon faktisch hatten: dass es in allgemeinen und reinen Wohngebieten

unter bestimmten Umständen ausnahmsweise Ferienwohnungen geben kann. „Aus-

nahmsweise“ heißt in dem Fall auch, dass die Kommunen den Handlungsspielraum ha-

ben, das zu untersagen oder eben zuzulassen. Eine Kommune, die das nicht möchte,

kann das also im Baugebiet entsprechend ausweisen oder die Genehmigung verwei-

gern. Eine Kommune wiederum, die das will, kann die Genehmigung erteilen und das

so auch in den Bebauungsplan schreiben. Das ist die gegenwärtige Lage.

Mit anderen Worten: Durch die Änderung der BauNVO entsteht kein Handlungsdruck;

denn für zukünftige Projekte müssen immer noch Nutzungsänderungen beantragt wer-

den, und jede Kommune hat alles Recht der Welt, das zu verweigern und zu erklären:

Bei uns ist der Wohnungsmarkt angespannt, wir können das nicht realisieren, für uns ist

das eine Belastung, wir möchten das nicht.

Frau Zapke: Gestatten Sie mir zunächst eine Anmerkung zu den Ausführungen des Ver-

treters von Airbnb: Die Vermietung einzelner Zimmer fällt für uns bislang nicht unter den

Tatbestand der Nutzung als Ferienwohnung. Das hat nichts mit der Ahndung zu tun,

sondern wir schließen das als Tatbestand aus.

Zu den Ferienwohnungen: Aus unserer Sicht hat sich die Rechtslage durch die Ände-

rung der Baunutzungsverordnung sehr wohl geändert. Die Änderung resultiert aus einer

Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern, in der festge-

stellt wurde, dass Ferienwohnungen nur in Sondergebieten – Gebiete, die für Ferien-

wohnungen ausgewiesen sind – zulässig sind. Das war der Anlass für die Änderung der

Baunutzungsverordnung, die beschlossen und in Kraft getreten ist. Insofern muss ich der

Aussage widersprechen, dass kein Handlungsdruck entsteht. Der Handlungsdruck ist da.

Deswegen begrüßen wir den Gesetzentwurf. Vor der Änderung der Baunutzungsver-

ordnung hatten wir diesen Handlungsdruck nicht.

Abg. Torsten Warnecke: Ich habe zwei Fragen an Herrn Klaws. Die erste Frage bezieht

sich auf das, was Sie zuletzt gesagt haben: dass Sie dafür plädieren – wenn ich Sie rich-

tig verstanden habe –, in Hessen eine einheitliche Regelung zu schaffen, statt den

Kommunen die Möglichkeit einzuräumen, lokal zu handeln. Wir haben auch die Fehlbe-

legungsabgabe, bei der wir es den Kommunen ermöglichen, sie zu erheben; sie muss

aber nicht landeseinheitlich erhoben werden. Halten Sie das für keine gute Regelung?

Wenn Sie das für keine gute Regelung halten, halten Sie dann eine bundeseinheitliche

Regelung für notwendig?

Die zweite Frage steht im Zusammenhang mit Ihren Ausführungen zum Mietverhältnis: Es

gibt auf der einen Seite jemanden, der einen Teil mietet, und auf der anderen Seite gibt

es jemanden, der direkt vom Vermieter mietet. Dazwischen gibt es aber einen Unter-

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schied, und darüber streiten wir uns eigentlich. Wenn ich von einem Vermieter miete, ist

das ein ganz normales Mietverhältnis, egal wie man es definieren will – ob das für drei

Tage, fünf Wochen oder zehn Monate gilt. Wenn ich von einem Mieter miete – ich lasse

jetzt einmal das Sharing außen vor –, ist das sozusagen ein Teilmietverhältnis. Kann man

das nicht schlicht und einfach auf dieser Ebene regeln? Es sind doch Mietverhältnisse,

über die wir hier reden.

Damit verbinde ich eine Frage zu Ihrem Geschäftsmodell: Wie gewährleisten Sie eigent-

lich, dass die Summen, die in Rede stehen, entsprechend dem, was abgerechnet wird,

gezahlt werden? Wenn ich das so mache, wie Sie beschrieben haben, und z. B. nach

Kopenhagen oder nach London fahre und dort günstig unterkomme, kostet das viel-

leicht 20 €, von denen Sie 3 % bekommen, also 60 Cent. Ich weiß nicht, wie weit Sie

damit kommen. Das ist jedenfalls meine Vorstellung von der Angelegenheit; denn es

geht bei der zu zahlenden Summe eigentlich nur um eine Anerkennung. Wenn es da-

gegen 80 oder 90 € wären: Ich weiß nicht, ob das die üblichen Umgangsformen sind,

wenn man etwas teilen will.

Meine Frage ist: Wie kontrollieren Sie das? Gibt es Aussagen dazu, wie sich die Teilmiet-

verhältnisse, über die wir hier reden, im Verhältnis zum Gesamtmarkt darstellen? Ist das

ein adäquater Preis? Bei einer Miete von 1.000 € – 30 Tage hat der Monat – würde ich

für drei Tage ungefähr 30 € verlangen. Sind das die Preise, die in Ihren Kundenkreisen zu

finden sind, oder sind es ganz andere Preise, so, wie es Herr Caspar eingangs erwähnt

hat? Wir wissen z. B., dass die hiesigen Hotels gigantisch teuer sind – ich sage es ganz

offen–, wenn in Frankfurt Messe ist. Das reicht bis nach Wiesbaden. An anderen Tagen

sind die Hotelpreise ganz normal. Spielt das bei Ihrem Modell eine Rolle, oder kann man

sagen: „Da wird ein kleiner Obolus verlangt, und damit hat es sich; wir machen das

über die Menge“?

Herr Streim: Ich möchte noch einmal ganz kurz auf die Relevanz des ganzen Vorhabens

eingehen. Nach den Erhebungen, die die Landesregierung vornehmen ließ, fehlen in

Hessen in den nächsten Jahren 37.000 Wohnungen jährlich. Mit dem, worüber wir hier

reden, lösen Sie das Problem des angespannten Wohnungsmarktes nicht. Es wäre bes-

ser, hier gezielt Investitionen zu begünstigen, indem man weiterhin Förderung anbietet.

In den öffentlichen Töpfen gibt es genug Geld; über die WIBank und auch über die KfW

gibt es entsprechende Förderungsmodelle. Wenn man das machen würde, würde

mehr Wohnraum geschaffen. Dann würde das Problem der Ferienwohnungen auch

nicht ins Gewicht fallen. 1.300 Wohnungen haben Sie in den letzten Jahren dem Frank-

furter Wohnungsmarkt wieder zugeführt – ich weiß nicht, wie viele Jahre es waren –: Das

ist – Entschuldigung – nichts im Verhältnis zu den 37.000 Wohnungen, die jährlich fehlen.

Ich sehe also die Relevanz dieses Vorhabens nicht. Die Streitigkeiten, ob auf der Recht-

sanwendungsebene oder auf der konkreten Umsetzungsebene, sind dagegen jetzt

schon programmiert. Der Vertreter aus Hamburg hat berichtet, dass es Widerspruchs-

verfahren gab, weil man den Begriff „Ferienwohnung“ nicht genau definiert hatte. So

etwas werden Sie hier wahrscheinlich auch zu erwarten haben. Das sind Dinge, die die

Probleme, die wir haben, überhaupt nicht lösen.

Herr Klaws: Herr Warnecke, ich hoffe, ich habe Sie verstanden. Falls nicht, bitte ich Sie,

die Fragen zu konkretisieren.

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Die eine Frage bezog sich auf eine einheitliche Regelung für ganz Hessen im Vergleich

zu einer lokalen oder sogar einer bundeseinheitlichen Regelung. Eine bundeseinheitli-

che Regelung ist, was den Wohnraum betrifft, aufgrund der Gesetzgebungskompetenz

nicht möglich. Dementsprechend haben wir von Airbnb die Aufgabe, mit allen Lan-

desgesetzgebern und den Vertretern der entsprechenden Kommunen Gespräche zu

führen. Es würde uns das Leben leichter machen, wenn das in der Kompetenz des Bun-

des läge und es eine bundeseinheitliche Regelung gäbe. Dann hätten wir weniger An-

sprechpartner. Gleichwohl treffen wir uns sehr gern mit allen Ansprechpartnern, die jetzt

dafür zuständig sind.

Beim Homesharing plädieren wir für eine hessenweite Regelung, was das Freistellen von

einer Genehmigung betrifft; denn in diesem Bereich kommt es nicht darauf an, eine

Entscheidung in den Kommunen unterschiedlich zu behandeln. Ausgangspunkt sollte

nämlich die rechtliche Betrachtung der Interessenlagen sein. und die sind in Frankfurt

und in Bad Homburg nicht unterschiedlich. Sollten sich beide Kommunen für eine Sat-

zung entscheiden, sollte das der maßgebliche Ausgangspunkt für eine Praxis der Ge-

nehmigungsfreiheit sein.

Bezüglich der Mietverhältnisse möchte ich das Geschäftsmodell klarstellen: Bei Airbnb

gibt es die Möglichkeit, entweder die gesamte eigene Wohnung zu vermieten oder ein

Zimmer in dieser Wohnung, beispielsweise ein Schlafzimmer, das temporär nicht genutzt

wird, oder die Schlafcouch im Wohnzimmer. Das heißt, der Gastgeber kann zwischen

drei Optionen wählen. Er kann seine gesamte Wohnung temporär vermieten, wenn er

auf Dienstreise, im Urlaub oder sonst wie abwesend ist; er kann aber auch ein Zimmer

temporär vermieten. Er möchte dieses Zimmer nicht dauerhaft vermieten, vielleicht weil

er es für den Besuch von Freunden oder Verwandten frei halten möchte, aber wenn

dem nicht so ist und er Lust hat, jemanden aufzunehmen, kann er ein entsprechendes

Angebot auf unserer Seite einstellen.

Damit hängt auch die Frage nach dem Preis zusammen. Eine Provision in Höhe von 3 %

bekommt Airbnb vom Gastgeber. Den Preis legt der Gastgeber in Eigenverantwortung

fest; er legt auch fest, wann er vermieten möchte. Das heißt, die Plattform Airbnb ent-

hält keine Vorgaben. Die Entscheidung, wann und zu welchem Preis er das machen

möchte, obliegt ganz allein dem Gastgeber. Er wird aber sehen, dass er nicht gebucht

wird, wenn es ein Preis ist, der völlig jenseits des Akzeptablen liegt. Um einmal eine Zahl

zu nennen: Im Jahr 2016 hat ein typischer Gastgeber auf Airbnb insgesamt 1.700 € ver-

dient. Wie gesagt, diese Einnahmen hat er auf der Grundlage der Zahl der Tage, an

denen er vermieten wollte, selbst zusammengesetzt.

Zu dem Vergleich der Hotelpreise während der Messezeit und zu normalen Zeiten: Wir

versuchen, durch interne Analysen des Buchungsverhaltens Transparenz zu schaffen.

Wir haben oft veröffentlicht, wie das Buchungsverhalten ist. Wir haben festgestellt, dass

es sich bei den Gästen um eine andere Klientel handelt als bei den Hotelgästen. Das

kannibalisiert sich nicht, sondern es buchen überwiegend Gäste bei Airbnb, die etwas

über das Wochenende suchen, während bei den Hotels eher unter der Woche ge-

bucht wird. Bei Airbnb werden mehr Nächte gebucht, bei den Hotels weniger.

In Bezug auf die Messe muss ich sagen: Die Auslastung der Hotels führt dazu, dass die

Preise steigen. Für diese Zeit kann Airbnb eine Entlastung schaffen, obwohl es sich bei

den Messegästen nicht um die Klientel handelt, die bei Airbnb typischerweise als Gast

bucht. Aber das betrifft nicht alle Kommunen. Deswegen würde ich da ungern eine

absolute Bewertung vornehmen. – Ich hoffe, ich habe das erklären können.

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Zur Klarstellung: Bei einer Vermietung der ganzen Wohnung zieht deren Mieter oder Ei-

gentümer nach Beendigung des Mietverhältnisses wieder zurück. Nach dem langen

Wochenende, der Dienstreise oder dem Sommerurlaub kehrt er wieder in die Wohnung

zurück, während er bei der Vermietung eines Zimmers gleichzeitig mit dem Gast in der

Wohnung ist. Das rechtfertigt nach unserem Verständnis die Gleichbehandlung der

Homesharing-Methode. Ob es die ganze Wohnung ist oder ein Teil der Wohnung, in

beiden Fällen wird kein Wohnraum vom Markt genommen. In beiden Fällen kann eine

solche Wohnung auch nicht wieder dem langfristigen Mietmarkt zugeführt werden,

denn, wie gesagt, der Gastgeber wohnt selbst drin.

Stellv. Vors. Abg. Ulrich Caspar: Herr Droßmann, bevor ich Ihnen das Wort erteile, möch-

te ich anmerken: Sie haben vorhin an der Reaktion auf Ihre Aussage, Hamburg sei die

schönste Stadt in Deutschland, erkannt, dass Sie nicht so ganz den Geschmack dieses

Publikums getroffen haben. Versöhnlich stimmt uns allerdings, dass Sie sich geradezu

danach gesehnt haben, wieder in Michelstadt zu wohnen. Das können wir eher nach-

vollziehen.

(Allgemeine Heiterkeit)

Herr Droßmann: Herr Vorsitzender, es war wirklich eine schöne Zeit. – Ein paar Punkte

möchte ich noch klären. Ich werbe dafür, dass wir uns nicht missverstehen: Eine ge-

nehmigte Ferienwohnung ist eine genehmigte Ferienwohnung. Natürlich zahlen die

Leute ehrlich ihre Steuern – hoffe ich zumindest, denn daher kommt mein Gehalt. Nie-

mand hat etwas dagegen, dass es Ferienwohnungen gibt. Das bereichert, wie Sie ganz

am Anfang Ihres Statements gesagt haben, die Möglichkeiten, die eine Kommune, eine

Stadt oder ein Landkreis haben. Eine Hotelnutzung ist nämlich – das zeigen die Zahlen

von Hamburg Tourismus – durchaus immer als anonymer zu bewerten als z. B. die über

Ihre Plattform gebuchten Unterbringungsmöglichkeiten oder Ferienwohnungen. Insofern

gibt es da keinen Widerspruch. Es geht um die berühmten schwarzen Schafe, aber das

sind nicht diejenigen, die Sie vertreten.

Zu dem, was der Vertreter von Haus & Grund Hessen gesagt hat: Die öffentlichen Kas-

sen sind voll. Dass die öffentlichen Kassen voll sind, wird von der öffentlichen Hand oft-

mals anders bewertet. Ich habe eben gesagt, dass wir in Hamburg 10.000 Wohnungen

errichten. 30 % davon fallen unter den sozial geförderten Wohnungsbau. Es müssen 30 %

der Wohnungen sozial gefördert sein, ansonsten gibt es für die anderen 70 % an diesen

Stellen keine Baugenehmigung. Man muss aber sagen, das ist für die Wohnungswirt-

schaft relativ unattraktiv – auch für die Grundeigentümerinnen und Grundeigentümer –,

denn der Zinssatz ist derzeit so niedrig, dass die KfW mit ihren Fördersätzen da eigentlich

kaum mithalten kann. Trotzdem müssen die Grundeigentümer Belegungsbindungen

und gewisse Bindungsfristen in Kauf nehmen – 15 oder 30 Jahre z. B. –, in denen sie den

Wohnraum nicht verändern können. Die öffentlichen Zuschüsse gibt es in Hamburg also;

sie sind aber relativ unattraktiv. Insofern würde ich diese Möglichkeit gar nicht so voran-

treiben.

Warum haben wir dieses Gesetz verabschiedet? Es ging nicht darum, ein ganzes Land

einheitlich unter Kuratel zu stellen, sondern darum, Hamburg als einem Ballungsraum –

ich habe es so verstanden, dass es in Hessen ebenfalls um die Ballungsräume geht – die

Möglichkeit zu geben, Fehlentwicklungen zu verhindern. Das ist unser Begehr; denn wir

haben die Erfahrung in Hamburg gemacht, dass sich, weil wir einfach zu spät angefan-

gen haben, ganze Quartiere verändert haben.

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Noch einmal: Wir haben in die Ausführungsbestimmungen – bei uns heißt das „Fachan-

weisung“ – zu dem Hamburgischen Wohnraumschutzgesetz geschrieben, was das nor-

male Miet- und Untermietverhältnis von dem unterscheidet, was wir nicht wollen. Zu die-

sem Zweck haben wir eine Liste in die Ausführungsbestimmungen eingefügt. Ich nenne

nur ganz wenige Punkte: Wir haben eine 50-%-Regelung eingeführt. 49 % der Wohnflä-

che kann man also für solche Sachen zur Verfügung stellen. Bereitstellung von Bettwä-

sche und/oder Verpflegung, Reinigung des Raumes/der Wohnung, wiederholte Erbrin-

gung von Serviceleistungen während des Aufenthalts, Überlassung für kürzere Zeit, Ent-

gelt nach Tagen oder nach Wochen, Werbung im Internet, haupt- oder nebenberuflich

betriebene Vermietung – all das sind Punkte, bei denen wir einen qualifizierten Unter-

schied zu ganz normalen Untermietverhältnissen annehmen. Das hat sich als effektiv

herausgestellt.

Eine Sache noch: Das, was ich hier vortrage, sind die Regelungen, die seit 2013 gelten.

Das aus meiner Sicht nicht wirklich praktikable Gesetz wurde natürlich von einem Vor-

gängersenat dieses Senats erlassen und war deshalb sui generis nicht als erfolgreich zu

bewerten.

Stellv. Vors. Abg. Ulrich Caspar: Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich

möchte allen Anzuhörenden herzlich danken, dass sie heute hierhergekommen sind

und sich mit uns ausgetauscht haben.

Wiesbaden, 14. Juli 2017

Die Protokollführerin: Die Vorsitzende:

Sonja Samulowitz Ursula Hammann