Seminararbeit - Wasserversorgung in Deutschland ... · 5.1 Entwicklung und Trends 5.1.1...
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Universität Trier
Fachbereich IV - Volkswirtschaftslehre
Seminar: Materielle und soziale Infrastruktur, WS 2006/2007
Veranstalter: Prof. Dr. H. Spehl,
Dipl.-Geogr. M. Gensheimer
Wasserversorgung in Deutschland -
staatlich oder privat?
Verfasser: Thomas Ernsdorf
Anschrift: Peter-Klöckner-Str. 5, 54293 Trier
Telefonnummer: 0651-64747
E-Mail-Adresse: [email protected]
Studienfach: Angewandte Umweltwissenschaften (Diplom)
Fachsemester: 6
Matrikelnummer: 795951
Datum der Einreichung: 16.02.2007
2
Inhaltsverzeichnis
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis 3
Abkürzungsverzeichnis 3
1. Einführung 4
2. Der Begriff Privatisierung im Wassersektor 5
3. Die Bedeutsamkeit von Wasser oder Wasser - ein kostbares Gut 5
4. Historie der Wasserversorgung 7
5. Wasserversorgung in Deutschland
5.1 Entwicklung und Trends
5.1.1 Wasserdargebot, Wassergewinnung, Trinkwasserverbrauch
und Trinkwasserqualität 9
5.1.2 Veränderung der Marktstruktur und ihre Auslöser 10
5.2 Perspektiven und Erwartungen
5.2.1 Folgen und Konsequenzen einer Privatisierung 12
5.2.2 rechtliche Rahmenbedingungen 15
6. Wasserversorgung in Europa
6.1 Verteilung öffentlicher und privater Unternehmen 16
6.2 Modelle und Formen der Privatisierung 16
6.3 Fallbeispiel Frankreich 17
7. Fazit 18
Literaturverzeichnis 19
Anhang 21
3
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Abb. 1: Kreuzung der Aqua Marcia, Tepula und Julia mit der Aqua
Claudio und Anio Novos. 7
Abb. 2: Aufbau einer Wasserversorgung. 8
Abb. 3: Wassergewinnung in Deutschland 2004. 9
Abb. 4: Täglicher Wasserverbrauch in Litern pro Einwohner in
Deutschland von 1975 bis 2004. 10
Abb. 5: Jahresaufkommen des Wassers in Abhängigkeit von der
Unternehmensform. 11
Abb. 6: Öffentliche und private Wasserversorgung in Europa 1996. 16
Tab. 1: Zahl der Wasserversorgungsunternehmen in Deutschland. 11
Abkürzungsverzeichnis
BMWi Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie
DIN Deutsches Institut für Normung
DVGW Deutsche Vereinigung des Gas- und Wasserfachs
4
1. Einführung
„Die Wasserversorgungswirtschaft in Deutschland befindet sich in einer Phase des
Umbruchs und der Strukturentwicklung (BRACKEMANN et al. 2001, S. 13).“ Es ist
von einer zunehmenden Privatisierung der Wasserversorgung auszugehen. Die
Bereitstellung von Wasser soll dem Prinzip des offenen Marktes unterworfen werden,
welche zu einer Deregulierung, Liberalisierung und Kommerzialisierung führt (vgl.
GARNREITER; SCHMID 2002, S. 2).
Man ist sich allerdings häufig nicht einig darüber, ob diese Entwicklung zu einer
Verbesserung der Situation führt und ob eine öffentliche oder eine private
Wasserversorgung geeigneter ist.
Die Seminararbeit beschäftigt sich mit dieser Frage auseinander und versucht
Auswirkungen einer Privatisierung der Wasserversorgung herauszuarbeiten.
Dazu findet zunächst eine kritische Auseinandersetzung mit dem Begriff
Privatisierung im Wassersektor statt (Kapitel 2).
Folgend wird auf das Thema Wasser und dessen globale Bedeutsamkeit
eingegangen (Kapitel 3).
Anschließend wird ein historischer Überblick über die Entwicklung der europäischen
Wasserversorgung gegeben (Kapitel 4).
Der Hauptteil der Seminararbeit widmet sich dem übergeordneten Thema, der
Wasserversorgung in Deutschland (Kapitel 5). Hier werden zunächst Fakten und
Entwicklungen hinsichtlich des Wasserdargebots, der Wassergewinnung, des
Trinkwasserverbrauchs und der Trinkwasserqualität in Deutschland,
zusammengestellt (Kapitel 5.1.1). Danach werden der Wandel der
Unternehmensformen und die damit verbundene Veränderung der Marktstruktur
gezeigt (Kapitel 5.1.2). Eine Vorstellung von Hauptgründen für diese Entwicklung ist
in diesem Kapitel integriert. Weitere Gründe und Konsequenzen einer Marktöffnung
werden in Kapitel 5.2.1 genannt. Die rechtlichen Rahmenbedingungen für eine
solche Entwicklung werden am Schluss des Hauptteils beschrieben (Kapitel 5.2.2).
Kapitel 6 setzt sich mit der Situation der Wasserversorgung in Europa auseinander.
Hierbei wird vor allem auf die Form der Privatisierung in Frankreich eingegangen
(Kapitel 6.3).
Im Fazit (Kapitel 7) erfolgt eine zusammenfassende Bewertung einer Privatisierung
der Wasserversorgung in Deutschland.
5
2. Der Begriff Privatisierung im Wassersektor
Häufig werden die Begriffe Privatisierung (Entstaatlichung) und Liberalisierung
unterschieden, da sie im Hinblick auf den Umwelt- und Ressourcenschutz zu
unterschiedlichen Auswirkungen führen können (vgl. BRACKEMANN et al. 2000, S.
9).
So werden bei einer Privatisierung die Güter bzw. Wasser nicht mehr vom Staat,
sondern von privaten Unternehmen bereitgestellt (vgl. GARNREITER; SCHMID
2002, S. 2).
Unter einer Liberalisierung des Wassersektors versteht man die Aufhebung der
Gebietsmonopole. Sie ermöglicht einen unmittelbaren Wettbewerb im Markt (vgl.
BRACKEMANN et al. 2000, S. 9).
In der folgenden Seminararbeit findet keine Unterscheidung zwischen der
Privatisierung und der Liberalisierung statt, da sowohl eine Privatisierung als auch
eine dem Marktmechanismus unterworfene Versorgung in Deutschland zu
beobachten sind (vgl. GARNREITER; SCHMID 2002, S. 2). Daher stehen
Wettbewerb und Marktöffnung synonym für diese Entwicklung.
Die Veränderung der Marktstruktur in Deutschland und der Begriff der Privatisierung
werden in Kapitel 5.1.2 differenzierter erläutert.
3. Die Bedeutsamkeit von Wasser oder Wasser - ein k ostbares Gut
„Wasser ist die Grundlage allen Lebens. Das Fortbestehen sämtlicher Ökosysteme
hängt vom Wasser und seinem Kreislauf ab (BARLOW; CLARKE 2004, S. 18).“
„Wasser ist neben Luft der einzige Stoff, dessen Bedarf für den Menschen durch
keinen anderen Stoff ersetzt werden kann (GARNREITER; SCHMID 2002, S. 2).“
Nach der DIN 2000 ist Trinkwasser unser wichtigstes und durch nichts zu
ersetzendes Lebensmittel (vgl. CORD-LANDWEHR; HOFFMANN; KARGER 2005,
S. 4).
Eine Garantie für die Bereitstellung dieser Grundlage des Lebens wird jedoch immer
schwieriger.
So verringern sich weltweit die Süßwasserreserven, welche ohnehin nur 2,5 Prozent
des weltweiten Wasservorkommens ausmachen (vgl. BARLOW; CLARKE 2004, S.
21; HERZ, D. et al. 2002, S. 6). Die Verringerung des für den Menschen nutzbaren
Wassers ist unter anderem auf Bevölkerungswachstum, Verstädterung, erhöhten
Wasserkonsum, intensivere Landwirtschaft und zunehmende Industrialisierung
zurückzuführen (vgl. BARLOW; CLARKE 2004, S. 21 ff.; WETTSTEIN 2004, S. 4 ff.).
6
Die Verschmutzung des Oberflächen- und Grundwassers verstärkt den Effekt des
abnehmenden nutzbaren Wassers (vgl. BARLOW; CLARKE 2004, S. 23).
Das Problem der Wasserknappheit betrifft laut Vereinte Nationen mittlerweile 31
Nationen (vgl. BARLOW; CLARKE 2004, S. 42). Allerdings wird die Zahl und Masse
der Erdregionen, die mit Wassermangel zu kämpfen haben, steigen, wenn kein
baldiges Einsetzen eines verantwortungsbewussten Umgangs mit Wasser erreicht
wird. So werden in vielen Regionen der Erde, wie beispielsweise in Kalifornien,
Mexiko, im Nahen Osten, in Indien oder in China, Wasserreservoirs übernutzt und
aufgebraucht (vgl. BARLOW; CLARKE 2004, S. 32 ff.).
Die Folgen von Wassermangel sind wirtschaftliche Einbußen und soziale und
politische Konflikte (vgl. BARLOW; CLARKE 2004, S. 11).
Wirtschaftlich aufstrebende Nationen, wie z.B. China, werden durch
Wasserknappheit Verluste hinnehmen müssen (vgl. BARLOW; CLARKE 2004, S. 39
ff.).
Konflikte sind in wasserarmen Ländern zwischen benachbarten Gemeinden und
zwischen Bauern und der städtischen Bevölkerung, die ihr Recht auf die wertvolle
Ressource Wasser geltend machen möchten, zu beobachten (vgl. BARLOW;
CLARKE 2004, S. 91 f.).
Streitigkeiten treten auch dort auf, wo sich zwei oder mehrere Staaten Flusssysteme
teilen, aus denen sie ihr Trinkwasser beziehen (vgl. BARLOW; CLARKE 2004, S. 97
ff.).
Weitere Folgen von Wassermangel und unsauberem Wasser sind Migration,
Krankheiten und Tod (vgl. BARLOW; CLARKE 2004, S. 76).
Dies betrifft vor allem Entwicklungsländer in der südlichen Hemisphäre (Afrika,
Südamerika, Asien). Hier werden die meisten Krankheiten, wie z.B. Cholera, Malaria
oder Typhus, durch den Konsum von unreinem Wasser ausgelöst. Die Auslöser für
die schlechte Qualität des Trinkwassers sind oft fehlende sanitäre Einrichtungen,
keine Abwasserbehandlung, Umweltverschmutzungen, unzureichende Wartung der
Rohre etc. (vgl. BARLOW; CLARKE 2004, S. 76 ff.).
Die folgenden Zahlen sollten zum Denken (und Handeln!!!) anregen: Weltweit haben
1,2 bis 1,4 Milliarden Menschen keinen Zugang zu sicherem, sauberem Trinkwasser;
haben 2,3 Milliarden Menschen keine angemessene sanitäre Entsorgung (vgl.
GARNREITER; SCHMID 2002, S. 5); sind ca. 80 Prozent der Krankheiten auf
verunreinigtes Wasser zurückzuführen (vgl. NOWROT; WARDIN 2003, S. 7); sterben
je nach Schätzung 3 bis 7 Millionen Menschen jährlich an Krankheiten, die auf
schlechtes Wasser zurückzuführen sind (vgl. GARNREITER; SCHMID 2002, S. 6).
7
4. Historie der Wasserversorgung
Zur Wasserversorgung hat man schon früh Wasserhebemaschinen und
Wasserschöpfräder eingesetzt (vgl. GREWE et al. 1995, S. 4).
Eine Erleichterung der Wasserversorgung erreichte man in der Antike mit dem Bau
von Wasserdruckleitungen.
Das Wasser bezog man meist aus Quellen oder von Oberflächenwasser aus
Flüssen. Die Römer errichteten auch Staumauern, um das Wasser zu speichern.
Ein Kanal leitete das Wasser zu einem Verteilerbauwerk, der auf einer Anhöhe
stand. Von dort aus wurde das Wasser schließlich mit Druckleitungen in die Stadt zu
Laufbrunnen geführt. Die Abflussgeschwindigkeit wurde durch Zwischenstationen
verringert, welche das Wasser in Becken sammelten (vgl. GREWE et al. 1995, S.
13).
Zahlreiche griechische und römische Städte wurden auf diese Weise mit Wasser
versorgt, wobei die Römer eine herausragende Stellung im Bau von
Wasserversorgungsanlagen einnahmen.
So hatten beispielsweise die Bürger von Rom ein ausgedehntes
Wasserversorgungsnetz. Die Gesamtlänge der Wasserleitungen betrug schon
damals 504 km. Eine Vorstellung der Ausmaße spiegelt Abbildung 1 wider, in der
eine Kreuzung von Wasserleitungen, die nach Rom führten, dargestellt ist (vgl.
GREWE et al. 1995, S. 4 ff.).
Abb. 1: Kreuzung der Aqua Marcia, Tepula und Julia mit der Aqua Claudio und Anio Novos.
Quelle: GREWE et al. 1995, S. 7.
Wasserversorgungsanlagen wurden meist durch den Fiskus finanziert. Der Fiskus
diente der Aufbewahrung von unter anderem Steuereinnahmen. Gelegentlich
beteiligten sich auch wohlhabende Bürger an dem Ausbau der städtischen
Infrastruktur (vgl. GREWE et al. 1995, S. 15 f.).
8
Im Unterschied zu anderen Infrastruktursystemen wurde die netzgebundene
Wasserversorgung von Beginn an unter Ausschluss von Wettbewerb organisiert (vgl.
MONSTADT; NAUMANN 2004, S. 13).
Im Mittelalter wurde die Unterhaltung der antiken Trinkwasserversorgungsanlagen
vernachlässigt. Eine dauerhafte Funktionstüchtigkeit war nicht mehr gegeben. Man
nutzte Aquädukte als Steinbrüche und Wasserversorgungsanlagen wurden während
Kriegen zerstört (vgl. GREWE et al. 1995, S. 65 ff.).
Allerdings war eine ausreichende Versorgung mit Trinkwasser aus Schöpfbrunnen
gegeben. Diese Versorgungsart war bescheidener und kostengünstiger als die zur
Zeit der Antike (vgl. GREWE et al. 1995, S. 107).
Nach dem Verfall des römischen Reiches wurde erst am Ende des 19. Jahrhunderts
in Deutschland wieder ein technischer Wasserversorgungsstandard erreicht, welcher
dem der Römerzeit entsprach. Man versuchte durch diese Maßnahme Seuchen
einzudämmen und Brände zu verhindern.
Erstmals war nun jeder Haushalt mit einer Trinkwasserleitung verbunden (vgl.
GREWE et al. 1995, S. 33 f.).
Heute garantiert das DIN eine ausreichende Trinkwasserversorgung in Deutschland
(vgl. CORD-LANDWEHR; HOFFMANN; KARGER 2005, S. 5). Zusätzlich fordert die
gültige Trinkwasserverordnung eine hohe Qualität des Trinkwassers (vgl. CORD-
LANDWEHR; HOFFMANN; KARGER 2005, S. 88 ff.).
Der gute technische Wasserversorgungsstandard äußert sich unter anderem in den
Hauptanlageteilen, wie der Wassergewinnung, der Wasseraufbereitung, den
Förderanlagen, der Speicherung, dem Wassertransport und dem
Wasserverteilungssystem (siehe Abb. 2). Planung, Bau und Betrieb von
Wasserversorgungsanlagen müssen unter anderem nach DIN-Vorschriften und dem
DVGW-Regelwerk, die die Regeln der Technik vorschreiben, erfolgen (vgl. CORD-
LANDWEHR; HOFFMANN; KARGER 2005, S. 5).
Abb. 2: Aufbau einer Wasserversorgung. Quelle: CORD-LANDWEHR; HOFFMANN; KARGER
2005, S. 1.
9
5. Wasserversorgung in Deutschland
5. 1 Entwicklung und Trends
5.1.1 Wasserdargebot, Wassergewinnung, Trinkwasser verbrauch und
Trinkwasserqualität
Insgesamt übertrifft das Wasserdargebot (im Durchschnitt jährlich zur Verfügung
stehende Menge an Grund- und Oberflächenwasser) von Deutschland (ca. 164 Mrd.
m3 Wasser) die Wassernachfrage deutlich (vgl. MÖLLER 2002, S. 38). Daher ist ein
Wassermangel nicht zu befürchten. Es sind nur wenige Anzeichen von regionalen
Übernutzungen erkennbar. Eine Gefährdung besteht vielmehr in dem
Qualitätsverlust von Wasser, welcher durch anthropogene Eingriffe bedingt ist (vgl.
HERZ et al. 2002, S. 76; MÖLLER 2002, S. 4).
Das Trinkwasser wird in Deutschland meist aus Grundwasser bezogen (vgl.
BRACKEMANN et al. 2001, S. 16). In Abbildung 3 sind weitere Bezugsorte von
Wasser und ihre Anteile an der Wassergewinnung dargestellt.
66%8%
13%
13%
Grundwasser
Quellwasser
Uferfiltrat undangereichertesGrundwasser
Fluss-, Seen- undTalsperrenwasser
Abb. 3: Wassergewinnung in Deutschland 2004. Quelle: STATISTISCHES BUNDESAMT 2006, o.
S.
Der Trinkwasserverbrauch pro Einwohner in Deutschland ist von Anfang der 1980er
Jahre bis 2004 stetig gesunken (um ca. 25 Liter pro Einwohner) (siehe Abb. 4). Im
Jahr 2004 lag der Trinkwasserverbrauch pro Einwohner bei ca. 125 Litern pro Tag.
Die Gründe für den rückläufigen Trend sind im Umweltbewusstsein der Menschen,
Entwicklung wassersparender Techniken und höheren Wasserpreisen zu suchen
(vgl. BRACKEMANN et al. 2001, S. 18).
10
110
115
120
125
130
135
140
145
150
1975
1979
1983
1987
1990
1991
1992
1994
1995
1997
1998
2000
2001
2004
Abb. 4: Täglicher Wasserverbrauch in Litern pro Einwohner in Deutschland von 1975 bis 2004.
Quelle: BRACKEMANN et al. 2001, S. 19; STATISTISCHES BUNDESAMT 2006, o. S.
Das Trinkwasser in Deutschland hat meist eine sehr gute Qualität. Die Grenzwerte
der Trinkwasserverordnung werden oft deutlich unterschritten (vgl. GARNREITER;
SCHMID 2002, S. 25 f.).
5.1.2 Veränderung der Marktstruktur und ihre Auslös er
In den letzten Jahren sind zwei Entwicklungen hinsichtlich der
Wasserversorgungsunternehmen zu erkennen:
(1) Die Zahl der Unternehmen verringert sich und
(2) es findet eine formelle und materielle Privatisierung der Wasserversorgung
statt.
Bei der formellen Privatisierung geht das kommunale Unternehmen in eine
private Rechtsform über, bleibt aber in kommunalem Besitz. Die materielle
Privatisierung ist durch einen Verkauf des Unternehmens an einen Dritten
gekennzeichnet (vgl. BRACKEMANN et al. 2001, S. 21).
zu (1):
In den letzten Jahrzehnten hat sich die Zahl der Wasserversorgungsunternehmen in
Deutschland kontinuierlich verringert. Allerdings ist die Zahl der
Wasserversorgungseinheiten im Vergleich zu anderen europäischen Ländern pro
Einwohnerzahl relativ groß.
Tabelle 1 zeigt den Rückgang der Wasserversorgungsunternehmen in Deutschland.
Die wesentliche Reduzierung hat zwischen 1969 und 1975 stattgefunden. Sie ist in
der kommunalen Gebietsreform begründet (vgl. BRACKEMANN et al. 2001, S. 16).
11
Tab. 1: Zahl der Wasserversorgungsunternehmen in Deutschland. Quelle: BRACKEMANN et al.
2001, S. 17; STATISTISCHES BUNDESAMT 2006, o. S.
1957 1963 1969 1975 1979 1983 1987
alte Länder 15.168 15.287 15.227 7.323 6.354 6.326 6.545
Deutschland gesamt
1991 1995 1998 2001 2004
6.953 6.655 6.709 5.260 5.043
An der Wasserversorgung sind überwiegend große Unternehmen beteiligt, obwohl
sie nur einen geringen Anteil an der Gesamtzahl der
Wasserversorgungsunternehmen ausmachen (vgl. GARNREITER; SCHMID 2002, S.
8). In ländlichen Regionen dominieren die kleineren Unternehmen (vgl.
BRACKEMANN et al. 2001, S. 17).
zu (2):
Die Wasserversorgungsunternehmen in Deutschland sind zunehmend privatrechtlich
organisiert (1999: 38,5 %). Allerdings befindet sich nur ein geringer Teil in privatem
Eigentum (2000: 1,2 %), welcher jedoch seit den letzten Jahren eine Zunahme
erfährt (vgl. BRACKEMANN et al. 2001, S. 17 f.).
Diese Entwicklung ist in Abbildung 5 zu erkennen. Sie zeigt, dass die Wassermenge
von Eigenbetrieben deutlich abgenommen hat. Bei Eigenbetrieben werden Kosten
und Erträge über den Kommunalhaushalt geregelt (vgl. GARNREITER; SCHMID
2002, S. 8). Im Gegenzug hat das Wasseraufkommen von Eigengesellschaften
(Unternehmen werden privatrechtlich organisiert, sind aber im Eigentum der
Kommune, siehe oben) in den letzten 30 Jahren kontinuierlich zugenommen.
0
5
10
15
20
25
30
35
40
45
50
1970 1980 1990 2000
Ant
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m J
ahre
sauf
kom
men
in P
roze
nt
Eigenbetriebe
Zweck- sowieWasser- undBodenverbände
Eigengesellschaftensowie öffentlicheGesellschaften
gemischwirtschaftliche Unternehmen
Abb. 5: Jahresaufkommen des Wassers in Abhängigkeit von der Unternehmensform. Quelle:
BRACKEMANN et al. 2001, S. 22.
12
Die Privatisierung ist beispielsweise in der Haushaltslage der Kommunen begründet.
So versucht man durch den Verkauf kommunaler Unternehmen die
Haushaltsverschuldung zu verringern. Außerdem erhoffen sich die Kommunen durch
diese Maßnahme die Verbraucherkosten zu verringern.
Ein weiterer Auslöser für die Privatisierung ist die Beabsichtigung der Erweiterung
von Geschäftsfeldern der Unternehmen. Mit der Akkumulation von angebotenen
Dienstleistungen, wie Strom, Gas und Wasser (siehe Abb. 5, gemischwirtschaftliche
Unternehmen) sind viele Vorteile verbunden. So werden Abrechnungen vereinfacht,
Leitungen zusammengefügt und angebotene Leistungen verbessert. Diese
Geschäftsfelderweiterungen werden auch durch die Übernahme von ausländischen
Unternehmen erreicht.
Die Liberalisierung des Strommarktes bewirkt häufig indirekt auch eine materielle
Privatisierung der Wasserversorgung. Dies liegt daran, dass kommunale
Energieversorger (Stadtwerke) mit großen privaten Energieversorgern, die weitere
Dienstleistungen, wie beispielsweise Wasser bereitstellen, Partnerschaften eingehen
oder von ihnen gekauft werden.
Außerdem beabsichtigt man, durch die Veränderung des Wassermarktes, die Anteile
der deutschen Unternehmen am weltweiten Wassermarkt zu vergrößern (vgl.
BRACKEMANN et al. 2001, S. 22 f.).
5.2 Perspektiven und Erwartungen
5.2.1 Folgen und Konsequenzen einer Privatisierung
Im Jahr 1997 hat der Deutsche Bundestag die Öffnung der Märke von Strom und
Gas beschlossen, um gegen Wettbewerbsbeschränkungen vorzugehen. Im Bereich
der Wasserversorgung steht allerdings noch eine Entscheidung an (vgl.
BRACKEMANN et al. 2001, S. 27). Dies zeigt, dass eine Liberalisierung des
Wassersektors erhebliche Auswirkungen haben kann, welche einer umfangreichen
Untersuchung bedürfen.
Forschungen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) gehen
von einer positiven Entwicklung durch eine Marktöffnung aus. Unterstützung erhält
es von einigen mittelbar betroffenen Wirtschaftsverbänden und von Finanz- und
Beratungsinstituten (vgl. BRACKEMANN et al. 2001, S. 28).
So vertreten sie die Meinung, dass durch eine Marktöffnung Wettbewerb entsteht
und dadurch eine effizientere Leistungserstellung der Unternehmen erzielt wird.
13
Diese zeigt sich beispielsweise in dem Bestreben Rationalisierungspotentiale zu
nutzen und nach Möglichkeiten zu suchen, welche zu einer kostensparenderen
Wasserversorgung führen. Größen- und Verbundvorteile äußern sich auch in einer
höheren Effizienz. Das BMWi geht zudem davon aus, dass die Verbraucher von dem
Wettbewerb um den Markt in Form von niedrigen Wasserpreisen profitieren (vgl.
BRACKEMANN et al. 2001, S. 28; STUCHTEY 2004, S. 460 f.).
Neben den Erwartungen einer höheren Effizienz in der Produktion (höhere
Produktivität) und niedrigerer Preise für die Verbraucher (vgl. GARNREITER;
SCHMID 2002, S. 23) verspricht man sich eine internationale Wettbewerbsfähigkeit
deutscher Wasserversorgungsunternehmen (vgl. BRACKEMANN et al. 2001, S. 28;
STUCHTEY 2004, S. 461).
Außerdem werden durch eine Privatisierung vergleichsweise kleinteilige
Wasserversorgungsstrukturen zusammengefügt (vgl. STUCHTEY 2004, S. 461). So
ist das Aufbringen von Investitionen für beispielsweise Renovierungsarbeiten eher
möglich, wozu kleinere Unternehmen oft nicht in der Lage sind (vgl. HERZ et al.
2002, S. 40).
Falls negative Auswirkungen auf die Qualität des Trinkwassers, den Schutz der
Umwelt und die Verteilung des Wassers entstehen, hat man stets die Möglichkeit
Gegenmaßnahmen zu ergreifen.
Das Umweltbundesamt, Gewerkschaften, Verbände der Wasserversorger,
kommunale Spitzenverbände und Umwelt- und Verbraucherverbände stehen einer
Marktöffnung im Wesentlichen kritisch gegenüber (vgl. BRACKEMANN et al. 2001,
S. 28).
Sie halten eine Veränderung der Wasserversorgung in Deutschland nicht für
angebracht, da das Verhältnis von Nutzen zu Kosten und mögliche Risiken bei einer
Marköffnung nicht abzusehen sind (vgl. BRACKEMANN et al. 2001, S. 29). Man
stützt sich hier vor allem auf die in der realen Marktwirtschaft nicht geltenden
Voraussetzungen für ein wohlfahrtsoptimales und stabiles Tausch-Gleichgewicht. Die
Annahmen von keinem Tausch im Ungleichgewicht, volle Information aller Beteiligten
über alle Preise und Gütereigenschaften, keine externen Effekte und ein rein
polypolitischer Markt sind nicht erfüllt. Zudem weisen empirische Studien darauf hin,
dass private Unternehmen nicht grundsätzlich effizienter und damit kostengünstiger
produzieren als öffentliche (vgl. GARNREITER; SCHMID 2002, S. 23).
Bei einer Privatisierung ist ein Ordnungsrahmen für die Wasserversorgung durch
Unternehmen unverzichtbar. Hier sollen die Art der zu erbringenden Leistungen und
eine preisliche Höchstgrenze geregelt sein. Der damit häufig einhergehende
Preisdruck auf die Unternehmen kann negative Auswirkungen auf die Qualität des
Trinkwassers und den Schutz der Umwelt und Ressourcen haben. Diese
14
Leistungsverschlechterungen der Wasserversorgung sind auch möglich, ohne das
geltende Recht zu missbrauchen. Eine Fortführung der bisherigen nachhaltigen
Wasserversorgung von kommunalen Unternehmen kann so nicht mehr gewährleistet
werden (vgl. BRACKEMANN et al. 2001, S. 24 ff.).
Damit die erwartenden ökologischen und hygienischen Verschlechterungen durch
die Marktöffnung abgewendet werden, sind weitere ordnungsrechtliche
Instrumentarien einzurichten. Dies führt zu einem Mehraufwand in der öffentlichen
Verwaltung und zu einer Verschlechterung der Lage der öffentlichen Haushalte (vgl.
BRACKEMANN et al. 2001, S. 29). Die Erfahrungen von mehr Bürokratie durch die
Privatisierung des Wassersektors wurden auch schon in Frankreich und England
gemacht (siehe Kapitel 6.3) (vgl. GARNREITER; SCHMID 2002, S. 24). Außerdem
ist die Umsetzung eines rechtlichen Ordnungsrahmens schwierig (vgl.
BRACKEMANN et al. 2001, S. 30).
Ferner ist eine Veränderung zu einer Monopolsituation möglich. Dies ist darin
begründet, dass konkurrierende Anbieter zusammen höhere Kosten haben als ein
alleiniger Anbieter. Schließlich sind ein Netz und wenige große Ausbreitungsanlagen
günstiger als mehrere Versorgungseinheiten (vgl. GARNREITER; SCHMID 2002, S.
24).
Die mit einer Privatisierung häufig verbundene erforderliche Öffnung des gesamten
Versorgungssystems dürfte sich auch als schwierig erweisen. In der deutschen
Strom- und Gaswirtschaft hat das Vorhaben der Netzöffnung heftigen Widerstand
ausgelöst. So ist es nicht verwunderlich, dass kein Netzbetreiber einen Konkurrenten
im eigenen Gebiet haben möchte (vgl. GARNREITER; SCHMID 2002, S. 24).
Außerdem gibt es in Deutschland kein zusammenhängendes Wasserleitungssystem.
Das Verlegen von neuen Rohrleitungen, um ein komplettes Netz herzurichten, wäre
ökonomisch nicht sinnvoll. Lange Transportwege und Standzeiten führen zudem zu
Hygieneproblemen (vgl. HERZ et al. 2002, S. 41).
Eine Privatisierung der Wasserversorgung bedeutet auch eine Deregulierung des
Wassermarktes. Dies äußert sich darin, dass sich die Verbraucher Wasser von
einem beliebigen Anbieter kaufen können. Dadurch wird der Wasserpreis für die
Großverbraucher fallen und der für die Kleinkunden steigen (vgl. GARNREITER;
SCHMID 2002, S. 27).
Aufgrund einer Marktöffnung sind Rationalisierungsprozesse feststellbar, welche
niedrigere Kosten für die Unternehmen bedeuten. Allerdings bleiben die Preise
häufig auf dem gleichen Niveau, da Lohn- und andere Kosten in Gewinne
transformiert werden (vgl. GARNREITER; SCHMID 2002, S. 27).
Mit einer Privatisierung sind auch negative Folgen hinsichtlich der Anzahl der
Arbeitsplätze und der Arbeitsplatzbedingungen verbunden. So zwingen
Kostenreduzierungen häufig zu einem Personalabbau. Die Angst, den Arbeitsplatz
15
zu verlieren und Umstrukturierungen von Unternehmensteilen führen zu einer
größeren Belastung seitens der Arbeitnehmer (vgl. GARNREITER; SCHMID 2002, S.
28 f.).
Man verkennt oft die Gründe, die zu einem niedrigen Wasserpreis führen können.
Qualität und Mengenabgabe des Trinkwassers und Größe und Besiedlungsdichte
des Versorgungsnetzes spielen bei der Preisbestimmung eine entscheidende Rolle.
Außerdem beeinflussen die Qualität, Menge und Verfügbarkeit der
Wasserressourcen und die Höhe der Versickerungsverluste den Wasserpreis (vgl.
GARNREITER; SCHMID 2002, S. 27).
Kritiker weisen auch darauf hin, dass eine Privatisierung eine Gefahr für die
Demokratie darstellt, da die Gemeinden keinen Einfluss auf den Wasserpreis haben
(vgl. HERZ et al. 2002, S. 41).
5.2.2 rechtliche Rahmenbedingungen
Eine Privatisierung der Wasserversorgung ist mit der Wasserrahmenrichtlinie der
Europäischen Gemeinschaften vereinbar, da die Organisation der Wasserversorgung
nicht explizit vorgeschrieben ist.
Gemeinden, die eine Privatisierung vorhaben, können die Verträge mit privaten
Unternehmern frei gestalten. So können die Kontrakte bestimmte Richtlinien
hinsichtlich des Gewässerschutzes vorschreiben, die die gesetzlichen Anordnungen
übertreffen. Die, aufgrund dessen, zusätzlich anfallenden Kosten sind nach
Kartellrecht in den Wasserpreis integrierbar (vgl. BRACKEMANN et al. 2001, S. 68
f.).
16
6. Wasserversorgung in Europa
6.1 Verteilung öffentlicher und privater Unternehme n
In Europa wird die Wasserversorgung in der Regel von öffentlichen Unternehmen
durchgeführt (siehe Abb. 6). Ausnahmen stellen Frankreich und Großbritannien dar.
Abb. 6: Öffentliche und private Wasserversorgung in Europa 1996. Obwohl die Grafik aus dem
Jahre 1996 stammt, hat sich der Zustand unwesentlich geändert. Quelle: GARNREITER;
SCHMID 2002, S. 9.
Private Unternehmen versorgen in der Regel einen großen Teil der europäischen
Bevölkerung (38 Prozent) (vgl. GARNREITER; SCHMID 2002, S. 29).
6.2 Modelle und Formen der Privatisierung
Es gibt drei Grundmodelle für die Privatisierung der Wasserversorgung.
Das erste Modell besagt den vollständigen Verkauf der staatlichen Wasser- und
Klärwerke. Dies trifft auf England und Wales zu (vgl. BARLOW; CLARKE 2004, S.
120). Aufgrund der beträchtlichen Preissteigerung für Wasser (vgl. BARLOW;
CLARKE 2004, S. 121) und einer erhöhten Überwachungsbürokratie (vgl.
GARNREITER; SCHMID 2002, S. 22) wird diese Form der Privatisierung häufig
negativ bewertet.
Bei dem zweiten Modell vergibt die Regierung Konzessionen oder Pachtverträge an
Wasserkonzerne, die die notwendigen Dienstleistungen erbringen und die Kosten für
die Instandhaltung des Systems übernehmen müssen (vgl. BARLOW; CLARKE
2004, S. 120; WETTSTEIN 2004, S. 13). Um die Kosten abzudecken und einen
Gewinn zu erzielen, erheben die Wasserunternehmen Gebühren. Dieses Modell wird
am häufigsten gewählt. Die Grundelemente des Modells haben sich beispielsweise in
17
vielen französischen Gebieten verwirklicht (siehe Kapitel 6.3) (vgl. BARLOW;
CLARKE 2004, S. 120).
Das dritte Modell beruht auf einem Vertrag zwischen dem Wasserkonzern und der
Regierung. Dieser besagt, dass das Unternehmen, welches die Wasserversorgung
übernimmt, eine feste Verwaltungsgebühr erhält, ohne selbst Geld fordern zu dürfen
(vgl. BARLOW; CLARKE 2004, S. 120 f.).
6.3 Fallbeispiel Frankreich
Ein großer Teil der französischen Wasserversorgung beruht auf den
Grundelementen des in Kapitel 6.2 angesprochenen zweiten Modells der
Privatisierung.
Die Gemeinden sind Besitzer der Wasserversorgungsinfrastruktur und die
Wasserversorgung geschieht durch private Untenehmen (vgl. BRACKEMANN et al.
2001, S. 71).
Frankreich ist durch eine große Zahl von Wasserversorgungsunternehmen (mehr als
16.000) gekennzeichnet, welche auf die niedrige Bevölkerungsdichte (106 Einwohner
pro m2) und die vielen Kommunen (36.000) zurückzuführen ist (vgl. BRACKEMANN
et al. 2001, S. 71).
Die meisten Betriebe versorgen nur einen geringen Teil der Bevölkerung. Daher
nehmen die großen Wasserkonzerne eine gewisse Machtstellung ein, was sich auch
darin widerspiegelt, dass die beiden weltweit größten Wasserunternehmen aus
Frankreich kommen (vgl. BARLOW; CLARKE 2004, S. 10). 70 % der französischen
Wasserversorgung wird von den drei Konzernen Vivendi, Suez und Saur abgedeckt
(vgl. GARNREITER; SCHMID 2002, S. 21).
Die in Frankreich vorgenommene Privatisierung wird häufig kritisiert.
So haben sich die Wasserkosten für die Verbraucher seit der Privatisierung der
Wasserversorgung um 150 Prozent erhöht. Eine Studie von 1999 besagt, dass die
Preise der privaten Unternehmen um 13 Prozent höher lagen als die der
kommunalen Wasserwerke (vgl. BARLOW; CLARKE 2004, S. 121).
Betriebsabsprachen der führenden Wasserunternehmen und Bestechungen bei der
Vergabe von Konzessionsverträgen begünstigen eine Erhöhung des Wasserpreises.
Außerdem werden häufig Investitionen am Ende der Konzessionszeit
zurückgehalten, was letztlich den Preis steigert (vgl. GARNREITER; SCHMID 2002,
S. 21).
18
Ein weiterer Nachteil des Wasserversorgungssystems in Frankreich ist die hohe
Anzahl an Instanzen, die benötigt werden, um den Verbraucher zu schützen (vgl.
GARNREITER; SCHMID 2002, S. 22).
Die geringe Kontrollierbarkeit des französischen Systems wird auch negativ
bewertet.
Zusätzliche Probleme stellen die Größe der Versorgungseinheiten dar. Falls eine
bestimmte Größe nicht erreicht wird, ist eine Aufrechterhaltung der
Wasserversorgung und Einhaltung der Wasserqualität schwierig (vgl.
BRACKEMANN et al. 2001, S. 75).
Allerdings sind auch positive Entwicklungen hinsichtlich der Dezentralisierung der
Versorgungseinrichtungen auszumachen.
Die hohe Flexibilität und Fachwissenkumulation der
Wasserversorgungsunternehmen sind deutliche Vorteile der französischen
Privatisierungsform. So können beispielsweise eher technische Erleichterungen
gefunden werden, welche sich in geringeren Kosten äußern (vgl. BRACKEMANN et
al. 2001, S. 75).
7. Fazit
Angesichts der schlechten Haushaltslage der Kommunen, der im europäischen
Vergleich hohen Wasserpreise, der geringen Anteile am weltweiten Wassermarkt,
etc. scheint eine Privatisierung der Wasserversorgung in Deutschland unumgänglich.
Bei einer Marktöffnung sind umfangreiche staatliche Maßnahmen erforderlich, um
das heutige hohe Niveau der Trinkwasserversorgung in Deutschland beizubehalten
und den Schutz der Ressourcen zu garantieren. Dies dürfte sich als schwierig
erweisen, wie die Länder England, Wales und Frankreich beweisen. Hier sind
Ausbesserungen des Ordnungsrahmens und Neuregelungen notwendig, damit eine
Verschlechterung der Situation abgewendet wird und sich die positiven Effekte der
Marktöffnung zeigen.
Die Folgen einer Privatisierung sind nicht absehbar, da sie situationsbezogen sind.
19
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geschichtliche Entwicklung der Wassernutzung
1 Hauhalte (Trink- und Brauchwasser) → → → → → → → → → → → →
2 Fischerei → → → → → → → → → → → →
3 Erholung → → → → → → → → → → → →
4 Schifffahrt → → → → → → → → → → → →
5 Landwirtschaft (Bewässerung, Viehproduktion) ca. 6.000 v. Chr. → → → → →
6 Kommunen (öffentliche Versorgung) ca. 3.000 v. Chr. → → →
7 Abwasserbeseitigung ca. 3.000 v. Chr. → → →
8 Wasserkraft ca. 3.000 v. Chr. → → →
9 Gewerbe, Industrie ca. 3.000 v. Chr. → → →
10 Kühlwasser ca. 1.900 n. Chr. → →
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http://www.bgw.de/presse/pressegrafiken/trinkwasser-pressegrafiken (22.01.2007)
Info: Sofern nicht anders erwähnt, beziehen sich die Angaben des Bundesverbands
der deutschen Gas- und Wasserwirtschaft auf Deutschland.