Schlussbericht Schlussbericht Entminungsprojekt Balici, Donji Vakuf ...
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Stadt Illnau-Effretikon: Schlussbericht Schlussbericht
Entminungsprojekt Balici, Donji Vakuf, BiH
Illnau-Effretikon: Schlussbericht Balici
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Inhaltsverzeichnis
Zusammenfassung .......................................................... 2
Kontext Bosnien-Herzegowina ....................................... 3
Kontext Donji Vakuf ........................................................ 3
Auswahl eines Minenfeldes ............................................ 4
Projektrealisierung ......................................................... 4
Projektausführung und Projektpartner: ......................... 4
Finanzbericht .................................................................. 6
Bildmaterial .................................................................... 7
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Zusammenfassung
Projekt
Entminungsprojekt Balici in Donji Vakuf, Bosnien-Herzegowina
Projektorganisation
Stiftung „Welt ohne Minen“ (WoM)
Kontakt: Sandra Montagne & Gabriela Fuchs, Co-Geschäftsführerinnen Badenerstrasse 16, 8004 Zürich Tel. 044 241 72 30; E-Mail: [email protected]
Projektziele
Erhöhte Sicherheit für die Bevölkerung Förderung der sozio-ökonomischen Entwicklung Unterstützung von Bosnien-Herzegowina in seinen
völkerrechtlichen Verpflichtungen
Aktivitäten
Durchführung der Entminungsarbeiten (Technische Untersuchung) sowie Räumung / Vernichtung von Minen und anderen explosiven Kriegsüberresten
Begünstigte
Direkt Begünstigte: zirka 30 Familien (Landbesitzer) sowie die 2‘500 Einwohner der Ortsgemeinde Prusac
Indirekt Begünstigte: rund 14‘000 Einwohner der Gemeinde Donji Vakuf
Partner in Bosnien
Ausführende Partnerorganisation: „Pazi Mine Vitez“, Koordination vor Ort: WoM Vertreterin Timka Opardjia Projektabnahme: BHMAC Travnik
Finanzbericht
Gesamtprojektkosten für die Entminung von „Balici“ beliefen sich auf EUR 75‘361.54 (CHF 82‘897.70, Kurs EUR /CHF 1.10) Die Stadt Illnau-Effretikon hat mit dem Beitrag von insgesamt CHF 50‘000 den Grossteil der Projektkosten finanziert. Die Restmittel wurden aus andern Gönnerbeiträgen gedeckt. Details siehe Finanzbericht.
Projektdauer
Die Entminungsarbeiten wurden vom 25.5.2015 bis 29.06.2015 durchgeführt.
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Kontext Bosnien-Herzegowina
Der Krieg in Bosnien und Herzegowina von 1992-1995 hinterliess knapp eine Million verstreute
Landminen. Als Spätfolge dieses Bürgerkriegs wurden seither 1‘733 Menschen durch Landminen und
Blindgänger getötet oder teils schwer verletzt. Obwohl die Opferzahlen laufend zurückgehen, kam es
auch im Jahr 2014 zu neun Minenunfällen mit insgesamt 16 involvierten Opfern. Sechs Personen wurden
dabei tödlich verletzt, darunter ein Kind. Im Juli 2015 ereignete sich zudem ein tödlicher Minenunfall in
Gornji Vakuf. Obwohl sich viele Menschen der Minengefahr bewusst sind, passieren die meisten Unfälle
dadurch, dass sich Dorfbewohner oder Bauern in markiertes Minengebiet begeben - getrieben von einer
ökonomischen Notwendigkeit, um Feuerholz für den Winter oder Früchte und Pilze zum Verkauf zu
sammeln oder Schafe zu weiden.
Noch immer werden landesweit zirka 120‘000 Minen oder nicht explodierte Sprengsätzen vermutet.
Anfang 2015 waren noch 1.176,50 Quadratkilometer (d.h. 2.3% der gesamten Landesfläche) mit Minen
oder kontaminiert. Diese Situation stellt eine Gefahr für rund 540‘000 Bewohnerinnen und Bewohner
dar. Bosnien-Herzegowina gilt damit als das meist betroffene Land Europas. Die
Kriegsmaterialrückstände hemmen die ohnehin stagnierende Wirtschaft und blockieren auch 20 Jahre
nach Kriegsende weiterhin wertvolles Agrarland.
Gemäss dem Ottawa-Vertrag über ein Verbot von Antipersonen-Minen hätte Bosnien-Herzegowina
schon 2009 minenfrei sein sollen, eine Verlängerung der Frist bis 2019 wurde jedoch bewilligt. Leider
scheint auch die Erreichung dieses Zieles nicht sehr realistisch, denn es besteht ein beträchtlicher
Rückstand in der Umsetzung. Die schweren Regenfälle und Hochwasser im Frühling 2014 hat die
Situation weiter verschärft. Es braucht aktualisierte Ansätze und Strategien um die neue Situation
bewältigen zu können.
In diesem Zusammenhang steht auch das Pilotprojekt, das zusammen mit dem Genfer Zentrum für
Humanitäre Minenräumung (GICHD) sowie sämtlichen wichtigen Akteuren eine neue Strategie zur
Landfreigabe propagiert. Ziel ist es, durch neue Ansätze, Technologien und eine gezieltere Priorisierung
eine kosteneffizientere Entminung zu ermöglichen und damit einen wichtigen Schritt in der Erreichung
der internationalen Vertragsziele zu machen. Dadurch sollten die Landfreigabe an die Dorfge-
meinschaften beschleunigt und schlussendlich die sozio-ökonomische Entwicklung begünstigt werden.
Kontext Donji Vakuf
Die Gemeinde Donji Vakuf liegt im Herzen von Bosnien (Mittelbosnischer Kanton) und zählt heute rund
14‘000 Einwohner. Die strategisch günstige Lage des Orts am Ausgang der Vrbas-Schlucht an der
Verzweigung der Verkehrswege zwischen Banja Luka, Sarajewo und Split wurde der Stadt zum
Verhängnis. Während des Krieges sicherten die Kriegsparteien ihre Frontlinien, Stellungen und
Schützengräben mit Tausenden von Minen.
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Praktisch alle der damals 25‘000 Bewohner musste den Ort verlassen. Zurückgekommen ist vor allem die
bosnjakische (muslimische) Bevölkerung, während von früheren bosnischen Serben oder bosnischen
Kroaten sich nur ganz wenige wieder angesiedelt haben.
Die offizielle Arbeitslosigkeitsrate liegt heute bei fast 50 Prozent, wobei diese Zahl durch die verbreitete
Schattenwirtschaft zu relativieren ist. Donji Vakuf lebt vorwiegend von Subsistenz-Landwirtschaft,
kleinen KMU Betrieben und etwas Industrie (Holz, Metall, Gips, Asphalt). Auffällig positiv verändert hat
sich das Landschaftsbild in letzter Zeit durch den Anbau von Gemüse, Getreide, Mais, Obst und Beeren,
das durch Landwirtschaftsprojekte wie z.B. von Caritas Schweiz oder anderen internationalen Donatoren
begünstigt wurden.
Welt ohne Minen engagiert sich seit 2005 in der Gemeinde Donji Vakuf und hat bisher eine Fläche von
über 700‘000 Quadratmeter entmint. Dies ist rund ein Drittel der seit Kriegsende in Donji Vakuf entmint-
en Fläche von 1‘928‘871 m2. Gemäss Angaben der Gemeinde Donji Vakuf sind noch rund 8.6 % der
Gemeindefläche kontaminiert.
Auswahl eines Minenfeldes
Das entminte Gelände „Balici“ befindet sich wenige Kilometer ausserhalb der Kleinstadt Donji Vakuf und
liegt am Hang oberhalb von kleinen Weilern. Hier verlief während des Krieges eine hart umkämpfte
Frontlinie mit Stellungsgräben, die mit Minen gesichert worden waren.
Bei der Projektierung eines Entminungsprojektes bestimmt BHMAC Travnik jeweils nach einer
Gefahren-Nutzen Matrix die Dringlichkeit und den Nutzen für die Dorfbevölkerung. Ausserdem bespricht
Frau Opardija die Prioritäten mit relevanten Vertretern der Gemeinde Donji Vakuf und wählt die
Projekte aus, die einen möglichst direkten Nutzen für die Bewohner aufweisen.
Anlässlich eines Projektbesuches im Juni 2014 konnte sich WoM selbst davon überzeugen, dass in den
umliegenden Weilern verschiedene Familien leben, die das Land rund um die verminten Gebiete für
Vieh- oder Landwirtschaft nutzen. Wieder ohne Angst vor der Minengefahr leben zu können und ihre
Kinder beim Spiel nicht immer auf die Minengefahr aufmerksam machen zu müssen, bedeutet für diese
Familien sehr viel mehr Lebensqualität. Die Freigabe des Landes ermöglicht auch die so notwendige
wirtschaftliche Entwicklung.
Auf dem benachbarten Minenfeld „Rosulje“ hat z.B. ein Bauer sofort nach der Entminung im Herbst
2014 die Vorbereitungen für den Beerenanbau getroffen. Im Frühling 2015 hat er auf 5‘000 m2 Aronia-
und Himbeeren gepflanzt, eine Erweiterung ist bereits geplant. Davon wird die Familie ein gutes
Einkommen erzielen können.
Projektrealisierung
Projektausführung und Projektpartner:
Der Vertrag mit der Entminungsorganisation „Pazi Mine Vitez“ wurde am 4. Mai 2015 unterzeichnet. Die
Arbeiten begannen am 25. Mai 2015, mussten aber aufgrund langanhaltender Regenfällen frü ein paar
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Tage unterbrochen werden. Am 29. Juni 2015 konnten die Arbeiten abgeschlossen und dem
zuständigen Minenzentrum BHMAC Travnik zur Abgabe übergeben werden. BHMAC hat die Arbeiten am
6. Juli 2015 abgenommen und bestätigte mit Zertifikat, dass sämtliche Arbeiten gemäss internationalen
und bosnischen Standards aufgeführt worden sind (siehe beiliegende Zertifikate und Karten).
Die Arbeiten umfassten die sorgfältige Untersuchung einer Gesamtfläche von 79‘668 m2.
Aufgrund der Hanglage und des stark überwucherten Geländes waren die Arbeiten eine grosse
Herausforderung für das Entminungsteam. Jeder Quadratmeter wurde akribisch mit Metalldetektoren
untersucht. Dabei wurden 31 Antipersonenminen der Typen PMA 2, PMA 2A, PMA 3 sowie eine extrem
gefährliche Sprengmine PROM 1 und 18 Blindgänger - sogenannte UXO (unexploded ordnances) –
gefunden!
Eine sogenannte Technische Untersuchung beinhaltet normalerweise die eigentliche Entschärfung und
Beseitigung der Minen nicht. Unsere Partnerorganisation „Pazi Mine Vitez“ übernimmt diese
Zusatzleistung jedoch in allen unseren Verträgen und zerstört die gefunden Minen immer sofort ohne
zusätzliche Kosten.
Erreichte Projektziele:
Sicherheit für die Bevölkerung: Das primäre Ziel der Entminung ist es, Minenunfälle zu verhindern
und der betroffenen Bevölkerung ein Leben in Sicherheit und Würde zu ermöglichen. Mit dem
Abschluss des Projekts wurden eine Fläche von 79‘668 m2 für sicher und begehbar erklärt und der
Bevölkerung damit wieder zur Nutzung übergeben. Dies ist ein erheblicher Schritt für die Dorfge-
meinschaft, die in unmittelbarerer Nähe zu dieser Fläche lebt. Mit der Entminung von „Balici“
können die Bewohner der umliegenden Dörfer und Weiler wieder in Sicherheit leben und das
Gelände unbeschwert betreten, nutzen oder bewirtschaften.
Sozio-ökonomische Entwicklung: Ein weiteres Ziel der Entminung ist es, der Bevölkerung wertvolle
Fläche zur Verfügung zu stellen und damit die wirtschaftliche Entwicklung anzukurbeln. Das
entminte Gelände ist im Besitz von etwa 30 Familien.
Unterstützung von Bosnien-Herzegowina in seinen völkerrechtlichen Verpflichtungen: Jedes Stück
entmintes Land bringt die Regierung einen Schritt weiter in der Erfüllung ihrer Verpflichtungen bis
im Jahr 2019 zur Einhaltung des Ottawa-Vertrages zur Ächtung von Antipersonen-Minen.
Begünstigte:
Direkt Begünstigte: zirka 30 Familien, die das Land besitzen und die rund 200 Bewohner der
umliegenden Weiler Lazareva Stanica und Rika sowie die 2‘500 Einwohner der Ortsgemeinde Prusac
Indirekt Begünstigte: rund 14‘000 Einwohner der Gemeinde Donji Vakuf
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Finanzbericht
Entminungskosten "Balici" (79'668 m2) 68'510.49 75'361.54
Overhead WoM (10%)
(Identifikation, Organisation, Qualitätskontrolle, Administration) 6'851.05 7'536.15
TOTAL Projektbudget 75'361.54 82'897.69
Wechselkurs EUR / CHF 1.10
Es gab keine Abweichungen von den budgetierten Kosten für die Entminungsarbeiten, lediglich der
günstige Umrechnungskurs EUR / CHF wurde bei der Schlussabrechnung angepasst. Die von Illnau-
Effretikon investierten Mittel im Gesamtbetrag von CHF 50‘000 sind vollständig für dieses Entminungs-
projekt eingesetzt worden. Die gesamten Restkosten konnten durch Gönnerbeiträge der Stadt
Winterthur, der Gemeinden Herrliberg, Arlesheim, Erlenbach sowie privaten Stiftungen gedeckt werden.
Die Kosten für dieses Entminungsprojekt waren direkt von der beauftragten Entminungsorganisation
„Pazi Mine Vitez“ budgetiert worden. Nach Vertragsabschluss zwischen WoM und Pazi Mine Vitez wurde
eine geschäftsübliche Vorauszahlung im Betrag von 10% der Entminungskosten geleistet. Nach
vollständigem Abschluss der Arbeiten und Vorlegen der Abnahmedokumente durch die staatliche
Behörde BHMAC Travnik wurde der Restbetrag ausbezahlt. Somit gibt es nur Direktzahlungen an den
Vertragspartner.
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Bildmaterial
„Rosulje Prusac 1“:
Das Entminungsteam
wird instruiert und
macht sich bereit
Durch dieses dicht
bewachsene
überwucherte
Gelände müssen
sich die Entminer
einen Weg bahnen.
Dies ist ein Teil eines
alten serbischen
Schützengrabens,
der insgesamt 900 m
lang durch das
Gelände von Balici
verläuft.
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Eine erste Ent-minungsbahn ist gelegt worden, nun beginnt die Arbeit.
Entminer in Aktion:
Nachdem die ersten
sicheren Bahnen gelegt
worden sind, überprüft der
Entminer akribisch jeden
Quadratmeter auf ex-
plosive Kriegsrückstände.
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Nach getaner Arbeit: alle
Markierungspfosten und
Bänder sind fein
säuberlich zusammen-
gepackt und bereit für
den nächsten Einsatz.
Eine kleine Auswahl der
gefundenen Sprengkörper,
Antipersonenminen und
Blindgänger – sogenannte
unexploded ordnances
(UXO).
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Nach getaner Arbeit:
Teamchef Jozo Santic mit
unserer Vertreterin Timka
Opardija, die das Projekt
besucht.
Nach der Entminung: Das
Gelände ist nun wieder
frei für die Nutzung.
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Anhang 1: Skizze des entminten Feldes mit gefundenen und entschärften Minen / UXO