Public Health in Europa Soziale Ungleichheit Joy Ladurner Dornbirn, 11. Juni 2010.
Soziale Ungleichheit in Deutschland
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1
Soziale Ungleichheit
in Deutschland
Facharbeit
Leistungskurs
Sozialwissenschaften
Teil 1 (Theorie): Hausmodelle
(Geißler und Dahrendorf)
Teil 2 (Praxis): Bettler
Dominik Becker
Jan Nikolai
Julius Förster
Valentin Kux
Schuljahr: 2013/2014
Käthe-Kollwitz-Gesamtschule, Grevenbroich
Fachlehrerin: Frau Burdag
Abgabetermin: 26.05.2014
2
Inhaltsverzeichnis
Inhalt Verfasser Seite
Teil 1 (Theorie): Hausmodelle
1. Hausmodell Dahrendorf
1.1 Beschreibung/Erklärung Julius Förster 1, 2
1.2 Baron Ralf Gustav Dahrendorf Dominik Becker 2, 3
2. Hausmodell Geißler
2.1 Beschreibung/Erklärung Valentin Kux 4, 5
2.2 Rainer Geißler Jan Nikolai 5 -7
3. Vergleich der Hausmodelle
3.1 Unterschiede Julius Förster 7
3.2 Gemeinsamkeiten Julius Förster 7, 8
Teil 2 (Praxis): Bettler
Einleitung Jan Nikolai 8
1. Allgemeine Informationen über Bettler Dominik Becker 8 -11
2. Vorgehensweise
2.1 Intro Julius Förster 11
2.2 Informationsbeschaffung Julius Förster 12
2.3 Formulierung der Hypothesen/Leitfragen Julius Förster 12, 13
2.4 Befragung von Bettlern in Düsseldorf Julius Förster 13, 14
2.5 Diskussion über den Zwischenstand der Arbeit Julius Förster 14, 15
2.6 Interpretation der Ergebnisse Julius Förster 15
3. Hypothesen Valentin Kux 15
4. Leitfragen Valentin Kux 16
5. Auswertung
5.1 Auswertung v. Hypothese 1: Vernachlässigung Jan Nikolai 16 -18
5.2 Auswertung v. Hypothese 2: Drogenkonsum Valentin Kux 19
Fazit Jan Nikolai 19
1
Teil 1: Hausmodelle (Theorie)
1. Hausmodell: Dahrendorf
1
1.1 Beschreibung/Erklärung
Im Jahre 1965 entwickelte der deutsch-britische Soziologe Ralf Dahrendorf ein
soziales Schichtenmodell der Gesellschaft der damaligen Bundesrepublik
Deutschland. Er teilte die damalige deutsche Bevölkerung dabei in sieben Schichten
ein:
1. Elite (1 Prozent)
2. Dienstklasse (12 Prozent)
3. Mittelstand (20 Prozent)
4. „falscher Mittelstand“ (12 Prozent)
5. Arbeiterelite (5 Prozent)
6. Arbeiterschicht (45 Prozent)
7. Unterschicht (5 Prozent)2
Als Elite umschreibt Dahrendorf die Menschen in Führungspositionen wie zum
Beispiel geschäftsführende Vorstandsmitglieder eines großen Unternehmens oder
1 http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Dahrendorf_Haus.jpg
2 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Dahrendorfh%C3%A4uschen
2
Spitzenpolitiker. Die Elite bildet die Spitze der Gesellschaft. Zur Dienstklasse, die
vertikal ausgelegt ist, zählt Dahrendorf die bürokratischen Helfer der Elite,
insbesondere Verwaltungsangestellte aller Ränge. Die vertikale Ausrichtung verrät,
dass es innerhalb dieser Schicht größere Verdienstunterschiede gibt. Zum
Mittelstand zählte Dahrendorf selbstständige Freiberufler wie z.B. Handwerker, Ärzte,
Journalisten oder Einzelhändler. Sie bilden neben der Dienstklasse die Mitte der
Gesellschaft. Zum „falschen Mittelstand“ ordnete Dahrendorf Angestellte aus
einfachen Dienstleistungsberufen zu. Als „falsch“ werden sie betitelt, da sich
Menschen dieser Schichtung selbst eher dem Mittelstand zuordnen, sie sich jedoch
ihrem Status (Einkommen, Bildung, Einfluss) nach kaum von der Arbeiterschicht
unterscheiden. Die Arbeiterschicht bildet mit 40% den größten Teil des Dahrendorf-
Häuschens; sie beinhaltet beispielsweise Beschäftigte, die in der Produktion von
Gütern tätig sind. Nicht mehr zugeordnet werden kann der Arbeiterschicht die
Arbeiterelite. Zu dieser gehören beispielsweise Meister, die sich im Hinblick auf
Einkommen, Bildung und Einflussmöglichkeiten von der Arbeiterschicht abgesetzt
haben. Unter der Arbeiterschicht ordnet Dahrendorf die Unterschicht ein. Zu dieser
zählen zum Beispiel Erwerbslose oder Kriminelle.
Im Hausmodell von Ralf Dahrendorf gibt es gelockerte und feste Barrieren zwischen
den sieben Schichten. Je durchlässiger die Barriere einer jeweiligen Schicht ist,
desto einfacher ist es durch gewisse Faktoren (z.B. Weiterbildung) in die
nächstbessere Schicht zu gelangen.34
Julius Förster
1.2 Baron Ralf Gustav Dahrendorf
Baron Ralf Gustav Dahrendorf wurde am 1. Mai 1929 in Hamburg geboren und
verstarb am 17. Juni 2009 in Köln im Alter von 80 Jahren. In seinem Leben hatte er
unzählige politische Erfolge und das nicht nur deutschlandweit sondern auch in
England. Die wichtigsten Auszeichnungen seines Lebens waren sowohl der Knight
Commander des Order of the British Empire im Jahr 1982 als auch das große
Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband der Bundesrepublik Deutschland im Jahr
1989. Ralf Dahrendorf als politischer Vordenker der FPD aber auch als Schriftsteller
3 Vgl. http://www.lerntippsammlung.de/Gesellschaftsmodelle.html
4 Vgl. Gesellschaft und Demokratie in Deutschland. 5. Auflage. dtv, München 1977 , S.86 ff.
3
sehr bekannt und bekam für seine gesellschaftswissenschaftlichen Werke den
Schader-Preis. In seiner Jugend war Ralf Dahrendorf schon politisch aktiv, indem er
Flyer gegen die Nationalsozialisten verteilte, was nicht nur seine politische
Einstellung darlegte sondern auch seinen Mut und seine Hingabe dafür seine Ziele
zu erreichen. Nach seinem Philosophiestudium welches er in Hamburg absolvierte,
widmete Dahrendorf sich ganz der Politik erst 1974 also 22 Jahre nachdem er seinen
Doktortitel in Philosophie erhalten hatte, leitete er bis 1984 die London School of
Economics, eine renommierte wissenschaftliche Fakultät.5
Das Dahrendorfhäuschen veröffentlichte er im Jahre 1965 in seinem Buch
„Gesellschaft und Demokratie in Deutschland“. Dies war eines seiner vielen Werke
und mit dem Dahrendorfhäuschen hat er ein Schichtungsmodell dargestellt, welches
nicht frei von Kritik ist. Eine Kritik daran ist, dass diese Grafik Ausländer nicht
miteinbezieht. Somit werden Ausländer in dieser Grafik in eine der anderen Gruppen
reingesteckt. Ein weiteres Problem an dem Hausmodell von Dahrendorf ist, dass es
nur die Westdeutschen miteinbezieht, was daran liegt, das zu dem Zeitpunkt Ost-und
Westdeutschland von einander getrennt waren. Die Ostdeutschen wurden von
Dahrendorf also vollständig außen vor gelassen und somit ist diese Grafik für heute
nicht mehr aktuell, da durch die Wiedervereinigung die Ostdeutschen miteinbezogen
werden. Dieses Hausmodell ist also nicht aktuell und damit auch nicht mehr richtig.
Die prozentuale Verschiebung ist also nach der Wiedervereinigung ziemlich
unterschiedlich. Also gilt festzuhalten, dass das Dahrendorfhäuschen nicht mehr
aktuell ist und die Prozentangaben nicht genau.
Dies liegt jedoch daran, das Ralf Dahrendorf zu der Zeit, wo er dieses Hausmodell
erstellte nicht wissen konnte, das sich West-und Ostdeutschland wieder vereinen und
er konnte auch nicht wissen, das wir 49 Jahre später so viele Mitbürger mit
Migrationshintergrund haben würden.
Dominik Becker
2. Hausmodell: Geißler
Das nachfolgend beschriebene Hausmodell wurde von Rainer Geißler im Jahre 2002
erforscht und entwickelt. Es ist entstanden aus dem Bestreben die Sozialstruktur
Deutschlands möglichst genau darzustellen. Geißlers Modell entstand in Anlehnung
an das Hausmodell von Dahrendorf und stellt somit eine Aktualisierung sowie eine
5http://de.wikipedia.org/wiki/Ralf_Dahrendorf
4
Überarbeitung dieses Modells dar.6 Geißlers Modell bedient sich des beliebten einem
Haus nachempfundenen Aufbaus. Das besondere an diesem Modell ist, dass es
erstmals eine zusätzliche Sparte gibt, die den Anteil der Ausländer wiederspiegelt.
2.1 Beschreibung/Erklärung
6 http://d-nb.info/1000835553/34
5
Die Basis dieses Hauses bilden die ungelernten beziehungsweise die angelernten
Arbeiter. Diese machen 15% des Gesamten aus, die Ausländer 6%. Dieser untere
Teil ist in der Mitte durch eine Linie getrennt, die die Armutsgrenze darstellen soll.
Demnach leben 7% der Deutschen und 21% der Ausländer unterhalb der
Armutsgrenze. Über dieser Schicht stehen die Facharbeiter, sowie die gelernten
Arbeiter, auch bezeichnet als ausführende Dienstleistungsschicht. Der ausländische
Teil dieser Schicht macht lediglich 2% aus. Die Decke zwischen der ungelernten
Arbeiterschicht und der der Facharbeiter wird als zum Teil durchlässig dargestellt.
Diese vorangehend beschriebenen Schichten haben insgesamt einen Anteil von 35%
bzw. 43% mit den Ausländern aus, und bilden damit das Fundament. Ab diesem
Punkt des Schichtmodells sind alle Wände und Decken als durchlässig dargestellt.
Auf diesem Fundament steht zunächst die mittlere Dienstleistungsschicht (22%),
ebenso wie die sogenannte Arbeiterelite mit einem Anteil von 2%. Der ausländische
Teil in diesem Bereich des Schichtmodells wird als ausländischer Mittelstand
bezeichnet der einen Anteil von 2% ausmacht, und damit auch den obersten Punkt
des ausländischen Anteils in der Schichtung ausmacht. Über der mittleren
Dienstleistungsschicht steht die höhere Dienstleistungsschicht, die einen Anteil von
23% besitzt. Und damit das Dach des Hausmodells bildet. Neben den letzten drei
genannten Schichten steht der Selbstständige Mittelstand, der einen Anteil von 7%
innehat. Die Spitze dieses Hausmodells bildet der Teil der Gesellschaft der als
Machteliten bezeichnet wird und den kleinsten Anteil von nur einem Prozent
ausmacht.7
Valentin Kux
2.2 Rainer Geißler
Rainer Geißler (* 8. Mai 1939 in Thum) ist deutscher Soziologe und lehrt an der
Universität Siegen.
Geißler studierte nach seinem Abitur im Jahr 1959 Geschichte, Romantik
Philosophie und Soziologie an den Universitäten Kiel, Freiburg i. Br., Pan und Basel.
1967 legte er seine Lehramtsprüfung in den Fächern Geschichte und Französisch
ab, welche 1969 um das Fach Soziologie ergänzte. Geißler war zwischen 1968 bis
1975 wissenschaftlicher Assistent am soziologischen Seminar der Universität Basel,
7 Die Sozialstruktur Deutschlands. Ein Studienbuch zur sozialstrukturellen Entwicklung im geteilten
und vereinten Deutschland; Opladen: Westdeutscher Verlag 1992
6
an welcher er auch im Jahr 1971 promovierte. Zeitgleich war er bei der Prognos Ag
in Basel als Berater tätig. 1975 bis 1981 was Geißler Professor für Soziologie an der
Hochschule der Bundeswehr in Hamburg tätig. Er ist seit 1981 als Professor für
Soziologie in Siegen beschäftigt.8
Seine Forschungsgebiete sind hauptsächlich die Erforschung sozialer Ungleichheit
und die Sozialstrukturanalyse mit dem Schwerpunkt des Vergleiches von Ost- und
Westdeutschland. Zudem ist vergleicht er ethnische Minderheiten In Deutschland
und Kanada und erforscht die Soziologie der Massenkommunikation im
Zusammenhang mit der Rolle der Massenmedien bei der Integration von Migranten.
Das Modell „umfasst die Sozialstruktur die Wirkungszusammenhänge in einer
mehrdimensionalen Gliederung der Gesamtgesellschaft in unterschiedliche Gruppen
nach wichtigen sozial relevanten Merkmalen sowie in den relativ dauerhaften
sozialen Beziehungen dieser Gruppen untereinander“9
Geißler hat sein Modell in Anlehnung an dem Dahrendorf-Modell erstellt. Sein Modell
ist auf der Datenbasis einer Langzeitumfrage und der Verwendung mehrerer
Kriterien, wie z.B. Beruf, Einkommen, Prestige, Arbeitsteilung, Qualifikationen,
Lebenschancen, Subkulturen und Einfluss erstellt.10
Das Positive an dem Modell ist die Einteilung in mehr differenzierte Schichten, das
Einbeziehen ausländischer Mitbürger und, dass erfasst wird, dass es möglich ist eine
Schicht zu wechseln. Zudem ist das Modell sehr detailliert aber gleichzeitig sehr
einfach zu verstehen. Bei Geißlers Modell sind sowohl die Decken als auch die
Wände durchlässig.
Negativ ist allerdings, dass das Modell nur die Einteilung von Westdeutschland
wieder gibt, da nur eine subjektive Schichteinstufung des Ostens auf Basis von
Umfragen existiert. Zudem ist es fraglich warum Migranten komplett aus dem Haus
ausgegliedert sind.
Geißler entwickelte sein Modell, da Dahrendorfs Hausmodell unzureichend war und
es modernisiert werden musste. Sein Modell zeichnet sich also durch die
Herausbildung einer dynamischeren und vielfältigen Schichtstruktur aus. Zudem
basiert Geißlers Modell auf fünf Thesen11, welche Kennzeichen einer modernen
8 http://www.uni-siegen.de/phil/sozialwissenschaften/soziologie/mitarbeiter/geissler/kurzvita.html?lang=de
9 Geißler, Rainer Die Sozialstruktur Deutschlands Springer VS; Auflage 7 2014
10 http://www.uni-
siegen.de/phil/sozialwissenschaften/soziologie/mitarbeiter/geissler/forschung.html?lang=de 11
http://www.mindpicnic.de/cardbox/soziale-ungleichheit-3/5/
7
Schichtstruktur sind. Diese sind die Multidimensionalitätshypothese12, die
Dominazhypothese13, die Überlappungshypothese14, die Latenzhypothese15 und die
Staffelungshypothese.1617
Jan Nikolai
3. Vergleich der Hausmodelle
3.1 Unterschiede
Dahrendorfs einfaches Wohnhaus mit sieben Schichten wurde von Geißler in ein
Anwesen mit elf unterschiedlichen Schichten weiterentwickelt. Im Gegensatz zu
Dahrendorfs Modell findet in Geißlers Modell eine klare Differenzierung zwischen der
Arbeiterschicht und dem Mittelstand statt. Hierbei ist die Arbeiterschicht klar in drei
Rubriken aufgeteilt: In die Arbeiterelite, Facharbeiter und an- und ungelernten
Arbeitern. Der Mittelstand bzw. die Dienstklasse ist hingegen in mehrere Einheiten
gegliedert: In mittlere und höhere Dienstleistungsschichten, Selbständige
Ausländische an- und ungelernte, Ausländische Facharbeiter und in den
ausländischen Mittelstand durch Berücksichtigung der Migration. Somit vermeidet
Geißler die in Dahrendorfs Modell vorhandene Unterschicht. Auffällig ist, dass in
Geißlers Hausmodell durchlässigere Decken und Wände vorhanden sind. Daraus
lässt sich schließen, dass unsere Gesellschaft flexibler geworden ist. In fast allen
Schichten gibt es heutzutage Chancen, sich weiterzubilden, um Aufstiegschancen im
Beruf zu erhalten. Des Weiteren hat es in Geißlers Modell eine Bedeutungszunahme
der höheren Dienstleistungsschicht stattgefunden (12% -> 23%), während die
Arbeiterelite an Volumen verloren hat (5% -> 2%). Zudem kommt, dass das Modell
Geißlers auch Ostdeutschland beinhaltet, währenddessen die ehemalige DDR
damals natürlich nicht in Dahrendorfs Modell berücksichtigt werden konnte.
3.2 Gemeinsamkeiten
Neben den Unterschieden gibt es zwischen den beiden Modellen auch noch viele
Gemeinsamkeiten, die sich speziell auf die Annahmen beider Soziologen beziehen.
So gab es in beiden Modellen die Annahme einer Multidimensionalität in den
12
Es spielen neben vertikalen Strukturen auch Geschlecht und Ethnie eine Rolle als Dimensionen 13
Beruf und Bildung sind neben andern vertikalen Strukturen trotzdem dominant 14
Lebensstile, Habitus, Lebenschancen, Schichten und Klassen überlappen sich 15
Die modernen Schichtstrukturen sind eher latent und lassen sich nicht direkt beobachten 16
Der Kern ist sehr stark schichtspezifisch geprägt, während der Rand mittel bis schwach geprägt ist 17
http://www.karteikarte.com/card/761990/geissler-schlagworte
8
Schichtgefügen. Das heißt, dass neben den Bildungstand beispielsweise auch
Faktoren wie Ethnie oder Geschlecht eine Rolle spielen. Ebenfalls hielten beide
Soziologen an der Dominanzhypothese fest, die besagt dass zum Beispiel Faktoren
wie Bildung und Beruf, welche Teil der zweidimensionalen, vertikalen Ebene sind,
immer noch hohen Einfluss auf Lebenschancen (Streben nach Wohlstand) haben.
Gleichermaßen sind Dahrendorf und Geißler beide der Ansicht, dass man Schichten
nicht durch klare Grenzen trennen kann. Dies bedeutet, dass sich viele Segmente
der verschiedenen Schichten überschneiden, wodurch klare Abgrenzungen nicht
möglich sind.18
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Geißler-Modell eine heute zeitgemäße
Ausarbeitung des Modells von Herrn Dahrendorf darstellt.
Julius Förster
Teil 2: Bettler (Praxis)
Einleitung
Unsere Facharbeit beinhaltet das Thema soziale Ungleichheit. Dafür haben wir uns
erstes theoretisch mit den beiden Hausmodellen von Dahrendorf und Geißler
vorbereitet. In Deutschland sind 13 Millionen Menschen Armutsgefährdet, trotz des
starken Wirtschaftswachstums. Dagegen gehört den reichsten 10% mehr als die
Hälfte des Nettovermögens. Da diese Tendenz steigend ist, sollten wir uns
ausführlich mit der sozialen Ungleichheit beschäftigen um Lösungen für diese zu
finden. Betteln verstößt in der Meinung vieler gegen die Würde des Menschen, die im
Grundgesetzbuch Art. 1(1) “Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Hat der Staat
als solcher nicht versagt, wenn er nicht in der Lage ist, die Würde dieser Menschen
zu schützen. Auf Basis dieser Überlegung haben wir in der Düsseldorfer Altstadt
Bettler befragt ob sie sich vom deutschen Staat vernachlässigt fühlen.
Jan Nikolai
1. Allgemeine Informationen über Bettler
Ein Bettler ist jemand, welcher seinen Lebensunterhalt durch Spenden oder Almosen
ganz oder teilweise verdient und somit auf die Gaben Fremder angewiesen ist.
Die Anzahl der Bettler in Deutschland ist nicht messbar, da man sich um zu betteln
nicht registrieren muss. Man könnte die Anzahl der Bettler von den Wohnungslosen
18
Vgl. http://www.mindpicnic.de/cardbox/soziale-ungleichheit-3/7/
9
in Deutschland ableiten, jedoch wäre die Dunkelziffer vermutlich deutlich höher. In
Deutschland gibt es ca. 284.000 Wohnungslose, von denen vermutlich ein Großteil
Bettler sind. Die richtige Anzahl liegt jedoch vermutlich um ein Vielfaches höher als
die 248.000 Wohnungslosen, denn zu diesen kommen dann noch die Bettler, die
nicht wohnungslos sind und die, die sich nicht wohnungslos melden.
Es gibt viele Arten, um Almosen zu betteln. Zuerst muss man jedoch zwischen
aggressiven und passiven Betteln unterscheiden. Aggressives Betteln ist in
Deutschland verboten, das bedeutet, Bettler dürfen einen Passanten nicht dazu
auffordern oder belästigen um ihre Spende zu bekommen. Ein Bettler mit Hund darf
diesen Beispielsweise nicht so an der Leine führen, das er dem Passanten den Weg
blockiert während der Bettler den Passanten anbettelt. Passives Betteln ist jedoch in
den meisten deutschen Kommunen erlaubt. Im Bereich des passiven Bettelns gibt es
mehrere Möglichkeiten. Einerseits gibt es die „einfache“ Art, indem man sich an den
Straßenrand setzt und auf einem Stück Pappe etwas bewegendes geschrieben hat
wie zum Beispiel „Meine Kinder haben Hunger“ oder ähnliches. Diese Art des
Bettelns ist sehr bekannt und häufig vertreten, da sie einfach und schnell
durchzuführen ist und man dafür kein besonderes Talent besitzen muss. Eine andere
Art zu betteln sind sogenannte Streetperformences, wo Künstler, meistens Tänzer
oder Akrobaten ihr Talent für eine Spende unter Beweis stellen. Aber auch Musiker
und Sänger die ihre Stimmen oder ihre Fähigkeiten am Instrument zeigen gehören zu
diesen „Streetperformern“.
Es gibt viele Gründe weshalb ein Mensch betteln muss. Viele Bettler in Deutschland
sind gezwungen zu betteln, da sie durch einen Schicksalsschlag wie den Verlust
einer geliebten Person oder einen schweren Unfall ihren Beruf nicht mehr ausführen
konnten. Dadurch waren diese Menschen dann nicht mehr in der Lage ihren
Unterhalt zu bezahlen oder ihren Lebensstandard beizubehalten, was zur folge hatte,
dass sie ihr Einkommen aufbessern mussten. Jeder einzelne Bettler hat seinen
eigenen Grund und seine eigene Geschichte, weshalb er oder sie betteln muss. Die
meisten davon müssen jedoch betteln, da sie mit der staatlichen Unterstützung die
sie beziehen nicht auskommen. Es gibt jedoch auch Menschen, die freiwillig auf der
Straße leben und betteln. Die sogenannten „Punker“ sind eine Randgruppe unserer
Gesellschaft und haben in dieser Randgruppe ihre eigene kleinere Gesellschaft
aufgebaut. Einer der von uns in der Fachhochschulwoche befragten Punker sagte
und: „Ich will nicht von Leuten leben die mir nichts geben wollen. Da lebe ich lieber
10
von dem, das mir die Leute geben die mir was geben wollen.“ Dieses Zitat
repräsentiert die Einstellung dieses Mannes und dieser sozialen Randgruppe.
Es gilt hervorzuheben, dass nicht jeder Bettler ein drogenabhängiger Wohnungsloser
ist. Nicht jeder Bettler lebt oder schläft auch auf der Straße. Einige der Bettler
besitzen eine eigene Wohnung manche sogar ein Haus und die, die dies nicht haben
können dann über Nacht in Notunterkünften unterkommen.
Da Bettler in unserer Gesellschaft eine Randgruppe darstellen, haben wir auch viele
Vorurteile gegenüber diesen Menschen. Eines dieser Vorurteile war, das alle Bettler
wohnungslos sind und somit unhygienisch, da sie keine Möglichkeiten haben, um
sich zu pflegen. In unserer Fachhochschulwoche haben wir uns auch mit unseren
Vorurteilen im Detail beschäftigt und besonderes dieses Vorurteil haben wir absolut
widerlegen können. Fast keiner der Bettler den wir im Laufe der Woche in Düsseldorf
befragten war unhygienisch oder hatte einen intensiven Geruch an sich. Die meisten
hatten die Möglichkeit regelmäßig zu duschen und sich zu waschen und nahmen
diese dann auch war. Ein weiteres Vorurteil, das wir im Verlauf der Woche widerlegen
konnten war, das Bettler Mitglieder einer eingeschworenen Gesellschaft sind und
Fremde grundsätzlich abweisen und nichts mit unserer Gesellschaft zu tun haben
wollen. Die meisten Bettler verhielten sich genau gegenteilig. Die meisten von ihnen
machten den Eindruck, das sie froh waren, das jemand mit ihnen über sie redet. Sie
waren allesamt freundlich und auch wenn mach einer alkoholisiert war, war keiner
von ihnen aggressiv, wo wir auch unser nächstes Vorurteil hatten, denn wir dachten
das viele wenn nicht sogar alle Drogenabhängig seien. Dies widerlegten die
Aussagen der Bettler jedoch auch wenn davon nicht alle absolut glaubwürdig waren.
Das waren die Hauptvorurteile, auf die wir uns in unserer Fachhochschulwoche
bezogen haben und jedes wurde entweder ganz oder teilweise widerlegt.
In Düsseldorf gibt es für Bettler oder Wohndachlose mehrere Institutionen die sich
um ihr Wohlbefinden kümmern. Diese Einrichtungen werden von der Diakonie
gesteuert und geleitet und somit vom Staat finanziert, da der Staat die Diakonie
unterstützt. Eine dieser Einrichtungen ist das sogenannte Shelter Café.
Das Shelter Café ist eine Anlaufstation für Wohnungslose und Bettler mitten in der
Düsseldorfer Altstadt. Das Shelter Café bietet diesen Menschen die Möglichkeit
warm zu duschen, ein preiswertes Essen sowie kostenlosen Internetzugang. Dazu
können sich die Gäste dort medizinisch versorgt und in Sprechstunden beraten
lassen. Ein weiteres Angebot des Shelter Cafés ist es, das die Gäste dort ihre
11
Freizeit gestalten können und die Möglichkeit geboten bekommen, dort als eine „Ein-
Euro“ Kraft zu arbeiten. Das Café hat von Montags bis Sonntags täglich von 8 bis 18
Uhr geöffnet und bietet den Wohnungslosen und Bettlern somit einen Schutzraum für
die ganze Woche. Die Diakonie bietet auch noch weitere Einrichtungen wie das
Shelter Café an, dazu zählen das Café-Bistro im Horizont, das Café Pur und das
Trebecafé. Die Besonderheit am Trebecafé ist, dass dort nur Mädchen und Frauen
rein dürfen und somit keine Männer oder Jungen zutritt erhalten. Dort können die
Frauen dann individuelle Beratung und Betreuung erfahren und sich in Sicherheit
wiegen. Mädchen bekommen dort ebenfalls die Möglichkeit wieder ins Schulleben
eintritt zu finden. Die Diakonie in Zusammenarbeit mit der Stadt Düsseldorf
unterhalten auch mehrere Streetworker, welche sich auf den Straßen Düsseldorfs um
die Bettler und Wohnungslosen kümmern indem sie ihnen neue Perspektiven
aufzeigen und ihnen helfen wieder in einen geregelten Tagesablauf zu finden und so
dann eventuell von der Straße zu kommen.
Ein weiteres Angebot für Bettler in Düsseldorf ist die sogenannte Armenküche. Hier
bekommen ca. 100 Menschen mittags von 12:30 bis 14:30 eine warme Mahlzeit für
wenig Geld. Diese wird von drei hauptamtlichen und 60 ehrenamtlichen Mitarbeitern
geleitet. Die Armenküche wird ausschließlich durch Spenden finanziert und auch die
Lebensmittel dort sind ausschließlich gespendet.
Dominik Becker
2. Vorgehensweise
2.1 Intro
Am Montag, den 05. Mai 2014 begann für unser Profil die Projektwoche zum Thema
„soziale Ungleichheit in Deutschland“ an der Fachhochschule Düsseldorf. Unsere
Gruppe spezialisierte sich auf den Themenbereich „Bettler“. Die Aufgabe war es, zu
diesem Thema eine wissenschaftliche Facharbeit zu erstellen. Dieser Prozess
beinhaltete ein Literaturstudium (die Informationsbeschaffung bezüglich des
jeweiligen Themas), die Formulierung einer Hypothese zur Definition des Problems,
die Auswahl der Forschungsmethode (Umfrage, Beobachtung, Verwendung externer
Quellen u.w.), die Durchführung des Forschungsvorhabens, die Interpretation der
Ergebnisse und die Erstellung eines Berichtes (einer Facharbeit) über die
Forschungsergebnisse.
12
2.2 Informationsbeschaffung
Unsere Gruppe sah sich am Montag mit der Informationsbeschaffung
auseinandergesetzt. Dafür war vor allem der Stadtrundgang durch die Düsseldorfer
Altstadt mit Herrn Wagner und Professor Münch ein ausschlaggebender Punkt. Die
Führung beinhaltete einen sehr wichtigen Aspekt, nämlich das Leben bedürftiger
Menschen in der Altstadt. Gerade für unsere Gruppe war der Rundgang sehr von
Vorteil, da man häufig mit Bettlern konfrontiert wurde. Wichtig bei der Führung war
uns vor allem, dass uns durch die Darbietung von Herrn Wagner neue Sichtweisen
und Perspektiven zum Thema „Bettler“ ermöglicht wurden. Themen seines Vortrags
in der Führung waren das Leben der Bedürftigen in der Altstadt im Allgemeinen, die
Vorstellung verschiedener Institutionen (teilweise ehrenamtlicher Einrichtungen) und
die Beeinflussung des Lebens der bedürftigen Menschen in der Altstadt durch
Einschränkungen. Das übermittelte Wissen über diese Themen half uns sehr für den
weiteren Verlauf unserer Arbeit. So wurde uns beispielsweise die Armenküche
vorgestellt, in der Bedürftige eine warme Mahlzeit für 50 Cent erhalten können. Des
Weiteren erhielten wir Information über die Straßensatzung in Düsseldorf, wodurch
Bedürftige durch verschiedene Maßnahmen (zum Beispiel die Entfernung von
Bänken auf öffentlichen Plätzen) aus Stadtgebieten vertrieben werden, um die
Attraktivität der Viertel zu erhalten. Zum Abschluss der Führung machte Herr Wagner
unsere Gruppe im Einzelgespräch auf mehrere Videoberichte zum Thema „Bettler“ in
der ZDF Mediathek aufmerksam, die in unserer weiteren Ausarbeitung sehr von
Wichtigkeit waren. Schlussendlich lässt sich sagen, dass die Führung am Montag für
unsere Studie von hoher Bedeutsamkeit war, da wir durch die neuen Erkenntnisse
und Sichtweisen in unserer Gruppe eine Basis von Wissen geschaffen haben.
2.3 Formulierung der Hypothesen/Leitfragen
Hinsichtlich des Stadtrundgangs und den Erfahrungen, die wir auf diesem gesammelt
haben, diskutierten wir als Arbeitsgemeinschaft am Montagabend über mögliche
Hypothesen zum Thema „Bettler“. Nachdem wir am Vormittag des selbigen Tages
teils erschreckende Zustände von Verwahrlosung und Verelendung zu Gesicht
bekamen, stellte sich intern die Frage, ob da auf staatlicher Ebene nicht irgendetwas
verkehrt läuft. Auf Basis dieser Fragestellung entwickelten wir unsere erste
Hypothese:
„Der deutsche Staat vernachlässigt Bettler.“
13
Da wir uns gruppenintern nicht auf eine Hypothese einigen konnten, verwendeten wir
auch die zweite Hypothese, die wir ausgearbeitet hatten:
„Bettler sind abhängig von Drogen.“
Um diesen Annahmen nachgehen zu können, mussten wir Leitfragen entwickelten,
um diese in der späteren Befragung anwenden zu können. Für jede Hypothese
erstellten wir 5 Leitfragen, um diese zu überprüfen.
2.4 Befragung von Bettlern in Düsseldorf
Am Dienstag, den 06. Mai (dem Recherchetag) trafen wir uns etwa um 08:00 Uhr
morgens am Hauptbahnhof in Neuss, um Bettler befragen zu können. Zu unserer
Ernüchterung stellten wir jedoch fest, dass wir dort keine Bettler finden konnten. So
entschieden wir uns prompt nach Düsseldorf weiterzufahren. Ebenfalls hielten wir
uns dort zunächst am Hauptbahnhof auf. Auch hier wurde uns auf verwunderliche Art
und Weise bewusst, dass weder auf dem Bertha-von-Suttner-Platz (am östlichen Ein-
und Ausgang) noch am Konrad-Adenauer-Platz (am westlichen Ein- und Ausgang)
Bettler zu finden. Auch in der U-Bahn Station fanden wir keine Bettler, was uns
ziemlich verwunderte. So entschieden wir uns dafür, wieder in die Altstadt zu fahren.
Gerade, weil wir am Vortag an der Führung mit Herrn Wagner teilgenommen hatten,
war uns dies aufgrund dessen von Vorteil, da wir noch mit vielen Aufenthaltsorten
von Bettlern vertraut waren. Jedoch viel auch hier wieder auf: in den Morgenstunden
des Tages waren sehr wenige Bettler in den Passagen und auf den Plätzen der
Altstadt zu finden. Jedoch gelang es uns im Laufe der Zeit und nach intensiver Suche
Bettler zu finden und zu befragen. So sahen wir uns das erste Mal dazu konfrontiert,
den Dialog mit Bettlern zu suchen. Die Unsicherheit und die Zurückhaltung, die
aufgrund unserer Unerfahrenheit und einigen Vorurteilen herrschte, legte sich sehr
schnell. Bei der Befragung gingen wir wie folgt vor, wir gaben den Bettlern zunächst
etwas Kleingeld und fragten daraufhin nach einer kleinen Gegenleistung. Diese
beinhaltete, die Beantwortung unserer erstellten Fragen inklusive Audioaufnahme.
Die Audioaufnahmen dienten uns später für die Auswertung der Ergebnisse und
waren gerade deshalb sehr hilfreich, da wir somit jedes kleine Detail der Interviews
festhalten konnten. Auffallend in den Gesprächen war vor allem der offene und
herzliche Umgang, mit dem uns viele Bettler entgegen kamen. Dies erleichterte
natürlich sehr viel, so dass wir unserer wissenschaftlichen Befragung ohne Probleme
nachgehen konnten. Erwähnenswert ist vor allem nochmals, dass der Stadtrundgang
14
durch die Altstadt von großer Hilfe war. Unser Wissen von Institutionen, Angeboten
für Bettler war für unsere Leitfragen, aber auch für den Dialog zwischen den Bettlern
von hohem Stellenwert. So gingen Gespräche zwischen Bettlern teilweise über die
Interviews hinaus und fanden den Weg auf eine persönliche Ebene. Infolgedessen
erhielten wir sehr viele Informationen über die Vergangenheit und das alltägliche
Leben vieler Bettler, was uns erstaunte, jedoch auch teilweise schockierte.
Erwähnenswert ist zum Beispiel die Geschichte von einer jungen Frau unseren
Alters, die nach einem Schicksalsschlag ihr ganzes altes Leben in Thüringen fallen
ließ und nun seit etwa 3 Monaten in Düsseldorf auf der Straße lebt und sich dort Geld
für ihre Grundversorgung und den Konsum von Drogen zu erbettelt. Nach
Geschichten wie diesen stellte man sich selbst die Frage: Kann mir so etwas auch
passieren? Auch erhielten wir durch die offenen Dialoge beispielsweise Zugang zur
Tagesstätte Shelter (betrieben von der Diakonie Düsseldorf), die Bedürftigen
preiswertes Essen, die Möglichkeit zum Duschen, medizinische Versorgung,
kostenlosen Internetzugang u.v.m. zur Verfügung stellt. Auch dort war es uns als
Gruppe gestattet, Bettler zu interviewen. Am Ende des Tages hatten wir mit 10
verschiedenen Bettlern ausführliche Interviews geführt. Die Audioaufnahmen dieser
spielten für den weiteren Verlauf unserer Ausarbeitung zweifelsohne eine wichtige
Rolle. Parenthetisch können wir zu der Befragung sagen, dass sich viele Vorurteile,
die wir vorher gegenüber Bettlern hatten, nicht bestätigt haben. Beispielsweise waren
viele Bettler sehr hygienisch, da sie die Möglichkeit wahrnehmen, in diversen
Institutionen zu duschen. Gleichermaßen hat sich nicht bestätigt, dass Bettler den
Dialog zu Menschen meiden und sich somit selbst isolieren; eher das Gegenteil ist
der Fall. Auch für Bettler ist Geld nicht alles, denn wir als Gruppe haben während
unserer Befragung gemerkt, wie wichtig vielen ein Gespräch auf
zwischenmenschlicher Ebene war. Letztendlich war die Umfrage, die wir an diesem
Recherchetag durchführen konnten, eine beachtliche Erfahrung. Was wir persönlich
an diesem Tag mitnehmen konnten, ist der Gedanke, dass man erst über
Problematiken urteilen sollte, wenn man sie aus allen Perspektiven gesehen hat.
2.5 Diskussion über den Zwischenstand der Arbeit
Am Mittwoch, den 07. Mai konnten wir nach einem Seminar von Professor Münch
neben den anderen Gruppen über unsere Erfahrungen am Recherchetag berichten.
Auch die Ergebnisse der anderen Gruppen überzeugten uns sehr, da diese sehr
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ansprechend und aufschlussreich waren. Nach der Vorstellung aller Zwischenstände
wurden wir entlassen.
2.6 Interpretation der Ergebnisse
Da wir am Mittwoch im Gegensatz zu den vorherigen Tagen etwas mehr Zeit hatten,
war es wichtig, die Interviews anhand der Audioaufnahmen zu verschriftlichen und
statistisch auszuwerten, um uns eine Grundlage für die Erstellung der Präsentation
zu schaffen.
Am Donnerstag, den 08. Mai traf sich unsere Gruppe zusammen in Grevenbroich-
Neukirchen, um anhand der Ergebnisse eine visuelle Präsentation mit PowerPoint zu
erstellen. Wichtig waren uns hierbei eine sinnvolle Struktur, gleich aufgeteilte
Redeanteile, ein schlichtes Design und viel Information verpackt in wenigen Folien.
Als wir die Präsentation (im Anhang) fertigstellten, legten wir den Grundstein, unsere
Ergebnisse am Freitag vor dem Profil und Professor Münch darbieten zu können.
Julius Förster
3. Hypothesen
Die Entwicklung der Arbeitshypothesen der wir in der Woche an der Fachhochschule
nachgehen wollten, war sehr viel zeitintensiver als zu Anfang angenommen. Da wir
es alle bemerkenswert fanden, mit wie vielen Vorurteilen das Leben eines Bettlers
behaftet ist, haben wir uns nach reiflicher Überlegung dazu entschlossen speziell
zwei dieser Vorurteile nachzugehen um sie dann auf ihren Wahrheitsgehalt zu
überprüfen. Da wir einstimmig der Meinung waren, dass das häufigste Vorurteil mit
dem sich Bettler konfrontiert sehen, die Behauptung, alle Bettler konsumieren
Drogen sei, sind wir unter anderem dieser These nachgegangen. Unsere Hauptthese
jedoch sollte einen anderen Fokus setzen. Denn wir fragten uns, wie es in einem
Sozialstaat wie Deutschland, der sich ja eigentlich um das Wohl einen jeden
Mitbürgers kümmert, überhaupt sein kann, dass Menschen dennoch gezwungen sind
ihr Leben auf der Straße zu verbringen. Da sich jedoch die Problematik mit Armut in
Deutschland generell und die Anzahl der Obdachlosen in Düsseldorf jedoch
tendenziell eher verschärft, brachte uns das zur finalen These, dass der deutsche
Staat Bettler vernachlässigt und sich nicht in ausreichender Weise um diese
kümmert. Deshalb sind wir konkret dieser These nachgegangen.
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4. Leitfragen
Zur Überprüfung der von uns entwickelten Thesen, haben wir einen Fragenkatalog
entwickelt, mit Fragen zielführend bei der Beantwortung unserer Fragen sind. Da
diese Fragen allerdings sehr zahlreich und komplex waren und deshalb für kurze
Straßeninterviews nicht geeignet schienen haben wir diesen Fragenkatalog zu
wenigen Leitfragen gebündelt. Wir begannen jede Befragung, mit einer Fragestellung
um festzustellen ob der interviewte deutscher Staatsbürger ist, um zu erfahren ob er
überhaupt gesetzlich ein Anrecht auf Sozialleistungen hat. Wurde diese Frage bejaht,
haben wir konkret erörtert, welche Sozialleistungen beansprucht werden. Neben
situationsangepassten Zusatzfragen und der Überprüfung des jeweiligen
Drogenkonsums, beendeten wir jedes Interview nach der persönlich und damit
selbstverständlich sehr subjektive Auffassung, ob der Befragte selber der Meinung ist
vom deutschen Staat vernachlässigt werden. Durch diese Art des Interviews
bekamen wir die besten Informationen, um unsere Hypothesen zu überprüfen.
Valentin Kux
5. Auswertung
5.1 Auswertung v. Hypothese 1: Vernachlässigung
Um der These ob Bettler sich vom deutschen Staat vernachlässigt fühlen
nachzugehen, haben wir erfragt wie viele der Befragten staatliche Unterstützung
erhalten etwa in Form von oder Arbeitslosengeld II19 erhalten. Dies hat ergeben,
dass 90%20 der Befragten derartige Hilfe erhalten.
19
Grundsicherung für erwerbsfähige Leistungsberechtige (http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/arbeitslosengeld-ii-hartz-iv.html) 20
Alle Ergebnisse beruhen auf 10 Befragten
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Weiter dazu muss man sagen, dass die eine Person die keine Hilfe vom Staat erhält
diese nicht in Anspruch nehmen will obwohl er eigentlich Hilfe erhalten würde.
Weitergehend hat unsere Befragung ergeben, dass sich 70% der Befragten vom
deutschen Staat vernachlässigt fühlen. Von diesen haben fünf angegeben, dass sie
unzufrieden sind da sie sehr viele Probleme auf den Arbeitsämtern hatten. Einer der
Befragten hat angegeben, dass die staatlichen Hilfen nicht ausreichend sind. Der
Letzte der Unzufriedenen hat angegeben, dass ihm die staatliche Präsens in seinem
Leben fehlt.
Von den 30% die sich nicht von dem deutschen Staat vernachlässigt fühlen haben
zwei Bettler angegeben, dass sie mit der staatlichen Hilfe zufrieden sind, und nur
betteln, um z.B. ihre Hunde zu finanzieren. Ein Bettler hat angegeben, dass er sich
nicht vernachlässigt fühlt, da er sich selber zu diesem Lebensstil entschieden hat,
und keine Hilfe vom Staat will.
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Alle der Befragten haben allerdings Angebote der Stadt oder Diakonie, wie z.B. dem
Shelter, welches von der Diakonie geleitet wird21 , allerdings werden solche
Angebote zu über 90% vom Staat finanziert22.Dies ist den meisten Bettlern allerdings
auf mangelnde Präsenz des Staates nicht gewusst. Würde der Staat etwas
ausführlicher über seine Finanzierung zum Beispiel des Shelter Projektes,
informieren würden sich Bettler wahrscheinlich weniger vernachlässigt fühlen.
Jan Nikolai
21
http://www.diakonie-duesseldorf.de/Tagesstaette-Shelter.332.0.html 22
http://www.freitag.de/autoren/aredlin/gottesstaat-deutschland-kirchenfinanzierung-aus-steuermitteln
19
5.2 Auswertung v. Hypothese 2: Drogenkonsum
Unsere Auswertung zur Befragung nach dem Drogenkonsum der Obdachlosen hat
Folgendes ergeben, Es wurden zehn Bettler befragt: Drei von ihnen gaben an
keinerlei Drogen zu konsumieren. Vier weitere gaben an regelmäßig Alkohol zu
konsumieren. Ebenfalls gaben vier der Bettler an Tabak zu rauchen. Nur eine der
Befragten gab an auch harte Drogen zu konsumieren. Aufgrund der geringen Zahl an
Bettler die an der Umfrage teilgenommen haben, ist diese nicht als repräsentativ zu
betrachten. Des Weiteren ist zu erwähnen, dass sich der Wahrheitsgehalt der
Aussagen schwierig überprüfen lässt, was die Aussagekraft der Umfrage weiter
einschränkt. Der geringe Anteil von Konsumenten harter Drogen überraschte
dennoch. Außerdem war ebenfalls, entgegen der geläufigen Annahme, der Anteil der
Nicht-Konsumenten erstaunlich hoch. Dies brachte uns zu dem Entschluss, dass die
Annahme, dass alle bzw. der Großteil der Bettler Drogen konsumiert zum Teil
falsifiziert wurde.
Valentin Kux
Fazit
Abschließend lässt sich sagen, dass sich viele Bettler von Staat vernachlässigt
fühlen. Allerdings wissen diese oft nicht, dass die Einrichtungen die sie nutzen, wie
zum Beispiel das Shelters von dem Staat finanziert werden. Daher fühlen sie sich
von der Diakonie oft besser Versorger zum Staat, da der dieser nicht offensichtlich
macht, dass er diese Einrichtung finanziert. Also ließen sich relativ leicht lösen, dass
Menschen sich nicht so stark vernachlässigt fühlen in der Staat deutlich macht
welche Einrichtungen finanziert. Zudem finden relativ viele Menschen auf der Straße
die staatliche Unterstützung im Prinzip ausreichend, allerdings gibt es Probleme bei
der Verteilung von diesen, die zum Beispiel durch die Ämter, wie das Arbeitsamt
entstehen. Überraschend war außerdem wie wenig Bettler Drogen konsumieren. Es
war zudem positiv überraschend, dass viele Bettler trotz ihres abschreckenden
Aussehens oder Auftretens sehr freundlich und offen mit uns über ihr Leben geredet
haben, und zum Beispiel zugeben haben das von harten Drogen abhängig sind.
Jan Nikolai