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Social Ecology Social Ecology Working Paper 54 iff Social Ecology | Schottenfeldgasse 29 | A-1070 Vienna | www.iff.ac.at/socec/ Was ist Umweltgeschichte? Verena Winiwarter Wien, 1998 ISSN 1726-3816

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SocialEcologyS o c i a l E c o l o g y W o r k i n g P a p e r 5 4

i f f S o c i a l E c o l o g y | S c h o t t e n f e l d g a s s e 2 9 | A - 1 0 7 0 V i e n n a | w w w . i f f . a c . a t / s o c e c /

Was ist Umweltgeschichte?

Verena Winiwarter

Wien, 1998

ISSN 1726-3816

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Was ist Umweltgeschichte?Ein Überblick. von Verena Winiwarter

Biografisches ..........................................................................................................................

1. Einleitung. Was ist Umweltgeschichte? ..........................................................................

1.1 Persönlicher Zugang........................................................................................................

2 Mögliche Strukturierungen der Umweltgeschichte ......................................................

3 Die vielen Gesichter der Umweltgeschichte ..................................................................

3.1 Kulturen mit aneignender Wirtschaftsweise, Nomaden und einfache

bäuerliche Kulturen ..............................................................................................................

3.2. Agrargesellschaften mit den Attributen einer Hochkultur.......................................

3.2.1 Mediterrane Hochkulturen ........................................................................................

Exkurs: Tertullian oder die Quellen der Umweltgeschichte

3.2.2 Mitteleuropäische agrarische Hochkulturen ............................................................

3.2.3 Die Produktionsweise der Kolonisation ...................................................................

3.2.4 Die Zeit der agrarischen Innovationen in Europa..................................................

Exkurs: Soziale Theorie in Zeit und Raum.

Oder: Historische Geographie an der Oberfläche der Landschaft......................

3.2.5 Von der solarbasierten zur fossilenergiebasierten Produktionsweise ..................

3.2.6 Umweltgeschichte als ökologische Zeitgeschichte .................................................

4 Umweltgeschichte und Internet .......................................................................................

5.Perspektiven der Umweltgeschichte in Österreich ........................................................

6 Literatur ...............................................................................................................................

Ein Überblick 1

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Verena Winiwarter, Ing. Mag. Dr. phil. Wurde1961 in Wien geboren. Sie hat nach einer Aus-bildung in technischer Chemie mehrere Jahre alsTechnikerin an Forschungsprojekten zur atmos-phärischen Chemie am Institut für analytischeChemie der Technischen Universität Wien gear-beitet, und daneben an der Universität Wien Ge-schichte und Publizistik studiert. Nach Abschlußdes Studiums mit einer Diplomarbeit zur Rezep-tion antiker Agrarliteratur im Frühmittelalter hatsie freiberuflich an Ausstellungen und Weiterbil-dungsprojekten sowie als Journalistin gearbeitet.

Sie kam 1993 an das IFF, Abteilung Soziale Öko-logie, wo sie seither den Programmbereich"Kulturelle Evolution" leitet. In den letztenJahren hat sie in Lehre, etwa im Fakultätslehrgang"Kultur und Umwelt" der geisteswissenschaftli-chen Fakultät der Universität Wien sowie in zahl-reichen Lehrveranstaltungen am IFF, undForschung die Beschäftigung mit Umweltge-

schichte in Österreich vermehrt zu etablieren ver-sucht. Seit 1992 ist sie in die Vorbereitung undDurchführung des ForschungsschwerpunktsKulturlandschaftsforschung des bm:wv invol-viert, und arbeitet an mehreren Forschungs-projekten in diesem Bereich. Aus diesem Umkreisentstand auch ihre 1998 approbierte Dissertation"Historische und Ökologische Prozesse in einerKulturlandschaft. Umweltgeschichte als interdis-ziplinäre Wissenschaft", deren Einleitungsteil inüberarbeiteter Form als Band 54 derSchriftenreihe Soziale Ökologie hier vorgelegtwird.

Regelmäßig aktualisierte Informationen zu Pro-grammen, Lehrveranstaltungen und Publi-kationen finden sich auf der homepage des iff:http://www.univie.ac.at/iffsocec

Sie können die Autorin [email protected] erreichen.

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BIOGRAFISCHES

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Die Abteilung „Soziale Ökologie“ des IFFbemüht sich seit mehreren Jahren, dem Fach-gebiet der Umweltgeschichte in Österreich breite-ren Raum zu verschaffen. Zu diesem Zweck wur-den Gastprofessoren und Gastvortragende einge-laden, Forschungsprojekte initiiert und durchge-führt und Lehrveranstaltungen angeboten.Immer wieder machte sich, gerade in der Aus-und Weiterbildung der Mangel vor allem andeutschsprachigen Überblickswerken auf diesemGebiet bemerkbar. Wie unten ausgeführt, ist dieUmweltgeschichte in den Vereinigten Staaten weitbesser verankert als in Europa. AmerikanischeWerke rezipieren die - durchaus vorhandene -Literatur Europas nur wenig und gerade Ein-führungen werden auf den Bedarf amerikani-scher StudentInnen zugeschnitten und sinddaher, was Themen und Literatur angeht, füreuropäische Verhältnisse nur bedingt brauchbar.Der hier vorgelegte Überblick soll das Defizitabbauen helfen. Entsprechend den Arbeits-schwerpunkten der Autorin und des Programm-bereichs „Kulturelle Evolution“ der AbteilungSoziale Ökologie sind die Schwerpunkte gesetzt,was zu einer vergleichsweise relativ kursorischenDarstellung der umwelthistorischen Arbeitenzum 19. Jahrhundert geführt hat, bei gleichzeiti-ger spezieller Ausführlichkeit des Mittelalter-Teiles. Da die Umweltgeschichte des Mittelaltersin der umwelthistorischen Diskussion bislangaber nahezu völlig ignoriert wurde, erscheintdiese Betonung gerechtfertigt. Eine erste Fassungdieses Überblicks ist im Juni 1998 als Einleitungzur Dissertation der Autorin erschienen, die hiervorgelegte Fassung ist demgegenüber in einigenPunkten erweitert und aktualisiert.

Die Kapiteleinteilung wird unter den LeserInnenwomöglich ein gewisses Befremden auslösen,fehlen doch gewohnte Periodenbezeichnungen.Im Zuge der großen Frage nach einer „kulturellenEvolution“ ökologischer Verträglichkeit wird

Geschichte insofern neu gelesen, als auch dieEinteilung von Stadien und die Zuordung vonverschiedenen Gesellschaften zu einer gemeinsa-men Kategorie unter dem Gesichtspunkt dermateriellen Relationen von Gesellschaft undNatur erfolgt. Vor diesem Hintergrund ist auchdie unterschiedliche Bewertung, die technikhisto-rische und universalhistorische, interdisziplinäreund disziplinäre Arbeiten erfahren, zu sehen. Eshandelt sich bei den Bemerkungen zu einzelnenArbeiten weniger um Qualitätsurteile als umBeurteilungen der Nützlichkeit dieser Arbeitenfür die Bearbeitung der Frage der historischenEntwicklung der Beziehungen zwischen Naturund Gesellschaft.

Neben dem Kontext der Abteilung Soziale Öko-logie steht diese Broschüre auch in einem sehrpersönlichen Kontext, im Lichte meiner eigenenArbeiten und Erfahrungen; es erschiene mir irre-führend, die LeserInnen über meinen Zugangnicht zu orientieren, weshalb der „persönlicheZugang“ auch den Einstieg ins Thema bildet.

1.1 PERSÖNLICHER ZUGANG

Von ideengeschichtlichen Werken2 bis zu rechts-historisch orientierten Arbeiten zur Ressour-cenökonomie3, von Regionalstudien zur Land-nutzung einer Sklavenwirtschaft4 über eine klugeInterpretation der gesellschaftlichen Nutzungeines Flusses5 bis zu Überlegungen der Rolle vonExperten in Umweltfragen des 18. und 19.Jahrhunderts6 reicht die Liste der Werke, die michbeschäftigt haben und anhand derer ich dieKomplexität der Fragestellungen der Umwelt-geschichte amerikanischer Prägung zu erfassenbegann. Die genannten Werke sind dabei wirklichjene, die meinen ganz persönlichen Zugangbestimmt haben, es fehlen große Namen undwichtige Werke der Umweltgeschichte Amerikas,auf die später zurückzukommen sein wird.

Ein Überblick 3

1. EINLEITUNG: WAS IST UMWELTGESCHICHTE?

“But human affairs are much complicatedby our capacity to adapt culturally

and individually to our circumstances.“

John Robert McNeill. (1992)1

1 McNeill, John Robert, The Mountains of the Mediterranean World. An Environmental History (Cambridge 1992) 3.2 Glacken, Clarence J., Traces on the Rhodian Shore. Nature and Culture in Western Thought from Ancient Times to the End of the

Eighteenth Century (Berkeley/Los Angeles/London 1967).3 McEvoy, Arthur, The Fisherman’s Problem. Ecology and Law in the California Fisheries 1850-1980 (Cambridge 1995).4 Stewart, Mart A., “What Nature Suffers to Groe“. Life, Labor, and Landscape on the Georgia Coast, 1680-1920 (Athens 1996).5 White, Richard, The Organic Machine. The Remaking of the Columbia River (New York 1995).6 Hamlin, Christopher, Between Knowledge and Action: Themes in the History of Environmental Chemistry. In: Mauskopf, Seymour H.

(Hg.), Chemical Sciences in the Modern World (Philadelphia 1993), 295-321.

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Mein Zugang zur Umweltgeschichte ist nur einervon vielen möglichen. Die deutschsprachigeDiskussion hat von anderen Fragestellungenihren Ausgang genommen und wurde und wirdeher technikhistorisch dominiert, mit einem star-ken Einschlag in eine sozialhistorische Forstge-schichte. Während in der amerikanischen Tradi-tion das Bemühen von HistorikerInnen um Naturals Akteur das vielleicht wichtigste gemeinsameMerkmal darstellt, ist diese Richtung, die sich ander Biologie, im Besonderen an der Systemökolo-gie, als Leitwissenschaft orientiert, in der deutsch-sprachigen Tradition weit weniger deutlich.

Im Zuge meiner eigenen Arbeiten begann ichmich zu fragen, was für Konsequenzen es für einegeisteswissenschaftliche Disziplin hat, wenn ihreleitenden Konzepte aus einem fremden Fach-gebiet kommen, und zwar ausgerechnet aus derBiologie. Ausgerechnet deshalb, weil die Streitig-keiten um „biologistische“ Interpretationen derGeschichte bzw. der Gesellschaft allgemeinTradition haben und seit Darwin das Modell derEvolution immer auch auf Gesellschaften ange-wandt wurde, was immer wieder großen Protesterregt hat. Wie sehr also verändert die BiologieArgumentationsweisen und Denkmuster unterHistorikern? So gerne ich auch diese Arbeitschreiben würde, vielleicht auch einmal schreibenwerde, so wenig wird in der Folge davon die Redesein7. Als Einleitung zu einem Überblickerscheint es mir wichtiger, zu fragen, wasUmweltgeschichte als interdisziplinäre Wissen-schaft für Konzepte und Probleme hat.

Weil sich die Situation in Österreich, was

Umweltgeschichte betrifft, in den letzten zehnJahren zwar gebessert, aber keineswegs auf einNiveau begeben hat, auf dem vorausgesetzt wer-den darf, daß die LeserInnen wissen, wasUmweltgeschichte ist, werde ich damit beginnen,die verschiedenen Formen der Umweltgeschichtezu referieren und daran anschließend jene Form,die mir die wichtigste und fruchtbarste zu seinscheint, darzustellen.

Meine eigenen Gehversuche in diesem Fachbegannen mit der Frage, was Umwelt denn nuneigentlich sei, mit einem lexikalisch-historischenStreifzug durch die verschiedenen Problem-felder8. In analytischer Absicht folgte diesenBetrachtungen eine Gegenüberstellung von„Umwelt“ mit dem Begriff „Natur“, aber vorallem ein Modell verschiedener Umweltzonen, indenen Interaktionsformen Mensch-Umweltjeweils spezifische Ausprägung finden9. Danebenwurde die Arbeit an einem großen und nichtabgeschlossenen – allerdings auch nichtabschließbaren – Projekt der maschinenlesbarenErfassung historischer Umweltdaten, der sog.Historische Umweltdatenbank Österreichs(„HUDÖ“) in einigen Beiträgen dokumentiert,die ich z.T. allein, z.T. mit dem Mit-Initiator derUmweltdatenbank, Gerhard Jaritz vom Institutfür Realienkunde des Mittelalters und der frühenNeuzeit, verfaßte10. Daneben beschäftigte michweiterhin, was ich bereits im Rahmen meinerDiplomarbeit untersucht habe: Eine umweltori-entierte Agrargeschichte, vorwiegend auf denantiken Agrarschriftstellern aufbauend, führte zueiner intensiveren Beschäftigung mit denBedingungen landwirtschaftlicher Arbeit11. Dabei

Was ist Umweltgeschichte?4

7 Ob Darwin selbst darwinistisch dachte, wenn er menschliche Gesellschaften betrachtete, untersucht Kuper, Adam, On Human Nature:Darwin and the Anthropologists. In: Teich Mikulás, Roy Porter, Bo Gustafsson (Hgg.) Nature and Society in Historical Context(Cambridge 1996) 274-290.

8 Jaritz, Gerhard, Werner Schwarz, Verena Winiwarter, Umweltbewältigung. Historische Muster des Umgangs mit der Krise. In: MediumAevum Quotidianum 24 (1991) 7-19; Winiwarter Verena, Umwelt-en. Begrifflichkeit und Problembewußtsein. In: Jaritz, Gerhard, VerenaWiniwarter (Hg.), Umweltbewältigung. Die historische Perspektive (Bielefeld 1994) 130-159.

9 Winiwarter, Verena, Umwelt und Natur. Eine Reise durch die Welt der Worte. In: ZOLLtexte 3 (1995) 39-42.10 Winiwarter, Verena, Patterns of Coping with the Environment (14th - 18th Centuries). Computer Supported Access to Man´s Relation

to Nature. In: Jaritz, Gerhard, Ingo H. Kropac, Peter Teibenbacher (Hgg.) The Art of Communication. Proceedings of the VIIIthInternational AHC Conference, Graz Austria 1993 (=Grazer Grundwissenschaftliche Forschungen 1, Graz 1995) 515-526; Winiwarter,Verena, Historische Umweltbewältigung. In: historicum 32 (Winter 92/93) 36-40; Jaritz, Gerhard, Verena Winiwarter, Wasser. Zu denhistorischen Mustern eines Problembewußtseins. (Annäherungen anhand der „Historischen Umweltdatenbank Österreichs“). In:Flußuferökologie (= Sonderband der Mitteilungen des Niederösterreichischen Landesmuseums Bd. 8, 1994) 163-174; Winiwarter,Verena, Vom Umgang vergangener Gemeinschaften mit Natur. Annäherungen anhand der historischen Umweltdatenbank. In: Rheticus17, 3-4 (1995) 181-192.

11 Winiwarter, Verena, Landwirtschaftliche Kalender im frühen Mittelalter. Überlegungen zum Fortleben antiken Bildungsgutes und zu sei-nen Funktionszusammenhängen. In: Medium Aevum Quotidianum 27 (1992) 33-55.Winiwarter, Verena, „Gelehrte Praktiker. Die Landwirtschaft in der Antike“; „Die Verwissenschaftlichung der Landwirtschaft“, „1 x 1der Naturwissenschaft“, Beiträge im Katalog zur Oberösterreichischen Landesausstellung 1992: Bauernkalender. Bauern. Unser Leben -Unsere Zukunft (Wien/Köln/Weimar 1992).Winiwarter, Verena, „Immer wieder höre ich....“ Römische Agrarautoren sprechen zu aktuellen Themen. In: Brunner, Karl, VerenaWiniwarter (Hgg.) BAUERN. Aufbruch in die Zukunft der Landwirtschaft (Wien/Köln/Weimar 1992) 201-206; Winiwarter Verena,Gesellschaftlicher Arbeitsaufwand für die Kolonisierung von Natur. In: Fischer-Kowalski, Marina et al., Gesellschaftlicher Stoffwechselund Kolonisierung von Natur. Ein Versuch in Sozialer Ökologie (Amsterdam 1997) 161-176; Winiwarter, Verena, Agricultura. Boden-Kultur bei den Römern, In: Politische Ökologie, Sonderheft 10 (November/Dezember 1997) 66-69.

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wurde sehr bald klar, daß beides wichtig wäre:Eine materielle Geschichte auf der Basis vonhistorischem, aber auch archäologischem undanderem (naturwissenschaftlichem) Material, unddie Geschichte der Wahrnehmung von (Um-)Weltals einer Voraussetzung menschlicher Handlun-gen. Im Gegensatz zu den narrativ orientiertenAnsätzen aus der Literatur war – und ist – es meinHauptinteresse, theoretische Konzepte der heuti-gen Umweltdiskussion auf historisches Materialzu übertragen, um damit Vergleichbarkeit zugewährleisten12. Es läge nahe, die Einordnungmeiner Überlegungen in funktionalistische oderneo-funktionalistische Spielarten der imEnglischen als „Anthropology“13 bezeichnetenWissenschaftstradition, zu deren wichtigstenVertretern Robert McC. Netting14 gehört, vorzu-nehmen. Doch sehe ich kulturell geformteWahrnehmung als einen wichtigen Schritt in derWechselwirkung Natur-Gesellschaft, mit der sichdaraus ergebenden Relativierung funktionalerKonzepte15. Aus diesem Interesse an Wahrneh-mung und an einem reflektierten Umgang mitBildquellen resultiert auch meine Beschäftigungmit Bildpostkarten16. Diese Konzentration aufkulturelle Konstruktionen von Natur ist jenseitsdessen, was funktionalistische Erklärungsver-suche der Menschheitsgeschichte zu sagen haben.Ich bin der Überzeugung, daß weiterführendeumwelthistorische Arbeiten nur als interdiszi-plinäre Zusammenarbeit über die Grenze derGeistes-, Kultur- oder Humanwissenschaftenhinaus in das Lager jenseits der „Two CulturesDivide“ fruchtbringend sind17. Ausdruck dieserÜberzeugung ist auch dieser Überblick.

2. MÖGLICHE STRUKTURIERUN-GEN DER UMWELTGESCHICHTE

Einerseits kann man sich an gewohntenStrukturierungen orientieren, und umweltge-schichtliche Arbeiten danach einteilen, welchenörtlichen und zeitlichen Rahmen sie haben. Dabeiwerden dann Dinge miteinander in eine Schachtelgeworfen, weil sie sich z.B. mit der klassischenAntike beschäftigen, unabhängig davon, welchedisziplinäre Grundlage sie haben, welches Kon-zept von „Umwelt“ sie anwenden, d.h. auch, wel-che nicht-historische Leitdisziplin sie implizitoder explizit benützen, in welchem Maß und inwelcher Weise sie also interdisziplinär sind. Damitwird bereits deutlich, daß ein solcher Struktu-rierungsversuch nur mäßig erhellende Ergebnissebringen wird. Ein weiterer ist in der obigenBeschreibung schon angedeutet: Welche diszi-plinären Grenzen ein Ansatz zu überschreitenversucht, ob er sich etwa an „Anthropology“, an„Ökologie“ oder an den „Umweltwissenschaf-ten“ orientiert. Mit einer solchen Strukturierungist dann das Auslangen zu finden, wenn sich dieAnalyse hauptsächlich damit beschäftigt, welchedisziplinären Grenzen überschritten werden.Allgemeiner formuliert wäre die Frage, welchesKonzept von Umwelt hinter einer solchen Arbeitsteht und damit geht – bis zu einem gewissenGrad – auch einher, welcher nicht-historischenLeitwissenschaft ein solcher Ansatz verpflichtetist. Ich werde versuchen, die Fülle an Materialentlang einer Strukturierung nach dem letztenSystem zu präsentieren, werde allerdings immerwieder den roten Faden verlassen müssen, umdarauf hinzuweisen, daß es sich um ein verworre-nes Knäuel handelt, das ich als Faden zu beschrei-ben versuche18.

Ein Überblick 5

12 Winiwarter, Verena, Siedlungskontinuität als Frage des Stoffdurchsatzes? Zum Umgang von Gemeinschaften mit Natur. In:Schmaedecke, Michael (Bearb.), Ländliche Siedlungen zwischen Spätantike und Mittelalter. Beiträge zum Kolloquium in Liestal (Schweiz)(= Archäologie und Museum 33, 1995) 119-124.

13 Anthropologie und Anthropology sind nicht dasselbe, es handelt sich um unterschiedliche Wissenschaften. Ich versuche daher, dasangelsächische Verständnis von “Anthropology“ durch Beibehaltung des englischen Namens wiederzugeben.

14 Netting, Robert McC., Balancing on an Alp. Ecological change and continuity in a Swiss Mountain community (London/NewYork/New Rochelle/Melbourne/Sydney 1981). Netting, Robert McC., Smallholders, Householders. Farm Families and the Ecology ofIntensive, Sustainable Agriculture (Stanford 1993).

15 Jaritz, Gerhard, Verena Winiwarter, On the Perception of Nature in Renaissance Society. In: Teich et al.(Hgg.), Nature and Society 91-111.

16 Winiwarter, Verena, Alpenblumengrüße. In: Katalog zur Ausstellung „Wo i leb... Kulturlandschaften in Österreich“(Linz 1997) 87-94.17 Beispiele für meine Versuche zur Überwindung disziplinärer Grenzen dokumentiert in: Winiwarter, Verena, Spurensuche in ostarrichi.

Dynamik und Tradition im gesellschaftlichen Umgang mit „Natur“. In: Österreichische Gesellschaft für Landschaftsplanung undLandschaftsarchitektur (ÖGLA) (Hg.), Kulturlandschaft für das nächste Jahrtausend - Trends - Perspektiven - Visionen, Symposium am14. und 15. Juni 1996 (Amstetten 1996) 5-14. Fischer-Kowalski, Marina, Verena Winiwarter, Human Societies’ Ecological Niches:Conceptual Considerations and Empirical Evidence on Material Flows. In: Bringezu, Stefan, Marina Fischer-Kowalski, René Kleijn,Viveka Palen (Hgg.), Regional and National Material Flow Accounting. From Paradigm to Practical Sustainability. Proceedings of theConAccount Workshop, Leiden, NL, 21. - 24. 1. 97 (= Wuppertal Special No 4, 1997) 82-87.

18 Damit interpretiere ich, was ich darstelle: „I prefer simply to say it is a story. No story can ever really be true, though it may containinformation which is true or false. The act of constructing narrative out of facts involves a good deal of interpretation. Even the mostdispassionate narrative must select a few sequences of events and characters out of a virtually endless number of possibilities.“ (BoriaSax, H-NILAS, 17.4.98)

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Ihren Ausgang nimmt die Beschreibung vonSelbstreflexionen von FachvertreterInnen, die alsGrundlage für eine Strukturierung brauchbarscheinen und zugleich darauf verweisen, daß auchdie theoretischen Reflexionen und allgemeinenIdeen darüber, was Umweltgeschichte ist, jeweilsauf einem bestimmten, wenn auch oft nicht expli-zit gemachten Paradigma von Umwelt aufbauen.

Das erzählen der eigenen Geschichte hat inner-halb der Geschichtswissenschaft auch denZweck, eigene Positionen abzusichern oder klar-zustellen und eine Programmatik zu entwickeln.So ist auch dieses Kapitel in seiner Auswahl undderen Kommentierung programmatisch konzi-piert und weist meine Interessen aus, wenngleichich bemüht bin, die Entwicklung in ihren wesent-lichen Zügen nachzuzeichnen. Zugleich ist abermitzudenken, daß auch die von mir referiertenAutorInnen in ihren Erklärungen dazu, wasUmweltgeschichte sei, eine programmatischeKomponente haben, gleich ob sie sie explizitdeklarieren oder nur implizit anwenden.

Im folgenden werde ich auf fünf Versuche nähereingehen: auf einen prominenten und imZusammenhang mit Ausbildung (also einemKanon) geschaffenen Versuch, an dem vierHistorikerInnen beteiligt sind, Carolyn Merchant,Donald Worster, William Cronon und AlfredCrosby. Danach folgt ein weiterer von einemamerikanischen Umwelthistoriker, Mart Stewart.Ich referiere danach den Strukturierungsvor-schlag von Rolf Peter Sieferle, der die europäi-sche Umweltgeschichte mit erfaßt, und jenen vonWilliam Cronon, der die „Uses of EnvironmentalHistory“ zum Gegenstand hat, mehr aufProgrammatik als auf die historische Entwick-lung zielend, aber eine Struktur vorschlagend.Auf jene englischsprachige Diskussion, die sichim Zuge der Reflexion des britischen Kolonial-reiches herausgebildet hat, verzichte ich hier bisauf das Buch von David Arnold, da es für sich inAnspruch nimmt, die Geschichte des Faches zuerklären. Aus der vergleichenden Darstellung solldeutlich werden, daß das Fach weder einheitlichist noch so sein will, daß aber andererseits dieVersuche zu strukturieren, durchaus zu einerKonturenbildung beitragen, die auch für die wei-tere Entwicklung notwendig ist.

Umweltsoziologie lasse ich hier bewußt aus, da essich um eine eigene Disziplin handelt, obwohl es

eine Reihe von Annäherungen in Konzept undThema gibt. Letztlich ist die Umweltsoziologie inihrem ZIEL der Umweltgeschichte ähnlich, wenndiese sich als „Understanding of the past for itsimpact on the future“19 versteht. DieUmweltsoziologie strebt ein Verständnis derGegenwart aus der Analyse dieser Gegenwartheraus an und nützt historische Daten nur zumVergleich, geht also nicht - wie dieUmweltgeschichte - von ihnen aus, damit wendetsie auch auch andere Methoden an.

Am Beginn des Strukturüberblicks steht also nundie Auseinandersetzung zwischen amerikanischenUmwelthistorikerInnen, die in einem für denUnterricht an Universitäten im Fach „Umwelt-geschichte“ zusammengestellten Lehrbuch wie-dergegeben wird.

Dazu ist vorab anzumerken, daß die akademischeSeite der Umweltgeschichte in den U.S.A. ganzanders entwickelt ist als in Europa: DieZeitschrift „Environmental History“, eineDiskussionsliste im Rahmen des H-Net(Humanities network, U.S.A.) im Internet, allezwei Jahre stattfindende große und zahlreichekleinere Konferenzen, Dissertationen, Diplom-arbeiten, immerhin einige speziell für das Fachausgeschriebene Professuren, ein Newsletter derAmerikanischen Gesellschaft für Umweltge-schichte (ASEH), eine ständig wachsendeSammlung von Curricula (abrufbar auch imInternet), das alles sind, neben einem ständigwachsenden Berg an Buchpublikationen, An-zeichen dafür, daß Umweltgeschichte in denU.S.A. ein definiertes Fach der Geschichts-forschung ist. Egal mit welchem Ereignis man dieKonstitution des Faches festmachen will, „envi-ronmental history“ gibt es in den U.S.A. seitungefähr 25 Jahren.

Eine der prominentesten amerikanischenUmwelthistorikerinnen, Carolyn Merchant, hat1993 das Lehrbuch zusammengestellt, aus demich im folgenden vier Positionen referiere. In derEinleitung (unter dem Titel „What isEnvironmental History?“ von der Herausgeberinverfaßt) erfolgt zuerst eine sehr vage Erklärungdessen, was Umwelt bedeutet: Der BegriffUmwelt [„environment“] bezieht sich auf dienatürlichen und anthropogenen Umgebungen,die die Fähigkeit eines lebenden Organismus odereiner Gruppe von Organismen beeinflussen, sich

Was ist Umweltgeschichte?6

19 Motto der Forest History Society, dargestellt auf der Web-Seite (URL: http://www.lib.duke.edu/forest), die in enger Kooperation mitder Amerikanischen Gesellschaft für Umweltgeschichte steht - was u.a. durch die seit 1996 erfolgende gemeinsame Publikation derZeitschrift “Environmental History“ dokumentiert wird.

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selbst zu erhalten und sich im Lauf der Zeit zuentwickeln20. Ökologie [„ecology“] bedeutet hin-gegen die Beziehungen zwischen diesenOrganismen und deren Umgebung (im Original:‘surroundings’, nicht ‘milieu’). ÖkologischeGeschichte [„ecological history“] sei daher, soMerchant weiter, ein breiterer Begriff alsUmweltgeschichte, doch würden die beidenBegriffe wechselweise angewandt.

Auf den folgenden Seiten der „Major Problems“werden Ausschnitte aus einer sehr prominentbesetzten Round-Table-Diskussion widergege-ben, die zwischen bekannten Umwelthistorikerngeführt wurde und im Journal of AmericanHistory abgedruckt wurde. Diese Diskussion giltin der amerikanischen Umweltgeschichts-schreibung als ein wichtiger Meilenstein, auf denoft rekurriert wird21. Donald Worster geht in sei-nem Beitrag von drei Ebenen der Untersuchungaus, die er auch schon in seinem zwei Jahre früherpublizierten Essay zur Methode angesprochenhatte22: Um Umweltgeschichte zu betreiben,müßte man als erstes Untersuchungsniveau dieNatur selbst verwenden, wie sie in den verschie-denen Naturwissenschaften erforscht würde.Man muß also die Natur selbst verstehen lernen,vor allem, wie sie in der Vergangenheit funktio-niert hat und organisiert war. Danach kann man –was zu den engeren Aufgaben der Histo-rikerInnen zählt – sich um Produktionsweisenkümmern, wobei – im Gegensatz zur materialisti-schen Geschichtsschreibung, die den Terminusebenso verwendet – Worster einen Schwerpunktdarauf gelegt haben will, daß Produktiongrundsätzlich mit einer Transformation der Natureinher geht. Veränderungen der Produktions-weise verändern Gesellschaften und für Worsterist es eine der interessantesten Fragen zu klären,wie sich gesellschaftliche Machtverhältnisse ver-ändern, wenn sich die Produktionsweise ändert.Als drittes Untersuchungsniveau gibt Worster dieWahrnehmungen, Ideologien, Ethik, Gesetze undMythen an, die ein Teil eines individuellen oderüberindividuellen Dialogs mit der Natur sind.Menschen konstruieren „kognitive Karten“[„cognitive maps“] der Welt um sie herum, und

solche Prozesse konstituieren unter anderem, wasin einer Gesellschaft als Ressource angesehenwird. Dabei, so Worster weiter, liegt die eigentli-che Aufgabe der Umwelthistoriker darin, dieVerbindungen zwischen den drei Ebenen herzu-stellen. Worster stellt auch die Frage, in welcheRichtung die historische Kausalkette verläuft, umdarauf hinzuweisen, daß diese von Fall zu Fallverschieden aussehen kann und wird. SeineGedanken schließt er mit einer Relativierungbezüglich der Konzepte der biologischenWissenschaft der Ökologie ab, die in seinem vierJahre später erschienenen Buch zum Thema23ausführlicher diskutiert werden. Er will vor allemzeigen, daß Stabilität und Resilienz von Ökosyste-men in der ökologischen Diskussion von zentra-len Axiomen zu heuristischen Konzepten wurdenund die historische Diskussion diesen Wandelauch nachvollziehen muß24. Letztlich aber sinddiese Konzepte auch als heuristische Konstruk-tionen noch immer wertvoll und die Ökologieeine wichtige Leitwissenschaft25. Schon durch dieKonzentration auf Produktionsweisen ist die beiWorster zugrunde liegende Vorstellung vonNatur eine der Ressourcen, einer „Ökonomie derNatur“, wie sie in seinem Buch selbst so treffendin ihrer historischen Genese beschrieben wird.

An diese Stellungnahme schließt sich jene vonWilliam Cronon an, ebenfalls einer der bekannte-sten amerikanischen Umwelthistoriker. Auch sieist eine gekürzte Wiedergabe aus dem bereitserwähnten Round-Table. Cronon beginnt seineÜberlegungen zum Fach mit der Feststellung, daßUmweltgeschichte ein delikater interdisziplinärerBalanceakt sei, der in der Zusammenführung derErkenntnisse so verschiedener Disziplinen wieGeschichte, Ökologie, Geographie, Anthro-pology26 und weiterer Felder bestehe. Die natür-liche Welt ist für die Umweltgeschichte mehr alsfür andere Zweige der Geschichtswissenschafteine autonome historische Kraft. Das ganze wirdnach Cronon noch dadurch kompliziert, daß„Natur“ als solche in der Umweltgeschichte – imGegensatz zur Ökologie – in ihrer historischenEntwicklung betrachtet wird und auch noch alssoziales Konstrukt dechiffriert werden muß.

Ein Überblick 7

20 Merchant, Carolyn (Hg.), Major Problems in American Environmental History (Lexington MA/Toronto 1993) 1.21 Worster, Donald et al., A Roundtable: Environmental History. In: Journal of American History 76/4 (März 1990) 1087-1147.22 Worster, Donald, Appendix: Doing Environmental History. In: ders. (Hg.), The Ends of The Earth: perspectives on modern environ-

mental history, Cambridge (11988, reprint 1994),289-308, hier: 293.23 Worster, Donald, Nature’s Economy. A History of Ecological Ideas (Cambridge 11977, 21994). Die jüngere ökologische Diskussion ist

naturgemäß nur in der zweiten, erweiterten Auflage enthalten.24 Vgl. auch Worster, Donald, The Ecology of Order and Chaos. In: EHR 1990/14/1-2/1-18 sowie Worster, Donald, Nature and the

Disorder of History. In: EHR 1994/18/3/1-15.25 zitiert nach Merchant, Major Problems 4-9.26 Anthropologie und Anthropology sind nicht dasselbe, es handelt sich um unterschiedliche Wissenschaften. Ich versuche daher, das

angelsächische Verständnis von “Anthropology“ durch Beibehaltung des englischen Namens wiederzugeben.

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Danach wendet er sich gegen den Vorschlag vonWorster, Produktionsweisen als strukturierendesElement zu verwenden. Einerseits wäre die einfa-che Taxonomie der Produktionsweisen inJäger/Sammler-, Agrar- und Industriegesell-schaften im ökologischen Kontext wohl zu wenigaussagekräftig, und man könnte eine Aufsplittungin die Produktionsweise der Lachsfischer, derPflug-Landwirtschaft und jene der Petroleumver-brennung vorschlagen – so lange, folgere ich, bisvon der analytischen Kraft einer solchenUnterscheidung nichts mehr übrig wäre. Crononwill statt der Betonung von Systemen dieBetonung von Beziehungen in den Vordergrundstellen. Für den Autor stellen sich im Anschlußdaran methodische Fragen: die Frage danach, wo– an welchen Orten und mit welchen Quellen –man die Suche nach dem Verständnis von Ökosy-stemen und Kulturen in der Vergangenheit ambesten beginnen soll, mit welchen Konzeptenman beginnt und welche Fragen man stellen soll.Neben den von Worster angesprochenen Fragen,die sich mit den Vereinfachungen in Agar-ökosystemen, dem Export des „outputs“, derBetrachtung von Nutzpflanzen als Waren im öko-nomischen Sinn und der Erhaltung derBodenfruchtbarkeit beschäftigen, schlägt Crononvor, sich Fragen zu stellen wie: Wieviel saisonaleVariabilität wird von einer Gemeinschaft [„com-munity“] innerhalb eines Vegetationszyklus ineinem „normalen“ Jahr erlebt? Welchen Anteildes Ertrags der von ihnen veränderten biologi-schen Systeme bewahren die Menschen auf, umNahrung für die wenig produktiven Phasen desVegetationszyklus zu haben? Wie verläßlich istdas [Produktions-]System im jährlichen Vergleich,und wie schützen sich Menschen vor den amwenigsten verläßlichen Aspekten? Auf welcheanderen Organismen bauen Menschen ihreSubsistenz auf? Wie nehmen sie ihre Beziehungzu diesen anderen Organismen wahr bzw.beschreiben sie sie? Auf diese Weise, so Crononam Beispiel der agrarischen Produktion, ließe sichein systematisches Bild schaffen, welcheBeziehungen Menschen zu der Welt, die sieumgibt, unterhalten, im Endeffekt durchaus dasbeschreibend, was Worster „Produktionsweise“nennt. Doch nach Cronon ist die Gestaltung derFragen der wesentliche Teil des Forschungspro-zesses, neben dem Studium der Implikationen,die die gefundenen Antworten haben, die nochextra untersucht werden müssen. Cronon gehtalso davon aus, daß die Suche nach„Produktionsweisen“ bereits eine unzulässigkomplexe Fragestellung beinhaltet, in der die vonihm formulierten (und weitere) Fragen in einerWeise präjudiziert sind, daß letztlich ein zu sum-

marisches, stereotypes Bild entstehen würde, wel-che Form die Beziehungen zwischen Menschenund ihrer Umgebung in einem Produktions-system jeweils haben. Auch für Cronon ist einekritische Reflexion der von der Ökologie über-nommenen Konzepte wichtig: Im Besonderenfordert er eine Kritik an den Begriffen Gemein-schaft [„community“], Gleichgewicht [„equilibri-um“] und Nachhaltigkeit [„sustainability“]. Erwarnt vor dem romantischen Ideal, daß das Altestabil und das Neue instabil und gefährlich sei,eine gedankliche Dichotomie, die immer wiedervorzufinden ist (auch bei Naturschützern).Cronon warnt davor, alle Kräfte, die zum Wandelin und von Ökosystemen führen, als kapitalistischoder modern zu bezeichnen, und mit denEtiketten „traditionell“ oder gar „natürlich“ allesdas zu belegen, was stabil ist. Statt dessen forderter die Untersuchung von verschiedenen Typenvon Veränderung und verschiedenen Raten (i.S.von Geschwindigkeiten) solcher Veränderungen.Daraus ergibt sich weiter, daß „Schaden“ [„dama-ge“] als belastetes Wort ebenso vermieden wer-den sollte wie die zu einfache Vorstellung vonStabilität.

Da Cronons Beitrag als Antwort auf Worsterkonzipiert ist, geht er in der Folge weiter auf sei-nen Vorredner ein: Es sei gefährlich, sich einerGruppenidentität zu verschreiben (denn eineProduktionsweise wird ja immer einer Gruppezugeschrieben) anstelle der Untersuchung derDifferenzen innerhalb ethnischer oder durch ihreBewirtschaftung des gleichen Ökosystems defi-nierter Gruppen. Weder haben „die Indianer“noch „die Weißen“, weder haben die „Bauern“noch die „Gutsbesitzer“ als Gruppe eine so hoheKonformität, daß wir sie als solche beschreibensollten, noch bringt diese Form derUntersuchung uns weiter: Umweltgeschichte mußeher an den Unterschieden arbeiten, die „Unter-gruppen“ und Individuen im Umgang mit Naturaufweisen.

Schließlich formuliert Cronon noch eine letzteKritik am Ansatz von Worster: Er wirft Worstervor, einen letztendlich teleologischen Ansatz zuverfolgen, wenn er sich unhinterfragt auf die„kapitalistische“ im Vergleich zu anderenProduktionsweisen konzentriert. Da dieserVergleich eine einzige, mächtige Erzählung for-muliert, wird aus ihr leicht (und unvermeidlich)eine Prophezeiung über die Zukunft, etwas, wasHistoriker nicht tun sollen und dürfen (und nichtkönnen, VW). Cronon schließt mit einemHinweis darauf, daß die Reproduktion alsVoraussetzung für die Weitergabe zwischen

Was ist Umweltgeschichte?8

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Generationen ebenso wie die Produktion be-trachtet werden muß, will man ein Gesamtbildvon den Beziehungen zwischen Menschen undUmwelt erhalten27. Die klassischen Kategoriender Sozialgeschichte wie Geschlecht, Rasse,Klasse und Ethnizität müssen Eingang in dieUmweltgeschichte finden, fordert Cronon, unddamit ist letztlich auch verbunden, daß sich dieUmweltgeschichte von ihrer Schwerpunktsetzungim ländlichen Bereich mehr den städtischenLebensräumen zuwendet, um auch die nahezuvollständig anthropogen überformten Land-schaften in ihre Analyse einzubeziehen28.

Die Stellungnahme von Alfred Crosby wurde auseiner vergleichsweise alten Publikation entnom-men, die 1978 erschienen ist. Crosbys Argumentläßt sich kürzer als die vorhergehenden zusam-menfassen. Er beschäftigt sich mit Kolonisations-prozessen, in denen, wie er zeigt, nicht nur derMensch und die Technologie (Feuerwaffen) eineRolle spielten, sondern zu einem hohen Anteilauch bewußt und unbewußt vom Menschen mit-gebrachte andere Organismen, seien es nunPflanzen, Tiere oder Mikroorganismen (vor allemKrankheitserreger). Diese Organismen habenhohen Anteil daran, daß sich die Kolonisatorendurchsetzen konnten, eine historische Entwick-lung, die Crosby als „Ecological Imperialism“bezeichnet29. Sein Zugang zur Umweltgeschichteist also davon geprägt, andere Spezies als Homosapiens sapiens in die Untersuchung historischerAbläufe miteinzubeziehen.

In nächsten, diesem Überblick über Versuche derSelbstreflexion folgenden, Kapitel zu denThemenbereichen der Umweltgeschichte wirdeine Einteilung gewählt, die die zitierten Arbeitendanach sortiert, welche Subsistenzweise dieGesellschaften haben, die Gegenstand ihrerUntersuchung sind. Der Begriff derSubsistenzweise wurde von Maurice Godeliervorgeschlagen und wird in der Umweltgeschichtenicht verwendet. Da aber Godeliers Unterschei-

dung zwischen Produktionsweisen (die dann alsBegriff passen, wenn etwas produziert wird) undSubsistenzweisen (die jede menschliche Gesell-schaft zu ihrer Aufrechterhaltung [=Repro-duktion]) benötigt, einleuchtend und bei einerweitergehenden vergleichenden Analyse nützlichist, verwende ich diesen Begriff30.

Wechsel in den Subsistenzweisen entsprechendem, was Carolyn Merchant „EcologicalRevolutions“ genannt hat, und worauf sich ihreigener Beitrag in dem Unterrichtsbuch bezieht.Der Aufsatz, welcher der referierten Darstellungzugrunde liegt, wurde in einer Spezialausgabe derZeitschrift „Environmental Review“ (künftig ER)erstmals veröffentlicht. Diese Ausgabe ist inso-fern bemerkenswert, als sie sich „Theories inEnvironmental History“ widmet, und neben demAufsatz von Merchant noch drei weitere Aufsätzeenthält, Zeichen einer wachsenden innerenDiskussion des Faches, dessen Zeitschrift zumZeitpunkt der Publikation dieser Ausgabe, 1987,seit 11 Jahren erschien.

Nach Merchant sind „Ecological Revolutions“ –ökologische Revolutionen – wesentliche Trans-formationen in den menschlichen Beziehungenzur nicht-menschlichen Natur. Sie entstehen ausVeränderungen, Spannungen und Wider-sprüchen, die sich zwischen den ökologischenBedingungen und den gesellschaftlichen Produk-tionsweisen entwickeln, und zwischen denProduktionsweisen und der Reproduktion31.Diese Dynamik unterstützt im Gegenzug dieAkzeptanz neuer Formen des Bewußtseins, derIdeen, der Bilder und der Weltanschauungen. Wasman hier deutlich sieht, ist eine Kausalkette: Erstdie Änderungen im materiellen Verhältnis zurNatur bewirken eine Änderungen der Weltan-schauung. Innerhalb der Umweltgeschichte gibtes bezüglich solcher Kausalbeziehungen durch-aus unterschiedliche Meinungen. BarbaraLeibhardt hat in einem kurz nach der Spezial-ausgabe erschienenen Aufsatz versucht, die ver-

Ein Überblick 9

27 Reproduktion ist dabei das, was für die Aufrechterhaltung der Population im physischen Sinne nötig ist. Wie weit der Begriff ausgedehntwird, ist verschieden, auch die Abgrenzung von der Produktion, die hier als wirtschaftliches Handeln verstanden wird, ist nicht immereindeutig. Zwischen der marxistischen und der biologisch-anthropologischen Variante gibt es Unterschiede, die Begriffe werden aber inden referierten Beiträgen nicht näher definiert.

28 Cronon, William, “Modes of Prophecy and Production: Placing Nature in History“ A Roundtable: Environmental History. In: Journal ofAmerican History 76/4 (März 1990) 1122-31; hier zitiert nach der gekürtzten Version in Merchant, Major Problems 9-14.

29 Der Text stammt ursprünglich aus: The Texas Quarterly 21, Spring 1978, 10-22, die hier verwendete gekürzte Fassung zitiert nachMerchant, Major Problems 14-22.

30 Godelier, Maurice, Natur, Arbeit, Geschichte. Zu einer universalgeschichtlichen Theorie der Wirtschaftsformen (=Dieter und Ruth Groh(Hgg.), Sozialgeschichtliche Bibliothek bei Junius Bd. 6, Hamburg 1990).

31 Vgl. hiezu Douglas, Mary, Reinheit und Gefährdung. Eine Studie zu Vorstellungen von Verunreinigung und Tabu Frankfurt/M. 1988)[engl. Original „Purity and Danger“, 1966] Die Autorin stellt einen Zusammenhang zwischen dem zentralen Widerspruch in einerGesellschaft und Umgangsweisen mit Verunreinigung her, der in der Umweltgeschichte bislang - von wenigen Ausnahmen abgesehen -kaum rezipiert wurde.

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schiedenen Konzepte von Kausalität undWechselbeziehung in der amerikanischen Um-weltgeschichte einander gegenüber zu stellen, aufdie hier verwiesen werden muß, ohne sie näherausführen zu können32. Zurück zu CarolynMerchant: Sie bezieht sich in der Entwicklung derTheorie der ökologischen Revolutionen aufThomas Kuhns Strukturen wissenschaftlicherRevolutionen (in der ersten Ausgabe) und aufMarx bzw. Engels. Die starke Beziehung zurWissenschaftsgeschichte rührt von MerchantsAuseinandersetzung mit der neuzeitlichenNaturwissenschaft aus ökologischer und femini-stischer Perspektive her, wie sie in ihrem sehrbekannten Buch „Der Tod der Natur“ niederge-legt wurde33. Merchant betont in ihrem Ansatzneben dieser Kausalität die Einführung vonNatur als historischem Akteur als wesentlichesMerkmal von Umweltgeschichte. Wesentlich –viel mehr als für Cronon – ist für Merchant eineKonzentration auf Reproduktionsweisen, die, wiesie feststellt, in der kapitalistischen Gesellschaftden Produktionsweisen untergeordnet wordensind, dies aber nicht immer waren. Sie unterschei-det in dem von ihr untersuchten Beispiel derEntwicklung in New England eine koloniale voneiner kapitalistischen Revolution und ordnet die-sen verschiedene Charakteristika zu, was Natur,Ökonomie, Reproduktion und Formen desBewußtseins [„consciousness“] bezüglich derNatur betrifft. Wesentlich daran ist auch dieBetonung der sozialen Konstruktion der Natur,die sich im Zuge von „ökologischenRevolutionen“ ändert. Natur wird immer alssoziale Konstruktion wahrgenommen, und auchdie Naturwissenschaften produzieren keineWahrheiten, sondern ganz bestimmteRepräsentationen der Realität34.

Mart Stewart ist der einzige mir bekannte ameri-kanische Umwelthistoriker, der in Österreichunterrichtet hat. Im Zuge seiner Vorlesungen undSeminare entstand der – leider als „graueLiteratur“ erschienene – Aufsatz, dessen Versucheiner Einteilung von Umweltgeschichte nun refe-riert werden soll35. Wenngleich sein Aufsatz mehrreferierend als programmatisch angelegt ist, wirddaraus doch auch eine Antwort auf Perspektiven

abgeleitet. Zu Beginn weist der Autor darauf hin,daß er sich auf Umweltgeschichte im engerenSinn beschränkt und wichtige Literatur, die in ver-wandten Feldern wie Humanökologie und Sozial-und Kulturanthropologie erschienen ist, nichtberücksichtigt. Stewart geht in seiner Einteilungvon einer Taxonomie aus, die Donald Worster1990 vorgeschlagen hat, und weist darauf hin,daß selbst diese zum Zeitpunkt ihrer bereits ver-änderten Anwendung durch den Autor von denEntwicklungen in der Umweltgeschichts-schreibung überholt scheint, weshalb Stewart imzweiten Teil seiner Arbeit dann auch eine weitereForm der Strukturierung vorschlägt. Zunächstaber zur ursprünglichen Einteilung, die er im An-schluß an Worster vorstellt:

Die erste Variante der Umweltgeschichte beschäf-tigt sich mit den Veränderungen der physischenAttribute vergangener Epochen, mit den wech-selnden Verteilungen von Pflanzen und Tieren,mit dem Klima, den Landformen und anderenEigenschaften von Umwelt. Aus dieser, vonStewart als „historische Ökologie“ bezeichnetenUntersuchung natürlicher Voraussetzungen wirdUmweltgeschichte, wenn ein Konnex zurmenschlichen Kultur hergestellt wird. Als einfrühes, charakteristisches Beispiel dieser Formvon Umweltgeschichte nennt Stewart EmmanuelLe Roy Laduries Arbeit über Hunger undÜberfluß36 und verweist auf den Einfluß derAnnales-Schule (speziell Braudel und Le RoyLadurie) auf die amerikanische Umweltge-schichte. Auf diese wissenschaftsgeschichtlichinteressante Beziehung kann im vorliegendenÜberblick nicht näher eingegangen werden.

Die zweite Form von Arbeiten beschäftigt sichmit den Transformationen der Natur, dieMenschen vornehmen, um ihre materiellenBedürfnisse zu erfüllen. Mart Stewarts eigenesBuch fällt in dieser Form der Einteilung in dieseKategorie. Als dritte Art umwelthistorischerArbeiten nennt Stewart die Erforschung vonIdeologien, von mentalen Begegnungen mit derNatur, die Worster vorgeschlagen hat. Worsterhat diese Einteilung mehrfach publiziert, so indem bereits angesprochenen Roundtable, auf das

Was ist Umweltgeschichte?10

32 Leibhardt, Barbara, Interpretation and Causal Analysis: Theories in Environmental History. In: ER 12/1/1988/23-36.33 Merchant, Carolyn, Der Tod der Natur. Ökologie, Frauen und neuzeitliche Naturwissenschaft (München 1987), die englische

Originalausgabe unter dem Titel “The Death of Nature. Women, Ecology and the Scientific Revolution“ stammt aus 1980.34 Merchant, Carolyn, The Theoretical Structure of Ecological Revolutions, Environmental Review 11/4/1987/ 265-74; zitiert nach

Merchant, Major Problems 22-31. Die Grafik auf S. 30 ist allerdings im Originalartikel nicht enthalten, sondern stammt aus dem Buchvon Merchant über Ökologische Revolutionen in New England.

35 Stewart, Mart A., Old Directions and New Developments in American Environmental History. In: Raum und Ökonomie Studien Nr.3,Schriftenreihe der Abteilung Raum und Ökonomie des IFF, Mariahilferstraße 8, 1070 Wien (Wien 1996), basierend auf einer Vorlesungvom 29.11.1995.

36 Emmanuel Le Roy Ladurie, Times of Feast, Times of Famine: A History of Climate since the Year 1000 (New York 1971).

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sich auch Stewart bezieht, es allerdings unteranderem Titel zitiert, und in dem Appendix desvon ihm herausgegebenen Buches „The Ends ofthe Earth“37. Gerade weil seine Einteilung so ein-flußreich war und ist, habe ich sie hier nochmalsreferiert. Mart Stewart hat allerdings beobachtet,daß neuere Arbeiten sich in dieser Systematiknicht einordnen lassen, und er entwickelt eineandere Form, die der Entwicklung des Faches inden 90er Jahren besser Rechnung trägt. Diese istentlang von Fragen und Themen aufgebaut:

1. Was ist Natur?

Vier wesentliche Kritikpunkte an dieser Fragewerden anschließend dargestellt, die um dieFrage kreisen, ob es Natur abseits der Kulturgibt. Es sind dies:

a) Die Unterscheidung Natur/Kultur ist eineErscheinung der Moderne in Westeuropa undAmerika.

b) In modernen Industriegesellschaften hat dieKultur die Natur bereits so durchdrungen, daßkeine „Natur“ mehr da ist.

c) Die Natur ist nicht unabhängig von derKultur.

d) Das Verständnis von Natur, das sich erzie-len läßt, hat Schranken durch die rhetorischenKonstruktionen, die wir zur Versprachlichungnutzen (müssen).

2. Was ist „Wildnis“ und was ist „wild“?38

3. Umweltgeschichte, soziale Bedeutung undsoziale Gerechtigkeit

4. „Green History“ und grüne Politik39

5. Regionalismus und Bioregionalismus

6. Die „Landschaft“ als Kriterium für die Wahlder Untersuchungseinheit

7. Globale Geschichte, Globale Diskussion

Stewart nennt in seiner Darstellung die wesentli-chen Vertreter jedes dieser Ansätze, wobei er sichselbst der Gruppe jener zuordnet, die „Land-schaft“ [„landscape“] als konzeptuellen Rahmenfür ihre thematische Auswahl verwenden.Landschaft als Kategorie sei einerseits in ihrerGrößenordnung den menschlichen Wahr-nehmungsweisen von Natur angepaßt und ande-rerseits jene Ebene, auf der die sozialen, rechtli-chen, geschlechtsspezifischen, ethnischen, tech-nologischen und Umwelt-Themen ihre gemeinsa-me Basis finden könnten. Ohne eine Aufmerk-samkeit für Orte und Landschaft wäre eine solcheUntersuchung gar nicht möglich40. Wenn man diehier entwickelte Vorstellung von Landschaften alsden Untersuchungseinheiten der Umweltge-schichte weiterspinnt, so schließt Stewart seineDarstellung, muß man von ortsbezogenen, kom-plexen und zeitlich weit erstreckten Umwelt-geschichten ausgehen, um aus deren vergleichen-der Analyse in weiterer Folge eine regionale, über-regionale und globale Umweltgeschichte zuschreiben41.

Mart Stewart hat in der Einleitung zu seinemBuch einen Grund für die Konzentration aufLandschaft als organisatorisches Prinzip seinerArbeit genannt. Dieser Begriff war, so Stewart,auch den Menschen der Zeit, die er untersucht,eigen, und daher muß kein fremder Begriff (wie„Umwelt“ einer wäre) eingeführt werden. SeineAusrichtung an den Menschen als Subjekt derArbeit wird auch in der Formulierung deutlich, inder er sich von der zunehmenden Ablösung derbiologischen Wissenschaft der Ökologie vonKonzepten wie „Stabilität“ und „Klimax“ undder damit einher gehenden Diskussion in derUmweltgeschichte, was Natur denn nun sei,abgrenzt und darauf hinweist, daß vorindustrielleGesellschaften einen ganz konkreten Austauschmit der Natur betrieben haben. Daher war Naturfür sie durchaus greifbar und konzeptualisierbar,ganz ohne Ökologie. Es geht ihm um einenProzeß der Aushandlung, des Austausches, derManipulation und der Transformation von Naturund Kultur in der Geschichte42.

Ein Überblick 11

37 Worster, Donald, Appendix: Doing Environmental History. In: ders. (Hg.), The Ends of The Earth: perspectives on modern environ-mental history, Cambridge (11988, reprint 1994).

38 bei Stewart fälschlich mit 3) bezeichnet.39 Hier ist auf den Aufsatz von Chase, Malcolm, Can History be Green? A Prognosis. In: EHN 4 (1992) 3-11; zu verweisen, der von

Stewart nicht rezipiert wird (wohl, weil er nicht der amerikanischen Umweltgeschichte zuzuordnen ist).40 Stewart, Old Directions, 15.41 Die Fallstudie, die in der hier vorgelegten Dissertation vorgestellt wird, ist einem solchen Langzeitvergleich in einer Landschaft verpflich-

tet, und die Fortsetzung des Projekts im Rahmen der Kulturlandschaftsforschung strebt eine andere Form des Vergleichs an, allerdingsnicht auf der Basis kultureller Konstruktionen von Landschaften, sondern auf der Basis naturräumlich-geographisch/landschaftsökolo-gischer Kriterien, deren Differenz zu den von Menschen getroffenen Einteilungen zu diskutieren wäre.

42 Stewart, What Nature Suffers 11.

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Ging es bislang um einen innerwissenschaftlichenReflexionsprozeß der Vorstellungen von Umwelt-historikern über ihren Gegenstand und die relati-ve Relevanz verschiedener Zugangsweisen, sosteht mit William Cronons Essay über dieAnwendung, Verwendung oder Nutzbarkeit derUmweltgeschichte (je nachdem wie man das Wort„uses“ übersetzen möchte) ein nach außen undauf Kommunikation mit anderen Öffentlichkei-ten als der eigenen Fachdisziplin gerichteterStrukturierungsversuch zur Beschreibung an. Esgibt in der Zeitschrift Environmental History(EH) und ihren Vorläufern EnvironmentalReview (ER) und Environmental History Review(EHR) noch weitere Aufsätze zur theoretischenAbklärung des Faches, und auch darüber hinausin anderen Foren Diskussionen. Ich verzichtedarauf, diese Ansätze im einzelnen zu referieren,und verweise nur generell darauf, daß die theore-tischen Fragen sich immer auch nach denArbeitsschwerpunkten der Umwelthistorikergerichtet haben. So hat etwa Donald Hughes, deran einer Weltgeschichte der Umwelt arbeitet,einen Aufsatz zu Ökologie und Entwicklung alsden „Erzählungen“ [„narratives“] der Weltge-schichte veröffentlicht43.

Nun aber zu Cronon und den Anwendungen[„uses“] der Umweltgeschichte: er geht von einerfür das Fach als akademische Disziplin sehrbedeutsamen Erfahrung aus. Seine StudentInnenwerden in der jeweils vorletzten Unterrichts-einheit gebeten, eine Evaluierung abzugeben, aufdie Cronon dann in der letzten Einheit reagiert.In einem Kurs zur Umweltgeschichte machte erdurch diese Evaluation die Erfahrung, daß dieStudentInnen durch den Kurs depressiv wurdenund an einen baldigen ökologischen Kollaps derWelt zu glauben begannen, was weder in CrononsAbsicht stand noch von ihm in anderen Kursen jeerlebt worden war. Schon aus politischenGründen – da Pessimismus kein guter Startpunktfür Aktivität ist – fühlte sich Cronon verpflichtet,in der letzten Stunde eine Vorlesung über diepositiven Aspekte des Faches zu geben, aus derdie Anwendungen der Umweltgeschichte ent-wickelt wurden. Aus den dabei gemachtenBeobachtungen des Faches ergibt sich für micheine sinnvolle Form der Strukturierung, weshalbich sie hier referiere.

Cronon geht von den unterschiedlichen

Zuhörern aus, die eine Umweltgeschichte habenkann, und warnt vor der dichotomenStrukturierung, die ihn auch schon in seinemBeitrag zum Roundtable 1990 beschäftigt hatte,daß nämlich gut sei, was alt und traditionell, wasNATUR, und böse, was neu, modern und wasKULTUR ist.

Er nennt als die wesentlichen Erkenntnisse derUmweltgeschichte – als die „articles of faith“ –folgende Punkte, die auch einen Überblick übermögliche Schwerpunktsetzungen beinhalten:

1. Alle menschliche Geschichte hat einen natürli-chen [„natural“] Kontext.

In einer genaueren Ausführung dieses Prinzipsstellt er fest, daß Umweltgeschichte am bestenvon der Annahme ausgeht, daß die meistenmenschlichen Aktivitäten Konsequenzen für dieUmwelt haben und daß Veränderungen in natür-lichen Systemen – ob sie nun anthropogenenoder nicht-anthropogenen Ursprungs sind –unweigerlich die Menschen beeinflussen. Darausergibt sich, daß die Menschen nicht die einzigenAkteure der Geschichte sind.

2. Weder die Natur noch die Kultur sind statisch.

Natur und Kultur verändern sich ununterbro-chen, aber mit verschiedenen Geschwindigkeitenund in verschiedenem Ausmaß44. Aus den unter-schiedlichen Änderungsraten rührt, so Cronon,die konzeptuelle Verwandtschaft mit derTradition der Annales, im speziellen mit der vonBraudel eingeführten Unterscheidung in Prozesseverschiedener Geschwindigkeit her. Es sind dies„la longue durée“, „la vie materielle“ und „l’hi-stoire évènementielle“, wobei die Umweltge-schichte besonders an der longue durée interes-siert sei, die Komplexität des Zusammenwirkensaller drei Stränge aber sehe und berücksichtigenmüsse. Die Dichotomie von Natur und Kulturwird in dieser Auffassung, so wie auch inCronons wichtigstem Buch, „Changes in theLand“, durch den Versuch der Beschreibung derkomplexen Interaktionen ersetzt.

3. Alles Wissen über die Umwelt ist kulturell kon-struiert und historisch kontingent, auch unsereigenes. Cronon ist sich der Problematik dieserFeststellung, die alles relativiert, durchaus bewußt.

Was ist Umweltgeschichte?12

43 Hughes, J. Donald, Ecology and Development as Narrative Themes of World History. In: EHR 19/2/1995/1-16.44 Das hier offensichtliche Problem der Messung von Geschwindigkeiten und Ausmaßen kommentiert Cronon nicht. Das Rekurrieren auf

naturwissenschaftliche Terminologie ohne Berücksichtigung der damit verbundenen methodischen Postulate ist ein Problem interdiszi-plinärer Kommunikation, das sich auch an dieser Stelle zeigt.

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Generell nimmt die Umweltgeschichte einePosition ein, die beides zuläßt. Natur gibt es dem-nach auch unabhängig von unseren Vorstellungenund nicht alles ist Text – was man, in einem öfterzitierten Witz, auch daran merkt, wenn man ineinen Baum rennt: wie immer er kulturell kon-struiert ist, die Beule ist sehr real.

Die unter 3) getroffene Feststellung soll nachCronon als Warnung davor verwendet werden zuglauben, man könnte Wissen über die Natur „auserster Hand“ haben. Umweltgeschichte bestehtauch darin, die vielen verschiedenen „Linsen“,durch die wir auf die Natur schauen, nachvoll-ziehbar zu machen und vergleichend interpretie-ren zu lernen. Statt also anzunehmen, daß „wir“(i.e. die Menschheit) machen können, was immerwir wollen, weil sowieso alles nur in unserenKöpfen stattfindet, sollten wir, so Cronon, ausdieser Erkenntnis Bescheidenheit, Toleranz undSelbstkritik lernen. Seine Folgerung aus dieserFeststellung, die Untersuchung der Naturvor-stellungen etwa von Naturschützern, mit denendie Umweltgeschichte Amerikas sich intensivbeschäftigt hat, im kulturellen Kontext zu unter-nehmen, darf als Kritik an allzu apologetischenArbeiten interpretiert werden.

4. Der vierte Punkt von Cronons Leitsätzen folgteiner anderen Logik, und gerade er erscheint mirfür die Standortbestimmung von großerWichtigkeit: Cronon fragt sich, welche Formhistorische Weisheiten [„wisdom“] üblicherweisehaben. Er stellt fest, daß HISTORISCHEWeisheiten – das sind für ihn jene, die vonHistorikern über die Geschichte formuliert wer-den – oft in Form von Parabeln und nicht so sehrals direkte Politikberatung und als Sicherheiten zufinden sind. Eher als Vorhersagen darüber zumachen, was passieren wird, bieten Histo-rikerInnen Parabeln darüber an, wie man inter-pretieren kann, was passieren könnte. In einerZeit des zunehmenden Expertendiskurses sinddie Historiker diejenigen, die in Parabeln spre-chen können, dies auch tun und damit in derBeziehung von Gesellschaft und Natur eine zen-trale Rolle spielen. Die Vergangenheit ist eineGeschichte, die man erzählen kann (eigentlich

muß, weil es keinen Ausweg daraus gibt, zuerzählen, VW) und keinesfalls ein Problem, dasgelöst wurde oder wird oder werden muß.Analogien, Metaphern und interpretativeKontexte sind die Angebote, die Historiker an dieGesellschaft haben, Umwelthistoriker bieten sol-che auf ihrem – durch die ersten drei Themen-skizzen abgesteckten – Feld an. Nicht nur dieInhalte, sondern die Form, in der sie präsentiertwerden, ist ausschlaggebend für ihre gesellschaft-liche Anwendbarkeit und Nützlichkeit.

Worüber Cronon nicht reflektiert, was mir aber alsgroßes Kommunikationsproblem interdiszipli-närer Arbeit erscheint, ist die Rezeption solcher„Parabeln“ oder, allgemeiner formuliert, solcherErzählungen durch Personen, deren disziplinäreAusbildung naturwissenschaftlich geprägt ist.

Umweltgeschichte gibt es nicht nur in Amerika,wenngleich sie dort eine längere und akademischinzwischen besser abgesicherte Tradition hat alsin Europa. Die Entwicklungen des Faches aufbeiden Seiten des Atlantiks sind aber durchausunterschiedlich verlaufen, und so verwundert esnicht, wenn Versuche einer Darstellung vonSchwerpunkten und Struktur in der deutschspra-chigen und britischen Tradition anders aussehen.Eines sei vorab gesagt: eine derart ausführlicheDiskussion darüber, was Umweltgeschichte seiund welche Schwerpunkte sie setzt und setzensoll wie in Amerika, gibt es in Europa nicht45.

Rolf Peter Sieferle ist einer der wenigen deutsch-sprachigen Umwelthistoriker, die die amerikani-sche Diskussion zur Kenntnis nehmen46, undsein Aufsatz „Die Grenzen der Umweltge-schichte“47 nimmt auch Bezug auf ÜberlegungenDonald Worsters, wenngleich er einen anderenWeg der Strukturierung geht. Bevor er seineStrukturierung präsentiert, stellt Sieferle die histo-rische Tradition umweltorientierter Erklärungs-ansätze vor. Diese reicht von antiken Erklärungenfür die Verschiedenheit von Menschen, wie sie beiHerodot oder den Hippokratikern zu finden sind,über Montesquieu, die Aufklärungsgeschichteund die Geopolitiker und Rassentheoretiker des19. Jahrhunderts bis zur Schule der Annales (hier

Ein Überblick 13

45 Vgl. hiezu die allerdings zumeist eher allgemeinen Aufsätze von: Radkau, Joachim,Unausdiskutiertes in der Umweltgeschichte. In:Hetting, Manfred (Hg.), Was ist Gesellschaftsgeschichte? Positionen, Themen, Analysen (München) 1991, 44 - 57; Radkau, Joachim, Wasist Umweltgeschichte? In: Simon, Christian (Hg.), Umweltgeschichte heute: Neue Themen und Ansätze der Geschichtswissenschaft -Beiträge für die Umwelt-Wissenschaft, Environmental History Newsletter, 1 1993, 86-107; Sieferle, Rolf Peter, Aufgaben einer künftigenUmweltgeschichte.Ebda. 29-43; Andersen, Arne, Über das Schreiben von Umweltgeschichte. Ebda. 44-57; Hodel, Jan, Kalt,Monika,Warum ist Umweltgeschichte langweilig?. Ebda. 108-127. Die letzgenannten Autoren haben eine „Fortsetzung“ ihrer Überle-gungen versucht: Monika Kalt, Jan Hodel, Umweltgeschichte - Revisited In: traverse Zeitschrift für Geschichte. Revue D’Histoire 4/2(1997) 13-29; sowie Günter Bayerl, Norman Fuchsloch, Torsten Meyer (Hgg.), Umweltgeschichte - Methoden, Themen, PotentialeMünster/New York/Berlin 1996.

46 Dies ist auch durch seinen Versuch, die englischsprachige Diskussion in deutscher Übersetzung zugänglich zu machen, dokumentiert:Sieferle, Rolf Peter (Hg.), Fortschritte der Naturzerstörung (Frankfurt a.M. 1988).

47 Sieferle, Rolf Peter, Die Grenzen der Umweltgeschichte. In: GAIA 2/1 (1993) 8-21.

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verweist auch Sieferle auf Braudels Mittelmeer-buch als Höhepunkt dieser Form) und bestimm-ten Formen marxistischer Geschichtsschreibungin der Art von Karl Wittfogel und reicht bis zuden neueren Klima- und Seuchengeschichten.Sieferle nennt diese Form „geographisch-natura-listische“ Form der Umweltgeschichte und machtdamit – im Gegensatz zu den oben zitierten ame-rikanischen Autoren – auch einen wesentlichenUnterschied zwischen der Tradition der Annales(zumindest in der Gestalt von Braudels Werken)und der modernen Umweltgeschichte fest.Erstere ordnet er der Tradition der im weiterenSinn milieutheoretischen Studien zu, dieKausalitätslinien als von der Natur zur Kulturverlaufend interpretiert, indem entwederNaturbedingungen kulturelle Ausprägungenerzeugen oder den Entfaltungsraum der Kultureinschränken. Zum Konzept der Umweltge-schichte als einem der Wechselwirkung äußertsich Sieferle in einem später erschienen Buchexpliziter, doch ist auch hier schon angelegt, waser meint. 1997 schreibt er es dann:

„‘Umweltgeschichte’ befaßt sich daher prinzipiell miteinem schwierigen, verschlungenen Vorgang: Sie rekon-struiert eine komplexe Wechselwirkung zwischenmenschlichen Kulturen und deren natürlicher Umwelt,wobei sie beide Perspektiven integrieren muß. Sie darfnicht nur (wie es der ältere Umweltdeterminismus getanhat) fragen, ob und wie weit Naturbedingungen Aus-wirkungen auf Gesellschaftsprozesse haben. [...] Essoll deutlich werden, welche Rahmenbedingungen vonNaturvoraussetzungen gegeben wurden, welcheSpielräume für die kulturell-gesellschaftliche Selbst-organisation bestanden und wie die Grenzen beschaffenwaren, die die Natur der Gesellschaft gesetzt hat.48“

Sieht man in einem solchen Konzept Natur alsstatisch an, so Sieferle bereits 1992, könnenWandlungsprozesse nur schlecht erklärt werden,und damit entwickelte sich nach Sieferle dieVorstellung einer autonomen, sich selbst transfor-mierenden Kultur anstelle des KausalgefügesNatur-Kultur. Aus diesem Problem findet dieumweltorientierte Kulturanthropologie eineLösung im „Possibilismus“. Die Kultur-anthropologie wird in Sieferles Beitrag explizitgenannt, sie kommt bei den zuvor erwähntenArbeiten nur in Aufzählungen von anUmweltgeschichte zu beteiligenden Disziplinen,nicht aber explizit mit ihrem eigenenTheoriengefüge vor, ja wird – wie bei Mart

Stewart – explizit von der Darstellung ausge-schlossen. Naturbedingungen sind in dieser – inder Tradition von Franz Boas entwickelten –Sichtweise limitierend, aber nicht determinierendund Sieferle überträgt dieses Konzept von denAnwendungsfällen der Kulturanthropologie (den„primitiven“ Kulturen) auf das Beispiel der indu-striellen Revolution in England, um so seineAnwendbarkeit auch in der Geschichtsforschungdarzustellen. Naturdeterminismus und Possibilis-mus sind ältere Strömungen. In der neuerenUmweltgeschichte hat sich nach Sieferle die Fragenach den Wirkungen der Kultur auf die Natur imGefolge der „Umweltprobleme“ mehr gestellt alsdie gegenteilige, und so kommt es zu zahlreichenUntersuchungen über die „Vorläufer“ heutigerUmweltprobleme. In diese Kategorie ist nachSieferle, der hier einzelne Arbeiten nennt, was ichverallgemeinere, die Mehrzahl der Arbeitendeutschsprachiger Umwelthistoriker einzuord-nen. Diese Form der Umweltgeschichte konstru-iert ihre Problemzusammenhänge symmetrischzu heutigen Umweltproblemen und, so Sieferle,„Ein Fall von Naturzerstörung scheint dann hinrei-chend erklärt zu sein, wenn derjenige Interessent gefun-den ist, der bei diesem Vorgang einen Nutzen davongetragen hat“49. Zwei Varianten dieser Art vonUmweltgeschichte sind hinsichtlich ihrerArgumentation zu unterscheiden: Die Variante:„alles sei schon einmal dagewesen“ und jene, diefeststellt, es werde immer wieder so sein, wennnicht die sozialen Akteure, die an allem schuldsind, ausgeschaltet werden, stehen zur Verfügung.Sieferle zeigt mit dieser Analyse dessen, was erden „umwelthygienischen Ansatz“ nennt, dessenNähe zur „progressiven“ Sozialgeschichte, inderen Umfeld dieser sich auch entwickelt hat. Ausdiesem Grund prognostiziert Sieferle auch, daßArbeiten dieses Typs, die keine eigenen theoreti-schen Grundlagen verwenden, in der Sozial-geschichte aufgehen werden, und deren Analysenum einen Aspekt „Umweltbeeinträchtigungen“erweitern werden. Sieferle erwartet eine Fülle vonStudien, die Auskunft über vergangeneUmweltkonflikte geben werden, ohne daß er sich,so scheint es nach dem Tonfall seines Artikels,besonders dafür interessieren würde.

Ob das wirklich so ist, müßte eigens, vielleicht mitWirtschafts- und Sozialhistorikern, diskutiertwerden. Ein prominenter amerikanischerUmwelthistoriker, Theodore Steinberg, ist jeden-falls dezidiert anderer Meinung:

Was ist Umweltgeschichte?14

48 Sieferle, Rolf Peter, Rückblick auf die Natur (München 1997) 13-14.49 Ähnlich gelagert sehe ich die Mehrzahl der Ansätze der Umweltsoziologie, auch wenn in diesem Rahmen darauf nicht näher eingegan-

gen werden kann: Eine Erklärung ist dann gefunden, wenn die wesentlichen Akteure gefunden und in ihren Beziehungen dargestelltsind.

Page 16: SocialEcology - Universität Klagenfurt5 White, Richard, The Organic Machine. The Remaking of the Columbia River (New York 1995). 6 Hamlin, Christopher, Between Knowledge and Action:

„In a sense, the environmental perspective proposed hereis a counterpart to the work of social historians. Theyview industrialization as a transformation in social rela-tions, in people’s interactions with one another. But ifindustrial transformation affected such aspects of sociallife as class, gender, and family relations, it also alteredhuman relations with the natural world. A close connec-tion exists between the way a culture tends to its natu-ral resources and the way it employs its human resour-ces.“50

Der Ansatz, den Sieferle, ausgehend von seinerWahrnehmung der sozialgeschichtlichen Umwelt-geschichte, für interessanter hält, wird von ihmmit „universalgeschichtlich-ökologisch“ bezeich-net und bezieht sich auf kulturökologische undkulturmaterialistische Arbeiten, ohne jedoch, wieer betont, mit diesen identisch zu sein. Sieferleentwickelt ein dreigeteiltes Modell der Welt, indem Natur und Kultur über die Population, diezu beiden gehört, miteinander verbunden sind.Diese Darstellung wurde noch wesentlich erwei-tert und ausformuliert in einem Beitrag zu einemBuch, welches sich nicht vorrangig mit Umwelt-geschichte auseinandersetzt, aber zu dieserwesentlich beitragen kann51. Wesentlich daran istin diesem Zusammenhang die Schwerpunkt-setzung auf dynamische Systeme, Sieferle sprichtgar von einer evolutionären Eigendynamik. Ausmethodischer Hinsicht scheint die Forderungwesentlich, daß eine universalgeschichtlich-ökolo-gische Umweltgeschichte kulturwissenschaftlicheund naturwissenschaftliche Methoden undErgebnisse verbinden und darüber hinaus selbsteigentümliche Methoden und Forschungspro-gramme entwickeln müßte. Die menschlichePopulation ist nach dem Modell von SieferleFunktionsträger kultureller Muster, die ohne dasÜberleben der Population (als eigenständigegesellschaftliche Einheit, VW) nicht weitergege-ben werden können. Kultur aber ist, und das istfür das Verständnis der Überlegungen vonSieferle wichtig, ein symbolisches System, dem apriori keine „natürlichen“ Gesetze zugrunde lie-gen. Sieferle benutzt für das Verhältnis vonKultur und Population die Analogie zumComputer: „die anthropologische Hardware mußimmer von einer kulturellen Software gesteuert werden,ohne daß es jedoch eine Garantie dafür gäbe, daß derenFunktionsweise auf die dauerhafte Umweltintegrationder Population ausgerichtet ist.“ (S.11). Die dreiFaktoren, die nach diesem Ansatz Grundlageumwelthistorischer Untersuchungen bilden, seien

nochmals zusammengefaßt: 1) das natürlicheÖkosystem, 2) die physische Population vonMenschen und 3) spezielle symbolische Kulturen.

Aus diesen Grundlagen entwickelt Sieferle vierAufgabenfelder:

! Die Rekonstruktion einzelner Kultur-Natur-Systeme in der Vergangenheit. Hier unterscheideter zwischen natürlichen Voraussetzungen (inklu-sive dem genetischen Material der Population)und den bewußten und unbewußten Tätigkeitendes „kulturellen Komplexes“, die er mit„Handlungen“ und „Verhalten“ bezeichnet, eineetwas mißverständliche Wortwahl, die besserdurch eine Unterscheidung zwischen Hand-lungen und Handlungsmustern ersetzt werdensollte. Aus diesen beiden Faktoren können ineinem weiteren Schritt Auswirkungen abgeleitetwerden, die umweltrelevant sind, unabhängigdavon, ob sie intentional oder zufällig geschehen.

! Stabilität und Dauer des jeweiligen Kultur-Natur-Systems. Von der im ersten Schritt erfol-genden Beschreibung eines Zustandes entwickeltsich in diesem Aufgabenfeld die Analyse von zeit-lichen Veränderungen solcher Zustände.

! Die Periodisierung der Umweltgeschichteschließt sich an diese beiden Fragen an, dochstellt sie die Frage aus anderem Blickwinkel: Wielassen sich die großen historischen Phasenüber-gänge der Kulturen identifizieren und erklären?Erst in diesem Aufgabenfeld wird deutlich,warum Sieferle die universalhistorische Kompo-nente dieser Form von Umweltgeschichte betont.Er unterscheidet die folgenden Stadien derMenschheitsgeschichte, wobei sich diePeriodisierung aus dem Verhältnis der menschli-chen Gesellschaften zur Umwelt ergibt:

* Paläolithische Jäger- und Sammlergesellschaften

* Neolithische Revolution, davon ausgehend zweiPerioden:

! Vor-hochkulturelle bäuerliche Gesell-schaften (bis zur Entstehung von Hoch-kulturen vor ca. 5000 Jahren)

! Stadium agrarischer Hochkulturen

* Industrialisierung: auch hier unterscheidet

Ein Überblick 15

50 Steinberg, Theodore, Nature Incorporated: Industrialization and the Waters of New England (New York 1991) 11.51 Sieferle, Rolf Peter, Kulturelle Evolution des Gesellschaft-Natur-Verhältnisses. In: Fischer Kowalski et al., Gesellschaftlicher

Stoffwechsel und Kolonisierung von Natur. Ein Versuch in Sozialer Ökologie (Amsterdam 1997) 37-56.

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Sieferle zwei Stadien: jenes der Zentralität auf derBasis von Kohle und jenes der flächendeckendenAusbreitung auf der Basis von Erdöl/Erdgas.

! Als viertes Aufgabenfeld zählt Sieferle dieUmweltverschmutzungsgeschichte auf, die dieVorgänger aktueller Problemlagen untersuchtund wo zumindest in Deutschland die meistenArbeiten vorliegen. Auch diese Form der Um-weltgeschichte hätte aber mehr als bisher dieinterdisziplinäre Verständigung mit den Natur-wissenschaften zu suchen.

Sieferle ist pessimistischer als nötig, was eineUmsetzung seiner ersten Forderungen nach eineruniversalistischen histoire totale anlangt. Umwelt-geschichte müßte sich dafür, meint er, als inter-disziplinäre Forschungsrichtung konstituieren,und das scheint nicht hoffnungsvoll. Auch ich binder Auffassung, daß eine solche Form derInstitutionalisierung kaum zustande kommenwird, in einer Zeit, in der Universitätsbudgetsschrumpfen und den Universitäten gleichzeitigdie Aufgabe übertragen wird, Absolventen mitMarkttauglichkeit zu produzieren, und zwarschnell und kostengünstig. Doch die Zusammen-arbeit in Teams von disziplinär ausgebildetenForschern an Projekten mit interdisziplinärenFragestellungen erscheint mir eine möglicheLösung dieses Problems.

Sieferles „Lösung“ des Problems, der „Rückzug“auf kulturgeschichtliche Perspektiven, scheint mirzwar eine mögliche und durchaus wichtigeEntwicklung, führt aber, wenn sie ausschließlichbetrieben wird, von der Frage nach denBeziehungsgefügen von Natur und Kultur wiederweg. In der Formulierung von Sieferle, „Ein wich-tiges Feld umweltorientierter historischer Forschung mitempirischer Ausrichtung liegt daher in derRekonstruktion von mental-intellektuellen Prozessen,sofern sie für das kulturelle Verhältnis zur Natur vonBedeutung sind.“ liegt ein weites Feld vor denUmwelthistorikern, doch wird dabei leicht verges-sen, was Sieferle anmerkt: Diese Arbeiten seienmit der kulturwissenschaftlichen Kompetenz desHistorikers zu bewältigen (und ich möchte anfü-gen: ohne sie sicher nicht)52.

Ein weiterer Vorschlag von Strukturierung undProgramm, der von einem britischen Historikervorgelegt wurde, soll die Darstellung desGesamtrahmens, in dem Umweltgeschichte statt-

findet, abschließen. David Arnold hat in derReihe „New Perspectives on the Past“ 1996 einBuch mit dem Titel „The Problem of Nature.Environment, Culture and European Expansion“vorgelegt. Er selbst ist Professor für GeschichteSüdasiens an der Londoner „School of Orientaland African Studies“53. Arnold sieht die prinzipi-elle Entscheidung ähnlich wie Sieferle, Umwelt-geschichte als einen Teil der Naturgeschichte[„natural history“] zu betreiben oder sich mithistorischen Ideen zu beschäftigen, mit den sichverändernden Wahrnehmungen und Beziehun-gen von Menschen zu ihrer Umwelt. Sein Buch istdem zweiten Ansatz verpflichtet. Er versucht, dieProblematik von geographischem und biologi-schem Determinismus aufzuzeigen. Geschichts-schreibung – und der überwiegende Teil dieser –funktioniert nach Arnold immer noch so, daßNatur, wenn sie überhaupt vorkommt, die Bühnefür das abgibt, was dann Gegenstand der Er-zählung ist: menschliches Handeln. Seine Aus-führungen über die Geschichte der Umwelt-geschichte decken sich mit jenen von Rolf PeterSieferle, wenngleich er wesentlich ausführlicheretwa die hippokratischen Schriften kommentiert.

Es ist verwunderlich, daß zwei so vollständig kon-gruente Darstellungen parallel entstehen, ohnedaß Arnold Sieferles Aufsatz als Quelle ausweist.Die beiden Ansätze unterscheiden sich aber vorallem darin, daß Arnold seinen Schwerpunkt aufdie in der kolonialen Expansion verwendetenUmweltparadigmen wlegt und die Rolle vonDarwin und Malthus stark betont. Das wäre eineGeschichte des Umweltdeterminismus und nichteine der Umweltgeschichte, wenn nicht Arnold inseiner Diskussion der Annales-Geschichts-schreibung den Determinismus etwa Braudels -der ja immer wieder als wesentlicher Vorläufer inden Werken der Umwelthistoriker auftaucht - dis-kutieren würde und eine kritische Interpretationder Arbeiten von Crosby böte. Die Geographieist eine Wissenschaft, deren Literatur Arnoldschätzt und kennt, ein Zug, der in der britischenUmweltgeschichte noch stärker ausgeprägt ist alsin jener der U.S.A. Arnolds Kritik an Um-weltgeschichte wird oft in bezug auf historischeGeographie und deren Ansätze formuliert. Deneinflußreichen britischen UmwelthistorikerRichard Grove, der immerhin Gründer undHerausgeber der zweiten englischsprachigenZeitschrift für Umweltgeschichte (Environment& History, künftig E&H) ist, kritisiert Arnold für

Was ist Umweltgeschichte?16

52 Sieferles eigene Arbeiten fallen zum Teil in dieses Gebiet: Sieferle, Rolf Peter, Bevölkerungswachstum und Naturhaushalt. Studien zurNaturtheorie der klassischen Ökonomie (Frankfurt 1990); ders., Die Krise der menschlichen Natur. Zur Geschichte eines Konzepts(Frankfurt 1989).

53 Arnold, David, The Problem with Nature. Environment, Culture and European Expansion (Oxford, 1996).

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dessen Darstellung kolonialer (sowohl in denKolonien selbst als auch im „Mutterland“ betrie-bener) Wissenschaft im Dienste vonNaturschutzmaßnahmen, die, so Arnold, viel zupositiv dargestellt werden.

Die generelle Linie des Buches ist es aber, washier vor allem interessiert: Darwin, so Arnold, hatin die Naturwissenschaften das eingeführt, wasman als historisches Denken bezeichnen könnte,und damit nicht nur die Biologie in eine weitge-hend ahistorische Phase vor 1859 und ein histori-sche danach geschieden, sondern auchHistorikerInnen stärker beeinflußt, als an derOberfläche wahrnehmbar ist54. Er ortet eineEntwicklung von einem geographischen hin zueinem biologischen Determinismus, der letztlich,zumindest in Crosbys Werk, dazu geführt habe,daß die koloniale Expansion nicht ursächlich aufFaktoren zurückgeführt wird, die innerhalb dermenschlichen Kontrolle - und damit ihrerVerantwortung - lagen. Und so kann sich, meintArnold, die Umweltgeschichte in den Dienst derretrospektiven Verringerung der Verantwortungfür die Zerstörung der präkolumbianischen Kul-turen Amerikas stellen. Mikroorganismen undNutztiere wirkten nicht als natürlichen Faktoren,wie Crosby sie darstellt, sondern unter den kultu-rellen Bedingungen, unter denen sie in Amerikaeintrafen. Zweiteres, etwa die Art der Haltung derNutztiere, wäre nach Arnold ausschlaggebend fürihre Wirkung. Ähnliches gilt für die beobachtete,verschieden hohe Anfälligkeit von Negersklavenim Vergleich zu Weißen oder Indios für Krank-heiten, die für Arnold den Geruch des biologi-schen Determinismus in sich trägt, und eineretrospektive rationale Erklärung für die biolo-gisch gerechtfertigte und damit nicht in dermenschlichen Verantwortung liegende Verskla-vung von Millionen Afrikanern bedeutet55.

Diese Form der Strukturierung in zwei großePhasen, jene des geographischen und jene desbiologischen Determinismus, koppelt Arnold mitder Forderung, Landschaften als Palimpseste kul-tureller Einwirkungen vermehrt zu berücksichti-gen. Sie ist zugleich eine Kritik an bestimmtenFormen der Umweltgeschichte. Die Frage, diesich daran anschließend stellt und die hier nichtbeantwortet werden kann, trifft den Kern inter-disziplinärer Zusammenarbeit: In welcher Weisedie Übernahme und Anwendung des Vokabularsund damit der Konzepte der biologischenWissenschaft Ökologie die Umweltgeschichte in

ihren Argumentationsstrukturen dermaßen ver-ändert, daß das Fach schließlich zu einer Formder Naturgeschichte und nicht zu einer Form derGeschichte wird.

Es zeigt sich bei diesen so unterschiedlichenSchwerpunktsetzungen, daß die jeweilige histori-sche Entwicklung des Problembewußtseins derHistoriker sie in verschiedene Richtungen geführthat. Im Land der technischen Zivilisation – dasauch ein Land der Wildnis und der „Frontier“,der Front im eigenen Land war und ist – entstehtin durchaus kritischer Absicht eine Umwelt-geschichte, die nach den natürlichen Bedingun-gen für menschliches Leben fragt und damit dieeigene Geschichte als Eroberer eines von indige-nen Völkern besiedelten Kontinents und alsBewirtschafter von mit Sklavenarbeit betriebenenGütern auf eine neue Weise diskutiert. Im Landder Ingenieure entsteht Umweltgeschichte alsumwelthygienische Geschichte, als reflektierendeWeiterentwicklung der Technikgeschichte, und imLand des „Empire“, der Kolonialmacht derNeuzeit, wird Umweltgeschichte zu einer kriti-schen Hinterfragung der kolonialen Vergan-genheit. Dabei sind die Grenzen fließend,Crosbys „Ecological Imperialism“ ist sicher eherletzterer Schwerpunktsetzung verpflichtet, undSieferles Bücher nehmen so wie die Bände vonHerrmann und Pfister (auf die später noch ein-gegangen wird) ihren Ausgang nicht von derTechnikgeschichte, aber für eine grobe Vor-stellung davon, was die Traditionen voneinanderunterscheiden könnte, ist diese Einteilung vorabbrauchbar. An dieser Stelle ist anzumerken, daßes keine vergleichende Darstellung derEntwicklungen auf beiden Seiten des Atlantiksgibt – sonst müßte diese Einleitung nichtgeschrieben werden – und die gegenseitigeRezeption bedauerlich gering ist.

3. DIE VIELEN GESICHTER DERUMWELTGESCHICHTE

Nach dieser kurzen Darstellung vonStrukturierungs- und damit Selbstreflexions-versuchen und einer damit implizit wie explizitverbundenen Programmatik der Umweltge-schichte geht es im folgenden darum, einen Teilder existierenden Literatur vorzustellen unddamit die Frage, was Umweltgeschichte sei, umeine Darstellung ihrer vielen Ausprägungsformenzu erweitern. War der Strukturierungsversuch umden sich bildenden Kanon des universitären

Ein Überblick 17

54 Arnold, The Problem 27.55 Arnold, The Problem 97.

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Faches Umweltgeschichte und nach demKriterium der Abdeckung einer möglichst auchgeographisch breiten Basis aufgebaut, so wird imfolgenden eine Einteilung verwendet, die sich auseinem der wesentlichen Inhalte von Umwelt-geschichte ergibt: Da Produktionsweisen (oderSubsistenzweisen) und deren Veränderung einwichtiger Forschungsgegenstand des Faches sind,ist eine Einteilung der Arbeiten danach, mit wel-cher Produktionsweise sie sich auseinanderset-zen, sinnvoll. Daneben bietet es sich an, eine orts-bezogene Einteilung vorzunehmen, da geogra-phische Überlegungen einen wichtigen Aspektbilden. Dieses Kapitel dient vor allem dazu, demakuten Mangel an deutschsprachigen Einführun-gen in das Fach zu begegnen, strebt aber keines-wegs Vollständigkeit an. Die beste solcheEinführung, auf die an dieser Stelle zu verweisenist, stammt von Rolf Peter Sieferle, der eine ande-re Gliederung vorgenommen hat als hier präsen-tiert wird und auch nicht anstrebte, einenÜberblick über die angelsächsische Tradition zugeben. Sein Aufsatz ist die Grundlage meinesVerständnisses für die Entwicklung des Fachesund ich verweise daher in aller Deutlichkeit dar-auf, daß er – quasi als anderer Blickwinkel – par-allel zu dieser Darstellung gelesen werden sollte56.Ich habe mich bemüht, speziell jene Literatur zuberücksichtigen, die in den letzten 10 Jahrenerschienen ist oder von Sieferle nicht berücksich-tigt wurde.

3.1. KULTUREN MIT ANEIGNENDERWIRTSCHAFTSWEISE, NOMADEN UNDEINFACHE BÄUERLICHE KULTUREN

Schriftlose Kulturen sind gemeinhin nichtForschungsgegenstand der Geschichte. Gerade,wenn sich Geschichte aber auf Produktions-weisen konzentriert und dazu noch vergleichendarbeitet, sind Verbindungen zur Ur- undFrühgeschichte und zur Ethnologie naheliegend.Betrachtet man Geschichte in evolutionärerPerspektive, so fängt sie bei den Wirtschafts-weisen der Jäger- und Sammlergesellschaften an.Nun liegt zwischen diesen Formen menschlichenUmgangs mit Umwelt und jenen der bäuerlichenGesellschaften die „neolithische Revolution“,und es bedarf daher der Klärung, wieso dieseFormen unter einem Titel summiert werden.

Betrachtet man den gesellschaftlichen Stoff-wechsel und die menschlichen Eingriffe in natür-liche Systeme, so stellt der Umstieg auf landwirt-schaftliche und pastorale Wirtschaftsweisentatsächlich eine Revolution dar, vielleicht diegrößte der Menschheitsgeschichte57. Die gemein-samen Charakteristika von Jäger-SammlerKulturen und einfachen Agrargesellschaften sindSubsistenz und geringe soziale Stratifizierung,weshalb in vielen Arbeiten auch allgemein von„primitiven Gesellschaften“ gesprochen wird, einBegriff der mir zu pejorativ erscheint, um ihn alsKapitelüberschrift zu verwenden. Die Wissen-schaften, die solche Kulturen erforschen, gehenzudem meist über die Grenze zwischen aneignen-der und agrarisch/pastoraler Wirtschaftsweisehinaus. Eine getrennte Darstellung würde daherdie Gemeinsamkeiten der Betrachtung, die ichhier betonen möchte, eher verschleiern.

Die ökologische Anthropologie beschäftigt sichmit dem Menschen als biologischer Spezies ineiner – auch anthropogen veränderten – Umwelt.Sie wurde in einem Überblicksartikel als jeneWissenschaft bezeichnet, die sich mit denBeziehungen zwischen der Populationsdynamik,der sozialen Organisation und der Kulturmenschlicher Population und mit den Umwelten,in denen diese leben, auseinandersetzt58. Daskönnte auch als Beschreibung der Umwelt-geschichte gelten. Der Unterschied liegt nicht sosehr in den Forschungsinteressen als in denQuellen, die für eine Beantwortung zurVerfügung stehen, und damit auch in denMethoden zu deren Auswertung. Die ökologischeAnthropologie wird oft von Biologen betrieben,deren Interpretationsmuster unter Historikernnicht geschätzt werden: Schnell ist da die Redevom biologischen Determinismus59. Doch es istkaum zu übersehen, wie sehr die Erforschung„primitiver Gesellschaften“ zur Entwicklungtheoretischer Modelle beigetragen hat, die auch inhistorischen Arbeiten verwendet werden. Enormbeeinflußt wurde die Diskussion von demEthnologen Marshall Sahlins, dessen „Stone AgeEconomics“ aus 1972 geradezu ein Klassikerist60. Schon an diesem Werk zeigt sich, daß einezeitliche Einteilung gegenüber einer, die sich nachder Wirtschaftsweise richtet, Nachteile hat61. Dasspäter von Dieter Groh entwickelte und von Rolf

Was ist Umweltgeschichte?18

56 Sieferle, Rolf Peter, Perspektiven einer historischen Umweltforschung. In: ders. (Hg.), Fortschritte der Naturzerstörung 307-377.57 Vgl. hierzu Fischer-Kowalski et al., Gesellschaftlicher Stoffwechsel, insbesondere 25-36.58 Orlove, Benjamin S., Ecological Anthropology. In: Annual Reviews of Anthropology 9 (1980) 235-73. Auf diesen ausgezeichneten

Überblick verweise ich für eine Aufschlüsselung der verschiedenen Richtungen der ökologischen Anthropologie.59 Ganz sicher trotzdem lesenswert Moran, Emilio F., Human Adaptability. An Introduction to Ecological Anthropology (Boulder 1982).60 Sahlins, Marshall, Stone Age Economics (New York 1972).61 Vgl. auch Sahlins, Marshall, Kultur und praktische Vernunft (Frankfurt a.M. 1981, stw 1994) für eine vergleichende Diskussion moderner

kapitalistischer und sog. primitiver Gesellschaften.

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Peter Sieferle und Ulrich Müller-Herold weiter-entwickelte Modell von Risikominimierung undMußepräferenz als zentralen Kategorien vonSubsistenzgesellschaften hat sehr zu einerAnalyse von Handlungsmustern in solchenGesellschaften beigetragen – wobei dieLebensweise der Subsistenz auch im vormoder-nen Europa auf den größeren Teil derBevölkerung zutrifft. Dieter Groh hat auchMobilität als Ressource thematisiert, und dabeiauf Jäger-Sammler-Gesellschaften undHirtennomaden zurückgegriffen62. EsterBoserup, die ein weithin einflußreiches Modellfür das Wachstum von Agrargesellschaften aufge-stellt hat, beschäftigt sich in einem umwelthistori-schen Sammelband mit „primitiven Gesell-schaften“63. Die Anthropology kann aber auchals wesentliche Reflexionsebene der Umweltge-schichte dienen. Da ihre Erkenntnisse häufig demStudium von Gesellschaften mit aneignenderWirtschaftsweise entstammen, ist hier auf sie hin-zuweisen, doch kann auch die Analyse zeitge-schichtlicher Phänomene von einer solchenReflexionsebene viel profitieren. Eine verglei-chende Analyse der Topographien, in denen ver-schiedene Kulturen sich die Welt vorstellen, hatTim Ingold unternommen. Anhand einerGegenüberstellung der Weltwahrnehmung derInuit und jener der westlichen Moderne versuchter, die offensichtlich vorhandene Differenz undDiskrepanz zwischen globaler Umweltrhetorikund den lokalen Handlungsstrategien gegenüberder unmittelbaren Umwelt zu erklären64. Auchder von Carole Crumley herausgegebeneSammelband „Historical Ecology“ und ihr darinenthaltener zusammenfassender Aufsatz zeigendie vielen möglichen Querverbindungen, im spe-ziellen auch jene zur Archäologie65.

Rolf Peter Sieferle hat schon mehrfach auf die

zwei möglichen Erzählungen über dieMenschheitsgeschichte hingewiesen. Einerseitsgibt es die Geschichte vom Fortschritt: Auseinem ursprünglichen Zustand von Elend,Krankheit, Ausgeliefertsein und Not gelange dieMenschheit durch Fortschritt in immer bessereVerhältnisse. Ihr gerades Gegenteil ist dieGeschichte von den „Edlen Wilden“, die inAnmut, Glück und Sorglosigkeit in Einklang mitder Natur leben, während der Fortschritt unwei-gerlich zu immer schlechteren Lebensbe-dingungen führe. Sieferle sieht in den beidenVorstellungen die Formulierung des gewünschtenGegenbildes zu den einer Gesellschaft bewußtenHauptproblemen, Ausdruck einer Sehnsuchtnach Änderung gegenwärtiger Verhältnisse66.Eine anthropologische Perspektive der Analysegegenwärtiger Mythen über den Einklang derNaturvölker mit der Natur, die zu ähnlichenSchlußfolgerungen wie Sieferle kommt und dieSuche nach dem nachhaltigen Leben in derVergangenheit damit in Frage stellt, lieferte KayMilton in seinen sehr empfehlenswerten Be-trachtungen zum Umweltdiskurs67.

Beschäftigt man sich mit Langzeitstudien oderversucht man, Mitteleuropa zur Zeit desImperium Romanum umwelthistorisch zubetrachten, sind die Ergebnisse aus den naturwis-senschaftlichen „Paläo-“Fächern unentbehrlicheArbeitsgrundlage. Im Gegensatz zur Archäo-logie68, die die Zusammenarbeit mit diesenFächern bereits lange praktiziert, ist dieserBrückenschlag in der Umweltgeschichte noch sel-ten. Die schwedische „Ystad-Studie“ zeigtmodellhaft die Vorteile: Abdecken langerZeitspannen – wie die Nachteile: riesige, schwerzu koordinierende Teams solcher multidisziplinä-rer Arbeiten69. Derzeit werden naturwissen-schaftliche Daten als „hilfswissenschaftliche

Ein Überblick 19

62 Groh, Dieter, Strategien, Zeit und Ressourcen. Risikominimierung, Unterproduktivität und Mußepräferenz - die zentralen Kategorienvon Subsistenzökonomien. In: Seifert, Eberhart K. (Hg.), Ökonomie und Zeit (=Arnoldshainer Schriften zur interdisziplinären Ökono-mie 15, 1988) 131-187; Groh, Dieter, Mobilität als Strategie und Ressource - Das Beispiel von Jäger-Sammlern und Hirtennomaden. In:GAIA 1/3 (1992) 144-152. Sieferle, Rolf Peter, Ulrich Müller-Herold, Überfluß und Überleben - Risiko, Ruin und Luxus in primitivenGesellschaften. In: GAIA 5/3-4 (1996) 135-143.

63 Boserup, Ester, The Conditions of Agricultural Growth (Chicago 1965), sowie dies., Environment, Population and Technology. In:Worster (Hg.), End .23-38.

64 Ingold, Tim, Globes and spheres. The topology of environmentalism. In: Milton, Kay (Hg.), Environmentalism: The View fromAnthropology (London/New York 1995) 35-42.

65 Crumley, Carole L., Historical Ecology. A Multidimensional Ecological Orientation. In: Crumley, Carole L. (Hg.), Historical Ecology:Cultural Knowledge and Changing Landscapes (Santa Fe 1994) 1-16.

66 Sieferle, Rückblick 19-23.67 Milton, Kay, Environmentalism and Cultural Theory. Exploring the Role of Anthropology in Environmental Discourses (London/New

York 1996), besonders das Kapitel “The Myth of Primitive Ecological Wisdom“, 109-141.68 Gemeint ist hier die Ur- und Frühgeschichtliche Archäologie. Verflechtungen werden etwa auch daran sichtbar, daß die Ur-und

Frühgeschichte im NATURhistorischen Museum in Wien und nicht im gegenüberliegenden KUNSThistorischen zu finden ist.69 Berglund, Björn E. et al (Hg.), The cultural Landscape during 6000 years in Southern Sweden - the Ystad Project (=Ecological Bulletin

41, Kopenhagen 1991).

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Unterstützung“ wahrgenommen, ob eine Ände-rung möglich ist, wird sich erst zeigen70.

3.2. AGRARGESELLSCHAFTEN MITDEN ATTRIBUTEN EINER HOCH-KULTUR.

3.2.1 Mediterrane Hochkulturen

Clarence Glackens „Traces on the RhodianShore“ ist für die ideengeschichtliche Umwelt-geschichte nach wie vor ein Standardwerk, in demmit ausführlichen Quellenbelegen dargestelltwird, wie die Menschen seit der Antike bis zumEnde des 18. Jahrhunderts die Welt und ihreneigenen Platz darin gedanklich konstruierten undbeschrieben. Er widmet der antiken Welt mehr als170 Seiten, in denen die griechische wie die römi-sche Tradition abgehandelt werden, bis zur christ-lich-jüdischen Tradition der Theologie, in der dasVerhältnis von Gott, den Menschen und derNatur eine wesentliche Rolle spielt71. Glackenhebt sich mit diesem, wenngleich im einzelnensicher kritisierbaren Werk qualitativ von späterenVersuchen, eine Umweltgeschichte des Altertumszu schreiben, ab. Im besonderen verweise ich aufdie historischen Standards kaum genügendenBände von Cornelius Mayer-Tasch, der mit„Natur denken“ ganz bestimmt nicht das erfüllt,was der Untertitel andeutet, eine „Genealogie derökologischen Idee“ zu sein72. Doch auchWilhelm Weebers Buch zum „Umweltverhaltenim Altertum“, mit dem reißerischen Titel „Smogüber Attika“ kann den Erwartungen nicht gerechtwerden, die der Untertitel erzeugt73. Weeber reißtdie Quellen aus dem zeitlichem Zusammenhangund dem für ihre Interpretation unbedingt nöti-gen Kontext, um sie zu einer Erzählung nachdem Muster des „es war schon immer so“ zusam-menzumontieren. Glacken ist zumindest in sei-nem Literaturverzeichnis nicht zu finden.Ebensowenig kann – wiewohl methodisch inter-essant, da um die Kombination archäologischer

und schriftlicher Quellen bemüht – Günther E.Thüry’s ähnlich gelagertes Werk überzeugen74.Die „Wurzeln unserer Umweltkrise und die grie-chisch-römische Antike“ entbehren jeglichertheoretischer Reflexion, um so bedauerlicher, dader Autor die Altertumswissenschaften wegenihres Schweigens zu den Ursprüngen derUmweltkrise rügt und er den vollen Beitrag zudieser Diskussion zu leisten meint75. Da meinehier formulierte Kritik ohne näheren Beleg nichtstandhalten kann, es aber nicht die Hauptaufgabedieses Überblicks sein kann, eine Kritik anschlechter Umweltgeschichte (oder schlechterGeschichtsschreibung, die sich den Mantel„Umwelt“ umhängt) zu formulieren, greife ichein einzelnes Beispiel heraus, an dem die Art undWeise, wie mit den Quellen in solchen umweltge-schichtlichen Arbeiten umgegangen wird, deut-lich zu sehen ist76.

EXKURS: TERTULLIAN ODER DIEQUELLEN DER UMWELTGESCHICHTE

Im Sonderheft der Zeitschrift „Politische Ökolo-gie“ zum Thema „Gesellschaftlicher Umgang mitBoden“ finden sich Zitate – vom „PredigerSalomo“ (den es so übrigens nicht gibt) bis zuDarwin, die ganz offensichtlich bewußt von denRedakteuren ausgewählte kurze, einprägsameStellungnahmen „Aus der Geschichte“ sein sol-len. Es fehlt jeglicher Kontext, ja nicht einmal einHinweis auf die Ausgabe oder Übersetzung wirdgeliefert. Um so mehr wirken die Zitate.

„Die Welt wird täglich besser, kultivierter und zivili-sierter als zuvor. Überall baut man Straßen, jedeRegion wird bekannt, jedes Land dem Handel geöffnet.Felder lächeln, wo finstere Wälder standen, Herdenhaben die wilden Tiere abgelöst, selbst auf dem Landkann man säen, Felsen aufbrechen, Moore trockenle-gen...“ (Tertullian, De anima)77

Was ist Umweltgeschichte?20

70 Stellvertretend seien hier zwei Sammelbände genannt, die schon im Titel zeigen, wie schwierig der Umgang mit gewöhnlichen histori-schen Periodisierungen auf diesem Gebiet ist. Frenzel, Burkhard (Hg.), Evaluation of land surfaces cleared from forests by prehistoricman in early neolithic times and the time of migrating Germanic tribes (=Paläoklimaforschung Bd. 8, Stuttgart 1992) und ders.,Evaluation of land surfaces cleared from forests in the Roman iron Age and the time of migrating Germanic tribes based on regionalpollen diagrams (=Paläoklimaforschung Bd. 12, Stuttgart 1994).

71 Glacken, Traces. Demgegenüber bleiben kurze Darstellungen wie jene von Knobloch zwangsläufig oberflächlich: Knobloch, Eberhard,Das Naturverständnis der Antike. In: Rapp, Friedrich (Hg.), Naturverständnis und Naturbeherrschung (München 1981) 10-35.

72 Mayer-Tasch, Cornelius, Natur denken. Eine Genealogie der ökologischen Idee 2 Bde. (Frankfurt a.M. 1991).73 Weeber, Karl-Wilhelm, Smog über Attika. Umweltverhalten im Altertum (Zürich/München 1990).74 Thüry, Günther E., Die Wurzeln unserer Umweltkrise und die griechisch-römische Antike (Salzburg 1995).75 ebd. 10.76 Ähnlich ist Vögler, Gudrun, Öko-Griechen und grüne Römer? (Düsseldorf/Zürich 1997) nur eine populäre, präsentistische Darstellung,

in der mit den Quellen ähnlich großzügig umgegangen wird.77 Boden-los. Politische Ökologie Sonderheft 10 (1997) 65.

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Dieses Zitat ist unterhalb eines Fotos von einemTraktor, der pflügend über ein Feld fährt, undeiner aus diesem Foto heraus gezeichneten Straßemit Autos angeordnet, die Seite ist Titelblatt desAbschnitts „Nutzung von Böden“ und dieserTitel steht am oberen Rand des Bildes bzw. derSeite.

Der Originaltext erweist sich als sehr frei umnicht zu sagen freizügig übersetzt, vergleicht manihn mit dem Original78.

„Certe quidem ipse orbis in promptu est cultior de die etinstructior pristino. Omnia iam peruia, omnia nota,omnia negotiosa, solitudines famosas retro fundi amoe-nissimi oblitterauerunt, siluas arua domuerunt, feraspecora fugauerunt, harenae seruntur, saxa panguntur,paludes eliquantur, tantae urbes quantae non casaequondam. Iam nec insulae horrent nec scopuli terrent;ubique domus, ubique populus, ubique respublica, ubi-que uita.“

Die Politische Ökologie ist aber eine eher „popu-lärwissenschaftliche“ Zeitschrift, und es gibt schlim-meres, die Aufregung könnte man sich sparen...

Doch auch die „professionelle“ Umweltge-schichte hat zu der Tertullian-Stelle so unter-schiedliche Interpretationen geliefert, daß sich einVergleich der Texte durchaus lohnt. Was dieseÜbung zeigen soll? Sie ist als Exemplum im bes-seren Sinne des Wortes gedacht, als Mahnung zurVorsicht mit antiken Autoren:

Unter der Überschrift „Menschengewühl,Verkehrsstaus und ungeliebte Bäder in derMenge“ findet sich bei Wilhelm Weeber folgendeÜbersetzung und Interpretation:

„Schon gibt es so viele Städte wie einst nicht einmalHütten; schon sträuben sich die Inseln nicht mehr gegeneine Besiedlung, selbst Klippen schrecken niemanden ab:Überall Häuser, überall Menschen, überall staatlicheOrdnung, überall Leben“ – in diesen Sätzen faßtTertullian die Entwicklung zusammen, die er als Über-bevölkerung empfindet (Tert. De anima, 30, 3)79

Nur einen kurzen Hinweis gönnt Thüry demAutor: In einer Fußnote berichtet er über die ver-breitete Vorstellung, daß die Ausweitung derNaturbeherrschung der Lebensqualität förderlichsei, und zitiert dazu Cicero, Statius, Servius undausführlicher Aristides’ Ruhmrede auf Rom, man

könne, so berichtet Aristides, jetzt sogar durchzivilisationsferne Gegenden reisen, ohne dabeiFurcht zu empfinden80. Diese Aufzählungschließt Thüry mit dem Satz „Ähnlich äußernsich Tertullian, de anima 30, 3 und Claudian, deconsulato Stilichonis 3, 157.“

Der Geograph Norman Pounds hat eineInterpretation geliefert, wie sie konträrer zu dervon Weeber vertretenen Auffassung gar nicht seinkönnte: „We have it on the authority of EdwardGibbon, the historian, that the second century A.D.,when the roman empire was presided over in successionby the emperors Hadrian, Antonius Pius, and MarcusAurelius, was one of the happiest in the whole span ofhuman history. Contemporaries would have agreed withthis judgement. Aristides wrote of the profound andunbroken peace which prevailed, and Tertullian, com-menting on what we would call „economic growth“ wrotethat „cultivated fields have overcome the forests; thesands are being planted, the rocks hewn, the swampdrained; there are as many cities today as there were for-merly huts. (De anima 30,3).“81

Clarence Glacken äußert sich in „Traces on theRhodian Shore“ ausführlich zu Tertullian, wobeier aus De anima zitiert, und außerdem darauf hin-weist, daß diese Stelle auch auf eine andere, die inDe pallio überliefert ist, bezug nimmt. DieBetrachtung zu Tertullian, dessen Lebenszeit ermit ca. 160 - ca 240 A.D. angibt, stellt Glacken alseine bemerkenswerte Ablehnung der Doktrin derMetempsychose (Seelenwanderung) dar, undstellt sie damit in den Kontext des Werkes.

„All places are now accessible, all are well known, allopen to commerce, most pleasant farms have obliteratedall traces of what were once dreary and dangerouswastes; cultivated fields have subdued forests; flocks andherds have expelled wild beasts; sandy deserts are sown;rocks are planted; marshes are drained; and where oncewere hardly solitary cottages, there are now large cities.“The complaint is that the growing numbers of the world’speoples becomes a burden which the earth’s substancescannot sustain. „Our wants grow more and more keenand our complaints bitter in all mouths, whilst Naturefails in affording us her usual sustenance“. [...]Tertullian had expressed similar ideas in On thePallium (De pallio) from which the passages in Deanima are derived. „How much of the earth has this agetransformed! How many of her cities has the triple vigorof our (present) empire produced, increased or restored!“Tertullian sees a relationship between population growth

Ein Überblick 21

78 Tertullianus, De anima 30,3.79 Weeber, Smog über Attika 93:80 Thüry, Wurzeln 79, Anm. 99.81 Pounds, Norman J. G., An historical geography of Europe (Cambridge 1990) 47.

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in scattered centers throughout the world and the trans-formation of the landscape but his checks to populationgrowth are not related to environmental change nor isthere a suggestion of environmental degradation as aresult of expanding population. But Tertullian was inte-rested in keeping souls from coming back to earth, not inenvironmental change.”82

Aus einer Abhandlung über Seelenwanderungwird eine Zuschreibung der Ausweitung derNaturbeherrschung als Steigerung der Lebens-qualität, oder bei Pounds’ des wirtschaftlichenFortschritts. Doch auch Glacken ist meinemGefühl nach nicht ausreichend in seinerKontextualisierung, weil er nur in der Kapitel-überschrift erkennen läßt, daß es sich um einenchristlichen Philosophen handelt und nicht dar-auf hinweist, daß die meisten der Werke desAutors sich mit genuin theologischen Themenauseinandersetzen, wie einem kurzen Blick inStandardnachschlagewerke zur Antike entnom-men werden kann.

Die Beschreibungen von Natur, die aus einer ver-gangenen Zeit überliefert sind, geben womöglichmehr als andere Themen dazu Anlaß, sie im Lichtheutiger Vorstellungen und Interpretationen zuverwenden, im Sinne eines legitimierenden „eswar schon immer so“ bis zu einem ebenso legiti-mierenden „Aber damals war es auch ganzanders“. Die Umweltgeschichte mag da in beson-derem Maße gefährdet sein. Es gilt, Strategien derQuellenverwendung zu entwickeln, mit deneneiner solchen Gefahr begegnet werden kann.

Nach diesem Ausblick in die Quelleninter-pretation zurück zur Umweltgeschichte mediter-raner Agrargesellschaften.

Unter den amerikanischen Umwelthistorikernsticht J. Donald Hughes durch seine über vieleJahre währende Beschäftigung mit antiker Um-weltgeschichte hervor, die von einer ausführli-chen Lektüre von Theophrasts Schriften undderen Würdigung als „ökologisch“ ihren Ausgangnehmen. Hughes ist, zumindest was sein jüngstesBuch, „Pan’s Travail“, angeht, mehr der Fragenach der Stabilität und dem Zusammenbruch vonKulturen nachgegangen als etwa eine Rekon-struktion der ökologischen Komponenten antikerSklavenwirtschaft zu unternehmen83. Er folgtdamit, ohne auf ihn Bezug zu nehmen, eher demAnsatz Sieferles. Nach einer geographisch-ökolo-

gischen Einleitung zum Mittelmeerraum und zuden philosophischen Konzepten von Natur zurZeit des „klassischen Altertums“ diskutiert eranhand schriftlicher, archäologischer und geophy-sikalischer Quellen antike Entwaldung, dasProblem der Überweidung und die mit den erstenbeiden verbundene Bodenerosion. Er beschreibtden Rückgang der Wildtierpopulationen undnennt dafür ökologische und kulturelle Gründe.Tierhetzen, Löwenjagd als aristokratischesVergnügen und gezielte Ausrottung vonPredatoren wegen der Gefahr, die sie für Herdengrasender Nutztiere darstellen, werden mitQuellenbelegen erwähnt. Auch Umweltver-schmutzung durch „Industrie“, v.a. Bergbau, dieKrise der Landwirtschaft durch abnehmendeErträge und hygienische Probleme des städti-schen Lebens in Rom werden dargestellt.Gegenüber diesen Problemen sind die Ansätzezum Naturschutz, die Hughes ebenso erwähnt, zugering. Heilige Haine, Parks und Gärten könnenan dem durch anthropogene Umweltzerstörungmit verursachten Niedergang des römischenReiches nichts ändern. Weder das Klima, nochSeuchen noch Naturkatastrophen sind nachHughes schuld am Untergang des ImperiumRomanum. Die genaue Untersuchung der anthro-pogenen Umweltveränderungen, die Hughes zudiesem Schluß kommen lassen, bleibt dabei nichtohne Bezug zu anderen, etwa wirtschaftlichenErklärungen, die schon in der Literatur zu findensind, wiewohl er seinen Ansatz nicht vergleichenddiskutiert. Seine Arbeiten sind durch konzise undnicht emotional aufgeladene Darstellung undumfangreiche Quellenkenntnisse gekennzeichnet,wenngleich es auch hier oft dem Leser überlassenbleibt, sich den nötigen Kontext der Quellenzusammenzusuchen.

Der gebotenen Kürze wird geopfert, was dochnötig wäre, so ist auch die nur in dieserVerkürzung publizierbare Arbeit von mir zur anti-ken Agrarliteratur von einer Kritik bezüglich derKontextualisierung der Quellen nicht ausgenom-men84. Der Schwerpunkt meines Aufsatzes isteine genaue Beschreibung des Wissens, das antikeAgrarschriftsteller vom Boden hatten. Trotz allerDetailkenntnisse über Bodenarten und Boden-pflege wurde der Boden als Lebewesen wahrge-nommen, im Gegensatz zur heute gängigenVorstellung vom Boden als der rein physikali-schen Matrix des Pflanzenwachstums. DieseÄnderung der Vorstellung trug dazu bei, daßheute Pflanzenwachstum weniger als in der

Was ist Umweltgeschichte?22

82 Glacken, Traces 296.83 Hughes, Donald, Pan’s Travail. Environmental Problems of the Ancient Greeks and Romans (Baltimore/London 1994).84 Winiwarter, Agricultura.

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Antike als Wechselwirkung von Boden undPflanze denn als nur die Pflanze betreffendesPhänomen behandelt wird.

Ein gänzlich anderes Werk liegt mit RobertSallares’ „The Ecology of the Ancient GreekWorld“ vor85. Hier haben wir es mit dem Versucheiner interdisziplinären Interpretation griechi-scher Geschichte zu tun, der durch seine Einbe-ziehung von ökologischen und anthropologisch-ethnologischen Erkenntnissen zu einer völligneuen Darstellung der bestimmenden Faktorender Entwicklung Griechenlands kommt. Sallareslegt größten Wert darauf, daß nicht die üblicher-weise diskutierten TECHNISCHEN Errungen-schaften, sondern ein Prozeß des „Mutualismus“– einer biologischen Bezeichnung für kooperativeVerbindungen zwischen Lebewesen unterschied-licher Spezies – also ein BIOLOGISCHERProzeß für die Entwicklung der griechischenKultur verantwortlich ist. In der nacheiszeitlichenökologischen Situation des Mittelmeerraumshätte es Möglichkeiten für die Domestizierungvon Pflanzen und Tieren gegeben, die es wedervorher noch nachher gab. Diese erklärten diegriechische Expansion. Sallares schießt bei allerBewunderung, die sein Werk verdient, doch auchüber das Ziel hinaus: Einerseits hätte eine wenigerkampflustige Sprache gegenüber der „traditionel-len“ antiken Geschichte wohl kaum geschadetund andererseits fehlt dem Werk jede Reflexionüber die gesellschaftlichen Bedingtheiten undImplikationen biologischer Forschungen unddamit die nötige Relativierung der biologischenErgebnisse, auf denen er aufbaut. Sallares ein-drucksvolle Bibliographie läßt denn auch jedenHinweis auf die Reflexionen der amerikanischenUmweltgeschichte vermissen. Die menschlichenPopulationen werden zu Populationen mit ab-wechselnd eher „r“ und „K“ Charakter, einBiologismus, der in dieser Form wohl kaumakzeptiert werden kann86. Es bleibt Sallares’

Verdienst, sich die ökologischen Bedingungen dergriechischen Expansion detailliert und mit enor-mer Quellenkenntnis angesehen zu haben, einbesserer Editor (oder gar ein geeigneter Ko-autor) hätten vieles (auch die vorkommenden fak-tischen Fehler) verbessern können.

Thomas Gallant hat sich in seiner Bearbeitungder griechischen Geschichte aus ökologischerSicht andere Ziele gesteckt, sein Buch beschäftigtsich mit einer Rekonstruktion der Bedingungenund Möglichkeiten der Dorfökonomie im antikenGriechenland. Seine Arbeit erscheint mir in vie-lem wegweisend, er berücksichtigt sowohl ernäh-rungswissenschaftliche, biologische Grundlagen,um den Nahrungsenergiebedarf abzuschätzen alsauch sozialwissenschaftliche Modelle, um dieEinbindung der Dörfer in Netzwerke zur Risiko-minimierung zu analysieren87.

Auch zum Themenkreis „Landschaft“ sind in denletzten Jahren einige spannende Beiträge erschie-nen, aufbauend auf einer älteren, aber immernoch interessanten philologischen Tradition88.

Einige Aufmerksamkeit hat in der Wissenschaftdie Frage der Entwaldung des Mittelmeerraumserregt, die zu zahlreichen Arbeiten Anlaß gege-ben hat. Teils geht es hier um eine reine Natur-geschichte jener Zeiten, in denen menschlicheBesiedlung schon nachweisbar ist (was dann, zurallgemeinen Verwirrung auch Umweltgeschichtegenannt wird) – dazu zählen paläobotanische wieklimatologische Forschungen89 – teils ist eineVerbindung von naturwissenschaftlichen und kul-turellen Beobachtungen zu finden90.

Abschließend sei noch auf den GrazerSammelband „Der orientalische Mensch undseine Umwelt“ hingewiesen, der sich anderenHochkulturen als jenen der Griechen und Römerwidmet und damit Neuland beschreitet91. Eine

Ein Überblick 23

85 Sallares, Robert, The Ecology of the Ancient Greek World (London 1991).86 Sallares, Ecology 46.87 Gallant, Thomas W., Risk and Survival in Ancient Greece. Reconstructing the Rural Domestic Economy (Cambridge UK 1991).88 Elliger, Winfried, Die Darstellung der Landschaft in der griechischen Dichtung (=Untersuchungen zur antiken Literatur und Geschichte

Bd 15, Berlin 1975); Carlsen, Jesper, Peter Orsted, Jens Erik Skydsgaard (Hgg.), Landuse in the Roman Empire (Rom 1994); Gargola,Daniel J., Land , Laws, & Gods: Magistrates and Ceremony in the Regulation of Public Lands in Republican Rome (Chapel Hill, 1995),vgl. dazu die Rezension von William H. Stiebing Jr. In EH 1997/2/1/121-13; Shipley, Graham und John Salmon, Human Landscapes inClassical Antiquity (London/New York 1996).

89 Frenzel, Burkhard, Ludwig Reisch und Mirjam M. Weiß (Hgg.), Evaluation of Land surfaces cleared from forests in the Mediterraneanregion during the time of the Roman empire (Stuttgart/Jena/New York 1994).

90 McNeill, Mountains of the Mediterranean World. dieses Werk ist eine Langzeitstudie von prähistorischer Zeit bis 1900, betrachtet aberdie Antike und vor allem auch die spätantike Transformation; Hughes, J. Donald, Deforestation, Erosion and Forest Management inAncient Greece and Rome. In: Journal of Forest History 26 (1982) 60-75. Meiggs, Russell, Trees and Timber in the AncientMediterranean World (Oxford 1982).

91 Scholz, Bernhard, Hannes D. Galter (Hgg.), Der Orientalische Mensch und seine Beziehungen zur Umwelt (= Grazer MorgenländischeStudien Bd. 2, Graz 1989).

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genauere Kenntnis der über die „Area-Studies“verstreuten, womöglich existierenden Arbeitenzur „antiken“ Umweltgeschichte etwa Indiensoder Chinas fehlt mir92. Einzig zu China kann aufeinige Aufsätze hingewiesen werden. Wieder istDonald Hughes, der mit einer vergleichendenAnalyse der Weltgeschichte beschäftigt ist, miteinem bemerkenswerten Aufsatz hervorgetre-ten93.

Wenn ein Werk von sich behauptet, eine Ein-führung in die Umweltgeschichte zu sein, darfman daraus keinesfalls schließen, daß es sich auchwirklich damit auseinandersetzt. GottfriedZirnsteins „Ökologie und Umwelt in der Ge-schichte“ etwa kennt kein einziges der hier ange-führten Werke, und so bleibt ihm nichts weiterübrig, als festzustellen, daß über die Naturver-hältnisse im alten Griechenland trotz mancherBemühungen nicht viel auszumachen sei94. SeineAusführungen beschränken sich auf wenigeSeiten, und man könnte über sie getrost hinweg-gehen, wenn der Autor nicht ein in deutschenLanden durchaus verbreitetes Buch geschriebenhätte, das – so das Vorwort – als Unterrichtstextder Universität Limburg in Maastricht konzipiertund wohl auch verwendet wird.

3.2.2 Mitteleuropäische agrarische Hoch-kulturen

Der eben erwähnte Gottfried Zirnstein widmetder mittelalterlichen Entwicklung weit mehrRaum als der Antike, und trotz seiner offensicht-lichen Verbindung zum Kreis jener, die an derersten deutschen, international besetztenUmweltgeschichte-Tagung in Bad Homburg 1988teilgenommen haben, kennt er auch den aus die-ser Tagung entstandenen Band „The SilentCountdown“ nicht, der sich – obzwarSammelband – durchaus auf hohem Niveau mitder Umwelt mitteleuropäischer Hochkulturenauseinandersetzt. Im Besonderen sind dabei jene

Beiträge zu nennen, die unter dem Übertitel„Agricultural and Sylvicultural Impacts“zusammengefaßt wurden und sich mit derSiedlungsgeschichte des 13. Jahrhunderts ebensoauseinandersetzen wie mit der Forstwirtschaft inUngarn ab dem 11. Jahrhundert95. Wenn aller-dings die Herausgeber in ihrer Einleitung meinen,„The study of environmental history is still in its infan-cy and many topics and relationshsips have still to beexplored.“ kann ich dies als Beschreibung der Situ-ation von 1990 nicht ganz nachvollziehen. Dazubedarf es nur des Blicks auf die Werke derHerausgeber selbst, ganz abgesehen von dennahezu unüberschaubar vielen Arbeiten zurUmweltgeschichte der Neuzeit. Gerade PeterBrimblecombe hat als einer der ersten in Europaden Versuch unternommen, die Luftverschmut-zung bis ins Mittelalter zurückzuverfolgen, undChristian Pfisters Klimageschichte der Schweizbeginnt zwar erst ab 1525, darf aber getrost alseines der Standardwerke dieser Richtung gelten96.

Besonders interessiert an Fragestellungen einerUmweltgeschichte im Zeitraum von 500 n.Chr.bis ca. 1500 n.Chr. hat sich die Mittelalter-Archäologie erwiesen. In einem jüngst erschienenKonferenzband erstreckt sich die Bandbreite derArbeiten von einer Untersuchung zu Nahrungund Medizin im merowingischen Frankenreich,die auf Anthimus basiert, bis zu archäozoologi-schen und archäobotanischen Überblicksdarstel-lungen97. Doch schon früher waren die Mittel-alterarchäologen an interdisziplinärer Grenzüber-schreitung interessiert, wie etwa eine breitgefächerte Festschrift aus dem Jahr 1990 beweist,in der unter anderem ein theoretisch interessanterAufsatz zu finden ist98. Die Entwicklung interdis-ziplinärer Diskussionen ist – da im universitärenKanon nicht verankert – auf Tagungen und dar-aus entstehende Sammelbände angewiesen. Auseiner solchen, von Mittelalterarchäologen veran-stalteten, entstand auch mein Aufsatz, der sichmit der Frage von Änderungen der materiellen

Was ist Umweltgeschichte?24

92 Zu Ägypten etwa : Hassan, Fekri A., Population Ecology and Civilization in Ancient Egypt. In. Crumley (Hg.), Historical Ecology 155-182.

93 Hughes, J. Donald, Mencius’ Prescriptions for Ancient Chinese Environmental Problems. In: ER 1989/13/3-4/15-28; Tucker, MaryEvelyn, The relevance of Chinese neo- confucianism for the reverence of nature. In: ER 1991/15/2/55-70; Hou Wenhui, Reflectionson Chinese Traditional Ideas of Nature. In: EH 1997/2/4/482-493.

94 Zirnstein, Gottfried, Ökologie und Umwelt in der Geschichte (Marburg 1994) 26.95 Brimblecombe, Peter, Pfister, Christian (Hgg.), The Silent Countdown (New York/Berlin/Tübingen 1990).96 Brimblecombe, Peter, The Big Smoke. A history of air pollution in London since medieval times (London 1987); Pfister, Christian,

Klimageschichte der Schweiz 1525-1860. Das Klima der Schweiz von 1525-1860 und seine Bedeutung in der Geschichte vonBevölkerung und Landwirtschaft (=Academica Helvetica 6, Bern 1988).

97 De Boe Guy, Frans Verhaege (Hg.), Environment and Subsistence in Medieval Europe. Papers of the “Medieval Brugge 1997“Conference Vol. 9 (Zellik 1997).

98 Morales Muniz, Arturo, Multiple Hypotheses, Unrefutable Theories. A Case sample from the Polcultive Theory. In: Schibler, Jörg (Hg.),Festschrift für Hans R. Stampfli. Beiträge zur Archäozoologie, Archäologie, Anthropologie, Geologie, und Paläontologie (Basel 1990)131-140.

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Lebensgrundlage von Siedlungen und ihrer Rollebei der Kontinuität und Diskontinuität dieserSiedlungen zwischen Spätantike und Mittelalterbeschäftigt99.

Eine ganz andere Art disziplinärer Grenzüber-schreitung findet statt, wenn anthropologischeAnsätze in die Geschichte übertragen werden.Rob Meens hat entlang der Überlegungen vonMary Douglas eine Interpretation mittelalterlicherReinheitsvorstellungen geliefert, die Beachtungverdient100.

Vieles, was unter den Titeln jüngerer Agrar-,Wirtschafts- und Sozialgeschichte vorliegt,beschäftigt sich durchaus mit ökologischenAspekten der Geschichte, wenngleich auch hierwieder anzumerken bleibt, daß eine ausführliche-re Beschäftigung mit den existierenden umwelthi-storischen Arbeiten vieles absichern und vielegeneralisierende Behauptungen verhindern könn-te. Eine in ihrer Gesamtheit durchaus beispielhaf-te Anstrengung ist der bereits 1983 von HermannKellenbenz herausgegebene Sammelband zumThema Wirtschaftsentwicklung und Umweltbe-einflussung vom 14.-20. Jahrhundert101. Beson-dere Beachtung verdienen die Arbeiten vonBruce Campbell, dessen fundierte Kenntnis derAgrargeschichte zu einer ökologischen Inter-pretation agrarischer Produktionsweisen viel bei-zutragen vermag102.

Neben der Untersuchung der für das VerhältnisMensch-Umwelt (oder, wie ich bevorzuge, dasVerhältnis Gesellschaft-Umwelt) wichtigen Land-wirtschaft als der charakteristischen Produktions-weise dieser Zeit treten schon bald Studien zurStadt im Mittelalter, die sich dem umwelthygieni-schen Ansatz verdanken, und erst in jüngerer Zeitist eine vermehrte theoretische Absicherung derUmweltgesichtspunkte zu bemerken.

Zum Stichwort der Generalisierung ist zumindestnoch Vito Fumagallis „Der lebende Stein“ alsBeispiel anzuführen, dem eine unzulängliche sol-che vorzuwerfen ist, was auch zu entsprechendenRezensionen geführt hat, sowohl von seiten deut-scher wie amerikanischer Umwelthistoriker.Denn ausgerechnet dieses Buch wurde aus demItalienischen sowohl ins Deutsche wie Englischeübersetzt103.

Anders liegt die Sache bei Daniel E. Vaseys„Ecological History of Agriculture 10.000 BC-AD 10.000“, die wegen ihres zeitlichen Rahmensauch an anderer Stelle dieses Überblicks erwähntwerden könnte. Dieses Buch fand, wenn auchsein fragmentarischer Aufbau und seine fehlendetheoretische Kohärenz – zu Recht, wie ich meine– bemängelt wurden, Anerkennung als Referenz-werk, vor allem was anthropologische Studien zurLandwirtschaft angeht. Es steht in einer Reihemit zahlreichen Werken, die ebenso generalisie-rende Darstellungen beinhalten, zur Situation deseuropäischen Mittelalters – wohl auch wegenmangelnder Kenntnis von Quellen und Literatur– wenig beizutragen haben, dennoch aber für dieallgemeinere Frage einer vergleichenden Analyseagrarischer Hochkulturen ihren Wert haben104.

Für das europäische Mittelalter, eine Zeit deragrarischen Hochkultur im gemäßigten Klima,erschien vor einigen Jahren auch ein von AlbertZimmermann und Andreas Speer herausgegebe-ner Sammelband mit durchaus unterschiedlichen,insgesamt aber sehr anregenden Beiträgen.Arbeiten wie jene von Marie Bláhová könnendurch ihre genaue Quellenkenntnis, die nur durchintensive Beschäftigung mit einem solchenKorpus zu erhalten ist, den Umwelthistorikernviel Arbeit abnehmen und ihnen einen solchenQuellenbestand erschließen. Um eine Umweltge-schichte des Mittelalters zu schreiben, ist das

Ein Überblick 25

99 Winiwarter, Verena, Siedlungskontinuität als Frage des Stoffdurchsatzes? Zum Umgang von Gemeinschaften mit Natur. In:Schmaedecke, Michael (Bearb.), Ländliche Siedlungen zwischen Spätantike und Mittelalter. Beiträge zum Kolloquium in Liestal(Schweiz) (= Archäologie und Museum 33, 1995) 119-124.

100 Meens, Rob, Pollution in the early middle ages: the case of the food regulations in penitentials. In: Early Medieval Europe 4 (1995) 3-19. Er bezieht sich konzeptuell auf Douglas, Mary, Reinheit und Gefährdung. Eine Studie zu Vorstellungen von Verunreinigungen undTabu. (Frankfurt a.M. 1988) engl. Original 1966.

101 Kellenbenz, Hermann (Hg.), Wirtschaftsentwicklung und Umweltbeeinflussung (14.-20. Jahrhundert) (=Beiträge zur Wirtschafts- undSozialgeschichte 20, Wiesbaden 1983).

102 Campbell, Bruce M.S., Overton, Mark (Hgg.), Land, labour and livestock: historical studies in European agricultural productivity(Manchester/New York 1991); Campell, Bruce M.S., Ecology versus Economics in Late Thirteenth- and Early Fourteenth centuryEnglish Agriculture. In: Sweeney, Del (Hg.), Agriculture in Medieval Europe (Philadelphia 1995) 76-110. Auch die älteren Arbeiten die-ser Tradition sind lesenswert, z.B.: Fox, H.S.A., Some ecological dimensions of medieval field systems. In: Biddick, Kathleen (Hg.),Archaeological approaches to Medieval Europe (Kalamazoo 1984) 119-158.

103 Fumagalli, Vito, Der lebende Stein. Stadt und Natur im Mittelalter (München 1989) ital. Originalausgabe Bologna 1988, Rezensionen:Bernd Herrmann In: Historische Zeitschrift 254 (1992) 710-11; Diego Moreno, Rezension Vito Fumagalli, Landscapes of Fear:Perceptions of Nature and the City in the Middle Ages (Cambridge 1994). In: EH 1996/1/1/123-24.

104 Vasey, Daniel E. An Ecological History of Agriculture, 10.000 B.C. - A.D. 10.000 (Ames 1992) Rezension: Mart Stewart In: EH1996/1/3/91-92. Grigg, David, Population Growth and Agrarian Change. An Historical Perspective (=Cambridge GeographicalStudies 13, Cambridge/London/New York/New Rochelle/Melbourne/ Sydney 1980) Smil, Vaclav, Energy in World History (NewYork 1994), ders. Cyles of Life: Civilization and the Biosphere (Scientific American Library Series 63) 1997. Ähnlich gelagerte Werkegibt es noch zahlreiche weitere.

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sicher noch zu wenig, aber es wäre ein guterAnfang105. Die „Natur“ oder auch die „Umwelt“kommt in diesen Arbeit als Inhalt von Textenmittelalterlicher Quellen vor, und nicht als einebiologisch zu verstehende Grundbedingungmenschlichen Daseins. Darin sind diese Texteeiner bereits viel älteren Form der Hermeneutikverhaftet, in der Natur in Texten zwar interpre-tiert, nie aber über diese hinaus betrachtetwird106.

Ganz anders geartet sind die Versuche von BerndHerrmann, mit Sammelbänden interdisziplinäreZugänge zur Umweltgeschichte des Mittelalterszu eröffnen. Herrmann hat in dieser Hinsichtsicher Pionierarbeit geleistet, doch sind die Texteeher zur Einführung denn als Arbeitshilfsmittel

konzipiert. Die Schriftquellen des Mittelalters unddessen „Mentalität“ spielen in diesen Beiträgenbei allem Verständnis der interdisziplinärenSchwerpunktsetzung für mich eine zu geringeRolle107. Auch bei diesen Arbeiten ist merkbar,daß die Rezeption der angelsächsischenFachliteratur kein vorrangiges Ziel war und ist.Bernd Herrmann hat aber für die Entwicklungder Umweltgeschichte in Europa viel getan, unddie Göttinger Sommerschule war sicher einMeilenstein in der universitären Entwicklung desFaches108.

In Frankreich hat sich André Guillerme, interdis-ziplinär ausgebildet und auf Städte spezialisiertGedanken über das Verhältnis der Stadt zumWasser gemacht und die Entwicklung der städti-

Was ist Umweltgeschichte?26

105 Bláhová, Marie, Natur und Naturerscheinungen. Ihre Zusammenhänge in der böhmischen Geschichtsschreibung der Premyslidenzeit(831-850), Grieco, Allen J., The Social Order of Nature and the Natural Order of Society in Late 13th - Early 14th Century Italy (898-907), Heimann, Heinz-Dieter, Der Wald in der städtischen Kulturentfaltung und Landschaftswahrnehmung. Zur Problematik des kultu-rellen Naturverhältnisses als Teil einer Umwelt- und Gesellschaftsgeschichte des Mittelalters und der frühen Neuzeit (866-881), Köhler,Theodor Wolfram, Anthropologische Erkennungsmerkmale menschlichen Seins. Die Frage der „Pygmei“ in der Hochscholastik (718-735), Walther, Helmut G., Wasser in Stadt und Contado. Perugias Sorge um Wasser und der Flußtraktat „Tyberiadis“ des PerusinerJuristen Bartolus von Sassoferrato (882-897) Alle In: Zimmermann, Albert, Speer, Andreas (Hg.), Mensch und Umwelt im Mittelalter(=Miscellanea mediaevalia 21, Berlin 1991).

106 Vgl. hiezu beispielsweise Stürner, Wolfgang, Natur und Gesellschaft im Denken des Hoch- und Spätmmittelalters (=Stuttgarter Beiträgezur Geschichte und Politik, ed. Martin Greiffenhagen, Eberhard Jäckel und August Nitschke, Bd. 7, Stuttgart 1975).

107 1986 Herrmann, Bernd (Hg.), Mensch und Umwelt im Mittelalter (Stuttgart 1986): Arnold, Klaus, Die Einstellung zum Kind imMittelalter, 53-64; Behre, Karl-Ernst, Die Ernährung im Mittelalter. 74-87; Boockmann, Hartmut, Das Leben in städtischen Häusernum 1500, 194-206; Denecke, Dietrich, Straße und Weg im Mittelalter als Lebensraum und Vermittler zwischen entfernten Orten, 207-223; Dirlmeier, Ulf, Zu den Lebensbedingungen in der mittelalterlichen Stadt: Trinkwasserversorgung und Abfallbeseitigung, 150-159;Ennen, Edith, Die Frau in der mittelalterlichen Stadt, 35-52; Erdmann, Wolfgang, Das mittelalterliche Stadthaus. Bemerkungen zuForm und Funktion anhand Lübecker Beispiele, 170-179; Grupe, Gisela, Umwelt und Bevölkerungsentwicklung im Mittelalter, 24-34;Herrmann, Bernd, Parasitologische Untersuchung mittelalterlicher Kloaken, 160-169; Hillebrecht, Marie-Luise, Eine mittelalterlicheEnergiekrise, 275-283; Janssen, Walter, Mittelalterliche Gartenkultur. Nahrung und Rekreation, 224-256; Kammeier-Nebel, Andrea,Wenn eine Frau Kräutertränke zu sich genommen hat, um nicht zu empfangen... Geburtenbeschränkung im frühen Mittelalter, 65-73;Keil, Gundolf, Seuchenzüge des Mittelalters, 109-128; Möller-Christensen, Vilhelm, Umwelt im Spiegel der Skelettreste vom KlosterAebelholt, 129-139; Sage, Walter, Aspekte der Mittelalter-Archäologie, 10-23; Schubert, Ernst, Der Wald: wirtschaftliche Grundlage derspätmittelalterlichen Stadt, 257-274; Schütte, Sven, Zu Architektur und Funktion des mittelalterlichen Bürgerhauses inNordwestdeutschland unter besonderer Berücksichtigung von Beispielen aus Göttingen, 180-193; Willerding, Ulrich,Landwirtschaftliche Produktionsstrukturen im Mittelalter, 244-257; Winter, Johanna Maria van, Kochen und Essen im Mittelalter, 88-100; Wurm, Helmut, Körpergröße und Ernährung der Deutschen im Mittelalter, 101-108; Zimmermann, Volker, Ansätze zu einerSozial- und Arbeitsmedizin am mittelalterlichen Arbeitsplatz, 140-149.1988 Herrmann, Bernd, Sprandel, Rolf (Hg.), Die Bevölkerungsentwicklung des europäischen Mittelalters. Das wirtschaftsgeographi-sche und kulturelle Umfeld In: Saeculum 39 (1988): Brimblecombe, Peter, Climate Conditions and Population Development in theMiddle Ages, 141-147; Herrmann, Bernd, Sprandel, Rolf, Einführung, Auswertung und Zusammenfassung, 106-109; Remmert,Hermann, Energiebilanzen in kleinräumigen Siedlungsarealen, 110-118; Steuer, Heiko, Zur Berechnung von Bevölkerungsgröße undBevölkerungsentwicklung in einer Siedlungslandschaft der Merowingerzeit, 119-127.1989 Herrmann, Bernd (Hg.), Umwelt in der Geschichte (Göttingen 1989): Achilles, Walter, Umwelt und Landwirtschaft in vorindustri-eller Zeit, 77-88; Becker, Cornelia, Die Nutzung von Tieren im Mittelalter zwischen Elbe und Oder, 7-25; Düwel, Klaus, ÜberNahrungsgewohnheiten und Tischzuchten des Mittelalters, 129-149; Heine, Günter, Umweltbezogenes Recht im Mittelalter, 111-128;Küster, Hansjörg, Mittelalterliche Eingriffe in Naturräume des Voralpenlandes, 63-76; Lange, Elsbeth, Aussagen botanischer Quellenzur mittelalterlichen Landnutzung im Gebiet der DDR,. 26-39; Nitz, Hans-Jürgen, Mittelalterliche Moorsiedlungen. AgrarischeUmweltgestaltung unter schwierigen naturräumlichen Voraussetzungen, 40-62; Troitzsch, Ulrich, Umweltprobleme im Spätmittelalterund in der Frühen Neuzeit aus technikgeschichtlicher Sicht, 89-110.1994 Schubert, Ernst, Herrmann, Bernd (Hg.), Von der Angst zur Ausbeutung (Frankfurt a.M. 1994):Boockmann, Hartmut, Erfahrene Umwelt - Deutschland in einem Reisebericht aus dem 15. Jahrhundert, 107-121; Denecke, Dietrich,Eingriffe der Menschen in die Landschaft - Historische Entwicklung - Folgen - erhaltene Relikte, 59-71; Düwel, Klaus, Wilde Natur -Höfische Kultur, 137-156; Saalfeld, Diedrich, Der Boden als Objekt der Aneignung, 72-92; Heine, Günter, Umweltschutzrecht aushistorischer Sicht - Vom Beginn der Neuzeit bis ins 20. Jahrhundert, 157-184; Schubert, Ernst, Scheu vor der Natur - Ausbeutung derNatur - Formen und Wandel des Umweltbewußtseins im Mittelalter, 13-58; Nitschke, August, Erde - Pflanzen - Tier - Wie Bauern imFrühen und Hohen Mittelalter die Welt wahrnahmen, 93-106.

108 Natur und Geschichte, Naturwissenschaftliche und historische Beiträge zu einer ökologischen Grundbildung, Materialienband derSommerschule “Natur und Geschichte“ vom 14. bis 27. September 1989 an der Georg-August-Universität Göttingen (Göttingen 1989).

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schen Umwelt (vor allem hinsichtlich des Was-sers) von 300 nach Chr. bis 1800 beschrieben. Dasein Buch die hier interessierende Zeitspanneabdeckt, verweise ich an dieser Stelle darauf109.

Rolf Peter Sieferle meinte 1992, die umwelthygie-nische Geschichte werde in der Sozialgeschichteaufgehen, damit eine festgefügte „Sozialgeschich-te“ heraufbeschwörend, die es so natürlich nichtgibt. Die Chancen für den einer solchen sozialhi-storischen Betrachtung zugrundeliegenden um-welthygienischen Ansatz im Mittelalter sindgeringer. Das könnte als ein wesentlicher Vorteilgesehen werden, wenn man daran die Hoffnungauf dann nötige und erfolgende konzeptuelleInnovation knüpft. Sieht man die Beiträge zu denSammelbänden an, so läßt sich – neben den bio-logischen Arbeiten etwa von Willerding oderHerrmann selbst – eine Tendenz zu Themenabsehen, die am ehesten zur „Alltagsgeschichte“gezählt werden könnten, so etwa der Beitrag vonBoockmann über einen Reisebericht des 15. Jahr-hunderts oder die Aufsätze zu Nahrung undHeilkräutern. Meist ist überdies das Spätmittel-alter gemeint, wenn vom Mittelalter die Rede ist,bis zum Etikettenschwindel. Im Umkreis vonBernd Herrmann ist etwa auch eine Arbeit ent-standen, die weder konzeptionell noch inhaltlichüberzeugen kann, aber bereits (ich vermute,wegen der im Titel angekündigten Beschäftigungmit dem Mittelalter) einen beachtlichen Bekannt-heitsgrad erreicht hat110. Britta Padberg hat darinweder wirklich das getan, was sie im Titel behaup-tet, nämlich mittelalterliche Städte untersucht –vielmehr arbeitet sie fast ausschließlich mit früh-neuzeitlichem Material –, noch kann ihr„humanökologischer“ Zugang überzeugen, dadessen theoretische Ableitung unverbundenneben den quantitativen Beispielen steht. All-tagsgeschichte hat auch über das Mittelalter hin-aus durchaus Beiträge zu einer Umweltgeschichtezu leisten, vor allem wenn es um die Unter-suchung von Konsummustern und anderenumweltrelevanten Handlungen (wie etwa demPutzen) geht. Hierzu sei auf den originellen (aller-dings mit einer anderen Zeit befaßten) Beitragvon Adelheid von Saldern verwiesen111. Auf das

Verhältnis der Umweltgeschichte zur historischenAnthropologie als einer deutschsprachigenVariante der Sozial- und Alltagsgeschichte undnicht zu verwechseln mit der mehr archäologisch-biologisch bzw. ethnologisch geprägten Anthro-pology des englischen Sprachraumes wird nochzurückzukommen sein.

Untersucht man die Zustände in Städten, so sindauch für das Mittelalter umwelthygienische Heran-gehensweisen durchführbar, wie in denSammelbänden von Herrmann durch die BeiträgeUlf Dirlmeiers gezeigt wurde. Dirlmeier hat darü-ber hinaus an einem von Jürgen Sydow herausge-geben Sammelband mitgearbeitet, der die histori-sche Entsorgung und Versorgung von Städtenzum Thema hat, und damit über ein reinesVerschmutzungsparadigma hinausgehen könnte.Die Richtung, die Dirlmeier einschlägt, ist aller-dings eher jene der Verwaltungs- und Institu-tionengeschichte112. Die Erstellung einer umfas-senden „Umweltgeschichte der Stadt“ wird eherauf neuzeitlichem Quellenmaterial aufzubauenhaben und nicht von mittelalterlichen Zuständenausgehen, sondern diese eher über eine retrogradeMethode, d.h. zeitlich in immer ältere Quellen fort-schreitend, schlußendlich einbeziehen113.

Einer frühmittelalterlichen Umweltgeschichtesetzen die Schriftquellen Schranken, die ohnemethodisch noch zu erarbeitende Brückenschlägezu anderen Disziplinen kaum überwunden wer-den können. Diese Nähe zur Alltagsgeschichtehat sich aber bis dato nicht in einer Verortung imKontext der dortigen theoretischen Diskussionniedergeschlagen. Wieviel Material zur Alltags-kultur auch aus den Schriftquellen entnommenwerden kann, zeigt sich in einem Band der neuen„Geschichte Österreichs“, in dem Karl Brunneralles zusammenträgt, was zur „Lebensweise“Informationen liefern kann. Gerade in einemÜberblicksband ist ein solcher Versuch ein Risiko.Das Ergebnis zeigt, daß es sich gelohnt hat. Einesystematische Auswertung seiner Quellen mitumwelthistorischen Fragestellungen könnte einenAnsatzpunkt für weitergehende Analysen zurProduktionsweise des Frühmittelalters bieten114.

Ein Überblick 27

109 Guillerme, André E. The Age of Water. The Urban Environment in the North of France, A.D. 300-1800. (College Station, Texas1988), frz. Originalfassung 1983.

110 Padberg, Britta, Die Oase aus Stein. Humanökologische Aspekte des Lebens in mittelalterlichen Städten (Berlin 1996) zugl. GöttingenUniv.Diss. 1994.

111 Saldern, Adelheid von, Wie säubere ich einen Linoleumboden? In: Berliner Geschichtswerkstatt (Hg.), Alltagskultur, Subjektivität undGeschichte: zur Theorie und Praxis von Alltagsgeschichte (Münster 1994) 235-253.

112 Dirlmeier, Ulf, Die kommunalpolitischen Zuständigkeiten und Leistungen süddeutscher Städte im Spätmittelalter. In: Sydow, Jürgen(Hg.), Städtische Versorgung und Entsorgung im Wandel der Geschichte. Arbeitstagung in Villingen 3.-5. November(=Südwestdeutscher Arbeitskreis für Stadtgeschichtsforschung 18, Stadt in der Geschichte 8, Sigmaringen 1981) 113-150.

113 vgl. hiezu Winiwarter, Verena, Plädoyer für eine Umweltgeschichte der Stadt, in: Pro Civitate Austriae. Informationen zurStadtgeschichtsforschung in Österreich, NF Heft 3 (1998) 7-15.

114 Brunner, Karl, Herzogtümer und Marken. Vom Ungarnsturm bis ins 12. Jahrhundert. (=Österreichische Geschichte 907-1156, ed.Herwig Wolfram, Wien 1994).

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Ein ausführlicher Aufsatz, der den islamischenKulturkreis und die Rezeption von islamischenTraditionen der Agrarökologie detailliert beleuch-tet, gibt ein methodisch wie inhaltlich überzeu-gendes Beispiel für eine gelungene Arbeit ab115.K. Butzer untersucht darin jene Tradition, die erfür eine der ältesten Wurzeln des ökologischenDenkens hält. Nach ihm ist nicht die Geographie,sondern die (antike) Agrarwissenschaft konzeptu-elle Vorgängerin der Ökologie. Er sieht seineArbeit als „Korrektur“ der üblichen Wissen-schaftsgeschichte, eine Form der Selbstdefinition,die wir auch bei anderen umwelthistorischSchreibenden immer wieder antreffen. ButzersInteresse an der arabischen Tradition hat mit sei-nen Feldforschungen in Spanien zu tun, beidenen er, wie er sagt, von bäuerlichem Erfah-rungswissen beeindruckt wurde. Im weiteren lie-fert er dann nicht nur eine ausführliche und luzi-de Darstellung der antiken Agrartradition, son-dern auch eine Diskussion der wechselseitigenEinflüsse arabischer und europäischer Agrar-wissenschaft. Diese ist wohl eher wirklich vonwissenschaftsgeschichtlichem Interesse, seineAusführungen zur Bodenkunde des Ibn al-Awwâm sind aber für eine historischeBetrachtung des Wissens über Böden als einesökologischen Grundlagenwissens sehr nützlich.

Umweltrecht, welches sich wegen der meistbesonders guten Überlieferungssituation und derfür räumliche und zeitliche Vergleiche geeignetenQuellen für eine umwelthistorische Unter-suchung anbietet, wurde auch für das Mittelalter– wenngleich nicht unter interdisziplinärenFragestellungen – untersucht116.

Während die Umweltgeschichte von Agrarge-sellschaften temperierter Zonen – auch die derPueblo-Indianer würden in diese Kategorie fallen– in der amerikanischen Historiographie eherdünn gesät ist, hat die Renaissance, die als wesent-liche Veränderung in der Mensch-Umwelt-Beziehung gedeutet wird, eine Reihe von Autorenbeschäftigt. Damit übernehmen die Umwelt-historiker eine ursprünglich kunsthistorische

Periodisierung, ohne dies zu reflektieren. Sie ver-suchen, Änderungen der Wirtschaftsweise in derangesprochenen Zeit vorwiegend ideengeschicht-lich zu erklären. Die „Meilensteine“ einer solchenBetrachtung sind der Beginn der neuzeitlichenLandschaftswahrnehmung, die mit dem Aufstiegvon Petrarca auf den Mt. Ventoux und mit derEntwicklung der perspektivischen Landschafts-malerei verbunden wird, und die Entwicklung dercartesianischen Wissenschaft, zweiteres schonlange ein wichtiges Thema der Wissenschafts-geschichte. Je nach Neigung der Autoren wirddabei entweder die Bedeutung des cartesianischenSystems dafür, daß anschließend an seineEntwicklung die Welt nach dem Muster desabstrakten Denkens „neu“ geschaffen und damitauf vorher nie gekannte Weise geformt wurde,und die negativen Folgen dieser „Wende“ hervor-gehoben117, oder aber die Wurzeln der neuzeitli-chen Wissenschaft auch als Wurzeln der mögli-chen Lösung der neuzeitlichen Übel darge-stellt118. Eine Synthese aus materieller Ökonomie(die wichtiger für die Umwelteinflüsse anthropo-gener Systeme ist als die Geldökonomie), agrari-scher Innovation und Ideengeschichte würde dieMöglichkeit schaffen, aus diesen beiden Denk-richtungen auszuweichen und ein gänzlich ande-res Bild der Renaissance zu zeichnen. Eine solcheArbeit ist mir aber leider nicht bekannt, sieht manvon der ausgezeichneten Fallstudie über dieBienen von Peter Burke einmal ab, in der – sehrkurz – auch die wissenschaftliche Diskussion sichverändernder Naturwahrnehmung wiedergege-ben wird119. Burke schließt mit einer Warnung analle, die die Veränderung der Mensch-Natur-Beziehung, die in Italien im 15. und 16.Jahrhundert in der bildenden Kunst sichtbarwurde, zu sehr verallgemeinern:

„In the Renaissance, the link between nature and societywas not ‘missing’. It was established by an argumentfrom ‘correspondence’ which we now see to have beenessentially circular. Social arrangements were projectedonto nature, and this socialized or domesticated naturewas in turn invoked to legitimate society by ‘naturali-zing’ it. In the seventeenth century, however, the link

Was ist Umweltgeschichte?28

115 Butzer, Karl W., The Islamic Traditions of Agroecology: Crosscultural Experience, Ideas and Innovations. In: Ecumene 1 (1994) 7-49.116 Vgl. z.B. Schneidmüller, Bernd, Städtische Umweltgesetzgebung im Spätmittelalter. In: Calliess, Jörg, Jörn Rüsen, Meinfried Striegnitz

(Hg.), Mensch und Umwelt in der Geschichte (Pfaffenweiler 1989) 119-138. sowie Heine, Günter, Umweltbezogenes Recht imMittelalter. In: Herrmann (Hg.), Umwelt in der Geschichte 111-128.

117 Ein besonders einprägsames Beispiel für die pessimistische Variante: Evernden, Neil, The Social Creation of Nature (Baltimore 1992),vgl. auch die Rezension von Patrick Allitt in EHR 1993/4/95-97.

118 William G. Palmer, Environment in Utopia: History, climate and time in renaissance environmental thought. In: ER 1984/8/2/162-178;John Opie, Renaissance origins of the environmental crisis. In: ER 1987/11/1/2-18; Alfred W. Crosby, A Renaissance Change inEuropean Cognition. In: EHR 1990/14/1-2/19-32.

119 Burke, Peter, Fables of the Bees. A Case Study in Views of Nature and Society In: Teich et al. (Hgg.), Nature and Society 112-123. Zuden Kontinuitäten der Umweltbeziehungen im normativen Material: Jaritz, Gerhard, Verena Winiwarter, On the Perception of Naturein Renaissance Society, In: Teich et al.(Hgg.), Nature and Society 91-111.

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snapped, in the sense that some observers became suspi-cious of particular correspondences, while others challen-ged the whole system and ‘demoralized’ the universe.120“

Für die Renaissancediskussion liegt mit der Arbeitvon Ruth und Dieter Groh zu Petrarcas Aufstiegauf den Mt. Ventoux überdies eine kritischeBeleuchtung vor, in der sie zeigen, daß dieBesteigung einen ganz bestimmten Platz in derdurch den Autor konstruierten Autobiographieeinnimmt, und daß die Besteigung selbst nur denHintergrund für eine Reflexion der Schriften desAugustinus darstellt121. Dies bedeutet, daß mitdieser Quelle der epochale Wandel zur Land-schaftsvorstellung der Renaissance keinesfalls zubelegen ist.

Die Frage nach den jüdisch-christlichen Ursprün-gen der heutigen Umweltkrise wurde schonfrüher als die nach den Ursprüngen derUmweltanschauung in der Renaissance gestelltund sie findet sich auch heute noch inDiskussionen der Umweltethik wieder122. In bei-den Fällen werden zentrale Texte als wichtigeMeilensteine einer Entwicklung definiert, wobeidie Textkritik zu wünschen übrig läßt.

Für die Diskussion der jüdisch-christlichenWurzeln hat Baird Callicott, die wichtige Literaturzusammenfassend, eine textkritische Darstellungvorgelegt, in der die verschiedenen textlichenTraditionen der Genesis diskutiert werden123.Nichtsdestotrotz bleibt die von Lynn White Jr. alsTischrede bei einer Weihnachtsfeier der AAAS(American Association for the Advancement ofScience, Herausgeber der Zeitschrift Science)gehaltene und nachher in dieser Zeitschrift publi-zierte provozierende Analyse der „HistoricalRoots of Our Ecological Crisis“ ein oft wiederzitierter und auch ins Deutsche übersetzter zen-traler Text der Umweltdiskussion, wie zweifelhaftseine historischen Analysen auch sein mögen124.

In zeitlicher Abfolge wäre nun der Zeitraum vonca. 1450 bis etwa 1850 zu diskutieren. Da dieEinteilung hier aber bewußt nach Kriterien derCharakteristika von Produktionsweisen vorge-nommen wurde, folgt der Darstellung der agrari-schen Hochkulturen der temperierten Zonezunächst der Bericht über die umwelthistorischeDiskussion des „Zeitalters der Entdeckungen“,d.h. die Fokussierung auf andere Gebiete alsEuropa, um daran anschließend die Periode vonetwa 1450 bis 1850 in Europa zu diskutieren.

3.2.3 Die Produktionsweise der Kolonisation

Betrachtet man die Eroberung und Koloni-sierung von Territorien außerhalb des eigenenStaatsgebietes und in anderen Klimazonen einmalvom materiellen Standpunkt, dann wird klar, daßKolonisation eine ganz bestimmte Form derRessourcenökonomie – und damit eine bestimm-te Produktionsweise – darstellt. Zu diesemThema sind sehr viele Arbeiten geschrieben wor-den, und ich verweise nur auf einige wenige jün-gere Arbeiten dazu. Gerade auf diesem Gebiet istes wichtig, nicht nur die aus der Aufarbeitung derkolonialen Vergangenheit durch britischeHistoriker resultierenden Forschungen, sondernauch die neuerdings vermehrt veröffentlichtenStudien aus der Sicht von Forschern aus den ehe-maligen Kolonien zu berücksichtigen. Aus denDifferenzen der Sichtweisen läßt sich viel vondem heutigen Kontext der Forschendenerschließen. Neben der monumentalen Mono-graphie von Richard Grove125 und der gerade fürEuropäer spannenden Umweltgeschichte Indiens,die unter Mitarbeit von Ramchandra Guha, demführenden Umwelthistoriker des Landes, entstan-den ist126, ist auf das bereits unter denStrukturierungsmöglichkeiten erwähnte kritischeBuch von David Arnold127 zu verweisen, derauch die imaginierten Geographien der Kolonienzum Thema macht. „Klassiker“ dieser Richtung

Ein Überblick 29

120 Burke, Fables 120.121 Groh, Ruth, Dieter Groh, Petrarca und der Mont Ventoux, In: Die Außenwelt der Innenwelt. Zur Kulturgeschichte der Natur Bd. 2,

(Frankfurt a.M. 1996) 17-84.122 Auf dem Gebiet der Umweltethik wird sehr viel publiziert. Es kann hier nicht referiert werden. Eine Verbindung zwischen Ethik und

Landwirtschaft stellt Thompson, Paul B., The Spirit of the Soil. Agriculture and Environmental Ethics (London 1995) her, dessen Werkhier stellvertretend und als Einführung genannt wird.

123 Callicott, J. Baird, Genesis Revisited: Murian Musings on the Lynn White, Jr. Debate. In: EHR 1990/14/1-2/65-92. Der Schwerpunktdes Aufsatzes liegt allerdings auf John Muir, einem der Vorläufer der amerikanischen Umweltbewegung.

124 White, Lynn, Jr., The Historical Roots of Our Ecologic Crisis.In: Science, 155, 3767 (10 March) 1967, 1203-1207.125 Grove, Richard H., Green Imperialism. Colonial Expansion, Tropical Island Edens and the Origins of Environmentalism, 1600-1680

(Cambridge 1995). Einige der Thesen dieser Monographie sind auch in einer populären Kurzfassung zugänglich: Grove, Richard H.,Origins of Western Environmentalism. In: Scientific American, 267 (1. Juli 1992) 42-47. dt.: Grove, Richard H., Die Anfänge desUmweltbewußtseins. In: Spektrum der Wissenschaft (Sept. 1992) 76-81. Das neueste Buch von Grove (eine Aufsatzsammlung) befaßtsich auch mit dem Zusammenhang zwischen Kolonisierung und dem globalen Atmosphären/Ozean-Phänomen des El Niño: Grove,Richard H., Ecology, Climate and Empire: Studies in Colonial Environmental History (Cambridge 1998).

126 Gagil, Madhav, Guha, Ramachandra, This Fissured Land: an Ecological History of India (Delhi 1992).127 Arnold, The Problem, dort auch weitere einführende Literaturhinweise.

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ist sicher Alfred Crosby128, der auch in demSammelband von Donald Worster nebenTimothy Weiskel und Richard Tucker einenBeitrag zum Kapitel „The European Invasion“verfaßte. Crosby beschäftigt sich darin, auf dieKolonisation der beiden Amerikas aufbauend,mit einer allgemeineren Perspektive, währendTucker die Entwaldung im kolonialen Indien zumGegenstand nimmt und Weiskel über dieTransformation der Elfenbeinküste im Gefolgeder Kolonisation berichtet129. Nordamerika-nische Umwelthistoriker beschäftigen sich sehrintensiv mit den Folgen der Kolonisation, auchüber den amerikanischen Fall hinaus130. Diebalancierte Darstellung und die Berücksichtigungder Komplexität des Prozesses machten WilliamCronons „Changes in the Land“ über dieVerhältnisse in New England zu einem derberühmtesten, und wohl auch besten Bücher zudiesem Thema131. Auf Carolyn Merchants„Ecological Revolutions“ wurde bereits hinge-wiesen, sie diskutiert nach der „colonial revoluti-on“ auch die „capitalist revolution“ als zwei auf-einanderfolgende Prozesse132. In der Zeitschrift„Environment and History“ sind Beiträge zurUmweltgeschichte der Kolonisation in fast jederAusgabe zu finden133. Eine sehr materialreicheArbeit zu Tansania läßt sich zwar, weil sie vonarchäologischem Material ausgeht und bis in dieGegenwart führt, nicht nur als Arbeit zurProduktionsweise der Kolonisation einordnen,doch soll sie hier Erwähnung finden, weil dieTransformation der Landschaft, die der Autorherausarbeitet, zu den zeitlich enger gefaßtenStudien paßt134.

Auch Sklavenwirtschaft ist, wenn sie auf derNutzung von Gefangenen aus anderen Territo-rien beruht, eine Form der Kolonisation, da siedie Reproduktion der Arbeitskräfte auslagert.Gleiches gilt für die Sklavenwirtschaft mitEinheimischen, in der ja die Erträge von denKolonisatoren abgeschöpft werden. Ein Gutteilder Menschheitsgeschichte könnte in dieseKategorie fallen, auch die zuvor erwähntenArbeiten zur Umweltgeschichte der römischenAntike könnten hier wieder erwähnt werden.Doch es gibt einige wenige Arbeiten, die sichdezidiert und spezifisch mit der Ökologie derSklavenwirtschaft auseinandersetzen. Vor allemanderen ist hier auf das bereits zitierte Buch vonMart Stewart hinzuweisen, der in „What NatureSuffers to Groe“ eine umfassende, von denArgumentationsstrukturen der Sklavenhalter –das Klima sei Weißen nicht zuträglich, sie würden,müßten sie arbeiten, erkranken – bis hin zuFragen der Kompetenz der Sklaven, die die Tech-nik des Naßreisfeldbaues weit besser beherrsch-ten als ihre Herren, und der Beschreibung derentstehenden Kulturlandschaft, in der dieZwischenräume der Plantagenwirtschaft für dieSubsistenz der Sklaven genutzt wurden, eine sehrdetailreiche und auch – welch eine Wohltat für einwissenschaftliches Werk – spannende und gut les-bare Studie vorgelegt hat135.

3.2.4 Die Zeit der agrarischen Innovationenin Europa

Ob man mit Carolyn Merchant der Ansicht ist,daß neue Produktionsweisen neue gedanklicheKonstruktionen von Natur zur Folge haben, oder

Was ist Umweltgeschichte?30

128 Crosby, Alfred W., Ecological Imperialism. The Biological Expansion of Europe, 900-1900 (Cambridge 1986).129 Crosby, Alfred W., Ecological Imperialism: The Overseas Migration of Western Europeans as a Biological Phenomenon,103-117;

Tucker, Richard P., The Depletion of India’s Forests under British Imperialism: Planters, Foresters, and Peasants in Assam and Kerala,118-140; sowie Weiskel, Timothy C., Toward an Archaeology of Colonialism: Elements in the Ecological Transformation of the IvoryCoast, 141-174; alle in: Worster, Ends.

130 Vgl. hiezu auch Crumley, Carole L. The Ecology of Conquest. Contrasting Agropastoral and Agricultural Societies’ Adaptation toClimate Change. In: dies. (Hg.), Historical Ecology (Santa Fe 1994).

131 Cronon, William, Changes in the Land: Indians, Colonists, and the Ecology of New England (New York 1983); vgl. auch denTeilabdruck in Merchant, Major Problems, unter dem Titel “Lands for Markets“, 152-157.

132 Merchant, Ecological Revolutions.133 Ich nenne nur einige der mir am interessantesten erscheinenden Arbeiten aus Environment and History: McGregor, JoAnn,

Conservation, Control and Ecological Change: The Politics and Ecology of Colonial Conservation in Shurugwi, Zimbabwe. In: E&H1995/1/3/257-280; Rangarajan, Mahesh, Environmental histories of South Asia: A Review Essay. In: E&H 1996/2/2/129-144;Sivaramakrishnan, K., The Politics of Fire and Forest Regeneration in Colonial Bengal. In: E&H 1996/2/2/145-194; Munshi, Indra,Saldanha Colonialism and Professionalism: A German Forester in India In: E&H 1996/2/2/195-220; Lindskog, Per, Degrading Land:An Environmental History Perspective of the Cap Verde Islands. In: E&H 1996/2/3/271-290.Aber auch die Zeitschrift Environmental History resp. ihre Vorläufer haben - wenn auch in geringerem Ausmaß, zu dieser Diskussionbeigetragen: Delson, Roberta M., John Dickenson, Conservation tendencies in colonial and imperial Brazil. In: EHR 1984/8/3/270-283; Hill, Christopher V., Water and Power: Riparian Legislation and Agrarian Control in Colonial Bengal. In: EHR 1990/14/4/1-22;MacCameron, Robert, Environmental Change in Colonial New Mexico. In: EHR 1994/18/2/17-40.

134 Schmidt, Peter R., Historical Ecology and Landscape Transformation in Eastern Equatorial Africa,. In: Crumley, Carole L. (Hg.),Historical Ecology (Santa Fe 1994) 99-125.

135 Stewart, Mart A., What Nature Suffers to Groe. Life, Labor, and Landscape on the Georgia Coast, 1680-1920 (Athens 1996).

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ob man die Kausalbeziehung umkehrt wie in derDiskussion der cartesianischen Wende, ob manvon Wechselwirkungen sprechen möchte oder all-gemeinere Formulierungen wie jene gegenseitigerBedingtheiten wählt136, irgendeine Form derBeziehungen von Denken und Handeln nimmtman an. So hat die Umweltgeschichte eineBeziehung zur Geschichte der Mentalitäten undzu bestimmten Richtungen der historischenAnthropologie. Das eine mit dem anderen zu ver-wechseln oder eines als dem anderen übergeord-net zu sehen ist damit aber nicht gerechtfertigt137.Mentalitäten bezüglich der Umwelt zu (re-)kon-struieren ist eine heikle Sache, wie sich an densehr unterschiedlich gelungenen Kurzdar-stellungen in Peter Dinzelbachers Überblickzeigt138.

Konnte in dieser Einleitung die Umweltge-schichtsschreibung über die Zeit vor 1450 nocheinigermaßen enzyklopädisch abgehandelt wer-den, so verbietet sich eine solche Vorgangsweisefür jüngere Zeiten aufgrund der Fülle publizierterArbeiten. So werden im folgenden einerseits dieBerührungspunkte und Unterschiede von ver-schiedenen Ansätzen diskutiert, andererseitsbeschränke ich mich auf neuere Arbeiten, dieexemplarisch für eine bestimmte Ausrichtung derUmweltgeschichte stehen. Für einen Überblicküber die erschienenen Arbeiten unter Einbe-ziehung der in Europa publizierten sind dieBibliographien in den Heften des EnvironmentalHistory Newsletter (EHN) – dessen Schicksal lei-der ungewiß ist – heranzuziehen, die amerikani-sche Literatur ist über die homepages der ASEH(Vgl. Kap.4.) leicht zugänglich. Einen gutenÜberblick gibt auch Mart Stewart in dem schonzitierten Aufsatz139.

Die geographisch orientierte Geschichtsschrei-bung der Annales hat die Umweltgeschichte und

die historische Anthropologie beeinflußt, undauch die Frage des Klimas ist in beiden Fächerndiskutiert worden140. Der Einfluß der histori-schen Geographie auf die Umweltgeschichts-schreibung ist in Ausmaß und Wirkung viel wich-tiger als deren Beziehungen zur „Mentalität“, des-halb werden sie in der Folge etwas ausführlicherdiskutiert. Das wesentliche Unterscheidungs-merkmal zwischen historischer Geographie undUmweltgeschichte ist die unterschiedlicheSichtweise der Natur. Während die Geographiesich am Makroskopischen orientiert und darin dieunbelebten Umweltfaktoren analysiert, bietet dieÖkologie, die als Leitwissenschaft der Umwelt-geschichte zu sehen ist, einen Blick auf dieBeziehungsgefüge innerhalb der belebten Natur.Diese Darstellung vereinfacht insofern, als dieabiotischen Faktoren für Ökosysteme eine ent-scheidende Rolle spielen und daher in beidenWissenschaften diskutiert werden, und des weite-ren die historische Geographie in ihrer Analyseder landschaftlichen Auswirkungen von histori-schen Bewirtschaftungssystemen oft einen ähnli-chen Forschungsgegenstand hat wie dieUmweltgeschichte141. Doch die prinzipielleUnterscheidung und Unterscheidbarkeit bleibtbestehen. Es verwirrt LeserInnen und Wissen-schaftssystematik gleichermaßen, wenn die histo-rische Geographie, vielleicht in Reaktion auf diegesellschaftliche Relevanz der Umweltdiskussion,in jüngerer Zeit dazu übergegangen ist, sich als„Umweltgeschichte“ zu bezeichnen. Doch auchhier sind die Grenzen fließend: Während IanSimmons als historischer Geograph in einemGrenzgebiet tätig ist, in dem beide Bezeich-nungen gelten dürfen142, wurde etwa HelmutJäger143 zu Recht vorgeworfen, die Literatur zumTitel seines Buches nicht zu kennen. Ehrlicherund wohl auch verständlicher ist es, von einerGeschichte der Landschaft zu sprechen, was inAnlehnung an Oliver Rackhams Standardwerk „A

Ein Überblick 31

136 Vgl. hiezu den schon zitierten Aufsatz von Leibhardt, Interpretation. In: ER 1988/12/17/23-36.137 Gert Dressel sieht in seiner Einführung die Beziehung Mensch-Umwelt als eines von vielen Themenfeldern der historischen

Anthropologie und widmet der Diskussion dieses Feldes danach 2 Seiten (152-154). Wenngleich es Berührungspunkte gibt, geht dieUmweltgeschichte als eigenes Fach über den Bezugspunkt “Mensch“ hinaus, indem sie Gesellschaften (bzw. deren dominierendeProduktionsweisen) analysiert, und braucht dazu eine Form der interdisziplinären Zusammenarbeit mit Naturwissenschaften, die für dieHistorische Anthropologie nicht nötig ist. Gert Dressel, Historische Anthropologie. Eine Einführung (Wien/Köln 1996).

138 Vgl. die Beiträge zu den Stichworten Natur/Umwelt und Raum in: Dinzelbacher, Peter (Hg.), Europäische Mentalitätsgeschichte(Stuttgart 1993).

139 Stewart, Old Directions, 1996.140 Für eine klimageschichtliche Arbeit im Bereich der historischen Anthropologie: Landsteiner, Erich, Bäuerliche Meteorologie. Zur

Naturwahrnehmung bäuerlicher Weinproduzenten im niederösterreichisch-mährischen Grenzraum an der Wende vom 18. zum 19.Jahrhundert. In: Historische Anthropologie 1 (1993) 43-62.

141 Auf die fließenden Grenzen hat J. Donald Hughes erst jüngst wieder aufmerksam gemacht: “It is hard to define the boundary betweenhistorical geography and environmental history.“ aus dem programmatischen Aufsatz “Wither Environmental History“ In: ASEH News8,3 (Herbst 1997) 1.

142 Simmons, Ian Gordon, Environmental History. A Concise Introduction (Oxford/Cambridge 1993).143 Jäger, Helmut, Einführung in die Umweltgeschichte. (Darmstadt 1994). Vgl. auch die früheren Arbeiten des Autors, die ihn immer wie-

der zur Zusammenarbeit mit Archäologen, Prähistorikern und Historikern geführt haben, z.B.: Jäger, Helmut, Bodennutzungssysteme(Feldsysteme) der Frühzeit. In: Beck, Heinrich (Hg.), Untersuchungen zur eisenzeitlichen und frühmittelalterlichen Flur in Mitteleuropaund ihrer Nutzung Bd. 2 (Göttingen 1980) 197-228. Rezension der “Einführung“ durch Rolf Peter Sieferle in E&H 1995/1/2/250-51.

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History of the Countryside“ zuletzt auchHansjörg Küster getan hat144. Wieder mag hierdie Botschaft stehen: Wir brauchen einander, aberwir machen nicht dasselbe. Die historische Geo-graphie ist, vergleicht man Fußnoten und kon-zeptuelle Nähe, für die europäische Umwelt-geschichte womöglich bestimmender gewesen alsfür die amerikanische. Diese Vermutung zu bele-gen und eine darauf aufbauende Analyse der sichdaraus ergebenden Differenzen zu unternehmen,muß weiteren Arbeiten vorbehalten bleiben.

Darüber hinaus ist berücksichtigen, daß dieGeographie selbst in den letzten Jahren einenWandlungsprozeß durchmacht und eine gegensei-tige Rezeption der neueren Arbeiten beiderFächer auf einer ganz anderen Ebene stattfindet:dort wo die Grundfragen von Zeit und Raumanstehen oder „imaginierte Geographien“ dasThema sind, eine Selbstreflexion geographischerZugänge stattfindet. Hier ist ein Austausch nichtnur zu erwarten, sondern findet bereits statt145.

Daß eine Interpretation der gesellschaftlichenBeziehungen zur Natur mit einer Analyse derenräumlicher Strukturen vieles an Gewicht undStärke gewinnt, ist einsichtig. Eine ausgezeichne-te und aus vielen Richtungen inspirierte geogra-phisch-historische Arbeit hat Jörn Sieglerschmidtjüngst in einem Überblicksband veröffentlicht.Auch wenn seine Arbeit nicht das Etikett„Umweltgeschichte“ mit sich herumträgt und –wohl auch der gebotenen Kürze halber – auf dieEinbeziehung amerikanischer Vergleiche146 ver-zichtet, halte ich die Arbeit in vieler Hinsicht fürbeispielhaft147. Die Auseinandersetzung zwischenGeographie und Geschichte beleuchtet der Autoran anderer Stelle auch allgemein148.

EXKURSSoziale Theorie in Zeit und Raum. Oder:Historische Geographie an der Oberflächeder Landschaft

Gerade war hier zu lesen davon, daß die Inter-pretation der gesellschaftlichen Beziehungen

durch die Analyse der räumlichen Struktur dieserBeziehungen an Gewicht und Stärke gewinnt,und man könnte diesen Satz beiläufig nickend zurKenntnis nehmen. Aber was steckt hinter diesemSatz? Es geht um eine sozialwissenschaftlicheTheorie, die sich explizit damit auseinandersetzt,wie Strukturen und Handlungen miteinander ver-woben sind, und wie Raum und Ort genauso wieGeschichte in diesem Gewebe produziert wer-den. Orte und Räume sind ebenso wie Geschich-te von der Gesellschaft produziert. Alle Prozessesozialer Strukturierung sind vom Kontext abhän-gig, und in diesem Fall ist der räumliche Kontextgemeint: Genauso wie Geschichte produziertwird, wird Raum gesellschaftlich konstituiert.Allan Pred, der aufbauend auf Anthony Giddens’Theorie der Strukturierung diese gesellschaftlicheKonstitution von Räumen als „construction ofhuman geographies“ bezeichnet hat, hat 1990 diehier referierten Überlegungen in seinem Buch„Making Histories and Constructing HumanGeographies“ ausgeführt149. Er versucht das, wasGiddens nur theoretisch formuliert hatte, inempirischen Studien anzuwenden, deren eine ichhier einerseits zur Verdeutlichung des Unter-schiedes zwischen historischer Geographie undUmweltgeschichte und andererseits zur Verdeut-lichung dessen, was für die Umweltgeschichtedaraus zu lernen ist, referiere.

Südschweden ist eine ziemlich flache Gegend, inder es um 1750 zahlreiche Dörfer gab, derenräumliche und soziale Struktur mit geringen Ab-weichungen ähnlich war. Auch das Bewirt-schaftungssystem, die Dreifelderwirtschaft, warüberall verbreitet. Bis 1850 wurde das Land einemgroßflächigen und sozial wie wirtschaftlich weit-reichenden Transformationsprozeß unterzogen,der „enskifte“, einem der englischen „enclosure“ähnlichen Prozeß der Grundzusammenlegungund dörflichen Neuorganisation, der damit ver-bunden ist, daß die Grundherrschaften versu-chen, die Allmende zu annektieren. Vorher sahdie Bewirtschaftung etwa so aus: Die in oft win-zige Parzellen geteilten, aber im Rahmen derDreifelderwirtschaft gleichartig bestellten Fluren

Was ist Umweltgeschichte?32

144 Rackham, Oliver, The History of the Countryside. The Classic History of Britain’s Landscape, Flora and Fauna (London 1996) [ErsteAuflage 1985]; Küster, Hansjörg, Geschichte der Landschaft in Mitteleuropa. Von der Eiszeit bis zur Gegenwart (München 1995).

145 Vergleiche dazu etwa das Heft “Macht-Wissen Geographie“ der ÖZG, darin insbesondere Harvey, David, Zeit und Raum im Projektder Aufklärung. In: ÖZG 6, 3 (1995) 345-365; Schwartz, Joan M., The Geography Lesson: photographs and the construction of imagi-native geographies. In: Journal of Historical Geography 11,1 (1996) 16-45.

146 Eine Landnutzungsgeschichte, die geographisch und historisch informiert ist, bieten Moore, Elizabeth H. and Jack W. Witham, FromForest to Farm and Back Again: Land Use History as Dimension of Ecological Research in Coastal Maine. In: EH 1996/1/3/50-69.

147 Sieglerschmidt, Jörn, Social and Economic Landscapes. In: Sheilagh Ogilvie (Hg.), Germany. A new Social and Economic History Bd. 21630-1800 (London/New York/Sydney/Auckland 1996) 1-38.

148 Sieglerschmidt, Jörn, Geschichte und Geographie. Überlegungen zur Integration zweier wissenschaftlicher Perspektiven. In: ItineraFasc. 17 (1994) 1-17.

149 Pred, Allan, Making Histories and Constructing Human Geographies (Boulder 1990).

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(„Flurzwang“) wurden immer im gleichenRhythmus bewirtschaftet. Ein Drittel der Flächelag brach, auf einem weiteren Drittel wurdeSommerfrucht, auf dem letzten Winterfruchtangebaut. Die Parzellen wurden nun zusammen-gelegt und neu zusammengefaßt einzelnen Höfenzugeteilt. Ein Teil der zu einem Dorf gehörendenFläche war zur gemeinschaftlichen Nutzung (i.A.als Weide) bestimmt, auch der Wald wurdegemeinsam genutzt. Diese „Allmenden“ wurdendurch die „enskifte“ einzelnen Höfen zugeordnetund damit direkt der grundherrschaftlichenAbschöpfung unterworfen. Diesen Transfor-mationsprozeß beschreibt Pred detailliert.Genauer gesagt: Mit dieser Veränderung verbun-dene Prozesse beschreibt er detailliert, sofern esdie geänderten räumlichen Anforderungen an dieBewirtschaftung betrifft. Des weiteren interessie-ren ihn die sozialen Beziehungen und deren Ver-änderung. Er findet nach der „enskifte“ größeresoziale Disparität zwischen arm und reich und dieHerausbildung größerer Hofbesitzer zu Teil-nehmern der Marktökonomie. Er beschreibt an-hand der lokalen Dialekte summarisch, wie ver-schieden die einzelnen Dörfer trotz aller Gleich-förmigkeit des Transformationsprozesses im De-tail doch waren und blieben. Das alles läßt einsehr anschauliches Bild von den mit der räumli-chen Veränderung verbundenen sozialen Ände-rungen entstehen, etwa wenn Pred schildert, daßkeine Gänse mehr auf der Allmende geweidetwerden können, weil es keine Allmende mehrgibt. Dadurch geht ein wichtiger sozialer Zusam-menhang verloren: Beim Zusammentreiben derGänse, einer einmal im Jahr durchgeführtengemeinschaftlichen Tätigkeit, die den Frauen vor-behalten war, kontrollierten ältere Frauen dieBrüste der unverheirateten Mädchen, um Anzei-chen einer verbotenen Schwangerschaft zu ent-decken. Diese Kontrolle hört – zumindest in derbeschriebenen Form – auf, als es Ort und Zeitnicht mehr gibt, die ihre Durchführung traditio-nell ermöglichten.

Dort aber, wo Preds Analyse aufhört, beginnendie umwelthistorischen Fragen. Er spricht vonLand verschiedener Qualität und von den örtlichverschiedenen Bezeichnungen für die feinenUnterschiede zwischen Bodenarten. Eine aufeinem Höhen- und Abflußmodell der Landschaftbasierende Karte, in der diese Bezeichnungen ein-getragen wären, vielleicht in Verbindung mit einergeologischen Karte, könnte viel über die lokalenUnterschiede der naturräumlichen Bedingungenaussagen, eine Differenzierung ermöglichen, diedann z.B. mit den Marktbeziehungen der großen

Bauern in verschiedenen Dörfern verbunden wer-den könnte, die Pred nur mit individuellenUnterschieden zu erklären versucht. Ob sich dar-aus ein konsistentes Bild ergäbe? Das kann nie-mand sagen, aber ich als Umwelthistorikerinwürde die Frage stellen. Was passiert mit denEntwässerungsgräben, die im Dreifeldersystemdurch die Notwendigkeit, daß jeder seine Parzelleerreichen mußte, nur vereinzelt angelegt werdenkonnten? Wird das Land trockener nach der „ens-kifte“? Das neue System ersetzte die Drei-felderwirtschaft mit ihrem Wechsel von Fruchtund Brache auf den in drei Fluren geteiltenFeldern durch neue, um die Höfe gruppierte Par-zellen, auf denen ein z.T. komplizierter, sechsfa-cher Fruchtwechsel ohne Brache betrieben wurde.Dabei kam einerseits marginales Land in Kultur,andererseits wurde die Zeit verkürzt, in der derBoden offen dalag. Wie veränderte dies dieErosion? Welche Veränderungen der Kultur-landschaft entstehen durch die neu angelegtenWegenetze? Was passiert mit alten Wegen undderen Randvegetation? Die Liste wäre fortzuset-zen. Genauso wenig wie über diese Fragen erfah-ren wir über die demographischen Veränderun-gen, außer der summarischen Mitteilung, daß esvor der „enskifte“ zu einem Bevölkerungswachs-tum vorher nicht gekannten Ausmaßes gekom-men war. Warum? Wodurch? Dies bleibt unbeant-wortet. Auf der räumlichen Ebene, auf der Predarbeitet, könnte man diese Fragen auch nichtbeantworten, weil man Parzelle für Parzelle dielokalen Mikrobedingungen feststellen muß, ausdenen dann ein Gesamtbild erhalten werden kann.Doch die Landschaft interessiert Pred nur an ihrerOberfläche, sie bestimmt etwa über Arbeitszeitenund -organisation durch die Schwere des Bodensund die Entfernung der Höfe von ihren Parzellen.Wie sich aber das Agrarökosystem – imGegensatz zur physischen und mentalenLandschaft – in der „enskifte“ verändert hat, dasist eine offene Frage für die Umweltgeschichte.

Dieser Exkurs schließt mit einem Nachsatz: WieMachtrelationen sich in Landschaft wiederfinden,daß soziale Zusammenhänge auch verschwindenkönnen, wenn man ihnen den Ort nimmt, an demsie sich konstituieren und rekonstituieren können,alles das ist für die Umweltgeschichte wichtig.Aber es gibt eine Reihe von Fragen, die eine ande-re Schwerpunktsetzung verlangen. Landschaft istüberdies, auch wenn es den Begriff schon längergibt, einem historischen Wandel an Zuschrei-bungen unterworfen, wie Rolf Peter Sieferle zeig-te. Er stellte einleitend fest: „Das moderneLandschaftsgefühl, das vielfach für das „natürliche“

Ein Überblick 33

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gehalten wird, ist ein historisches Phänomen. Es ent-stand im Übergang zum 18. Jahrhundert und gewannseine vertrauten Züge im 19. Jahrhundert.„150

Nun aber zu den Beziehungen zwischen Umwelt-geschichte und einem anderen wichtigen Fach.

Ebenso sehr wie von der Geographie ist dieumwelthistorische Forschung zum 15.-19.Jahrhundert in Europa durch Beiträge aus derAnthropology geprägt. An erster Stelle ist hier dieStudie von Robert McC. Netting zu nennen. DerAutor hat die Geschichte der Bevölkerung eben-so untersucht wie das Bewirtschaftungssystem ineinem kleinen Dorf in den Walliser Alpen.Törbel, so der Name des Ortes, ist zum Symbolder ökologischen Balance geworden, auch durchden Titel der Studie, die Netting „Balancing on anAlp“ genannt hat151. Zwei Ergebnisse sind es vorallem, die für umweltorientierte MikrostudienBedeutung haben: Die Bevölkerung in Törbelwird durch von der Dorfgemeinde entwickeltegesellschaftliche Regelungen einigermaßen kon-stant gehalten. „Keusche Geschwister“, die imHaushalt des Hoferben mitleben und mitarbeiten,sind in Törbel die Regel. Daneben gibt es nochweitere Maßnahmen der Bevölkerungsstabilisie-rung, wie längere Stillzeiten und Sexualtabus.Migration ist eher die Ausnahme als die Regel.Durch die Einführung einer neuen Kulturpflanze,die auf den gleichen Böden einen vergleichsweisehöheren Ertrag an Kalorien und Eiweiß ermög-licht, ändern sich die vorher so stabilenBevölkerungszahlen: Plötzlich ist in Törbel„Platz“ für mehr Menschen, die Kartoffel machtes möglich. Um zu diesen Ergebnissen zu kom-men, mußte Netting neben einer Auswertung derBevölkerungszahlen auch das Bewirtschaftungs-system genau beschreiben und dessen quantitativewie qualitative Parameter räumlich und funktionaluntersuchen. Vielleicht war ein derartiger Blick aufein Alpendorf wirklich nur aus der Ferne, aus derPerspektive des Ethnologen, möglich?

Auch das zweite wichtige Werk zur alpinen Öko-nomie, Ökologie und Demographie ist metho-disch und konzeptuell von der Anthropologybeeinflußt. Pier Paolo Viazzos „Upland Commu-

nities“ stellen die Entwicklung von Umwelt,Population und Sozialstruktur in seinemUntersuchungsort Alagna im Piemont in einengrößeren vergleichenden Rahmen, in den auchDaten aus dem österreichischen Raum einbezo-gen werden152. In Alagna finden wir ein anderesMuster von Stabilität, die durch Migration erhal-ten wird. In der Einführung zu seinem Buch dis-kutiert Viazzo neben malthusianischen Modellender Bevölkerungsentwicklung auch seineBeziehung zu den Überlegungen der Annales-Schule und gibt einen hervorragenden Überblicküber das Konzept, alpine Dörfer als Ökosysteme(ich würde präzisieren, Agrarökosysteme) zubetrachten153.

Den Arbeiten von Viazzo und Netting ist ge-meinsam, daß sie das Agrarökosystem insZentrum ihrer Untersuchung stellen, und techni-sche Innovationsprozesse nur am Rande, als„abhängige Variable“, wenn man so will, betrach-ten. Doch es ist klar, daß in der Zeit von 1650 -1850 auch technische Entwicklungen eine enor-me Rolle bei der Veränderung der gesellschaftli-chen Beziehungen zur Umwelt gespielt haben.Denn die sich anbahnende industrielle Revolutionwird zuerst in Energieknappheit sichtbar, hervor-gerufen durch demographische Faktoren genausowie durch Wandel in technischen Verfahren undveränderte Sozialstrukturen. Joachim Radkau undRolf Peter Sieferle vertreten in diesem Punkt sehrunterschiedliche Auffassungen. Was Sieferle aufder Ebene der Energiesysteme – von einem mate-riellen Standpunkt also – betrachtet, sind fürRadkau soziale Konflikte zwischen bäuerlicherWaldnutzung und zunehmender In-Wert-Setzungdes Holzes (anstelle des Waldes) durchGrundherrschaften. Beide haben ihre Quellengelesen, und so möchte man meinen, beide habenrecht. Die Umwelt als komplexes System, auf dasvon seiten der Gesellschaft Wirkungen mitNebenwirkungen ausgeübt werden, und dessenVeränderungen sich auf gesellschaftliche Ent-wicklung auswirken, steht bei Sieferle imZentrum, während sie in Radkaus Sozial-geschichte die Bühne abgibt. Für die Umwelt-geschichte als interdisziplinärer Wissenschaft sinddaher die Arbeiten Sieferles interessanter154.

Was ist Umweltgeschichte?34

150 Sieferle, Rolf Peter, Entstehung und Zerstörung der Landschaft. In: Smuda, Manfred (Hg.), Landschaft (Frankfurt a.M. 1986) 238-265.151 Netting, Balancing on an Alp.152 Gegen das funktionalistische Konzept von Viazzo jüngst Mathieu, Jon, Geschichte der Alpen 1500-1900. Umwelt, Entwicklung,

Gesellschaft (Wien/Köln/Weimar 1998). Entgegen dem Titel ist das Werk kaum als „Umweltgeschichte“ zu bezeichnen.153 Viazzo, Pier Paolo, Upland Communities. Environment, Population and Social Structure in the Alps since the Sixteenth Century

(=Cambridge Studies in Population, Economy and Society in Past Time 8, Cambridge 1989).154 Sieferle, Rolf Peter, Der unterirdische Wald. Energiekrise und Industrielle Revolution. (= Die Sozialverträglichkeit von Energiesystemen

2, München 1982) demgegenüber Radkau, Joachim, Warum wurde die Gefährdung der Natur durch den Menschen nicht rechtzeitigerkannt? Naturkult und Angst vor Holznot um 1800. In: Lübbe, Hermann, Elisabeth Ströker, Ökologische Probleme im kulturellenWandel (Paderborn 1986) 47-78. Eine Kritik an den Thesen Radkaus findet sich im gleichen Band: Strittmayer, Werner, Warum wurdedie Gefährdung der Natur durch den Menschen nicht rechtzeitig erkannt? Zur Diskussion der Thesen Radkaus, ibid. 79-92.

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Die Frage der Transformation der agrarisch-sol-arbasierten zur fossilenergiebasierten Industrie-gesellschaft, die hier bereits angesprochen wird,ist Gegenstand zahlreicher umwelthistorischerArbeiten, die im folgenden Kapitel zusammen-gefaßt sind. Doch auch die Entwicklung vorhergilt manchen mit guten Begründungen als revolu-tionär, jüngstes Beispiel ist die Darstellung derAgrarentwicklung Dänemarks von 1500-1800von Thorkild Kjaergaard155. Kjaergaard hat einevöllig neue Sicht der Dänischen Agrargeschichteentwickelt, in der er die Wirkung von Maßnah-men wie dem „Mergeln“ hervorhebt, und er kop-pelt seine Betrachtungen zur Agrarentwicklungmit demographischem Material und einer Analyseder politischen Bedingungen und Folgen der ver-änderten Agrarökologie. Die Verknüpfung istwohl gelungen, insgesamt hat diese ArbeitVorbildcharakter. Für den Zeitraum vom 16. zum19. Jahrhundert ist die Verbindung zwischenAgrargeschichte und Umweltgeschichte in derLiteratur insgesamt eng, was sich durch die bei-derseitige Konzentration auf die landwirtschaftli-che Entwicklung erklärt156. Um nur ein Beispielvon vielen möglichen zu nennen, sei auf dieArbeit von C. Lane verwiesen, die sich mit derBewirtschaftung und damit bedingten Verän-derung der Ökosysteme von Weide- und Wiesen-flächen in England auseinandersetzt157.

Auch innerhalb der Agrargeschichte wird – wie inder Umweltgeschichte – der moderne Natur-schutz als eine gesellschaftliche Aktivität angese-hen, zu der historische Analysen beitragen kön-nen, wie etwa schon 1986 von John Sheail expli-zit formuliert wurde158. Sheail entwickelt in einemAufsatz 1993 eine Reihe von Fallstudien, in derseitens der Agrargeschichte ein Beitrag zu einem„Umweltproblem“ geboten werden kann, bleibtaber einer Suche nach „Vorläufern“ verhaftet unddamit vom theoretischen her unbefriedigend159.

Für den Zeitraum von ca. 1500 bis ca. 1800, denich unter dem Aspekt der agrarischen Inno-vationen sehe, gibt es außer solchen mit agrarhi-storischem Schwerpunkt eine Reihe von Auf-sätzen, die die Veränderung der Wahrnehmungvon einer „bedrohlichen“ zu einer „bedrohten“Natur zum Gegenstand haben160.

Die neuzeitliche Wissenschaft hatte und hatgroßen Einfluß darauf, wie wir uns die Welt vor-stellen. Stellvertretend für die umweltlichen Spiel-arten der Wissenschaftsgeschichte sei hier aufzwei Werke verwiesen, die an zwei unterschiedli-chen Enden des Spektrums liegen. CarolynMerchants schon erwähntes Buch über den „Todder Natur“ ist eine ökofeministische Interpre-tation der neuzeitlichen Wissenschaft, währendDietrich von Engelhardts Aufsatz über die deut-sche Naturforschung zeigt, wie das Thema sonstmeist behandelt wird161. Clarence Glackens„Traces on the Rhodian Shore“ sind auch für die-sen Zeitraum (er behandelt die Zeit bis zum Endedes 18. Jahrhunderts) ein geradezu unentbehrli-ches Nachschlagewerk162. Die Geschichte derÖkologie, die für die Umweltgeschichte vonbesonderem Interesse ist, behandelt das bereitserwähnte Buch von Donald Worster, „Nature’sEconomy“163. Daneben ist aber auch in derFontana History of Sciences-Serie Peter BowlersBuch über die Geschichte der Umweltwissen-schaften erschienen, der auch eine Form derÖkologiegeschichte bietet164.

Christopher Hamlin, dessen Arbeiten weit weni-ger bekannt sind als etwa jene von CarolynMerchant, geht zwar auch von wissenschaftsge-schichtlichen Quellen aus, doch ist sein Interesseweniger ideen- denn sozialgeschichtlich. Exper-ten, so kann er herausarbeiten, sind in sozialeBeziehungen eingebunden und können auch ihrExpertenwissen (der Terminus wird hier ge-

Ein Überblick 35

155 Kjaergaard, Thorkild, The Danish Revolution 1500-1800. An Ecohistorical Interpretation (Cambridge 1994).156 Für eine methodische Diskussion vgl. Sonnlechner, Christoph, Historische und Ökologische Prozesse in einer Kulturlandschaft (unge-

dr. phil.Diss. Univ.Wien, 1998) XIII-XXVI.157 Lane, Carolina, The Development of Pastures and Meadows during the Sixteenth and Seventeenth Century. In: The Agricultural

History Review, 28 (1980) 18-30.158 Sheail, John, Nature Conservation and the Agricultural Historian. In: The Agricultural History Review 34, 1 (1986) 1-11.159 Sheail, John, Green History - The Evolving Agenda, In: Rural History 4, 2 (1993) 209-225.160 Beeispielsweise: Groh, Ruth und Dieter Groh, Von den schrecklichen zu den erhabenen Bergen, In: dies., Weltbild und

Naturaneignung. Zur Kulturgeschichte der Natur. (Frankfurt a. M. 1991) 92-139.161 Merchant, Tod der Natur; Engelhardt, Dietrich von, Science, society and culture in the Romantic Naturforschung around 1800. In:

Teich et al. (Hgg.), Nature and Society 195-108.162 Vgl. vom gleichen Autor auch Glacken, Clarence J., Changing Ideas of the Habitable World. In: Thomas, William L. (Hg.), Man’s Role

in Changing the Face of the Earth (Chicago 1956) 70-92 sowie ders., Zum Wandel der Vorstellungen über den menschlichenLebensraum. In: Sieferle, (Hg.), Fortschritte der Naturzerstörung 158-190.

163 Worster, Nature’s Economy.164 Bowler, Peter J., The Fontana History of the Environmental Sciences (London 1992).

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braucht im Gegensatz zum Alltagswissen) nichtaus diesen Beziehungen lösen, sie sind, wenn mandas so vereinfacht sagen will, parteiisch. Anhandeines Falles aus dem 18. Jahrhundert, in dem esum die Qualität von Heilquellwasser geht, kommtHamlin darüber hinaus zu dem Schluß, daßExpertenwissen, auch wenn man noch so sehrakkumuliert, keine Lösung der prinzipiellenUnsicherheit über die Zukunft, mit der wir alleleben (müssen), sein kann: Eine für Gutachter wiefür die sie beauftragenden Politiker gleicher-maßen schmerzliche Erkenntnis165.

Die Zeit vom 17. bis zum 20. Jahrhundert, in derdie agrarischen Innovationen, die Befreiung derSklaven und die Einführung der Nutzung rele-vanter Mengen fossiler Energie liegen, wird – wasder in der hier vorliegenden Arbeit getroffenenEinteilung zuwiderläuft – oft als Einheit behan-delt, ebenso wie wir dies schon bei der gemeinsa-men Behandlung „primitiver Kulturen“ rund umdie neolithische Revolution gesehen haben. Fürdie Neuzeit werden derartige zeitliche Längs-schnitte durch die Konzentration auf eine Regionerreicht, was Mart Stewart in seinem bereits dis-kutierten Aufsatz ja auch theoretisch mit derAnlehnung an den Begriff Landschaft rechtfer-tigt166. Das beste europäische Beispiel einer sol-chen Langzeitstudie ist Christian Pfisters monu-mentales Werk über die Bevölkerung, Wirtschaftund Umwelt im Kanton Bern für die Zeit von1700 bis 1914167. Pfister hat sein Buch „Im Stromder Modernisierung“ genannt, und entsprechenddem Titel ist auch sein Argumentationsmuster,der Kanton wird von äußeren Kräften in eine völ-lig neue Situation gebracht, die sich dann inner-lich auswirkt.

Der ebenso als Längsschnitt geschriebene kurzeAufsatz von Vasari über eine Provinz im nordöst-lichen Finnland mag methodische Probleme auf-werfen. Aber er faßt eine Entwicklung zusam-men, die idealtypisch für die Veränderung in mar-ginalen Wirtschaftsstandorten ist und in dieserEindringlichkeit sonst kaum zu finden ist, weil

dieser Teil Finnlands erst in den 1670er Jahrenüberhaupt von Menschen ständig besiedeltwurde. Er zeigt, wie sich innerhalb von 300Jahren die Provinz Kuusamo von einer Brand-rodungswirtschaft zur Einführung von Weide-systemen erst in den 50er Jahren des 20.Jahrhunderts nach der Aufteilung der Allmendezu einem System der forstwirtschaftlichenAusbeutung der Wälder wandelt. Nach einemsehr kurzen „Boom“ und der anschließendenDepression mit Auswanderung von nahezu 15%der Bevölkerung kommt es zur Tertiärisierung,einem Prozeß der Segregation in Produktions-und Erholungslandschaften, der auch anderswozu finden ist: Kuusamo wird von Touristen ent-deckt. Und dies, so schließt Vasari, sei auch einWeg der Nutzung natürlicher Ressourcen. Mankann ihm nur zustimmen168.

In Pfisters Werk spielt Demographie eine großeRolle, und die Kenntnis der Bevölkerungsent-wicklung ist auch, wie ich bereits ausgeführt habe,für die Untersuchung von Produktionsweisenunabdingbar. Familienrekonstruktionen ausQuellen zur historischen Demographie sind die„Kür“, wenn die summarische Auswertung derMortalität, Natalität und Nuptialität die „Pflicht“sind. Computerprogramme für Historiker wur-den deshalb stark in diese Richtung entwickelt.Schon vor der Entwicklung leistungsstarker Com-puter ging beträchtlicher Aufwand und großeGeduld in die Familienrekonstruktion, und vieleAuswertungen sind ohne diese auch gar nichtmöglich. Es handelt sich dabei vorwiegend umsozialhistorische Fragestellungen, die die WienerSchule der Sozialgeschichte, verbunden mit demNamen Michael Mitterauer, auch zu internationa-ler Bekanntheit gebracht hat169. Für die Umwelt-geschichte kann es in manchen Fällen genügen,auf die Kür zu verzichten und nur die Pflicht zuerfüllen, dies allein ist bereits eine Menge Arbeitund damit sind demographische Arbeiten entwe-der summarisch oder lokal begrenzt, was ihrenAussagewert oft beträchtlich mindert170.Jedenfalls aber wird die Interpretation der Daten

Was ist Umweltgeschichte?36

165 Hamlin, Between Knowledge and Action.Vgl auch die Rezension des Buches durch W.H. Brock in Science, 264 (17.6.1994) 1781-82.Weiters Hamlin, Christopher, Scientific Method and Expert Witnessing: Victorian Perspectives on a Modern Problem. In: Social Studiesof Science 16 (1986) 485-513.

166 Stewart, Old Directions, 1996, 14-15.167 Pfister, Christian, Im Strom der Modernisierung. Bevölkerung, Wirschaft und Umwelt im Kanton Bern 1700-1914 (=Sonderdruck aus:

“Geschichte des Kantons Bern seit 1798, Band IV =Archiv des historischen Vereins des Kantons Bern 78. Band, Bern/Stuttgart/Wien1995).

168 Vasari, Y., The Ecological Background of the Livelihood of Peasants in Kuusamo (NE Finland) During the Period 1670-1970. In:Brimblecombe, Pfister, (Hgg.), Silent Countdown 125-136.

169 Vgl. dazu aber die ausführliche Darstellung der verschiedenen Schwerpunkte der Sozialgeschichte in Ehmer, Josef, Müller, Albert,Sozialgeschichte in Österreich. Traditionen, Entwicklungsstränge und Innovationspotential. In: Kocka, Jürgen (Hg.), Sozialgeschichte iminternationalen Überblick (Darmstadt 1989) 109-140.

170 Vgl. etwa die Arbeit von Utterström, Gustaf, Climatic Fluctuations and Population Problems in Early Modern History. In: Worster,Ends 39-79. Utterström geht von der Frage aus, ob die Wahrnehmung von Bevölkerung als aktive Größe gegenüber einer fixen GrößeNatur, wie sie seit Malthus und Ricardo vertreten wird, so standhalten kann.

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eine andere Richtung finden als in Arbeiten zurhistorischen Demographie üblich, die ich daherhier auch nicht unter dem Schlagwort „Um-weltgeschichte“ nennen möchte.

Und was ist mit dem Wald? Spätestens an dieseStelle wird auffällig, daß bis jetzt nur wenig voneiner Umweltgeschichte des Waldes die Rede war,obwohl doch die Forstgeschichte einen ganzwesentlichen Zweig der umweltorientiertenHistoriographie abgibt. Dafür gibt es mehrereGründe. Der erste ist der einfachste: Es gibt inden entsprechenden Zeitschriften wie etwa derZeitschrift für Agrargeschichte und Agrar-soziologie jede Menge Hilfsmittel zur Biblio-graphie der Forstgeschichte, wozu also ein großesGebiet unter anderem Etikett nochmals präsen-tieren?172 Der zweite Grund ist ebenso leichterklärt: Auf einige Arbeiten zum Wald, die auchdie Periode der agrarischen Innovation behandel-ten, wurde schon hingewiesen, da diese, entspre-chend der langfristigen Perspektive, die ihrGegenstand fordert, oft sehr lange Periodenbehandeln. Der dritte Grund ist ein konzeptio-neller, der sich terminologisch festmachen läßt.Die Forstgeschichte geht von einem anderenBegriff von „Nachhaltigkeit“ aus als dem in derheutigen „Umweltdebatte“ verwendeten. Sieübernimmt den ökonomischen Begriff, der in derForstwirtschaft üblich ist und als nachhaltigeWaldnutzung jene Form beschreibt, in der nichtmehr Holz entnommen wird, als nachwächst.Eine umweltorientierte Geschichte der Wäldermuß sich von diesem Begriff lösen und dieProduktionsbedingungen des Holzes insZentrum ihrer Überlegungen stellen. Das gelingtin manchen, aber nicht allen forsthistorischenArbeiten. Wichtiger aber noch scheint mir, daßdie isolierte Betrachtung EINER Ressource, hierdes Waldes (Holzes) immer nur einen kleinenAspekt des Wechselwirkungsgefüges Gesell-

schaft-Natur darstellen und erklären kann unddaher in ihren Analysen limitiert ist. Daher ver-zichte ich darauf, die Arbeiten zur Geschichte desWaldes im einzelnen zu diskutieren. Anders gela-gert ist Margrit Irnigers Studie zum Sihlwald beiZürich. Sie gibt schon im Titel zu erkennen, daßsie sich auf eine etwas umfassendere Betrachtungeinläßt173. Auf jüngere Arbeiten aus dem angel-sächsischen Raum, die einen Bezug zwischenWald und gesellschaftlicher Entwicklung, vorallem auch in Entwicklungsländern herstellen,verweise ich, weil sie in der deutschsprachigenLiteratur kaum rezipiert werden174.

3.2.5. Von der solarbasierten zur fossil-energiebasierten Produktionsweise

Der weit überwiegende Anteil europäischerumwelthistorischer Arbeiten behandelt zeitlichdas 19. Jahrhundert bis maximal zum ErstenWeltkrieg, auf rühmliche Ausnahmen wird inKap. 3.2.6. „Umweltgeschichte als ökologischeZeitgeschichte“ eingegangen, und es dominiertder von Sieferle als „umwelthygienisch“ bezeich-nete, von anderen eher mit dem Etikett der retro-spektiven Technikfolgenabschätzung verseheneAnsatz175.

Die Umweltgeschichte der Schweiz seit 1800 vonFrançois Walter ist auf französisch schon 1990erschienen und 1996 auch in deutscher Überset-zung veröffentlicht worden176. Walters Inhalts-verzeichnis referiert das dominierende Thema„Die Wiederentdeckung der Natur“. Kaumjemand findet sich demgemäß so oft in Fußnotender Umweltgeschichte wie Jean-JacquesRousseau. „Schutz der Natur oder Schutz vor derNatur“, die Anfänge von Heimat- undNaturschutz und der Wandel der technischenMöglichkeiten, die hygienische Revolution, dassind dominante und wichtige Themen nicht nur

Ein Überblick 37

172 Rubner, Heinrich, Neue Bücher zur europäischen Forstgeschichte aus den achtziger Jahren. Sammelbericht. In: Vierteljahrschrift fürSozial- und Wirtschaftsgeschichte 78 (1991) 200-213. Vgl. von diesem Autor auch detailliert Rubner, Heinrich, Rezension: Mantel, Kurt,Forstgeschichte des 16. Jahrhunderts (=Schriftenreihe der Forstwirtschaftlichen Fakultät der Universität Freiburg im Breisgau)(Hamburg/ Berlin 1980): In: Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 70 (1983) 70-71.

173 Irniger, Margrit, Der Sihlwald und sein Umland, Waldnutzung, Viehzucht und Ackerbau im Albisgebiet 1400-1600 (Zürich 1991).174 Drummond, José, The Garden in the Machine: An Environmental History of Brazil’s Tijuca Forest. In: EH 1996/1/1/83-105;

Steinberg, L. Anders, Peter Clancy, Forestry in a Staples Economy: The Checkered Career of Otto Schierbeck: Chief Forester, NovaScotia, Canada, 1926-1933. In: EH 1997/2/174-95; Fairhead, James & Melissa Leach, Reading Forest History Backwards: TheInteraction of Policy and Local Land Use in Guineas’ Forest-Savanna Mosaic, 1893-1993. In: E&H 1995/1/1/55-92.

175 Andersen, Arne, Historische Technologiefolgenabschätzung. Das Beispiel des Metallhüttenwesens und der Chemieindustrie. In:Abelshauser, Werner (Hg.), Umweltgeschichte: umweltverträgliches Wirtschaften in historischer Perspektive. = Geschichte undGesellschaft: Zeitschrift für historische Sozialwissenschaft, Sonderheft 15 (Göttingen 1994) 76-105. Vgl. dazu den Literaturüberblickvon Cioc, Mark, The Impact of the Coal Age on the German Environment: A Review of the Historical Literature. In: E&H1998/4/1/105-124.

176 Walter, François, Bedrohliche und bedrohte Natur. Umweltgeschichte der Schweiz seit 1800 (Zürich 1996) frz. Original: ders., LesSuisses et l’environnement. Une histoire du rapport à la nature du XVIIIe siècle à nous jours (Carouge 1990).

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bei Walter177. Sein Buch geht bis zur Gegenwart,auf die Abschnitte zur jüngeren Vergangenheitwird im nächsten Kapitel hingewiesen.

Folgt man der Logik der hier präsentiertenKapiteleinteilung, stößt man auf das zweitedominante Thema, das weniger ideengeschicht-lich denn material- und energieorientiert ist. Undso gehört der bereits zitierte „große Wurf“ vonRolf Peter Sieferle in diese Kategorie: In „Derunterirdische Wald“ diskutiert er Wald und Holzim vorindustriellen Deutschland sowie dieHolzkrise des 18. Jahrhunderts und stellt dieserDarstellung die Einführung der Kohle in Englandgegenüber, wobei er sowohl die technischenProbleme, die durch die Einführung vonSteinkohle bei der Eisenverhüttung entstanden,als auch die Entwicklung des Transportwesensdiskutiert. Der Band schließt mit einerBetrachtung des Zusammenhangs zwischen fossi-ler Energie und den Grenzen des Wachstums, indem ein Ausblick auf Atomenergie enthalten ist.Daß, und wie, Energiesysteme die gesellschaftli-che Entwicklung beeinflussen, ist die Haupt-botschaft von Sieferles Buch.

Richard Wilkinson hat schon 1973 in „Povertyand Progress“ eine Darstellung der industriellenRevolution in England geschrieben, in der er dienegativen Umweltfolgen der Innovationen wiez.B. der Einführung der Steinkohle darstellte. Erzeigte aber vor allem, daß die Einführung derKohle nicht dem Erfindergeist und dem„Fortschritt“, sondern dem Zwang nach Über-windung einer Situation der Energieknappheitzugeschrieben werden sollte. Richard Wilkinsonhat in dem 1988 erschienenen Sammelband vonWorster, „The Ends of The Earth“, nochmals (anleichter erreichbarer Stelle) seine Interpretationder Industriellen Revolution in Englandzusammengefaßt178.

Die Industrielle Revolution ist eine Veränderungder energetischen Basis der Gesellschaft. DieseVeränderung wirkt sich, wie schon Sieferle zeigte,

auf sehr viele Belange, etwa die Möglichkeitendes Transports und damit auf Wahrnehmung undVereinnahmung von Raum wesentlich aus. Mitdem Energiefluß und dem Energiebedarf hängendaher viele gesellschaftliche Entwicklungen der„Moderne“ zusammen. Die Welt wird mit fossilerEnergie erstmals in der Menschheitsgeschichte alsGanzes transformierbar; davor waren Transfor-mationen immer räumlich begrenzt geschehenund auch so konzeptualisiert worden. Auf Ein-ladung einer amerikanischen Stiftung fand 1955ein Symposium statt, dessen Titel ebenso wie derdes daraus 1956 entstandenen Sammelbandes aneine Schrift aus 1874 anknüpfen: George PerkinsMarsh’ Buch „The Earth as Modified by HumanAction“ gab die Anregung zu dem Band unterdem Titel „Man’s Role in Changing the Face ofthe Earth“. Dieses umfang- wie inhaltsreicheBuch kann als das erste auch umwelthistorischeBuch gelten, das in den U.S.A. publiziertwurde179. Auch die in bewußter Fortführung die-ser Tradition 1987 veranstaltete Tagung der ClarkUniversity, MA und der dazugehörige dickleibigeSymposiumsband „The Earth as Transformed byHuman Action“ weist auf die Wahrnehmung vonTransformationsprozessen hin180. Der letztge-nannte Band enthält auch einen Artikel vonCarolyn Merchant, in dem sie ihre Idee der „Öko-logischen Revolutionen“ darlegt181. Interessantauch, daß ihr Beitrag gemeinsam mit zwei ande-ren im Kapitel „Understanding Transformations“zu finden ist, und daß Karl Butzers Beitrag imTitel das Wort „Cultural-Human Ecology“ führt,Zeichen dafür, daß die beiden Sichtweisen„Humanökologie“ und „Kulturökologie“ ver-knüpft werden, um die Frage von Anpassungenund Veränderungen in der Geschichte zu bear-beiten182. Weder der Sammelband von 1956 nochder von 1990 sind interdisziplinäre Unternehmen,sie stellen Perspektiven nebeneinander und zeigenin ihrer Struktur damit die dominante Kon-zeptualisierung der Umweltprobleme. Die natur-wissenschaftlichen Daten werden getrennt nachden Medien (Luft, Wasser, Land) geliefert, einKapitel ist der Populationsentwicklung gewidmet,

Was ist Umweltgeschichte?38

177 Vgl. z.B. Wettengel, Michael, Die Anfänge der staatlichen Naturschutzorganisation: Von der Staatlichen Stelle für Naturdenkmalpflegein Preußen bis zur Reichstelle für Naturschutz - ein Abriß. In: EHN 5 (1993) 43-55. Hermand, Jost, “Erst die Bäume, dann wir!“Proteste gegen das Abholzen der deutschen Wälder 1780-1950. In: ders., (Hg.), Mit den Bäumen sterben die Menschen. ZurKulturgeschichte der Ökologie (Wien/Köln/Weimar 1993) 1-24.

178 67z, Wilkinson, Richard G., The English Industrial Revolution. In: Worster, Ends 80-102.179 Thomas, Man’s Role. Der auch in diesem Band vertretene Autor James Malin gilt etwa Donald Worster als wichtiger Vorläufer der

Umweltgeschichte in Amerika; Malin, James C., The Grassland of North America: Its Occupance and the Challenge of ContinuousReappraisals. In: Thomas, Man’s Role 350-366. vgl zur Einschätzung Malins’: Worster, Ends 295.

180 Turner II, B.L. (Hg.), The Earth as transformed by human action: global and regional changes in the biosphere over the past 300 years(Cambridge 1990).

181 Merchant, Carolyn, The Realm of Social Relations: Production, Reproduction, and Gender in Environmental Trasnformations, InTurner II, Earth transformed 673-684.

182 Butzer, Karl, The Realm of Cultural-Human Ecology: Adaptation and Change in Historical Perspective. In: Turner II, Earth transfor-med 685-702.

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und dann werden regionale Studien vorgestellt, andie das erwähnte Kapitel zum Verständnis derTransformationsprozesse anschließt. Was 1956bahnbrechend war ist 1990 als Zeichen dafür zulesen, daß der „mainstream“ der Umweltdebattenach wie vor am Mangel verbindender Konzeptekrankt. Vom Fehlen einer Synthese einmal abge-sehen sind die beiden Bände aber wichtigeMeilensteine der umweltorientieren Gesell-schaftsbetrachtung.

Den Bänden fehlt es, konstatiere ich, an Ver-bindungslinien. Ich möchte vor allem auf einenKonnex hinweisen, der m.E. mehr Bedeutunghat, als ihm die gegenwärtige Forschung beimißt,nämlich auf den Konnex von Recht und Umweltin der historischen Entwicklung. Aus dieserEinschätzung heraus habe ich gemeinsam mitGerhard Jaritz die „Historische Umweltdaten-bank Österreichs“ initiiert, die sich mit derSammlung von Rechtsquellen zu umweltrelevan-ten Tatbeständen beschäftigt183.

Theodore Steinberg geht in seinem Buch über dieIndustrialisierung in der Textilproduktion von ca.1840-1880 von der Feststellung aus: „Humanhistory is defined by the transformation and control ofnature“184. Er hat in seinem 1995 publiziertenschmalen Essay-Band „Slide Mountain or theFolly of Owning Nature“ Rechtsstreitigkeitenuntersucht, die entstanden, weil durch neueFormen der Kontrolle von Natur, die durch dasFossilenergiesystem ermöglicht wurden, dasRechtssystem an seine Grenzen geriet185. Er dis-kutiert, was er kritisch als „our passion for pro-perty“ nennt, an mehreren Beispielen. Er fragtetwa, wie man die natürliche Dynamik einesgroßen Flußsystems wie des Missouri rechtlichfassen kann und damit seine Nutzung sicherstellt,und geht bis zur Frage, wem der Mond gehört.Ich greife aus dem Band ein Beispiel heraus. Ander Frage der Wasserrechte in Arizona zeigt sichbesonders gut, daß die technischen Möglich-keiten, die durch fossile Energie zur Verfügungstanden, eine Landschaft völlig verändern kön-nen. Pumpen ermöglichten es, in einer trockenenGegend plötzlich sehr profitablen Ackerbau zubetreiben. Pumpen ermöglichten die Ausbeutungvon Grundwasserreservoirs. Daran schließt dieals Rechtsproblem des Grundeigentums disku-

tierte Frage an, wer das Recht hatte, dieseWasserreservoirs auszubeuten. Waren es dieGrundbesitzer, die über dem Reservoir saßen?Aber wenn einer von ihnen tiefer bohrte, dannkonnte er – im engen Sinn des Wortes – denandern das Wasser abgraben, hatte er dazu dasRecht? Steinberg kommt – nachdem er mehrereähnlich gelagerte Fälle diskutiert hat – zu demSchluß, daß die Vorstellung, man könnte Naturbesitzen, eine Grundlage des westlichen moder-nen Rechts, ein grundlegend falsches Verständnisdavon erzeugt, was man mit Natur machen kann.Steinberg macht in einer weiteren Fallstudie dar-auf aufmerksam, daß es Plätze auf der Erde gibt,die trotz fließenden Wassers weder ein Fluß nochein See sind. Da mit Flußbetten und Seebödenaber unterschiedliche Eigentumsrechte verbun-den sind, wird versucht, aus einem Stück des zummäandrierenden Unterlauf eines Flussesgehörenden fließenden Wassers das eine oder dasandere zu machen. Denn der Untergrund enthältErdöl, und es ist zu entscheiden, wer die Lagerausbeuten darf. Das sollte uns, meint Steinberg,beispielhaft zeigen, daß die Natur nicht der vonihr hergestellten gesellschaftlichen Konstruktionentspricht. Wenn man Wolken in einem Tal aus-regnen läßt, indem man sie vom Flugzeug ausbeimpft, dann bleibt das dahinter liegende Taltrocken – wem also gehört das Wetter? Steinbergprovoziert in seinem Buch, er zeigt eineForschungsrichtung, die sich hoffentlich nochweiter entwickeln wird. Auch wenn er nicht alleMöglichkeiten, die ihm sein Material bietet, nützt,ist sein Buch wichtig und anregend. Seine Analyseder Rechtstreitigkeiten hört an einem Punkt auf,wo ich sie besonders interessant finde: Er arbeitetnicht heraus, daß die Lösung der Konfliktezumeist eine gesellschaftliche Lösung ist, in derdie umstrittenen natürlichen Gegebenheiten –nach ausführlichster Expertenanhörung –schließlich nicht die entscheidende Rolle spielen.Dies zeigt sich etwa, wenn ein Stück Land einemIndianerreservat zugesprochen wird, nicht etwaweil die Experten entschieden hätten, ob dasinkriminierte Fleckchen sich durch eine Ände-rung des Flußlaufes oder aber durch Erosion undSedimentation auf die andere Seite des Flussesbewegt hätte, sondern weil ein Artikel im Gesetzdie Beweislastumkehr in solchen Fällen vorsieht,in denen Landrechte der Indianer betroffen

Ein Überblick 39

183 Die Datenbank ist am Institut für Realienkunde des Mittelalters und der frühen Neuzeit auf Anfrage erhältlich. Auswertungen wurdenbis jetzt u.a. in: Jaritz, Gerhard, Verena Winiwarter, On the Perception of Nature in Renaissance Society. In: Teich et al.(Hgg.), Natureand Society 91-111; sowie in Jaritz, Gerhard, Verena Winiwarter, Wasser. Zu den historischen Mustern eines Problembewußtseins.(Annäherungen anhand der „Historischen Umweltdatenbank Österreichs“). In: Flußuferökologie, Sonderband der Mitteilungen desNiederösterreichischen Landesmuseums 8 (1994) 163-174 publiziert.

184 Steinberg, Theodore, Nature Incorporated: Industrialization and the Waters of New England (New York 1991) 12.185 Steinberg, Theodore, Slide Mountain or the Folly of Owning Nature (Berkeley/Los Angeles 1995).

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sind186. Recht, und das wäre die darananschließende These, kann als Repräsentationkollektiver Wahrnehmung von Welt gesehen wer-den, und Recht nimmt gesellschaftliche Teile vonWelt besser als natürliche wahr. Rechtssystemehaben, das ist zu betonen, einen außerordentlichgroßen Einfluß auf den Umgang mit Natur.

Mit der Industrialisierung veränderten sich nichtnur die Landschaft, die Produktionsweise, diesozialen Beziehungen und das VerhältnisGesellschaft-Natur, sondern auch die Wahrneh-mung von Natur und Landschaft grundlegend.Zur Wahrnehmung von Landschaft und allgemei-ner, zur Naturästhetik, gibt es eine Fülle vonLiteratur. Von umwelthistorischem Interesse sindvor allem solche Arbeiten, die zwischen physi-schen Veränderungen und Wahrnehmung einenKonnex herstellen, materialistische Aspekte (imSinne Worsters) also einbeziehen. Ich greifebewußt nur ein Beispiel heraus. GerhardStrohmeier hat in seinem Aufsatz „LandscapePerception in America“ einen Wandel in denBildern vom amerikanischen Westen gezeigt, dermit einer technischen Entwicklung in Verbindungsteht. Bevor die von Osten und Westen durch die„Wildnis“ gebauten Eisenbahnstrecken aufeinan-der trafen, wurden Bilder von sanftwelligenHügeln verbreitet, durch die die Eisenbahn leichtgebaut werden konnte. Investoren wurden soberuhigt, daß sich ihr Geld nicht in Gefahr befin-de. Kaum aber war alles vorbei und dieEisenbahn fertig, änderten sich die Bilder:Plötzlich war die Ingenieurleistung, die Kontrolleüber eine wilde, majestätische Natur im Zentrumder Bildproduktion. Die gesellschaftlicheKontrolle über die Wildnis war erreicht187.

Die Bilder, in denen Landschaft vorgestellt wird,haben auf den Umgang mit ihr sicher zumindestebensolchen Einfluß wie die gedanklichen

Konstruktionen der neuzeitlichen Wissenschaft.Daher sind auch Untersuchungen dieser Bilderein wichtiger Beitrag zum Verständnis derWechselwirkungen von Gesellschaft undNatur188.

Die Transformation der Energiesysteme hat eineräumliche Wirkung, die die Umweltgeschichteunter allen möglichen Gesichtspunkten behandelthat. Es geht um Prozesse der Urbanisierung, dieman unter umwelthygienischem Aspekt betrach-ten kann, was vorwiegend in der deutschenUmweltgeschichte geschieht, oder von der Fragenach der Bildung von Netzwerken her, wie dies inder US-Umweltgeschichte Joel Tarr tut.Umwelthistorisch besonders wichtig ist die Frage,welche Materialströme Stadt und Land verbindenund welche Fernwirkungen Städte daher ausüben,wie sie beispielhaft William Cronon für Chicagogezeigt hat189.

Der umwelthygienische Zugang der deutschenUmweltgeschichte, die ihren Ursprung von derTechnikgeschichte nahm, hat allerdings dazu ge-führt, daß Arbeiten zur städtischen Umweltver-schmutzung in Deutschland deutlich früherbegonnen wurden als in Amerika, wo eine Kon-zentration des Faches auf Agrarlandschaftenoffensichtlich eine Barriere darstellte. So wurdedas erste Themenheft zur Umweltgeschichte vonTechnik und Industrie erst 1994 in EHR veröf-fentlicht190. Christopher Hamlins Studie über dieProbleme mit Rieselfeldern in der Nähe vonEdinburgh sind ebenfalls in diesem Jahr erschie-nen191.

„Aerem corrumpere non licet“. Luftver-unreinigung und Immissionsschutz in Preußenbis zur Gewerbeordnung 1869 192. Mit diesemTitel begann die deutschsprachige Umweltge-schichte, zumindest in der Wahrnehmung eines

Was ist Umweltgeschichte?40

186 Wie wenig Verständnis selbst unter Umwelthistorikern für die Relevanz der Rechtsfragen abseits vom Aufzählen von Regelungen herrscht, zeigt beispielhaft die Verunglimpfung des Buches von Steinberg in: Uekoetter, Frank, Confronting the Pitfalls of CurrentEnvironmental History: An Argument for an Organisatorial Approach. In: E&H 1998/4/1/ 31-52. Vergleiche demgegenüber Pisani,Donald J., Rezension: Slide Mountain or the Folly of Owning Nature. In. EH 1996/1/4/ 79-80, die mit den Worten “This is a jewel ofa book...“ beginnt.

187 Strohmeier, Gerhard, Wild West imagery: landscape perception in nineteenth-century America. In: Teich, Mikulás, Roy Porter, BoGustafsson (Hgg.), Nature and Society in Historical Context (Cambridge 1996) 257-273.

188 Nur als graue Literatur publiziert ist eine vergleichende Analyse der Ansichtskartenproduktion einer Bergbaufolgelandschaft mit dereiner alpinen Tourismuslandschaft: Projektgruppe Ansichtskarten (Békési, Sándor, Verena Winiwarter): IFF Raum und Ökonomie,Forschungsschwerpunkt Kulturlandschaft: Kulturlandschaft im Kopf. Forschungsbericht an das BMWV zum Forschungsprojekt“Kulturlandschaft im Kopf“. Mit Ansichtskarten als Quellen auch: Winiwarter,Verena, Alpenblumengrüße. In: Katalog zur Ausstellung„Wo i leb... Kulturlandschaften in Österreich“ (Linz 1997) 87-94.

189 Cronon, William, Nature’s Metropolis. Chicago and the Great West. New York, London 1991.190 Dazu mit Literaturhinweisen Winiwarter,Verena, Plädoyer für eine Umweltgeschichte der Stadt. In: Pro Civitate Austriae. Informationen

zur Stadtgeschichtsforschung in Österreich, NF Heft 3 (1998) 7-15.191 Hamlin, Christopher, Environmental Sensibility in Edinburgh, 1839-1840. The “Fetid Irrigation“ Controversy. In: Journal of Urban

History 20, 3 (1994) 311-339.192 Mieck, Ilja. “Aerem corrumpere non licet“ Luftverunreinigung und Immissionsschutz in Preußen bis zur Gewerbeordnung 1869. In:

Technikgeschichte 34, 1 (1967) 36-78.

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ihrer Proponenten, Ulrich Troitzsch, der denAufsatz von Ilja Mieck als den ersten einer„neuen Welle“ bezeichnet, auf die in der Folgeaufzubauen sein würde. Die demgegenüber „alte“Welle ortet Troitzsch in den zu Beginn des 20.Jahrhunderts entstandenen historischen Rück-blicken auf Wasserversorgung und andereBereiche der Hygiene193. Diesen Versuch, daseigene Fach in die Geschichte hinein zu verlän-gern, halte ich für methodisch wie inhaltlich pro-blematisch. Ich sehe die von Troitzsch genanntenWerke von Ingenieuren eher als Quellen für dasSchreiben einer Umweltgeschichte des beginnen-den 20. Jahrhunderts an, denn als den Beginn desFaches. Mit dem Heft der Zeitschrift „Tech-nikgeschichte“ aus 1981, in dem neben Troitzschauch Günter Bayerl, Ulf Dirlmeier und Ilja Mieckpublizierten, dokumentiert sich der Beginn einestechnikhistorisch dominierten Stranges derUmweltgeschichte, der auch heute noch eine her-ausragende Rolle in der deutschsprachigenUmweltgeschichte spielt und in dessen Umfelddie stadthistorischen Arbeiten stehen194.

3.2.6 Umweltgeschichte als ökologischeZeitgeschichte

Immer wieder sind in den vorherigen KapitelnArbeiten erwähnt worden, die sich mitEntwicklungen auseinandersetzen, die bis in dieGegenwart reichen. In diesem Kapitel möchte ichjedoch ausschließlich auf Arbeiten eingehen, diesich vorwiegend mit der zweiten Hälfte des 20.Jahrhunderts auseinandersetzen. Aus der Kon-zentration der Umweltgeschichte auf materielleAspekte hat Christian Pfister das „50er JahreSyndrom“ abgeleitet195. Sein Vorschlag, die 50erJahre als eine Wende in der WechselwirkungGesellschaft-Umwelt zu begreifen, macht er andem in dieser Zeit wie nie zuvor steigendenVerbrauch fossiler Energie fest. Von derIndustriegesellschaft, so das Diktum, wäre man inden 50er Jahren zu einer Konsumgesellschaftgeworden196. Auch Rolf Peter Sieferle hat die von

ihm als „Zeit der flächendeckenden Ausdehnungdes Fossilenergiesystems auf der Basis von Erdölund Erdgas“ bezeichnete Periode der jüngstenGeschichte dadurch zu charakterisieren versucht,daß erstmals in der Geschichte derwidmungsgemäße Gebrauch von Konsumgüternein wesentlicher Faktor von Umweltbelastunggeworden ist, während früher vorwiegend dieHerstellung dieser Konsumgüter für eine solcheBelastung sorgte197. Diese Tatsache ist derwesentliche Grund für die getroffene zeitlicheAbgrenzung.

Umweltgeschichte befaßt sich mit Wechsel-wirkungen zwischen Natur und Kultur (bzw.Gesellschaft). Dafür, so könnte man folgern, istes wichtig, zu erkennen, wo die Grenze zwischenden beiden Systemen verläuft. Bei derEnergieversorgung und deren Umweltfolgen istes vergleichsweise einfach, eine Grenze zwischen(unbelebter) Natur (gleichbedeutend mit Lagernfossiler Energie) und Gesellschaft zu ziehen.

Umwelthistorische Arbeiten sind aber auch damitbeschäftigt, den wachsenden Einfluß von Tech-nologie auf und die damit ebenfalls wachsendenpolitischen Interessen an Lebewesen zu untersu-chen. Im Besonderen geht es um die Erbsubstanzvon Lebewesen. Da ist eine Grenze zwischennatürlich und künstlich nur mehr schwer zu zie-hen. Um ein Verständnis für die speziellenProbleme zu erreichen, die Gesellschaften bewäl-tigen müssen, wenn sie Veränderungen an derErbsubstanz von Lebewesen vornehmen, ist einetheoretisch fundierte Analyse dessen, WAS daeigentlich geschieht, unabdingbar. Helmut Haberlund Helga Zangerl-Weisz haben in ihrem Aufsatzdiese Grundlagen zusammengestellt. Sie weisenauch darauf hin, daß die Manipulation derErbsubstanz von Lebewesen nicht erst mit derGentechnologie begann, daß alle Züchtungs-maßnahmen bereits „kolonisierende Eingriffe“ indas Genom (Die Summe der Erbinformationen)darstellten198. Auch Michael Flitners Buch, das

Ein Überblick 41

193 Troitzsch, Ulrich, Historische Umweltforschung: Einleitende Bemerkungen über Forschungsstand und Forschungsaufgaben. In:Technikgeschichte 48, 3 (1981) 177-190, hier 181-2.

194 Die Geschichte der industriellen Umgestaltung des Ruhrgebietes ist denn folgerichtig auch Thema des einzigen mir bekannten Beitragseines deutschen Umwelthistorikers zur Zeitschrift EHR: Brüggemeier [in der Zeitschrift als Bruggemeier zitiert], Franz-Josef, A NatureFit for Industry: The Environmental History of the Ruhr Basin, 1840-1990, EHR 1994/18/1/35-54.

195 Pfister, Christian, Ressourcen, Energiepreis und Umweltbelastung. Was die Geschichtswissenschaft zur umweltpolitischen Debatte bei-tragen könnte. In: Simon, Christian (Hg.), Umweltgeschichte heute: Neue Themen und Ansätze der Geschichtswissenschaft - Beiträgefür die Umwelt-Wissenschaft (=EHN Special Issue No 1, Mannheim 1993) 13-28. Pfister, Christian, Das 1950er Syndrom. Der Weg indie Konsumgesellschaft. (Bern 1996).

196 Mit dieser Frage beschäftigen sich alle Aufsätze in dem Sammelband des EHN zum Thema: Sieglerschmidt, Jörn (Hg.), Der Aufbruchins Schlaraffenland. Stellen die Fünfziger Jahre eine Epochenschwelle im Mensch-Umwelt Verhältnis dar? (=EHN Special Issue No 2,Mannheim 1995).

197 Sieferle, Rolf -Peter, Naturlandschaft, Kulturlandschaft, Industrielandschaft. In: Comparativ 4 (1995) 40-56, hier S 55f.198 Haberl, Helmut, Helga Zangerl-Weisz, Kolonisierende Eingriffe: Systematik und Wirkungsweise. In: Fischer-Kowalski,

Gesellschaftlicher Stoffwechsel 129-148.

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die pflanzengenetischen Ressourcen zum Themahat, fängt bereits vor der Gentechnik, mit dersystematischen Züchtung zur Jahrhundertwende,an199. Welche Geschichte die Humangenetik vonihrem Beginn zu eben dieser Zeit bis zum inter-nationalen Mega-Projekt HGP (Human GenomeProject) nahm, hat Mikuláš Teich analysiert. Erdiskutiert u.a. die interessante Frage, ob dieaugenblickliche Konzentration auf den Zellkerneine hoffnungsvolle Strategie darstellt, oder obdie Zelle als Umgebung für die Reproduktioneine größere Rolle spielt als bisher angenommen.Hier beginnen sich Wissenschafts- undUmweltgeschichte zu vermischen, eine Tatsache,auf die ich bereits hingewiesen habe200.

Aber auch auf der Ebene der Ökosysteme, nichtnur im kleinen, sondern im großen, wird deutlich,daß die Frage nach den Grenzen zwischen Naturund Kultur womöglich in eine Sackgasse führt.Arbeiten, die den einen oder anderen Aspekt die-ser Überlegung berühren, wurden zu sehr ver-schiedenen Themen verfaßt. Eines der spannend-sten und lesenswertesten Bücher, die es in dieserRichtung gibt, hat Richard White mit „TheOrganic Machine“ geschrieben. Seine Erzählungüber die gesellschaftliche Verwandlung eines ame-rikanischen Flusses, des Columbia River, reichtvon den Lachsfischern und der energetischenNutzung mit Staudämmen bis zur Verwendungeines ganzen Flusses als Kühlwasserstrom für dienukleare Anlage von Hanford, in der ab den 40erJahren Plutonium „erbrütet“ (!) wurde, zuerstwährend des 2. Weltkrieges und danach im KaltenKrieg. Kriegswichtige Anlagen hält man ambesten geheim. Die Herstellung von Plutoniumliefert eine Menge Energie, die man irgendwoverschwinden lassen muß, wenn die Herstellungnicht bekannt werden soll. Wieviel Energie derProzeß liefert, zeigt sich daran, daß dieAtomkraftwerke vom Typ des „SchnellenBrüters“ auf dem gleichen Kernspaltungsprozeßberuhen wie die Plutoniumfabrik in Hanford. DieEnergiemenge eines ganzen Kraftwerkes mußtealso weggekühlt werden, wollte man nicht auffal-len. Und der Columbia River wurde als Organic

Machine, als Teil einer nicht mehr durch einfacheGrenzziehungen erklärbaren Form gesellschaftli-chen Umgangs mit Natur, als Kühlaggregat einerPlutoniumfabrik verwendet201. Ob solcheUmgestaltungen (um ein möglichst allgemeinesWort zu verwenden) von Natur mit dem Inventareiner „Theorie der Kolonisierung von Natur“oder mit jenem der „Technologischen Zivili-sation“ besser erklärt werden, soll an dieser Stelleder Leserin/dem Leser überlassen bleiben. Einevergleichende Darstellung dieser beiden Theorienfindet sich in einem 1998 erschienenen Heft derZeitschrift iff-Texte202.

Daß die Grenze zwischen Natur und Kulturheute als eine technische Frage industrieller Nah-rungsmittelproduktion auftritt, leuchtet ein:Welche technischen Verfahren der Milchverar-beitung lassen das „reine Naturprodukt“ Milch zueiner monatelang ungekühlt haltbaren weißenFlüssigkeit werden, machen daraus etwas, was„als Produkt unter dem Markennamen Milch“203

verkauft wird? Man kann aber noch einen Schrittweitergehen, wie es Jörn Sieglerschmidt in seinemBeitrag zur Reihe „Kulturthema Essen“ getan hat.Er sieht die Eßgewohnheiten der Menschen alsebenso flexibel an wie die Technik, und kommtzu dem Schluß daß „das, was heute noch alskünstlich gilt, dann zur Natur werden könnte“204.

Energetisch gesehen, sind die Erdäpfel längst ausErdöl205. Landwirtschaft spielt in der modernenIndustriegesellschaft keine wesentliche Rolle, sinddoch nicht einmal 5% der Menschen in Öster-reich in diesem Sektor tätig. Die Landwirtschaftist dennoch Grundlage der Nahrungsmittel-produktion, auch wenn ihre Rolle inzwischendarin besteht, Biokonversionsprozesse zu betreu-en, etwa einen Biokonverter zu melken, der Grasin Milch verwandelt, oder die Konversion vonSojaschrot zu Schweineschnitzel zu überwachen.Der so beschreibbare eurozentrische Blick wirddurch die Anthropology aufgebrochen, die sichmit Gesellschaften auseinandersetzt, in denenLandwirtschaft noch einen großen Teil derBevölkerung direkt betrifft. Robert McC. Netting

Was ist Umweltgeschichte?42

199 Flitner, Michael, Sammler, Räuber und Gelehrte. Die politischen Interessen an pflanzengenetischen Ressourcen 1895-1995(Frankfurt/New York 1995).

200 Teich, Mikuláš, Mapping the human genome in the light of history. In: ders., Roy Porter, Bo Gustafsson (Hgg.), Nature and Society inHistorical Context. (Cambridge 1996).

201 White, Organic Machine.202 Haberl Helmut, Ernst Kotzmann, Helga Weisz (Hgg.), Technologische Zivilisation und Kolonisierung von Natur (= iff -Texte 3, 1998).203 Diese Formulierung habe ich von Wolfgang Tomischko (pers. Komm.) übernommen. Ob sie auch anderswo in kritischer Absicht

gebraucht wird, ist mir nicht bekannt.204 Sieglerschmidt, Jörn, Die Mechanisierung der organischen Substanz. In: Teuteberg, Hans Jürgen et al. (Hgg.), Essen und kulturelle

Identität. Europäische Perspektiven (Berlin 1997) 336-355.205 Madison, Mark Glen, ‘Potatoes made of Oil’: Eugene and Howard Odum and the Origins and Limits of American Agroecology. In:

E&H 1997/3/2/209-238.

Page 44: SocialEcology - Universität Klagenfurt5 White, Richard, The Organic Machine. The Remaking of the Columbia River (New York 1995). 6 Hamlin, Christopher, Between Knowledge and Action:

hat in seinem Buch „Smallholders, Househol-ders“ die Ökologie der kleinbäuerlichen Familien-wirtschaft in einem weltweiten Vergleich unter-sucht. Seiner Ansicht nach bilden „nachhaltige“und „intensive“ Landwirtschaft nur dann einenGegensatz, wenn Intensivierung heißt, mehr Er-trag je Fläche zu erwirtschaften, nicht aber, wennmehr Ertrag je Arbeitsstunde gemeint ist206.

Im Kontext der Umweltpolitik, in dem alle in die-sem Kapitel besprochenen Texte mehr oderweniger stehen, fragt sich bald, wie man messenkann, vergleichen kann, Maßnahmen bewertenkann. Dies beeinflußt auch die Art, in der Um-weltgeschichte als ökologische Zeitgeschichteihre konzeptuellen Grundlagen erarbeitet. WelcheIndikatoren (d.h. allgemein, welche meßbarenVereinfachungen von Komplexität) zur Be-schreibung von Veränderungsprozessen gewähltwerden sollen, ist die viel diskutierte Frage. Nochbevor man diese Frage stellen kann, hat man sichauf ein Indikatorenkonzept eingelassen. DieseForm der Konzeptualisierung stellt, und dasbleibt trotz aller unbestrittenen Vorteile solcherKonzepte zu berücksichtigen, nur EINE Mög-lichkeit, Umweltgeschichte konzeptuell zubegründen207.

Umweltpolitik ist weitgehend nationalstaatlichwirksam, obwohl es eine Reihe internationalerVerträge gibt. Deswegen sind auch nationaleUmweltgeschichten ein wichtiges Gebiet derHistoriographie. In Samuel Hays’ „Beauty, Healthand Permanence“ wird die Umweltpolitik derVereinigten Staaten diskutiert, das Werk ist einesder bekanntesten umwelthistorischen Bücher208.Aus jüngerer Zeit stammt die, vorwiegend aufMaterial aus den U.S.A. und Großbritannienberuhende, aber andere englischsprachige Ländermit einbeziehende Arbeit von John McCormick,die die Globalisierung der Umweltbewegung zumGegenstand hat. Nebeneinander gelesen bildendie beiden Bücher einen guten Überblick209.Brian W. Clapp hat mit seiner „EnvironmentalHistory of Britain“ eine umfassende Arbeit fürden Zeitraum seit der Industriellen Revolution

vorgelegt, die sich an dem konventionellenThemenraster orientiert, der durch industrielleVerschmutzung und Naturzerstörung infolge vonErosion und Entwaldung abgesteckt ist210. FürÖsterreich haben Marina Fischer-Kowalski undHarald Payer die 50 Jahre seit 1945 behandelt211.Die bereits erwähnte Arbeit von François Walterbehandelt die Umweltgeschichte der Schweiz biszu den 80er Jahren212.

Den Abschluß dieser Suche nach einer Antwortauf die Frage „Was ist Umweltgeschichte?“ bil-den vier Texte, die sehr unterschiedlich sind, wasihre Länge, ihre literarische Qualität, ihre diszi-plinäre Herkunft und ihre wichtigsten Aussagenbetrifft. Sie bilden genau deswegen den Abschlußdieses Kapitels, weil sie so verschieden sind, umnoch einmal zu dokumentieren, daß eine Antwortauf die Frage, was Umweltgeschichte denn sei,nicht in einer Definition oder in der Nennung„des“ Buches zu suchen ist. Die Umweltge-schichte hat viele Gesichter. Das macht auch eineihrer Stärken aus.

* Bernd Herrmann, Biologe und langjährigerLeiter des Studiengangs Umweltgeschichte imFachbereich Biologie der UniversitätGöttingen, hat aus seiner Selbstdefinition alsGrenzgänger heraus ein Plädoyer für eineinterdisziplinäre Umweltgeschichte geschrie-ben, die sich nicht länger am Paradigma des inden Sozialwissenschaften längst diskreditierten„Human Exceptionalism“, dem Rekurs auf dieSondersituation des Menschen, orientierensollte. Das „New Environmental Paradigm“, indem Menschen als eine von vielen Spezies inden biotischen Gemeinschaften, die dasmenschliche soziale Leben ausmachen, gese-hen werden, sollte die Umweltgeschichte lei-ten. Viele der in den vorhergehenden Kapitelnpräsentierten Arbeiten tun dies, undHerrmanns Kritik richtet sich denn auch spe-zifisch an deutschsprachige Arbeiten, die die-sen Paradigmenwechsel noch nicht mitge-macht haben. Sein Bestreben um

Ein Überblick 43

206 Netting, Smallholders, Householders.207 Für die Anwendung des Indikatorenkonzepts z.B. Machlis, Gary E., Jo Ellen Force, William R. Burch Jr., The Human Ecosystem Part

I: The Human Ecosystem as an Organizing Concept in Ecosystem Management. In: Society and Natural Resources 10 (1007) 347-367und Force, Jo Ellen, Gary E. Machlis, The Human Ecosystem Part II: Social Indicators in Ecosystem Management. In: Society andNatural Resources 10 (1997) 369-382.

208 Hays, Samuel, Beauty, Health and Permanence: Environmental Politics in the United States, 1955-1985 (New York 1987).209 McCormick, John, The Global Environmental Movement (Chichester 1995).210 Clapp, Brian W., An Environmental History of Britain since the Industrial Revolution (London/New York 1994).211 Fischer-Kowalski, Marina, Harald Payer, Fünfzig Jahre Umgang mit Natur. In: Sieder, Reinhard, Heinz Steinert, Emmerich Tálos

(Hgg.), Österreich 1945-1995. Gesellschaft Politik Kultur. (=Österreichische Texte zur Gesellschaftskritik Bd 60, Wien 1995) 552-566.212 Walter, Bedrohliche und bedrohte Natur 162-195.

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Interdisziplinarität ist aber über diese Kritikhinaus programmatisch wichtig213.

* Rolf Peter Sieferle, Historiker mit dezidiertuniversalgeschichtlichem Interesse, hat einBuch geschrieben, 233 Seiten lang, kleinesFormat, nur 92 Fußnoten. Sieferle schreibt indeutscher Sprache, wie sonst nur englischgeschrieben wird: In fast literarisch anmuten-der Qualität gelingt es ihm, eine umfassendeGeschichte des Menschen und seiner Umweltzu präsentieren. Er bietet zu Beginn einen kur-zen Überblick darüber, was Natur sei. Sie wäreimmer nur als das Andere der Kultur konstru-ierbar, eine gesellschaftliche Gegenposition zurKultur. Danach entwickelt er seine Haupt-these: Er beschreibt die große Transfor-mation, in der sich die Menschheit, wie ermeint, gerade befindet. Das Fossilenergie-system wird zu Ende gehen, wenn dieLagerstätten ausgebeutet sind. Es ist „endlich“auch im menschlichen Maßstab. Was als die„Industriegesellschaft“ bezeichnet und alsquasi-endgültiger Zustand empfunden wird,wird enden, wenn die fossilen Ressourcen zuEnde sind. Deshalb leben wir in einem instabi-len Zustand, in einer Zeit, die man besser als„Transformationszeit“ bezeichnen würde. Wiesich die Landschaft mit der Änderung desEnergiesystems verändert, zeichnet Sieferleauch noch in knappen Worten nach. Sicher istfür Sieferle vor allem eines: Es gibt keinen Wegzurück zum kulturellen Muster agrarischerZivilisationen. Wenn es – so kann man heraus-lesen – Hoffnung auf eine Stabilisierung nachder Transformationszeit gibt, liegt sie in einemtechnischen Solarenergiesystem. Diese aus uni-versalgeschichtlicher Perspektive entwickeltenGedanken sollten alle jene nachdenklich stim-men, die für nachhaltig halten, was alt ist. Siesind gerade dann wichtig, wenn man dieGeschichte der agrarischen Zivilisationerforscht: Lernen aus der Geschichte kannkein zurück in die Geschichte erwirken214.

* Marina Fischer-Kowalski leitet ein interdiszi-plinäres Team, dem auch die Verfasserinangehört, eine Gruppe, in der u.a. die

Disziplinen Biologie, Ökonomie, Wasserwirt-schaft, Soziologie und Geschichte vertretensind. Die Abteilung, die den institutionellenRahmen für die Gruppe abgibt, heißt „SozialeÖkologie“ und das ist auch das Programm derGruppe. Auch hier finden sich also Grenz-gänger, auch im inhaltlichen Sinn: Die Grenzezwischen Natur und Gesellschaft und dieÜberschreitungen dieser Grenze durchGesellschaften werden in ihrer Art und inihrem materiellen Ausmaß untersucht. Diesgeschieht teils in universalgeschichtlicherPerspektive, teils an konkreten Fragen wie derGeschichte des Naturschutzes in Österreichoder der Veränderung der gesellschaftlichenEnergie-, Wasser- und Materialbilanzen in denletzten Jahrzehnten. Wesentlich daran er-scheint für die Umweltgeschichte aber vorallem eines: Mit der Theorie des gesellschaftli-chen Stoffwechsels und der Kolonisierung vonNatur wurde ein ganz einfacher Rahmengeschaffen, in dem Umwelteinflüsse, Umwelt-probleme, Umweltverbrauch und -zerstörung,aber auch, was noch wichtiger scheint, einesystemische Definition von nachhaltigerEntwicklung zu einem konsistenten Ganzenverwoben sind. Nur mit einer solchen Theorie,die sowohl die Anforderung erfüllt, einfachkommunizierbar zu sein, als auch theoretischkonsistent ist, lassen sich gerade die neuerenThemen der Umweltgeschichte wie menschli-che Eingriffe in die Evolution oder in dieBiosphäre als Ganzes befriedigend fassen215.

* Arthur McEvoy hat in seiner Beschreibungder Entwicklung der Fischindustrie inKalifornien von 1850 bis 1980 einenBrückenschlag zwischen Umwelt und Rechtgefunden, der ihm gleich vier Preise eingetra-gen hat, zwei davon in „Legal History“, den„George Perkins Marsh Price for Environ-mental History“, und einen für „OceanicHistory“. Diese Preise dokumentieren, unddeswegen zähle ich sie hier auf, daß guteUmweltgeschichte auch unter anderenKriterien gute Geschichte (in diesem FallRechtsgeschichte) ist. Ethnizität, Produktions-weise, rechtliche Regelungen, ökologische

Was ist Umweltgeschichte?44

213 Herrmann, Bernd, Umweltgeschichte als Integration von Natur- und Kulturwissenschaften. In: Bayerl,Günter, Norman Fuchsloch,Torsten Meyer, Umweltgeschichte - Methoden, Themen, Potentiale. Tagung des Hamburger Arbeitskreises für Umweltgeschichte,Hamburg 1994 (=Cottbuser Studien zur Geschichte von Technik, Arbeit und Umwelt (Münster/New York/München/Berlin 1996) 21-30. Die von Bayerl herausgegebene Reihe scheint sich als Platz zur Veröffentlichung für die deutsche Technik- und Umweltgeschichtezu etablieren, inzwischen sind mehrere Bände erschienen.

214 Sieferle, Rückblick.215 Fischer-Kowalski, Gesellschaftlicher Stoffwechsel. Vgl. einführend auch die kurze Darstellung in: Verena Winiwarter, Helmut Haberl,

Über die Machbarkeit globaler Kontrolle, In: Udo E. Simonis (ed.), Jahrbuch Ökologie 1999, (München 1998) 187-198 und einen ein-schlägigen Zeitschriftenband: Helmut Haberl, Ernst Kotzmann, Helga Weisz (Hg.), Technologische Zivilisation und Kolonisierung vonNatur.(= iff -Texte 3, 1998).

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Zusammenhänge, alles dies wird in einemstimmigen Gesamtbild präsentiert, in dem esletztlich modellhaft um ein Problem geht, dasdie Umweltgeschichte durchzieht: „TheFisherman’s Problem“ ist die traurigeGeschichte der Übernutzung von gemein-schaftlichen Ressourcen, die als Argumentdafür verwendet wird, den Privatbesitz anNatur immer weiter auszudehnen, obwohl –auch in diesem Fall – der vielbeschworeneBlick in die Geschichte lehrt, daß diese Formgesellschaftlicher Regelung von Umwelt sichweder im Sozialen noch ökologisch bewährthat216.

3.2.7 Zum Schluß

Was also ist Umweltgeschichte? Sie ist nicht nurein Tummelplatz für Scharlatane, ein Eldoradoder Buchbindersynthesen und eine Spielwiese fürdie, die immer schon gedacht haben, sie wüßtenes besser. Sie ist eine vielfältige, spannende undinnovative Forschungsrichtung, die, und dasunterscheidet sie grundsätzlich von anderenRichtungen, ihren Fortschritt nur interdisziplinärweiter betreiben kann. Der Weg der Inter-disziplinarität wird heute – wohl in unzulässigerVerallgemeinerung – als Königsweg der Wissen-schaft für mehr Relevanz, mehr Problemlösungs-kompetenz und mehr und bessere Ergebnisseganz allgemein gesehen. Ich habe zu zeigen ver-sucht, daß gerade interdisziplinäre historischeArbeit auf disziplinärer Kompetenz aufbauenmuß, was Quellen und ihre Interpretation angeht,will sie nicht in Gemeinplätze ausarten. An denArchiven führt ebenso wenig ein Weg vorbei wiean der Beschäftigung mit Naturwissenschaftenund ihren Methoden und Ergebnissen. Dafürkann auf diese Weise einiges geschehen, was dis-ziplinär nicht möglich wäre: Dabei geht es nichtum „Synthesen“, was immer man darunter ver-stehen will, sondern vor allem um qualitativ neueFragestellungen, die nur im interdisziplinärenArbeitsprozeß erschlossen werden können.

4 UMWELTGESCHICHTE UND IN-TERNET

Wie schon eingangs erwähnt, ist die Diskussions-liste der Amerikanischen umwelthistorischen

Gesellschaft ein wesentliches Kommunikations-medium, an dem auch europäische Histo-rikerInnen ohne Probleme teilnehmen können.Wer an einer intensiven Beteiligung an derDiskussion nicht interessiert ist, aber einige derDiskussionen im Nachhinein verfolgen möchte,ist mit der Homepage der ASEH gut beraten.Dort sind außerdem links zu anderen interessan-ten „sites“ zu finden, von denen vor allem jeneder Forest History Society, deren über 23.000Titel umfassende Bibliographie über Internetbenützbar ist, eine interessante Adresse ist217.Hier findet sich auch der Index aller Bände derZeitschrift Environmental History und ihrerVorläufer. An der Universität von Berkeley, CAfindet sich auch eine sehr umfangreicheBibliographie zur amerikanischen Umweltge-schichte, die ebenfalls sehr nützlich ist. WilliamKovarik, Autor eines im Internet zu lesendenBuches über Massenmedien und Umwelt, hateine „Environmental History Timeline“ aufge-baut, die zwar derzeit in Antike und Mittelalternoch dünn bestückt ist, aber an derenVerbesserung ständig gearbeitet wird, auch dortgibt es zahlreiche „links“218. Eine eigene, sehrspannende Quelle für Recherchen zum Stand desFaches ist die große Kollektion von Umwelt-geschichte-Kursen die von Carolyn Merchant ini-tiiert wurde und ständig erweitert wird.Schließlich gibt es auch noch einen von AlanMacEachern zusammengestellten Fernkurs zurnordamerikanischen Umweltgeschichte im„Web“, dessen Einführungen konzis und lesens-wert sind, und der auch eine Reihe von „links“ zuanderen guten Adressen enthält219.

Daneben haben viele Umwelthistoriker längstihre eigenen homepages, die man nach Bedarfansteuern kann, die aber von durchaus unter-schiedlicher Qualität sind220. Eine schnelleOrientierung zur neueren Literatur bietet die vomH-Net (der Dachorganisation, der auch H-ASEHangehört) zusammengestellte Liste aller innerhalbdes H-Net erschienenen Rezensionen221.

Wer Spaß am surfen hat, kann sich, ganz ohne einBlatt Papier in die Hand zu nehmen, vieleStunden lang mit Umweltgeschichte beschäftigen,das ist sicher. Viel weniger sicher ist, wie man mitdiesen elektronischen Ressourcen im wissen-

Ein Überblick 45

216 McEvoy, Fisherman’s Problem.217 http://www.lib.duke.edu/forest/ehmain.html218 Kovarik: http://h-net2.msu..edu/~aseh/syllabi

http://www.runet.edu/~wkovarik/hist/hist.html219 http://www.queensu.ca/pts/hist256.html220 Die „Links“ für Historikerinnen und Historiker der Homepage von Christian Pfister : http://www..cx.unibe.ch/hist/fru.fru-ind.thm-

führen sehr schnell zu nützlichen Informationen, und auch AHC (Association for History and Computing) bietet einiges an links:http://grid.let.rug.nl/ahc/welcome.html

221 http://www.h-net.msu.edu

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schaftlichen Kontext umgehen soll. Es reichtganz bestimmt nicht, so wie Christian Pfister inseinem Buch eine „telnet“ Adresse anzugeben,bei der man dann schon alles finden könne, derenErreichbarkeit aber selbst geduldigen Menscheneine schwere Aufgabe gibt, und die in dergebräuchlichen Suchweise (über www) nichterreichbar ist; deshalb ist besonders erfreulich,daß das Team um Pfister sich im Jahr 1998bemüht hat, die Informationen benutzerfreund-lich zu machen und nun Abfragen über wwwermöglicht, die eine einfache Benutzeroberflächezur Basis haben222 . Es reicht auch nicht, so wieRavi Rajan eine Internet- Adresse anzugeben, diezur allgemeinen homepage führt, und auf der dasvon ihm angekündigte Material dann gar nichtauffindbar ist223. Internetadressen müssen immermit einem genauen Datum versehen angegebenwerden, da sich die Information im „web“ vielschneller ändert als auf Papier, und sie müssendie genaue „URL“ angeben, nicht bloß eine über-geordnete homepage, von der man sich mühsamund langsam bis zu den gewünschtenInformationen durchhanteln muß224. Wer dabeieine Stärkung braucht, dem sei die „world famousnetworked coffee-machine“ der UniversitätCambridge (UK) anempfohlen225.

Die Nutzung des Internet wird sich auch im wis-senschaftlichen Bereich verstärken und gewisse„Spielregeln“ werden dazu im Lauf der Zeit ent-stehen. Als eine Einführung in die Geschichte-Ressourcen allgemein kann der Beitrag vonTantner gelten, doch veraltet die Information imInternet besonders schnell, weshalb extra daraufhinzuweisen ist, daß der Beitrag den Stand vonMitte 1995 wiedergibt226. Ob die elektronischeForm der Informationsverwaltung besondersökologisch ist, steht unter den Berechnern von„Ökobilanzen“ in Zweifel. Zwar spart mantheoretisch Papier (aber vieles wird auch ausge-druckt!) und sicher Reisegeld, aber dieProduktion von Computern ist auch nicht gera-de umweltfreundlich. Besonders effizient ist sienur dann, wenn alle mitgeteilten Adressen auchstimmen, worauf ich in diesem Kapitel große

Sorgfalt verwendet habe. Falls jemand vergeblichversucht, eine Adresse zu erreichen, bitte ich umNachricht (passenderweise elektronisch:[email protected]).

5. PERSPEKTIVEN DER UMWELT-GESCHICHTE IN ÖSTERREICH227

Der hier präsentierte Überblick über Umwelt-geschichte geht, wie eingangs betont, von persön-lichen Zugängen aus, und er geht auch von einemOrt aus; es liegt daher nahe, ans Ende desÜberblicks eine Beschreibung des Ortes zu stel-len, an dem er entstanden ist.

Im Amerika begann sich die Umweltgeschichte inden 70er Jahren zu konstituieren, in Europa dau-erte es bis in die 80er Jahre, bis sich wenigstensAnsätze zu einer Institutionalisierung zeigten;und in Österreich? Vorreiterrolle nimmt dieForschung in Österreich in diesem Fach sicherkeine ein. Doch es zeigen sich vermehrtSymptome dafür, daß Umweltgeschichte zumin-dest als Thema wahrgenommen wird, wenngleiches kaum Ansätze zu einer Konstituierung oderInstitutionalisierung gibt. Das ist schade. Schadevor allem deshalb, weil umwelthistorischeForschung zu Grundfragen österreichischerPolitik einiges beizutragen hätte: Natur- undUmweltschutz, nachhaltige Land- und Forst-wirtschaft, hochwertige Lebensmittel, alles dassind Themen, denen ein historisch informierterZugang gut täte: Zumal die naturräumlichenBedingungen der Alpen, der zentralen PeripherieEuropas, so einzigartig sind, daß wirUmweltpläne aller Art aus anderen Großräumenimmer an die Bedingungen unseres Raumesanpassen müssen. Selbst der globale Klimawandelstellt alpine Gegenden vor ganz andere Problemeals Flachländer. Die österreichische Forschungs-politik hat sich mit dem Forschungsschwerpunkt„Kulturlandschaftsforschung“, in dessenUmkreis auch die ursprüngliche Fassung diesesÜberblicks als Einleitung zu meiner Dissertationentstanden ist, auf die Beantwortung der Fragenach einer nachhaltigen Entwicklung österreichi-

Was ist Umweltgeschichte?46

222 Allgemeine Informationen zur Gruppe von Christian Pfister unter der bereits erwähnten Adresse: , zur Datenbank:www..cx.unib.ch/hist/fru/fru-bhi.htm sowie unter http://histserver.unibe.ch/bernhist

223 Rajan, Ravi S., Three Issues for Environmental Historans. In: E&H 1997/3/2/245-252, hier 250 Anm.5224 Alle hier angegebenen Adressen haben im Herbst 1998 funktioniert.225 Homepage: http://www.cam.ac.uk/ von dort mit einem Mausklick zur Kaffeemaschine, oder direkt

http://www..cl.cam.ac.uk/coffee/coffee.html.226 Tantner, Andreas, Internet für Historiker/innen, Teil III: WWW-Kataloge und Gateways für Geschichte-Ressourcen, In: ÖZG 6,3

(1995) 453-456.227 Dieses Kapitel dient der Übersicht über jene österreichische Literatur, die im Kapitel “Was ist Umweltgeschichte“ sonst nicht genannt

wurde.228 Winiwarter, Verena, Historische und Ökologische Prozesse in einer Kulturlandschaft. Umweltgeschichte als interdisziplinäre

Wissenschaft ungedr.phil.Diss Univ.Wien, 1998, XIII-LXXXII.

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scher Kulturlandschaften konzentriert228. Dorthat Umweltgeschichte einen – kleinen – und, wasschlimmer wiegt, passageren Platz. Betrachtetman, wie vielfältig die Ansätze zu einer Umwelt-geschichte in Österreich derzeit sind, bleibt nurdie Hoffnung, daß sich nach dem Ende diesesForschungsprogramms ein neuer Blumentopf fürdie im folgenden kurz vorgeführten zartenPflänzchen finden möge.

Die Situation in Österreich ist in einem der deut-schen nicht unähnlich: In beiden Fällen wurdeund wird Umweltgeschichte als Hoffnungsgebietder Vermittlung an Schüler gesehen, dieGeschichtsdidaktik nimmt in der Entwicklungdes Faches in Deutschland wichtigen Raum einund auch in Österreich ist die Verbindung deut-lich229. Die Rezeption der in diesem Zusammen-hang entstandenen Beiträge geht über den didak-tischen Rahmen hinaus. Sie werden auchaußerhalb dieses Bereiches in der Umwelt-geschichtsforschung zitiert.

Eine Tradition des Faches in Österreich ist nichtwirklich auszumachen, wenngleich sowohl dieForstgeschichte als auch die Wirtschafts- undSozialgeschichte wie die Technikgeschichte sichimmer wieder an umwelthistorische Fragestel-lungen annähern (diese zum Teil auch mit deneigenen verwechselnd). Als typisch für dieAuffassung eines Wirtschaftshistorikers darf dieMeinung von Roman Sandgruber gelten, daß imPrinzip alles Themen der Umweltgeschichteseien, wie das schon bei der Sozialgeschichte undder Frauengeschichte der Fall gewesen sei230. Imgleichen Aufsatz kommt Sandgruber zu derFeststellung, daß Interdisziplinarität mit Natur-und Technikwissenschaften für die Umwelt-

geschichte unverzichtbar sei231 Er verweist dabeiauf den zweiten größeren im Bereich derGeschichtsdidaktik erschienenen Sammelband –wieder ein Hinweis auf die enge Verbindung vonUnterricht und Umweltgeschichte232. Diese engeVerbindung wird aber auch direkt angesprochen:„das aus der Geschichte lernen liegt beim ThemaUmwelt wahrscheinlich näher als bei vielen ande-ren und traditionsreicheren Themen undFragestellungen der Geschichtsforschung.“233.Auch Sandgruber rezipiert in seinem Aufsatz dieEntwicklung in der angelsächsischen Literaturkaum, seine Fußnote zur „neuesten Literatur“empfiehlt neben dem kursorischen Hinweis aufden „Environmental History Newsletter“ deut-sche Sammelbände234. Der Aufsatz, aus demdiese Zitate stammen, ist der erste in einemThemenheft „Umweltgeschichte“ der Zeitschrifthistoricum vom Winter 92/93. In diesem Heft istmit einem Aufsatz von Friedrich Kral auch derquartärgeologische oder historisch-geographischeZugang vertreten235. Ein Positivbeispiel aus jün-gerer Zeit ist hingegen ein Sammelband über dieUmweltgeschichte Innsbrucks236. Auch in Öster-reich spielen Tagungen als Anregungen zuPublikationstätigkeit eine Rolle. Der in „MediumAevum Quotidianum“ erschienene Aufsatz„Umweltbewältigung. Historische Muster desUmgangs mit der Krise“ wurde als Grundlage füreine Diskussionsveranstaltung geschrieben, undauch der darin enthaltene aus technikhistorischerPerspektive geschriebene Aufsatz von StefanPoser wurde von diesem Anlaß angeregt237.

Die Entwicklung einer österreichischen Umwelt-geschichte scheint vorderhand – wie auch bei derUmweltgeschichte Innsbrucks – auf studenti-schem Arbeitseifer zu beruhen und sich wenig

Ein Überblick 47

229 Vgl. die Beiträge in Geschichtsdidaktik 3 , 1986: Hanke, Eckard, Unser Wald stirbt. Unterrichtsentwurf für die Sekundarstufe I (Klasse8-10 Hauptschule) 239-243; Radkau, Joachim, Vorsorge und Entsorgung. Geschichte und historischer Ausblick in der Mensch-Umwelt-Beziehung 209-222; Reinhart, Günter, Umwelterziehung im Geschichtsunterricht 244-256; Schmidt, Wolf, Rauchplage - Seuchen -Atomenergie. Neue Literatur zur Umweltgeschichte 265-282; Schmidt, Wolf, „Umwelt hat Geschichte“ - Schülerwettbewerb DeutscheGeschichte 1986/87 306-307. In Österreich vergleichbar: Beiträge zur historischen Sozialkunde 4/90 mit Aufsätzen von: Sandgruber,Roman, Umwelt und Geschichte 111-117, Brunner, Karl, Umwelt und mittelalterliche Geschichte 118-123, Valentinitsch, Helfried,Umweltprobleme. Das Beispiel der innerösterreichischen Länder in der frühen Neuzeit 124-127, Eichelter-Sennhauser, Ida und KonradPohl, Volksbotanik - die gemeinsame Geschichte von Mensch und Pflanze 128-130.

230 Sandgruber, Roman, Umweltgeschichte - eine neue Disziplin? In: historicum 32 (Winter 92/93) 14-17, hier 15.231 ebd. 14.232 Der Autor verweist auf das Heft 3 der Werkstatt Geschichte vom Oktober 1992. ebd. 17, Anm 3 und 5.233 ebd. 15-16.234 In seinem 2 Jahre zuvor erschienenen Aufsatz: Sandgruber, Roman, Umwelt und Geschichte In: Beiträge zur historischen Sozialkunde

4 (1990) 111-117 bietet Sandgruber eine wesentlich ausführlichere Bibliographie, in der einige englischsprachige Werke zitiert werden.235 historicum 32 (Winter 92/93): Sandgruber, Roman, Umweltgeschichte - eine neue Disziplin? 14-17; Kral, Friedrich, Die Geschichte des

Waldes 18-22; die anderen Beiträge sind bis auf Winiwarter, Verena, Historische Umweltbewältigung 36-39 von deutschen KollegInnenverfaßt.

236 Dietrich, Elisabeth (Hg.), Stadt im Gebirge. Leben und Umwelt in Innsbruck im 19. Jahrhundert (Innsbruck/Wien 1996).237 Jaritz, Gerhard, Werner Schwarz, Verena Winiwarter, Umweltbewältigung. Historische Muster des Umgangs mit der Krise. Einige

Diskussionsanregungen zum gleichnamigen internationalen Arbeitsgespräch, Krems 13. Und 14. Dezember 1991, 7-19; Poser, Stefan,Umwelt und Technik. Ein Plädoyer für Umwelt und Umweltgeschichte 20-27, beide In: Medium Aevum Quotidianum 24, 1991.

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universitärer Anbindung erfreuen zu können238.Die Qualität der studentischen Arbeiten zurUmweltgeschichte ist nicht immer so, wie man essich wünschen würde, doch soll hier bewußt aufdie Aufzählung von Negativbeispielen verzichtetwerden, weil die mangelnde Betreuung nicht denDiplomandInnen anzulasten ist. Die Genanntenstellen allesamt gute und fundierte Studien dar.Auch in Österreich gilt die Klimageschichte alsUmweltgeschichte, eine Sicht, die leider oft darinmündet, einzig Klimageschichte als Umwelt-geschichte wahrzunehmen und damit eineVerengung des Blicks herbeizuführen, die von derVielfalt des Faches ablenkt. Das zweiteThemenheft des „historicum“ zur Umweltge-schichte ist ein Heft zum historischen Verlauf desKlimas, in dem außer den beiden in Österreichhistorisch arbeitenden Meteorologen noch derLinzer Historiker Gottfried Zotl auf seineDiplomarbeit aufbauend zur Klimageschichtevon Linz berichtete239.

Daneben gibt es graue Literatur, die mangelsRessourcen auch nicht so bald weiß gemacht wer-

den wird, Forschungsberichte und Vortrags-manuskripte, die ich hier nicht einzeln nenne, weilkaum Hoffnung besteht, daß die LeserInnen sichdie Arbeiten besorgen könnten. Aber eines mußabschließend gesagt werden: Ideen undInteressentInnen gäbe es genug, und auch dieQuellenlage ist nicht schlechter als anderswo, esmuß an anderen Problemen liegen.

Eines der Probleme der österreichischen Um-weltgeschichte ist sicher der mangelnde Zugriffauf die internationale Literatur. Um dieBibliographie dieser Arbeit zusammenzustellenwaren zahllose Fernleihescheine auszufüllen undviele Wiener Bibliotheken abzugrasen. Diewesentlichsten Zeitschriften gibt es an keiner dergroßen Bibliotheken, und manche sind in ganzÖsterreich nicht aufzutreiben. Da dieser Band derSchriftenreihe Soziale Ökologie auch eine kom-mentierte Bibliographie darstellt, hoffe ich,zumindest zur Lösung dieses Problems der öster-reichischen Umweltgeschichte beigetragen zuhaben.

Was ist Umweltgeschichte?48

238 Békési, Sándor, Der integrative Rahmen von Umweltgeschichte. Vergleichende Überlegungen zum frühneuzeitlichen Bergbau. In:Mitteilungen der österreichischen Gesellschaft für Wissenschaftsgeschichte 16 (1996) 115-137; ders., Umweltgeschichte. Der andereBlick in die Vergangenheit. Eine Zusammenschau, In: Zeitraum. Zeitschrift für historische Vielfalt NF 3, 1 (1996) 5-20, Schmid, MartinA., Gedanken zu einer Umweltgeschichte des Mittelalters, ebd. 21-29. Die Beiträge in Winiwarter, Verena (Hg.), Bodenfruchtbarkeit undSchädlinge im Kontext von Agrargesellschaften (=IFF Soziale Ökologie Schriftenreihe Band 51): Krausmann, Fridolin, Von derErhaltung der Bodenfruchtbarkeit zur Steigerung der Erträge 5-26; Dirlinger, Helga, Methoden zur Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit.Vom geschlossenen zum offenen System 27-39; Fliegenschnee, Martin, Anwendung und Überprüfung des Konzeptes derKolonisierungstheorie an Hand der Methoden der Schädlingsbekämpfung nach Rudolf Steiner 41-53; Liska, Gerhard, “Doch die sched-lichen Meuse frassen mir alles weg.“ 61-88, Schmid, Martin A., Magie in der Kolonie 89-112 sind im Rahmen des Programmbereichs“Kulturelle Evolution“ des IFF unter der Leitung der Autorin im Rahmen von Lehrveranstaltungen und einem daran anschließendenProjekt entstanden.

239 historicum (Frühling 1993) mit folgenden österreichischen Beiträgen: Böhm, Reinhard, Geschichte der Temperatur 15-24; Auer,Ingeborg, Zur Geschichte der Niederschläge - Unter besonderer Berücksichtigung Österreichs seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts25-32, Zotl, Gottfried, Die Klimageschichte der Stadt Linz 33-37.

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Ein Überblick 49

Achilles, Walter, Umwelt und Landwirtschaft invorindustrieller Zeit. In: Herrmann, Bernd (Hg.),Umwelt in der Geschichte (Göttingen 1989) 77-88.

Allitt, Patrick, Rezension: Evernden, Neil, TheSocial Creation of Nature (Baltimore 1992). In:EHR 1993/4/95-97.

Andersen, Arne, Historische Technologiefol-genabschätzung. Das Beispiel des Metallhütten-wesens und der Chemieindustrie. In: Abelshauser,Werner (Hg.), Umweltgeschichte: umweltverträg-liches Wirtschaften in historischer Perspektive. (=Geschichte und Gesellschaft: Zeitschrift fürhistorische Sozialwissenschaft, Sonderheft 15,Göttingen 1994) 76-105.

Andersen, Arne, Über das Schreiben von Um-weltgeschichte. In: Simon, Christian (Hg.), Um-weltgeschichte heute: Neue Themen und Ansätzeder Geschichtswissenschaft - Beiträge für dieUmwelt-Wissenschaft, Environmental HistoryNewsletter, Special Issue 1 (1993) 44-57.

Arnold, David, The Problem with Nature.Environment, Culture and European Expansion(Oxford, 1996).

Arnold, Klaus, Die Einstellung zum Kind imMittelalter. In: Herrmann, Bernd (Hg.), Menschund Umwelt im Mittelalter (Stuttgart 1986) 53-64.

Auer, Ingeborg, Zur Geschichte der Nieder-schläge - Unter besonderer BerücksichtigungÖsterreichs seit der Mitte des vorigen Jahr-hunderts. In: historicum (Frühling 1993) 25-32.

Bayerl, Günter, Norman Fuchsloch, TorstenMeyer (Hgg.), Umweltgeschichte - Methoden,Themen, Potentiale (=Cottbuser Studien zurGeschichte von Technik, Arbeit und UmweltBand 1 (Münster/New York/Berlin 1996).

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