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Skript zum Thema Quanten– und Atomphysik J. Hirsch

Skript QUANTEN– UND ATOMPHYSIK, zum internen Gebrauch am St. Paulusheim im zweistündigen Kurs mit Schwerpunkt Astrophysik 1

Skript zum Thema

Quanten– und Atomphysik

im zweistündigen Physikkurs der Kursstufe

mit Schwerpunkt Astrophysik

Skript zum Thema Quanten– und Atomphysik J. Hirsch

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Inhaltsverzeichnis

I ATOMVORSTELLUNGEN 4

I.1 Antike 4

I.1.1 Leukipp (450-370 v. Chr.) und Demokrit (460-371 v. Chr.) 4

I.1.2 Plato (427-347 v. Chr.) 4

I.1.3 Aristoteles (384-322 v. Chr.) 5

I.2 18. und 19. Jahrhundert 5

I.2.1 Joseph L. Proust (1754-1826) John Dalton (1760-1844) 5

I.3 19. und 20. Jahrhundert 6

I.3.1 William Thomson (1824-1907) – Lord Kelvin 6

I.3.2 Joseph John Thomson (1856-1940) 6

I.3.3 Ernest Rutherford (1871-1937) 7

I.3.4 Niels Henrik David Bohr (1885-1962) 8

I.4 20. Jahrhundert 8

II ELEMENTARTEILCHEN 10

III LICHT ALS QUANT – DER FOTOEFFEKT 17

III.1 Belichtung von Fotopapier 17

III.2 Der Fotoeffekt 17

III.3 Absorption und Emission von Licht 20

III.4 Spektroskopie 21

III.4.1 Emissionslinienspektrum 21

III.4.2 Exkurs: Wasserstoff & Termschema 23

III.4.3 Absorptionslinienspektrum 24

IV ATOMKERN 26

IV.1 Bausteine, Ordnungszahl und Massezahl 26

IV.2 Isotope 26

IV.3 Radioaktiver Zerfall 27

IV.3.1 α –Zerfall 27

IV.3.2 β −–Zerfall 28

IV.3.3 β +–Zerfall 28

IV.3.4 γ –Stahlung 29

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IV.3.5 Nachweis 29

IV.3.5.1 Fotoplatte 29

IV.3.5.2 Ionisationskammer (Wilson'sche Nebelkammer) 30

IV.3.5.3 Geiger-Müller-Zählrohr 31

IV.3.5.4 Szintillationszähler 32

IV.3.6 Halbwertszeit 32

IV.3.7 Zerfallsreihen 33

V KERNSPALTUNG 35

VI KERNFUSION 37

VI.1 Kernfusion in Sternen - Das Wasserstoff-Brennen 38

VI.1.1 Startreaktionen: 38

VI.1.2 Hauptfolgereaktionen: 38

VI.2 Übersicht über die verschiedenen Kernfusionen in Sternen 40

VI.3 Abschätzung der Lebens– bzw. Brenndauer der Sonne 41

VII QUELLEN UND WEITERFÜHRENDE LITERATUR 42

VII.1 Literatur: 42

VII.2 Internetquellen (Stand 29.10.2014): 42

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I Atomvorstellungen

In diesem Abschnitt werden einige wichtige historische Erkenntnisschritte in der Vorstellung der Atome in Anlehnung an die im Unterricht vorgestellte Präsentation stichpunktartig dargestellt.

I.1 Antike

I.1.1 Leukipp (450-370 v. Chr.) und Demokrit (460-371 v. Chr.)

• griechische Philosophen

• Materie ist aus unteilbaren Grundbausteinen (griechisch: atomos) aufgebaut.

• Atome haben bereits die Eigenschaften der aus ihnen aufgebauten Materie.

• Atome sind unveränderlich, unvergänglich und unterscheiden sich nur in Gestalt und Größe: Sie haben Höcker, Haken, Ausbuchtungen und Verzahnungen, sind rund oder eckig.

• Demokrit: „Nur der Meinung nach gibt es süß, nur der Meinung nach bitter, warm, kalt, nur der Meinung nach Farbe, in Wahrheit gibt es nur Atome und leeren Raum (Vakuum).“

I.1.2 Plato (427-347 v. Chr.)

• Vermeidet den Ausdruck „Atom“ � „Ur-Elemente“

• „Ur-Elemente“ klein, nicht sichtbar

• Mathematische Welt: Alles aus rechtwinklig-gleichschenkligen Dreiecken aufgebaut.

• Identifiziert die „Ur-Elemente“ mit den fünf regelmäßigen (platonischen) Körpern.

Tetraeder Würfel Oktaeder Ikosaeder Dodekaeder

Feuer Erde Luft Wasser kosm. Raum

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I.1.3 Aristoteles (384-322 v. Chr.)

• Ablehnung der Ideenlehre Platons (Atomismus):

– Im leeren Raum (Vakuum) ist keine Bewegung möglich.

– Die vielfältigen Formen, Ausbuchtungen und Häkchen und Ösen der Atome, mit denen diese zusammengehalten werden, sind absurd.

• Der Raum ist kontinuierlich mit Materie erfüllt, die zunächst keine Form hat, aber zur Formung dient („prima materia“).

• Die Vielfalt der irdischen Stoffe erklärt sich durch verschiedene Mischungen der vier Grundelemente Feuer, Wasser, Erde und Luft.

• Himmelskörper bestehen aus einem fünften Element („quinta essentia“ oder „Äther“).

I.2 18. und 19. Jahrhundert

I.2.1 Joseph L. Proust (1754-1826) John Dalton (1760-1844)

http://commons.wikimedia.org/wiki/File:John_Dalton_by_Charles_Turner.jpg http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Joseph_Louis_Proust.jpeg

• Erste experimentelle Hinweise darauf, dass Materie tatsächlich aus kleinen Bausteinen aufgebaut ist.

• Chemische Elemente verbinden sich nur in bestimmten ganzzahligen Verhältnissen miteinander zu Molekülen.

• Dalton erklärte dieses Phänomen 1808 damit, dass die Elemente aus nicht mehr teilbaren, kleinsten Einheiten bestehen und griff für diese Teile den alten griechischen Begriff des Atoms wieder auf.

• Alle Atome eines chemischen Elements sind untereinander gleich. Atome unterscheiden sich nur in der Masse von Atomen anderer Elemente.

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I.3 19. und 20. Jahrhundert

I.3.1 William Thomson (1824-1907) – Lord Kelvin

Atome sind kugelförmig anzunehmen.

• Zwischen Atomen besteht eine Abstoßung.

• Elektrisches Fluidum besteht aus Elektronen, die kleiner als Atome sind.

• Atome mit unterschiedlich vielen Elektronen haben unterschiedliche Eigenschaften.

• Positive Ladung gleichmäßig über das ganze Atom verteilt.

I.3.2 Joseph John Thomson (1856-1940)

Entdeckte durch Experimente mit einer Glühkathode, dass sich aus Atomen kleinere, elektrisch geladene Teilchen herausschlagen lassen, die Elektronen (1897-1899).

• Atome:

– Keinesfalls unteilbar

– Winzige, elastische Kügelchen, in denen Masse und positive elektrische Ladung gleichmäßig verteilt sind.

– Fest eingebettet sind, wie Rosinen im Kuchenteig, die punktförmigen, elektrisch negativen Elektronen.

– Später: Elektronen bewegen sich im Atom umher (zur Erklärung der Radioaktivität).

http://commons.wikimedia.org/wiki/ File:Lord_Kelvin_photograph.jpg

http://commons.wikimedia.org/ wiki/Joseph_John_Thomson

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I.3.3 Ernest Rutherford (1871-1937)

Im Jahre 1909 kam Marsden in Rutherfords Institut nach Manchester. Als kleine Übungsaufgabe sollte er die Streuung von α-Teilchen an dünnen Metallfolien (Pb, Au, Pt, Cu) untersuchen.

Das Ergebnis der Experimente von Marsden und Geiger bezeichnete später Rutherford als das unglaubwürdigste Ereignis seines Lebens:

„Geiger kam in großer Aufregung zu mir und sagte: Es ist uns

gelungen, nach rückwärts gehende α-Teilchen zu beobachten.

Das war wohl das Unglaublichste, was ich je erlebt hatte. Es

war fast so unglaublich, als wenn eine Kugel auf einen

zurückkäme, die man auf ein Stück Seidenpapier geschossen

hat. Einiges Nachdenken brachte mir die Einsicht, dass diese

Rückwärtsstreuung aber die Folge eines Zusammenstoßes

sein musste, und als ich Berechnungen machte, sah ich, dass

es unmöglich war, irgend etwas in dieser Größenordnung zu

bekommen, es sei denn, dass man ein System annahm, in dem der größte Teil der Masse des Atoms

in einem einzigen Kern konzentriert war. Damals hatte ich erstmals die Vorstellung von einem Atom

mit einem winzigen, massiven und geladenen Zentrum. Auf mathematischern Weg berechnete ich,

welchen Gesetzen solche Streuungen unterliegen müssten, und fand, dass die Anzahl der Teilchen,

die in einem gegebenen Winkel gestreut werden, proportional der Dicke der Streuschicht, dem

Quadrat der Kernladung, und umgekehrt der vierten Potenz der Geschwindigkeit sein müsste".

http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Rutherford_Scattering.svg

Autor: Sundance Raphael auf Wikimedia Commons

Legende:

1: Radioaktives Radium; 2: Bleimantel zur Abschirmung; 3: Alpha-Teilchenstrahl;

4: Leuchtschirm bzw. Fotografieschirm; 5: Goldfolie; 6: Punkt, an dem die Strahlen auf die

Folie treffen; 7: Teilchenstrahl trifft den Schirm, nur wenige Teilchen werden abgelenkt.

http://commons.wikimedia.org/wiki/

File:Ernest_Rutherford_%28Nobel%29.jpg

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• Streuversuch von α-Teilchen an Goldfolie:

– Das Thomsonsche Atommodell ist zur Erklärung der Großwinkelstreuung nicht geeignet.

– Nicht durch Vielfachstreuung sondern durch eine Einzelstreuung wird die Ablenkung bewirkt.

– Die α-Teilchen mussten offenbar an einer positiven Zentralladung, die fast die gesamte Masse des Atoms enthält, gestreut werden.

• Hülle des Atoms besteht aus einer homogen verteilten negativen Ladung.

• Elektronen in statischer Anordnung um den Kern verteilt.

• Erste Berechnungen der Dimension des Atomkerns: 143,3 10 m−⋅

I.3.4 Niels Henrik David Bohr (1885-1962)

„Planetenmodell“ (1913):

• Das Atom besteht aus einem positiv geladenen Kern und negativ geladenen Elektronen.

• Die Elektronen umkreisen den Kern auf ganz bestimmten konzentrischen Bahnen.

• Jede Schale kann max. 22n Elektronen haben

Erweiterung:

Bohr-Sommerfeldsches Atommodell (1916), in dem für Elektronen auch bestimmte Ellipsenbahnen um den Atomkern zugelassen sind

I.4 20. Jahrhundert

Orbitalmodell (1928)

• Erkenntnis aus Quantenmechanik:

Der genaue Aufenthaltsort der Elektronen kann nicht exakt ermittelt, sondern nur ihre Verteilung stochastisch beschrieben werden.

• Atom besteht aus einem Kern, der von Orbitalen umgeben ist.

• Die Form der Orbitale ist durch die räumliche Aufenthaltswahrscheinlichkeit der Elektronen gegeben (Orbital ist eine Lösung der Schrödingergleichung).

• Die Aufenthaltswahrscheinlichkeit der Elektronen sinkt mit dem Abstand vom Atomkern und erstreckt sich bis ins Unendliche

http://commons.wikimedia.org/

wiki/File:Niels_Bohr.jpg Autor The American Institute of Physics

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• Orbital = Aufenthaltsraum, in dem sich das betrachtete Elektron mit ca. 90 % Wahrscheinlichkeit aufhält.

• Abstände der größten Wahrscheinlichkeiten innerhalb der Orbitale, ein Elektron anzutreffen, entsprechen den von Niels Bohr errechneten Bahnabständen.

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II Elementarteilchen

Anfang des 20. Jahrhunderts hatte man erkannt, dass die Materie aus den elementaren Bausteinen Protonen (im Atomkern) und Elektronen (in der Atomhülle) aufgebaut ist. Zudem wurde seit 1920 die Existenz eines weiteren Kernbausteins (Nukleon) vorausgesagt, das Neutron, welches schließlich 1932 von James Chadwick entdeckt wurde.

Einzig die Radioaktivität, insbesondere der Beta-Zerfall machte den Physiker zu dieser Zeit noch Kopfschmerzen. Beim Beta-Zerfall wird ein Elektron aus dem Atom regelrecht herausgeschossen. Die Energien der Elektronen sind allerdings so hoch, dass es sich nicht um Hüllenelektronen handeln kann. [Heute weiß man, dass sich beim Beta-Zerfall im Atomkern ein Neutron in ein Proton und ein Elektron umwandelt und das Elektron aus dem Atom regelrecht herausgeschossen wird.]

Eigentlich müsste beim Zerfall einer bestimmten Sorte von Atomkernen immer exakt dieselbe Energiemenge frei werden. Lise Meitner und Kollegen fanden jedoch experimentell, dass die emittierten Elektronen beim Beta-Zerfall alle möglichen Energien besaßen und dies schien dem Energieerhaltungssatz zu widersprechen, so u.a. auch die Aussage von Niels Bohr.

In dieser Zeit beschäftigten sich viele heute bekannte Namen mit der Radioaktivität und der Quantenphysik, die führenden Physiker trafen sich auf Einladung des belgischen Chemikers und Industriellen Ernest Solvay bei den Solvay-Konferenzen. Die Teilnehmer an der sechsten Solvay-Konferenz 1930 sind auf dem Bild zu sehen.

http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Solvay_conference_1930.jpg

Stehend von links: E. Herzen, E. Henriot, J. Verschaffelt, C. Manneback, A. Cotton, J. Errera, O. Stern, A. Piccard, W. Gerlach, C. Darwin, P.A.M. Dirac, E. Bauer, P. Kapitsa, L. Brillouin, H. A. Kramers, P. Debye, W. Pauli, J. Dorfman, J. H. Van Vleck, E. Fermi, W. Heisenberg

Sitzend von links: Th. De Donder, P. Zeeman, P. Weiss, A. Sommerfeld, M. Curie, P. Langevin, A. Einstein, O. Richardson, B. Cabrera, N. Bohr, W. J. De Haas

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Wolfgang Pauli suchte nach einer Lösung, die den Beta-Zerfall und das Entstehen eines Elektrons erklären konnte, ohne dabei den Energieerhaltungssatz zu verletzen. Seine Lösung, die er als verzweifelten Ausweg bezeichnete, erläuterte er in einem offenen Brief an die Gruppe der Radioaktiven bei der Gauvereins-Tagung in Tübingen (Pauli wollte wohl aber vor allem Meitner und Geiger ansprechen):

Liebe Radioaktive Damen und Herren,

wie der Überbringer dieser Zeilen, den ich huldvollst anzuhören bitte, Ihnen des näheren auseinandersetzen wird, bin ich angesichts der "falschen" Statistik der N- und Li-6 Kerne, sowie des kontinuierlichen beta-Spektrums auf einen verzweifelten Ausweg verfallen, um den "Wechselsatz" der Statistik und den Energiesatz zu retten. Nämlich die Möglichkeit, es könnten elektrisch neutrale Teilchen, die ich Neutronen nennen will, in den Kernen existieren, welche den Spin 1/2 haben und das Ausschließungsprinzip befolgen und sich von den Lichtquanten ausserdem noch dadurch unterscheiden, dass sie nicht mit Lichtgeschwindigkeit laufen. Die Masse der Neutronen müsste von derselben Grössenordnung wie die Elektronenmasse sein und jedenfalls nicht grösser als 0,01 Protonenmasse. Das kontinuierliche beta-Spektrum wäre dann verständlich unter der Annahme, dass beim beta-Zerfall mit dem Elektron jeweils noch ein Neutron emittiert wird, derart, dass die Summe der Energien von Neutron und Elektron konstant ist. Nun handelt es sich weiter darum, welche Kräfte auf die Neutronen wirken. Das wahrscheinlichste Modell für das Neutron scheint mir aus wellenmechanischen Gründen (näheres weiss der Überbringer dieser Zeilen) dieses zu sein, dass das ruhende Neutron ein magnetischer Dipol von einem gewissen Moment µ ist. Die Experimente verlangen wohl, dass die ionisierende Wirkung eines solchen Neutrons nicht grösser sein kann, als die eines gamma-Strahl und darf dann µ wohl nicht grösser sein als e.10-13 cm.

Ich traue mich vorläufig aber nicht, etwas über diese Idee zu publizieren, und wende mich erst vertrauensvoll an Euch, liebe Radioaktive, mit der Frage, wie es um den experimentellen Nachweis eines solchen Neutrons stände, wenn dieses ein ebensolches oder etwa 10mal größeres Durchdringungsvermögen besitzen würde wie ein gamma-Strahl. Ich gebe zu, dass mein Ausweg vielleicht von vornherein wenig wahrscheinlich erscheinen wird, weil man die Neutronen, wenn sie existieren, wohl schon längst gesehen hätte. Aber nur wer wagt, gewinnt und der Ernst der Situation beim kontinuierlichen beta-Spektrum wird durch einen Ausspruch meines verehrten Vorgängers im Amte, Herrn Debye, beleuchtet, der mir kürzlich in Brüssel gesagt hat: "O, daran soll man am besten gar nicht denken, sowie an die neuen Steuern." Darum soll man jeden Weg zur Rettung ernstlich diskutieren. – Also, liebe Radioaktive, prüfet, und richtet. – Leider kann ich nicht persönlich in Tübingen erscheinen, da ich infolge eines in der Nacht vom 6. zum 7. Dez. in Zürich stattfindenden Balles hier unabkömmlich bin. – Mit vielen Grüßen an Euch, sowie an Herrn Back, Euer untertänigster Diener

gez. W. Pauli

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Originalbrief von W. Pauli: http://www.symmetrymagazine.org/pdfs/200703/logbook_letter.pdf

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Die von Pauli vorgeschlagenen und zunächst als Neutronen bezeichneten Teilchen, kollidierten vom Namen her mit dem 2 Jahre später gefundenen Nukleon, dem Neutron. Enrico Fermi bezeichnete 1934 dieses "Gespensterteilchen" von Pauli dann als Neutrino, um die Verwirrung zu beenden.

Das Neutrino wurde erst 1956 in einer Anlage namens Poltergeist entdeckt. Diese Anlage bestand aus einem mit Cadmiumchlorid gefülltem Tank und stand in der Nähe eines Kernreaktors. Die Neutrinos konnten auch nicht direkt nachgewiesen werden, sondern nur die Gammateilchen, welche durch Wechselwirkung der Neutrinos mit einem Atom im Tank entstanden.

In den 1930er– bis 1950er–Jahren wurden durch bessere und empfindlichere Apparaturen immer mehr Teilchen gefunden, die zum Teil auch schon vorhergesagt wurden. Die subatomare Teilchenfamilie wuchs stetig an, auch aufgrund der Tatsache, dass es zu jedem Teilchen auch ein Antiteilchen gibt. Zu dieser Zeit sprach man scherzhaft von einem Teilchenzoo.

Als in den 1960er–Jahren noch die Quarks entdeckt wurden, aus denen sich u.a. Protonen und Neutronen zusammensetzen, war es an der Zeit, Ordnung in diesen Zoo zu bringen.

Das Ergebnis bezeichnet man heute als Standardmodell der Elementarteilchen und Fundamentalkräfte:

http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Standard_Model_of_Elementary_Particles-de.svg

Autor Polluks / MissMJ auf Wikimedia Commons

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Erläuterungen zum Standardmodell:

Die stoffliche Welt ist aus Fermionen aufgebaut. Zu ihnen gehören die sechs verschiedenen Quarks sowie die sechs Leptonen. Alle Fermionen besitzen einen halbzahligen Spin (quantenmechanischer Eigendrehimpuls, 1/2, 3/2).

Die Mitglieder dieser beiden Familien unterscheiden sich in jeder Zeile jeweils in ihrer Masse und wurden deshalb verschiedenen Generationen zugeteilt. Teilchen der Generation III sind schwerer als Teilchen der Generation II und diese wiederum schwerer als Teilchen der Generation I.

Die Quarks der ersten Zeile unterscheiden sich von den Quarks der zweiten Zeile

zudem noch bzgl. ihrer Ladung. Das u–, c– und t–Quark haben die Ladung 23

, die

übrigen drei Quarks (d, s, b) haben die Ladung 13

− .

Aus Quarks setzen sich verschiedene Teilchen zusammen, die Hadronen. Alle Teil-chen, die aus drei Quarks bestehen, nennt man Baryonen (griech.: die Schweren) und haben nur ganzzahlige Vielfache von e als Ladung ( 2 , , 0, , 2q e e e e= − − + + ).

Dazu gehören u.a. das Proton und das Neutron (s. Abbildung).

Neutron (udd) Proton (uud)

Insgesamt gibt es etwa 120 Baryonen, von denen die meisten allerdings eine Halbwertszeit von Bruchteilen einer Sekunde haben. Das Delta-Teilchen +∆ hat z.B. dieselben Quarks wie das Proton (uud), allerdings eine etwas höhere Energie und damit höhere Masse und zerfällt mit einer Halbwertszeit (Lebensdauer) von 2310 s

−≈ .

Baryon Quarks Ladung q E (GeV) Lebensdauer (s)

p uud e+ 0,9383 ∞

n udd 0 0,9396 886

++∆ uuu 2e+ 1,232 245,58 10−⋅

+∆ uud e+ 1,232 245,58 10−⋅

−∆ ddd e− 1,232 245,58 10−⋅

+Σ uus e+ 1,383 233,9 10−⋅

Sechs Beispiele für Baryonen

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Aus Quarks lassen sich auch noch die Mesonen (griech.: die Mittleren) bilden. Die Mesonen bestehen allerdings nur aus zwei Quarks: einem Quark und einem Antiquark. Insgesamt sind etwas mehr als 100 Mesonen bekannt.

Meson Symbol Quarks Ladung q E (MeV) Lebensdauer (s)

Pion π + ud e+ 139,6 82,6 10−⋅

Pion π − ud e− 139,6 82,6 10−⋅

Pion 0π uu d d− 0 135,0 178, 4 10−⋅

Kaon K + us e+ 493,7 81,2 10−⋅

Kaon K − su e− 493,7 81,2 10−⋅

Fünf Beispiele für Mesonen

Da sich die u– und d–Quarks nicht sehr in ihrer Masse unterscheiden und die Masse des s–Quarks ebenfalls in der Nähe liegt, gibt es sogenannte Überlagerungszustände mehrere Quark–Antiquark–Paare wie z.B. bei 0π –Meson (Mischung aus zwei Zuständen).

Der bekannteste Vertreter der Leptonen ist das Elektron. Auch bei den Leptonen gibt es drei Generationen mit steigender Masse: Elektronen, Myonen und Tauonen. Alle Leptonen haben die Ladung e− . Zu jedem Lepton gehört ein ungeladenes Neutrino, das Elektron–Neutrino, das Myon–Neutrino und das Tau–Neutrino. Die Neutrinos zeigen fast keine Wechselwirkung mit Materie, so dass sie z.B. ungehindert durch die Erde hindurchgehen. Pro Sekunde und pro cm2 werden wir übrigens von Milliarden von Neutrinos aus der Sonne "durchbohrt".

Kommen wir zur rechten Spalte im Bild des Standardmodells, den Bosonen. Zu ihnen gehören die Mesonen (Quark & Antiquark, s.o.) sowie die sogenannten Eichbosonen. Alle Bosonen haben einen ganzzahligen Spin.

Die Eichbosonen sind in der Quantenfeldtheorie die Vermittlerteilchen der vier Grundkräfte: der elektromagnetischen Wechselwirkung (WW), der schwachen WW, der starken WW und der Gravitation. Nach der Quantenfeldtheorie kommt jede Kraft zwischen zwei Teilchen nur zustande, weil diese Teilchen Bosonen austauschen:

• Die elektromagnetische Wechselwirkung hat als Vermittlerteilchen das Photon.

• Bei der schwachen Wechselwirkung werden W– und Z–Bosonen ausgetauscht.

• Für die starke Wechselwirkung sind Gluonen verantwortlich.

• Für die Gravitation sagt die Quantenelektrodynamik (QED) das Graviton als Vermittlerteilchen voraus.

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Das Graviton wird von der QED zwar postuliert, ist aber bisher noch nicht nachgewiesen worden. Zum einen müsste es masselos sein, da die Gravitationskraft unendlich weit reicht, und sich mit Lichtgeschwindigkeit bewegen. Zum anderen müsste es theoretisch den Spin 2 besitzen, da Bosonen mit geradzahligem Spin bei gleicher Ladung anziehend und Bosonen ungeradzahligem Spin bei gleicher Ladung abstoßend wirken.

Bleibt die Frage, wie ein Teilchen überhaupt zu seiner Masse kommt bzw. wer die Masse eines Teilchens bestimmt. Als theoretische Lösung wartet die QED mit dem Higgs-Teilchen auf. Dieses wurde 1964 von Peter Higgs vorgeschlagen und hätte die Ladung 0q = sowie den Spin 0. Es wäre also ein Boson (Higgs-Boson). Der Theorie

nach interagiert das Higgs-Boson zwischen einem Teilchen und dem theoretischen Higgs-Feld und verleiht so einem bestimmten Teilchen eine bestimmte Masse. Die Masse ist demnach keine grundlegende Eigenschaft eines Elementarteilchens. Gegenwärtig wird am LHC (Large Hadron Collider) in Genf nach eben diesem Higgs-Teilchen gesucht...

Abschließend noch die Bemerkung, dass man die Elementarteilchen des Teilchenzoos auch nach der Tatsache ordnen kann, ob sie von der starken WW beeinflusst sind oder nicht. Dies ergibt noch einen anderen Blickwinkel auf die Familien der Elementarteilchen:

Teilchenzoo

sonstige Hadronen

Baryonen

Proton

Neutron

Mesonen

Pionen

Kaonen

Leptonen

Elektron

Myon

Tauon

Neutrinos

Bosonen

Photon

W–Boson

Z–Boson

starke WW: JA starke WW: NEIN

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III Licht als Quant – Der Fotoeffekt

Betrachtet man die Phänomene der Lichtausbreitung (z.B. Beugung, Interferenz, Polarisation), so kann man diese mit Hilfe des Wellenmodells erklären: Licht ist eine elektromagnetische Transversalwelle.

Betrachtet man die Wechselwirkung von Licht mit Materie, so erkennt man, dass dieses Wellenmodell gänzlich ungeeignet ist, um die Phänomene zu beschreiben. Geeignet ist in diesem Fall die Auffassung von Licht als Lichtteilchen (Photonen), die eine bestimmte Energieportion mitführen. Man spricht auch von sog. Lichtquanten. Die Erkenntnis, dass Licht aus Lichtteilchen bzw. Quanten besteht, resultierte aus verschiedenen Versuchen und Phänomenen, von denen im Folgenden einige dargestellt werden.

III.1 Belichtung von Fotopapier

Trifft Licht auf ein Schwarz-Weiß-Fotopapier, so wird dieses im Normalfall an den Stellen geschwärzt, an denen das Licht auf das Papier getroffen ist. Aber warum ändert sich die Schwärzung nicht nachträglich noch, wenn das Fotopapier im Labor unter Rotlicht entwickelt wird?

Zur Schwärzung des Fotopapiers ist eine bestimmte Energie nötig. Da im Wellenmodell die Amplitude der elektrischen Feldstärke E ein Maß für die transportierte Energie ist und sich die Intensität des Lichts mit steigender Amplitude erhöht, müsste das Fotopapier auch unter Rotlicht geschwärzt werden, wenn dessen Intensität genügend groß ist. Dies ist jedoch nicht der Fall. Es zeigt sich allerdings, dass blaues Licht das Fotopapier schwärzet, selbst mit kleiner Intensität. Somit hängt die Schwärzung nur von der Wellenlänge bzw. Frequenz des Lichts ab und nicht von dessen Amplitude.

Das bedeutet im Teilchenmodell wiederum, dass zum einen die Photonen des blauen Lichts energiereicher sein müssen als die Photonen des roten Lichts und zum anderen, dass die Steigerung der Intensität – entgegen der Theorie der klassischen Physik – nur die Menge der pro Zeiteinheit auftreffenden Photonen anwachsen lässt.

III.2 Der Fotoeffekt

Der fotoelektrische Effekt wurde 1886 von Heinrich Hertz entdeckt und zunächst von dessen Assistent Wilhelm Hallwachs etwas näher untersucht. Er hat dabei eine negativ geladene Zinkplatte mit einem Elektroskop verbunden, so dass dieses ausschlug, und anschließend dem Licht einer UV-Lampe ausgesetzt. Resultat war eine langsame Entladung der Zinkplatte. Das Phänomen ist allerdings nicht zu erreichen, wenn zur Bestrahlung sichtbares Licht benutzt wird, auch wenn die Lichtquelle der Zinkplatte angenähert wird. Somit ist wie bei der Fotoplatte nicht die

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Intensität ausschlaggebend, sondern die Frequenz bzw. Wellenlänge des Lichts.

Philipp Lenard führte im Jahr 1900 eine systematische Untersuchung dieses Effekts durch und konnte nachweisen, dass die abgelösten Ladungsträger Elektronen sind.

Der Versuchsaufbau von Lenard bestand aus einer luftleeren Photozelle, in welcher ein Ring und eine Cäsiummetallschicht angebracht waren. Fällt blaues Licht auf das Cäsiummetall, so entsteht zwischen dem Cäsiummetall und dem Ring eine Spannung, die ihren Maximalwert bei ca. max 0,8U V= hat.

Erklärung:

Die aus dem Cäsium gelösten Elektronen wandern auf den Ring, so dass zwischen dem Ring und dem Cäsium eine Spannung entsteht. Irgendwann reicht dann ihre kinetische Energie nicht mehr aus, um vom Cäsium gegen das entstehende elektrische Feld anzulaufen, so dass sich die Spannung nicht weiter erhöht. Die Photoelektronen haben also maximal die Energie max maxE e U= ⋅ .

Verkleinert man die Blende, so wird das Lampenbild auf der Cäsiumschicht dunkler. Damit wird die Maximalspannung zwar langsamer erreicht, bleibt jedoch beim selben Sättigungswert max 0,8U V= . Das bedeutet wiederum, dass die Lichtintensität nicht die

Energie der ausgelösten Elektronen beeinflusst, sondern nur die Menge der pro Zeit ausgelösten Elektronen, was einen Widerspruch zur klassischen Physik darstellt.

Erhöht man jedoch die Frequenz des benutzten Lichts, so steigt die Maximalspannung und auch die Maximalenergie der ausgelösten Elektronen.

Trägt man für verschiedenen Metalle die Maximalenergie maxE über der Frequenz f

des Lichts auf, erhält man folgendes Ergebnis:

• Die Maximalenergie maxE der ausgelösten Elektronen steigt proportional mit

der Frequenz f des benutzten Lichts. Zudem muss das Licht eine bestimmte

Mindest– bzw. Grenzfrequenz G

f besitzen, damit Elektronen aus dem Metall

gelöst werden.

http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Fotoelektrischer_Effekt.svg Autor Afrank99 auf Wikimedia Commons

Skript zum Thema Quanten– und Atomphysik J. Hirsch

Skript QUANTEN– UND ATOMPHYSIK, zum internen Gebrauch am St. Paulusheim im zweistündigen Kurs mit Schwerpunkt Astrophysik 19

• Die Geraden sind parallel zueinander und haben damit unabhängig vom Metall dieselbe Steigung. Für die Steigung wurde die Konstante h eingeführt. Sie heißt auch Planck-Konstante oder Plancksches Wirkungsquantum uns ist eine Naturkonstante.

• Die negativen Achsenabschnitte hängen nicht vom benutzten Licht ab, sondern ausschließlich vom Metall. Sie geben die Ablöseenergie

AE an, die

benötigt wird, um das Elektron aus dem Metallgitter zu "befreien".

In der Gleichung der Geraden

max A Photon AE h f E E E= ⋅ − = −

steht der Term h f⋅ für die vom Photon auf das Elektron übertragene Energie E , d.h. also auch für die Energie, die ein Photon der Frequenz f besitzt.

Die Grenzfrequenz, ab der Elektronen aus dem Metall gelöst werden beträgt

AG

Ef

h= .

Die Plancksche Konstante hat den Wert 346,626 10h J s−= ⋅ ⋅ .

Zusammenfassung:

• Die Energie von EM-Strahlung ist quantisiert.

• Die Energiequanten (Photonen) haben die Energie E h f= ⋅ .

• Die Lichtintensität bestimmt nicht die Energie der Photonen, sondern nur die Anzahl der Photonen.

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III.3 Absorption und Emission von Licht

Nach dem Bohr'schen Atommodell befinden sich um den Atomkern herum die Elektronen in diskreten Schalen bzw. auf bestimmten Bahnen. In der Abbildung ist ein neutrales Aluminiumatom im Grundzustand dargestellt, welches im Kern 13 Protonen und 14 Neutronen sowie 13 Elektronen in der Hülle besitzt. Dabei sind die Elektronen von "innen heraus" auf die Schalen verteilt, wobei auf die n–te Schale 22 n⋅ Elektronen passen bis sie voll ist.

Jede Schale steht für ein bestimmtes Energieniveau, d.h. ein Elektron auf der 3. Schale hat eine höhere Energie als ein Elektron auf der 2. Schale und dieses wiederum eine höhere Energie als ein Elektron auf der ersten Schale.

Aber ein Elektron kann von einer Schale des Energieniveaus 1E auf eine höhere Schale mit

Energieniveau 2E wechseln, wenn ihm genau die Energie 2 1E E E= − zugeführt wird.

Trifft ein Photon auf eines der Elektronen, so wechselwirken diese miteinander und das Photon gibt seine ganze Energie E h f= ⋅ dem

Elektron, wenn die Energie des Photons genau einer Energiedifferenz zu einer höheren Schale entspricht.

Damit kann das Elektron durch die Absorption eines Photons mit passendem Energiebetrag auf die entsprechende höhere Bahn gehoben werden. Man sagt, das Atom befindet sich jetzt in einem angeregten Zustand.

In den Naturwissenschaften ist ein System in einem angeregten Zustand, wenn die Energie im System größer ist als die Energie des Grundzustands (Zustands möglichst niedriger Energie).

Kein Atom (oder auch Molekül) bleibt normalerweise lange in einem angeregten Zustand, sondern fällt innerhalb kürzester Zeit in den energetisch tieferen Grundzustand zurück. Dabei wird Energie frei, die als Photon mit genau diesem Energiebetrag abgegeben wird. Man spricht von der Emission eines Photons.

http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Eccitazione_atomica_per_assorbimento_di_un_fotone.svg

Autor ARTE auf Wikimedia Commons

http://commons.wikimedia.org/wiki/ File:Bohr_model_Balmer_32.png

Autor WillowW auf Wikimedia Commons

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In jedem Atom oder Molekül sind die Energiedifferenzen zweier entsprechender Bahnen unterschiedlich groß, d.h. fällt ein Elektron bei zwei verschiedenen Atomen von der 4. Schale wieder in auf die erste Schale, so werden jeweils Photonen unterschiedlicher Energie und somit Licht unterschiedlicher Frequenz bzw. Farbe emittiert.

III.4 Spektroskopie

Fällt weißes Licht auf ein Prisma, so lässt sich auf einem Schirm das gesamte sichtbare Spektrum darstellen. Dies liegt daran, dass der Brechungsindex eines transparenten Materials von der Wellenlänge des Lichts abhängt und somit Licht unterschiedlicher Wellenlänge bzw. Frequenz an den beiden Übergängen zwei mal unterschiedlich stark gebrochen wird.

Allgemein ist der Brechungsindex für kleine Wellenlängen (blaues Licht) größer als für große Wellenlängen (rotes Licht). Mit der Beziehung

1 1 2

2 2 1

sin

sin

c n

c n

λαβ λ

= = = ,

wobei 1 2,n n die sogenannten Brechzahlen der beiden Medien sind, folgt, dass blaues

Licht stärker gebrochen wird als rotes Licht. Man nennt diesen Effekt auch chromatische Dispersion.

Trifft also weißes Licht, welches von blau bis rot alle Farben enthält, auf ein Prisma, wird das blaue Anteil des Lichts stärker aus seiner ursprünglichen Richtung abgelenkt als der gelbe Anteil und dieser wiederum stärker als der rote Anteil. So ergibt sich die Auf-spaltung in das sichtbare Spektrum.

III.4.1 Emissionslinienspektrum

Ein (heißes) Gas von geringer Dichte (z.B. Quecksilber, Neon) sendet nur Licht bestimmter Wellenlängen aus, da bei diesem nur Übergänge ganz bestimmter Energiezustände möglich sind. Fällt dieses Licht durch ein Prisma, so ergeben sich nur ganz bestimmte Farblinien, die sogenannten Emissionslinien. Diese sind wie ein Fingerabdruck des entsprechenden Gases.

So emittiert z.B. eine Natriumdampflampe – eine Gasentladungslampe von Natriumdampf – praktisch monochromatischem Licht, da die Natriumatome beim Übergang in den Grundzustand im Prinzip nur Licht der Wellenlängen 588,995 nm und 589,5924 nm abgibt (Natrium-D-Linien, Natrium-Doppellinie).

http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Dispersion_prism.jpg Autor Florenco auf Wikimedia Commons

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http://commons.wikimedia.org/wiki/File:LPS_Lamp_35W_running.jpg

Autor Proton02 auf Wikimedia Commons

http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Na-D-sodium_D-lines-589nm.jpg

Autor Tfaub auf Wikimedia Commons

Für jedes Element gibt es ein charakteristisches Emissionslinienspektrum, so dass sich die Elemente anhand dieses Spektrums identifizieren lassen. Im Folgenden sind exemplarische die Emissionslinienspektren von H, He und Fe dargestellt.

http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Emission_spectrum-H.png

Autor Mericanto auf Wikimedia Commons

http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Visible_spectrum_of_helium.jpg Autor Jan Homann auf Wikimedia Commons

http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Emission_spectrum-Fe.svg

Autor User:nilda auf Wikimedia Commons

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III.4.2 Exkurs: Wasserstoff & Termschema

Die zeichnerische Darstellung aller möglichen Energieniveaus (Terme) eines Atoms, Ions oder Moleküls nennt man Termschema bzw. Energieniveauschema.

In der folgenden Abbildung ist das Termschema von Wasserstoff dargestellt. Man erkennt, dass alle Übergänge von einem höheren Zustand n auf einen bestimmten niedrigeren Zustand m zu einer Serie zusammengefasst sind, die nach ihren jeweiligen Entdeckern benannt wurden. Zudem sind an der rechten Achse die Energieniveaus der einzelnen Schalen angegeben.

http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Wasserstoff-Termschema.svg

Autor w:de:user:Kiko2000 auf Wikimedia Commons

Geht zum Beispiel ein Elektron von der dritten Schale (n = 3) auf die zweite Schale (m = 2) über, so wird ein Photon mit folgender Energie emittiert:

12,09 10, 20 1,89E h f eV eV eV= ⋅ = − =

Dies entspricht einer Wellenlänge von

34

19

6,626 10 299792458

6561,89 1,89 1,89 1,602 10

mJ s

c c h c s nmeVf eV J

h

λ−

⋅ ⋅ ⋅⋅= = = = =⋅ ⋅

.

Betrachtet man die Wellenlängen der emittierten Photonen bei den einzelnen Serien, so sieht man, dass nur die Balmer-Serie im sichtbaren Bereich des elektromagnetischen Spektrums liegt.

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http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Hydrogen_transitions.svg

Autor OrangeDog auf Wikimedia Commons

http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Hydrogen_spectrum.svg

Autor OrangeDog auf Wikimedia Commons

III.4.3 Absorptionslinienspektrum

Von der Sonne kommt kontinuierliches weißes Licht zu uns, welches alle Spektralfarben enthält. Betrachtet man das Spektrum der Sonne jedoch genauer, so entdeckt man an vielen Stellen des Spektrums schwarze Linien.

http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Fraunhofer_lines_DE.svg

Autor Cepheiden auf Wikimedia Commons

"Dehnt" man das Spektrum, so werden aus manchen (breiten) schwarzen Einzellinien nunmehr (dünnere) Doppel– oder Mehrfachlinien.

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High resolution solar spectrum.

N.A.Sharp, NOAO/NSO/Kitt Peak FTS/AURA/NSF. Copyright WIYN Consortium, Inc., all rights reserved.

Diese schwarzen Linien im Sonnenspektrum wurden eigentlich zuerst von William Wollaston 1802 entdeckt (7 Linien). Da etwa zur gleichen Zeit Joseph Fraunhofer über 560 Linien im Sonnenspektrum gefunden hat, wurden diese Linien nach ihm benannt und heißen fraunhofersche Linien.

Das kontinuierliche Spektrum der Sonne stammt nur aus einer relativ dünnen Schicht der Sonne, der Photosphäre. Da die Photonen auf dem Weg zu uns noch durch (Gas–)Bereiche mit verschiedenen Elementen (häufigstes Element ist Wasserstoff) gehen, kommt es häufig zu Wechselwirkungen mit den vorhandenen Atomen. So absorbieren diese Wasserstoffatome Photonen in scharf eingegrenzten Energie-bereichen, die im obigen Termschema zu finden sind.

Vom Atom wird beim Übergang in den Grundzustand zwar wieder ein Photon derselben Energie und damit derselben Frequenz abgegeben, da dies aber meist nicht in derselben Richtung erfolgt, fehlen diese Photonen aus unserer Sicht im Sonnenspektrum und es ergeben sich schwarze Linien. Diese fraunhofersche Linien liegen an denselben Stellen, an denen das Emissionsspektrum farbige Linien hat.

Im Labor kann man die Lage der Emissionslinien verschiedener chemischer Elemente und verschiedener Moleküle erforschen und dann mit bekannter Lage die Fraunhoferlinien im Sonnenspektrum chemischen Elementen oder Molekülen zuordnen. So erforscht man mithilfe der Spektroskopie die Zusammensetzung (der Photosphäre) der Sonne bzw. eines Stern im Allgemeinen.

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IV Atomkern

Jeder Stoff besteht aus Atomen. Wie sich die Vorstellung der Atome im Lauf der Zeit verändert und verbessert hat, ist in Kapitel I dargestellt.

Atome bestehen nach heutiger wissenschaftlicher Erkenntnis aus einem Kern aus Protonen und Neutronen sowie einer Hülle, in welcher sich die Elektronen aufhalten. Für chemische Reaktionen und Verbindungen von Atomen ist die Atomhülle und deren Eigenschaften von Bedeutung, für die in diesem Kapitel dargestellten Themen und Phänomene spielt der Aufbau des Atomkerns allerdings die entscheidende Rolle.

IV.1 Bausteine, Ordnungszahl und Massezahl

Ein Atomkern besteht aus Z positiv geladenen Protonen der Ladung q = +e und N neutralen Neutronen, die in etwa die gleiche Masse besitzen. Diese Teilchen nennt man Nukleonen (lat. nucleus = Kern) und sind jeweils ca. 1836 mal schwerer sind als Elektronen.

Die Protonenzahl Z heißt Kernladungszahl oder Ordnungszahl, nach welcher die Elemente im Periodensystem geordnet sind. Sie bestimmt die Art des Elements.

Die Massezahl A gibt die Anzahl der Nukleonen an und ist die Summe aus Ordnungszahl Z und Neutronenzahl N:

A Z N= +

Beispiele: 23

11 Na → Z = 11, A = 23 → 11 Protonen, 12 Neutronen

209

84 Po → Z = 84, A = 209 → 84 Protonen, 125 Neutronen

IV.2 Isotope

Von einem Element gibt es meistens mehrere Isotope (auch Nuklide genannt). Alle Isotope eines Elements haben dieselbe Anzahl von Protonen im Kern, aber verschieden viele Neutronen. Die Isotope eines Elements haben somit unter-schiedliche Massezahlen, stehen aber eigentlich an derselben Stelle im Perioden-system der Elemente (PSE). Die Massezahl eines Elements im PSE ist immer der Durchschnitt aller vorkommenden Isotope und ist deshalb keine ganze Zahl.

Fast jedes natürlich vorkommende Element besitzt ein paar wenige stabile Isotope, die meisten Isotope sind allerdings instabil (radioaktiv) und zerfallen nach einer bestimmten Zeit.

-27

Proton

-27

Neutron

-31

Elektron

1,6726 10

1,6749 10

9,1094 10

m kg

m kg

m kg

= ⋅

= ⋅

= ⋅

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IV.3 Radioaktiver Zerfall

Radioaktive Stoffe sind dadurch charakterisiert, dass sie Strahlung aussenden, die aus dem Atomkern stammt. Diese energiereiche Strahlung hat u.a. die Eigenschaft, Moleküle oder Atome zu ionisieren, welche beim Nachweis der Radioaktivität eine große Rolle spielt. Man unterscheidet zwischen α − , β − und γ − Strahlung.

Bei jedem radioaktiven Zerfall verändert sich der Atomkern und es entsteht ein neues radioaktives Isotop oder ein stabiles Element. Es gibt drei Zerfallsarten, welche dieser drei bei einem radioaktiven Isotop auftritt, kann man aus einer Nuklidkarte ablesen.

Die drei Zerfallsarten sind im Folgenden stichpunktartig dargestellt.

IV.3.1 α –Zerfall

• α –Teilchen sind positiv geladen

• α –Teilchen stammen aus einem Atomkern

• Begründung: Das Aussenden von α -Strahlung lässt sich nicht durch chemische Reaktionen beeinflussen. Da chemische Reaktionen nur die Atomhülle betreffen, können α -Teilchen nur aus dem Kern stammen.

• α –Teilchen sind „nackte“ Heliumkerne

• Begründung: In der Umgebung von α –Strahlern lässt sich nach einiger Zeit Heliumgas nachweisen. Ein α –Teilchen fängt sich demnach zwei Elektronen aus der Umgebung und bildet ein Heliumatom.

• Da ein α –Teilchen zwei Protonen „mitnimmt“, wird das Restatom erst dann neutral, wenn es zwei Elektronen abgegeben hat.

• α –Teilchen gleicher Energie ionisieren auf gleicher Wegstrecke im selben Medium gleich viele Moleküle. Je größer die Energie eines α –Teilchens ist, desto länger ist seine Reichweite.

• Ein α –Teilchen ionisiert auf seinem bis zu 7 cm langen weg durch Luft Hunderttausende von Molekülen. Dazu wird mehr Energie benötigt, als in der Elektronenhülle zur Verfügung steht. Dies ist also ein weiteres Indiz dafür, dass α –Teilchen aus dem Kern stammen.

• α –Teilchen lassen sich durch Papier abschirmen.

• Zerfallsgleichung:

226 222 4

88 86 2

226 222

88 86

Ra Rn He Energie

Ra Rnα

→ + +

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IV.3.2 β − –Zerfall

• β –Teilchen sind negativ geladen

• β –Teilchen sind schnell fliegende Elektronen

• β –Teilchen stammen wie α–Teilchen aus dem Atomkern, obwohl dort keine

Elektronen vorkommen.

Begründung:

β –Teilchen können eine vergleichbare Energie besitzen wie α –Teilchen. Diese

kann nicht aus der Elektronenhülle stammen.

• β –Teilchen und α–Teilchen gleicher Energie kommen in Luft unterschiedlich

weit, da β –Teilchen pro Wegstrecke weniger Moleküle ionisieren als α –

Teilchen.

(Reichweite von β –Teilchen z. B 11 m, α –Teilchen gleicher Energie 2 cm)

• β –Teilchen können Aluminium von 4–5 mm Dicke nicht durchdringen

• Kernumwandlung/ β –Zerfall:

Im Atomkern wandelt sich ein Neutron in ein Proton und ein Elektron um. Dabei wird Energie frei und das Elektron verlässt schnell den Kern und das Atom. Nach dem β –Zerfall besitzt der Atomkern ein Neutron weniger und ein Proton mehr,

d. h. die Nukleonenzahl bleibt gleich, die Kernladungszahl erhöht sich um 1.

1 1 0

0 1 1n p e Energie−→ + +

• Zerfallsgleichung:

90 90 0

38 39 1

90 90

38 39

Sr Y e Energie

Sr Yβ −

−→ + +

IV.3.3 β + –Zerfall

• β + –Teilchen haben dieselben Eigenschaften wie Elektronen, sind aber positiv

geladen, und heißen Positronen (Antiteilchen zum Elektron).

• β + –Teilchen stammen aus dem Atomkern.

• Kernumwandlung/ β + –Zerfall:

Im Atomkern wandelt sich ein Proton in ein Neutron und ein Positron um. Dabei wird Energie frei und das Positron verlässt schnell den Kern und das Atom. Nach dem β + –Zerfall besitzt der Atomkern ein Proton weniger und ein Neutron mehr,

d. h. die Nukleonenzahl bleibt gleich, die Kernladungszahl verringert sich um 1.

Energieenp ++→ +0

1

1

0

1

1

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• Zerfallsgleichung:

22 22 0

11 10 1

22 22

11 20

Na Ne e Energie

Na Neβ +

+→ + +

• Alle Positronenstrahler (Isotope mit β + –Zerfall) existieren in der Natur nicht, sie

sind alle künstlich hergestellt.

• Trifft das Positron auf sein Antiteilchen, das Elektron, so vernichten sie sich in Form von zwei Gammaquanten (Anihilationsstrahlung). Bei diesem Vorgang wird die Masse der beiden Teilchen in zwei Gamma–Quanten mit einer Energie von je 0,511MeV umgewandelt.

IV.3.4 γ –Stahlung

• γ –Teilchen sind nicht geladen.

• γ –Strahlung besteht aus Lichtquanten, die eine im Vergleich zum sichtbaren

Licht deutlich höhere Energie transportieren.

• γ –Strahlung stammt ebenfalls aus dem Atomkern.

• γ –Strahlung kann Moleküle und Atome ionisieren, allerdings weit weniger als α– oder β –Strahlung.

• Den besten Schutz vor γ –Strahlung bieten dicke Bleiplatten. γ –Strahlung kann

nie ganz abgeschirmt werden. (Nach einer Wegstrecke von 50 m in Luft erfolgt eine Abnahme von weniger als 1 % der ursprünglich vorhandenen γ –Teilchen.)

IV.3.5 Nachweis

Lebewesen haben kein Sinnesorgan zur Wahrnehmung von radioaktiver Strahlung. Der Umgang mit der "unsichtbaren" Radioaktivität ist für uns Menschen deshalb auch so unangenehm. Der Nachweis radioaktiver Strahlung gelingt nur mit Hilfsmitteln bzw. Geräten, welche die ionisierende Eigenschaft der Strahlung ausnutzen.

IV.3.5.1 Fotoplatte

Antoine Henri Becquerel gilt als einer der Entdecker der Radioaktivität. 1896 steckte er bei Experimenten mit Uransalzen einige dieser Brocken auf einer Fotoplatte in eine abgeschlossene, dunkle Schachtel zur Aufbewahrung. Einige Zeit später zeigte die Platte jedoch Schwärzungen (Abb. rechts), die nicht vom sichtbaren Licht stammen konnten und nur mit einer neuen Art Strahlung zu erklären waren. Becquerel nannte diese Strahlen "Uranstrahlen".

http://commons.wikimedia.org/ wiki/File:Becquerel_plate.jpg

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IV.3.5.2 Ionisationskammer (Wilson'sche Nebelkammer)

Eine Nebelkammer nutzt das Phänomen, dass geladene Teilchen oder radioaktive Strahlung auf ihrem Weg durch ein übersättigtes Luft-Alkohol-Gemisch Kondens-streifen erzeugen.

Fliegt ein geladenes Teilchen oder radioaktive Strahlung durch dieses übersättigte Gasgemisch, werden einzelne Atome dieses Gasgemischs ionisiert. Diese Ionen sind sogenannte Kondensationskerne, an denen sich nun Wassermoleküle anlagern können. Dadurch bilden sich entlang der Bahn des geladenen Teilchens Kondens-streifen (s. Abb. rechts).

Die Übersättigung des Luft-Alkohol-Gemischs kann auf verschiedene Arten erzeugt werden. Die Nebelkammer von Wilson erreicht dies durch eine schnelle Expansion des Gases. Wird das Volumen des Gemischs abrupt vergrößert, so sinken Druck und Temperatur, wodurch eine Übersättigung entsteht. Der Nachteil der Wilsonschen Nebelkammer ist die kurze "Experimentierdauer", denn dieser Zustand der Übersättigung hält nur ein bis zwei Sekunden an; dann ist das Luft-Alkohol-Gemisch wieder im "Normalzustand".

Legt man ein äußeres Magnetfeld an der Nebelkammer an, so dass die Magnetfeldlinien senkrecht zur Bahn der geladenen Teilchen ausgerichtet sind, werden die geladenen radioaktiven Teilchen abgelenkt und bewegen sich aufgrund der Lorentzkraft auf einer Kreisbahn. Anhand des Radius dieser Bahn können Rückschlüsse auf Ladung und Masse des geladenen Teilchens gezogen werden.

http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Deflection_of_nuclear_radiation_in_a_magnetic_field_de.png

Autor Qniemiec auf Wikimedia Commons

http://commons.wikimedia.org/wiki/File:DESYNebelkammer.jpg

Autor Sploing auf Wikimedia Commons

Skript zum Thema Quanten– und Atomphysik J. Hirsch

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http://cdsweb.cern.ch/record/1379853/files/Higgs.jpg Copyright 2011 CERN, for the benefit of the CMS Collaboration

IV.3.5.3 Geiger-Müller-Zählrohr

Das Geiger-Müller-Zählrohr besteht wie fast alle Zählrohre aus einem abgedichteten Hohlzylinder aus Metall, der mit einem Edelgas (z.B. Argon oder Krypton) gefüllt ist, so dass keine negativen Ionen gebildet werden.

Damit Alpha- und Betastrahlung nachgewiesen werden können, muss das Zählrohr an einem Ende mit einem Fenster aus Glimmer oder einer PET-Folie versehen werden. Hätte das Fenster eine zu große Masse oder wäre es zu dick, so würden Alpha- und Betastrahlung nicht ins Innere gelangen.

Tritt ionisierende Strahlung durch das Fenster ins Innere ein, so ionisiert sie das Edelgas, indem ein Hüllenelektron "herausgeschlagen" wird. Da zwischen Kathode und Anode eine Spannung von ca. 500 V liegt, wandert das Elektron zur Anode und das positiv geladene Ion zur Kathode (Metallzylinder). Das Elektron wird auf seinem Weg zur Anode stark beschleunigt und löst beim Zusammenstoß mit weiteren Edelgasatomen weitere Elektronen aus, die ebenfalls zur Anode beschleunigt werden. Dieser Lawineneffekt schließt kurzzeitig den Stromkreis und der Stromfluss wird durch einen Verstärker an einem Widerstand akustisch oder optisch erfasst (Knacken oder LED leuchtet).

http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Geiger.png Autor Theresa knott auf Wikimedia Commons

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IV.3.5.4 Szintillationszähler

Ein Szintillationszähler setzt sich aus einem Szintillator (lat. scintillare: „flackern“) und einem angeschlossenen Photomultiplier zusammen. Der Szintillator besteht oftmals aus einem Natriumiodid-Kristall, welcher beim Auftreffen eines energiereichen Photons oder ionisierender Strahlung angeregt wird und die Anregungsenergie in Form schwacher Lichtblitze – meist im sichtbaren Bereich – wieder abgibt.

In der Photokathode des Photomultipliers werden durch diese schwachen Lichtblitze aufgrund des Fotoeffekts Elektronen ausgelöst. Diese Elektronen wiederum werden mehrmals von Dynode zu Dynode beschleunigt und lösen dort lawinenartig immer mehr Elektronen aus. Der letztlich hohe Elektronenstrom kann mithilfe eines Verstärkers gemessen und sichtbar gemacht werden.

http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Szintillationsz%C3%A4hler.png

Autor Jkrieger auf Wikimedia Commons

IV.3.6 Halbwertszeit

Senden Atomkerne radioaktive Strahlung aus, so verändern sie sich, d.h. es entsteht ein neues (radioaktives oder stabiles) Isotop. Eine gewisse Anzahl an Atomkernen desselben radioaktiven Isotops wäre dann nach einer bestimmten Zeit komplett in ein anderes Isotop übergegangen.

Dieser Zerfall erfolgt zufällig, d.h. man kann nie vorhersagen, welches Atom als nächsten bzw. welches Atom zu welcher Zeit zerfällt. Da die Anzahl der noch vorhandenen Atomkerne exponentiell abnimmt, kann einzig die Zeit vorhergesagt werden, nach der z.B. die Hälfte der vorhandenen Kerne bzw. eine ganz bestimmte Anzahl Kerne zerfallen sind.

Die Anzahl der noch nicht zerfallenen Atomkerne ( )N t ergibt sich aus

1 2

0

1( )

2

t

T

N t N = ⋅

,

wobei 1 2T die Halbwertszeit des Isotops angibt, d.h. die Zeit, nach welcher die Hälfte

der ursprünglich vorhandenen Atomkerne zerfallen ist.

Skript zum Thema Quanten– und Atomphysik J. Hirsch

Skript QUANTEN– UND ATOMPHYSIK, zum internen Gebrauch am St. Paulusheim im zweistündigen Kurs mit Schwerpunkt Astrophysik 33

Mit ein wenig Mathematik ( )1

lnln 221

2e e

− = = ergibt sich

( )1/2

ln 2·

0( )t

TN t N e

−= ⋅ bzw.

( )·

0

1/2

ln 2( ) mitt

N t N eT

λ λ−= ⋅ = (λ heißt Zerfallskonstante).

IV.3.7 Zerfallsreihen

Oftmals zerfällt ein radioaktives Isotop nicht direkt in ein stabiles Isotop oder Element, sondern durchläuft auf seinem Weg bis zum stabilen Endprodukt eine ganze Reihe an instabilen Isotopen (Zerfallsreihe). Um die Zerfallsreihe eines instabilen Isotops verfolgen zu können benötigt man die Information, welche Art radioaktiver Strahlung es aussendet. Diese Information findet man in einer sogenannten Nuklidkarte (Abbildung zeigt einen kleinen Ausschnitt).

http://commons.wikimedia.org/wiki/File:NuclideMap_stitched.png

Autor The viewer / Neokortex auf Wikimedia Commons

In einer Nuklidkarte gelten normalerweise folgende Kennzeichnungen:

→ stabiles Isotop

→ α − Zerfall

→ β + − Zerfall

→ β − − Zerfall

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Skript QUANTEN– UND ATOMPHYSIK, zum internen Gebrauch am St. Paulusheim im zweistündigen Kurs mit Schwerpunkt Astrophysik 34

Beim α − Zerfall wird ein Teilchen aus 2p und 2n abgegeben, d.h. die Ordnungszahl sinkt um 2 und die Massezahl sinkt um 4. Das neu entstandene Isotop befindet sich in der Nuklidkarte zwei Kästchen links und zwei Kästchen unterhalb des ursprünglichen Isotops (siehe Abbildung unten). In dieser Abbildung sind auch die übrigen Zerfallsarten und Wege aufgezeigt.

http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Radioaktive_Zerfallsarten_in_der_Nuklidkarte.svg

Autor Cepheiden auf Wikimedia Commons

Als Beispiel folgt die Zerfallsreihe von 232

90Th :

Beim Isotop 212

83 Bi teilt sich die Zerfallsreihe, da dieses Isotop sowohl α − Zerfall als

auch β − − Zerfall aufweist, allerdings mit unterschiedlichen Wahrscheinlichkeiten.

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V Kernspaltung

Otto Hahn und Fritz Strassmann fanden 1938 zufällig heraus, dass sich schwere Atomkerne durch Beschuss mit langsamen Neutronen spalten lassen. Als Isotop benutzten sie natürlich vorkommendes Uran, welches zu 99,27% aus U-238 (stabil) und 0,72% aus U-235 (instabil) besteht. Alle weiteren Uran-Isotope sind verschwindend gering.

Trifft ein langsames Neutron auf einen U-235-Kern, so wird dieses eingefangen (in den Kern "eingebaut") und der angeregte Kern beginnt zu schwingen. Durch die Schwingungen ändert sich auch permanent die Form des Kerns. Hat der Kern eine hantelförmige Gestalt, so reichen die Kernkräfte nicht mehr aus, um die beiden Hälften zusammen zu halten, und es entstehen zwei Spaltprodukte. Die elektrostatische Abstoßung der Protonen gibt dabei den beiden Spaltprodukten eine große Energie mit. Die Spaltprodukte sind übrigens instabil, d.h. radioaktiv, da sie einen großen Neutronenüberschuss besitzen. Sie zerfallen über mehrere Stationen (Zerfallsreihe) in stabile Isotope.

Bei einer Kernspaltung von U-235 entstehen allerdings nicht immer dieselben beiden Spaltprodukte. Zwei der möglichen Kombinationen sind in der obigen Abbildung dargestellt. Die Auftrittswahrscheinlichkeiten einzelner Spaltprodukte sind im Diagramm rechts aufgetragen. Bei der Inter-pretation ist die logarithmische Skala der Wahrscheinlichkeitswerte zu beachten.

Bei jeder Kernspaltung entstehen auch zwei bis drei neue Neutronen, die allerdings sehr schnell sind. Treffen diese nach einer gewissen Abbremsung auf weiteres spaltbares Material, so werden weitere Atomkerne gespalten und es entstehen wiederum jeweils zwei bis drei neue Neutronen. Die Anzahl der gespaltenen Kernen und die dabei freigesetzte Energie steigt im Falle einer solchen unkontrollierten Kettenreaktion exponentiell an, was bei Atombomben ausgenutzt wird. Will man die freiwerdende Energie friedlich nutzen, so muss die unkontrollierbare Kettenreaktion

http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Fission_product-en.svg

Autor User:Mubs auf Wikimedia Commons

http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Kernspaltung.svg

Autor Stefan-Xp auf Wikimedia Commons

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Skript QUANTEN– UND ATOMPHYSIK, zum internen Gebrauch am St. Paulusheim im zweistündigen Kurs mit Schwerpunkt Astrophysik 36

unterbunden werden. In Reaktoren befindet sich deshalb zwischen den mit U-235 angereicherten Brennstäben Wasser, welches die Neutronen abbremst. Zudem können Regelstäbe zwischen die Brennelemente geschoben werden, um die freiwerdenden Neutronen aufzufangen und die Kettenreaktion herunterzufahren.

Die beiden folgenden Abbildungen zeigen den schematisch Aufbau der am weitesten verbreiteten Reaktorarten, den Siedewasserreaktor und den Druckwasserreaktor.

http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Schema_Siedewasserreaktor.svg

Autor Marlus Gancher, Antonsusi auf Wikimedia Commons

http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Schema_Druckwasserreaktor.png

Autor Marlus Gancher, Antonsusi auf Wikimedia Commons

Skript zum Thema Quanten– und Atomphysik J. Hirsch

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VI Kernfusion

Betrachtet man die mittleren Bindungsenergien der einzelnen Atomkerne, so sieht man, dass Eisen die höchste Bindungsenergie aufweist. Deshalb ist beim Kernzerfall bzw. bei der Kernspaltung auch bei Eisen Schluss, d.h. bei jeder weiteren Spaltung würde keine Energie mehr frei werden, sondern man müsste Energie hineinstecken.

http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Auftragung_Bindungsenergie_gegen_Massenzahl.svg

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Umgekehrt wird beim Verschmelzen zweier Kerne, die leichter als Eisen sind, Energie frei. Diesen Prozess nennt man Kernfusion. Aber auch bei der Kernfusion wird durch die Verschmelzung ab dem Element Eisen keine Energie mehr freigesetzt, sondern Energie benötigt.

Die Kernfusion ist ein sehr energiegewinnender Prozess. Allerdings ist die Technologie noch nicht so weit fortgeschritten, dass die Kernfusion von uns Menschen genutzt werden kann. Dies liegt vor allem an folgenden Fakten:

• Man benötigt als Fusionsgrundlage ein ionisiertes Plasma. Dies ist ein Gas, in welchem die Atome fast vollständig in Ionen und Elektronen getrennt sind.

• Damit z.B. zwei Wasserstoffkerne (positiv geladene Protonen) die gegenseitige elektrostatische Abstoßung überwinden und verschmelzen können, sind sehr hohe Temperaturen und damit sehr hohe kinetische Energien der Teilchen notwendig.

• Dieses sehr heiße ionisierte Plasma darf in Fusionsreaktoren nicht mit dem es einschließenden Material in Kontakt kommen, da noch kein resistentes Material gefunden wurde. Momentan versucht man dies zu erreichen, indem das Plasma durch in einer bestimmten Form gewundene äußere Magnetfeldröhren unter Kontrolle zu halten.

Skript zum Thema Quanten– und Atomphysik J. Hirsch

Skript QUANTEN– UND ATOMPHYSIK, zum internen Gebrauch am St. Paulusheim im zweistündigen Kurs mit Schwerpunkt Astrophysik 38

VI.1 Kernfusion in Sternen - Das Wasserstoff-Brennen

Sterne beziehen ihre abgestrahlte Energie aus der Kernfusion. In ihrem Kern herrschen hohen Temperaturen (viele Millionen Kelvin) und der Druck sowie die Dichte sind enorm groß. Zu Beginn ihres Lebens finden in allen Sternen dieselben Fusionsprozesse statt, das Wasserstoff-Brennen. Dieser sogenannte Proton-Proton-Zyklus (p-p-Zyklus), bei welchem Helium-Isotop 4He erzeugt wird, ist im Folgenden dargestellt (Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Proton-Proton-Reaktion).

VI.1.1 Startreaktionen:

Zwei Wasserstoffkerne 1H+ (Protonen) fusionieren zu einem Deuteriumkern 2H+. Dabei entstehen bei der Umwandlung eines Protons in ein Neutron ein Positron e+ und ein Elektronneutrino νe.

1 1 2H H H e 0, 42 MeVe

ν+ + + ++ → + + +

Wenn das Positron e+ auf ein Elektron e- trifft, annihilieren sie sich und werden vollständig in Energie umgewandelt. Dabei entstehen auch zwei Gammaquanten γ.

e e 2 1,022 MeVγ+ −+ → +

Das Deuterium fusioniert nach kurzer Zeit (~1,4 s) mit einem weiteren Proton und es entsteht das leichte Helium-Isotop 3He2+:

2 1 3 2H H He 5,49 MeVγ+ + ++ → + +

VI.1.2 Hauptfolgereaktionen:

Es gibt drei verschiedene Hauptfolgereaktionen, die alle das Helium-Isotop 4He als Endprodukt haben. Da diese Reaktionsketten unterschiedlichen Temperaturen voraussetzen, sind sie z.B. in der Sonne unterschiedlich häufig:

Proton-Proton-Reaktion I (91 %; 10–14 Mio. Kelvin):

Zwei 3He2+ fusionieren zu 4He2+, wobei wieder zwei Protonen freiwerden. In der Sonne dauert dieser Prozess etwa 106 Jahre!

3 2 3 2 4 2 1 1He He He H H 12,86 MeV+ + + + ++ → + + +

Energiebilanz:

Die vollständige Reaktionskette bis zum 4He2+-Teilchen liefert insgesamt folgenden Energiebetrag:

( )2 0, 42 MeV 1,022 MeV 5, 49 MeV 0, 26 MeV 12,86 MeV , × + + − + = 26 204MeV

Skript zum Thema Quanten– und Atomphysik J. Hirsch

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Proton-Proton-Reaktion II (9 %; 14–23 Mio. Kelvin):

Die Proton-Proton-Reaktion II nutzt für die "Herstellung" von 4He2+-Teilchen ein schon erzeugtes 4He2+-Teilchen als Katalysator:

3 2 4 2 7 4

7 4 7 3

e

7 3 1 4 2 4 2

He He Be 1,59 MeV

Be e Li

Li H He He 17,35 MeV

γν

+ + +

+ − +

+ + + +

+ → + ++ → +

+ → + +

Proton-Proton-Reaktion III (1 %; > 23 Mio. Kelvin):

Die Proton-Proton-Reaktion III nutzt für die "Herstellung" von 4He2+-Teilchen ebenfalls ein schon erzeugtes 4He2+-Teilchen als Katalysator, geht allerdings eine etwas andere Fusionskette:

3 2 4 2 7 4

7 4 1 8 5

8 5 8 4

e

8 4 4 2 4 2

He He Be 1,59 MeV

Be H B 0,14 MeV

B Be e

Be He He

γγ

ν

+ + +

+ + +

+ + +

+ + +

+ → + ++ → + +

→ + +

↔ +

Gesamte Proton-Proton-Reaktion I als Übersicht

http://commons.wikimedia.org/wiki/File:FusionintheSun.svg

Autor Borb auf Wikimedia Commons

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VI.2 Übersicht über die verschiedenen Kernfusionen in Sternen

In Sternen laufen je nach Temperatur, Dichte und chemischer Zusammensetzung unterschiedliche Nuklearreaktionen ab.

Temperaturbereich Dominierender Energieerzeugungsprozess

bis 5 Mio. K Wärme, Rotation, Gravitation

5 –15 Mio. K

pp-Reaktion: 26.2 MeV / Reaktion 1 1 2 10

2 1 3

3 3 4 1 6

(1.44 , 1,4 10 )

(5.49 , 6 )

2 (12.85 , 1 10 )

H H D e eV a

D H He eV s

He He He H MeV a

νγ

++ → + + Μ ⋅+ → + Μ+ → + ⋅

15 –50 Mio. K

CNO-Zyklus: 25 MeV / Reaktion

( )( )( )

12 1 13 7

13 13

13 1 14 6

14 1 15 8

15 15

15 1 12 4

(1.95 , 1,3 10 )

(2.22 , 7 )

(7,54 , 2,7 10 )

7.35 , 3,2 10

2.71 , 82

4.96 , 111000

C H N eV a

N C e eV m

C H N eV a

N H O MeV a

O N e MeV s

N H C He MeV a

γν

γγ

ν

+

+

+ → + Μ ⋅→ + + Μ

+ → + Μ ⋅

+ → + ⋅

→ + +

+ → +

100 –200 Mio. K

3α–Prozess (He-Brennen): 7.3 MeV / Prozess

( )( )

4 4 8

8 4 12

12 4 16

He He Be ( 0.1 eV, endotherm )

Be He C 7.4 MeV

C He 7.4 MeV O

γ

γ

+ → − Μ+ → +

+ → +

500 –1000 Mio. K

C-Brennen

( )( )

12 4 16

16 4 20

12 12 24

23

23

20 4

7.4

4.75

( )

C He O MeV

O He Ne MeV

C C Mg

Mg n

Na p

Ne He

γ

γ

γ

α α

+ → +

+ → +

+ → +→ +→ +→ + =

um 1.5 Mrd. K

O-Brennen

16 16 32

31

31

28

O O Si

Si n

P p

Si

γ

α

+ → +→ +→ +

→ +

über 1.5 Mrd. K Si-Brennen 28 28 56 Si Si Fe γ+ → +

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VI.3 Abschätzung der Lebens– bzw. Brenndauer der Sonne

Die Masse eines Protons beträgt 271,67 10 kg−⋅ . Beim Proton-Proton-Zyklus werden

vier Protonen als Ausgangsmaterial gebraucht. Dabei entstehen ein Heliumkern und zwei Positronen (Die Neutrinos, die ebenfalls beim Proton-Proton-Zyklus entstehen, haben wahrscheinlich keine Masse).

Ein Heliumkern hat eine Masse von 276,6326 10 kg−⋅ und jedes der zwei Positronen

hat eine Masse von 319,1139 10 kg−⋅ . Somit haben die Endprodukte dieser Reaktion

eine Masse von "nur" 276,6344 10 kg−⋅ .

→ Es fehlt eine Masse von 294,7227 10 kg−⋅ .

Wie viel Energie liefern 294,7227 10 kg−⋅ ? Die berühmteste Gleichung ( 2E m c= ⋅ ) der

Welt gibt uns die Antwort!

2

2 29 8 124,7227 10 3 10 4,3 10m

E mc kg Js

− − = = ⋅ ⋅ ⋅ ≈ ⋅

Wir können den Energieausstoß (d.h. die Leuchtkraft) der Sonne messen. Er beträgt 263,9 10

JL

s= ⋅ . Wenn jede Reaktion im Proton-Proton-Zyklus 124,3 10 J−⋅ liefert, wie

viel Reaktionen müssen dann pro Sekunde stattfinden, um die Leuchtkraft der Sonne zu erklären?

26

37

12

3,9 10 1Anzahl der Reaktionen 9 10

4,3 10

Js

J s−

⋅= = ⋅

Man braucht vier Protonen in jeder Reaktion. Daher werden pro Sekunde 383,6 10⋅

Protonen gebraucht! Wie viele Protonen gibt es in der Sonne? Wir können das ganz einfach abschätzen, indem wir annehmen, dass Protonen und Neutronen in der Sonne in gleicher Zahl vorkommen und die Elektronen mit ihrer kleinen Masse keinen nennenswerten Ausschlag geben:

30

56

27

1 1Masse der Sonne 2,0 10

2 2Anzahl Protonen in der Sonne 6 10Masse eines Protons 1,67 10

kg

kg−

⋅ ⋅= = = ⋅

Wenn pro Sekunde 1038 Protonen „verbraucht“ werden, so reicht der Protonenvorrat für 1018 Sekunden - das sind mehr als 100 000 000 000 Jahre!

Da die Sonne aber während ihrer Lebenszeit nur 10% ihres Wasserstoff– bzw. Protonenvorrats verbraucht, wird sie nur ca. 10 Milliarden Jahre alt.

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VII Quellen und weiterführende Literatur

VII.1 Literatur:

- Bader, Franz & Dorn, Friedrich (2010). Physik 11/12 Gymnasium (G8). Braunschweig: Schroedel.

- Diehl, Bardo; Erb, Roger; Heise, Harri; Kotthaus, Udo & Lindner, Klaus (2010). Physik Oberstufe. Berlin: Cornelsen Verlag.

- Feynman, Richard P. (1988). QED. Die seltsame Theorie des Lichts und der Materie. München: Piper Verlag GmbH. Sonderausgabe 2006.

- Haken, Hermann & Wolf, Hans Christoph (1996). Atom- und Quantenphysik. Einführung in die experimentellen und theoretischen Grundlagen. Berlin; Heidelberg: Springer.

- Halliday, D., Resnick, R. & Walker, J. (2003). Physik. Autorisierte Übersetzung der englischsprachigen Ausgabe ‚Fundamentals of Physics‘. Weinheim: WILEY-VCH GmbH & Co. KGaA.

- Lesch, Harald & Müller, Jörn (2011). Sterne. Wie das Licht in die Welt kommt. München: Wilhelm Goldmann Verlag.

- Lesch, Harald (2011). Die Elemente, Naturphilosophie, Relativitätstheorie & Quantenmechanik. München/Grünwald: Verlag KOMPLETT-MEDIA GmbH.

- Lesch, Harald (2013). Die Entdeckung des Higgs-Teilchens. Oder wie das Universum seine Masse bekam. München: C. Bertelsmann Verlag.

- Resag, Jörg (2010). Die Entdeckung des Unteilbaren. Quanten, Quarks und der LHC. Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag.

- Sterne und Weltraum Special Heft 1/2007. Unsere Sonne. Spektrum der Wissenschaft.

- Sterne und Weltraum. Spektrum der Wissenschaft.

- Tipler, Paul A. (1998). Physik. Übersetzung der englischsprachigen Ausgabe ‚Physics for Scientists and Engineers‘. Heidelberg; Berlin; Oxford: Spektrum Akademischer Verlag.

- Weigert, A., Wendker, H. J. & Wisotzki L. (2006). Astronomie und Astrophysik. Ein Grundkurs. Weinheim: WILEY-VCH Verlag.

- Weiss, Achim (2008). Sterne . Was ihr Licht über die Materie im Kosmos verrät. Astrophysik aktuell. Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag.

- Volkmer, Martin (2013). Kernenergie Basiswissen. Herausgeber: DAtF (Deutsches Atomforum e.V.), Berlin.

VII.2 Internetquellen (Stand 29.10.2014):

- http://www.suw-online.de (Sterne und Weltraum)

- http://www.wissenschaft-schulen.de/ (Wissenschaft in die Schulen!)