Kinderkonzert „Wien verklärt „Der Räuber Nacht“ Hotzenplotz“
Sophie Scholl – Die letzten Tage April 2019 Marc Rothemund...
Transcript of Sophie Scholl – Die letzten Tage April 2019 Marc Rothemund...
WerkangabenRegie: Marc Rothemund
Produktion: Christoph Müller, Sven Burgemeister
Drehbuch: Fred Breinersdorfer
Kamera: Martin Langer
Schnitt: Hans Funck
Musik: Reinhold Heil, Johnny Klimet
Ton: Peter Brücklmair
Ausstattung: Jana Karen
Kostüme: Natascha Curtius-Noss
Besetzung: Julia Jentsch (Sophie Scholl), Fabian Hinrichs (Hans Scholl),
Alexander Held (Robert Mohr), Johanna Gastdorf (Else Gebel), André Hen-
nicke (Roland Freisler), Florian Stetter (Christoph Probst), Johannes Suhm
(Alexander Schmorell), Maximilian Brückner (Willi Graf), Jörg Hube (Robert
Scholl), Petra Kelling (Magdalena Scholl), Franz Staber (Werner Scholl),
Wolfgang Pregler (Jakob Schmid)
Biografie / Drama
Deutschland 2004
120 Min., Flat, DE / -
Filmcoopi
Auszeichnungen (Auswahl)Bayerischer Filmpreis 2006
Preis der deutschen Filmkritik 2006
Internationale Filmfestspiele Berlin 2005
Friedenspreis des Deutschen Films – Die Brücke 2005
New Faces Award 2005
Deutscher Filmpreis 2005
Europäischer Filmpreis 2005
Weitere Filme (Auswahl)Dieses bescheuerte Herz, 2017
Mein Blind Date mit dem Leben, 2017
Heute bin ich blond, 2013
Mann tut was Mann kann, 2012
Groupies bleiben nicht zum Frühstück, 2010
Pornorama, 2007
Harte Jungs, 2000
Das merkwürdige Verhalten geschlechtsreifer Grossstädter zur Paarungszeit,
1998
Sophie Scholl – Die letzten TageMarc Rothemund
April 2019Freitag 12.4. / Sonntag 14.4.
InhaltDie Mitglieder der Widerstandsgruppe «Weisse Rose» verteilen in der Uni-
versität Flugblätter und werden verhaftet, verhört und zum Tode verurteilt.
Es ist 1943. Nachdem an der Ostfront in Stalingrad 230‘000 deutsche
Soldaten umkamen, formiert sich im Münchner Untergrund der Wider-
stand. Die beiden Studenten Sophie und Hans Scholl (Julia Jentsch und
Fabian Hinrichs) produzieren mit Gleichgesinnten für ihre Organisation
«Die Weisse Rose» Flugblätter, in denen sie das Ende des Krieges fordern,
den Hitler nicht mehr gewinnnen, sondern nur noch verlängern kann. Nach
dem Abpacken in Couverts bleiben etliche Flyer übrig. Der Entschluss wird
gefasst, sie an der Uni zu verteilen. Unbemerkt sollen sie während den Vor-
lesungen in den leeren Gängen hinterlegt werden. Gegen den Willen ihres
Bruders, beteiligt sich auch Sophie an der Aktion, bei der die Geschwister
erwischt werden. Ein übereifriger Hauswart verpfeift sie bei der Gestapo. In
der Folge werden die Scholls von Robert Mohr (Alexander Held) verhört.
Wird er sie wegen Landesverrats und Begünstigung des Feindes bezichtigen
können?
ZitateWenn man wissen will, was es bedeutet, sich für eine Idee zu opfern, muss
man Julia Jentsch in diesem Film zuschauen und zuhören, dem Glissando
ihres Mienenspiels, den leisen Akzenten ihrer Körpersprache.
Andreas Kilb, Frankfurter Allgemeine
Rothemunds Film ist von durchscheinender Klarheit und feierlicher Beschei-
denheit im Gebrauch dramaturgischer Mittel.
Thomas Assheuer, Die Zeit
RezensionenDer Titel des Films spricht für sich. Im Zentrum steht die Perspektive der
21-jährigen Studentin Sophie Scholl und ihre letzten sechs Tage (17.–22.
Februar 1943). Anders als Verhoevens «Die weisse Rose» (1982), der die
gesamte Widerstandsgruppe thematisierte, und anders als Adlons «Fünf
letzte Tage» (1982), der ein distanziertes Porträt Sophie Scholls aus der
Perspektive ihrer Zellengenossin zeichnete. Regisseur Marc Rothemund
konzentriert sich in «Sophie Scholl – Die letzten Tage» auf die letzte Flug-
blattaktion der Weissen Rose, auf die Verhaftung der Geschwister Scholl in
München, auf die Untersuchungshaft und Sophies Vernehmung durch die
Gestapo, bis zum abschliessenden Nazischauprozess und der Hinrichtung.
Der Film zeigt auf diese Weise Sophie Scholls Zivilcourage als unerbittlichen
Kampf gegen die abstrakten Mühlen des NS-Staates und verklärt somit die
Heldin zu einer modernen Märtyrerin. [...] Vielleicht aber preisen wir uns
auch nur selbst, weil wir uns einig sein dürfen und ein jeder von uns bis in
die letzte Schulbank voll seliger Betroffenheit die Botschaft nach Zivilcoura-
ge, Menschenwürde und Gerechtigkeit verstanden hat.
Tillmann Allmer, critic.de
Nationalsozialismus. Thema zahlreicher Spielfilme und Dokumentationen,
unzähliger Bücher, Unterrichtsstunden, Ausstellungen und Denkmäler. Auch
das «schrecklichste Kapitel der deutschen Geschichte» genannt. Eine hoch-
sensible Angelegenheit – doch die Masse der Informationen führt zu einer
Übersättigung, durch die viele schlicht das notwendige Interesse verlieren.
«Sophie Scholl – Die letzten Tage» erscheint nun mitten in einer Welle
von Filmen wie «Der Untergang» und «Napola», die sich immer auf einer
Gratwanderung zwischen korrekter Darstellung der historischen Ereignisse,
pädagogischem Anspruch, Glaubwürdigkeit und Unterhaltung bewegen
müssen. Regisseur Marc Rothemund erhielt für sein beeindruckendes
Drama den Silbernen Bären bei der Berlinale, ebenso Hauptdarstellerin Julia
Jentsch.
Die Geschwister Sophie (Julia Jentsch) und Hans Scholl (Fabian Hin-
richs) versuchen, das ihnen Mögliche gegen die Herrschaft der Nationalso-
zialisten zu unternehmen. Sie bringen Flugblätter in Umlauf und schreiben
antifaschistische Parolen an Häuserwände. Am 18. Februar 1943 legen sie
in der Universität von München Flugblätter über die Schlacht von Stalin-
grad aus, werden dabei beobachtet und anschließend verhaftet. An diesem
Tag setzt der Film an und erzählt die folgenden Tage in Haft aus Sicht von
Sophie Scholl.
Hierbei wird besonderes Augenmerk auf die Verhöre unter Leitung von
Robert Mohr (Gerald Alexander Held) gelegt. Wie es Hans Scholl ergeht,
wird bis auf den späteren Schauprozess nicht weiter beleuchtet. Vorteil
dieser Methode ist, dass durch die Beschränkung auf eine Persönlichkeit
die Identifikation leichter und dadurch ungleich stärker ist. Mohr wird als
klassischer Mitläufer mit der Hitler-Bewegung gezeichnet. Für ihn ist das
gültige Gesetz das höchste Gebot, auch wenn es vielleicht mit seinem
eigenen Gewissen in Konflikt steht. Für Sophie entwickelt er offensichtliche
Sympathie, auch wenn seine politischen Einstellungen gänzlich konträr
sind. Immer wieder zeigt er ihr auf, wie sie sich selbst noch retten könnte.
Sophies einleuchtend klingenden Argumente können ihn in seiner Festge-
fahrenheit erschüttern. Mit seinen Wutausbrüchen bestätigt er ständig, wie
falsch er doch in Wahrheit liegt.
Stefan Ludwig, filmstarts.de
Wie ein allzu ernstes kleines Mädchen sieht die echte Sophie Scholl auf
Fotos aus, die Haare mit einer Klammer gescheitelt, die Stirn gerunzelt. Im
Abspann jedoch, nach ihrer Guillotinierung, werden Fotos einer lachen-
den Sophie gezeigt, die in sommerlicher Natur und im Kreis ihrer Clique
als Inbegriff des blühenden Lebens erscheint – ein bewegender Moment.
Scholl steht auch stellvertretend für das Opfer einer ganzen Generation,
doch darüber hinaus scheint sie eine weit faszinierendere Person gewesen
zu sein als etwa Michael Verhoevens Film «Die weisse Rose» aus dem Jahre
1982 andeutet. Diesen Schluss lassen zumindest die seit 1989 zugänglichen
Verhörprotokolle zu, die zuvor im Archiv der SED lagerten. [...]
Hinterrücks wirft das Verhör aber auch unbequeme Fragen auf: Ist
nur eine tote Heldin eine gute Heldin? Ähnlich wie in «Napola» wird durch
Mohr, zuvor ein Pirmasenser Polizist, etwa das Motiv gesellschaftlichen
Aufstiegs durch die Nazis angesprochen. Er spürt die Welten, die zwischen
ihm und der freigeistigen Studentin, als Tochter des liberalen Ulmer Ex-Bür-
germeisters Angehörige einer privilegierten Schicht, liegen. Wo er mau-
scheln will, um sie zu retten, da beharrt sie auf ihrer Überzeugung, bewahrt
Haltung und bricht erst hinter geschlossenen Türen zusammen. Welchen
Sinn aber macht es, ausgerechnet den Nazis durch den Tod moralische
Überlegenheit zu beweisen – wo doch das Überleben auch hinsichtlich des
Wiederaufbaus eines postnazistischen Deutschlands die «praktischere»
Wahl wäre? Zumal Sophie und ihre Freunde schon in diesem Februar 1943
bewiesen, dass von den Nazi-Gräueln wissen konnte, wer es wissen wollte
und die moralische wie die militärische Katastrophe vorhersehbar war.
So lässt sich dieser etwas naive Heldengesang nicht nur wegen Sophies
Nähe zu ihrem Bruder auch als eine Wiederauflage des Antigone-Mythos
lesen. Sophie ist mit ihrer absoluten Hingabe an Gott und Gewissen und
ihrem Entschluss, eine Sache bis zum Ende durchzuziehen, auch eine sehr
deutsche Heldin: eine tragische Idealistin, die den Tod über das Leben,
die eine heroische Idee über das, von Jean Anouilhs Antigone abfällig
«das kleine Glück» genannte Davonkommen setzt. Dabei fehlte es neben
hochgemuten Geistern doch vor allem auch an klein-renitenten Alltagshel-
den, an Sand im Getriebe, um die tödliche Effizienz so vieler Eichmanns zu
unterminieren.
Birgit Roschy, epd-Film