Skript zur Begleitung - Datentechnik...Zu beachten sind die unterschiedlichen Missweisungsangaben:...
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Skript zur Begleitung
für
Sportseeschifferschein
und
Sporthochseeschifferschein
Lutz Böhme
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Skript zur Begleitung für
Sportseeschifferschein und
Sporthochseeschifferschein
Lutz Böhme
Ausgabe Januar 2020
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Inhalt
Sportseeschiffer- und Sporthochseeschifferschein ............................................................................................ 9
Theoretische und praktische Prüfung ..............................................................................................................10
Theoretische Prüfung ...................................................................................................................................10
Strategie für die theoretische Prüfung .....................................................................................................11
Praktische SSS-Prüfung .................................................................................................................................11
Strategie für die praktische Prüfung ........................................................................................................11
SSS-Praxis-Prüfungsprotokoll ...................................................................................................................12
Terrestrische Navigation ..................................................................................................................................15
Nautische Unterlagen ...................................................................................................................................15
Seekarte ........................................................................................................................................................16
Magnetkompass ...........................................................................................................................................17
Ablenkung, Deviation ...................................................................................................................................18
Missweisung, Deklination .............................................................................................................................19
Kursumwandlungsschema ............................................................................................................................20
Feststellen der Ablenkung ............................................................................................................................21
Beschickungen der Peilungen .......................................................................................................................24
Peilung mit Peilaufsatz auf dem Steuerkompass .....................................................................................24
Peilung mit Seitenpeilscheibe und Steuerkompass .................................................................................25
Radarseitenpeilung mit Steuerkompass ...................................................................................................25
Rechtsweisende Radarpeilung .................................................................................................................25
Peilung mit dem Handpeilkompass ..........................................................................................................25
Positionsbestimmung durch Standlinien ......................................................................................................26
Kreuzpeilung .............................................................................................................................................26
Versegelungspeilung ................................................................................................................................26
Abgestumpfte Doppelpeilung ..................................................................................................................26
Radarpeilung.............................................................................................................................................26
Leuchtfeuer in der Kimm ..........................................................................................................................27
Lotung und Richtungspeilung ...................................................................................................................27
Funkpeilungen (RC, LORAN-C, GPS) ..........................................................................................................27
Gezeitenkunde .................................................................................................................................................31
Ursachen der Gezeiten .................................................................................................................................31
Ungleichheiten der Gezeiten ........................................................................................................................33
Alter der Gezeit ............................................................................................................................................34
Gezeitenhöhenberechnung ..........................................................................................................................36
Zeitangaben in Tidenunterlagen ..................................................................................................................36
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Definitionen und Begriffe um die Gezeitenhöhe .........................................................................................37
Gezeitengrundwerte an Bezugsorten ..........................................................................................................38
Arbeiten mit Gezeitenkurven an Bezugsorten .............................................................................................38
Berechnung von Passierzeiten .....................................................................................................................41
Gezeitengrundwerte an Anschlussorten ......................................................................................................42
Bestimmung der Zeitunterschiede zwischen Bezugs- und Anschlussort .................................................43
Bestimmung der Höhenunterschiede zwischen Bezugs- und Anschlussort.............................................43
Arbeiten mit Gezeitenkurven an Anschlussorten ........................................................................................45
Jahreszeitliche Einflüsse ...............................................................................................................................47
Gezeitenströmungen ....................................................................................................................................48
Gezeitenströmungsangaben in Seekarten ...................................................................................................49
Gezeitenströmungsangaben in Stromatlanten ............................................................................................50
Gezeiten in der Praxis und in der Prüfung ....................................................................................................51
Höhen- und Tiefenangaben in nautischen Unterlagen ................................................................................52
Begriffe aus der Gezeitenkunde und -berechnung und deren Übersetzung ...............................................53
Formblatt ATT ...............................................................................................................................................54
Formblatt alternativ .....................................................................................................................................55
Formeln für die Gezeitenkunde ....................................................................................................................56
Elektronische Navigation ..................................................................................................................................59
Echolot, Logge ..............................................................................................................................................59
Windmesseinheit ..........................................................................................................................................59
Elektronischer Kompass ...............................................................................................................................60
Autopilot .......................................................................................................................................................60
Globale Positionsbestimmungs Systeme .....................................................................................................61
GPS-Verbesserungssysteme .........................................................................................................................62
Satellitengestützt ......................................................................................................................................62
Funkgestützt .............................................................................................................................................62
GPS-Anzeige und übliche Abkürzungen .......................................................................................................62
Kartenplotter ................................................................................................................................................63
ECDIS .............................................................................................................................................................63
Systemvernetzung ........................................................................................................................................64
Radar ............................................................................................................................................................64
Technische Grundlagen ................................................................................................................................65
Radarauflösung und -verformung ............................................................................................................66
Grundeinstellungen am Radargerät .............................................................................................................67
Gerät einschalten .....................................................................................................................................67
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7
Abstimmung .............................................................................................................................................68
Interferenz-Unterdrückung ......................................................................................................................68
Verstärkung ..............................................................................................................................................68
Filter gegen Regenechos ..........................................................................................................................68
Filter gegen Seegangechos .......................................................................................................................68
Radarfunktionen ...........................................................................................................................................69
Messung der Entfernung und Peilung ......................................................................................................69
Headmarker ..............................................................................................................................................69
Offcenter ..................................................................................................................................................70
Darstellungsarten .........................................................................................................................................70
Vergleich der Darstellungsarten ...................................................................................................................71
Einschränkungen der Radartechnik ..............................................................................................................71
Abschattung ..............................................................................................................................................71
Mehrfachechos .........................................................................................................................................71
Nebenzipfelechos .....................................................................................................................................71
Nahbereich ...............................................................................................................................................71
Positionsbestimmung mit Radar ..................................................................................................................72
Radom ..........................................................................................................................................................73
Radarreflektor ..............................................................................................................................................73
RACON ..........................................................................................................................................................74
Automatisches Identifikationssystem ..........................................................................................................75
Vergleich AIS zu Radar ..................................................................................................................................77
Weltweites Seenot- und Sicherheitssystem - GMDSS ..................................................................................78
UKW-Funk .................................................................................................................................................79
Digitaler Selektivruf ..................................................................................................................................80
NAVTEX .....................................................................................................................................................80
COSPAS/SARSAT .......................................................................................................................................80
Radar - SART .............................................................................................................................................82
AIS-SART ...................................................................................................................................................82
Inmarsat ....................................................................................................................................................82
EGC-Empfänger ........................................................................................................................................83
Verhalten von Fahrzeugen bei verminderter Sicht ..........................................................................................87
Radarplotten .....................................................................................................................................................90
Plotting – Head Up .......................................................................................................................................90
Plotting – North Up ......................................................................................................................................94
Hilfsmittel - Logarithmus-Maßstab ..............................................................................................................97
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Radarplotting – Manövertaktik ....................................................................................................................98
Manöversituation – 3 Fahrzeuge................................................................................................................101
Anhang: Abkürzungen zum Radarplotten ..................................................................................................103
Plottingdiagramm .......................................................................................................................................104
Literaturverzeichnis ........................................................................................................................................105
Stichwortverzeichnis ......................................................................................................................................106
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Allgemeine Informationen
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Sportseeschiffer- und Sporthochseeschifferschein
Der Sportseeschiffer- (SSS) und Sporthochseeschifferscheine (SHS) sind freiwillige amtliche deutsche
Führerscheine und oberhalb von Sportbootführerschein-See und Sportküstenschifferschein angesiedelt.
Auszug aus der offiziellen Deutscher Segler Verband (DSV) Führerscheinübersicht:
Der Sportseeschifferschein (SSS) ist der amtliche
Führerschein zum Führen von Yachten mit Antriebsmaschine
und unter Segel in küstennahen Seegewässern (alle Meere bis
30 Seemeilen sowie gesamte Ost- und Nordsee, Englischer
Kanal, Bristolkanal, Irische und Schottische See, Mittelmeer
und Schwarzes Meer). Er ist vorgeschrieben zum Führen von
gewerbsmäßig genutzten Sportbooten in den küstennahen
Seegewässern.
Voraussetzungen:
- Alter ab 16 Jahre - Besitz Sportbootführerschein-See (SBF-See) - 1000 sm als Wach-/Schiffsführer auf Yachten nach
Erwerb des SBF-See oder
- 700 sm nach Sportküstenschifferschein (SKS)
Der Sporthochseeschifferschein ist der amtliche Führerschein
zum Führen von Yachten mit Motor und unter Segel in der
weltweiten Fahrt (alle Meere). Er ist vorgeschrieben zum
Führen von gewerbsmäßig genutzten Sportbooten in der
weltweiten Fahrt.
Voraussetzungen:
- Alter ab 18 Jahre - Besitz Sportseeschifferschein (SSS) - 1000 sm als Wach-/Schiffsführer auf Yachten im
Seebereich (nach Erwerb SSS)
Die deutschen Sportbootführerscheine sind bei der Definition eines Sportbootes, den Einsatzzwecken und
den Gültigkeitsbereiche ungefähr vergleichbar mit den englischen Lizenzen.
Deutsch Englisch
Sportküstenschiferschein Yachtmaster Coastal
Sportseeschifferschein Yachtmaster Offshore
Sporthochseeschifferschein Yachtmaster Ocean
Die Voraussetzungen, Prüfungsinhalte und Prüfungsdauer sind jedoch zwischen den deutschen und den
englischen Führerscheinen erheblich unterschiedlich.
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Allgemeine Informationen
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Theoretische und praktische Prüfung
Die Durchführungsrichtlinien (können beim Lenkungsausschuss für SSS/SHS unter www.DSV.org oder
www.elwis.de heruntergeladen werden) listen die Inhalte und Abläufe für die theoretische und praktische
Prüfung auf. Beim SHS gibt es (außer der Handhabung des Sextanten) keine praktische Prüfung.
Die Gesamtprüfung im SSS muss insgesamt (Theorie und Praxis) innerhalb von 36 Monaten abgeschlossen
werden, sonst verfallen bereits bestandene Prüfungsteile.
Theoretische Prüfung
Der Gesamtablauf einer
theoretischen Prüfung umfaßt
üblicherweise ein Wochen-
ende. Von den rechts aufge-
listeten Abläufen kann der
jeweilige Prüfungsausschuss
abweichen. Die jeweilige Dauer
ist jedoch fest vorgegeben.
Die vier (im SSS) bzw. drei (im
SHS) Theorieteilprüfungen
können vom Prüfling beliebig
kombiniert oder einzeln an
einem Prüfungstermin abgelegt
werden, müssen aber innerhalb
von 24 Monaten bestanden
werden, sonst verfallen bereits
errungene Teile.
Der Prüfling muss für das Fach Navigation die Übungsseekarte BA 2656, das Begleitheft mit Formelsammlung
sowie sein Navigationsbesteck mitbringen. Vordrucke für Gezeitenkunde, Radarplotting (im Fach
Schifffahrtsrecht) und Astronavigation (nur SHS) werden oft (aber nicht immer) gestellt und sollten somit
ebenfalls selbst mitgebracht werden. Eigene Vordrucke müssen den Vorgaben des Lenkungsausschusses
entsprechen. Für die Navigation sind nur nicht programmierbare Taschenrechner zugelassen. Eine
entsprechende Übersicht sowie Vordrucke sind unter www.DSV.org einsehbar bzw. herunterzuladen
(Taschenrechner-Tipp: CASIO fx-911DE-X). Für das Radarplotten im Schifffahrtsrecht ist kein Taschenrechner
erlaubt.
Eine mündliche Nachprüfung ist erforderlich, wenn in einem Fach 55% bis 65% der Punktzahl erreicht
wurden. Oberhalb von 65% gilt eine Prüfung als direkt bestanden, unterhalb von 55% als durchgefallen.
Bei Nichtbestehen einzelne Prüfungsfächer können diese nach einer Sperrzeit von 2 Monaten wiederholt
werden.
Die Prüfungsgebühr ist unabhängig von der Anzahl der gebuchten Prüfungsfächer für einen Prüfungstermin
gleich.
Abb.: Ablauf der Theorieprüfung
1. Tag, Samstag
SSS SHS
Navigation (120 Minuten)
09:00 – 11:00
Navigation (150 Minuten)
09:00 – 11:30
Seemannschaft (45 Minuten)
11:30 – 12: 15
anschließend praktische
Prüfung am Sextanten
Schifffahrtsrecht (60 Minuten)
13:00 – 14:00
Schifffahrtsrecht (45 Minuten)
13:00 – 13:45
Wetterkunde (45 Minuten)
14:15 – 15:00
Wetterkunde (45 Minuten)
14:15 – 15:00
mündl.: Handhabung von
Yachten / Seemannschaft
(15 Minuten)
2. Tag, Sonntag
• Bekanntgabe der Ergebnisse der schriftlichen Prüfung
• Ggf. mündliche Nachprüfungen
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Terrestrische Navigation
13
Terrestrische
Navigation
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Terrestrische Navigation
16
Seekarte
Sowohl im SSS als auch im SHS wird die
terrestrische Navigation in der Übungsversion der
amtlichen englischen Seekarte 2656 „English
Channel Central Part“ durchgeführt. Diese Karte ist
mit dem Maßstab von 1:325.000 (laut BSH
Handbuch für Brücke und Kartenhaus) eine
Küstenkarte (engl.: coastal) und somit für die finale
Ansteuerung eigentlich zu ungenau auflöst.
Trotzdem wird in den Prüfungen meist nur eine
Positionsgenauigkeit von ±0,2‘ in der Breiten- und
±0,3‘ in der Längengradangabe toleriert. Dies
erfordert sehr genaues Zeichnen in der Karte.
Die Seekarte 2656 beinhaltet eine große Anzahl
nautischer Hinweise. So stehen im oberen linken Teil
Informationen über die Bezugsebene der
Tiefenangaben (dt.: „Kartenull“, engl.: „Chart
Datum“), welches hier auf die „astronomisch
niedrigste Tide“ (engl.: lowest astronomical tide,
LAT) bezogen ist.
Unterstrichene Höhenangaben sind trockenfallend
und liegen oberhalb von Kartennull. Alle anderen
Höhenangaben (z.B. Landmarken) liegen oberhalb
des mittleren Springhochwassers (engl.: Mean High
Water Spring).
Die Seekarte ist in „Mercator Projection“ nach dem
Referenzmodel „World Geodetic System 1984“
(WGS 84) erstellt.
Durch Rahmen in der Seekarte markierte Detail-
karten (z.B.: 2613, 2644) unterliegen jedoch dem
Referenzmodel „European Datum 1950“.
Entsprechende Positionskorrekturen zwischen den
Systemen sind angegeben.
Im rechten Teil der Karte 2656 liegt der nullte Längengrad (λ = 000°). Somit muss beim Ablesen oder beim
Eintragen von Positionen sehr auf die Langengradangabe („W“ oder „E“) geachtet werden.
Zu beachten sind die unterschiedlichen Missweisungsangaben: im westlich Kartenteil von λ = 002° W gilt
„4°00,0‘ W 2000 (9’ E)“, im östlichen Teil „3°05‘ W 2000 (8’ E)“. Die Prüfungsaufgaben sind jedoch
üblicherweise für das Jahr 2005 gestellt, was zu einer „Aktualisierung“ der benötigten Missweisung führt.
Siehe Kapitel „Kursumwandlung“.
Abb.: Auszug Seekarte 2656 mit Hinweisen
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Terrestrische Navigation
19
Missweisung, Deklination
Die Rose eines Magnetkompasses richtet sich nach den ihn umgebenden Magnetfeldlinien aus (wie im
vorherigen Kapitel erläutert, eine Überlagerung aus Erd- und Schiffsmagnetfeld). Das Erdmagnetfeld zeigt
seinerseits nicht zwangsläufig zum magnetischen Nordpol, sondern kann durch geologische Effekte davon
erheblich abweichen. Diese Abweichung heißt Ortsmissweisung, kurz Missweisung (engl.: variation) oder
Deklination (nicht zu verwechseln mit der Deklination in der Astronomischen Navigation). Darüber hinaus
verändert sich die Ortsmissweisung im Laufe der Zeit. In Seekarten ist die vorausberechnete Missweisung
(Mw) für ein bestimmtes Jahr und deren ungefährer jährlichen Änderung angegeben. (Anmerkung: Die sehr
langfristige Vorhersage ist schwierig.)
Vor Anwendung einer Missweisungsangabe muss diese somit ggf. erst auf das aktuelle Jahr hochgerechnet
werden. Eine anschließende Rundung auf ganze Grad ist für die Praxis ausreichend genau.
Die Ortsmissweisung beträgt hier 1° und 35‘ nach Westen im
Jahr 2018. Für jedes weitere Jahr ändert sich diese um 5‘ nach
Osten. So ergibt sich für das Jahr 2020: Mw = 01°25‘ W ≈ 1° W.
Als reiner Zahlenwert: Mw = -1°
Tipp: Ab 30‘ wird auf volle Grad auf- bzw. abgerundet!
Bei der Berechnung von Kursen mit der Missweisung werden die West- oder Ostangaben hinter den
Zahlenwerten in Vorzeichen umgewandelt. Es gilt: westliche Missweisung = negatives Vorzeichen (da der
Kompass prinzipiell zu viel anzeigt und der angezeigte Wert verkleinert werden muss), östliche Mw = positives
Vorzeichen (da der Kompass zu wenig anzeigt und der Wert vergrößert werden muss).
So würde aus Mw = 1° W dann Mw = -1° oder aus Mw = 5° E wird Mw = +5°. „E“ ist die Abkürzung von engl.
„East“ also „Ost“, welche nicht mit der Ziffer „0“ verwechselt werden kann. Diese Abkürzung hat sich so auch
in der deutschen Navigation etabliert.
Alle Systeme – auch elektronische Kompasse – die das Erdmagnetfeld messen, unterliegen einer Ablenkung
und der Missweisung. Die Anzeige zeigt also weder direkt zum magnetischen, geschweige denn zum
geographischen Nordpol.
Erst nach der Addition der jeweiligen
Missweisung (Mw) zu dem
missweisenden Kurs (mwK) ergibt sich
der rechtweisende Kurs (rwK).
Dieser rechtweisende Kurs (engl.: true
heading) darf (so lange keine Wind-
oder Stromabdrift in‘s Spiel kommt)
als Kartenkurs (KaK) in die Seekarte
eingezeichnet werden.
Sauber strukturiertes Aufschreiben in
einem vollständigen Kursumwand-
lungsschema (siehe rechts) hilft nicht
nur Vorzeichenfehler zu vermeiden.
1°35’ W 2018 (5‘ E)
Abb.: Missweisungsangabe in Seekarte
Abb.: Kursumwandlungsschema mit Korrektur der Magnet-
kompasskursablesung um Ablenkung und Missweisung
1. Beispiel 2. Beispiel
Magnetkompasskurs MgK 070° 275°
+ Ablenkung + Abl + (+11°) + (-6°)
= missweisender Kurs = mwK = 081° = 269°
+ Missweisung + Mw + (-1°) + (+5°)
= rechtweisender Kurs = rwK = 080° = 274°
Im 1. Beispiel: Mw = 1° W und im 2. Beispiel: Mw = 5° E
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Terrestrische Navigation
20
Kursumwandlungsschema
Das Kursumwandlungsschema listet alle Schritte vom abgelesen Magnetkompasskurs über Ablenkung und
Missweisung bis zum rechtweisenden Kurs auf. (Später folgen noch die Zeilen für Wind- und
Strombeschickungen bis zum Kurs-über-Grund.) So kann der Navigator nach der Frage an den Rudergänger
„Welcher Magnetkompasskurs liegt gerade an?“, den in die Seekarte einzutragenden Kurs berechnen.
Soll der Rudergänger ein bestimmtes Zeil ansteuern, ist der rechtweisende Kurs gegeben und der
Magnetkompasskurs muss berechnet werden.
Es gibt nun zwei Methoden. Die erste ist die Nutzung des gleichen Kursumwandlungsschemas wie bisher, nur
dass die Werte von unten beginnende eingetragen werden. Dabei muss jedoch in den Zeilen für Missweisung
und Ablenkung mit dem jeweils umgekehrten Vorzeichen nach oben gerechnet werden. Merksätze wie:
„…vom falschen zum richtigen…“ finden in den Ohren eines Mathematikers sicher wenig Zustimmung. Bei
viele Navigatoren hat sich diese Vorgehensweise jedoch durchgesetzt.
Die zweite Methode ist das vollständige Neuschreiben des Schemas in der nun mathematisch richtigen
Schreibweise. Dabei steht der Ausgangswert oben und das Ergebnis unten. Oben somit der rechtweisende
Kurs und unten der Magnetkompasskurs. Die Rechenfunktion ist in beiden Fällen eine Subtraktion!
Unabhängig ob nach erster oder zweiter Methode,
immer muss die Ablenkung vom missweisenden Kurs
(nicht mehr vom Magnetkompasskurs – der ja noch
nicht vorliegt) aus bestimmt werden. Die bisherige
Ablenkungstabelle ist somit ungeeignet, da sich diese
immer auf den Magnetkompasskurs beziehen.
Für diese umgekehrte Betrachtung – vom mwK aus – ist
die Ablenkung in der so genannten Steuertafel
aufgelistet. Diese zwei getrennten Darstellungen der
Ablenkung – in Ablenkungs- und Steuertafel – ist immer
dann erforderlich, wenn die Ablenkungswerte 5° über-
schreiten.
Abb.: Kursumwandlungsschema vollständig
Abb.: Beispiel einer Ablenkungs- und Steuertafel für
den fest eingebauten Steuerkompass einer Yacht
Vom MgK zum rwK Vom rwK zum MgK
Magnetkompasskurs MgK rwK rechtweisender Kurs
+ Ablenkung + Abl - Mw - Missweisung
= missweisender Kurs = mwK = mwK = missweisender Kurs
+ Missweisung + Mw - Abl - Ablenkung
= rechtweisender Kurs = rwK = MgK = Magnetkompasskurs
minus
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Terrestrische Navigation
21
Feststellen der Ablenkung
Durch Vergleichen einer magnetischen mit einer rechtweisenden Peilung kann die Ablenkung eines
Kompasses bestimmt werden. Es gibt dazu verschiedene Möglichkeiten. Allen zugrunde liegt das
Kursumwandlungsschema.
Zur Überprüfung eines einzelnen Ablenkungswertes kann eine Peillinie dienen, die genau voraus liegt. In
diesem Fall ist der rechtweisende Kurs gleich der rechtweisenden Peilung.
Das Aufnehmen der vollständigen
Ablenkungswerte für den Vollkreis,
wird üblicherweise mit einer
Schiffsdrehung um einen festen Punkt
(z. B. einen Deviationsdalben, der in
Seekarten eingezeichnet sein kann)
oder in Form einer Kreisfahrt
aufgenommen.
Dabei werden laufend der anliegende
Magnetkompasskurs mit einer
gleichzeitig durchgeführten Magnet-
kompass- oder einer Seitenpeilung
(SP) auf eine bekannte recht-
weisende Peilung (rwP) erfasst.
Da heutige auf Yachten verbaute
Kompasse nur selten mit einem
Peilaufsatz ausgerüstet werden
können (MgP), empfiehlt sich die
Methode mit einer unabhängigen
Seitenpeilscheibe.
Dank GPS kann von einem Schiffsort die rechtweisende Peilung auf ein geeignetes Peilziel fortlaufend
bestimmt und als Referenz benutzt werden, ohne dass zwangsläufig ein (Deviations-) Dalben für die Drehung
und für eine fixe Peilung zur Verfügung stehen muss.
Abb.: Ein Mann am Kompass, einer an der Seitenpeilscheibe;
Flaggensignal „O“ über „Q“ bedeutet: „Das Fahrzeug
manövrierte zur Regulierung nautischer Instrumente“
Bei Anwendung einer direkten Magnetkompasspeilung:
MgP 1. Schritt
→
MgP 2. Schritt
→
rwP
+ Abl + Abl - Mw
= mwP + Mw - MgP
+ Mw = rwP = Abl
= rwP
Bei Anwendung mit einer unabhängigen Seitenpeilscheibe:
MgK 1. Schritt
→
MgK 2. Schritt
→
rwP
+ Abl + Abl - SP
= mwK + Mw - Mw
+ Mw + SP - MgK
= rwK = rwP = Abl
+ SP
= rwP
Basis:
Je ein Peilungs-
umwandlungsschema
1. Schritt:
Weglassen der
Zwischenergebnisse
2. Schritt:
Umstellen mit der
Ablenkung als Ergebnis
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Terrestrische Navigation
23
Die endgültige Ablenkungswerte (Abl) in
exakten 10°-Schritten vom Magnetkompass-
kurs (MgK) werden aus der Grafik
herausgelesen. An der schrägen Linie
ergeben sich die Ablenkungswerte in
Abhängigkeit vom missweisenden Kurs
(mwK) für die Steuertafel.
In der Berufs- oder auch der gewerblichen
Sportschifffahrt (für u. a. deutsche Schiffe)
sind Ablenkungstabellen für die ortsfesten
Steuer- oder Peilkompasse an Bord
vorgeschrieben und müssen regelmäßig
überprüft werden.
Auf hoher See fern der Küste kann eine
Ablenkungskontrolle auch astronomisch auf
Gestirne oder bei Sonnenauf- bzw.
-untergang durchgeführt werden.
Abb.: Vollständige Ablenkungs- und Steuertafel
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Terrestrische Navigation
24
Beschickungen der Peilungen
In der Navigation wird oft von Beschickungen statt Korrekturen gesprochen. Wie viele physikalische
Messverfahren unterliegen auch die an Bord üblichen Richtungsbestimmungen z. B. mit dem Magnet-
kompass oder die Wassertiefenmessungen mit dem Echolot gewissen Fehlern. Diese Fehler gilt es möglichst
zu eliminieren oder durch andere Verfahren auszugleichen. Das bekannteste Verfahren in der terrestrischen
Navigation ist die Beschickung des Magnetkompasskurses bzw. der Magnetkompasspeilung um Ablenkung
und Missweisung, um den rechtweisenden Kurs bzw. die rechtweisende Peilung zu erhalten.
Peilung mit Peilaufsatz auf dem Steuerkompass
Wird mit einem Peilaufsatz auf dem Steuerkompass eine Richtung zu einem Objekt bestimmt (MgP), muss
diese Peilung um die Magnetkompassablenkung (Abl) und die Ortsmissweisung (Mw) beschickt werden.
Dabei geht die Ablenkung des gerade aktuell anliegenden Magnetkompasskurses (MgK) in die Korrektur ein.
Diese ist der entsprechenden Ablenkungstabelle zu entnehmen.
Beispiel (zum Bild oben):
Magnetkompasspeilung 090°
+ Ablenkung (vom MgK) + (+5°)
= missweisende Peilung = 095°
+ Missweisung + (-2°)
= rechtweisende Peilung = 093°
Bei anliegendem MgK: 150°
Bei Ortsmissweisung: 2°W
Abb.: Kompass mit Peilaufsatz
Abb.: Spitze des Vulkans Teide auf Teneriffa peilt in Magnetkompasspeilung 090° bei MgK = 150°
Abb.: Beschickung der Magnetkompasspeilung
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Terrestrische Navigation
26
Positionsbestimmung durch Standlinien
Das Ermitteln der eigenen Position ist eine der Hauptaufgaben in der Navigation. Heutzutage werden
überwiegend elektronische GPS-Geräte, Kartenplotter oder Smartphones und Tablets zur Navigation genutzt.
Trotzdem bleiben klassische Verfahren nicht nur eine Backup-Methode, sondern funktionieren einfach und
für die meisten Standortbestimmungen hinreichend genau.
Genutzt werden u. a. rechtweisende Peilungen (rwP, engl.: true bearing) (Richtungen zu rechtweisend Nord)
sowie Entfernungen zu eindeutig identifizierten Objekten. Auch eine Lotung kann bei entsprechender
Tiefenkontur eine eindeutige Standlinie ergeben. Bei all diesen Messungen müssen eventuell entstandene
Fehler weitestgehend korrigiert werden. Im anschließenden Kapitel „Beschickungen der Peilungen“ werden
verschiedene Verfahren für die notwendigen Korrekturen erläutert.
Kreuzpeilung
Vorteile:
- einfach durchzuführen
Nachteile:
- es werden zwei Peilobjekte
gleichzeitig benötigt
Versegelungspeilung
Vorteile:
- nur ein Peilobjekt erforderlich
Nachteile:
- Kurs und zurückgelegte Distanz
müssen relativ genau bekannt sein
Abgestumpfte Doppelpeilung
Vorteile:
- bei Aussersichtkommen des 1.Peil-
objektes kann mit einem 2. weiter-
gearbeitet werden
Nachteile:
- es wird dann ein 2. Objekt benötigt
- Kurs und zurückgelegte Distanz
müssen relativ genau bekannt sein
Radarpeilung
Peilung und Entfernung oder zwei Peilungen
Vorteile:
- mit einem Peilobjekt möglich
- funktioniert mit und ohne optische Sicht
Nachteile:
- teure Ausrüstung (Radar)
Die 1. rwP wird zuerst gemes-
sen aber nicht hier, sondern
versegelt gezeichnet
Die 1. rwP wird zuerst gemes-
sen aber nicht hier, sondern
versegelt gezeichnet
-
Gezeitenkunde
29
Gezeitenkunde und
-berechnungen mit den
Admiralty Tide Tables
-
Gezeitenkunde
31
Gezeitenkunde
Die Gezeiten sind periodische Wasserstandsbewegungen der Ozeane und der mit ihnen verbundenen
Gewässer. Sie basieren auf den Anziehungs- und Fliehkräften durch die Gestirne Sonne, Mond und Erde. Das
Wissen um die Gezeiten ist eine wichtige Voraussetzung für die Schifffahrt in Tidengewässern. Während die
Tidenhöhen besonders bei der Ansteuerung von Häfen und Küsten Beachtung verdienen, können die aus den
Gezeiten resultierenden Strömungen über einen gesamten Törn im Tidenrevier genutzt werden.
Ursachen der Gezeiten
Hauptursache für die Gezeiten sind die Wirkungen des Mondes auf die Erde. Da Erde und Mond durch ihre
Gravitationskräfte (Anziehungskräfte) um einen gemeinsamen Massenmittelpunkt rotieren, entsteht ein
Gleichgewicht aus Flieh- und Anziehungskraft. Durch die über achtzig Mal größere Masse der Erde gegenüber
dem Mond befinden sich der gemeinsame Massenmittelpunkt und damit der Rotationsmittelpunkt noch
innerhalb der Erdkugel, dicht unter der Erdoberfläche.
Auf der dem Mond zugewandten Erdseite überwiegt die Wirkung der Anziehung zum Mond hin. Auf der
abgewandten Seite wirkt die Fliehkraft stärker auf die Gewässer. Durch diese beiden Kräfte entstehen
prinzipiell zwei nahezu gleich große Flutberge, unter denen sich die Erde täglich hindurchdreht. Die
Umdrehung – bis ein Längengrad bzw. ein Ort auf der Erde wieder in die gleiche Richtung zum Mond steht –
dauert mehr als 24 Stunden, da sich der Mond seinerseits im Laufe einer Erdumdrehung (ca. 24h) auf seiner
eigenen Bahn bereits ca. 1/28 seines Umlaufes (ca. 28 Tage) um die Erde weiter bewegt hat.
Zusätzlich übt die Sonne auf Grund ihrer riesigen Masse (trotz der gewaltigen Entfernung) auf unsere
Gewässer erhebliche Kräfte aus. Durch die jährliche Bahn um die Sonne entstehen auf der
sonnenabgewandten Seite Fliehkräfte auf der Erde; gegenüber wirkt die Anziehungskraft der Sonne. Somit
veranlasst auch die Sonne zwei Flutberge auf der Erdkugel; einen auf der sonnenzugewandten, einen auf der
abgewandten Seite. Diese beiden Flutberge sind jedoch nur ca. ¼ so groß wie die durch den Mond hervor-
gerufenen.
Flutberg durch Anziehungskraft Flutberg durch Fliehkraft
Gemeinsamer Massenmittelpunkt
Abb.: Drehung von Mond und Erde um einen gemeinsamen Massenmittelpunkt
Anmerkung: Die gemeinsame Rotationsachse steht nicht immer – wie in der Grafik gezeigt – senkrecht.
Durch die Bahnschwankungen des Mondes, kippt auch die gemeinsame Rotationsachse ca. alle 28 Tage. Siehe „halbtägige Ungleichheit“ zwei Seiten weiter.
Gemeinsame Rotationsachse
Erdrotation
≈24 h
Erd-Mond-
Rotation
≈28 Tage
-
Gezeitenkunde
32
Somit entstehen in den Ozeanen – also bei freier Wasserbewegung – ca. alle 24,8 Stunden zwei Gezeiten aus
der Überlagerung dieser beiden Wassersysteme. Eine Flut (ca. 6,2 h), also der Anstieg vom niedrigsten zum
höchsten Wasserstand, sowie die folgende Ebbe (wiederum ca. 6,2 h), der Ablauf vom höchsten zum
niedrigsten Wasserstand, dauern zusammen ca. 12,4 Stunden. Ebbe und Flut sind jeweils Zeiträume, nicht
wie im Volksmund oft genannt die beiden Endzustände. Der vollständige Ablauf von einem Niedrigwasser
zum folgenden (oder von einem Hochwasser zum folgenden) wird als eine Tide bezeichnet.
(Hinweis: Nicht an allen Gezeitenorten sind Ebbe und Flut 6,2 h bzw. gleich lang)
Auch die Größe eines Gewässers, die Topografie und weitere Faktoren tragen dazu bei, ob ein Gewässer zu
einer gleichmäßigen Bewegung angeregt wird. Deshalb weisen einige bedeutende Gewässer, z. B. die Ostsee,
trotz ihrer Größe keine deutlichen Gezeiten auf. In Asien gibt es Orte mit nur einer Gezeit am Tag und auch
in der Nordsee verlaufen die Gezeitenkurven an einigen Orten nicht symmetrisch, da der Wasserfluss durch
Zulauf und Rückstau gebremst wird.
Als Flut (engl.: rising tide) wird er Zeitraum von einem Niedrig- zum nächstfolgenden Hochwasserzeitpunkt
bezeichnet. Der Tidenstieg (engl.: tidal rise) ist dabei die Höhendifferenz von der Niedrigwasserhöhe zur
Hochwasserhöhe. Ebbe (engl.: falling tide) ist der Zeitraum vom Hoch- zum folgenden
Niedrigwasserzeitpunkt. Der Tidenfall (engl.: tidal fall) die entsprechende Höhendifferenz von der
Hochwasser- zur Niedrigwasserhöhe. Niedrigwasser (engl.: low tide) ist der Übergang von fallendem zu
steigendem, Hochwasser (engl.: high tide) von steigendem zu fallendem Wasserstand.
Die Zeiträume für Ebbe und Flut sind nicht in allen Gewässern gleich lang und gleichmäßig intensiv
ausgeprägt, u. a. hat die Gewässerstruktur (u. a.: Länge und Tiefe) deutliche Einflüsse.
Abb.: Überlagerung beider Gezeitensysteme je von Mond und Sonne
-
Gezeitenkunde
34
Alter der Gezeit
Durch den ca. 28 tägigen Mondumlauf um die Erde entstehen
grundsätzlich verschiedene Wirkungsverhältnisse. Zwei Mal pro
Mondumlauf, bei Neu- und Vollmond, wirken die Kräfte
zwischen Mond und Erde sowie zwischen Sonne und Erde in
nahezu einer Wirkrichtung. Die beiden Wassersysteme addieren
sich. Dadurch sind die Gezeiten besonders ausgeprägt. Es
herrscht die so genannte Springzeit (engl.: spring): die
Hochwasser treten besonders hoch, die Niedrigwasser
besonders niedrig ein, die Strömungen sind besonders stark.
Dem gegenüber steht die Nippzeit (engl.: neap): niedrige
Hochwasser, hohe Niedrigwasser und geringe Strömungen. Bei
freiem Himmel ist dann der zu- oder abnehmende Halbmond
sichtbar. Die Wirkrichtungen zwischen Mond und Erde stehen
rechtwinklig zur Wirkrichtung zwischen Erde und Sonne. Die
beiden Wassersysteme reduzieren sich gegenseitig.
Der Zeitraum zwischen der Spring- und der Nippzeit sowie
umgekehrt zwischen der Nipp- und folgenden Springzeit wird als
Mittzeit (engl.: mean) bezeichnet. Hier sind die Gezeiten nur
mäßig ausgeprägt.
Auch wenn diese Übergänge kontinuierliche Prozesse sind, kann doch vereinfachend von einer 4-tägigen
Spring-, einer 3-tägigen Mitt-, einer 4-tägigen Nipp- und wieder folgenden 3-tägigen Mittzeit ausgegangen
werden. Diese 14-tägige Periode wiederholt sich zwei Mal pro Mondumlauf, so dass sich insgesamt 28 Tage
ergeben. Zwar ist diese Betrachtung vereinfacht, jedoch für die Praxis hinreichend genau.
Diese Phasen von Spring-, Mitt- und Nippzeit werden als Alter der Gezeit oder als halbmonatliche
Ungleichheit bezeichnet.
Abbildung: Tidenhub und Tidenfall
bei Spring- und Nippzeit
Abb.: Alter der Gezeit, Mondphasen zu Tidenhub
-
Gezeitenkunde
37
Definitionen und Begriffe um die Gezeitenhöhe
Zur Erinnerung (siehe Kapitel: „Navigation/Kartentiefe“) sei noch einmal erwähnt, dass die tatsächliche
Wassertiefe sich aus der an einem konkreten Ort vorhandenen Kartentiefe und der jeweils für den Zeitpunkt
aktuellen eingetretenen Höhe der Gezeit zusammensetzt.
Die Höhe (der Gezeit) wird in deutschen Unterlagen oft mit „HdG“, international meist mit „H“ abgekürzt.
Kartennull (KN) ist die Bezugsebene (engl.: chart datum) für die Tiefenangaben in Seekarten (die Kartentiefe,
KT; engl.: charted depth). Welcher Wasserstand das Kartennull in einer Seekarte bildet, ist in jeder Karte
angegeben. In den meisten aktuellen englischen und deutschen Seekarten ist der astronomisch bedingte
niedrigste Tidenstand (engl.: lowest astronomical tide, LAT) dieser Wasserstand. In älteren deutschen
Seekarten war es das mittlere Springniedrigwasser.
Kartentiefenangaben in der Seekarte können bei Werten flacher als 20 m mit einer Nachkommastelle
angegeben werden. Diese Nachkommastelle wird ohne das Komma als tiefergestellte Ziffer gedruckt,
z.B.: 2,8 m werden „28“ angegeben. Trockenfallende Tiefen werde als unterstrichene Zahl gedruckt, z.B.: „15“
Offset ist ein am Echolot einstellbarer Wert, der z. B. die Anzeige der tatsächlichen Wassertiefe aus der
(wegen des Einbauortes verschobenen) Echolottiefe (El) ermöglicht.
Sicherheit (Si) ist der Abstand zwischen Kielunterkante und Meeresboden.
In Küstennähe und bei der Ansteuerung von Häfen muss selbstverständlich sichergestellt sein, dass genügend
Wasser unter dem Kiel bleibt. Die Summe aus Kartentiefe und aktueller Höhe der Gezeit muss stets größer
als der eigene Tiefgang plus eine selbst festgelegte Sicherheit sein. Diese Überlegung muss im Voraus für die
Passage flacher Gebiete oder einer Barre angestellt werden.
Als Formel ausgedrückt: KT + H TG + Si
Abb.: Wassertiefen und Bezugsgrößen
WT = H + KT 9 m = 5 m + 4 m
WT = TG + Si 9 m = 2 m + 7 m
WT = Offs. + El 9 m = 0,5 m + 8,5 m
9 m 5 m
4 m
2 m 0,5 m
7 m 8,5 m
„1 m“ bedeutet „1 m trockenfallend“
5 m
1 m
4 m
Abb.: Gebiet trockenfallend
WT = H + KT
4 m = 5 m + (-1 m)
El
-
Gezeitenkunde
39
Folgendes Beispielszenario:
Wie hoch ist die Gezeitenhöhe am 12. März 2005 um 15:05:00 Uhr in Dover? Diese Fragestellung ist z. B.
dann relevant, wenn zum Verlassen eines Hafens eine Barre oder ein Flachwasserbereich vor der Küste
überquert werden muss, bevor es durch den fallenden Wasserstand zu flach wird.
Eine Barre ist eine natürliche oder künstliche räumlich begrenzte Erhebung unter Wasser. Zum Beispiel
eine Sandbank oder ein vertiefter Mauerabschnitt in der Hafenmole, ein Süll (engl.: sill)
Barre bei Hochwasser: 6,7 m unter Wasser Barre bei Niedrigwasser: schaut heraus
Zurück zur Frage: Wie hoch ist die Gezeitenhöhe am 12. März 2005 um 15:05:00 Uhr UTC in Dover?
Der Tidenkalenderauszug für Dover am 12. März 2005 zeigt das
vorherige Hochwasser für 12:35 Uhr mit 6,8 m Höhe (High Water
Height, HWH) an. Das folgende Niedrigwasser (Low Water Height,
LWH) fällt auf 0,5 m Höhe um 20:05 Uhr.
Die im Beispielszenario gesuchte Gezeitenhöhe für 15:05 Uhr liegt
somit 02:30 Stunden nach dem Hochwasser (12:35 Uhr).
Die genaue Gezeitenhöhe wird mit der Tidenkurve von Dover (siehe
folgende Abbildung) grafisch ermittelt. In den A.T.T.s werden die
Spring- als durchgezogenen und die Nipptidenkurve als gestrichelte
Linie in einer gemeinsamen Grafik je Bezugsort dargestellt.
Bevor nun in der Grafik gearbeitet werden kann, muss das Alter der Gezeit bestimmt werden. Für das Beispiel
(12. März 2005) ergibt sich aus dem Tidenkalender für Dover Springzeit (mittags 10.03.2005 –> mittags
14.03.2005). Es kommt somit hier die durchgezogen dargestellte Tidenkurve von Dover zum Einsatz.
Fotos: Hafeneinfahrt mit Barre in St. Helier auf Jersey bei verschiedenen Wasserständen
MARCH
Time M
12 0011 7.0 0753 0.3
SA 1235 6.8
2005 0.5
Abb.: Auszug aus dem Tiden-
kalender Dover 2005 (ATT)
-
Gezeitenkunde
40
Auf der unten dargestellten Zeitachse wird mit der berechneten Zeitdifferenz von (∆t) +02:30 h, also nach
HW gestartet. Mit der (roten) Linie wird von der Zeitachse aus nach oben gefahren und am Schnittpunkt mit
der Springtidenkurve nach links abgebogen.
Der nächste Schnittpunkt ergibt sich an der (grünen) Linie, die aus den beiden Gezeitenhöhen gebildet wurde
(unten: LWH: 0,5 m; oben: HWH: 6,8 m).
An diesem Schnittpunkt wird abschließend auf die Gezeitenhöhenskala abgebogen.
Es ergibt sich die aktuelle Höhe der Gezeit von 5,1 m.
Es ist auf die genaue Skalenauflösung zu achten. Bei Dover sind dies 0,2 m-Schritte. Das Ablesen ist an der
oberen oder unteren Skala möglich.
Diese grafische Methode der Gezeitenwertebestimmung ist einfach möglich und ergibt für die Praxis
hinreichend genaue Ergebnisse. Im alltäglichen Einsatz müssen die Linien noch nicht einmal in die Tiden-
kurve eingezeichnet, sondern werden nur mit einem aufgelegten Lineal abgelesen. Jedoch bleibt eine
gewisse Ableseungenauigkeit, gerade beim Ermitteln an schleifenden Linien. Im Zweifel wird der geringere
Wert verwendet, um damit die Sicherheit zu erhöhen.
LWH: 0,5 m ∆t: + 02:30
H: 5,1 m HWH: 6,8 m
12:35
1. Schritt
2. Schritt 3. Schritt
4. Schritt
Abb.: Tidenkurve Dover mit grafischer Gezeitenbestimmung
-
Gezeitenkunde
43
Bestimmung der Zeitunterschiede zwischen Bezugs- und Anschlussort
Als Ausgangswerte werden die Gezeitenbasiswerte (Uhrzeit von HW oder LW)
des Bezugsortes an einem konkreten Datum aus dem Tidenkalender benötigt.
Für das Herauslesen der zeitlichen Unterschiede der Gezeiten (deutsch.: ZUG;
engl.: ∆t) zwischen Bezugs- und Anschlussort, wird in dem linken Tabellen-
bereich „Time Differences“ wie folgt gearbeitet:
HW in Dover um 00:00 Uhr oder 12:00 Uhr, wirkt 20 Minuten früher (-00:20) in Folkstone.
HW in Dover um 06:00 Uhr oder 18:00 Uhr, wirkt 5 Minuten früher (-00:05) in Folkstone.
LW in Dover um 01:00 Uhr oder 13:00 Uhr, wirkt 10 Minuten früher (-00:10) in Folkstone.
LW in Dover um 07:00 Uhr oder 19:00 Uhr, wirkt ebenfalls 10 Minuten früher (-00:10) in Folkstone.
(In diesem zufälligen Fall sind die Zeitunterschiede für alle Niedrigwasser zwischen Dover und
Folkstone gleich)
Fällt das Hochwasser am Bezugsort nicht genau auf einen der jeweils vier
angegebenen Referenzwerte (hier z. B. für Dover: 00:00 und 12:00 oder 06:00
und 18:00 Uhr), muss innerhalb der Blockspalten interpoliert werden.
Bei einem Hochwasser, das beispielsweise um 16:00 Uhr (2/3 zwischen 12:00 und
18:00 Uhr) in Dover eintritt, ergibt sich für Folkstone eine Zeitdifferenz (ZUG)
von -0010, also 10 Minuten früher (wiederum 2/3 zwischen -0020 und -0005).
Ein HW um 21:00 Uhr (1/2 zwischen 18:00 und 00:00 Uhr) ergibt ZUG = -12,5
Minuten (1/2 zwischen -0020 und -0005).
Bestimmung der Höhenunterschiede zwischen Bezugs- und Anschlussort
Bei der Bestimmung der Höhenunterschiede der Gezeit (deutsch: HUG; engl.: ∆h) zwischen Bezugs- und
Anschlussort werden in der Tabelle die Spalten „Height Differences“ verwendet. Als Referenzwerte am
Bezugsort dienen hier das mittlere Spring- und Nipp-, -hoch- und -niedrigwasser (mean high water spring,
MHWS; mean high water neap, MHWN; mean low water neap, MLWN und mean low water spring, MLWS).
Diese Werte sind nur exemplarische Bezugsortausgangswerte für die Angabe entsprechender
vorausberechneter Höhendifferenzen. Bei der Höhendifferenzwertermittlung ist das an dem jeweiligen Tag
aktuelle Alter der Gezeit nicht relevant. Es wird rein mit den kalendarischen Gezeitenhöhen des Bezugsortes
gearbeitet.
Abb.: Auszug aus den A.T.T.: Zeit und Höhendifferenzen: Bezugsort Dover mit Anschlussort Folkstone
Time m
1 0304 4.1 0935 1.2
F 1600 4.0
2235 1.5
Abb.: Gezeitenbasiswerte
TIME DIFFERENCES HEIGHT DIFFERENCES
No. PLACE High Water Low Water MHWS MHWN MLWN MLWS
89
Dover..........
0000
and
1200
0600
and
1800
0100
and
1300
0700
and
1900
6.8
5.3
2.1
0.8
88 Folkestone... -0020 -0005 -0010 -0010 +0.4 +0.3 0.0 -0.1
-
Gezeitenkunde
44
Die obere Tabelle auf der vorherigen Seite stellt folgende Höhenunterschiede der Gezeiten (HUG) dar:
HW in Dover mit 6,8 m, tritt in Folkstone 0,4 m höher (+0.4) ein.
HW in Dover mit 5,3 m, tritt in Folkstone 0,3 m höher (+0.3) ein.
LW in Dover mit 2,1 m, tritt in Folkstone genauso hoch (0.0) ein.
LW in Dover mit 0,8 m, tritt in Folkstone um 0,1 m niedriger (-0.1) ein.
Bei anderen Gezeitenhöhen als diese vier Referenzwerte (6,8 m, 5,3 m, 2,1 m, 0,8 m) müssen die Differenz-
werte selbst inter- bzw. auch extrapoliert werden. Es kann zu Werten inner- oder außerhalb der angegebenen
Differenzwerte kommen.
So tritt z. B. ein Hochwasser in Dover von 4,0 m um ca. 0,2 m höher (+0.2) in Folkstone ein (siehe grafisches
Beispiel unten). Ein Niedrigwasser von 0,1 m in Dover würde in Folkstone 0,2 m niedriger (-0.2) eintreten.
Diese Inter- oder Extrapolationen können mathematisch mit Formeln (im Anhang), mit geschultem Blick oder
mit einer handgefertigten Skizze durchgeführt werden. Für die grafische Methode gibt es verschiedene
Ansätze, die für die Praxis genau genug sind und wenig Aufwand bedeuten. Eine Methode wird im Folgenden
beispielhaft für Dover zu Folkstone dargestellt.
Interpolieren bedeutet: Einen Zwischenwert
zwischen zwei Wertepaaren festzustellen, der
dem Verhältnis der Wertabstände entspricht.
Beispiel Interpolieren:
∆tHW-Folkstone für HW-Dover 16:00 Uhr
Anleitung:
„12:00 Uhr“ → „-00:20“ sowie „18:00 Uhr“ →
„-00:05“ sind der Tabelle „Time-Differences“
entnommen (siehe Abb. Vorseite).
Aus „16:00 Uhr“ ergibt dann die Grafik „-00:10“.
Ergebnis: Das Hochwasser in Folkstone tritt heute
um 16:00 Uhr – 0:10 = 15:50 Uhr ein.
Extrapolieren bedeutet: Einen Wert außerhalb
einer vorgegebenen Wertefolge zu ermitteln, der
dem Verhältnis und dem Trend der Wertabstände
entspricht.
Beispiel Extrapolieren:
∆hHW-Folkstone für HW-Dover 4,0m
Anleitung:
„6,8 m“ → „+0,4 m“ sowie „5,3 m“ → „+0,3 m“ laut
„Height-Differences“ (siehe Abb. auf Vorseite).
Aus „4,0 m“ ergibt dann die Grafik „≈ +0,2 m“.
Ergebnis: Das Hochwasser in Folkstone tritt heute
mit 4,0 m + 0,2 m = 4,2 m ein.
-
Gezeitenkunde
46
Die Eintrittszeit des Hochwassers in Folkstone (12:16 Uhr) sowie die beiden Tidenhöhen (HW: 7,2 m;
LW: 0,4 m) dienen nun als Grundlage für die Anwendung der Tidenkurve des Bezugsortes.
Mit der aus dem Beispiel geforderte Zeit (15:00 Uhr), also 02:44 h nach dem Hochwasser (12:16 Uhr) wird
wieder (von unten mit der roten Linie) in die Tidenkurve eingestiegen.
Von der (Spring-) Kurve wird nach links auf die Linie des Tidenfalls (grüne Linie) abgebogen. Aus dem
Schnittpunkt (blaue Linie) ergibt sich die Tidenhöhe mit ungefähr 5,1m für die geforderte Uhrzeit 15:00 Uhr.
Die Methoden zur Bestimmung von Gezeitenhöhen bei geforderter Uhrzeit sowie die Bestimmung von
Zeitpunkten oder Zeiträumen bei geforderten Gezeitenhöhen sind für Bezugs- und Anschlussorte somit
immer gleich. Bei Anschlussorten müssen jedoch vorher die notwendigen Anpassungen („Differences“ in Zeit
und Höhe) der Gezeitengrundwerte vorgenommen werden.
Der sichere Umgang mit den Gezeitengrundwerten, der Zeit- und –höhendifferenzbestimmung zwischen
Bezugs- und Anschlussort und der korrekten Ermittlung des Alters der Gezeit für die Auswahl der passenden
Tidenkurve ist somit erforderlich.
H: ≈ 5,1 m
∆t: + 02:44 h
HWH: 7,2 m
LWH: 0,4 m
1. Schritt
2. Schritt 3. Schritt
4. Schritt
Abb.: Tidenkurve von Dover mit grafischer Gezeitenbestimmung für Folkstone
-
Gezeitenkunde
48
TIME DIFFERENCES HEIGHT DIFFERENCES
No. PLACE High Water Low Water MHWS MHWN MLWN MLWS
1438
Cuxhaven...
0200
and
1400
0800
and
2000
0200
and
1400
0900
and
2100
3.3
2.9
0.4
0.1
1440 Glückstadt... +0205 +0214 +0220 +0213 -0.3 -0.2 -0.2 0.0
Standard Port Cuxhaven (1438) Time Zone TIME ZONE -0100 = MEZ
Secondary Port Glückstadt (1440) Date 25. August 2005
Time Height
HW LW HWH LWH
StP 16:58 Uhr 23:56 Uhr 4,0 m 0,7 m
- SCStP ------ ------ - (+0,1 m) -(+0,1 m)
= StPcorrected ------ ------ = 3,9 m = 0,6 m
+ Differences +02:06 h +02:14 h +(-0,5 m) +(-0,3 m)
= SecPuncorrected ------ ------ = 3,4 m = 0,3 m
+ SCSecP ------ ------ + (+0,1 m) + (+0,1 m)
= SecPort = 19:04 Uhr = 02:10 Uhr = 3,5 m = 0,4 m
Mit diesen Gezeitengrundwerten für den Anschlussort Glückstadt liegen nun die tagesaktuellen Werte für
die weiteren Berechnungen vor, z. B. mit der Tidenkurve.
Hinweis: Auch wenn die SC des Bezugs- und Anschlussortes gleich sind (wie in diesem Beispiel) und diese
beim Bezugsort subtrahiert sowie beim Anschlussort addiert werden, darf dieser Schritt nicht weggelassen
werden. Die Gezeitenhöhen des Bezugsortes beinhaltet im Tidenkalender bereits die jeweils gültigen SC. Für
die Bestimmung der Höhenunterschiede müssen jedoch die Höhenwerte ohne SC herangezogen werden.
Gezeitenströmungen
Strömungen oder kurz Strom, also die horizontale Bewegung der Gewässer, werden durch Gezeiten, Wind
oder andere Einflüsse angeregt. In einigen Gewässern sind die durch Wind entstehenden Strömungen sogar
stärker als die durch Ebbe und Flut. So ist zum Beispiel der Svendborgsund im südwestlichen Dänemark ein
solches Revier mit Stromwerten von stellenweise über 3 kn durch den Wind.
In den meisten Revieren sind aber die Gezeiten maßgeblich für die Strömung. Genau wie die im vorherigen
Kapitel beschriebenen Tidenwerte lassen sich nach jahrelangen Beobachtungen, Vermessungen der
Gewässer und umfangreichen Berechnungen dortige Strömungswerte gut vorausbestimmen.
Wie auch bei den Tidenhöhen und –zeiten sind die Vorhersagemethoden der einzelnen nautischen Institute
unterschiedlich. Grundsätzlich kann der Tipp gegeben werden, die nationalen Unterlagen der jeweiligen
Küstenländer zu verwenden.
Abb.: Gezeiten-Berechnungs-Formular (Tidal Prediction Form)
Abb.: Auszug A.T.T.: Zeit und Höhendifferenzen Cuxhaven mit Glückstadt
am nächsten Tag
-
Elektronische Navigation
57
Elektronische
Navigation
-
Elektronische Navigation
59
Elektronische Navigation
Eine Vielzahl an elektrischen und elektronischen
Systemen unterstützt heute den Wassersportler an
Bord. Angefangen von Echolot und Logge, der
Windmesseinheit im Masttop über das Funkgerät,
den Kartenplotter bis hin zum modernen Radargerät
haben viele ehemals für die Berufsschifffahrt
entwickelte Komponenten Einzug selbst auf kleinen
Yachten gefunden. Vernetzte Systeme verdrängen
nach und nach Stand-Alone-Lösungen und ermög-
lichen somit komplexe Aufgaben zu lösen. Einerseits
werden die Geräte immer leistungsfähiger, kleiner
und preiswerter, andererseits ist der Funktions-
umfang für manche Hobbynautiker gelegentlich eine
erhebliche Herausforderung.
Sicher möchte heute aber niemand auf einer Yacht auf die vielen praktischen Funktionen verzichten.
Echolot, Logge
Wassertiefe- und Geschwindigkeitsmessung sind
zwei der absoluten Grundfunktionen der
elektronischen Navigation. Loggegeber messen per
Paddelrad, über Staurohre oder Ultraschall die
Wasserumströmungsgeschwindigkeit unter dem
Rumpf und zeigen im Cockpit oder am Naviplatz,
bei Rennyachten auch per Großanzeige am Mast,
digital oder analog die Fahrt durch das Wasser
(FdW) an. Das Echolot funktioniert üblicherweise
per Ultraschall. Der Echolotgeber ist bei Segel-
yachten meist nahe dem Loggegeber im vorderen
Unterwasserschiffbereich vor der Kielwurzel
installiert.
Bei schnellen Motorbooten befinden sich Geber im hinteren Bereich des Rumpfes, so dass sie selbst bei
Gleitfahrt noch Wasserkontakt sicherstellen.
Eine Kalibrierung beider Geräte ist, wie bei fast allen anderen Systemen an Bord auch, nicht nur nach der
Erstmontage, erforderlich. Beim Echolot muss die Einbautiefe eingestellt werden, so dass die sinnvolle
Anzeige die wahre Wassertiefe und nicht die Tiefe unter dem Montageort am Rumpf präsentiert. Manchmal
wird eine Mindertiefe als zusätzliche Sicherheit eingestellt oder die Tiefe unter dem Kiel ausgegeben, was
aber nur eine scheinbare Verbesserung darstellt. Für eine richtige Navigation sollten möglichst tatsächliche
Werte der Wassertiefe zur Verfügung stehen und keine vorgegaukelten Mindertiefen.
Windmesseinheit
Neben einem manuellen Windex befindet sich auf den meisten Yachtmasttops eine elektronische
Windmesseinheit. Diese ermittelt die Windrichtung zur Schiffslängsachse und die Windgeschwindigkeit. Bei
fahrender Yacht können diese Messeinrichtungen selbstverständlich nur die scheinbare Windgeschwindig-
Abb.: Elektronische Wind- und Multianzeige
Abb.: Yachtcockpit mit Instrumenten
-
Elektronische Navigation
67
Die Anpassung des Verhältnisses von Impulslänge zum Entfernungsmessbereich ist nur bei wenigen
Sportbootradargeräten in Impulstechnik über die Option „Short-, Medium-, Long-Puls“ manuell einstellbar.
Die Impulsdauer wirkt sich auch auf die grundsätzliche Darstellung von Einzelobjekten aus. Auch ihre Echos
sind immer radial nach außen auf die halbe Impulslänge gestreckt, die radiale Verformung. Dieser Effekt
macht sich jedoch auf dem Monitor kaum störend bemerkbar, da selbst kleine Echos somit besser zu sehen
sind, wenn auch nicht auf ihre wahre Größe geschlossen werden kann.
Obige Einschränkungen machen deutlich, warum ein Radarbild nicht wie die Wirklichkeit dargestellt wird.
Dauersignalanlagen (Broadband) haben die radiale Einschränkung durch die Impulsdauer nicht, sie senden
und empfangen ununterbrochen, jedoch mit modulierten Signalen.
Grundeinstellungen am Radargerät
Die im Folgenden beschriebenen Einstellfunktionen ähneln sich bei den meisten Radargeräten.
Geräteanbieter werben gerne mit zahlreichen automatischen Funktionen, die aber nur bei entsprechenden
Kenntnissen sicher angewandt werden sollten. Es gibt keine einheitliche dauerhaft gültige Radareinstellung.
Für jede Wetter-, Seegangs oder Entfernungssituation ist eine (besser manuelle) Anpassung erforderlich.
Gerät einschalten
Radargeräte verfügen in der Regel über die drei Betriebszustände „Aus“ (engl.: „Off“), „Bereit“ (engl.:
„Standby“) und „Senden“ (engl.: „Transmit“ = „TX“). Im Standby-Zustand wird die Antenne auf die
notwendige Betriebstemperatur geheizt und in Drehung versetzt. Bis dieser Standby- aus dem Aus-Zustand
erreicht ist, dauert es je nach Gerät eine halbe bis zu einigen Minuten. Moderne Dauerwellen-Radargeräte
sind schneller als klassische Impulsgeräte betriebsbereit. Der eigentliche Sende- und Empfangsbetrieb wird
jedoch erst im Aktiv-Zustand eingeschaltet, wenn ein Anwender wirklich auf die Radaranzeige schauen
möchte. Zweck ist es, einerseits Strom zu sparen und andererseits die Sendeinheit zu schonen. Viele
Abb.: Links Radarbild auf Touch-Screen-System, rechts mit Bedienfeldern für die Grundfunktionen
-
Elektronische Navigation
70
Offcenter
Es kann für eine bessere Lagebeurteilung hilfreich sein, das Radarbild so auf dem Monitor zu verschieben,
dass ein größerer Vorausbereich als Achteraus dargestellt wird. Hierzu wird die Offcenter-Funktion genutzt.
Bei modernen Radargeräten kann die Radarbildmitte, die das eigene Schiff üblicherweise in der Mitte
darstellt, an eine beliebige Position am Monitor geschoben werden. Dabei werden auch sämtliche oben
beschriebenen Messfunktionen (VRM, EBL) auf diese neue Mitte bezogen.
Darstellungsarten
Radargeräte nehmen das Abbild der Umgebung grundsätzlich so auf, wie es aus der Perspektive eines nach
Vorne schauenden Beobachters an Bord wahrgenommen wird. Objekte in Fahrtrichtung erscheinen somit
oben auf dem Radarbild, Backbord bleibt Links, Steuerbord Rechts und achtern unten auf dem Radarmonitor.
Diese technisch einfache Darstellungsart heißt Head-Up und wird prinzipiell von jedem Radargerät
beherrscht, vorausgesetzt der Antennensockel ist parallel zur Mittschiffslinie montiert (oder ein
entsprechender Ausgleich ist eingestellt).
Soll die Darstellung wie auf einer Seekarte nordorientiert abgebildet werden, muss dem Radar die aktuelle
Kielrichtung übermittelt werden. Diese geschieht üblicherweise über ein Kompasssystem (z. B. Fluxgate-
kompass, siehe oben: Autopilot). Nun wird das Radarbild intern so gedreht, dass Norden oben auf dem
Display erscheint. Diese Darstellungsart heißt North-Up und wird u. a. für die Overlay-Funktion, also das
Einblenden des Radarbildes in die elektronische Seekarte, genutzt.
Die dritte Darstellungsarte ist Course-Up. In Kombination mit Navigationssystemen wird der Sollkurs zu
einem programmierten Wegepunkt genutzt, um das Radarbild stabil auf diesen Kurs zu drehen und
unabhängig von leichten Steuerfehlern der Yacht ruhig zu halten.
True-Motion bildet das eigene Schiff als sich bewegendes Objekt in einer scheinbar feststehenden Umgebung
ab. Erst wenn das Schiff den Bildrand erreicht, wird das Bild abschnittweise nachgeführt.
Diese Darstellungsart ist seit den modernen Overlayfunktionen nicht mehr üblich.
Darstellungsart (hier: Norden oben)
aktuelle Reichweite (vom Mittel-
punkt zum äußeren Kreis)
Abstand der Ringe zueinander
EBL & VRM-Datenanzeige
Headmarker (eigene Kursrichtung)
Cursordaten (mit eigener EBL, VRM
und Koordinaten bei GPS-Kopplung)
Cursor
Electronic Bearing Line
Variable Range Marker
Abb.: Radarbild mit EBL-, VRM- und Cursor-Funktion
-
Elektronische Navigation
73
Radom
Radome, also Kuppeln um die drehende Radarantenne, sind auf Segelyachten als Schutz gegen die Berührung
mit den Segeln oder laufendem Gut erforderlich. Auch das Gewicht der Antennen im Mast spielt bei
Segelschiffen eine Rolle. Aus diesem Grund muss ein Kompromiss aus höchstmöglicher Montage ( = maximale
Reichweite) sowie großer Antenne ( = fokussiertes Azimut) und niedrigem Gewichten im Rigg gefunden
werden. ZUsätzlich verschlechtern Pendelbewegungen bei hoher Mastmontage die Bildqualität.
Auf Segelyachten ist eine halbkardanische (in Querrichtung frei auspendelnde) Antenne für eine freie
Radarsicht zu beiden Seiten bei Krängung der Yacht sinnvoll. Die konstruktive Radarkeulenhöhe beträgt
üblicherweise 24°, was bei fester Montage nur eine Sicht bis zur maximalen Krängung von 12° zu jeder Seite
ermöglichen würde, bevor einerseits nur der Himmel und andererseits das Wasser beschienen würde. Durch
das zusätzliche Gewicht der kardanischen Aufhängung wird das Radar dann oft statt am Großmast einer
Segelyacht an einem gesonderten Geräteträgermast am Heck in niedrigerer Höhe montiert; mit den oben
beschriebenen minimalen Reichweitennachteilen.
Radarreflektor
Radarreflektoren sollten so hoch wie möglich im Rigg montiert werden. Dieser verbessert die eigene
Erkennbarkeit auf fremden Radargeräten. Im Gegensatz zu einem Frachtschiff aus Stahl sind Sportboote oft
aus Kunststoff gebaut, haben eine viel kleinere seitliche Projektionsfläche und verschwinden u.U. bei Seegang
tief in einem Wellental. Es ist äußerst wichtig, die eigene Radarrückstrahlwirkung zu optimieren. Ein dicker
Aluminiummast reflektiert besser als ein schmächtiger Holzmast, ein spezieller Radarreflektor ist jedoch weit
wirkungsvoller. Durch seine Bauart aus drei senkrecht zueinanderstehenden Blechen wird eine optimale
Rückstrahlung in die Ursprungsrichtung auch bei Schräglage sichergestellt.
Noch deutlicher wirken aktive Radarreflektoren. Dieses sind elektronische Systeme, die nach dem Empfang
eines fremden Radarsignals nicht nur ein akustisches Signal an Bord des getroffenen Schiffes auslösen
können, sondern ihrerseits dann aktiv ein Radarsignal in der gleichen Frequenz des Aussenders zurück-
strahlen. Dieses Signal wirkt im Empfangsgerät wie ein sehr kräftiges großes Echo. Selbst eine kleine
Segelyacht erscheint dann groß und deutlich auf dem Radarbild des aussendenden Schiffes. Zurzeit sind im
Abb.:
halbkardanischer
Geräteträger mit
Funk-, Navtext-
und Radarantenne
sowie Horn
Abb.: passiver Radarreflektor mit
guter gerichteter Rückstrahlwirkung;
Einfallswinkel ist gleich Ausfallswinkel
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Elektronische Navigation
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Yachtsportbereich nur aktive Radarreflektoren für Auslösung durch Impulsradargeräte, nicht jedoch für
Dauerwellenradargeräte, zu erwerben.
Alle Arten von Radarreflektoren sollten hoch im Mast montiert werden, was aufgrund des geringen Gewichts
problemlos im oder am Top möglich ist. Spätestens bei Nebel oder schlechter Sicht sollte ein Radarreflektor
vorgeheißt werden.
RACON
Radarantwortbaken (engl.: Radar beacon, RACON) arbeiten nach dem Prinzip des aktiven Radarreflektors.
Diese senden, nachdem sie von einem Radarstrahl getroffen wurden, zusätzlich nicht eine dauernde, sondern
eine gepulste Antwort. Durch diese Pulse erscheint das Echo auf dem auslösenden Radargerät dann nicht nur
als ein kräftiges Echo, sondern als markante Signalfolge, meist im Morsecode. Das Signal erscheint radial nach
außen unmittelbar „hinter“ dem eigentlichen Objekt auf dem Bildschirm.
Zweck solcher Baken ist die eindeutige Identifizierbarkeit von Seezeichen oder anderen nautisch relevanten
Punkten (z. B. Brückendurchfahrten) zwischen den vielen weiteren Objekten auf dem Radarbild.
Bei Racon-Anlagen ist in der Seekarte bzw. im
Leuchtfeuerverzeichnis angegeben, in welchem
Bandbereich die Anlage antworten kann. S-Band-
RACONs reagieren nicht auf Sportboot-X-Band-
Radaranlagen. Auf dem Sportbootradar erscheint
somit zwar trotzdem das ursprüngliche einfache
Radarecho des Seezeichens, nicht aber seine
zusätzliche RACON-Signatur. In der Seekarte ist das
Frequenzband der RACON-Anlage wir folgt
gekennzeichnet.
Racon-
Antenne
Aktiv im X-Band
Aktiv im S- Band
Aktiv im X- und S-Band
Aktiv im X- und S-Band
Standort der Tonne
Abb.: RACON-Symbolik in der Seekarte
Abb.: RACON-Tonne im Englischen Kanal südöstlich der Isle of wight:
Owers YB Q(6)+LFl 15s bell RACON (O). Sie sendet 3 lange Signale, den Morsebuchstaben „O“.
Häufige Morsezeichen bei RACON-Anlagen:
T – O – – –
M – – A ▪ –
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eine Bodenstation (engl.: Local User Terminal) gefunkt und über eine Kontrollstation (engl.: Mission Control
Centre) an die entsprechende nautische Rettungskoordinierungsstelle (engl.: Maritime Rescue Coordination
Centre, MRCC) weitergeleitet. Von hier aus werden die Rettungsmaßnahmen in Kooperation mit lokalen
Kräften gelenkt.
Bei ausrüstungspflichtigen Schiffen sind selbstauslösende und automatisch aufschwimmende EPIRB-Bojen
vorgeschrieben. In der Sportschifffahrt werden EPIRB meist unter Deck an gut zugänglicher Stelle angebracht
und müssen manuell ausgelöst, an Deck gebracht und ggf. im Evakuierungsfall in die Rettungsinsel
mitgenommen werden. Fahrzeuge in der Nähe einer ausgelösten EPIRB werden bei der Alarmierung über
COSPAS/SARSAT nicht unmittelbar, sondern erst nach Benachrichtigung durch ein MRCC informiert. Die
EPIRB sendet nicht direkt an andere Schiffe. Dies ist ein großer Nachteil, der kostbare Zeit kosten kann.
Ähnlich der EPIRB werden PLBs (engl.: Personal Locator Beacons) immer beliebter. Diese kleinen am Körper
oder in der Rettungsweste getragenen Notfunksender können auf verschiedene Weise alarmieren. Zusätzlich
zur Alarmierung wie eine EPIRB zu COSPAS/SARSAT-Satelliten kann ein AIS-Notsignal an Fahrzeuge im
Umkreis oder per DSC gezielt an die Crew auf dem eigenen Schiff gesendet werden. Die Rettung eines Über-
Bord-Gefallenen kann somit zielgerichtet und schnell eingeleitet werden. Die Auslösung kann manuell oder
per Zugleine über das Aufblasen des Kragens der Rettungsweste erfolgen.
Abb.: MRCC der DGzRS in Bremen
Abb.: EPIRB mit Gehäuse zur
automatischen Aktivierung mit
hydrostatischem Auslöser
Abb.: Personal Locator
Beacon mit AIS und DSC
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Elektronische Navigation
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Radar - SART
Die Funktionsweise einer Radarantwortbake mit ihrer besonderen Kennung zeichnet auch eine Notfall-
alarmierungssbake (engl.: Search and Rescue Radar Transponder, SART) aus. Sie sendet eine Folge von genau
12 kurzen Echos an ein ihn treffendes Radargerät zurück. Diese sehr markante Impulsfolge wird auf
Berufsschifffahrtsradargeräten automatisch erkannt und löst dort einen Alarm aus. Übliche SART-Bojen
antworten im X-Band, werden somit auch auf Sportbootradargeräten angezeigt. Auf Dauersignalradar-
geräten (Broadband) werden sie jedoch (noch) nicht angezeigt. SART werden in der Regel manuell
betriebsbereit (Standby) geschaltet und senden nur aktiv, wenn sie von einem Fremdradar getroffen wurden.
SART sind somit sehr stromsparsam und über viele Stunden im Notfall z. B. im Person-über-Bord- oder
Schiffsevakuierungs-Fall nutzbar.
AIS-SART
Aktuell kommen AIS-SART (automatic identification system – search and rescue transponder) verstärkt zum
Einsatz. Dabei handelt es sich ebenfalls um eine Alarmierungsboje, die jedoch statt an die COSPAS/SARSAT-
Satelliten per AIS an die AIS-Empfänger in der Umgebung sendet. Somit werden in der Nähe befindliche
Fahrzeuge oder Küstenfunkstellen unmittelbar alarmiert. Diese Geräte gibt es auch als sehr kleine direkt in
die Rettungsweste integrierbare Einheit. Die Reichweite ist jedoch durch die geringe Antennenhöhe stark
beschränkt. Die Kombination aus AIS- und DSC-SART wird ebenfalls als Personen Markierungsboje (engl.:
personal locating beacon, PLB) angeboten. Zukünftig werden vielleicht PLB mit einer Kombination dieser drei
Alarmierungswege (COSPAS/SARTSAT, AIS und DSC) zugelassen.
Inmarsat
Die Firma Inmarsat (International Mobile Satellite Organization) betreibt ein kommerzielles Satellitensystem
für Sprach- und Datendienste. Dieses System deckt mit Ausnahme der Polkappen die gesamte Erdoberfläche
ab. Schon in der Gründungszeit von Inmarsat war ein Hauptziel die Versorgung der internationalen Schifffahrt
mit Telekommunikationsdiensten. Parallel zu kommerziellen Kommunikationsdiensten unterstützt
INMARSAT auch GMDSS-konforme Alarmierungsverfahren.
An Bord können entsprechende Anlagen mit nachgeführten Antennen gute Sprach- und Datenübertragung
ermöglichen. Darüber hinaus werden auch kleine mobile Handgeräte, fast so klein wie Smartphones, mit
leichten Rundstrahlantennen angeboten. Inmarsat-Empfangsgeräte sind über eine internationale
Telefonnummer erreichbar.
Position der SART
Abb.: SART-Kennung: 12 Signale; je näher der Suchende
der SART kommt, desto weiter spannen sich die Echos auf
Foto: SART
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Radarplotten
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Schifffahrtsrecht
Radarplotten
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Radarplotten
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Verhalten von Fahrzeugen bei verminderter Sicht
Die Kollisionsverhütungsregeln (KVR) verlangen in Regel 5: „Jedes Fahrzeug muss jederzeit durch Sehen und
Hören sowie durch jedes andere verfügbare Mittel, das den gegebenen Umständen und Bedingungen
entspricht, gehörig Ausguck halten, der einen vollständigen Überblick der Lage … ergibt.“ Diese Regel
bedeutet, dass eine betriebsbereite Radaranlage auch an Bord eines Sportbootes benutzt werden muss. Ein
Sportbootskipper muss sich somit die Fähigkeiten zur Bedienung der Radaranlage und der Auswertung
aneignen, wenn er eine entsprechend ausgerüstete Yacht führt.
Regel 19 der KVR beschreibt das Verhalten von Fahrzeugen bei verminderter Sicht. In Absatz (d) wird explizit
auf die Anwendung von Radar eingegangen und das Verhalten zur Vermeidung einer Nahbereichssituation
vorgegeben. Diese Regel verlangt deshalb ein deutlich anderes Verhalten als bei guter Sicht, weil die
Schiffsführung eines unter Radar fahrenden Schiffes nicht sicher sein kann, dass ihr eigenes auch von dem
anderen Fahrzeug bei schlechter Sicht überhaupt wahrgenommen wird. Schließlich könnte das andere
Fahrzeug gar nicht mit Radar ausgerüstet sein. Die exakte Festlegung von Ausweichregeln wäre für diese
Umstände schwierig, da sich u. U. die beiden Fahrzeuge nicht gegenseitig erkannt haben.
Foto: Nebelfahrt
Die KVR schreiben folglich keine Ausweichregeln, sondern die grundsätzliche Vermeidung jeglicher
Nahbereichssituation bei schlechter Sicht vor. Zunächst ist zu klären, was unter einer „Nahbereichssituation“
verstanden wird. Die Definition ist von Faktoren wie fremder und eigener Geschwindigkeit, daraus
resultierender Stoppstrecke, befahrbare Fläche, Art sowie Manövrierverhalten beider Fahrzeuge und nicht
zuletzt auch der tatsächlichen optischen Sichtweite abhängig. Die möglichen Umstände können recht
unterschiedlich sein. Ein Tanker würde bei dichtem Nebel mitten auf dem Atlantik eine Annäherung an ein
Containerschiff von einer Meile sicher nicht unterschreiten, während ein paar Hundert Meter bei der
betonnten engen Einfahrt in den Nord-Ostsee-Kanal ausreichen müssen.
Wird bei schlechten Sichtverhältnissen auf dem eigenen Radar ein anderes Objekt erkannt, muss festgestellt
werden, ob es sich dabei um ein Fahrzeug oder ein ortsfestes Objekt handelt. Anschließend muss weiter
beobachtet werden, um festzustellen ob und wohin sich ein Fahrzeug bewegt. Hierzu geben die KVR in Regel
7 (b) vor: „Um eine frühzeitige Warnung vor der Möglichkeit der Gefahr eines Zusammenstoßes zu erhalten,
muss eine vorhandene und betriebsfähige Radaranlage gehörig gebraucht werden, und zwar einschließlich …
des Plottens oder eines gleichwertig systematischen Verfahrens zur Überwachung georteter Objekte.“
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Radarplotten
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Radarplotten
Durch die zeichnerische Methode – das Plotten – ist die Aufsplittung von eigenem und fremden Fahrtvektor
aus dem angezeigten relativen Gesamtbewegungsvektor lösbar. Dazu wird in einem speziellen Plottingsheet,
der Radarspinne, oder mit nur wenigen Grundlinien frei auf einem Blatt Papier gezeichnet. Ein Plottingsheet
unterstützt durch seine Gradeinteilung und Entfernungsringe das Herauslesen der Werte. Diese Vordrucke
können im Handel erworben oder im Internet heruntergeladen werden.
Grundsätzlich kann das Plotten in Head Up- oder North Up-Darstellung gezeichnet werden (siehe Kapitel:
Elektronische Navigation, Radar Darstellungsarten). Anfängern fällt es oft leichter mit Head Up zu beginnen,
da in dieser Darstellung eine Nahbereichssituation und der Bezug zu der um das Schiff passierenden Situation
schnell zu erkennen sind. Nachteilig ist die Ablesung von Kursen, weil das Plottingdiagramm um den eigenen
Kurs gekippt ist. Winkelangaben müssen somit immer um den eigenen Kurs korrigiert werden.
In der North Up-Darstellung sind Kurse direkt abzulesen. Die eigene Bewegung ist hier jedoch nicht „nach
oben“, sondern in Kursrichtung auf der Plottingspinne erkennbar. Fortgeschrittene bevorzugen dieses.
Plotting – Head Up
Bei der Darstellung in Head Up sind die gemessenen Peilungen (EBL) Radarseitenpeilungen (RaSP).
Zusammen mit den Entfernungen werden diese als Beobachtungspunkte in das Plottingsheet eingetragen
und mit einer (rechts dunkelblau dargestellten) Linie (über die Mitte hinaus) verbunden.
Beispiel in Head Up-Darstellung:
1. Beobachtung 2. Beobachtung
Uhrzeit: 10:00 Uhr 10:30 Uhr
RaSP (EBL): 330° 340°
Entfernung (VRM): 8,0 sm 5,0 sm
Eigener Kurs (rwK): 060°
Eigene Fahrt (FdW): 5,0 kn
Abb.: 2. Beobachtung um 10:30 Uhr
Entfernung: 5 sm, RaSP: 340°
Abb.: 1. Beobachtung um 10:00 Uhr
Entfernung: 8 sm, RaSP: 330°
Abb.: Tabelle der Ausgangswerte
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Stichwortverzeichnis
Ablenkung .......................................................... 18
Ablenkungstabelle ............................................. 18
Admiralty Tide Tables ........................................ 35
Alter der Gezeit ................................................. 34
Anschlussort ...................................................... 36
Anti Clutter Rain, ATC ........................................ 68
Anti Clutter Sea .................................................. 69
Automatic Indentification System, AIS .............. 75
Automatic Radar Plotting Aid, ARPA ................. 89
Azimut (Radar) ................................................... 66
azimutale Auflösung .......................................... 66
azimutale Verformung ....................................... 66
Barre .................................................................. 39
Bezugsebene...................................................... 37
Bezugsorte ......................................................... 36
Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie
....................................................................... 42
chart datum ....................................................... 37
Closest Point of Approach, CPA ......................... 89
COSPAS/SARSAT ................................................ 80
Course-Up .......................................................... 70
Deklination ........................................................ 19
Deviation ........................................................... 18
Differencial GPS, DGPS ...................................... 62
Digital Selective Calling, DSC ............................. 80
Ebbe ................................................................... 32
Electronic Bearing Line ...................................... 69
Electronic Chart Display and Information System,
ECDIS .............................................................. 63
Enhanced Group Call ......................................... 83
EPIRB .................................................................. 80
Fast Time Constant, FTC .................................... 68
Feuer in der Kimm ............................................. 27
Flut ..................................................................... 32
Gain ................................................................... 68
Gezeitenstromatlanten ..................................... 50
Global Maritime Distress and Safety System,
GMDSS ........................................................... 78
Globales Positionierungs Systeme, GPS ............ 61
halbmonatliche Ungleichheit ............................ 34
halbtägige Ungleichheit ..................................... 33
HAT .................................................................... 52
Headmarker ....................................................... 69
Head-Up ............................................................. 70
Hochwasser ....................................................... 32
Inmarsat............................................................. 82
Interference Rejection, IR .................................. 68
International Maritime Organisation, IMO ....... 78
Kartennull .......................................................... 37
Kartentiefe .....................