SCIENCEVILLE 2014 · DOKUMENTATION

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SCIENCEVILLE 2014 DOKUMENTATION WWW.SCIENCEVILLE.DE WILHELMSBURG | HAMBURG

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SCIENCEVILLE 2014 DOKUMENTATION WWW.scienceville.De Wilhelmsburg | hAmburg

„Der Dockville-Ableger debütiert als transmediale Auseinan-dersetzung – ein dreitägiges Happening mit Performances, Lesungen, Filmen und DJ-Sets.“zeit.de

„Am Ende verlässt die Besucherin das Festival ohne Brummschädel und mit einer erfrischenden Gewissheit, die sich mit dem bekannten Stück von Tocotronic am besten formulieren lässt: Im Zweifel für den Zweifel.“taz.die tageszeitung

Formate: Ausstellung | DJ-DArbietung | FilmvorFührungen | Konzert

PerFormAnces | vorträge | Wm-FinAle | zWei-Kulturen-gesPräch |

Contributors: ProF. Dr. sAbeth buchmAnn (Wien, KunsthistoriKerin) |

JAKönigJA (hAmburg, bAnD) | gereon Klug AKA DJ Dr. „Dr.“ Penis (hAmburg,

Autor, DJ unD lAbelinhAber) | AlexAnDer rischer (hAmburg, Foto-

Künstler) | ProF. Dr. brigitte röDer (hAmburg, neuroWissenschAFtlerin

unD leibniz-Preisträgerin 2014) | sAmi sAiF (KoPenhAgen, DänemArK,

DoKumentArFilmer, FilmbeitrAg: “Dogville conFessions”) | Dr. beKe sinJen

(Kiel, literAturWissenschAFtlerin) | suPerschool (berlin, Kunst- unD

PerFormAnce-KolleKtiv) | KlAus WAlter (FrAnKFurt, Autor, DJ unD rADio-

moDerAtor) | clAre Young (siDneY, AustrAlien, regisseurin, FilmbeitrAg:

„From the bottom oF the lAKe“) | Joerg zborAlsKi (hAmburg, Künstler

unD regisseur) (Ausstellung zusAmmengestellt von mirJA biel unD

ebbA DursteWitz) | besuCher_innen: cA. 500 | Partner_innen: Der

scienceville-beirAt ProF. Dr. KAthrin busch (universität Der Künste

berlin) | DetleF DieDerichsen (hAus Der Kulturen Der Welt, berlin) |

AnDreAs heller (ArchiteKt unD KonzePtionist) | PD Dr. sibYlle Peters

(Künstlerin unD WissenschAFtlerin) | christiAn schüten (Designer) |

mirJAm thomAnn (Freie Künstlerin) | ingA WellmAnn (reFerAtsleiterin

Für Kunst unD KreAtivWirtschAFt in Der KulturbehörDe hAmburg |

ProF. Dr. DirK WesterKAmP (christiAn-Albrechts-universität zu Kiel) |

Förderer: KulturbehörDe Fhh

SCIENCEVILLE 2014

Vom 11. bis 13. Juli 2014 fand auf dem gelände des ms dockville die Pilotveranstaltung des Kunst- und Wissenschaftsfestivals sCienCeViLLe statt. Über die dauer von drei tagen wurde das ehemalige Laborgebäude an der alten schleuse in hamburg-Wilhelmsburg seiner ursprüng-lichen bestimmung als ort der Wissenschaft und Forschung zugeführt.

im gegensatz zum herkömmlichen Forschungslabor allerdings spielte sich bei scienceville das Forschen in der öffentlichkeit und unter reger beteiligung der ca. 500 anwesenden besucherinnen ab.

scienceville stellte sich vor als neuer baustein im immer weitere Kreise ziehenden Aktionsgefüge des ms DocKville. letzterem – dem inzwischen weit über Deutschlands grenzen bekannten kreativ- künstlerischen und soziokulturellen netzwerk, das seit nunmehr acht Jahren jeden sommer in das etablierte ms DocKville-musikfestival mündet – fügte scienceville als transdisziplinäres Forum der interaktion zwischen Wissenschaft, Kunst und öffentlichkeit eine ebenso neue wie herausfordernde Komponente hinzu.

„ignorance is bliss“ lautete das bewusst polarisierend formulierte motto, unter dem scienceville sich erstmalig präsentierte. mit diesem claim ging es den veranstaltern jedoch keinesfalls um einen Aufruf zu volksverdummung und akademischer lethargie. vielmehr standen die unterschiedlichen Formen, implikationen und leistungen des nichtwissens und nichtverstehens – beides themen von aktueller wissenschaftlicher relevanz – im vordergrund und wurden aus unterschiedlichsten wissen-schaftlichen und/oder künstlerischen Perspektiven durchleuchtet und diskutiert.

in rahmen von vorträgen, Performances, Filmbeiträgen, musikalischen Darbietungen, Diskussionsrunden sowie einer Ausstellung wurde dem nichtwissen und nichtverstehen aus ganz unterschiedlichen blickwinkeln auf den zahn gefühlt. es ist gelungen, Akteure aus Wissenschaft und Kunst sowie die interessierten besucher miteinander ins gespräch zu bringen, zum nachdenken anzuregen und zwischendurch auch immer wieder momente zu schaffen, die einfach ‚nur‘ spaß machten oder zu unerwarteten Aha-erlebnissen führten. Wiederholt wurden die anwesenden gäste dazu angeregt, sich aktiv in das Programm einzubringen und so teil des Diskurses zu werden. Wie viel „Futter für den Kopf“, wie es eine besucherin formulierte, scienceville allen beteiligten bot, davon zeugten auch die schärfe, Dauer und vehemenz der nach den einzelnen Programmpunkten zu bezeugenden besucherdiskussionen. scienceville und sein themenfeld ließen offensichtlich niemanden gleichgültig.

Am 11. Juli um 17 uhr eröffnete die wissenschaftliche leiterin sciencevilles, Dr. ebba Durstewitz, die dreitägige Auseinandersetzung mit dem nichtwissen und nichtverstehen. „Was für eine treffende einleitung, die die steifheit des Akademischen vertreibt und einer ungezwungenen Atmosphäre den Weg ebnet“, schrieb carla baum in der tAz über die multimediale vorstellung des neuen Festivalformats und seiner thematischen schwerpunktsetzung.

Die im Anschluss eröffnete, posthum von ebba Durstewitz und der regisseurin mirja biel zusammengestellte, Ausstellung des Künstlers und regisseurs Joerg zboralski (1967 - 2014) mit dem titel „Demonstrations- raum des befreiten nichts“ spiegelte die Absage des Künstlers an das bedeuten und verstehen wider und rief in ihrer methodik auch zum überdenken gängiger (pseudo-)wissenschaftlicher beweisführungen auf. zboralski, dem scienceville auch sein Plakatmotiv 2014 verdankt, hatte die Ausstellung noch konzeptionell vorbereitet. ihre Durchführung und eröffnung konnte der gerhard-richter-meisterschüler nach seinem tod im märz 2014 leider nicht mehr selbst erleben.

gereon Klugs (aka DJ Dr. „Dr.“ Penis) nachfolgendes DJ-set geriet zu einer hintergründigen musika-lischen Performance im spiel mit dem nichtwissen und nichtverstehen zwischen Fiktion und realität. im vordergrund stand hier letztlich die kritische reflektion des gesellschaftlichen umgangs mit beiden begriffen.

Anschaulich und sehr humorig kombinierte das Kunst- und Performancekollektiv „superschool“ am samstag mit seinem „gesichtsbuch“ die digitalisierte Welt des internets mit dem besuch eines akademischen vortrags, indem es internet und netzkultur in eine analoge bühnenform überführte. Der klassisch-

akademische vortrag „nichts kapiert und trotzdem schlauer – Anoetik als produktives nichtverstehen“ von Dr. beke sinjen vom collegium Philosophicum der christian-Albrechts-universität zu Kiel wurde immer wieder live unterbrochen und die aufkommenden Fragen vom mensch gewordenen internet beantwortet. Das internet hieß in diesem Fall: das kollektive Wissen aller Anwesenden als analoge versuchsanordnung von blog-Forum, Wikipedia und Facebook-Fans. Welche Wechselwirkungen, unzulänglichkeiten und Qualitäten die verknüpfung von traditionellem und neuzeitlichem Wissenstransfer hervorbringt, das wurde auch nach ende der show von den besucherinnen noch lange und heftig diskutiert.

mit den voraussetzungen für kreative schaffensprozesse in der Popmusik und einer neuen, positiven bewertung von gemeinhin eher als leidvoll erfahrenen ‚nebenprodukten‘ wie Fehlern, unbeabsichtigtem und zufällen beschäftigte sich der Autor, DJ und radiomoderator Klaus Walter in seinem ebenso klugen wie kurzweiligen beitrag „learning by Doing, Doing by unlearning – Wissen und besser-nichtwissen im Pop“.

Die bei Klaus Walter anklingenden momente des suchens und Findens, des Konstruierens und verwerfens, des zögerns und des scheiterns spielten auch am sonntag im anspruchsvollen vortrag „(ge-)Wissensprobe“ der Kunsthistorikerin und Kunstkritikerin Prof. Dr. sabeth buchmann eine rolle, wenn auch auf ganz andere Weise. buchmann stellte den modus der (theater-)Probe in den vordergrund und beschrieb anhand zahlreicher beispiele aus der bildenden und Darstellenden Kunst, wie die Auseinan-dersetzung mit der Probe hier zu einem kritischen Kommentar auf das gebot des lebenslangen lernens im rahmen postdisziplinärer gesellschaften wird.

Wessen Wissens- und informationshunger zu diesem zeitpunkt noch nicht gestillt war, der konnte während des so genannten „zwei-Kulturen-gesprächs“ zwischen der neuropsychologin Prof. Dr. brigitte röder und dem bildenden Künstler Alexander rischer bezeugen, dass die vermeintliche Kluft zwischen geistes- und naturwissenschaften gar nicht so groß ist und dass die vertreter der „zwei Kulturen“, auch wenn sie unvorbereitet aufeinandertreffen, durchaus zu einem für alle beteiligten hochinteressanten, begeisternden und konstruktiven gespräch fähig sind. vorurteile und bedenken, wie sie sich insbesondere in den Wortbeiträgen einzelner zuhörerinnen manifestierten, zeigten jedoch auch, dass trotz des oft gehörten schlagworts ‚interdisziplinarität‘ die bereitschaft zum gegenseitigen lernen und ein wechsel-seitiger Austausch zwischen geistes- und naturwissenschaften, zwischen Künsten und Wissenschaften, nach wie vor dringend notwendig sind. Auch um hier Abhilfe zu schaffen, ist scienceville angetreten.

und so endete das scienceville-Pilotwochenende nach einer vielzahl unterschiedlicher blickwinkel und Formate, die zusätzlich um zwei Filmvorführungen ergänzt worden waren, am sonntagabend fulminant und unter verwischung noch der letzten grenzen zwischen e- und u-Kultur mit dem gemeinsamen schauen des Wm-Finales. unter freiem himmel bei kalten getränken und letzten Diskussionen zu den vorangegangenen drei aufregenden und spannenden scienceville-tagen.

Die durchweg positive resonanz auf die einzelnen veranstaltungen – von seiten der besucherinnen wie der beteiligten Künsterinnen und Wissenschaftlerinnen selbst – und die enorme Diskussionsfreude des Publikums, das sich rege am Wissensdiskurs beteiligte, ließen die Potenziale des neuen Formats an diesem Juli-Wochenende deutlich hervortreten. nicht zuletzt vor diesem hintergrund blickt scienceville optimistisch in eine vielversprechende zukunft kreativer und breit vernetzter erkenntnisgewinnung! Wir freuen uns auf die Fortsetzung unserer Forschungsreise in 2015!

scienceville ist ein Projekt der:

Kopf & steine gmbh

max-brauer-Allee 277, 22769 hamburg, Deutschland

www.scienceville.de | www.fb.com/sciencevillehamburg

text & redaktion: Dr. ebba Durstewitz, lukas grellmann, lara goldsworthy, Janna rath

Fotos: Alexander Kasbohm

gestaltung: yytt.de

umsetzung: charlotte Wielage

Kompletter Pressespiegel:

http://tinyurl.com/Dv2014-Ps

Vielen dank an: