Sprachgeschichte der Deutsche Sprache

27
1 Sprachgeschichte Die deutsche Sprache geht auf frühere Formen zurück, die selbst aus früheren Sprachstufen entstanden sind. Wie Sprache verändert wird, ist aber ungewiss. Jede natürliche Sprache ist heterogen (untersch. ausgeprägt). Es gibt nicht DAS Deutsche, sondern verschiedene Schichten (Varietäten), die entweder nach räuml. Ausdehnung (Dialekte) oder gesellschaftlicher Verwendungsweise (Soziolekte) unterschieden werden: Standardsprachen (keine einheitliche, sondern mehrere 45, weite räuml. Ausdehnung) Umgangssprachen (meist von großen Städten ausgehend, weniger räuml. Ausdehnung) Verkehrsdialekte (wieder weniger räuml. Ausdehnung, z.B. Wiener Becken) Basisdialekte (geographisch beschränkt) Zur Zeit Jacob Grimms wurde festgestellt, dass die „normale“ Sprachform nicht die Schriftsprache ist und das Gesprochene nur Dialekte davon, sondern dass Dialekte das Ursprüngliche sind, während die Verschriftlichung erst später stattfand. Die Sprachwissenschaft gibt der gesprochenen Sprache Vorzug gegenüber der geschriebenen. Sprachgeschichte, Dialektologie und Namensforschung sind etwa gleich alt, ihre Begründer sind Jacob Grimm („Deutsche Grammatik“), Johann Andreas Schmeller („Bayrisches Wörterbuch“) und Ernst Wilhelm Förstemann („Altdeutsches Namensbuch“). Die Unterschiede zwischen den Standardsprachen sind stark regional geprägt. Bis Anfang 20. Jhdt. gab es überhaupt keine Norm, erst 1901 eine Norm der dt. Rechtschreibung, die jedoch nur den amtlichen Schriftverkehr betraf. Die Grammatik ist (bis heute) nicht geregelt, auch wenn der Schulunterricht dies suggeriert geht jedoch nur von Schulen selbst aus. Je weiter man zurückgeht, desto mehr Probleme ergeben sich bzgl. der Varianz. Die Standardsprache ist erst im Laufe des Frühneuhochdeutschen entstanden (zw. 16.18. Jhdt.), und zwar über den Dialekten, die wie gesagt das Ursprüngliche bilden. Die Umgangssprache wurde Ende 19. Jhdt. entdeckt, jedoch gibt es keinen Beleg dafür, wann sie entstanden ist. Es wird angenommen, dass sie sich durch Industrialisierung und daraufhin entstehende Menschenansammlungen in den Städten neu geformt hat. Unterschiede zwischen Dialekt und Hochsprache: Dialekt o familiärintim, örtlich, am Arbeitsplatz, mündlich o untere Schichten (Bauern, Arbeiter, Handwerker, Angestellte, geringe Schulbildung) o orts und raumgebunden, landschaftsspezifisch o begrenzte, minimale Reichweite, geringster Verständigungsradius Hochsprache o öffentlich, überörtlich, mündlich & schriftlich, Literatur, Kunst, Wissenschaft, bei feierlichen Anlässen, in Gottesdienst & Schule o Mittel & Oberschicht (höhere Beamte & Angestellte, Unternehmer, Akademiker, hohe Schulbildung) o räumlich nicht begrenzt, nicht landschaftsspezifisch o unbegrenzte, optimale kommunikative Reichweite, größter Verständigungsradius sprachl. Schichtenmodell

description

Muy buen resumen de historia de la lengua alemana, en alemán.

Transcript of Sprachgeschichte der Deutsche Sprache

  • 1

    Sprachgeschichte Die deutsche Sprache geht auf frhere Formen zurck, die selbst aus frheren Sprachstufen entstanden sind. Wie Sprache verndert wird, ist aber ungewiss. Jede natrliche Sprache ist heterogen (untersch. ausgeprgt). Es gibt nicht DAS Deutsche, sondern verschiedene Schichten (Varietten), die entweder nach ruml. Ausdehnung (Dialekte) oder gesellschaftlicher Verwendungsweise (Soziolekte) unterschieden werden: Standardsprachen (keine einheitliche, sondern mehrere 4-5, weite ruml. Ausdehnung) Umgangssprachen (meist von groen Stdten ausgehend, weniger ruml. Ausdehnung) Verkehrsdialekte (wieder weniger ruml. Ausdehnung, z.B. Wiener Becken) Basisdialekte (geographisch beschrnkt) Zur Zeit Jacob Grimms wurde festgestellt, dass die normale Sprachform nicht die Schriftsprache ist und das Gesprochene nur Dialekte davon, sondern dass Dialekte das Ursprngliche sind, whrend die Verschriftlichung erst spter stattfand. Die Sprachwissenschaft gibt der gesprochenen Sprache Vorzug gegenber der geschriebenen. Sprachgeschichte, Dialektologie und Namensforschung sind etwa gleich alt, ihre Begrnder sind Jacob Grimm (Deutsche Grammatik), Johann Andreas Schmeller (Bayrisches Wrterbuch) und Ernst Wilhelm Frstemann (Altdeutsches Namensbuch). Die Unterschiede zwischen den Standardsprachen sind stark regional geprgt. Bis Anfang 20. Jhdt. gab es berhaupt keine Norm, erst 1901 eine Norm der dt. Rechtschreibung, die jedoch nur den amtlichen Schriftverkehr betraf. Die Grammatik ist (bis heute) nicht geregelt, auch wenn der Schulunterricht dies suggeriert geht jedoch nur von Schulen selbst aus. Je weiter man zurckgeht, desto mehr Probleme ergeben sich bzgl. der Varianz. Die Standardsprache ist erst im Laufe des Frhneuhochdeutschen entstanden (zw. 16.-18. Jhdt.), und zwar ber den Dialekten, die wie gesagt das Ursprngliche bilden. Die Umgangssprache wurde Ende 19. Jhdt. entdeckt, jedoch gibt es keinen Beleg dafr, wann sie entstanden ist. Es wird angenommen, dass sie sich durch Industrialisierung und daraufhin entstehende Menschenansammlungen in den Stdten neu geformt hat. Unterschiede zwischen Dialekt und Hochsprache: Dialekt

    o familir-intim, rtlich, am Arbeitsplatz, mndlich o untere Schichten (Bauern, Arbeiter, Handwerker, Angestellte, geringe Schulbildung) o orts- und raumgebunden, landschaftsspezifisch o begrenzte, minimale Reichweite, geringster Verstndigungsradius

    Hochsprache o ffentlich, berrtlich, mndlich & schriftlich, Literatur, Kunst, Wissenschaft, bei feierlichen Anlssen, in Gottesdienst & Schule o Mittel- & Oberschicht (hhere Beamte & Angestellte, Unternehmer, Akademiker, hohe Schulbildung) o rumlich nicht begrenzt, nicht landschaftsspezifisch o unbegrenzte, optimale kommunikative Reichweite, grter Verstndigungsradius

    sprachl. Schichtenmodell

  • 2

    Im Mittelalter gab es zwei Sprachformen: Oberschichtige Sprachform: in Quellen erhalten, z.B. Verkaufsurkunden (Verkauf = Handel wohlhabend) Unterschichtige Sprachform: Mangel an Belegen; je frher, desto weniger Bis ins 17./18. Jhdt.: Lesen = Privileg Durch Verschreibungen bei Abschriften kann man auf gesprochene Sprache schlieen besonders bei Reimformen (frher nur reine Reime akzeptiert Rckschluss, was in Gebieten jeweils unter reinem Reim verstanden wurde). Beispiele: Evangelienharmonie: Otfried von Weienburg versuchte, Evangelien zu zusammenhngendem Text umzuformen; besonders: O-Handschrift erhalten, in der Autor selbst Anmerkungen/Korrekturen zugefgt hat Hildebrandslied: in Kloster Anfang 9. Jhdt. von Mnch auf Pergamenteinband aufgeschrieben, der den Text erhalten wollte; da Text jedoch abrupt abbricht berhmte Theorie, dass er dabei erwischt wurde, heidnischen Text abzuschreiben und gezwungen war, aufzuhren; Thema: Zusammentreffen von Vater und Sohn uneinig Kampf Vater ttet Sohn (jedoch nicht schriftlich festgehalten); Text ist langobardischen Ursprungs, wurde erst ins Bairische, dann ins Altniederhochdeutsche bersetzt. Man findet aber auch frnkische Spuren damals verschiedene sprachl. Fassungen, heute Mischform erhalten

    Sprachforschung: am besten erforscht: Laut relativ gut erforscht (morphologische Besonderheiten): Wort nicht gut erforscht: Satz wenig untersucht (junge Disziplin): Text

    Hauptaugenmerk der Vorlesung: Herausbildung der Neuhochdeutschen Schrift Gliederung der Sprachgeschichte: Problem, da sich jede natrliche Sprache verndert jeder Periodisierungsversuch nur Vorschlag; man kann unterschiedliche Merkmale dazu anwenden, Epochen herauszufiltern anhand denen man die Sprachgeschichte gliedert (lautlich Lautverschiebung, kulturgeschichtl. Buchdruck,...) Stammbaumtheorie: 2. Hlfte 19. Jhdt.; nach Schleicher, der sich bemhte, hochwissenschaftliche Anschauungen Darwins auf Sprachwissenschaft zu bertragen; Schematisierung nach Lauten (phonetisch-nonverbal); indogermanisch = Epoche, wurde im 19. Jhdt. fr homogen gehalten indogermanisches Volk, von dem sich Teile abspalteten, verzogen und sich mit neuen Vlkern vermischten Sprachvernderung; jedoch: naiv!, man denkt nationalistisch, 1 Volk, 1 Sprache gab es jedoch nicht; indogermanisch = nur Rekonstruktion, nicht belegt; Stammbaumtheorie geht davon aus, dass eine Sprache Vorfahren & Nachkommen haben kann 1 einheitliche Ursprache, alle anderen haben sich durch Abwanderung gebildet Probleme:

    man fand heraus, dass die Rekonstruktion nicht eingehalten werden kann (kein einheitliches Volk, sondern Unterschiede) einheitliche Ursprache vorausgesetzt existiert jedoch nicht nicht erklrt, wie sich synchrone Sprachen gegenseitig beeinflussen knnen (z.B. Deutsch-Ungarisch)

  • 3

    unklar, wann ltere Sprache aufhrt, wann neue beginnt (hngt von absetzenden Kriterien ab; Ursprache msste komplett homogen sein keine Sprache ist das) Definition von Verwandtschaft unklar (da der Grad der Verwandtschaft schwankt, je nachdem, welche/wie viele Kriterien man auswhlt) Die klassische Periodisierung geht jedoch von einem einheitlichen Indogermanisch aus, das ab etwa 3000 v.Chr. zerbrach Teile wanderten ab Indogermanisch 4000-3000 v.Chr. Auseinanderbrechen des indogerm. Sprachraums 3000-2000 v.Chr. Vorgermanisch 2000-1000 v.Chr. Ur-/Gemeingermanisch 1000-300 v.Chr. Frhgermanisch ab ca. 300 v.Chr. Vorgermanisch nicht belegt, erst ab Ur-/Gemeingermanischen erste Zeugnisse; v.a. Namen sind erhalten; In den Jhdt. v.Chr. werden germanische Wrter immer mehr belegt (z.B. Caesar, Germania von Tacitus); Ostgermanisch starb aus, unser Deutsch kommt vom Westgermanischen (wie Friesisch, Englisch) woraus sich folgende Variationen bilden: Germanische Grogruppen ab etwa 2./3. Jhdt. Althochdeutsch 600/7501050 Mittelhochdeutsch 1050-1350 Frhneuhochdeutsch 1350-1650 Neuhochdeutsch 1650-heute immer Schritte von 300 Jahren (100 Jahre Anfang, 100 Jahre Blte, 100 Jahre Niedergang) geht auf Germanisten Karl Mhlenhof und seinen Schler Wilhelm Scherer zurck (2. Hlfte 19. Jhdt.); Problem: Forschen formen zuerst Theorie und suchen erst dann nach Belegen Altniederdeutsch/Altschsisch 800-1200 Mittelniederdeutsch 1200-1650

    Frhmittelniederdeutsch 1200-1370 Mittelniederdeutsche Schriftsprache 1370-1530 Sptmittelniederdeutsch 1530-1650 danach bergang zur hochdeutschen Schriftsprache nach 1650 geht Niederdeutsch unter Hanse-System, niederdt. Schriftsprache wird nicht mehr verwendet Oberschicht bernimmt Hochdeutsch einheitl. Schriftsprache aktuelle Epoche oft Gegenwartsdeutsch unpassender Begriff (Gegenwart verndert sich immer) Ernst schlgt Normdeutsch vor Die moderne Sprachwissenschaft beginnt in den ersten Jahrzehnten des 19. Jhdt. man verglich Sprachen und fand zu viele bereinstimmungen, als dass dies Zufall sein konnte; als erster wissenschaftlich betrachtet: William Jones (1785: These, dass alle Sprachen auf einen gemeinsamen Ursprung zurckgehen jedoch nicht belegt)

  • 4

    Ursprache (indogermanisch) indisch persisch germanisch Ursprache = indogermanisch (nach sdl. + nrdl. Zweig);

    Stammbaumverbindung: 1. sprachl. Rekonstruktion: Sprachvergleich = mglichst alte Belege + massenhaft Vergleiche (keine haltlosen Behauptungen, Beweise unbedingt notwendig!) 2. Rekonstruktion der Vlker: viele Theorien ber Volk und Heimat der Indogermanen, keine eindeutig bewiesene Rekonstruktion mglich; jedoch durch Fehlen einer Bezeichnung fr Baum z.B. kann man auf Steppe o.. als Wohngebiet schlieen; Nutztiere: einheitl. Bezeichnung, aber keine fr Esel/Katzen sesshaft, Ackerbau & Viehzucht; ber versch. Pflanzennamen wollte man Heimat genauer rekonstruieren, jedoch viel zu viele Theorien; am anerkanntesten: zwischen Kaspischem und Schwarzem Meer Kentum und Satem-Unterscheidung: man wies Kentumsprachen den Westen, Satemsprachen den Osten zu wurde jedoch widerlegt; indogermanisch ist nicht einheitlich, es gab viele sich weiterentwickelnde Dialekte; nur Germanisch ist tatschlich belegt Kentum:

    Anatolische Sprachen (ausgestorben) Tocharisch (ausgestorben) Griechisch Italische Sprachen Keltisch Germanisch

    Satem: Indische Sprachen Iranische Sprachen Armenisch Albanisch Baltische Sprachen Slawische Sprachen

    nicht klassifizierte indogermanische Sprachen (ausgestorben): Illyrisch, Messapisch, Thrakisch, Phrygisch,... nicht-indogermanische Sprachen in Europa: Baskisch, Finno-Ugrisch (Ungarisch, Finnisch, Estnisch, Karelisch, Lappisch,...), Turksprachen, Semitisch (Maltesisch) Methoden der Sprachgeschichtsschreibung:

    Sprache als Organismus: Grimm, Bopp; romantische Sprachauffassung; Periodisierung der 300 Jahre (Anfang, Blte, Niedergang); Reste dieser berzeugung noch heute zu finden in starke/schwache Flexion, Wurzel,...; berhmte Aussage Humboldts Sprache ist nicht ergon (produziertes Werk), sondern energeia (Kraft/Ttigkeit); auch Begriff innere Sprachform geprgt (Humboldt, Schlegel); einzelner Mensch hat keinen Einfluss auf Entwicklung der Sprache; Englisch & Deutsch = verwandt, bereinstimmende Strukturmerkmale Stammbaumtheorie: von August Schleicher, diachrone Methode (Entwicklung); natrliche Sprachen gehen auf folgende Merkmale zurck:

  • 5

    o Vererbung o Entlehnung o Neuschreibung

    Wellentheorie: Johannes Schmidt (Schleichers Schler), 19. Jhdt.; synchrone Methode (vergleicht Zeitpunkte); sprachl. Zusammenhnge werden nicht als Form der Verwandtschaft gesehen, sondern als Kontaktphnomene (vgl. zwei Steine, die man ins Wasser wirft: treffen 2 Wellen aufeinander berlagerungen sprachl. Interferenzen; rumlich nher beisammen liegende, miteinander verwandte Sprachen: mehr bereinstimmungen; weit entfernte: wenig); keine Baumdiagramme, sondern flchenhaft in Form von Isoglossen begrenzter Gebiete (Isoglosse = Grenzlinie zw. unterschiedlicher Realisierung zweier Sprach-/Dialektformen); dieser synchrone Schnitt besttigt diachrone Stammbaumtheorie; wurde in einer Zeit formuliert, in der es noch keine Dialektforschung bzw. Sprachberblick gab Substrattheorie: Hermann Hirt (Junggrammatiker); Sprachen knnen berlappen und sich gegenseitig beeinflussen (Kriege, Eroberungen,...); Substrat = sprachl. Grundschicht; Superstrat = darberliegende, dominierende Schicht (z.B. Entstehung der romanischen Sprachen: Rmer brachten Latein in andere Lnder Superstrat, daraus entstehende Sprachen Substrat; schriftlich nachvollziehbar); wenn 2 Sprachen gleichwertig: Adstrate; im Hinblick auf Wortschatz ist bei Germanisch frhe wechselseitige Beeinflussung einer indogermanischen und nicht-indogermanischen Sprache anzunehmen Strukturalismus: Ferdinand de Saussure; nicht auer-, sondern innersprachliche Ursachen; sprachliches System, das Symmetrie erfordert; Dreieck der Laute (Vokaltrapez) soll Mund nachbilden und ist symmetrisch; geht das o z.B. verloren, ist es nicht mehr symmetrisch, aber das System hat den Drang, symmetrisch zu sein gleicht sich selbst aus (aus a wird daher o) strukturelle Disponiertheit;

    Der Siegeszug des Strukturalismus: 1907-1911: Ferdinand de Saussure hielt 3 bedeutende Vorlesungen an der Uni Genf ber allg. Sprachwissenschaft; seine Schler Charles Bally & Albert Sechehaye verffentlichten diese 1916 posthum unter Saussures Namen als Cours de linguistique gnrale (deutsch: 1931) wurde zur Basis einer neuen Art von Linguistik, die (nach Roman Jakobson) Strukturalismus genannt wurde und revolutionierte; Erfolg des Werkes aufgrund Berhmtheit des Verfassers, aber auch weil Saussure Unbehagen ber traditionelle Sprachwissenschaft thematisierte und allg. Entwurf fr neuartige Sprachbetrachtung stellte; wichtige Zeitgenossen: Georg von der Gabelentz (Gegensatz systemhafte Sprache zu tatschlicher Rede), Jan Baudouin de Courtenay (aus Untersuchung slowenischer Dialekte Phonembegriff), beide hatten bereits hnliche Ideen geuert; Saussures Ansichten wurden in den nchsten Jahrzehnten zu komplexem Lehrgebude ausgebaut das Meiste, was unter Strukturalismus luft, stammt von Saussure selbst Der Sprachwandel Die Ursachen des Sprachwandels sind oft nicht erkennbar, v.a. spontane Lautvernderungen (1.LV) sind nicht nachvollziehbar. Laut-Erleichterungen jedoch sind verstndlich. Sprachwandel ist nicht determiniert man kennt Zukunfts-/Endstadium nicht kann Mglichkeiten des Sprachwandels nicht vorhersagen; gesprochene Sprache duldet

  • 6

    gewisses Ma an Variation & Redundanz (z.B. auf Lautebene: auch als identisch aufgefasste Phone werden nie vollkommen identisch ausgesprochen), die Variationsmglichkeit zieht eine Vernderung des Usus nach sich, was sich auf die Norm auswirken kann. Die Variation kann aber nur in bestimmte, der Anatomie der menschl. Sprechapparate entsprechende Richtung gehen und entsteht ber mehrere Generationen hinweg (Stafettenkontinuitt). Sprachwandel kann auf folgenden sprachlichen Ebenen beobachtet werden: Intonationsebene (prosodische Ebene): z.B. Wandel bei Wortakzent im German. graphematische Ebene: z.B. Wandel bei der Schreibung des Phonems /f/ phonologische Ebene: z.B. Wandel von Monophthongen zu Diphthongen (mhdt. /i/ > nhdt. /ei/) morphologische Ebene: z.B. Vernderungen bei den Suffixen vom Mhdt. zum Nhdt. (-ns > -nis) Syntaxebene: z.B. Vernderungen im frhneuhochdt. Nebensatzsystem lexematische Ebene: z.B. Vernderungen bei Wortbedeutungen oder Entstehung neuer/Abkommen alter Wortbildungsmuster Textebene: z.B. Aufkommen neuer Stilformen/Textformen/Anredeformen,... auersprachliche Faktoren des Sprachwandels Kulturgteraustausch: durch Handelsbeziehungen bernehmen benachbarte Vlker Gegenstnde, Vorstellungen,..., die tgl. Leben erleichtern auch Bezeichnungen als Fremdwrter bernommen oder neue Ausdrcke mit eigenen Mitteln geschaffen (siehe heute: Computertechnik); auch Buchdruck frderte Durchsetzung neuer sprachl. Formen politische Entwicklungen: bewirken Vernderungen im Sprachverhalten Einfluss des Anglo-Amerikanischen auf das heutige Deutsche im 2. WK und darauffolgenden wirtschaftl. Aufschwung verankert; auerdem kriegsbedingte Teilung Deutschlands in BRD und DDR; unter hnlichen Gesichtspunkten Unterschiede zu und CH entstanden; Afrikaans durch niederlndische Kolonialttigkeit in Afrika rumliche Gegebenheiten: Tler verbinden, Berge trennen markante Gebirgszge immer Sperren; Flsse manchmal sich selbst ergebende Sprachgrenzen; Sprache am Rand von Sprachgebieten konservativer als im Zentrum (z.B. sdbairische Dialekte wie Tirol, Krnten behielten kx) historische Entwicklungen: Dialektgrenzen beruhen sehr auf mittelalterlichen Verwaltungsgrenzen (Theodor Frings) politische, verwaltungstechnische, konfessionelle Grenzen werden besonders lange in Form von versch. Mundartrumen wiedergespiegelt gezielte Eingriffe in Sprache: Einzelne oder Personengruppen bewusst oder unbewusst in Sprache eingegriffen (Luther, Sprachgesellschaften,...; auch best. kulturelle Vorstellungen/Richtlinien) innersprachliche Faktoren des Sprachwandels: Sprachkonomie: grtmglicher Effekt bei geringsten Mitteln, aber: wer oder was entscheidet darber? geht auf Hermann Paul zurck, der Spracherleichterung (Assimilation, Dissimilation,...) Bequemlichkeit als Grund sieht; was fr Sprecher am einfachsten ist, muss aber nicht fr Hrer am einfachsten sein Redundanzen (sonst zu anstrengend), Beispiele: kurze Morphe, kleines Morphem-/Merkmalinventar,...; Eindeutigkeit der Phone darf durch konomie nicht eingeschrnkt werden (wegen Hrer, der dadurch direkt Einfluss auf Sprachentwicklung nimmt)

  • 7

    Abbau von Markiertheiten: Markiertheits-/Natrlichkeitstheorie geht auf Roman Jakobson zurck: natrliche Einheiten = unmarkiert, unnatrliche Einheiten = markiert; Auslautverhrtung im Deutschen mit Markiertheitstheorie erklrbar (markierte stimmhafte Phoneme verlieren Stimmhaftigkeitsmerkmal werden unmarkiert); sprachl. Wandel jedoch nicht generell Abbau von Markiertheit, weil wenn Abbau auch Zuwachs auf der anderen Seite; keine Erklrung, warum Sprachwandel auftritt kumulative Prozesse: sieht man Sprachwandel sprachkologisch, ist man verleitet, ihn teleologisch (auf Ziel ausgerichtet) zu sehen, wenn es sich um aktuelle Prozesse handelt, ist dies aber unmglich viele Forscher (Rudi Keller) lehnen Teleologie daher rigoros ab und sehen Sprachwandel als evolutionren Prozess

    nicht vom Einzelnen getragen, sondern von vielen und nicht vorhersehbarer Prozess von Variation & Selektion; Sprache Ergebnis eines kumulativen Auswahlprozesses Phnomen der 3. Art, also weder Werk noch Kraft Sprachwandel als Regelvernderung: fr Strukturalismis ist langue (abstraktes Sprachsystem) einzig wrdiger Gegenstand linguistischer Untersuchungen von Generativer Grammatik bernommen; Sprachwandel ist fr Generativistik Vernderung von Regeln in der Kompetenz berwindet statischen Beschreibungszustand (strukturalistische Modelle knnen Sprachwandel egtl. gar nicht beschreiben, da keine diachrone Perspektive vorgesehen ist), Generativistik setzt jedoch homogene Sprache voraus ( existiert nicht) Unerklrbarkeit des Sprachwandels: wiedersetzt sich kausaler Erklrung; man sollte daher nie fragen warum sich Sprache ndert, sondern wie

    Zusatz Zipfsches Gesetz: George K. Zipf je lnger sprachliche Form ist, desto seltener kommt sie vor Zusammenhang zwischen Hufigkeit & Wortlnge: am hufigsten Einsilber (50% im Deutschen); Gesetz kann aber nur zuverlssig bei mittlerer Wortlnge angewandt werden Was dachte man ber die Indogermanen?

    mtterliche Verwandtschaft sprachl. besonders betont (Mutterbruder Oheim) Matriarchat; heute keine akzeptable Ansicht mehr Pflug umstritten: knnte indogermanisch sein, aber auch nicht Rad & Erz waren bekannt, es gab Ausdrcke Zeiteinteilung nach Mondphasen; Nacht sehr wichtig (WeihNACHTen) keine einheitl. Bezeichnung fr Bume Steppe/Savanne Dezimalsystem Sprachsystem der Indogermanen sehr komplex, und umfasste nach heutigem Wissensstand: drei Genera: maskulin, feminin, neutrum Aktiv/Medium, kein Passiv 8 Kasus drei Numeri: Einzahl, Dual, Mehrzahl keine Tempora, sondern eher Aspekte einer Aktion (durativ, punktuell,...) spter zum Tempussystem ausgebaut mind. 4 Modi: Indikativ, Imperativ, Optativ (Wunschform), Konjunktiv (Willensform) keine Artikel/Prpositionen

  • 8

    Es gab systematischen Wechsel des Vokals in Stammsilben, die zusammengehrig sind (z.B. binden/band/gebunden, das Band/der Bund,...) Ablaute: = systematischer Wechsel der Stammsilbenvokalen grammatikalisch/etymologisch verwandten Wrtern; Prinzip des Ablauts sehr wichtig

    Grundvokal e, Abtnung o Reduktion von e = Schwundstufe e Reduktion von o = Schwundstufe o wenn langes e gekrzt nicht kurzes e, sondern Murmellaut/Schwa letzteres unerklrlich, Saussure begann mit Laryngaltheorie: Laryngale sind konsonantische Kehlkopflaute, die in keiner damals bekannten indogermanischen Einzelsprache erhalten sind, aber im Indogermanischen vorhanden waren und sich auf benachbarte Laute auswirkten nur als Reflexe nachweisbar; unterscheidet 3 Laryngale (h1, h2, h3), deren Lautwert ist allerdings umstritten; in Kombination mit kurzem e entstehen unterschiedliche Laute (lsst sich Laryngal nicht nher bestimmen H); Theorie ist zwar von Mehrheit der Indogermanisten anerkannt, jedoch keine restlose Zustimmung Germanisch = Kentumsprache; Ende 2. Jahrtausend v.Chr.: neue Kultur rund um Ostseekste, durch Vermischung zweier untersch. Kulturen/Vlker (nicht sicher bekannt); vermutlich bildete sich dort bereits ein Volk und ein Teil der Indogermanen zogen spter hin; zuerst Kmpfe, dann Frieden & Verschmelzung aus german. Mythologie bekannt: Asen (Wandergruppe) und Wanen (Viehzchter); ansssige Bauernkultur = Substrat, einwandernde indogermanische Viehzchter = Superstrat; 1/3 des germ. Wortschatzes ist NICHT indogermanisch (z.B. Schiffahrt Mast, Anker, Ebbe; Gesellschaft Volk, Knig; Kriegswesen Krieg, Friede, Schwert) entweder vllig neue Wrter erfunden, oder neue Lexik durch Vermischung der beiden Vlker; Germanen entstanden dadurch, dass sie sich, nachdem sie sich gut entwickelt hatten (groe Bevlkerung), neuen Lebensraum suchten und nach Sden abwanderten (Sden: wegen der Nhe zum rm. Reich) bei der Verlagerung differenzierten sich Germanen

    verschiedene Stmme, die ethnisch harmonisch sind; sie nehmen auf, wer zum Kmpfen dient Leben der Germanen wird in Germania von Tacitus geschildert. Er spricht von 3 germanischen Stmmen, die von den drei Shnen des Stammesvaters Mannes abstammen sollen: Ingwonen Istwonen Erminonen Tacitus verfasste mit diesem Werk Propagandaschrift: Rmer sollten sich Germanen als Vorbild nehmen, um rmisches Reich wiederherzustellen stellte gesunde Naturburschen ber die Rmer Verzerrung Die 3 Stmme werden dann mit geographischem Siedlungsgebiet verknpft: Nordseegermanen Weser-Rhein-Germanen Elbegermanen Sie sind jedoch nur der sdliche Teil, entstanden waren sie ja an der Ostsee. Die an der Ostsee verbliebenen Germanen sind die Nordgruppe, die Sdgruppe teilte sich bald in

  • 9

    West- und Ostgermanen (Westgermanen = Ingwonen, Istwonen, Erminonen) alles nur spekulative Annahmen Germanen Westgermanen Ostgermanen Nordgermanen Ingwonen Istwonen Erminonen (Nordseegerm.) (Weser-Rhein-Germ.) (Elbegerm.) Anglo-Friesisch/ Mitteldeutsch Oberdeutsch Altniederdeutsch (Franken, Hessen) (Langobarden, Hermonduren, (Friesen, Angeln, Markomannen, Quaden, Alemannen, Sachsen) Baiern) Bsp. Baiern: einige Mnner kamen aus Bhmen, wanderten in Altbayern ein, um Stamm zu bilden (veraltete Theorie: Baiern entstanden aus Ostgermanen, die donauaufwrts wanderten) Das entstandene Germanisch ist in der ltesten Form in der Wulfila-Bibel (Codex Argentus) zu uns gekommen. Es ist eine gotische Bibelbersetzung von Bischof Wulfila, die um 520 in Ravenna aufgezeichnet wurde und ist eine Prachtschrift. Sonst sind nur Runentexte erhalten, die alle sehr kurz sind und aus dem Zeitraum 3.-6. Jhdt. n.Ch. stammen. Es sind 20 sehr kurze aus dem 3. Jhdt., 40 aus der Vlkerwanderungszeit erhalten. Das Wort Rune ist noch heute in unserem raunen (flstern) erhalten. Ebenso ist das englische Wort write verwandt mit dem Wort ritzen, ist also auf Runeninschriften zurckzufhren, die keine Schrift darstellen, sondern in Gegenstnde geritzt wurden, meist von Runenzauberern als magische Kultzeichen. Sie wurden von rechts nach links gelesen, ein Beispiel dafr ist etwa die Speerspitze von Kowel. Die ltere Form des Runenalphabets besteht aus 24 Zeichen und heit Futhark, dieses wurde jedoch spter auf 16 Zeichen vereinfacht und wurde dann jngere Futhark genannt. Runen entstanden nicht direkt aus dem lateinischen oder griechischen Alphabet, sondern wurden vermutlich von den Etruskern bernommen. Sprache Da die Stammbaumtheorie nicht zu der Sprache Germanisch passt, ist sie sicher nicht direkt aus dem Indogermanischen heraus entstanden, sondern ber Umwege. Es ist anzunehmen, dass die frheste Form des Germanischen schon in verschiedene Dialekte gegliedert war (von Anfang an mehrere Stmme) kein einheitliches Germanisch, sondern mehrere Varianten nur unter dem Oberbegriff Germanisch; Indizien: Gemeinsamkeiten zwischen West-, Ost-, Nordwest- & Ostnordgermanisch berlagerungen, ganz im Sinne der Wellentheorie, z.B.: Ostgermanische (gotische) und nordgermanische Gemeinsamkeiten waren z.B. Endung t und Endung i; es gab jedenfalls hnlichkeiten in jede Richtung zwischen den Gruppen, die in anderen Gruppen nicht da waren (Wellentheorie); Westgermanisch interessiert uns sehr ( Vorstufe von Deutsch, Englisch, Niederlndisch, Friesisch), Ostgermanisch starb aus und Nordgermanisch entwickelte sich zu den skandinavischen Sprachen; beim Deutschen ist zu beachten, dass ein Teil des heutigen Deutschlands die 2. LV nicht aufweist Niederdeutsch; sonst entstand Deutsch aus der 2. LV;

  • 10

    Germanisch ist wirklich belegt (Wulfila-Bibel), Indogermanisch nicht; Problem: Zuordnen von Artefakten und sprachl. Zeugnissen; Ost-/Westteilung ist belegt, wobei sich der Westen sprachlich nochmals extra aufteilt (siehe Tacitus Germania) Urgermanisch Gemeingermanisch Westgermanisch Ostgermanisch Nordgermanisch Nordseegermanisch Weser-Rhein-Germ. Elbegermanisch gemeinsame Grundlage, die jedoch nicht belegt ist; archologisch belegte Gemeinsamkeit: Ostseekste; um 1200 eigene Kultur, die man mit Germanen gleichsetzte; sprachl. ca. zw. 500 v. 700 n.Chr. Goldhorn von Gallehus: existiert nicht mehr, wurde gestohlen & eingeschmolzen; Inschrift ist berliefert eindeutig Germanisch! (Stabreim) Merkmale der germanischen Sprachen: wichtigste Vernderung: Akzent wurde verndert, und zwar war dieser im indogermanischen frei (konnte auf Stamm- oder Endsilbe fallen), whrend er im Germanischen immer auf die Stammsilbe fllt Enden werden abgeschwcht und fallen oft ganz weg Ausbau des synthetischen zugunsten analytischen Satzbaus inkl. Artikelsystem, weil der Fall nicht mehr am Ende erkannt werden kann (bis heute) Erste/Germanische LV (betrifft Konsonanten) Vokalische Vernderungen

    o indogermanisches kurzes o + a + Schwa = urgermanisches a o langes a + langes o = urgermanisches langes o o ai + oi = ai o a + ou = au o ei = i o silbische Liquide und Nasale entwickeln phonemisches u (ul, ur, um, un) Grammatische Erscheinungen:

    Ablaut der starken Verben wird in Ablautreihen weiter ausgebaut schwache Deklination im Nomen (n-Deklination) Ausbau einer schwachen Adjektivreflexion Ausbau eines schwachen Prteritums mit t-Suffix (sage sagte) Erste Lautverschiebung: spontaner Lautwandel ( man wei nicht, wieso) Verschiebungsphasen: Vernderung der indogermanischen Tenues und Tenues aspiratae (gehaucht) zu urgermanischen stimmlosen Reibelauten (Artikulationsart wird verndert; immer wieder Ausnahmen, z.B. wenn s davor keine Vernderung, z.B. spuo > spiwan)

    o p, ph > f (phter > fadar) o t, th > (bhrater > broar) o k, kh > x (dekm > taihun) o qu, qh > xu (quis > hwer)

    nicht belegt! belegt!

  • 11

    Ausnahmen (wenn s davor) o spuo > spiwan o est > ist o scabo > scaban

    Indogermanische Mediae werden zu urgermanischen Tenues (Mediae verlieren Stimmhaftigkeit stimmlos urgermanische Tenues) o b > p (slab > slapan) o d > t (quod > hwat) o g > k (iugum > juk) o gu > ku (vivus > quick) Ausnahmen (Verbindung der Mediae mit anderen Lauten): o bt > ft o gt, ht > xt (regtos > rextaz) o gs > xs o dt/tt > s(s) (uid-tom > uissa)

    Indogermanische Mediae aspiratae werden zu stimmhaften Plosiven o bh > b (bhrater > broar) o dh > d (bhendhon > bindan) o gh > g (ghostis > gasts) o guh > gu Die 1. LV muss zwischen dem 5. und 2./3. Jhdt. v.Chr. vollendet gewesen sein, was man anhand des Hanf-Arguments festmachen kann: Das Wort fr Hanf (griech. kannabis) stellt ein Lehnwort aus dem skythischen dar, das die Griechen im 5. Jhdt. bernommen haben Germanen konnten es erst danach entlehnen; es wurde aber nach den Regeln der LV angepasst, also muss sie bereits im Gang gewesen sein. Im 2./3. Jhdt. v.Chr. sieht man an lateinischen Lehnwrtern, dass sie da nicht mehr angewandt wurde musste bereits abgeschlossen sein; vokalische Vernderungen:

    Umlaute: entstanden im Germanischen, weil best. Laute, die meist am Ende angesiedelt sind, eine vokalische Assimilation bewirken; in der Stammsilbe ist dann der Laut, der verndert wird; Bsp.: i-Umlaut des e i am Ende der Wortform verndert den e-Laut im Stamm (urgerm. nemis germ. nimis); Laute, die Umlaute bewirken knnen: i, j, Nasale bewirken Hebung (i im Vokaltrapez hher als e); es gibt auch eine Senkung: u wird zu o durch a (Jacob Grimm: Brechung) Ersatzdehnung: Nasal vor urgermanischem schwindet bei gleichzeitiger Dehnung des vorausgehenden Vokals (syllabische Lnge muss erhalten bleiben!). Im Urgermanischen wird der Vokal der Kombination gedehnt, dann fllt er aus. konsonantische Vernderungen: Jacob Grimm (Grimms Law; 1819 Sprachvergleich 1. Band der dt. Grammatik) fielen Inkonsequenzen auf (Bsp.: pater Vater, aber pharter Bruder), die bei ungefhr 30% der Wrter vorkamen, was zu viel ist, um zufllig zu sein, aber er konnte sich nicht erklren, warum das so war Ausnahmen; die Junggrammatiker waren aber der Meinung, dass Sprache Gesetzen folgt Lautgesetz (ein Laut ist an einem Ort eine zeitlang gltig, dann nicht mehr erst produktiv, dann nicht mehr). Alle sprachlichen Erscheinungen einer Sprache beruhen auf einem von 3 Prinzipien: Lautgesetz Analogie (etwas wird analog von etwas anderem bernommen) Entlehnung

  • 12

    Karl Verner gelang eine Erklrung der von Grimm entdeckten Ausnahmen (auf Basis von Intonation), was ein Musterbeispiel fr junggrammatisches Vorgehen ist. p f, wenn die indogerm. Betonung genau davor war Die Betonung kann entweder eine oder zwei Silben davor und danach sein. Wenn der Akzent nicht direkt davor lag: f b; Wenn also der Akzent genau davor liegt, bleibt der Laut stimmlos, ansonsten wird er stimmhaft. Vernersches Gesetz: p urgerm. - f mhdt. >f (hefen heben) urgerm. f mhdt. VG > b > b (huoben hoben) t urgerm. mhdt. > >d (sniden schneiden) urgerm. VD > d > d > f (gesniten geschnitten) k urgerm. x mhdt. >h (ziehen ziehen) urgerm. x mhdt. VG > g > g (gezogen gezogen) s urgerm. s mhdt. >s (was war) urgerm. s VD > z > r (wren waren) Der grammatische Wechsel ist der synchrone Wechsel (von f-b, d-t, h-g, s-r), whrend das Vernersche Gesetz diachron gilt. In stimmhafter Umgebung (zw. Vokalen) ist der Laut stimmhaft, wenn der Akzent nicht genau davorliegt stimmlos. Der grammatische Wechsel ist wichtig, weil wir ihn immer noch haben Folge der Vernerschen Gesetzes. Es gibt 3 wichtige Vernderungen, die nur im Westgermanischen stattfanden (nicht in skandinavischen/ostgotischen Sprachen):

    germ. langes e wird zu westgerm. langem a (z.B. Personennamen Regimerus) westgerm. Konsonantengemination vor i, j: Doppelung, bei allen auer r; existiert heute nicht mehr (heute bedeutet Verdoppelung nur: kurzer vorheriger Vokal); Silbengrenze wurde verschoben (bidian > biddjan) r-Rhotazismus: stimmhaftes z wird zu r (nazian > narjan nhren) Deutsch wird immer mehr von einer analytischen zu einer synthetischen Sprache (analytisch: Wortform enthlt alle wichtigen Informationen, wie Zeit, Zahl,...; synthetisch: Information erst aus Synthese mehrerer Wortformen herauszulesen)

    Althochdeutsch bezeichnet keine Sprache, schon gar keine einheitliche, sondern ist ein Sammelbegriff fr verschiedene Dialekte und Mundarten, dazu gehren: Oberdeutsch

    o Bairisch o Alemannisch

    Mitteldeutsch o Sdrheinfrnkisch o Rheinfrnkisch o Mittelfrnkisch

    Moselfrnkisch Ripuarisch

    Ostfrnkisch (Sonderstellung, hat Merkmale sowohl von Ober- als auch Mitteldeutsch) Gebiete nach der Vlkerwanderung Frnkisches Reich unter Chlodwig, das von Karl dem Groen noch erweitert wurde durch Baiern, Alemannen & Sachsen vereintes

    Vokalismus Konsonantismus

  • 13

    Reich (2. Hlfte 8. Jhdt.), zu dem auch Nordosten Frankreichs gehrt; 843: Aufteilung durch Vertrag von Verdun; berlieferung der Sprache lag in Hnden der Kirchen/Klster nur Geistliche konnten lesen & schreiben und bewahrten Texte; Chlodwig wurde Christ, weil er die Kirche als Organisation & Verwaltung brauchte diese schrieb nur Latein; Karl der Groe hatte die weite Verbreitung des Lesens & Schreibens, aber auch des Glaubens, im Sinn, und gab daher den Auftrag, Texte zu sammeln und in eine Volkssprache zu bersetzen Deutsch!; diese Sammlung ist nicht mehr erhalten (also nicht sicher, ob sie durchgefhrt wurde); das einzige, was erhalten blieb, ist das Hildebrandslied; erst im Hochmittelalter kommt der Begriff Deutschland auf deutsches Land Benrather Linie: Isoglossenbndel, das den nrdl. Bereich der 2. LV markiert; Oberdeutsch + Niederdeutsch = Hochdeutsch wichtigste Schreiborte im Althochdeutschen davon gibt es nur 25 keineswegs flchendeckend; im Ostfrnkischen: Wrzburg: lteste altirische Texte; reiche Glossentradition Fulda: Abt Hrabanus Maurus; Hildebrandslied im Rheinfrnkischen: Mainz Lorsch besonders wichtig: Weienburg, durch den Zusammenhang mit Otfrids Evangelienbuch (860; Zusammenfassung aller 4 Evangelien zu einem Text, besonders: Korrekturen vom Autor selbst; heute in der Wiener Nationalbibliothek zu finden) im Mittelfrnkischen: Trier (Trierer Kapitulare) im bairischen Raum: Augsburg Salzburg Wien = unwichtig; Bezeichnungen fr Dialekte aus dem 19. Jhdt., Verbindung von Alemannisch mit Germanisch problematisch Wochentagsbezeichnungen Sonntag (solis dies) Montag (lunae dies) Dienstag (martis dies): hngt mit der alten Bez. Thingsus (lat. Mars Thingsus) zusammen Mittwoch (mercurli dies): auf Merkur zurckzufhren = Wotan (oberster heidnischer Gott) Mitte der Woche Donnerstag (jovis dies): Gleichsetzung von Jupiter mit Donnergott Donar Freitag (veneris dies): Venus = ahd. Fria Sonnabend (saturni dies): Saturn erschien Kirche verdchtig; im Sden bliches Samstag auf Sabbath zurckzufhren sprachliche Entwicklungen einige, am wichtigsten jedoch: 2. LV; es werden jedoch nicht nur Konsonanten, sondern auch Vokale verschoben

  • 14

    Vokalische Vernderungen vom Germanischen zum Althochdeutschen: Althochdeutsche Monophthongierung aus einem Diphthong wird ein Monophthong (Langvokal)

    westgerm. au ahdt. vor germ. h, Dentalen (d, t, s, z, n, r, l), im Auslaut (z.B.: lat. caulis ahdt. Kl (Kohl)) ahdt. au in allen brigen Positionen (z.B.: got. auk frhahdt. auch)

    westgerm. ai ahdt. vor germ. h, r, w, im Auslaut (z.B.: got. laiza ahdt. lra (Lehre)) ahdt. ai in allen brigen Positionen (z.B. : got. ains frhahdt. ain (1)) Im weiteren Verlauf werden frhahdt. au zu ou gehoben und ai zu ei.

    Althochdeutsche Diphthonghebung westgerm. au ahdt.

    ahdt. au > ahdt. ou (z.B.: frhahdt. auch ahdt. ouch) westgerm. ai ahdt.

    ahdt. ai > ei (z.B.: frhahdt. ain ahdt. ein) Althochdeutsche Diphthongierung aus einem Monophthong wird ein Diphthong

    westgerm. ahdt. ea, ia (mhd. ie, auf Einzelwrter beschrnkt) (z.B. westgerm. stga ahdt. stiaga (Stiege)) (lat. spculum mhdt. spiegel) (lat. tgula mhdt. ziegel) westgerm. ahdt. uo (z.B.: got. brar ahdt. bruoder)

    Althochdeutscher i-Umlaut Primrumlaut: i-Umlaut des a ahdt. e vor i, j (vorahdt. slagi ahdt. slegi (Schlge) Sekundrumlaut: dabei kommt statt dem i in Neben- und Vorsilben ein e, was lange (bis sptahdt./frhmhdt.) zwar nicht schriftlich, aber vermutlich mndlich realisiert wurde (z.B.: ahdt. mahti mhdt. mhte); sobald das Nebensilben i zu abgeschwcht worden war, fiel das distinktive Merkmal weg und der e-Charakter kam in der Schrift zum Ausdruck Phonematisierung Restumlaut: betrifft alle anderen umlautfhigen Vokale, auer des kurze a

    o o (ahdt. gotir mhdt. gtter) o u (ahdt. turi mhdt. tre) o (ahdt. mri mhdt. mre Erzhlung) o (ahdt. skni mhdt. schne) o iu (ahdt. msi mhdt. miuse Muse) o ou (ahdt. houbit mhdt. hbet Haupt) o uo e (ahdt. moudi mhdt. mede)

  • 15

    Konsonantische Vernderungen vom Germanischen zum Althochdeutschen: trennt hochdeutsche Dialekte von niederdeutschen und anderen germanischen Sprachen 1. westgerm. ahdt. d (in allen Positionen) (z.B.: got. brar ahdt. bruoder) 2. Zweite/Hochdeutsche Lautverschiebung (in 2 Phasen): a. Tenuesverschiebung i. zu Affrikaten: germ. p, t, k ahdt. ps, ts, k im Anlaut, In- und Auslaut nach Konsonant in Gemination (ziohan, werch Werk) ii. zu Frikativen: germ. p, t, k ahdt. f(f), (), () im In- und Auslaut nach Vokal (Verdoppelung = Fortisfrikativ nach Kurzvokal, Einfachfrikativ nach Langvokal/Diphthong) (slafan, bian, mahhon) b. Medienverschiebung (entwickelt sich im Neuhdt./Spthochdt. wieder zurck) i. germ. b, d, g ahdt. p, t, k (pluot > bluot; tag; kepan > geben) ii. in der Gemination: germ. bb, dd, gg ahdt. pp, tt, kk (sippa; bittan; rucki) pf- im Anlaut setzt sich im Sden durch -pf im Auslaut weiter nrdlich; je weiter nrdlich, desto weniger p-Verschiebung regelrechte Staffelungen (= Reichnische Flle) Die 2. LV setzt sich nicht in ganze Deutschland gleichmig durch, die Verschiebungsprodukte hngen von 2 Faktoren ab: Position des Phnomens im Wort (An-, In,-, Auslaut) ahdt. Dialekt

    Hrbeispiele: Benediktinerregel: Althochdeutsch; lautliche Vernderungen setzen sich erst nach einiger Zeit in der Schrift durch; auch Schreibgewohnheiten in Konzilien Altschsisch: nicht 2. LV mitgemacht

    Probleme der Verschriftlichung: oft fehlen fr bersetzung Buchstaben, Begriffe & Wrter Quellen fr Aussprache: deutsche Sprachinseln (z.B. Italien, Slowenien): Mundarten dieser Sprachinseln haben einige Sprachformen erhalten Rckschlsse Verschiebungen Reimverhalten mhdt. Dichtung (nur reine Reime)

    Vom Althochdeutschen zum Mittelhochdeutschen wichtigste Vernderung: Neben- & Endsilbenabschwchung: alle althochdeutschen Vokale der Neben- und Endsilben werden zu e abgeschwcht Auslautverhrtung sk sch

    Mittelhochdeutsch ebenfalls keine einheitliche Standardsprache, sondern einzelne Dialekte; man wird sich bewusst, dass man zusammengehrt Begriffe wie deutsche Mann, deutsche Land Herausbildung des Rittertums sehr wichtig; gepanzerte Reiterei gewinnt an Bedeutung, Pferd und Rstung jedoch sehr teuer bleibt Oberschicht vorbehalten Ritterstand wird zu wichtigem Standesbewusstsein Zusammengehrigkeitsgefhl drckt sich auf verschiedene Arten aus:

  • 16

    eigene Gattungen wie Minnesang & hfische Epik (keine Wirklichkeit, nur Wunschdenken geschildert) gemeinsame Sprache Berufssnger, die fr Kunst bezahlt wurden (Walther von der Vogelweide), Dichter jedoch waren gezwungen, zu wandern und mussten versch. Brotgeber finden weiters wichtig: deutsche Volkspredigt (als Quelle fr Sprachgeschichte von groem Wert, weil sie sofern nicht literarisch berarbeitet zeigen, wie tatschlich gesprochen wurde)

    normalisierte Sprache: zwar keine Einheitssprache, Dichter bemhten sich jedoch, Regionalismen in ihren Werken zu vermeiden normalisierte Textwiedergabe; Menschen, die Handschriften wiedergaben, bemhten sich, Texte auf eine einheitliche Schreibweise zu bringen Vereinheitlichung: erleichtert uns Arbeit (Texte leichter vergleichen) Etymologisierung der Schreibung lange Vokale werden als lang markiert, kurze Vokale stehen ohne Zircumflex Oft gab es massive Eingriffe derer, die die Handschriften spter verfassten, Bsp.: Gudrun frhneuhochdt. Text, der aber zur Normalisierung in ein normalisiertes Mhdt. (also 300 Jahre ltere Sprache) rckversetzt wurde. Heute wird versucht, Faksimile zu verwenden (eine gute Handschrift auswhlen, an die man sich dann hlt).

    Textkritik Annahme: Dichter schreibt Original O, das den Leuten so gut gefllt, dass Abschrift A gemacht wird. Jahre spter Abschrift B. Diese Handschriften verbreiten sich wieder, reiche Leute lassen sie sich kopieren. Abschriften knnen jedoch beeinflusst sein, z.B. durch bersetzung oder durch Vernderung des Schreibers. O A B A y Forscher suchten nach Handschriften versuchten, sie zueinander in Beziehung zu setzen und zu ordnen (welche war frher, wo kommen sie her, wer hat sie geschrieben). Die Textkritik mchte Ordnung machen und untersucht daher verschiedene Merkmale, wie etwa Wasserzeichen, Tinte, Buchmalereien und andere: Schreibstoff Textgestaltung (fehlende Verse, Auslassungen,...) Sprachliches (Fehleranalyse: Annahme, dass sich beim Schreiben immer Fehler ereignen) Man versucht, aus Handschriften das Original zu rekonstruieren, bei Parzival aber z.B. wei man nicht, ob es eines gab. Man muss unterscheiden zwischen dem Original O und der ltesten rekonstruierbaren Fassung (=Archetypus) x. Im Idealfall ist der Archetypus mit dem Original identisch dies ist aber kaum mglich zu sagen, da man fehlende Verse nicht selbst rekonstruieren kann und sie im Archetypus meist fehlen. Die grundlegende Annahme ist, dass es ein Original gibt und der Archetypus die lteste Fassung ist, die dem Original am nchsten kommt (und im Idealfall sogar das Original ist). Man wei jedoch nicht, ob es nicht noch eine ltere Fassung gibt, wenn man ein vermeintliches Original in Hnden hlt. Der Archetypus soll die beste Fassung sein, ist sprachlich normalisiert.

  • 17

    Eine Weise der Rekonstruktion ist die lectio difficilio (= schwierigere Version ist automatisch die ltere, da beim Abschreiben immer vereinfacht wird, nie verkompliziert). Heute wird die Textkritik nicht mehr gro praktiziert, weil man den Glauben an das Original verloren hat keiner kann garantieren, dass nur 1 Original geschrieben wurde bzw. es berhaupt eins gab, wenn es mndlich vorgetragen wurde. Das Lachmannsche Prinzip glaubte noch an ein Original. Auer dem Rittertum waren auch noch andere Entwicklungen wichtig, wie etwa die Entwicklung der Stdte, weil da viele Menschen auf engem Raum lebten. Durch das Aufkommen brgerlicher Berufe und Wachsen des Kaufmannsstandes wurden Bcher ntig auch Nicht-Geistliche lernen lesen Schriftlichkeit geht von Kirche auf Nicht-Geistlichkeit ber; Berufsbeamtentum entsteht (frher waren Kleriker Verwaltungsleute, jetzt bezahlte, nicht-geistliche Beamten, die extra ausgebildet werden). Im Sptmittelalter werden Universitten gegrndet Akademiker In den Stdten wird es ntig, Menschen zu unterscheiden Familiennamen (knnen entstehen aus: Herkunftsnamen (Wollfhart von Amsteten)/Herkunftsbezeichnungen auf er (Stephan der Frawndorffer) Berufsbezeichnungen/Benennung nach mtern (Ulreichen dem Zeller) bernamen, die sich auf besonderes Charakteristikum beziehen

    o charakterliche/andere Eigenschaft des Trgers (Jrg der Lanng) o besondere geistige/krperl. Fhigkeit (Metten dem Snabel) o (im Beruf) verwendetes Werkzeug (Wolffhart der Chemmi) o Spottbezeichnungen (Niklasen der Chrautwurm) o Wohnsttten (Ulreich bey dem Prunn) o Tierbenennungen (Niclasen dem Fuchslein) Ebenfalls wichtig: Ostbesiedelung; Gebiete stlich der Elbe werden im HochMA besiedelt

    Oberschsisch (galt als besonders schn & rein), Thringisch & das Schlesische kommen hinzu; friedlich verlaufen; Frhneuhochdeutsch ab Frhneuhochdt. gilt folgende Faustregel nicht mehr: Quantitt bleibt bei sprachlichen Vernderungen erhalten (kurz bleibt kurz, lang bleibt lang) Die wichtigsten Unterschiede zum Mittelhochdt. sind:

    Monophthongierung Diphthongierung Dehnung Die nderungen sind landschaftlich gebunden: Monophthongierung geht vom mitteldeutschen Raum aus ist aus Dialekten in Schriftsprache bernommen worden

    Entstehung der Neuhochdeutschen Schriftsprache es gibt kein politisches Zentrum, wo sich die Schriftsprache entwickelte, sondern sie entwickelte sich 1650 ber der Entwicklung frhneuhochdeutscher Dialekte; Schriftsprache wurde aufgebaut und beruht auf keinem tatschlich gesprochenen Dialekt; die Schriftsprache ist fr uns nur schriftlich zugngig; ab dieser Zeit knnen immer mehr Leute lesen und schreiben (Berufsbeamte...); es entwickeln sich Stadt- & Schulbibliotheken, ebenfalls wichtig: Buchdruck Bcher werden billiger und breiterer Masse zugngig.

  • 18

    Die Neuhochdeutsche Schriftsprache setzt sich wie ein Mosaik aus mehreren Punkten zusammen: lautliche Besonderheiten

    o mitteldeutsche Vokalsenkung: daran sind mitteldt. Texte gut zu erkennen, die Dehnung in offenen Silben ist in der Schrift nicht gut zu erkennen (u/ > o/) o mitteldeutsche Monophthongierung (mhdt. ie, uo, e > nhdt. i, u, ) o bairische Diphthongierung (mhdt. i, iu, > nhdt. ei, eu/u, au) o Dehnung kurzer Vokale in offener Silbe (geben ge:ben) o Krzung der Stammsilbenvokale vor Konsonantenhufungen (dahte dachte) o Entrundung (mhdt. , :, , :, , e > e, e:, i, i:, ei, ie) o Rundung (mhdt. e, e:, i, i: > , :, , :) o Nebensilbenkrzung (herezoge > Herzog, arebeit > Arbeit) o Nebensilbeneinschub (gir > Geier, nern > nhren)

    morphologische Besonderheiten o e-Apokope: Ausfall vom auslaufenden e (am Tische am Tisch) o Einigung der Substantivreflexion = Grammatikalisierung der Numerus-Kennzeichnung (man soll am Wort erkennen, wie viele es sind Zahl wichtiger als Kasus) o Ablautreihen werden ausgeglichen (Vereinheitlichung; heute entstehende Verben werden nur noch schwach dekliniert egtl. faxte fux)

    nderungen in der Lexik (Wortschatz) syntaktische Vernderungen (Satzaufbau)

    o Verbstellung Endstellung im Nebensatz (Ich wei, dass du mde bist)

    o Ausbau der Satzklammer Satzglieder knnen zwischen einzelne Teile des Verbs treten ich werde ins Haus gehen, es gibt: Stze ohne Rahmen Stze mit nicht voll ausgebildetem Rahmen (...wurden sie erloist des dots) Stze mit voll ausgebildetem Rahmen (die pfaffen knnen nie ohne zank bleiben)

    o Ausbau des mehrteiligen Verbs: es gibt 1-5-gliedrige Verben, am hufigsten 2-gliedrig o periphrastische Futurformen: Zukunftshandlungen entweder in Prsens, besonderen Formen, oder (!) sol/will/muoz + Infinitiv

    Entwicklung neuer Textsorten (durch Buchdruck, wie z.B. Flugbltter als Vorlufer der Massenkommunikation) Arten: (berschneidungen mglich) o sozial bindende Texte: Absicht der Autoren, sozialspezifische Handlungen verbindlich festzulegen und Verste auszuschlieen (z.B. durch Strafandrohung zu ahnden) Gesetze, Vorschriften, Zunftbestimm.,... o legitimierende Texte: versuchen, lngere gesellsch. Vorgnge/Zustnde im Nachhinein zu rechtfertigen und so zu Aufrechterhaltung beizutragen Ttigkeitsberichte, Lebensbeschreibungen, Reisebeschreibungen,... o dokumentierende Texte: Autor/Auftraggeber mchte bersicht ber Besitzverhltnisse, Ereignisse, Dokumente; besonders beim Ausbau stdt., territorialer, institutioneller Macht bedeutend Pfandregister, Besitzaufzeichnungen wie Urbare, Namenlisten von Klstern/Bruderschaften,..

  • 19

    o belehrende Texte: Rezipienten sollen auf allgemein anerkannte/geforderte ethische Inhalte ausgerichtet werden; geraten oft in die Nhe von sozial bindenden, erbauliche, informierenden oder unterhaltenden Texten; Lehrinhalt in der Regel direkt, aber auch indirekt entwickelt; schlieen an didaktische Literatur des Hoch- & Sptmittelalters an Ritterspiegel, Fabeln, Minnelehren, Morallehren,... o erbauende Texte: Rezipienten werden auf Gefhlsebene angesprochen und sollen durch Darlegung christlicher Heilstatsachen in Glauben gestrkt werden wandten sich nicht mehr nur an Geistliche, sondern an Laien; sprachliche Kennzeichen: Bilder, Metaphern, Exempla, Ausruf-/Wunschstze,... Bibeltexte, Lieder, Sterbehilfen, Auslegungen der Bibel o unterhaltende Texte: Autoren gestalten Texte knstlerisch; manche sind durch formale Kriterien bestimmt (Bsp. Reim, wurde aber auch in anderen Textformen verwendet); Gedichte, Romane, Lieder, Epen,... o informierende Texte: natrlicher/kultureller Sachverhalt/Handlung wird fr Fachpublikum mit Anspruch auf Objektivitt geschrieben; Zweck: Informationsvermittlung; wissenschaftl./techn./landsch. Fachtexte,... o anleitende Texte: genaue Verfahrenswege zum Erreichen eines Handlungsziels; eng zusammenhngend mit Aufschwung des Stdte- und Manufakturwesens; medizinische Anleitungen zur Heilung, Rechenbuch des Adam Ries(e). o agitierende Texte: Position des Autors im Vordergrund, Entscheidungswille der Rezipienten soll beeinflusst werden, am strksten gebraucht von: Reformation, Gegenreformation, Bauernkriegen, Ritterbewegungen,... Aus folgenden Faktoren konstituiert sich die Schriftsprache:

    Geltungsareal: grere & kleinere Dialektgebiete; je grer das Geltungsareal, desto grere Chancen hat die Sprachform, sich durchzusetzen Landschaftskombinatorik: Kombination von besonders potenten Landschaften, z.B. Ostmitteldeutsch + Bairisch sehr starke, durchsetzungsvermgende Kombination strukturelle Disponiertheit: Entfaltungstheorie in best. System gibt es best. Entwicklungsmglichkeiten (Strukturalismus) Geltungshhe: sprachl. Formen, die als besonders schick angesehen und nachgeahmt werden, meist Formen der Oberschicht weitere Voraussetzungen fr die Entstehung der Schriftsprache: kulturell, politisch, gesellschaftlich,... Einzelpersonen einzelne Grammatika Martin Luther (der zwar bedeutend, aber nicht der Schpfer ist)

    Einfluss der Hanse-Stdte Im Bereich der nhdt. Stdte, insbesondere der Hanse-Stdte, gab es eine eigene Schriftsprache auf niederdeutscher Basis. Ab dem 15./16. Jhdt. ist diese dann wieder verschwunden. Das Niederdeutsche ist fortschrittlicher (und wurde als besonders vornehm angesehen) als das Hochdeutsche. Im Frhneuhochdeutschen hat der niederdeutsche Raum die hochdeutsche Schriftsprache bernommen, gesprochen wurde aber weiter niederdeutsch Unterschiede waren dort besonders bewusst;

  • 20

    Einfluss des Buchdrucks Buchdrucker hatten nicht nur Druck- sondern auch Verleger-Funktion (Verleger kommt von Vorleger, also einem, der Geld vorstreckt; wieso das Wort nur fr diesen, und nicht fr andere erhalten ist, wei man nicht); Verleger waren besonders erpicht darauf, Drucke zu verkaufen und damit Geld zu verdienen berregionale Prsentation sprachliche Kennzeichen und Dialektworte mglichst vermeiden (dazu musste man sich mit den Unterschieden gut auskennen)

    Trger gesprochene Sprache geschriebene Sprache geografisch soziologisch Art Verwendung/Stil berlandsch. Gemeinsprache (Schriftsprache) Oberschicht Kanzleisprache grolandsch. Umgangsspr. Schreibsprache Geschftssprache kleinlandsch. Verkehrsdialekt (Schriftdialekt) Unterschicht rtlich Basisdialekt (Schreibdialekt)

    zur Grafik selbst: Oberschicht ist landschaftsbergreifend, weil sie sich Reisen leisten konnten Unterschicht hingegen konnte und wollte das nicht und blieb rtlich/kleinlandschaftlich; Oberschicht hatte Gemeinsprache (offizielle Anlsse) und Umgangssprache (Alltag). Die Schriftsprache ist das, was spter zur neuhochdt. Schriftsprache wird, daher in Klammer. Die gesprochene Sprache ist nicht gut bekannt. Schreibsprache ist die Sprache, die uns in Urkunden tatschlich begegnet, es gibt verschiedene Ausprgungen (z.B. Stil einer Urkunde anders als der eines Epos) siehe Stil & Verwendung Infos zur Grafik: Annahme, wie soziale Sprachschichtung in der frhen Neuzeit und Sptmittelalter gewesen sein knnte; natrlich kam es immer darauf an, wer was aufschreibt und solange die Mittel zur Schrifterzeugung so teuer waren, musste man abwgen, was man aufschreibt: anfangs ausschlielich religise Texte, nur ausnahmsweise andere (Hildebrandslied); im Mittelalter nderte sich das jedoch (Beamten, Gelehrte an Universitten, die im 14. Jhdt. entstanden zunchst meist Juristen, wo auch Germanistik dazugehrte) auch der Schreibstoff nderte sich Ende 14. Jhdt. 1. Papiermhle (Papier zwar noch immer teuer, aber weit billiger als Pergament) Erfindung des Buchdrucks hat ebenfalls enorme Auswirkungen: die ersten Drucke waren noch relativ teuer, aber mit steigender Nachfrage wurde auch mehr gedruckt billiger, was Hand in Hand mit der Reformation ging; bis ins 15. Jhdt. wurden Drucke als Inkunabel oder Wiegendruck bezeichnet; besonders Luther nutzte den Druck aus; Gutenbergs Absicht war es, durch Drucke perfekte Handschriften zu erhalten, die identisch, lesbar und auch billiger sind; 1. Druck: Ablassbrief (zeigt Verschrnkung von Religion und Massen); auch Tatsache verbunden, dass Alltgliches erst spt berliefert wird; Drucker lieen Texte oft umschreiben (weitere Verbreitung) viele Raubdrucke (wegen der Einfachheit), die damals aber noch erlaubt waren, auch wenn sie gegen den Willen des Urhebers geschahen (z.B. Sinnvernderungen,...) Urheberrecht erst Ende 18. Jhdt.

  • 21

    Einfluss Martin Luthers: nicht Schpfer der Schriftsprache, wie oft behauptet wird; Beim bersetzen geht viel verloren, aber Luther fand es wichtig, dass Leute die Gebete verstehen und Wort Gottes kennen mglichst allgemein zugnglich mittel- und niederdeutschdeutsche, nicht hoch- und oberdeutsche Wrter, oft reine Dialektwrter aus Ostmitteldeutsch (kannte er selbst gut), die in Schriftsprache eingingen; verwendete bewusst Fremdwrter, prgte Ausdrcke semantisch (indem er sie in verschiedenem Kontext mit anderer Bedeutung verwendete) und schuf ganz neue Ausdrcke, wenn er der Meinung war, dass kein passendes vorhanden war, sowie viele Sprichwrter und sprachl. Bilder Luthers Einfluss auf die Lexik:

    mitteldeutsche Wrter statt oderdeutsche (Bsp.: freien statt heiraten) niederdeutsche Wrter statt hochdeutsche (Bsp.: fett statt feist) dialektale ostmitteldt. Wrter in Schriftsprache (Bsp.: Peitsche statt Geiel) Fremdwrter aufgegriffen (Apostel statt Zwlfbote) Formvernderungen (Odem statt Atem) Wortinhalt neu geprgt (Amt statt Berufung) neue Wrter geschaffen (Kleinglubiger) Sprichwrter (sein Licht unter den Scheffel stellen)

    auerdem: nur Substantiva grogeschrieben : erleichterte Lesbarkeit bei gleichen Satzanfngen semantisch wichtige Begriffe werden so herausgestrichen Ehrerbietung wird ausgedrckt Luthers Einfluss auf lautliche Merkmale: setzt einige lautl. Merkmale durch und verwendet mittel- und oberdt. Merkmale; Luther arbeitet ganzes Leben an seinen Texten, besonders wichtig war ihm bersetzung der Bibel. wichtige Daten: 1522: bersetzung des Neuen Testaments (Septembertestament) groe Verkaufszahlen, daher erneute Auflage im Dezember (Dezembertestament) (man sieht dabei, dass Luther gewaltigen Einfluss hatte) 1534: gesamte Bibel, in Wittenberg gedruckt 1545: Ausgabe letzter Hand (Beweis fr lebenslange Ttigkeit, hat sie immer wieder verndert/verbessert) Wirkung der Bibel ist gewaltig, nicht nur inhaltlich (also fr Religion), sondern auch sprachlich. Natrlich viele Raubdrucke (v.a. im katholischen Raum, die einfach Luthers sprachl. Merkmale eliminierten man kann aber trotzdem beweisen, dass es sich um Raubdrucke handelt) Luther war nicht einziger Schpfer der Schriftsprache, er beschrnkte sich ja nur auf sprachl., und besonders religisen Wirkungsraum im Lauf der Gegenreformation Einfluss weiter deutlich eingedmmt; Habsburger (Kaiser des rm. Reiches) waren gegen Luther-Bibel aus Baiern verdrngt; Sprache der Bibel nicht als mndliches Konzept zur Verstndigung gedacht, sondern als Sprache, die nur verstanden werden sollte; Luther hat aber den Weg gewiesen und gezeigt, dass es eine Ausgleichssprache gibt; fr die weitere Sprachgeschichte sind die Gebiete, die er vereinte (Ostmitteldeutsch + Oberdeutsch), wesentlich wichtiger als andere

  • 22

    dass Sprache Luthers direkt zur Neuhochdeutschen Schriftsprache wurde, wurde verhindert durch: Luthers Schriften nur in protestantischen Gebieten von Bedeutung (nicht in Baiern) religise Sprache war zwar wichtig, gab jedoch viele weitere Sprachvariationen (Alltags-, Literatur-, Geschfts-, Kanzleisprache,...) politisch einflussreiche Schichten (Hfe, Adel) orientierten sich vermehrt am Franzsischen

    Neuhochdeutsch entstand etwa 1650 Sprachgesellschaften entstanden aus Nationalstolz entgegen der wachsenden Orientierung am Franzsischen; wichtigste war Fruchtbringende Gesellschaft (Palmenorden, wegen Symbol: indianischer Palmenbaum), die schon vor dem Ausbruch des 30-jhrigen Krieges (also 1617) auf Anregung von Caspar von Teutleben gegrndet wurde. Ihre bedeutendsten Mitglieder: Sigmund von Birken, Friedrich von Logau, Martin Opitz, Justus Georg Schottel, Kaspar Stieler, Philipp von Zesen; Die Gesellschaften waren damals ungenau, Mitglieder trugen Fantasienamen, sie bezeichneten sich selbst nicht als Sprachgesellschaft. Sie verstanden sich als elitren Verein, in dem v.a. Fragen der Kunst und Wissenschaft diskutiert werden, betrachteten Regeln und dachten, egal wer sie beherrscht, er kann Knstler werden. Auerdem: politische Fragen, Rhetorik, Kulturtheorie, Sprache; andere Gesellschaft: Deutschgesinnte Genossenschaft, die die FG als Vorbild hatte; starker Einfluss aus Holland; treibende Kraft: Philipp von Zesen; war in Znfte eingeteilt, Frauen zugelassen, war strker Brgertum geffnet; von Zesen: einer der Radikalsten in den Sprachgesellschaften (einige seiner Vorschlge: Jahrbuch statt Annalen, Anschrift statt Adresse, Ausflug statt Exkursion,...) noch keine konkrete Schriftsprache vorhanden, Vorbild: Niederlndisch; ging also auch um Schaffung einer dt. Literatursprache (also nicht fr Alltag); zwei Hauptziele: Schaffung einer nationalen deutschspr. Literatur Schaffung einer einheitl. dt. Sprache (Reinigung von Fremdwrtern!) finanziert durch Frsten oder reiche Mitglieder, in 1. Linien Buchdrucke finanziert jeder Verein hat eigenen Verlag/Druck, durch Vereine als erstes auf Urheberrecht geachtet; viele Grammatiken entstanden, es gab zwei Richtungen diesbez.:

    Gesellschaften, denen es wichtig war, Grammatiken fr die dt. Literatur zu liefern: richten sich an Oberschicht/Elite, oft werden Wrterbchern Grammatiken beigegeben und v.v.; Grammatiken damals in 1. Linie prskriptiv (Vorschriften, wie man reine/vornehme Sprache erringen kann); Vorbild hauptschlich ostmitteldt. Sprachlandschaft Gesellschaften, die dachten, eine reine dt. Sprache kann nicht auf einem bestehenden

    Dialekt beruhen: machen Vorschriften anhand von freien Erfindungen ( in Br) Wrterbcher und Grammatiken wichtig: Kaspar Stieler, Justus Georg Schottel man ging von Vorstellung aus, dass es einen Grundstock an Erbwrtern gibt, Stieler bernahm in seinem Wrterbuch die Stammwrter von Schottel (Ausfhrliche Arbeit von der Teutschen Haubt-Sprache)

  • 23

    lteste Sprachen: hebrisch, latein, griechisch; jetzt zhlt man auch deutsch dazu Wrterbcher damals nicht alphabetisch geordnet, sondern nach Wrtern, die konsonantisch bereinstimmen (unbewusste Ordnung nach etymologisch zusammengehrigen Wrtern), letztes Wrterbuch in diesem Verfahren: Bayrisches Wrterbuch (Schmeller), 1837; Andere wichtige WB von Kampe, Adelung und Grimm (Grimm schrieb an Wrterbuch von 1854 bis 1961, A-D selbst, Rest: Nachkommen; Artikel in WB waren Musterartikel fr andere WB, mehrere 100 Spalten lang, jedoch fr heutigen Sprachgebrauch nicht mehr relevant, nur noch geschichtlich) Im Laufe des 17./18. Jhdt. diverse Versuche von Einzelpersonen, auf Schriftsprache normierend einzuwirken; wichtig: Gottsched trug Literaturstreit mit aus und wirkte auf Sprache ein; war Aufklrer (also gegen Emotion) und gegen alles, was gegen Einheit Aristoteles wirkt, auch gegen Shakespeare; Dichtung kann man lernen und lehren, das Thema hat edel zu sein und vom Pbel ist Abstand zu nehmen, keine Komik (auch kein Hanswurst) diese Prinzipien auf Sprache bertragen; mehrere Werke verfasst und sich an ostmitteldt. Prinzipien orientiert; Bcher: Bestseller, wurden von Habsburgern verpflichtend an Schulen eingefhrt (sogar Maria Theresia); Felburger und Popovich traten fr eine sterr. Variante des Sddeutschen ein, wurden jedoch abgelehnt, da ihre Vorschlge als schlecht/verdorben angesehen wurden Vorstellung war also, dass es eine Standardsprache gibt; am besten/reinsten: Ostmitteldeutsch wird jedoch vom Pbel durch Dialekte verdorben; Aufgabe der Grammatika: Reinheit wiederherstellen Heute wei man, dass Dialekte ursprnglich sind, die Schriftsprache entwickelte sich darber Wirken Gottscheds entscheidender Grund, dass heutige Schriftsprache so stark am ostmitteldt. orientiert ist (mitteldt. Diphthongierung, Senkung,...) erst gegen Ende 18. Jhdt.: allgemein anerkannte Schriftsprache, die auch verstanden wird; ab Mitte 2. Hlfte des 18. Jhdt./Anfang 19. Jhdt. wurden Schriftsteller erstmals als Vorbild gesehen und in Grammatika zitiert 19. Jahrhundert erste groe Vernderungen: Konzentration in Stdten, Anwachsen des Zeitungswesens 1879 1918: langes Jahrhundert in geisteswissenschaftl. Hinsicht Zeit des Buchdrucks und Zeitungswesens Vorlufer unserer Tageszeitungen entstehen, v.a. aufgrund der franzsischen Revolution; Zeitungen erscheinen wchentlich in geringem Umfang; wie beim Buchdruck: je mehr Zeitungen, desto mehr Leser, je mehr Leser, desto mehr Lesestoff verlangt Alphabetisierung erst 2. Hlfte 18. Jhdt., die eng mit Industrialisierung und Anwachsen der Stdte verbunden ist (allgemeiner europischer Prozess) neue Schicht von Proletariern in Stdten im Zeitungswesen laufend Verbesserungen:

    Zeitungsdruck wird verndert: nicht mehr ganze Seite sondern Zeile fr Zeile (Verbesserungen einfacher, da nicht mehr ganze Seite entfernt werden muss) Rotationsdruck: nicht mehr viele Handgriffe fr einzelnes Blatt ntig, sondern Druck mit Rollen Zeit- & Kostenverringerung, Druckquantitt und qualitt jedoch erhht Format gendert: im unteren Drittel Platz fr geistreichen Aufsatz zu aktuellen Umstnden (Feuilleton) Trick, um Zensur zu umgehen Impressum entstand Berichte und Kommentare wurden getrennt

  • 24

    1848 entsteht Freie Presse in Wien nach Pariser Vorbild; Zeitungsdruck frdert Lesefhigkeit, im 19. Jhdt. viele Romane zuerst in Zeitungen gedruckt politische Entwicklung: durch franzsische Revolution auch in Deutschland Hoffnung auf nationale Einigung; napoleonische Kriege natrlich Schock Hl. rm. Reich wird zerschlagen, Napoleon schlielich besiegt und 1815 mit Wiener Kongress Ordnung wiederhergestellt; Hoffnung auf Einigung in einheitl. deutsches Reich wird nicht erfllt in Zeitungen wird Zusammengehrigkeit hergetrumt 1871: Bismarck schafft Vereinigung des dt. Reiches (aber ohne ) nationale Gefhle bedient einheitl. dt. Schriftsprache, Aussprache, Grammatik,... mglich; Projekt des dt. Sprachatlasses (alle Dialekte im Reich erfassen) wird kaiserlich genehmigt Rechtschreibung ist kompliziert, erst 1901 trilaterale Einigung zw. Deutschland, sterreich, Schweiz NUR Rechtschreibung nur im amtlichen Bereich normiert, nicht Grammatik, keine einheitl. Wrter (nur Wortregeln, z.B. wann , wann s), kein normiertes WB Einheitl. Aussprache ist gewnscht, v.a. auf der Bhne. Vorstellung: Bildungsbrgern ist es ein Gruel, Werke wie Schiller mit Dialekt zu hren v.a. Gelehrte forderten einheitl. Bhnenaussprache; Germanist Theodor Siebs machte sich auf die Suche, v.a. unter Einbezug von Theaterfachleuten 1898 sein Werk Deutsche Bhnenaussprache, das das einzige Werk zu diesem Thema war ( weite Verbreitung), jedoch nie so die Zustimmung zu diesem Werk wie zu Konrad Dudens Werk zur Rechtschreibung (sehr beliebt aufgrund der Einfachheit) 3 wichtige Punkte unterscheiden Aussprache zw. nord- und sddeutsch: Endsilbe ig (heilig) im Norddt. ich (heilich) schemen schmen Aussprache des s (stimmlos stimmhaft) Siebs Werk lange Zeit das einzige zur Aussprache, mittlerweile aber 3 groe Werke: EWDA (20er) Duden (50er) Siebs Den Siebs gibt es jedoch nicht mehr, wird ersetzt durch das Aussprachewrterbuch im Reuter-Verlag scheint neue Norm zu werden Beginn 19. Jhdt. auerdem Entstehung der modernen Sprachwissenschaft modern weil Behauptung erst bewiesen werden muss und Wissenschaft objektiv zu sein hat es entsteht Zustand, in dem Sprache ber sich selbst reflektiert wissenschaftliche Grammatik und Wrterbuch charakteristisch: Umgangssprache wird entdeckt bis Mitte 19. Jhdt. nur Trennung zwischen Dialekt & Hochsprache, jetzt bemerkt man Sprache, die mehr mittig ist und auch in Literatur auftritt; man wei nicht, ob Umgangssprache ein Produkt d. 19. Jhdts. ist (als Ausgleich zwischen Schriftsprache und Dialekt in Stdten) oder ob sie lnger existiert Quellen fehlen Umgangssprache hat 2 Erscheinungen: lsst sich nicht genau beschreiben, variiert von Ort zu Ort; durch Fehlen einer genauen Beschreibung Ausdruck Umgangssprache vermieden und durch Alltagssprache ersetzt Alltagssprache ist die, die im halbffentlichen Bereich gesprochen wird; im ffentlich Bereich wird Standardsprache gesprochen; Dialekt spricht man mit Freunden/Familie

  • 25

    (intime Sprachform); Alltagssprache ist also der bergang von Dialekt- zur Standardsprache und wird vom reinen, dem Basisdialekt unterschieden. Diese moderne Wissenschaft entsteht im 2. Jahrzehnt des 19. Jhdts. 1819 verffentlicht Jacob Grimm den 1. Band der dt. Grammatik, der historisch vergleichend ist, auerdem wird 1. LV das erste Mal durch ihn formuliert Gesamte Wissenschaft im 19. Jhdt. aber historisch, erst im 20. beginnt de Saussure die diachrone Forschung. Germanistische Sprachwissenschaft Das Wesen der Sprache Bis zur Aufklrung war jeder Zweifel an der Theorie, dass die Sprache den Menschen als fertiges Produkt von Gott im Paradies geschenkt worden sei, als Ketzerei gesehen. Johann Gottfried Herder war einer der Ersten, der vehement auf der Ansicht bestand, dass Mensch seine Sprache selbst erschaffen hat (Abhandlung ber den Ursprung der Sprache, 1772), jedoch durch die Kommunikationssysteme der Tiere, die er gehrt, umgeformt und zur menschl. Sprache entwickelt hat (unter Einfluss Jean-Jacques Rousseaus Forderung Zurck zur Natur). Fr die Linguistik von groer Bedeutung wurde Wilhelm von Humboldt, der in seinem umfangreichen und zu Lebzeiten grtenteils unverffentlichten Werk so gut wie alle Aspekte der menschlichen Sprache aufgriff, sodass er heute bei nahezu allen linguistischen Fragen zitiert werden kann. In der Vorrede zu seinem Werk zur Kawisprache auf Java (ber die Verschiedenheit des menschlichen Sprachbaues und ihren Einfluss auf die geistige Entwicklung des Menschengeschlechts, posthum 1836-40 herausgegeben von Johann K. E. Buschmann) werden erstmals die 4 Sprachtypen postuliert, die noch heute von Bedeutung sind:

    isolierende flektierende agglutinierende inkorporierende Eine seiner berhmtesten Aussagen desselben Werkes bezieht sich auf das Wesen der Sprache, und zwar sieht Humboldt die menschliche Sprache nicht als fertiges Werk, sondern als selbstschpferische Kraft. Damit wird der Begriff innere Sprachform verbunden, die sich mit dieser schaffenden Kraft in der grammatischen Struktur uert. Durch diesen geistig-humanistischen Aspekt unterscheiden sich die Humboldtianer (z.B. Heymann Steinthal) von den Formalisten (z.B. Strukturalisten).

    Neuorientierung in der Linguistik 1785: brit. Kolonialbeamter Sir William Jones (seit 1783 Oberrichter in Indien) stellt in Vortrag vor der Asiatic Society in Kalkutta die Verwandtschaft der alten europischen Sprachen wie Griechisch, Latein und Gotisch mit dem altindischen Sanskrit fest und vermutet in visionrer Weltsicht, dass diesen Sprachen eine heute nicht mehr existente Ursprache zugrunde liegen (verffentlicht 1786 in der Zeitschrift Asiatick Researches [sic!]); noch Jahrzehnte spter ist noch die falsche Ansicht, dass Sanskrit selbst diese Ursprache sei, z.B. bei Friedrich Schlegel zu finden 1816: Franz Bopp, 25, verffentlicht sein vergleichendes Werk ber das Konjugationssystem der Sanskritsprache in Vergleichung mit jenem der griechischen, lateinischen, persischen und germanischen Sprache, in dem zum 1. Mal in wissenschaftlich exakter Methode anhand ausfhrlicher Vergleiche die Verwandtschaft der indogermanischen Sprachen bewiesen wurde.

  • 26

    1818: Verffentlichung des preisgekrnten Werks Untersuchung ber den Ursprung der alten nordischen oder islndischen Sprache von Rasmus Kristian Rask, die er jedoch schon 1814 geschrieben hatte, sie war aber auf Dnisch stand Verbreitung im Weg 1819: 1. Band der Deutschen Grammatik von Jacob Grimm, die einen hnlichen Beweis unter den germanischen Sprachen erbrachte, wie Bopps Werk unter den indogermanischen (historische, nicht Gegenwartsgrammatik) Historisch-vergleichende Sprachforschung Grundlagen fr Aufbau der methodischen Linguistik wurden Anfang 19. Jhdt. in Deutschland geschaffen, zuvor wurde Sprachwissenschaft nur als Sprachgeschichte betrieben und mit der Gegenwartssprache beschftigte man sich nur im Gymnasium, dessen Grundlagen 1809-10 von Humboldt auch zur Heranbildung der (mnnl.) Jugend gelegt worden waren. Wenn diese reif fr die Universitt waren (ebenfalls Humboldt), waren sie bereit fr wahre, nmlich historische Sprachwissenschaft. Nach der Grndergeneration (Bopp, Rask, Grimm) wurde das Wissen um Sprache rasant ausgebaut, z.B. von August Friedrich Pott (Etymologische Forschungen auf dem Gebiet der Indo-Germanischen Sprachen), Rudolf von Raumer (Aspiration und Lautverschiebung), August Schleicher (Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen) und Heymann Steinthal (Die Classification der Sprachen dargestellt als Entwicklung der Sprachidee). Ziel: Rekonstruktion des Indogermanischen/Indoeuropischen durch Vergleich historischer Sprachstufen. Als Sprecher stellte man sich ein reales Urvolk vor Indogermanen (heutige Ansicht dazu weicht weit ab). Der Erkenntnisgewinn durch historisch-vergleichende Sprachforschung zhlt zu groen Gelehrtenleistungen des 19. Jhdts. Wilhelm Scherer: Wunderkind der Germanistik (Zur Geschichte der Deutschen Sprache, 1868), der in jungen Jahren noch Bedeutendes auf Gebiet der Germanistik leistete, bevor sie sich in literatur- und sprachwissenschaftlichen Zweig aufspaltete. Scherer weist (wie Von Raumer) darauf hin, dass Sprachgeschichte nicht aus geschriebenen Quellen rekonstruiert werden kann, sondern unter Voraussetzungen der Produktionsmglichkeiten gesprochener Sprache betrachtet werden muss wurde groes Vorbild und Wegbereiter fr Junggrammatiker (selbst nicht JG) Die Junggrammatiker eine lose Gruppe junger Linguisten formierte sich in den 70er Jahren des 19. Jhdts. an der Uni Leipzig, die gegen den ihrer Meinung nach berholten Wissenschaftsbegriff ihrer Zeit rebellierten in recht harschen Worten (Morphologische Untersuchungen auf dem Gebiete der indogermanischen Sprachen, Brugmann & Osthoff) gesamte ltere Generation gegen sie (Junggrammatiker zunchst spttisch gemeint); JG wollten Sprachwissenschaften so angehen, wie es bei den erfolgreichen Naturwissenschaften getan wurde (Minderwertigkeitskomplex der Geisteswissenschaften noch heute); v.a. Lautgesetz ( Lautgesetze sind ausnahmslos) stie durch Missinterpretation auf massives Unverstndnis (Lautgesetz ist kein Pendant zum Naturgesetz, sondern nur eine sprachl. Entwicklung, die an einem best. Ort eine best. Zeit lang wirkt, jedoch nur Laute einer best. Kategorie z.B. frhneuhochdt.: alle Kurzvokale in offener Silbe gedehnt, in geschlossener jedoch nicht; diese best. Zeit endet jedoch irgendwann und Wrter, die danach ins Deutsche aufgenommen werden, machen diese Entwicklung nicht mehr mit); auerdem wurde auch bersehen, dass das Lautgesetz mit einer Analogie gekoppelt war (analogische

  • 27

    Vernderungen nicht durch LG verursacht, sondern durch Vorbildwirkung anderer sprachl. Erscheinungen). JG haben eine Reihe von bedeutenden Leistungen erbracht, allerdings bis Ende 19. Jhdts. immer lauter werdende Vorwrfe (wrden Sprache nur in detailreichen Einzelentwicklungen ohne zugrunde liegende allg. Sprachtheorie erforschen); bekannte JG: Karl Weinhold, August Leskien, Berthold Delbrck, Hermann Paul, Karl Verner, Hermann Osthoff, Karl Brugmann, Wilhelm Braune, Eduard Sievers, Otto Behagel, Friedrich Kluge, Wilhelm Streitberg, Karl Luick Beginn der wissenschaftlichen Phonetik Jacob Grimm & Zeitgenossen setzten Begriffe Buchstabe und Laut noch gleich spter erkannte man, dass schriftliche Fixierung von materiell-physikalischem Laut streng zu trennen ist (einer der ersten: Rudolf von Raumer). Wilhelm Scherer und Junggrammatiker hatten entdeckt, wie wichtig anatomische Voraussetzungen der Lautproduktion fr Beschreibung der Sprachvernderungen sind. Eduard Sievers verffentlichte 1876 Grundzge der Lautphysiologie, zur Einfhrung in das Studium der Lautlehre der indogermanischen Sprachen (in der 2. Auflage: Grundzge der Phonetik). Sievers, bereits mit 21 auerordentlicher Professor der Uni Jena, wurde so zum Begrnder der wiss. Phonetik, die sich in der Folge von einer Hilfswissenschaft zur vollwertigen linguistischen Disziplin entwickelte. Bereits 1877 folgte Phonetiker Henry Sweet (angeblich reales Vorbild des Profs in My Fair Lady) mit Handbook of Phonetics. Wrter und Sachen Georg Wenker begrndete Sprachatlanten, die erforschen wollten, welche Inhalte mit best. Zeichenkrpern (Ausdrcken) verbunden werden (z.B. Pferd-Gaul-Ross) gingen semasiologisch vor. In Tradition der Junggrammatiker (zu denen auch Wenker zhlt) konzentrierte sich Deutsche Sprachatlas dann auch auf Laut- & Formenlehre. Eine Gegenbewegung, die den Atomismus scharf kritisierte, versuchte den onomasiologischen Weg. Nach Franz Dornseiff suchte man Wrtern und Wortverbindungen , die Sprachteilnehmer verwenden, wenn sie best. Inhalte (Reittier) ausdrcken wollen. Rudolf Meringer grndete 1909 mit anderen die Zeitschrift Wrter und Sachen (bis 1944), Name kommt von Randnotiz aus Grimms Deutscher Grammatik (schon Grndergeneration betonte Zusammenhang zwischen Realitt & Bezeichnungen). Der Wrter und Sachen-Bewegung standen auch Wilhelm Meyer-Lbke und Hugo Schuchardt nahe. Vermeintliche berbetonung der ueren Sprachform durch Junggrammatiker sollte entgegengetreten werden durch Bezug auf Sachen und schaffenden Menschen. Sprachwissenschaft soll in das Ganze der Kulturwissenschaft eingegliedert werden, denn Sprachgeschichte ist Kulturgeschichte (Meringer) erstaunliche Erkenntnisse: bis heute berhmt z.B. Entdeckung der Etymologie von Wand (kommt von winden frhe Herstellung von Wnden durch winden von Zweigen/sten). Ideale Verwirklichung des Wrter und Sachen-Prinzips: AIS. Sprach- und Sachatlas Italiens und der Sdschweiz (1928-1940) von Karl Jaberg und Jakob Jud.