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Eva Bühler, Jürg Stäuble, Isabel Zürcher (Hg.) CHRISTOPH MERIAN VERLAG SPAZIERGÄNGE DURCH BASEL

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Eva Bühler, Jürg Stäuble, Isabel Zürcher (Hg.)

CHrIStopH MErIan VErlag

SpaZIErgängE durCH BaSEl

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Christoph Merian Verlag

spaziergänge durCh Basel

eva Bühler, Jürg stäuble, isabel zürcher (hg.)

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impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

ISBN 978-3-85616-549-9

© 2012 Christoph Merian Verlag

Alle Rechte vorbehalten; kein Teil dieses Werkes darf in irgendeiner Form ohne vorherige schriftliche Genehmigung des Verlags reproduziert oder unter Verwen-dung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Herausgeberschaft: Eva Bühler, Jürg Stäuble, Isabel ZürcherObjektrecherche: Regine BungartzGestaltung: Eva Bühler und Korinna Schuppli, vista point, BaselLithos: Jessica Wolfelsperger, BerlinDruck: Offsetdruckerei Grammlich, PliezhausenBindung: IDUPA Schübelin GmBH, Owen / TeckSchriften: DIN, MeridienPapier: Luxo Art Samt in 115 g/m2

Auch als E-Book erhältlich: ISBN 978-3-85616-565-9

www.merianverlag.ch

Kartenbasis: © Grundbuch- und Vermessungsamt Basel-Stadt. Reproduziert mit Bewilligung des Grundbuch- und Vermessungsamtes Basel-Stadt vom 12.03.2012

dank

Vielen Dank für die Unterstützung:

Hans und Renée Müller-Meylan Stiftung

L. & Th. La Roche-Stiftung

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Inhalt

‹Art Walk› – fünf Spaziergänge zu Basels Kunst im öffentlichen Raum 7

Von aussen nach innen 12

Mäandern im Zentrum 30

Quer durch die Mitte 46

Der Tangente entlang 62

Von Zone zu Zone 80

Index 100

Weiterführende Literatur 106

Bildnachweis 107

Autorinnen und Autoren 108

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Kunstschaffende gehen vorWenn wir für ‹Art Walk› Kunstschaffende um ihre Sicht der Dinge bitten, setzen wir auf mehreres: Als Profis der Wahrnehmung reagie-ren sie sensibel auf die Bedingungen, unter denen Kunst entsteht und sich einem breiten, meist unvorbereiteten Publikum zeigt. Sie wissen um ästhetische Mentalitätsräume und deren raschen Wandel und sind vertraut mit materiellen Beschaffenheiten, die ein Werk für den langfristigen Bestand unter freiem Himmel mitbringen muss. Sie befassen sich mit Reaktionen, die ein künstlerisches Werk provozie-ren kann, wenn es in den exponierten öffentlichen Raum gelangt. Und sie kennen die Herausforderung ortspezifischen Handelns, sei es aus der eigenen künstlerischen Praxis oder als Expertinnen in Wettbewerbsverfahren. Für ‹Art Walk› wollten wir uns von Beginn weg an diese Komplizenschaft mit den Machern halten; mit der Ein-ladung von Werner von Mutzenbecher, Andrea Saemann, Markus Schwander und Tina Z'Rotz, Valentina Stieger und Nora Rekade so-wie mit dem Beitrag aus unseren eigenen Reihen (Jürg Stäuble mit Maya Rikli) setzten wir auf ein anschauliches Nachdenken. Als He-rausgeberschaft haben wir keine Vorgaben gemacht, wie kritisch, wie wertend, wie subjektiv die Texte werden sollen – das einzige, was wir zurückgewiesen hätten, wären autoritative Behauptungen, die Ihnen als ‹Art-Walker›, als ‹Art-Walkerin› eine eigene Perspektive verstellt

‹Art Walk› – fünf Spaziergänge zu Basels Kunst im öffentlichen Raum

Kunst im öffentlichen Raum trage zur Lebensqualität bei. Glauben Sie das? Sie setze Akzente, schärfe die Wahrnehmung und fördere die Vielfalt der Perspektiven innerhalb intensiv genutzter städtischer Zonen. Können Sie das bestätigen? Und wenn Sie es noch nicht überprüft haben: Begleiten Sie uns auf den fünf ‹Art Walks›. Das vorliegende Büchlein lädt Sie dazu ein, bekannten wie noch nie begangenen Wegen mit dem Blick auf die Kunst vor der basel-städtischen Kulisse zu folgen. Dabei sind Ihnen Kunstschaffende beispielhaft vorausgegangen. Sie bringen hier ihre Wahr nehmung der Kunstwerke zur Sprache und lenken den Blick sowohl auf Alt-bekanntes wie auf bisher Unentdecktes am Wegrand. Was tut die Kunst im öffentlichen Raum?

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hätten. ‹Art Walk› kann und will die Kunst im öffentlichen Raum nicht abschliessend verhandeln; zu viele Werke, die auch eine Be-trachtung verdient hätten, mussten wir beiseitelassen, um nicht die Einladung zum Spaziergang in die Lektüre eines Nachschlagewerks kippen zu lassen. Das Büchlein will auch nicht Gericht halten über Werke wie das Nussbaum-Tribunal (2006). Der Gerichtspräsident ali-as Guido Nussbaum hat damals Klägerinnen und Verteidiger aufge-boten, um strittige Werke auf Basels Strassen und Plätzen mit Frei-spruch zu entlassen oder mit einem Schandfleck zu strafen. Eine Prise von jenem Geist, der hohen Unterhaltungswert mit kritischer Reflexion zu paaren weiss, wünschen wir uns natürlich auch für dieses Büchlein.

Ein Blick zurück und nach vornAbwechslung war ein Kriterium für die Planung dieser fünf Kunst-spaziergänge. Denn Abwechslung zeichnet auch die künstlerischen Interventionen in Basels frei zugänglichen Strassen, Höfen, Parks und Plätzen aus. Kein Wunder: Die systematische Realisierung von Kunst, die auch eine programmatische Förderung ihrer öffentlichen Wahr-nehmung war, hat hier eine bald hundertjährige Tradition. Sie zeich-net zudem eine Geschichte künstlerischer Umbrüche nach. In der Gründungszeit des Kunstkredits Basel-Stadt, der seit 1918 Werkauf-träge an die lokalen Kunstschaffenden vergibt, herrschten noch kla-re Spezialisierungen vor: Der Bildhauer fand seine Aufgabe in der dreidimensionalen Figur eines Brunnenstocks oder in der Auszeich-nung einer Schaufassade durch ein Relief. Die Malerin bewarb sich um die Gestaltung eines Wandbilds. Die Grenzen zwischen ‹privat› und ‹öffentlich› verliefen bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts eindeutig entlang von Grundstücken und Funktionsräumen. Wir wis-sen es, und unsere Spaziergänge illustrieren es mehrfach: Dem ist nicht mehr so. Was Sichtbarkeit und Prominenz anbelangt, haben private Investoren die öffentliche Förderung eingeholt, ja überholt. Wir hätten kein Zeichen von Picasso in der Stadt, wenn nicht die National Versicherungsgesellschaft (heute Nationale Suisse) dem da-mals neu nach dem Künstler benannten Platz eine sichtbare Signatur verliehen hätte (S. 25). Es gäbe nicht den lustig spritzenden Brunnen vor dem Stadttheater (S. 37), wenn nicht die Migros Genossenschaft Basel 1975 ihr fünfzigjähriges Bestehen mit einer langlebigen Geste an die Basler Bevölkerung hätte feiern wollen.Dem Interesse an öffentlicher Teilhabe folgt, dreissig Jahre später, ein weiteres Investitionsmodell. Firmen heben heute ihren Standort nicht nur mit Bauten international gefeierter Architekturbüros her-

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vor. Sie wissen um die Potenz des kulturellen Engagements und set-zen das auratische Versprechen der Kunst ein, um die Aufenthalts-qualität von Arbeits- und Aussenräumen zu optimieren. Das Areal des Novartis Campus im Norden des St. Johann-Quartiers ist ein junges Beispiel für eine exklusive, der eigenen Belegschaft, Kundin-nen und Partnern vorbehaltenen Einsichtnahme, während der schon 1989 installierte Hammering Man am Aeschenplatz bei Weitem nicht nur die Mitarbeitenden der UBS mit seinem regelmässigen Hammer-schlag beeindrucken will. Wie führt sich Kunst auf, die den Sitz einer Grossbank, den Neubau eines Versicherungsunternehmens hervor-hebt? Unterscheidet sie sich von Werken aus Basler Ateliers, die mit öffentlichen Geldern realisiert werden, um kantonale Institutionen auszuzeichnen?

Zwischen Aufbruch und AlterungEines haben die privat und die öffentlich motivierte Realisierung von Kunst im öffentlichen Raum gemeinsam: Kunst erobert ihren Stand-ort meist im Zuge von baulichen Massnahmen. Sie taucht auf, wo Veränderungen im Gange sind. Neubauten, Platzgestaltungen, ver-kehrsbedingte Sanierungen und Quartiersveränderungen setzen fi-n anzielle Ressourcen frei und bieten die künstlerische Intervention auf zur Bereicherung, Akzentuierung, gelegentlich zur Entschärfung architektonischer Eingriffe. Brunnen, Wandbilder, Bronzeplastiken oder Mosaike unter Basels freiem Himmel sind also häufig Signatu-ren der Erneuerung – einer Erneuerung allerdings, die immobil und wetterfest auf eine lange Lebensdauer angelegt ist und manchmal von der Dynamik der Verkehrsplanung und Stadtentwicklung ein-geholt wird.Hie und da entwickelt die Kunst vielleicht gerade im Spannungsver-hältnis zwischen Dauer und Veränderung eine eigensinnige, symbo-lische, erinnerungsmächtige Kraft. Aber welche künstlerischen In-terventionen bleiben auch nach Jahrzehnten glaubhaft als Zeichen ihrer Zeit? Wo ist der Anschluss ans Hier und Jetzt brüchig geworden, und wie gehen jüngere und jüngste Werke mit der Perspektive um, dass sich ihre unmittelbare Nachbarschaft möglicherweise schon in Kürze ganz anders zeigt? Auf dem Dreispitz-Areal, dessen grosse Ver-wandlung von einem Industrieareal und Zollfreilager zu einem neu-en Stadtquartier vor einigen Jahren ihren Anfang nahm, wirft die Kunst ihr Wissen um Veränderung gleichsam auf den Plan. So simu-liert Leif Bennett ein Stück Kulturlandschaft inmitten von Lagerhäu-sern und Werkstätten (S. 90). Ist sein Landweg immun gegen alle Zukunftspläne, ein Speicher des einst Gewesenen? Das Künstlerduo

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Monica Studer & Christoph van den Berg zaubert Pilze aufs Dach einer Liegenschaft, die Sie sich genauso an einer Glasfassade auf der ande-ren Seite unseres Globusses denken könnten (S. 85) – in Sichtweite von Beat Brogles Things to Come, einem Werk, dem man den Kunst-status gar nicht recht ansieht: Wofür wirbt denn die Leuchtschrift, die so keck von der Fassade vorspringt (S. 84)?

Meisterwerk, Möblierung, Intervention?Den Anspruch, bestehende Funktionsräume durch Schmuck oder erzieherische Vorbilder zu bereichern, hat die heutige Kunst längst abgestreift. Im Verhältnis zwischen künstlerischer Intervention und städtischem Raum lassen sich bei genauem Hinsehen Zeichen der Veränderung erkennen. Michael Grosserts Lieudit an der Heuwaage ist 1976 genau für diesen Ort erfunden worden und stimuliert von hier aus die Bewegung und Betrachtung der Passanten (S. 35). Unver-rückbar setzt auch Richard Serras Intersection von 1992 den Theater-platz und seine Architekturen in ein bestimmtes Verhältnis (S. 38). Seit insbesondere die innenstädtischen Räume – nicht nur in Basel – mit Leitsystemen, funktionaler Möblierung und informativer In-frastruktur gesättigt sind, stellen sich der Kunst neue Herausforde-rungen. Flexibilität ist gefragt. Treten die künstlerischen Interven-tionen in Konkurrenz zu den heterogenen visuellen und akustischen Reizen oder mischen sie sich als leise Irritation nur kurz und nur der ganz besonders aufmerksamen Betrachterin in die Sinne? Nicht im-mer jedenfalls gibt sich die Kunst heute noch als solche zu erkennen: Hier schreibt sie sich als Lattenzaun in die Umgebung ein (S. 33), dort fantasiert sie als schwarze Brandspur ein Unglück auf einen Türsturz (S. 42). Sie zeigt sich in ungewohnten Lichtverhältnissen oder sucht in Dimension und Materialität die Anlehnung an die gebaute Nach-barschaft. Zeichenhaft bezieht sie ihre Motive aus Wasser und Luft (S. 53, S. 55) oder hinterlässt, wie ein überdimensioniertes Signet, ihren Stempel an einer weithin sichtbaren Brandmauer (S. 76). Und gelegentlich bleibt uns die Kunst nur als Erinnerung und in der bild-lichen Dokumentation erhalten, weil sie nie auf eine dauerhafte Existenz angelegt war, sondern punktuell an einer Erzählung mit-schrieb und im Ereignis einen einmaligen Höhepunkt fand. Können Sie sich Basel ohne seine Kunst vorstellen? Bei den histori-schen Werken kennt die Stadtmitte mehrere glückliche Beispiele: Ihre Beliebtheit hat die Diskussion über Sinn oder Unsinn künst-lerischen Tuns rasch und nachhaltig überwunden. Samuel Buris Gänseliesl am Rheinsprung zählt zu ihnen (S. 28) oder die Amazone, Pferd führend von Carl Nathan Burckhardt ein paar Schritte weiter

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am Grossbasler Brückenkopf der Mittleren Brücke (S. 52). Promi-nentestes Beispiel ist sicher der Fasnachts-Brunnen von Jean Tinguely, ein Publikumsmagnet erster Güte (S. 37). Auch nach bald vierzig Jahren kann er gleichsam aus dem Vollen schöpfen: Das ununterbro-chene Plätschern und Spritzen, Sieben und Giessen macht uns zu Zeugen eines ganzjährigen fasnächtlichen Treibens – ein sinnbild-liches Schauspiel, ein gewitzter Totentanz genau an der Stelle des Bühnenraums des früheren Stadttheaters. Auch in Basel sind neue Modelle für die Finanzierung und Realisie-rung von Kunst gefragt: Das Projekt Nordtangente-Kunsttangente hat das Thema, das in den letzten zwanzig Jahren mehrfach Gegenstand öffentlicher Debatten war, produktiv und praxisnah auch ins Be-wusstsein der jungen und jüngsten Künstlergeneration getragen. 2009 ist eine Studie in Auftrag gegeben worden über den Status quo und die wünschbaren Handlungsräume von Basels Kunst im öffent-lichen Raum, es folgten 2011 die Ausschreibung zu einem Gestal-tungskonzept für die Innenstadt und ein Wettbewerb, der «Konzepte für die Kunst im öffentlichen Raum Basel» einforderte. Uns interes-siert, vor welchem Erfahrungshorizont Basel-Stadt ein verstärktes Engagement im Bereich ‹Kunst im öffentlichen Raum› ins Auge fasst. Hierzu braucht es mittel- und längerfristig sicher innovative Entwürfe lokaler und internationaler Kunstschaffender. Es braucht auch – und darum laden wir zum ‹Art Walk› ein! – ein Bewusstsein für den heu-tigen Bestand, für die Prozesse seiner Alterung und die Chancen eines immer neuen Blicks.

Isabel Zürcher, im Januar 2012

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Von aussen nach innen

1 Markus Müller, ‹Scusi Brancusi›2 Sylvie Fleury, ‹Libelle› 3 Renée Levi, ‹Ombre›4 Anna Amaido, ‹Bazooka›5 Gun Gordillo, ‹Spira› 6 Claude Lévêque, ‹Im Paradies›7 ‹Kunstplattform› (bis 2013 befristete Intervention), mit Malerei von Franziska Furter, Martina Gmür, Indra, Dominique Jehle, Jeannette Mehr, Olaf Quantius8 Louis Armand Petersen, ‹Krähe› 9 Paul Wilde, ‹Plakatankleber›

10 Jonathan Borofsky, ‹44’ Hammering Man›, ‹Large Ruby›11 Ilya Kabakov, ‹Denkmal für einen verlorenen Handschuh› 12 Owsky Kobalt, ‹Perle› 13 Willy Hege, ‹Schlange› 14 Luciano Fabro, ‹Giardino all’italiana› 15 Pablo Picasso, ‹L’homme aux bras écartés› 16 Alexander Zschokke, ‹Die drei Lebensalter› 17 Bettina Eichin, ‹Marktplatzbrunnen Basel, z.B. 1. Nov. 1986, 00.19 h›18 Rémy Zaugg, ‹Ein Zugang zum Staatsarchiv im Werden› 19 Samuel Buri, ‹Gänseliesl›

start Münchensteinerstrasse

ende Schifflände

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Unser Spaziergang erweist sich für uns als eine eigentliche Tour d’Horizon. Mit unter-schiedlichen Perspektiven ge - mein sam unterwegs sind mein Gast Nora Rekade und ich. Während Nora, Künstlerin und seit acht Jahren in Wien zu Hause, die Stadt am Rhein beruflich wie privat immer häu-

fi ger besucht, bin ich selber seit meinem Kunststudium 2006 in Basel wohnhaft und kenne einzelne Stadtteile noch immer kaum oder gar nicht. Wir teilen jedoch den neugierigen, unbelasteten Blick auf die Stadt und die beein druckende Anzahl von künstlerischen Arbeiten, die wir hier erkunden. Manche waren uns bislang gänzlich unbekannt. Vielen Werken, gerade von alteingesessenen Kunstschaffenden, begegnen wir auf unserer Tour zum ersten Mal. Für uns bedeutet dieser Spaziergang also in erster Linie eine Entdeckungsreise, ein Ein blick in markante Entwicklungsetappen einzelner Quartiere sowie die Offenbarung einer reichen, uns bisher wenig be kannten (Vor-)Geschichte der Kunst in Basels öffent lichem Raum.

Valentina Stieger (rechts im Bild) und Nora Rekade

Von aussen nach innenVom Stellwerk der SBB zur Schifflände

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Blick über die Brücke

Zentralstellwerk der SBB

Ausgangspunkt unseres ‹Art Walks› ist das Zentralstellwerk der SBB, ein wirk-lich eigenwilliges Gebäude von Her-zog & de Meuron. Es gehört zu unseren Lieblingsbauten dieser Schweizer Star-architekten und befindet sich bei der Tramhaltestelle ‹Münchensteinerstras-se›. Von hier spazieren wir über die Brücke, die über die Bahngeleise führt. Linkerhand ist bereits die silbern leuch-tende, markant gewellte Aluminium-fassade des Jacob Burckhardt Hauses zu sehen.

Kurz bevor wir in die Nauenstrasse abbiegen und nur auf einen zweiten Blick erkennbar, entdecken wir an der Kreuzung die Plastik Scusi Brancusi (2009) von Markus Müller. 1 Inmit-ten der umliegenden Strassenpfeiler fällt sie zuerst gar nicht wirklich auf. Im Vergleich zur glänzenden Fas sade dahinter erscheint ihre mattgraue Ober-fläche wohl beabsichtigt stumpf; es handelt sich um mit Polyurethan-Lack beschichteten Stahl. Scusi Brancusi erin-nert mit seiner beachtlichen Höhe von 24 Metern an einen Fernsehturm oder

Münchensteinerstrasse ≥ über die Brücke

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≥ Nauenstrasse

an eine Antenne. Je mehr wir uns auf sie zu bewegen, desto stärker tritt der modellhafte Charakter der Plastik zu-tage. Einzelne Teile erinnern uns an massstäblich vergrösserte Elemente aus dem Alltag: eine Rechaud-Kerze, ein Milchverschluss aus Plastik. Es scheint um die Hyperrealität von Material und Plastizität zu gehen.Wir schlendern der stark befahrenen Nauenstrasse am Jacob Burckhardt Haus entlang und werfen einen Blick in die fünf Atrien auf seiner Nordseite. Die Lichthöfe sind als riesige Kunstvi-

trinen genutzt. Sylvie Fleury 2 , Renée Levi 3 , Anna Amadio 4 , Gun Gordillo 6 und Claude Lévêque 5 haben hier dreidimensionale Arbeiten realisiert. Aufgrund der nahen Fahrbahn lässt sich leider wenig Distanz dazu einneh-men, wir schauen in die Lichthöfe wie in Schaufenster. Zudem fällt uns auf, dass die Arbeiten mit den angebrach-ten Firmenschriftzügen konkurrieren müssen, die auf die vielseitige Nutzung des Gebäudes verweisen: ein Dienst-leistungszentrum mit Büros und La-bors, Bibliotheken und Archiven der

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≥ Treppe links hoch zur Plattform

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Peter Merian Haus

Universität Basel. Das vierte Atrium zieht unsere Aufmerksamkeit auf sich. Fünf giraffenähnliche Figuren – lange, in die Luft emporragende Kran-Arme, wie einem ‹Transformers›-Zeichentrick-film entlehnt – sind mitten in der Ar-beit. Claude Lévêque spielt mit dem Thema ‹Auf- und Abbau›: Die Kran-Arme montieren rechteckige, spiegel-verglaste Elemente – Fenster scheiben. Oder werden sie be reits wieder ent-fernt? Die pneumatischen Arme um-klammern die planen Elemente, hal-ten sie den Bürofenstern entgegen

und lassen so den Blick aus den Ar-beitsräumen hinauf in den Himmel kippen. Es hat etwas Sehnsüchtiges, wenn sich dieser in den Fenstern und in die Büroräume hinein spiegelt. Im Paradies heisst die Arbeit, die uns be-sonders gefällt, weil sie auf die konkre-te Situation Bezug nimmt. Wir fragen uns, wie die Werke wohl aus der Per-spektive der im Haus arbeitenden Men-schen zu sehen sind. Dass die Kunst hier als festes Ensemble zur Szenogra-fie des Gebäudes beiträgt, werten wir als sehr positiv.

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Malereien von Franziska Furter (links)und Olaf Quantius

Auf der Plattform zwischen Jacob Burckhardt Haus und Peter Merian Haus – da sind zwei namhaften Basler Wissenschaftlern Denkmale gesetzt – tut uns der Weitblick gut; hier erscheint Basel grossstädtisch, urban. Die beiden Bauten des Architekturbüros Zwimp-fer & Partner sind Teil der Entwick-lungsstrategie ‹Euroville› rund um den Bahnhof SBB. Peter Merians smaragd-grüne Fassade wurde übrigens vom Künstler Donald Judd mitgestaltet. Die verkehrsreiche Strasse verlassend, empfängt uns der Platz wie ein Ruhe-

pol, in dessen Mitte die Kunstplattform (2008) mit Malereien von Indra, Jean-nette Mehr, Olaf Quantius, Franziska Furter, Martina Gmür und Dominique Jehle platziert ist. 7 Die Konstruktion aus Metall erinnert uns an ‹Billboards›, an Stellwände für Plakate im Weltfor-mat. Die sechs malerischen Positionen führen jeweils zu zweit einen Dialog, wobei unterschiedliche Techniken zum Zug kommen. Einmal wird direkt mit Ölfarbe auf den metallenen Bildträgern gearbeitet. Andere sind bedruckt oder mit Folie beklebt. Die querformatigen

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≥ Plattform zwischen Jacob Burckhardt Haus und Peter Merian Haus

Jeannette Mehr (links) und Indra

Bilder spannen einen Bogen von ab-strakt-konstruktiven bis zu figürlichen und ornamentalen Kompositionen. Auffällig viele Sujets thematisieren die Natur. Ob das mit dem unmittelbaren Umfeld zu tun hat, wo Natur und jeg-liches Pflanzengrün fehlen? Projek-tions flächen der Sehnsucht nach be-schaulicher Natur? Besonders gefällt uns die einzige schwarzweisse Arbeit: Von Nahem noch abstrakt, wird Fran-ziska Furters geheimnis um wobene Wald lichtung aus der Entfernung im-mer deutlicher erkennbar.

Mit dem Rosenfeldpark entdecken wir eine ruhige Grünfläche mit abwechs-lungsreichem Baumbestand. Nach dem von Verkehrsadern geprägten Auftakt unserer Tour eine willkommene Ab-wechslung! Wir durchqueren den Park und treffen auf die Peter Merian-Stras-se, folgen ihr bis zur St. Jakobs-Strasse und weiter zum Aeschenplatz, einem der grössten innerstädtischen Verkehrs-knotenpunkte. Einige finanzkräftige Unternehmen sind hier angesiedelt, von denen der Rundbau von Mario Botta (heute Zweitsitz der Bank für In-

Rosenfeldpark

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≥ Lindenhofstrasse ≥ Rosenfeldpark ≥ Peter Merian-Strasse ≥ St. Jakobs-Strasse ≥ Aeschenplatz

ternationalen Zahlungsausgleich BIZ) besonders auffällt. Hinter der Tram-haltestelle gegenüber befindet sich ein rotes Transformatorenhäuschen. Hier stossen wir auf den Brunnen mit Krähe (1925) des Bildhauers Louis Armand Petersen. 8 Ein Steintrog mit Brun-nenstock, auf dem eine tiefschwarze Krähe den herannahenden Betrachter oder die Durstige misstrauisch beäugt. Sie thront stolz auf einer steinernen Eichel. Das Transformatorenhäuschen dahinter zieren Steinreliefs von Paul Wilde. Die 1920er- und 1930er-Jahre haben hier künstlerische Spuren hin-terlassen. Dazu gehört auch Wildes Plakatankleber (1924), der über einer achteckigen Litfasssäule mit dem Schriftzug «Plakat» ausschreitet. 9 Die ungefähr anderthalb Meter hohe Figur zeigt einen Arbeiter mit einem Pinsel in der Hand, der dem Zeitgeist entsprechend in seiner Stärke bekräf-tigt wird: Er hat stramme, muskelbe-packte Arme und Beine. Die Figur er-scheint uns etwas starr geraten. Sie spricht die Sprache des sozialistischen Realismus, der den Arbeiter, die Arbei-terin ins Zentrum der Kunst rückt. Der Plakatankleber ist ein früher Steinguss

aus einer Kalkstein-Zement-Mischung.Quer über den verkehrsreichen Platz blickend, sehen wir schon den beein-druckend hohen 44’ Hammering Man des amerikanischen Künstlers Jonathan Borofsky. 10 Er wurde 1989 vor dem damaligen Neubau des Schweizeri-schen Bankvereins (heute UBS) er-richtet. Seither hämmert hier un-ermüdlich, viermal die Minute, die zwei dimensionale, schwarze, aus Stahl gefräste, 13,4 Meter hohe Figur. Mit einer Mechanik ausgerüstet, führt sie in immer gleich bleibendem Takt eine Tätigkeit aus, die auf eine Schlosserei oder ein Bergwerk verweist, auf jeden Fall auf eine schweisstreibende Hand-arbeit. Das mehrfach ausgeführte Werk zeichnet weltweit weitere ökonomisch wichtige Standorte und Firmensitze aus, beispielsweise in Seattle oder Frankfurt.Wir stehen nun direkt vor der Figur, wo uns eine markante Nummer auf dem Bein des Arbeiters auffällt. Was hat sie zu bedeuten? Laut Borofsky soll der Hammering Man ein Symbol dar-stellen «für uns alle, die wir gemein-sam dafür arbeiten, unsere Umwelt auf diesem Planeten sicher und le-

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≥ Lindenhofstrasse ≥ Rosenfeldpark ≥ Peter Merian-Strasse ≥ St. Jakobs-Strasse ≥ Aeschenplatz

benswert zu machen». Uns befremdet das Bild eines hart arbeitenden Hand-werkers in direkter Konfrontation mit einer Bank jedoch. Ist er es, der sein mühsam und ehrlich verdientes Geld zur Bank trägt? Heutzutage kann das wie blanker Hohn wirken. Ist diese Arbeit als kritisches Statement zu ver-stehen oder ist die Figur seltsam de-platziert? Haben sich die Bedeutung dieses Kunstwerks und sein Kontext seit den 1980er-Jahren so radikal ver-ändert? Die Fragen spitzen sich noch zu, wenn wir, nur wenige Meter vor

dem gläsernen Haupteingang, das zweite, gemeinsam mit der Grossfigur konzipierte Werk betrachten: Large Ruby, ein blutig roter Rubin im Entree des Bankgebäudes, dreht sich langsam um seine eigene Achse.10 Verweist er auf den wertvollen Besitz, den die Bank hortet, oder aber auf die schmutzigen Hände, die Reichtum mit sich bringen kann? Gibt sich hier eine Bank beson-ders selbstkritisch?

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