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ZIELMARKT TÜRKEI Analyse und Beurteilung der Türkei als Zielmarkt für den Export von Dienstleistungen durch deutsche Unternehmen im Bereich erneuerbarer Energien EXPEED | Arbeitspapier Nr. 1 Sascha Faradsch

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ZIELMARKT TÜRKEI

Analyse und Beurteilung der Türkei als Zielmarkt für den Export von Dienstleistungen durch deutsche Unternehmen im Bereich erneuerbarer Energien

EXPEED | Arbeitspapier Nr. 1

Sascha Faradsch

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Impressum Herausgeber: Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) Potsdamer Straße 105 D-10785 Berlin Tel. +49 – 30 – 884 594-0 Fax +49 – 30 – 882 54 39 E-mail: [email protected] www.ioew.de

Die Zielmarktstudie wurde erstellt im Rahmen des Projekts:

EXPEED – Exportpotenziale von Dienstleistungen im Bereich Erneuerbare Energien (www.expeed.de)

Projektpartner

Institut für Ökologische Wirtschaftsforschung GmbH (gemeinnützig) Dr. Bernd Hirschl (Gesamtprojektleiter), Dr. Julika Weiß (Projektkoordinatorin), Dr. Wilfried Konrad www.ioew.de

Universität Rostock Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät, Institut für Marketing und Dienstleistungsforschung, Prof. Dr. Martin Benkenstein, Madlen Thom www.wiwi.uni-rostock.de/bwl/marketing

Regenerative Energien - Netzwerk für Export und Technologie Ulrike Krüger, Nadine Bethge, Gabi Rüger

Deutsche Energie-Agentur GmbH Dr. Konrad Bauer, Dorit Rößler

Gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Förderschwerpunkt „Ex-portfähigkeit und Internationalisierung von Dienstleistungen“, Projektträger DLR.

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Vorwort Erneuerbare Energien (EE) haben sich aufgrund ihres Beitrags zu einer zukunftsfähigen Energie-erzeugung national und international zu Märkten mit einer hohen Wachstumsdynamik entwickelt. Dabei spielen eine Reihe von Dienstleistungen entlang der Wertschöpfungskette eine zentrale Rol-le, z.B. Planung, Projektierung und Finanzierung von Anlagen, Betriebsführung sowie Aus- und Weiterbildung. Das Projekt EXPEED (Exportpotenziale von Dienstleistungen im Bereich erneuer-bare Energien) befasste sich in den letzten Jahren intensiv mit diesen Dienstleistungen und ihrer Internationalisierung. Die Ergebnisse des Projekts zeigen, dass Dienstleistungen im Bereich er-neuerbare Energien einen nicht vernachlässigbaren Anteil an der Wertschöpfung haben und ein signifikantes Exportpotenzial aufweisen. In Bezug auf den Export wird häufig davon ausgegangen, dass die Dienstleistungen den Herstellern ins Ausland folgen, wenn sie als technologiebegleitende Services angeboten werden. Dies ist durchaus häufig der Fall, aber erneuerbare Energieanlagen weisen darüber hinaus eine besondere Eigenschaft auf, die sie von vielen anderen Gütern und Technologiebereichen unterscheidet: Bevor eine Anlage errichtet werden kann, sind bereits viele Dienstleistungen nötig, wie beispielsweise Standorterkundungen und Potenzialermittlungen, oder die oben erwähnten Planung, Projektierung und Finanzierung. Neben diesen anlagenbezogenen spielen weitere Dienstleistungen eine wichtige Rolle, wie zum Beispiel Bildung und Forschung, aber auch solche zur Errichtung von Produktionsanlagen oder produktionsbegleitende Services. Viele dieser Dienstleistungen haben ein eigenständiges Exportpotenzial, das von einigen Unter-nehmen bereits in Ansätzen erschlossen wird, jedoch noch höher ausfallen könnte. Trotz der durchaus relevanten ökonomische Bedeutung von Dienstleistungen – allgemein sowie bezogen auf den Export – kommen diese im Rahmen der wissenschaftlichen und politischen Debatte bisher kaum vor und es existieren praktisch keine Unterstützungsangebote, die die spezifischen Anforde-rungen der Dienstleister bei ihrem Gang ins Ausland adressieren.

Im Rahmen des Projekts EXPEED wurden fünf Länderfallstudien durchgeführt, die im Unterschied zu den bisher verfügbaren Länderinformationen die Exportpotenziale von Dienstleistungen und Dienstleistern besonders in den Blick nehmen. Ziel dieser Länderfallstudien war die Untersuchung der – nach EE-Sparten und Dienstleistungsarten differenzierten – Potenziale im jeweiligen Ziel-markt für Dienstleistungsunternehmen aus Deutschland. Die Auswahl der Länder erfolgte auf der Basis von Ergebnissen einer Breitenerhebung unter EE-Dienstleistern sowie einer literaturbasier-ten Analyse der Marktattraktivität und zentraler Rahmenbedingungen zahlreicher potentieller Ziel-länder. Aus den Ländern mit hoher Marktattraktivität wurden schließlich fünf ausgewählt, die sich bezüglich zentraler Marktbarrieren (abgeschätzt über die Faktoren allgemeines Länderrisiko, Ent-wicklungsstand sowie räumliche und kulturelle Distanz) möglichst stark unterscheiden: China, Frankreich, Marokko, Tschechien und die Türkei.

Die Ziellandstudien richten sich insbesondere an die Dienstleister in den verschiedenen Bereichen der erneuerbaren Energien, die auf internationalen Märkten tätig sind oder es werden wollen. Ihnen sollen die Studien eine Hilfestellung bieten bei der Auswahl geeigneter Zielländer sowie bei der Frage nach geeigneten Internationalisierungsstrategien für diese Märkte. Darüber hinaus stellen die Zielmarktanalysen als Fallbeispiele Beiträge zur Dienstleistungsforschung dar. Erstellt wurden die Studien maßgeblich von Studierenden im Rahmen von Abschlussarbeiten bzw. Praktika am In-stitut für ökologische Wirtschaftsforschung. Die Verantwortung für den Inhalt liegt daher bei den Autorinnen und Autoren. Für die Veröffentlichung wurden sie in einem einheitlichen Layout gestal-tet und teilweise leicht redaktionell bearbeitet. In die Zielmarktstudie Türkei flossen Anmerkungen von Susanne Thoring (forschlabor) ein, bei der wir uns an dieser Stelle herzlich bedanken wollen.

Bernd Hirschl, Julika Weiß

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Inhaltsverzeichnis

1 Einführung......................................... .................................................................. 10

1.1 Allgemeine Länderinformationen ......................................................................................................10 1.2 Wirtschaftspolitik und allgemeine Länderrisiken...............................................................................13

1.2.1 Politische Risiken...............................................................................................................13 1.2.2 Rechtliche Risiken .............................................................................................................14 1.2.3 Wirtschaftliche Risiken.......................................................................................................15

2 Der türkische Energiemarkt ......................... ...................................................... 18

2.1 Die globale Energiesituation .............................................................................................................18 2.2 Die Energiesituation in der Türkei.....................................................................................................19

2.2.1 Energieverbrauch und -zusammensetzung.......................................................................19 2.2.2 Energieimporte ..................................................................................................................21 2.2.3 Energieressourcen und -produktion ..................................................................................21 2.2.4 Verbrauchergruppen und Stromerzeugung.......................................................................23

2.3 Die Struktur des Energiemarktes ......................................................................................................26 2.3.1 Erste Liberalisierungsschritte im Energiemarkt .................................................................27 2.3.2 Entwicklung eines wettbewerbsfähigen Energiemarktes ..................................................29 2.3.3 Der Markt für Elektrizität und Stromnetze..........................................................................31

3 Exportbeziehungen zwischen Deutschland und der Türk ei ........................... 33

3.1 Bilaterale Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei........................................................33 3.1.1 Wirtschaftliche Beziehungen .............................................................................................33 3.1.2 Wirtschaftliche Zusammenarbeit .......................................................................................34 3.1.3 Kulturelle Beziehungen......................................................................................................34 3.1.4 Türkische Fördermaßnahmen für ausländische Investitionen...........................................35 3.1.5 Deutsche Exportmöglichkeiten für den türkischen Markt ..................................................35

3.2 Deutsche Exportmöglichkeiten im türkischen Energiesektor............................................................36 3.3 Der türkische Dienstleistungssektor..................................................................................................37 3.4 Protektionistische Handelshemmnisse im Dienstleistungssektor.....................................................38

3.4.1 Tarifäre Handelshemmnisse..............................................................................................38 3.4.2 Nicht-tarifäre Handelshemmnisse .....................................................................................38

4 Erneuerbare Energien in der Türkei ................. ................................................. 41

4.1 Erneuerbare Energiepolitik in der Türkei ..........................................................................................42 4.1.1 Staatliche Förderung für erneuerbare Energien................................................................42 4.1.2 Bilaterale Abkommen zur Förderung erneuerbarer Energien ...........................................45 4.1.3 Internationale Programme zur Förderung erneuerbarer Energien....................................45

4.2 Der Markt für erneuerbare Energien in der Türkei............................................................................47 4.2.1 Marktakteure und Rahmenbedingungen für erneuerbare Energien..................................47 4.2.2 Der Markt für erneuerbare Energien..................................................................................48 4.2.3 Direkte Solarenergie ..........................................................................................................51

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4.2.4 Windenergie .......................................................................................................................53 4.2.5 Geothermie ........................................................................................................................57 4.2.6 Biomasse ...........................................................................................................................60 4.2.7 Wasserkraft ........................................................................................................................62

5 Bewertung und Schlussfolgerung ..................... ................................................66

5.1 Informationssituation .........................................................................................................................66 5.1.1 Energiemarkt......................................................................................................................66 5.1.2 Erneuerbare Energiequellen ..............................................................................................66

5.2 Geographische Lage .........................................................................................................................67 5.2.1 Allgemein ...........................................................................................................................67 5.2.2 Erneuerbare Energiequellen ..............................................................................................67

5.3 Rechtliche und politische Situation ...................................................................................................68 5.3.1 Allgemein ...........................................................................................................................68 5.3.2 Energiemarkt......................................................................................................................70

5.4 Ökonomische Situation .....................................................................................................................71 5.4.1 Allgemein ...........................................................................................................................71 5.4.2 Energiemarkt......................................................................................................................72

5.5 Fazit...................................................................................................................................................75 5.5.1 Attraktivität für einzelne Dienstleistungsbereiche ..............................................................75 5.5.2 Hemmnisse ........................................................................................................................76

6 Literaturverzeichnis ............................... .............................................................82

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Abbildungsverzeichnis Abb. 1.1: Topographie Türkei.......................................................................................................10 Abb. 1.2: Türkei in Europa ...........................................................................................................11 Abb. 1.3: Inflationsrate in der Türkei ............................................................................................16 Abb. 2.1: Weltweite Entwicklung des Primärenergieverbrauchs von 1971 bis 2003...................18 Abb. 2.2: Anteile der Energieträger am Primärenergieverbrauch Türkei, 2005...........................19 Abb. 2.3: Entwicklung des Energieverbrauchs in der Türkei und Vergleich von

Energieproduktion und -importen von 1990 bis 2003 ..................................................22 Abb. 2.4: Energieverbrauch nach Sektoren und Energiequelle, Türkei 1973 und 2003 .............23 Abb. 2.5: Entwicklung der Stromerzeugung nach Energiequelle, Türkei von 1973 bis 2020......24 Abb. 2.6: Strompreise in OECD (OSZE) Ländern, 1999 .............................................................31 Abb. 3.1: Ausgaben Dienstleistungen in der Türkei von 2000 bis 2006 ......................................37 Abb. 4.1: Primärenergieverbrauch der erneuerbaren Energien (EE TPES) in der Türkei,

1971 bis 2003 (in Millionen TOE) .................................................................................49 Abb. 4.2: Windkarte Türkei...........................................................................................................55 Abb. 4.3: Flüsse und durchschnittliche Niederschlagsmengen pro Jahr, Türkei.........................62

Tabellenverzeichnis Tab. 1.1: Wirtschaftlicher Vergleich Deutschland und Türkei......................................................12 Tab. 2.1: Primärenergieverbrauch, Energieimporte und Produktion, Türkei 2005 ......................20 Tab. 2.2: Überblick von Privatisierungsprojekten im Bereich Energie in der Türkei....................28 Tab. 2.3: Staatsunternehmen im Energiesektor ..........................................................................29 Tab. 4.1: Vergleich von EE (Mengen und Anteile) ......................................................................48 Tab. 4.2: Entwicklung (nach MENR) und Potenziale erneuerbarer Energiequellen in der

Türkei (in MTOE) ..........................................................................................................50 Tab. 4.3: Regionale Verteilung des Sonnenenergiepotentials in der Türkei ...............................52 Tab. 4.4: Regionale Verteilung des Windenergiepotenzials in der Türkei...................................54 Tab. 4.5: Regionale Verteilung des geothermischen Energiepotenzials in der Türkei................57 Tab. 4.6: Für die Stromerzeugung geeignete Geothermalgebiete ..............................................58 Tab. 4.7: Wasserkraftprojekte in der Türkei, 2004.......................................................................63 Tab. 5.1: Allgemeine Faktoren zur Ländermarktbewertung ........................................................79 Tab. 5.2: Energiespezifische Faktoren zur Länderbewertung .....................................................80

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Abkürzungsverzeichnis AA Auswärtiges Amt AGA Auslandsgeschäftsabsicherung der Bundesrepublik Deutschland AKP Adalet ve Kalkinma Partisi (Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung) AWZ Außenwirtschaftszentrum Bayern Bfai Bundesagentur für Außenwirtschaft BIP Bruttoinlandsprodukt BMZ Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung BOO Build-Own-Operate BOT Build-Operate Transfer BOTAS Boru Hatlari Petrol Tasimaciligi A.S. (Turkish Pipeline Corporation) BPB Bundeszentrale für Politische Bildung BSREC Black Sea Regional Energy Centre BSW Bundesverband Solarwirtschaft e.V. CIA Central Intelligence Agency CDM Clean Development Meachnism DEG Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft Dena Deutsche Energie-Agentur GmbH DEWI Deutsche Windenergie-Institut DFI General Directorate of Foreign Investments DSI Devlet Su Isleri (Generaldirektion für Wasserwirtschaft) DTKR Deutsch-Türkischer Kooperationsrat EE Erneuerbare Energien EEG Erneuerbare Energien Gesetz EFTA European Free Trade Association EGKS Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl EIA Energy Information Administration EIC Euro Info Centre EIE Elektrik Isleri Etut Idaresi (Electric Power Resources Survey and Develop-

ment Administration) EMRA Enerji Piyasasi Düzenleme Kurumu (Energy Market Regulation Authority) EU Europäische Union EVU Energieversorgungsunternehmen FDI Foreign Direct Investment GAP Güneydoğu Anadolu Projesi (Südanatolien-Projekt) GE General Electric GENI Global Energy Network Institute GTZ Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit GUS Gemeinschaft unabhängiger Staaten IAP International Action Programme IEA International Energy Agency (Internationale Energie Agentur) ISERI Energy Systems & Environmental Research Institute IWF Internationaler Währungsfond JI Joint Implementation KfW Kreditanstalt für Wiederaufbau LNG Liquefied Natural Gas LPG Liquefied Natural Gas

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MENR Ministry of Energy and Natural Resources (Ministerium für Energie und Res-sourcen)

MTA General-Directorate of Mineral Research and Exploration NATO North Atlantic Treaty Organisation NGO Non-Governmental Organisation (Nichtregierungsorganisationen) OECD Organisation for Economic Co-operation and Development (Organisation für

Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, OSZE) PIGM Directorate-General for Petroleum Affairs PKK Partiya Karkeren Kurdistan (Arbeiterpartei Kurdistans) R&D Research and Development REC Regional Environmental Center SEE State Economic Enterprise TAEK Turkish Atomic Energy Authority TEAS Türkiye Elektrik Anonim Sirketi A.S. (Turkish Electricity Generation and

Transmission Corporation) TEDAS Türkiye Elektrik Dagitim A.S. (Turkish Electricity Distribution Corporation) TEIAS Turkish Electricity Transmission Corporation TEK Türkiye Elektrik Kurumu (Turkish Electricity Company) TEÜAS Turkish Electricity Production Corporation TETAS Turkish Electricity Trading and Contracting Corporation TJD Türkiye Jeotermal Dernegi TKB Türkische Entwicklungsbank TKI Türkiye Kömür Isletmeleri (Turkish Coal Enterprise) TMS Turkish State Meteorological Service (Türkisch: DMI, Devlet Meteoroloji Işleri

Genel Müdürlüğü) TOE Tons of oil equivalent (Tonnen Öläquivalente, Rohöleinheit) TOOR Transfer-of-Operating-Rights TPAO Türkiye Petrolleri Anonim Ortakligi (Turkish Petroleum Corporation) TPES Total Primary Energy Supply (Primärenergieverbrauch) TSE Türkische Normeninstitut (Türk Standartlari Enstitüsü) TSKB Türkische Industrieentwicklungsbank TTK Türkiye Taskömürü Kuirumu (Turkish Hard Coal Enterprise) TUPRAS Türkiye Petrol Rafinerileri Anonim Sirketi (Turkish Petroleum Refineries Cor-

poration) TÜSIAD Spitzenverband der türkischen Industrie UNFCCC United Nations Framework Convention on Climate Change UNO United Nations Organization (Organisation der Vereinten Nationen) WEA Windenergieanlagen WTO World Trade Organisation ZREU Zentrum für rationelle Energieanwendung und Umwelt GmbH

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1 Einführung

1.1 Allgemeine Länderinformationen1

Die Republik Türkei (Türkiye Cumhuriyeti) befindet sich sowohl auf dem europäischen als auch auf dem asiatischen Kontinent. Die Landesfläche umfasst 814.578 km², wovon 97 Prozent in Asien (Anatolien) und nur drei Prozent in Europa (Thrazien) liegen. Die zwei Kontinente sind nur durch den Bosporus und die Dardanellen voneinander getrennt. Die Pontic-Bergkette im Norden und die Taurus-Bergkette im Süden umschließen das zentrale Plateau Anatoliens und gehen dann in das riesige Gebirgsgebiet im Osten des Landes über. Hier entspringen die Flüsse Euphrat und Tigris. Die vier Meere - im Norden das Schwarze Meer, im Westen das Marmarameer und die Ägäis und im Süden das Mittelmeer - bilden 8.333 km Küstenlinie mit dem türkischen Festland. Die geogra-phische Lage sowie die topographischen Beschaffenheiten der Türkei werden in Abbildung 1 ver-deutlicht. Ein mediterranes Klima ist überwiegend in den Küstengegenden zu finden, wo kurze, milde und feuchte Winter sowie lange und heiße Sommer dominieren. Im Gegensatz dazu ist Zent-ralanatolien von trockenen und kalten Wintern geprägt. Die Niederschlagsmenge variiert stark - nur 250 mm im Südosten und bis zu 2.500 mm im Nordosten und in den Gebirgsebenen. Die Türkei befindet sich größtenteils auf dem anatolischen Block, welcher zwischen der Eurasischen Platte im

1 Länderinformationen, Quelle: Zusammenfassung aus (Auswärtiges Amt 2006b), (Botschaft der Republik der Türkei in

Berlin 2003), (CIA 2006) , (Europäische Kommission 2005b), (Kaygusuz 2000) und (Reiche 2003)

Abb. 1.1: Topographie Türkei Quelle: Wikimedia (2006).

Istanbul

Ankara

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Norden und der Arabischen und Afrikanischen Platte im Süden liegt. Die führt dazu, dass die Tür-kei eine seismisch sehr aktive und von Erdbeben geprägte Region ist.

Im Nordwesten grenzt die türkische Republik an Griechenland und Bulgarien, im Nordosten an Georgien, Armenien, Aserbaidschan (Exklave und autonome Republik Nachitschevan), im Osten an den Iran und im Süden an den Irak und Syrien. Damit stellt das Land einen zentralen Brücken-kopf zwischen der Region um das Kaspische Meer, dem Nahen und Mittleren Osten und Europa dar. Abbildung 1.2 zeigt die geographische Lage der Türkei in Europa und die ungefähre Entfer-nung zu Deutschland. Diese Angaben spielen besonders bei Exportbetrachtungen von kleinen und mittleren

Unternehmen (KMU) eine wichtige Rolle. Die Republik ist der Nachfolgestaat des Osmanischen Reiches und wurde 1923 von Kemal Mustafa Atatürk gegründet, der weitreichen politische, soziale, wirtschaftliche und kulturelle Reformen durchgeführt hat und damit das Land nach Europa ausge-richtet hat. Die Hauptstadt ist Ankara und liegt in Zentralanatolien. Die Finanz- und Wirtschaftszent-ren des Landes befindet sich jedoch im Westen, besonders in Izmir und Istanbul. Die Stadt am Bosporus ist mit über zwölf Millionen Einwohnern die größte der Türkei.

Mit einer Gesamtbevölkerung von 72 Millionen (2005) und einer jährlichen Wachstumsrate von 1,06 Prozent (2006) wird damit gerechnet, dass die Türkei in einigen Jahren Deutschland als popu-lationsreichstes Land Europas ablösen wird. Die Bevölkerungsdichte von geschätzten 83 Personen pro Quadratkilometer liegt dennoch weit unter der von Deutschland (230 Personen/km2), was überwiegend auf den dünn besiedelten Osten und Südosten der Türkei zurückzuführen ist. Die Türkei ist eine parlamentarische Demokratie und ein säkularer Staat, bei dem religiöse (islamische) Angelegenheiten von einem staatlichen Ministerium verwaltet und überwacht werden. Das Staats-oberhaupt der Türkei ist seit 2000 Staatspräsident Ahmet Necdet Sezer. Die Regierung wird seit 2003 von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan von der Partei AKP geführt. Die Türkei ist Mit-glied zahlreicher internationaler Organisationen wie den Vereinten Nationen (1945), der NATO (1952), dem Europarat (1949) oder der OECD (1948). Im Jahre 1963 wurde ein Assoziierungs-

Abb. 1.2: Türkei in Europa Quelle: Axthelm Zufall (2006)

1.700 km

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Abkommen (Abkommen von Ankara) mit der Europäischen Gemeinschaft unterzeichnet. Im Jahre 1996 wurde zum ersten Mal die Zollunion zwischen der Europäischen Union (EU) und einem Nicht-EU-Mitglied, der Türkei, eingeführt. Drei Jahre später erhielt die Türkei bei dem Treffen des Euro-parates in Helsinki offiziell den Status als Beitrittskandidaten zuerkannt und seit dem 3.Oktober 2005 sind mit der Türkei offiziell Verhandlungen über den EU-Beitritt aufgenommen worden (Europäische Kommission 2005b). Generell wird aber davon ausgegangen, dass ein Beitritt weite-re zehn bis fünfzehn Jahre dauern wird. Wirtschaftlich gesehen ist die Türkei durch den gemein-samen Binnenmarkt mit der EU fest in dem europäischen System verankert.

In den 1980er Jahren hat die Türkei ein marktorientiertes Entwicklungsprogramm eingeführt. Die Reformen öffneten die türkische Wirtschaft für internationale Märkte. Außerdem sollte der staatli-che Einfluss vermindert sowie Subventionen und Preiskontrollen abgebaut werden. Ein Privatisie-rungsprogramm wurde 1985 verabschiedet. Die Markreformen hatten einen maßgeblichen Anteil daran, dass sich die Türkei von einem überwiegend Import abhängigen und landwirtschaftlich ge-prägten Land in ein Export, Industrie und Dienstleistung orientiertes Transformationsland entwickelt hat (IEA 2001). Jedoch befinden sich immer noch viele strategisch wichtige Unternehmen unter staatlicher Kontrolle. Obwohl der Industrie- und Dienstleistungssektor ausgebaut werden konnte, waren 2001 immer noch 40 Prozent der aktiven Bevölkerung in der Landwirtschaft beschäftigt und der Anteil der Landwirtschaft am Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist mit der höchste in Europa.

Tab. 1.1 zieht einen wirtschaftlichen Vergleich zwischen Deutschland und der Türkei. Demnach ist das BIP Deutschlands mit 2.504 Milliarden US Dollar über viermal so groß wie das der Türkei. In den späten 1990er Jahren erlebte die gesamte türkische Wirtschaft und damit auch das Land eine verheerende Finanz- und Währungskrise. Die Inflationsrate betrug im Jahre 1994 zwischenzeitlich bis zu 110% und hohe Arbeitslosenzahlen und Staatsschulden waren die Folge (IEA 2001). Die wirtschaftliche Stabilität ist nicht nur der Privatisierung vieler staatlicher Unternehmen zu verdan-ken, sondern auch dem Eingreifen des Internationalen Währungsfonds (IWF). Im Zuge eines Stabi-lisierungsprogramms von über 18 Mrd. US Dollar, welches vom IWF initiiert wurde, konnten die ökonomischen Probleme einigermaßen bekämpft werden. Betrachtet man das jährliche Wirt-schaftswachstum im Jahre 2005, so ist erkennbar, dass der Wert über deutschem und europäi-schem Durchschnitt liegt. Zudem konnte die Inflationsrate auf ein stabiles Niveau gesenkt werden. Schwierigkeiten bestehen weiterhin in vielen Bereichen wie dem stagnierenden Privatisierungspro-zess, dem uneffizienten Staatsapparat, der Schwarzarbeit oder den großen Einkommensunter-schieden (besonders zwischen Stadt- und Landbevölkerung) in der Türkei (EIA 2005).

Tab. 1.1: Wirtschaftlicher Vergleich Deutschland un d Türkei Quelle: eigene Darstellung nach CIA (2006)

Deutschland Türkei

Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2.504.000.000.000 US Dollar 572.000.000.000 US Dollar

BIP pro Kopf 30.400 US Dollar 8.200 US Dollar

BIP Wachstum 0,9 % 5,6 %

BIP nach Sektoren

Landwirtschaft 0,9 % 11,7 %

Industrie 29,6 % 29,8 %

Dienstleistungen 69,5 % 58,5 %

Inflationsrate 2,0 % 8,2 %

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In Bezug auf den Energiesektor spielen in der Türkei nicht nur die verschiedenen topographischen und klimatischen Beschaffenheiten eine Rolle, sondern auch die heimischen Ressourcenvorkom-men. Wirtschaftliche und politische Rahmenbedingungen werden beispielsweise auch durch den weiteren Verlauf der Beitrittsverhandlungen mit der Europäischen Union oder die besondere geo-politische Stellung in der Region beeinflusst.

1.2 Wirtschaftspolitik und allgemeine Länderrisiken

1.2.1 Politische Risiken

Die Türkei hat in den vergangenen Jahren zahlreiche Reformanstrengungen unternommen. Die EU-Beitrittsverhandlungen spielen dabei eine außerordentlich wichtige Rolle, da sich die Türkei verpflichtet sieht, die politischen Kriterien von Kopenhagen zu erfüllen, um einen EU-Beitritt zu er-möglichen. Im Jahre 2004 hat die Europäische Kommission eine Empfehlung zu den Fortschritten der Türkei auf dem Weg zum Beitritt herausgegeben. Dort heißt es, dass „in der Türkei vor allem seit den Wahlen von 2002 eine erhebliche Annäherung des rechtlichen und institutionellen Rah-mens an europäische Standards“ (Europäische Kommission 2004) zu verzeichnen ist. Das deutet darauf hin, dass es im Allgemeinen keine schwerwiegenden politischen Risiken gibt, die eine un-ternehmerische Tätigkeit beeinträchtigen oder verhindern. Des Weiteren wird geschrieben, dass sich die „Beziehungen zwischen Zivilregierung und Militär … zunehmend im Sinne europäischer Normen“ entwickeln und „wichtige Änderungen des Justizwesens“ vorgenommen wurden. Außer-dem ist eine „Reform der öffentlichen Verwaltung“ im Gange und die Türkei hat sich „weitgehend den einschlägigen internationalen Übereinkommen und gerichtlichen Entscheidungen angepasst“ (Europäische Kommission 2004). Das Militär hat traditionell eine starke Stellung im türkischen Staat, vertreten durch den Nationalen Sicherheitsrat (NSR), und ein hohes Ansehen in der Bevöl-kerung. Es versteht sich als Beschützer der Demokratie sowie als Hüter des Laizismus und Kema-lismus2. Seit Bestehen der türkischen Republik (1923) wurde die Regierung dreimal gestürzt, um nach einer Übergangsphase die Staatsgewalt wieder an eine neue Regierung zu übergeben. Der dritte Staatsstreich 1980 wurde von NATO und den USA unterstützt. Reformen bezüglich des NSR wurden in den letzten Jahren eingeleitet und zielen darauf hinaus, die zivile Kontrolle über das Mili-tär an die Praxis der EU-Mitgliedstaaten anzupassen. Seit Oktober 2004 hat auch erstmals ein Zivi-list den Vorsitz des NSR übernommen. Die Streitkräfte üben aber immer noch erheblichen politi-schen Einfluss aus wie zum Beispiel öffentliche Reden und Verlautbarungen von hochrangigen Angehörigen des NSR und Militärs gegenüber den Medien über innen- und außenpolitische Ange-legenheiten (Europäische Kommission 2005c).

Ein ernstes Problem stellt die Korruption dar. Dies wurde auch im Fortschrittsbericht 2005 Türkei der Europäischen Kommission ermahnt. Das neue Strafgesetzbuch sieht eine strengere Bestra-fung von Korruptionsverbrechen vor, auch wurde die Verjährungsfrist für solche Straftaten verlän-gert. Zudem wurde das Konzept der Haftbarkeit juristischer Personen bei Korruptionsfällen einge-führt und es wurden Bestimmungen zur Korruption im öffentlichen Auftragswesen aufgenommen

2 Der Staatsgründer und der erste Präsident der Republik Türkei war Mustafa Kemal (Ehrentitel Atatürk). Die von ihm

durchgesetzten Reformen und Veränderungen stellten einen Umbruch des politischen und gesellschaftlichen Systems dar. Aus dem Kalifatsstaat wurde ein laizistischer Nationalstaat, mit einer neuen Staatsform und einem neuen Rechtssystem. Diese Umstrukturierung und politische Richtung wird seitdem Kemalismus genannt.

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(Europäische Kommission 2005c). Zur Korruptionsbekämpfung hat die Türkei das Zivil- und das Strafrechtsübereinkommen des Europarates über die Bekämpfung der Bestechung sowie das OECD-Übereinkommen über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger ratifiziert (Europäische Kommission 2005c). Nach wie vor bleibt aber Korruption ein ernstes Problem in der Türkei.

Sicherheitspolitisch gesehen stehen besonders die Zypernfrage und der Konflikt zwischen den Kurden und der türkischen Regierung im Vordergrund. Die Öffnung der See- und Flughäfen für die Republik Zypern (griechisch-zypriotischer Teil der Insel, welcher offiziell nicht von der Türkei aner-kannt wird) und damit die Ausweitung der Zollunion (die bereits zwischen der Türkei und der EU-15 seit 1996 besteht) auf die zehn Länder der EU-Erweiterung von 2004 wird als Grundvorausset-zung für eine Mitgliedschaft der Türkei in der EU gesehen. Dies würde aber indirekt bedeuten, dass die türkische Regierung die Souveränität der Republik Zypern anerkennt. Nachdem die Euro-päische Kommission damit gedroht hat, die Erweiterungsgespräche mit der Türkei auszusetzen, ist im Dezember 2006 wieder Bewegung in den festgefahrenen Prozess gekommen (nachdem Ver-mittlungsversuche der UNO einige Jahre vorher gescheitert waren) (EurActiv 2006). Das Streben der kurdischen Bevölkerungsteile nach Anerkennung ihrer kulturellen Eigenständigkeit sowie nach territorialer Autonomie betrifft nicht nur den Südosten der Türkei, sondern auch den Norden des Iraks sowie Teile von Syrien und Iran. In der Türkei wohnen ungefähr 15 Millionen Türken kurdi-scher Abstammung. Nachdem Ende der 1990er Jahre von der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) ei-ne einseitige Waffenruhe ausgerufen worden war, haben seit 2004 und besonders 2006 die be-waffneten Konflikte zwischen der türkischen Armee und der PKK wieder zugenommen. Anschläge in touristischen Gegenden und in Großstädten wie Istanbul bringen den Konflikt in Gegenden, wo wirtschaftliche Strukturen ausgebaut und vorhanden sind und somit auch westliche Investoren be-troffen sind. Trotz des zunehmenden Konsenses darüber, dass die wirtschaftliche, kulturelle und soziale Entwicklung des Südostens gefördert werden muss (zum Beispiel das Südanatolien-Projekt GAP), wurden nur wenig konkrete Fortschritte erzielt, und die Sicherheitslage hat sich seit dem Wiederaufflammen der Gewalt seitens der PKK verschlechtert (Europäische Kommission 2005c). Der Konflikt bleibt weiterhin ungelöst. Ebenso von historischer Bedeutung ist die Annäherung der Türkei zum Nachbarland Griechenland. Die Beziehungen haben sich in den letzten Jahren positiv entwickelt und es wurden neue Schritte eingeleitet, um die Spannungen zwischen beiden Ländern abzubauen. In den Bereichen Militär und Justiz wurden mehrere Kooperationen gestartet. Diese Entwicklung wirkt sich auch positiv auf die Beitrittsgespräche zwischen der Türkei und der EU aus.

1.2.2 Rechtliche Risiken

Gemäß dem Jahresbericht 2005 der Europäischen Kommission wurde das Justizwesen durch ver-schiedene Strukturreformen weiter gestärkt. Als wichtiger Fortschritt wird in dem Bericht genannt, dass am 1. Juni 2005 das Strafgesetzbuch, die Strafprozessordnung, das Gesetz über die Voll-streckung von Urteilen und das Gesetz über die Einrichtung regionaler Berufungsgerichte in Kraft getreten sind. Im Großen und Ganzen übernimmt das Gesetzbuch moderne europäische Stan-dards nach dem Vorbild des Strafrechts zahlreicher europäischer Länder (Europäische Kommissi-on 2005c). Die Bundesagentur für Außenwirtschaft (bfai) fasst unter anderem das Investitionsrecht zusammen. Danach heißt es, dass Ausländer (türkischen) Inländern seit 2003 investitionsrechtlich gleichgestellt sind. Es existieren keine inländischen Mindestbeteiligungen an türkischen Gesell-schaften mehr. In Folge dessen bedarf es auch keiner gesonderten Investitionsgenehmigung mehr für Ausländer, die erhöhten Mindestkapitalanforderungen sind ebenfalls entfallen (BFAI 2006a). Seit 1965 gilt ein Investitionsschutzabkommen, welches ausländische Kapitalanlagen gegen Ent-eignung, Verstaatlichung und enteignungsgleiche Eingriffe schützen soll. Darüber hinaus erleich-

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tert es das Einholen von Genehmigungen und garantiert die Gleichbehandlung von in- und auslän-dischen Investoren (IHK zu Köln 2006).

Im Jahre 1995 hat die Türkei den gesamten Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes durch den Erlass mehrerer Gesetze (unter anderem Patent- und Markengesetz) neu geregelt, um eine Har-monisierung mit den Gesetzen in den EU-Staaten zu schaffen. Des Weiteren wird über die Rechts-verfolgung ausländischer Urteile in der Türkei geschrieben. „Die Vollstreckung eines ausländischen Urteils bedarf zunächst eines inländischen Vollstreckungsurteils. Dieses ergeht nur, wenn das aus-ländische Urteil auf dem Gebiet des Zivilrechts ergangen sowie im Urteilsstaat bereits rechtskräftig ist und nicht gegen zwingendes inländisches Recht verstößt. Darüber hinaus muss die Gegensei-tigkeit verbürgt sein (im Verhältnis zu Deutschland unproblematisch) und der Verfahrensgegens-tand darf nicht unter die ausschließliche Zuständigkeit eines türkischen Gerichts fallen“ (BFAI 2006a). Gemäß der neuen Strafprozessordnung haben Angeklagte und Zeugen, die des Türki-schen nicht mächtig sind, Anspruch auf einen kostenlosen Dolmetscher. Als bedenklich ist in die-sem Zusammenhang jedoch zu werten, dass es derzeit keine ausgebildeten gerichtlich vereidigten Dolmetscher gibt, die sowohl des Türkischen als auch der anderen in der Türkei gesprochen Spra-chen mächtig sind, was ein korrektes Verfahren in Frage stellen könnte (Europäische Kommission 2005c).

1.2.3 Wirtschaftliche Risiken

Wie schon erwähnt wurde, haben die Wirtschaftsbeziehungen seit der Zollunion zwischen der EU und Türkei einen neuen institutionellen Rahmen bekommen. Deutschland ist seit langem der wich-tigste Handelspartner der Türkei, wobei der Export von Deutschland in die Türkei den Import über-trifft. Wirtschaftliche Einschränkungen bzw. Risiken bestehen jedoch noch in einigen Bereichen. Komplizierte und langwierige administrative Vorgänge von türkischen Behörden erschweren Inves-titionen und unternehmerische Tätigkeiten. Durch die Zollunion fand aber bereits eine Vereinfa-chung und Harmonisierung des Handels zwischen den Mitgliedsstaaten statt und technische Er-schwernisse wurden im Binnenmarkt reduziert (Euro Info Centre Magdeburg 2006). Das nur lang-sam steigende Bildungsniveau mit erheblichen geschlechterspezifischen und qualitativen Unter-schieden wird ebenso im Fortschrittsbericht 2005 Türkei der Europäischen Kommission genannt (Europäische Kommission 2005c). Dies könnte sich längerfristig negativ auf Investitionen auswir-ken, da nicht ausreichend qualifiziertes Personal vorhanden sein kann. Die strikte Austeritätspolitik der türkischen Regierung im Rahmen des durch den IWF überwachten Anpassungsprogramms wurde durch allmählich wachsendes Vertrauen in- und ausländischer Investoren belohnt und ein wirtschaftlicher Aufschwung ist zu erkennen. Dieser basiert unter anderem auf anhaltendes Wachstum, den Exportboom, einem fortgesetzten Inflationsabbau und einem erleichterten Aus-landsschuldendienst (IWF-Streckung der Rückzahlungstermine). Die türkische Wirtschaft gewinnt zunehmend an Stabilität. Als Folge globaler Turbulenzen im Jahre 2001 wurden die türkischen Fi-nanz- und Wirtschaftsmärkte kurzfristig irritiert, die Türkische Lira verlor gegenüber dem Euro rund 25% an Wert, kurzfristige Zinserhöhungen wurden durchgeführt und es bestanden Befürchtungen über eine längerfristige inflationäre Entwicklung. Diese konnte jedoch durch die gelassene Politik der Zentralbank und diverse Maßnahmen in Absprache mit dem IWF abgewendet werden. Den-noch können mittelfristige negative Auswirkungen nicht ausgeschlossen werden, da bereits das Er-reichen des Inflationsziels für 2006 und 2007 unwahrscheinlich erscheint (Auswärtiges Amt 2006c).

Bei näherer Betrachtung der Fiskalpolitik des Landes ist erkennbar, dass die Türkei zu einem be-achtlichen Teil von externen Finanzhilfen abhängt, was besonders auf die Finanz- und Währungs-

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krise 2001 zurückzuführen ist. Der Anstieg der ausländischen Direktinvestitionen ist überwiegend Kapital zu verdanken, welches schnell wieder aus dem Land abgezogen werden kann. Zudem hängt die Stabilität der Fiskalpolitik von möglichen politischen Regierungswechseln oder auch dem Fortschritt der Beitrittsverhandlungen zur Europäischen Union ab. Im Allgemeinen hat sich aber die Situation nach 2001 verbessert und eine strenge Fiskal- und Geldpolitik sowie eine Umstrukturie-rung des Bankensektors tragen zur Stabilisierung des Landes bei (Handelsrating 2006). Dies wird auch anhand der Entwicklung der Inflationsrate in der Türkei deutlich (siehe Abbildung 3). Zwi-schen 1971 und 2002 betrug die mittlere Inflationsrate noch über 40 Prozent. Nach der Finanzkrise 2001 konnte sie aber fortwährend gesenkt werden. Die Zentralbank der Türkei gibt die Inflationsra-te mit 9% bis 10% für Ende 2006 an. Damit liegt der Wert höher als die Regierung angestrebt hat (Abb. 1.3), aber dennoch relativ stabil. Anfang des Jahre 2005 wurde die Neue Türkische Lira (TRY, Yeni Türk Lirasi) eingeführt. Obwohl die Umstellung nicht mit einer Auf- oder Abwertung ge-genüber anderen Währungen verbunden war, stabilisierte sich der Wert der neue Währung gegen-über dem US-Dollar und Euro.

Eine enge Kooperation mit Ländern aus der Europäischen Union ist zusätzlich durch die gemein-same Zollunion, die seit 1996 zwischen der EU und Türkei besteht, gewährleistet. Zur Stärkung privatwirtschaftlicher Initiativen in der Türkei wurde ein Gesetz zur Förderung von ausländischen Direktinvestitionen (Foreign Direct Investment, FDI) 2003 verabschiedet.

Die Verkehrsinfrastruktur in der Türkei ist besonders in den Ballungszentren im Westen der Türkei und in und um Ankara gut ausgebaut. Der inländische Gütertransport und Personenverkehr erfolgt fast ausschließlich auf der Straße. Der Güterverkehr mit dem Ausland findet meist auf dem Was-serweg und der Personenverkehr über den Luftweg statt. Das Schienennetz ist kaum ausgebaut. Die Türkei ist bemüht, für Investoren bestmögliche Infrastruktur zu Verfügung zu stellen und inves-tiert daher große Summen in deren Ausbau und Entwicklung. Die zeigt sich unter anderem daran, dass im Jahre 2000 über 27% aller Investitionen in der Türkei im Verkehrs- und Kommunikations-sektor getätigt wurden. Auf dem Kommunikationssektor hatte der türkische Staat lange das Mono-

Inflationsrate Türkei von 2003 bis 2007

25,2

8,6 8,2

4,46,5

0

5

10

15

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25

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2003 2004 2005 2006 2007

Jahre

Pro

zen

t

Inflationsrate Jahresdurchschnitt

Abb. 1.3: Inflationsrate in der Türkei Quelle: eigene Darstellung nach FAZ Online (2006)

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pol, welches aber auch aufgegeben wurde und private Anbieter bringen Wettbewerb und neue Technologien in diesen Bereich. Es kann also gesagt werden, dass sowohl Verkehrs- als auch Kommunikationssektor ausgebaut sind und größtenteils mit europäischen Standards mithalten können.

Abschließend lässt sich festhalten, dass die politischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Risiken in der Türkei größtenteils erkannt und im Zuge der Harmonisierung mit europäischen Standards re-formiert wurden und werden. Dies trifft aber nicht für alle Bereiche und in gleichem Umfang zu. Si-cherheitsrisiken im Südosten des Landes, Korruption besonders in öffentlichen Behörden und in der Verwaltung, hoher Bürokratieaufwand sowie eine erst kürzlich stabilisierte Wirtschaft und Infla-tionsrate bergen immer noch ein Risiko für ausländische Investoren. Allerdings versucht die türki-sche Regierung durch Reformen wie mit dem Gesetz zur Förderung ausländischer Investitionen die Ansiedlung von Unternehmen aus anderen Ländern zu beschleunigen beziehungsweise positiv zu beeinflussen. Eine weitere Harmonisierung mit dem EU-Recht wird Rechtssicherheit und politi-sche sowie wirtschaftliche Stabilität nach sich ziehen. Ein negativer Ausgang beziehungsweise ei-ne vorübergehende Einstellung der Verhandlungen mit der Europäischen Union (beispielsweise durch fehlende Einigung in der Zypern-Frage) könnte sich aber als großes Hemmnis für weitere Reformen im Land sowie Investitionssicherheit herausstellen.

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2 Der türkische Energiemarkt

2.1 Die globale Energiesituation

Es gilt als sicher, dass der weltweite Energiebedarf auch in Zukunft steigen wird. Die in Abb. 2.1 gezeigte Entwicklung des Primärenergieverbrauches von 1971 bis 2003 verdeutlicht genau dieses Szenario. Dabei ist Erdöl (35,3%) der wichtigste Energieträger weltweit, gefolgt von Steinkohle und Braunkohle (zusammen 24,1%) und Erdgas (20,9%). Mit knapp 13% tragen die erneuerbaren Energien zur weltweiten Energieversorgung bei (IEA 2006f). Für den zukünftigen Energieverbrauch wird Erdgas als Primärenergieträger eine immer wichtigere Rolle spielen, aber auch Erdöl ist be-sonders für den Transportsektor kaum substituierbar, da Alternativen wie zum Beispiel biogene Kraftstoffe nicht ausreichend zur Verfügung stehen.

Ein weiterer Faktor, der die Energieversorgung beeinflusst, ist die regionale Verteilung und Intensi-tät des Energieverbrauchs weltweit. Es kann generell festgehalten werden, dass die größten Verbraucher in Nordamerika (23,4%), Asien mit Ozeanien (29%) und Westeuropa (17%) zu finden sind. Die größten Erdöl- und Gasreserven befinden sich aber im Nahen und Mittleren Osten, in der Region um das Kaspische Meer sowie in Russland. Daraus ergibt sich eine Situation, die beson-ders für die Türkei als Brückenkopf zwischen den Energie produzierenden Regionen des Nahen Ostens und Kaspischen Meers sowie den Energiekonsumenten in Westeuropa von geopolitischer Bedeutung ist.

Abb. 2.1: Weltweite Entwicklung des Primärenergieve rbrauchs von 1971 bis 2003 Quelle: IEA (2006f).

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2.2 Die Energiesituation in der Türkei

Der Primärenergieverbrauch (TPES) der Türkei lag im Jahre 2005 bei etwa 85 Millionen Tonnen Öläquivalenten (MTOE). Im Vergleich zu anderen Ländern der OECD (OSZE) liegt die Türkei mit einem Energieverbrauch von 1,19 TOE pro Kopf weit unter dem Durchschnitt, welcher 1998 bei 5,10 lag (IEA 2001). Betrachtet man aber die Zuwachsraten der letzten Jahrzehnte, so ergibt sich ein anderes Bild. Der Energieverbrauch hat innerhalb von 13 Jahren um mehr als 50% zugenom-men. So betrug der Primärenergieverbrauch der Türkei im Jahre 1990 nur 53 MTOE und im Jahre 2005 schon 85 MTOE (IEA 2008, 2005).

2.2.1 Energieverbrauch und -zusammensetzung

Die Primärenergiequellen der Türkei umfassen Steinkohle und Braunkohle, Erdöl und Erdgas, Wasserkraft, Solar- und Windenergie, Geothermie und Biomasse. Gemessen am Energie-

verbrauch, basiert die Energieversorgung der Türkei auf einer Vielfalt von Energieträgern. Abb. 2.2 zeigt die Anteile der einzelnen Energieträger am Verbrauch im Jahre 2005. Den größten Anteil nimmt Erdöl mit 35% (29,9 MTOE) ein, gefolgt von Erdgas mit 26,7% (22,8 MTOE) und Braunkohle und Steinkohle mit 26,3% (22,5 MTOE). Die meistgenutzte erneuerbare Energiequelle ist mit 6,3% (5,4 MTOE) am TPES die Biomasse (inklusive Verbrennung von Abfallstoffen). Obwohl die Was-serkraft nur mit 4,% zum gesamten Energiebedarf der Türkei beiträgt, ist sie doch zu etwa 20% an der gesamten Stromerzeugung beteiligt (vergleiche Abb. 2.5). Geothermie sowie die neuen erneu-erbaren Energien spielen nur eine untergeordnete Rolle im gesamten Energieverbrauch.

Die Energiezusammensetzung in der Türkei und deren Entwicklung ist anhand Abb. 2.2 und Tab. 2.1 vergleichbar. Insgesamt ist der Energieverbrauch der Türkei innerhalb weniger Jahre von 70,1

Abb. 2.2: Anteile der Energieträger am Primärener-gieverbrauch Türkei, 2005 Quelle: eigene Darstellung nach IEA (2008)

Erdöl und Erdölerzeugnisse; 35,0%

Kohle; 26,3%

Wasserkraft; 4,0%

Erdgas; 26,7%

Geothermie, Solarenergie u.a.; 1,6%Biomasse

und Abfall; 6,3%

85 MTOE

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MTOE (2000) auf 85 MTOE (2005) gestiegen. Erdöl war im Jahre 2000 (41,9%) und 2005 (35%) der meistgenutzte Energieträger in der Türkei (obwohl überwiegend importiert), gefolgt von Kohle und Erdgas. Während Erdöl, Kohle, Biomasse und Abfall sowie Wasserkraft im Vergleich zu 2000 prozentual gesehen an Bedeutung verloren haben, konnte Erdgas seinen Anteil von 10,5 MTOE oder 15,1% (2000) auf 22,8 MTOE oder 26,7% (2005) vergrößern. Dies lässt unter anderem auf eine verstärkte staatliche Konzentration auf Erdgas sowie auf umfangreiche Lieferverträge mit Ex-portländern (Russland, Aserbaidschan) schließen. Außerdem konnte der Anteil der neuen erneu-erbaren Energien wie Geothermie, Solar- und Windenergie vergrößert werden. Bei diesen Ener-giequellen erhöhte sich der Anteil von 0,31 MTOE oder 0,5% (2000) auf 1,4 MTOE oder 1,6% (2005). Jedoch konnte diese positive Entwicklung bei Geothermie, Solar- und Windenergie nicht verhindern, dass der Anteil der erneuerbaren Energien insgesamt von 10,14 MTOE oder 13,1% (2000) auf 10,2 MTOE oder 11,9% (2005) gesunken ist (überwiegend durch die sinkende Nachfra-ge von Biomasse) (Europäische Kommission 2005a).

Tab. 2.1: Primärenergieverbrauch, Energieimporte un d Produktion, Türkei 2005 Quelle: eigene Darstellung nach IEA (2008)

Energiequellen Produktion (in MTOE)

Anteil an Produk-tion (in %)

Importe (in MTOE)

Anteil an Importen (in %)

Verbrauch (in MTOE)

Anteil am Verbrauch (in %)

Kohle 10,48 44,40 11,72 17,37 22,47 26,34

Erdöl 2,23 9,45 23,22 34,41 25,61 30,02

Erdölerzeugnisse - - 10,42 15,44 4,29 5,03

Erdgas 0,74 3,13 22,13 32,79 22,79 26,71

Biomasse und Abfall 5,36 22,69 - - 5,36 6,28

Atomenergie - - - - - -

Wasserkraft 3,40 14,41 - - 3,40 3,99

Geothermie, Solarenergie u.a. 1,40 5,92 - - 1,40 1,64

Summe 23,61 100,00 67,49 100,00 85,31 100,00

Für die Zukunft wird mit einem rasanten Wachstum des Primärenergieverbrauchs in der Türkei ge-rechnet. Schätzungen aus dem Jahre 2000 gehen für das Jahr 2010 von einem Energieverbrauch von 160 MTOE und für 2020 sogar von 298 MTOE aus (IEA 2001). Die Projektionen des World Energy Council - Turkish National Committee sehen diese Entwicklung ähnlich. Es wird ein Anstieg des Primärenergieverbrauchs auf 167 MTOE bis 2010 und 307 MTOE bis 2020 erwartet (Oğulata 2003). Es kommt aber auch vor, dass Angaben über den zukünftigen Primärenergieverbrauchs der Türkei je nach Quelle abweichen. So bezieht sich Kaygusuz (Kaygusuz 2006) auf das nationale Ministerium für Energie und Ressourcen (MENR). Dort wird der Energieverbrauch für 2010 auf 131 MTOE beziehungsweise für 2020 auf 250 MTOE geschätzt. Trotz dieser Schwankungen ist deut-

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lich erkennbar, dass die Nachfrage stetig steigt und dass Lösungsansätze für eine sichere Ener-gieversorgung gefunden werden müssen. Vergleicht man diese Werte mit dem Bevölkerungs-wachstum, so ergibt sich ein Pro-Kopf-Energieverbrauch von 3,65 TOE für das Jahr 2020. Dieser Wert würde demnach immer noch unter dem Durchschnitt der OECD (OSZE) von 1998 liegen, welcher damals pro Kopf 5,10 TOE betrug (IEA 2001).

2.2.2 Energieimporte

Betrachtet man den Energieverbrauch unter dem Aspekt der Energieimporte, so ist deutlich zu er-kennen, dass ein Großteil des Erdöls und Erdgas importiert werden muss. Tabelle 2 zeigt, dass Erdöl- und Erdgasimporte jeweils über 30% der gesamten Energieimporte der Türkei ausmachen. Unter Berücksichtigung der Erdölerzeugnisse steigt der Anteil bei Erdöl auf über 50%. Anschlie-ßend folgt Steinkohle (Braunkohle stammt fast ausschließlich aus heimischer Produktion). Die Im-portabhängigkeit kann man in wenigen Zahlen wiedergeben. Verglichen zum jeweiligen Energie-verbrauch muss Erdöl zu 91% importiert werden, Erdgas sogar zu 97% und Kohle zu 52% (wovon der größte Teil Steinkohle ist) (Reiche 2003). Vergleicht man nun den Anteil der Energieimporte am gesamten Energieverbrauch, so ist eine Importquote von über 79% für das Jahr 2005 erkenn-bar.

Steinkohleimporte kommen überwiegend aus Australien, Russland und Südafrika. Erdöl wird aus Saudi-Arabien, Iran und Irak importiert oder per Tanker aus Libyen eingeführt. Seit 2006 führt die BTC-Pipeline (Baku-Tiflis-Ceyhan) von Aserbaidschan über Georgien in die Türkei. Dieses Projekt (eventuell östliche Verlängerung bis nach Turkmenistan) wurde nicht nur von den betroffenen Län-dern finanziert, sondern es waren auch amerikanische und europäische Firmen maßgeblich daran beteiligt (IEA 2001). Über 70% der türkischen Erdgasimporte kamen im Jahre 2000 noch aus Russland über die so genannte Trans-Balkan-Pipeline (Russland, Ukraine, Moldawien, Rumänien, Bulgarien, Türkei). LNG-Terminals (Liquefied Natural Gas) am Marmarameer und bald auch an der Ägäis werden von Erdgaslieferanten aus Algerien und Nigeria angefahren. In den letzten Jahren hat sich dieses Verhältnis etwas verändert und weitere Erdgaslieferanten kamen hinzu. 2001 wur-de eine Gasleitung zwischen dem Iran und der Türkei in Betrieb genommen und im Jahre 2003 nahm die Blue-Stream-Pipeline unter dem Schwarzen Meer ihre Arbeit auf (IEA 2001). Dadurch konnte die Gasabhängigkeit von Russland etwas verringert werden.

Da es aufgrund des steigenden Energieverbrauchs der Türkei nicht gelungen ist, die Energieimpor-te zu verringern, hat die türkische Regierung besonders in den letzten zehn Jahren versucht, die Energieimporte zu diversifizieren. Dies ist an Projekten wie der BTC-Pipeline, die noch um eine Gasleitung erweitert werden soll, oder auch an Verhandlungen mit Ländern wie Syrien, Ägypten, Turkmenistan oder den Vereinigten Arabischen Emiraten über Erdöl- und Erdgasimporte erkenn-bar. Eine weitere Strategie, die die Türkei verfolgt, um ihren Energiebedarf zu decken, ist die För-derung von heimischen Energieressourcen. Dies betrifft überwiegend Subventionen für den Stein-kohleabbau (220 US Dollar pro Tonne Steinkohle im Jahre 2000) aber auch die Förderung von er-neuerbare Energien (IEA 2001).

2.2.3 Energieressourcen und -produktion

Der Energieverbrauch der Türkei hat sich von 1990 (53 MTOE) bis 2005 (85 MTOE) um über 50% erhöht. Die Energieimporte haben sich im gleichen Zeitraum von 28 MTOE auf 67 MTOE mehr als verdoppelt (IEA 2005, 2008). Vergleicht man diese Werte mit der Energieproduktion so ist ein deut-licher Unterschied erkennbar. Relativ zum gesamten Energieverbrauch gesehen, hat sich der An-

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teil der eigenen Produktion am Energieverbrauch von fast 50% im Jahr 1990 auf knapp 28% im Jahr 2005 verringert. Der absolute Wert von 24 MTOE liegt sogar unter dem von 1990 (25 MTOE), obwohl der Energieverbrauch insgesamt zugenommen hat (Europäische Kommission 2005a). Die-se Entwicklung ist in Abbildung 6 dargestellt. Der sinkende Anteil der heimischen Energieprodukti-on hat unter anderem zur Folge, dass die fehlende Energiemenge durch gesteigerte Importmengen gedeckt werden musste. Laut (IEA 2005) steigt aber die Produktionsmenge ab 2005 wieder konti-nuierlich an, auch wenn dies einen erhöhten Energieimportbedarf aufgrund des schneller wach-senden Verbrauchs nicht verhindern wird.

Bei den fossilen Primärenergieträgern ist Braunkohle die mit Abstand am häufigsten vorkommende Energieressource in der Türkei. Das Land nimmt über 90% des gesamten Kohleverbrauchs im Mittleren Osten ein. Jedoch wird in anderen Ländern dieser Region auch überwiegend Erdöl als Hauptenergieträger genutzt, da dieser ausreichend vorhanden ist. An Braunkohlereserven gibt es große Vorkommen in Afsin-Elbistan (40% der gesamten Braunkohle), Erzurum, Mugla, Soma, Tuncbilek, Seyitömer, Beypazari und Sivas. Die gesicherten Reserven belaufen sich auf 8,5 Milli-arden Tonnen Braunkohle. Über 75% der türkischen Braunkohle hat allerdings einen Brennwert von weniger als 2.500 kcal/kg und nur 10% über 3.000 kcal/kg (IEA 2001). Aufgrund des geringen Heizwertes sind die meisten Braunkohlekraftwerke in unmittelbarer Nähe des Tagebaus errichtet worden und dienen zu 80% der Stromgewinnung. Die einzigen Steinkohlereserven liegen im Nor-den der Türkei in Zonguldak. Ende 2001 beliefen sich die Steinkohlereserven auf 1,13 Milliarden Tonnen. Die Türkei deckt 86% ihres Kohlebedarfes durch heimische Produktion ab. Im Wesentli-chen muss Steinkohle für industrielle Anwendungen (besonders Stahlproduktion) importiert werden (Reiche 2003). Die türkische Regierung geht davon aus, dass der Verbrauch an Braun- und Stein-kohle von 21,1 MTOE (2003) auf insgesamt 118,4 MTOE im Jahre 2020 steigen wird. Innerhalb dieses Zeitraums wird erwartet, dass sich die heimische Braunkohleproduktion verdreifacht und die Steinkohleimporte um den Faktor 15 zunehmen. Dies würde dazu führen, dass Steinkohle einen Anteil von knapp 44% am Energieverbrauch der Türkei im Jahre 2020 haben wird (IEA 2001).

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Energieproduktion Energieimporte

Abb. 2.3: Entwicklung des Energieverbrauchs in der Türkei und Vergleich von Energieproduktion und -importen von 1990 bis 2003 Quelle: Europäische Kommission (2005a)

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Die einzigen nennenswerten Reserven für Erdöl und Erdgas in der Türkei befinden sich im Südos-ten in der Nähe von Adiyaman und Diyarbakir/Batman und einige wenige im Westen auf dem eu-ropäischen Teil der Türkei (Hamitabat). Das Directorate-General for Petroleum Affairs (PIGM) schätzt die verbliebenen Öl- und Gasreserven auf 296 Millionen Barrel (43,7 MTOE) beziehungs-weise 8,8 Milliarden Kubikmeter (IEA 2001). Diese Reserven reichen aber nicht annähernd aus, um den wachsenden Gasverbrauch zu decken. Der Großteil muss über Pipelines, Transporter und Tanker importiert werden. In den letzten Jahren wurde der Ausbau von Öl- und Gaspipelines vo-rangetrieben. So sind besonders Erdgasimporte nicht mehr nur für den türkischen Markt gedacht, sondern die Türkei soll als ein wichtiges Energietransitland ausgebaut werden. Erdgas könnte bei-spielsweise vom Kaspischen Meer über die Türkei nach Griechenland transportiert werden. Die Türkei hat 2003 die Athener Vereinbarung über die Schaffung eines regionalen Elektrizitäts- und Gasmarktes in Südosteuropa unterzeichnet und an den Verhandlungen über die Gründung einer Energiegemeinschaft teilgenommen (Europäische Kommission 2005c). Damit ist die Energiepolitik der Türkei auch für die Europäische Union von strategischer Bedeutung. Jedoch ist die Türkei noch nicht Mitglied der Union für die Koordinierung der Übertragung elektrischer Energie und hat 2006 den Vertrag über die Energiegemeinschaft zur Errichtung eines regionalen Energiemarkts in Süd-osteuropa nicht unterzeichnet (Europäische Kommission 2006).

2.2.4 Verbrauchergruppen und Stromerzeugung

In der Vergangenheit verteilte sich der Energiebedarf gleichmäßig zwischen dem Industriesektor, Transportsektor und den Haushalten. Resultierend aus dem verstärkten Industrialisierungsprozess des Landes in den letzten Jahrzehnten veränderte sich diese Verteilung zugunsten des industriel-len Sektors. In der Industrie wurden 1995 ungefähr 32% der gesamten Primärenergieträger (Pri-märenergieressourcen) gebraucht. Danach folgten Haushalte und Dienstleistungen, die 24% der Primärenergieressourcen in Anspruch nahmen, der Transportsektor mit 21% und Kraftwerke mit

Abb. 2.4: Energieverbrauch nach Sektoren und Energi equelle, Türkei 1973 und 2003 Quelle: IEA (2006a)

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23% (REC 2005). Diese Verteilung konnte auch in den darauf folgenden Jahren beobachtet wer-den. Die energieintensive Industrie hatte im Jahre 2000 schon einen Anteil von 40% am gesamten Energieverbrauch der Türkei und einen Anteil von 54% am Stromverbrauch (Kaygusuz 2002).

Heutzutage werden überwiegend die Primärenergiequellen Kohle (Steinkohle und Braunkohle) so-wie Erdöl in der Industrie verwendet. Diese Aufteilung wird aus Abb. 2.4 ersichtlich. Besonders der erhöhte Bedarf an Kohle und Erdöl ist mit der Industrialisierung einhergegangen. Dasselbe gilt für den Elektrizitätsverbrauch, der in den letzten Jahren erheblich zugenommen hat (Abb. 2.5). Im Transportsektor wird Erdöl auch in Zukunft der dominierende Primärenergieträger bleiben. In Ge-werbe und Haushalten besteht ein Energiemix aus Öl, Gas, Kohle und erneuerbaren Energien (IEA 2001). In Abb. 2.4 kann man sehen, dass erneuerbare Energien im Industrie- und Transportsektor weitgehend nicht verwendet werden. Nur indirekt über die Stromerzeugung tragen große Wasser-kraftwerke zu den genannten Sektorbereichen bei. Der Abbildung ist auch zu entnehmen, dass sich die Zusammensetzung der erneuerbaren Energien in den Bereichen Haushalte, Gewerbe, öf-fentliche Dienstleistungen seit 1973 verändert hat. Im Vergleich zu 1973 tragen im Jahre 2003 auch Geothermie und neue alternative Energiequellen wie Solar- und Windenergie zum Energie-bedarf bei. Allerdings muss dazu gesagt werden, dass der erhöhte Energieverbrauch 2003 im Ver-

gleich zu 1973 mehrheitlich durch eine gesteigerte Nutzung von Erdgas und Elektrizität aufgefan-gen wurde.

Nach Berechnungen des türkischen Energieministeriums wird die Stromnachfrage in der Türkei bis 2010 jährlich um 8,2% steigen. Für die folgenden Jahre wird von einer Nachfragesteigerung von 7,0% pro Jahr ausgegangen (dena 2007). Besonders der Industriesektor wird erheblich zulegen. Elektrizität wird überwiegend aus drei Energieressourcen gewonnen - aus thermischen Kraftwer-

Abb. 2.5: Entwicklung der Stromerzeugung nach Energ iequelle, Türkei von 1973 bis 2020 Quelle: IEA (2004a)

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ken, die überwiegend Braunkohle und Erdgas verwenden, und aus großen Wasserkraftwerken. Abbildung 8 zeigt die Entwicklung und Projektionen der wichtigsten Energieträger zur Stromgewin-nung. Die Bereitstellung von Elektrizität (203 TWh bzw. 16 MTOE) erfolgte im Jahr 2007 zu insge-samt 81% aus fossilen Energieträgern. Erdgas war mit einem Anteil von 48% der wichtigste fossile Energieträger, es folgten Braunkohle mit 21%, Steinkohle mit 8% und Erdöl mit 4%. Mittels Was-serkraft wurden 35 TWh erzeugt, was einem Anteil von 19% entspricht, Geothermie und Windkraft stellten gemeinsam einen Anteil von 0,4% der gesamten erzeugten Elektrizität. Biogas besitzt eine noch geringere Bedeutung (BFAI 2008). Bezüglich der Geothermie erwartet das TJD (Türkiye Jeo-termal Dernegi) einen Ausbau der Kapazität zur Stromerzeugung von 20 MW im Jahr 2005 auf 550 MW bis zum Jahr 2013 (zitiert in BFAI (2007)).

Während Braunkohle ausschließlich im eigenen Land produziert wird, sind die Steinkohlevorräte in der Türkei nicht ausreichend, um den Bedarf zu decken. Demzufolge wurden im Jahr 2006 20,2 Mio. t Steinkohle importiert und lediglich 2,3 Mio. t erzeugt. Es fällt auf, dass besonders Erdgas seit den 1990er Jahren rapide an Bedeutung gewonnen hat. Diese Entwicklung kann man auch in Zu-kunft verfolgen. Wasserkraftwerke, die zu über 90% zur Elektrizitätserzeugung genutzt werden, haben einen gewichtigen Anteil an der gesamten Stromerzeugung in der Türkei. Derzeit werden lediglich 40% des vorhandenen Potentials genutzt. Durch 40 Wasserkraftwerke, die sich im Bau befinden, wird eine Steigerung um weitere 10% erreicht. Zukünftig soll das gesamte ökonomische Potential an Wasserkraft ausgenutzt werden.

Mehrere Volksentscheide und unklare Finanzierungsmodelle verhinderten lange den Bau von kommerziellen Atomreaktoren in der Türkei. Der türkische Premierminister Erdoğan3 erklärte am 6. März 2006, dass Atomenergie für die Türkei von hoher Bedeutung sei und dass die Regierung das Ziel verfolge, nukleare Technologien auch in Bereichen wie Landwirtschaft und dem Gesundheits-sektor anzuwenden (Anadolu Agency 2006). Im November 2007 wurde das Gesetz zum Bau und Betrieb von Kernkraftwerken und zum Verkauf der erzeugten Elektrizität beschlossen. Dem Gesetz zufolge sollen bis spätestens 2015 drei Kernkraftwerke mit einer Gesamtkapazität von mindestens 5000 MW in Betrieb genommen werden und 8-10% des Elektrizitätsbedarfs decken. Anfang des Jahres 2008 wurde der_Bau des ersten Kernkraftwerks ausgeschrieben. Interessenten sind die Unternehmen AECL aus Kanada, Westinghouse-Mitsubishi aus den USA und Japan, und NPI aus Frankreich und Deutschland. Als Standort wurde die Provinz Akkuyu ausgewählt (BFAI 2008). In den vergangenen Jahren wurden weitere passende Standorte (Mersin und Sinop) festgelegt. Bis zum Jahr 2020 sollen geschätzte 10,8 Milliarden Euro in nukleare Forschungs- und Entwicklungs-programme investiert werden. Erneuerbare Energien - abgesehen von Wasserkraftwerken - wer-den gemäß Abbildung 8 auch in der Zukunft nur eine untergeordnete Rolle in der Stromerzeugung spielen.

Bei genauer Betrachtung der Energieressourcen der Türkei zeigt sich, dass es – abgesehen von Braunkohle – keine nennenswerten Vorkommen von fossilen Brennstoffen in der Türkei gibt, son-dern dass Energieimporte (Erdöl, Erdgas, Steinkohle) immer wichtiger für die zukünftige Energie-versorgung des Landes werden. Dies hat zur Folge, dass erneuerbare Energienressourcen die zweitwichtigste heimische Energieressource (nach Braunkohle) sind. Besonders durch die verbrei-tete Nutzung der Biomasse und Wasserkraft liegt der Anteil der erneuerbaren Energien am gesam-ten Energieverbrauch bei knapp 12% (2005). Vergleicht man aber den Anteil der erneuerbaren

3 Recep Tayyip Erdoğan ist Mitglied der Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) und wurde im November 2002 Premierminister in der Türkei.

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Energien an der heimischen Energieproduktion, so ergibt sich ein ganz anderer Wert. Erneuerbare Energiequellen haben im Jahre 2005 mit 43% zur gesamten Energieproduktion in der Türkei beige-tragen. Nur Kohle hatte mit 44% einen höheren Wert. Trotzdem nahmen seit dem Jahre 2000 der Verbrauch und damit auch die Produktion von erneuerbaren Energien langsam ab. Dies ist über-wiegend auf die rückläufige Verwendung von Biomasse, welche traditionell zum Heizen und Ko-chen verwendet wird, und auf die Stagnation von Wasserenergie zurückzuführen. Besonders in den Städten wird Biomasse, die in der Türkei zu über 80% aus Holz besteht, durch andere Ener-gieträger wie Erdgas substituiert. Im ländlichen Raum hält das illegale Abholzen derweil an. Neue alternative Energiequellen wie Wind- und Solarenergie konnten der rückläufigen Entwicklung der traditionellen erneuerbaren Energieträger Biomasse und Wasserkraft nicht ausreichend entgegen-treten.

Der Energieverbrauch der Türkei wird weiter stark ansteigen. Neue Studien der IEA zeigen jedoch, dass bisherige Vorhersagen über den zukünftigen Energieverbrauch in der Türkei als zu hoch ein-geschätzt wurden (IEA 2005). Dies ist überwiegend auf eine zu positiv bewertete ökonomische Entwicklung und den damit verbundenen höheren Energiebedarf sowie auf die Finanz- und Wirt-schaftskrise 2000 zurückzuführen. Wirtschaftliches Wachstum hat in der Türkei höchste Priorität und eine sichere Energieversorgung, die als Voraussetzung für wirtschaftliche Expansion gilt, spielt eine entscheidende Rolle für die weitere Entwicklung der Türkei. Die nationale Energiepolitik baut daher auf eine sichere, kostengünstige und diversifizierte Energieversorgung auf. Zudem versucht die türkische Regierung aber auch, der Energieabhängigkeit von den Exportländern entgegenzu-wirken. Dies kann einerseits durch Steigerung der Energieeffizienz und andererseits durch den Einsatz von heimischen Energiequellen erreicht werden. Die Türkei versucht in Zukunft ihre men-genmäßig größte heimische fossile Energieressource, Braunkohle, weiter auszubauen, obwohl diese nur begrenzt vorhanden ist und die Nutzung große Umweltprobleme nach sich zieht. Weiter-hin wurde besonders in den letzten Jahren versucht, bestehende erneuerbare Energiequellen aus-zubauen (Wasserkraft) und neue alternative Energiequellen zu fördern (Windenergie, solare An-wendungen, Geothermie). Dabei stehen der Kostenaspekt sowie die einfache, schnelle und ver-lässliche Umsetzung der neuen Energietechnologien im Vordergrund. In Zukunft werden in Anbet-racht des jährlich um ca. 8% steigenden Energieverbrauchs und befürchteter Engpässe in der Stromversorgung heimische Ressourcen stärker genutzt werden. Besonders im Bereich der Geo-thermie sind Bemühungen der Regierung zu erkennen, die Stromerzeugung auszubauen. Im Sommer 2007 wurde ein Gesetz über geothermale Quellen und natürliche mineralhaltige Wasser verabschiedet, demzufolge neben dem Staat auch juristische Personen und Privatunternehmen Nutzungsrechte erwerben können (BFAI 2007).

2.3 Die Struktur des Energiemarktes

Schon in der Vergangenheit haben sich in der Türkei strategisch wichtige Unternehmen mehrheit-lich unter staatlicher Kontrolle befunden. Seit Mitte der 1980er Jahre dominieren diese so genann-ten State Economic Enterprises (SEE) beispielsweise den Kommunikations- und Energiesektor in der Türkei. Trotz Anstrengungen zur Liberalisierung des türkischen Energiemarktes in den letzten Jahren, spielen die staatlich kontrollierten Unternehmen weiterhin eine große Rolle. Die türkische Regierung übt somit großen Einfluss auf wichtige Entscheidungen und Management in den Unter-nehmen aus. Im Energiesektor hat die türkische Regierung den Energiepreis oft niedrig gehalten, um die wirtschaftliche Entwicklung des Landes, welche höchste Priorität genießt, zu fördern. Die Weltbank hält in ihrem Bericht im Jahre 2000 fest, dass aufgrund dieser Energiepreispolitik die staatlichen Energieunternehmen nicht genug Einnahmen für notwendige Investitionen erwirtschaf-

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ten konnten. Dies hatte zur Folge, dass die Unternehmen von staatlicher Finanzhilfe abhängig wa-ren und sind. Durch eine entsprechende Preisreform soll dieser Entwicklung entgegen gesteuert werden (Weltbank 2000). Bis zum Jahr 1994 hatte das türkische Energieunternehmen TEK (Tur-kish Electricity Company) das alleinige Monopol auf die Stromerzeugung. Im Jahre 1994 wurde TEK in zwei Unternehmen zerschlagen: TEAS (Turkish Electricity Generation and Transmission Corporation) und TEDAS (Turkish Electricity Distribution Corporation). Beide Unternehmen sind je-doch weiterhin verpflichtet, dem Ministerium für Energie und Ressourcen (MENR) jährlich Bericht zu erstatten. Das Ministerium bestimmt nicht direkt den Strompreis, aber Investitionen und Preise müssen vorher vom MENR genehmigt werden (IEA 2001).

2.3.1 Erste Liberalisierungsschritte im Energiemarkt

Die ersten Privatisierungsfortschritte im Energiesektor wurden 1984 mit dem Elektrizitätsgesetz er-kennbar. Dieses Gesetz ermöglichte privaten Unternehmen den Zugang zum Markt für Stromer-zeugung, Übermittlung und Verteilung (Weltbank 2000). Der türkische Strommarkt wird aber immer noch von einigen großen staatlichen Unternehmen dominiert und nur wenige private Firmen sind vertreten. Unabhängige Energieunternehmen existieren seit den 1990er Jahren. Zum einen wäre hierbei „autoproducer“ (Strom aus Eigenproduktion) zu nennen. Der Produzent versorgt sich selbst mit der benötigten Energie und leitet überschüssigen Strom ins Netz. Im Vergleich dazu verkaufen konzessionierte Unternehmen die produzierte Elektrizität direkt an den Endverbraucher. Eine wei-tere Variante sind unabhängige Unternehmen, die den produzierten Strom an TEAS verkaufen, welche diesen dann an den Verbraucher weiterleitet (Weltbank 2000). Im Jahre 1994 wurde das Privatisierungsgesetz verabschiedet. Der türkische Staat hat angefangen, die Rechte für den Be-trieb von Braunkohleanlagen, Kraftwerken und Stromverteilungseinrichtungen an private Investo-ren zu verkaufen. Dieser Prozess läuft unter dem Programm TOOR (transfer-of-operating-rights, welches bereits 1984 initiiert wurde. Unter anderem wurden so die Privatisierung der staatlichen Raffinerie TUPRAS (Turkish Petroleum Refineries Corporation) und dem Unternehmen Petrol Ofisi, der staatliche Monopolist für die Verteilung von Ölprodukten, angefangen. Des Weiteren wurden private Finanzierungsprogramme ausgearbeitet. Die Modelle BOT (Build-Operate-Transfer) und BOO (Build-Own-Operate) beziehen sich auf private Investitionsmöglichkeiten für Kraftwerke (sie-he Tabelle 3).

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Tab. 2.2: Überblick von Privatisierungsprojekten im Bereich Energie in der Türkei Quelle: eigene Darstellung nach IEA (2001)

Projekt Beschreibung Gesetzgebung TOOR Transfer-Of-Operating-Rights

- betrifft private Investitionen in die Ener-gie- und Elektrizitätsinfrastruktur (20-30 Jahre) - Ziel von TOOR ist die Modernisierung und Effizienzsteigerung der Anlagen - anwendbar für thermische Kraftwerke und Energieverteilungsunternehmen

Elektrizitätsgesetz, 1984 (Nr. 3096) Privatisierungs-gesetz, 1994 (Nr. 4046/47)

BOT Build-Operate-Transfer

- private Investoren bauen und betreiben Kraftwerke, die später an den Staat (TEAS) zurückgegeben werden müssen - Anlagen verbleiben im privaten Besitz für einen Abschreibungszeitraum von ungefähr 15 bis 20 Jahren (Amortisation) - keine Begrenzung auf ausschließlich Elektrizitäts- und Energieprojekte - beispielsweise Erstattung der Mehr-wertsteuer bei bestimmten Projekten

Elektrizitätsgesetz, 1984 (Nr. 3096) BOT Gesetz, 1994 (Nr. 3996)

BOO Build-Own-Operate

- private Investoren bauen und betreiben Kraftwerke - Im Gegensatz zu BOT, verbleibt die Anlage im privaten Besitz nach dem Abschrei-bungszeitraum - ausländische private Investoren müssen ein Joint Venture mit einer türkischen Firma eingehen - von diesem Modell ausgeschlossen sind Wasser-, Geothermie- und Atomkraftwerke

BOO Gesetz, 1996 (Nr. 4283)

Jedoch haben diese Modelle das nur bedingt zu privaten Initiativen im Energiesektor geführt. Ins-gesamt sollen zwölf thermische Kraftwerke und 20 (von insgesamt 25) regionale Verteilungsunter-nehmen privatisiert werden (Weltbank 2000). Die BOT Modelle haben aber wenig Erfolg gehabt, private Investoren in den türkischen Energiemarkt zu integrieren. Dies kann zum Teil daran gele-gen haben, dass laut türkischer Gesetzgebung private Investoren für öffentliche Einrichtungen wie zum Beispiel Kraftwerke eine Erlaubnis seitens der Regierung benötigen. Diese Erlaubnis muss wiederum von einem Verwaltungsgericht geprüft und genehmigt werden. Diese gesetzlichen Aufla-gen erschwerten beziehungsweise verhinderten zum größten Teil ausländische beziehungsweise private Investitionen (IEA 2001).

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Tab. 2.3: Staatsunternehmen im Energiesektor Quelle: eigene Darstellung nach IEA (2001)

Staatsunternehmen Aufgabenfeld im Energiemarkt TEAS Turkish Electricity Generation and Trans-mission Corporation

- Planung und Konstruktion von thermischen Kraftwerken - Betrieb und Instandhaltungsarbeiten von weiteren Einrichtungen zur Stromerzeugung und Transmission - stellte 1999 ca. 64% der gesamten Stromerzeu-gung - im Jahre 2000 Zerschlagung von TEAS in drei einzelne Unternehmen > Erzeugung (TEÜAS), Übertragung (TEIAS) und Handel (TETAS)

TEDAS Turkish Electricity Distribution Corporation

- Stromverteilung und -verbreitung - Konstruktion, Betrieb und Instandhaltungsarbei-ten von Verteilungsanlagen - Ankauf von den Stromproduzenten und Verkauf an die Einzelhandelskunden und Kleinabnehmer

DSI General Directorate of State Hydraulic Works

- Planung, Gestaltung und Konstruktion von Was-serkraftwerken sowie Einrichtungen für den Hochwasserschutz, Be-wässerung, Wasserversorgung und Landentwässerung

TKI Turkish Coal Enterprise

- Exploration, Produktion und Marketing von heimi-scher Braunkohle und Asphalthit

TTK Turkish Hard Coal Enterprise

- Exploration, Förderung und Marketing von heimi-scher Steinkohle

TPAO Turkish Petroleum Corporation

- Exploration und Produktion von Erdöl- und Erd-gasressourcen im Inland und Ausland

BOTAS Turkish Pipeline Corporation

- Installation von Öl- und Gasleitungen durch das Land - Import und Verteilung von Erdgas

TUPRAS Turkish Petroleum Refining Company

- Besitzer und Betreiber von vier der fünf Raffine-rien in der Türkei

TAEK Turkish Atomic Energy Authority

- Forschung und Entwicklung im Bereich Atom-energie - Lizenzierung und Kontrolle von Einrichtungen, die radioaktives Material nutzen (Forschung, Medizin) - Standortauswahl, Konstruktion, Betrieb Atom-kraftwerke (zukünftig)

2.3.2 Entwicklung eines wettbewerbsfähigen Energiemarktes

Die Türkei hält an dem Ziel fest, den Strommarkt bis 2011 vollständig zu öffnen (Europäische Kommission 2005c). Im Jahre 2000 erfolgte eine Zerschlagung der TEAS in drei einzelne Firmen. Dabei entstand jeweils ein Unternehmen für Stromerzeugung, Übertragung und Handel. Die bishe-rigen Kompetenzfelder von TEAS werden auf die jeweiligen Unternehmen übertragen. Im Jahre

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2001 ist das Gesetz über den Strommarkt in Kraft getreten. Im Wesentlichen beinhaltet es die Um-strukturierung des türkischen Energiemarktes sowie die Abschaffung der BOO/BOT und TOOR Modelle. Ziel dieser Gesetzgebung ist ein wettbewerbsfähiger, transparenter und finanziell starker Energiemarkt. Außerdem sollen private Investitionen ohne staatliche Einflussnahme ermöglicht werden. Dieses Gesetz ist weiterhin darauf bedacht, mit der europäischen Elektrizitätsrichtlinie kompatibel zu sein und so einen Beitrag zur Harmonisierung der nationalen Gesetzgebung mit eu-ropäischem Recht zu leisten (IEA 2001). Des Weiteren wurde 2001 eine Regulierungsbehörde (EMRA, Energy Market Regulation Authority) eingerichtet. Diese hat die Aufgabe unabhängig von der Regierung einen diskriminierungsfreien, transparenten uns stabilen Energiemarkt zu errichten und zu überwachen. Die Behörde hat demnach die Befugnis, Preise festzulegen und Lizenzen zu erstellen ((Kiliç/ Kaya 2005), S.1319).

Die Europäische Kommission schreibt im Fortschrittsbericht 2005, dass die Türkei in Bezug auf den Energiebinnenmarkt nur begrenzte Fortschritte erzielt hat. „Zwar wurden bereits viele Rechts- und Durchführungsvorschriften für die Liberalisierung des Strommarktes erlassen, die auch weit-gehend dem Besitzstand entsprechen, doch werden sie noch nicht hinreichend angewandt. Der türkische Stromversorger TEDAS wurde umstrukturiert, und das Land wurde in 21 Versorgungsre-gionen unterteilt. Doch sind die Vorbereitungen für die Privatisierung von 20 Stromversorgungsun-ternehmen ins Stocken geraten. Im Juli wurde eine Änderung des Gesetzes über den Strommarkt verabschiedet, mit der privaten Versorgungsunternehmen der Bau von Kraftwerken unter der Be-dingung gestattet wird, dass sie Stromverteilung und Stromerzeugung bei der Rechnungslegung strikt trennen“ (Europäische Kommission 2005c), S.107). Als Beispiel für die (teilweise) einsetzen-de Privatisierung und die Investitionsbereitschaft ausländische Unternehmen kann das neue 1.300 MW Kohlekraftwerk (1,45 Milliarden US Dollar) nahe Iskenderun genannt werden, welches durch eine Zusammenarbeit mit der deutschen Siemens AG 2003 entstanden ist. Auch das amerikani-sche Unternehmen General Electric (GE) investiert rund 900 Millionen US Dollar in Gasturbinen-Kraftwerke und Infrastruktur (Kiliç/ Kaya 2005), S.1316f.).

Im Jahre 2006 wurde der vorgeschriebene Mindestverbrauch für Kunden von 7,7 GWh/Jahr (2005) auf 6 GWh/Jahr (2006) gesenkt. Eine neue Änderung ermöglicht jedoch die Quersubventionierung und die vertikale Integration (Europäische Kommission 2006). Obwohl gewisse Fortschritte bei der Verhinderung von Stromverlusten (durch technische Mängel bei der Verteilung und Diebstahl) er-zielt wurden, ist die Verlustquote mit insgesamt 18,6 % im Jahr 2004 nach wie vor hoch. Die Türkei verfügt bislang über keine synchrone Zusammenschaltung mit den westeuropäischen Stromnet-zen, und der Stromhandel ist begrenzt. Fortschritte in Bezug auf die Zusammenarbeit mit der Uni-on gab es jedoch bei der Koordinierung des Transports elektrischer Energie. Im Jahre 2005 schätzt die Europäsche Kommission war der Strombinnenmarkt zu 29% liberalisiert und der Erdgasbin-nenmarkt zu 80% (Europäische Kommission 2005c). Da der nationale Gasversorger BOTAS je-doch seine Monopolstellung bei der Einfuhr, beim Vertrieb und bei der Lagerung von Erdgas be-hauptet, kann von einer echten Liberalisierung keine Rede sein. Was die Energieeffizienz angeht, sind noch mehr Defizite erkennbar. Die Türkei verfügt über kein Rahmengesetz zur Förderung der Energieeffizienz (Europäische Kommission 2006). Allerdings wurde bereits ein Gesetzesentwurf ausgearbeitet, der sich dieser Problematik annehmen soll (IEA 2005).

„Was die erneuerbaren Energiequellen betrifft, so sind gewisse Fortschritte zu verzeichnen. Mit dem im Mai [2005] verabschiedeten Gesetz über die Nutzung erneuerbarer Energiequellen bei der Stromerzeugung wurde der erforderliche rechtliche Rahmen für die Förderung der erneuerbaren Energien geschaffen. Das Gesetz sieht für Strom aus Kraftwerken, die über ein Zertifikat verfügen, das sie als Nutzer erneuerbarer Energien ausweist, Übergangsfristen (bis 2011) für die Einführung von Marktpreisen sowie sonstige Anreize für Investitionen in erneuerbare Energien vor. Überdies

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ermächtigt das Gesetz den Ministerrat, den Preis für erneuerbare Energien zu Beginn jeden Jahres um maximal 20 % heraufzusetzen. Das Gesetz ist ein erster Schritt zur vollständigen Übernahme des Besitzstandes im Bereich der erneuerbaren Energien. Allerdings ist darin – anders als in der einschlägigen europäischen Richtlinie vorgesehen – nicht festgelegt, welcher Anteil des gesamten Stromverbrauchs bis 2010 aus erneuerbaren Energiequellen gedeckt werden soll“ (Europäische Kommission 2005c). Zusammenfassend wird im Fortschrittsbericht 2005 beschrieben, dass die türkischen Gesetze und Durchführungsvorschriften, die für den Energiemarkt erlassen worden sind, weitgehend dem Besitzstand entsprechen. Dennoch kann von einer funktionierenden Markt-wirtschaft und echtem Wettbewerb im Energiesektor noch nicht die Rede sein (Europäische Kom-mission 2005c). Wenige staatliche Unternehmen dominieren den Strommarkt. Private Anbieter und Betreiber gibt im Wesentlichen nur bei der Exploration von Erdölreserven, für eine Raffinerie oder auch für die wenigen Windparks (BOT Modelle).

2.3.3 Der Markt für Elektrizität und Stromnetze

In der Türkei liegen die Strompreise für Industriekunden und Haushaltskunden nah beieinander. Im industriellen Sektor sind die Strompreise im Vergleich zu anderen OECD-Ländern in Europa relativ hoch.

Im Gegensatz dazu befindet sich der Strompreis für Haushalte im Jahre 1999 im unteren Mittelfeld. Im Restrukturierungsprogramm der Weltbank wird von der Türkei erwartet, dass die Strompreise für Haushaltskunden schrittweise erhöht werden müssen (Weltbank 2000). Abbildung 9 zeigt die Strompreise jeweils für Industrie- und Haushaltskunden der Türkei im Vergleich zu anderen Län-dern der OECD. Strompreise variieren auch geographisch gesehen. So müssen Betriebe, die sich in bestimmten Entwicklungsgebieten (Priority Development Areas) ansiedeln, nur bis zu 50% auf den normalen Strompreis bezahlen. Dadurch versucht die Regierung, Gebiete mit unterentwickel-ter Infrastruktur und Wirtschaft über den geringen Strompreis quer zu subventionieren. Das gleiche

Abb. 2.6: Strompreise in OECD (OSZE) Ländern, 1999 Quelle: IEA (2001).

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trifft auf landwirtschaftlichen Betriebe und Regierungs- und Verwaltungsorganisationen zu (WEC 2005).

Wie bereits in Abschnitt 2.2.4 erwähnt wurde, soll die Stromnachfrage in der Türkei nach Berech-nungen des türkischen Energieministeriums bis 2010 jährlich um 8,2% steigen (dena 2007). Be-sonders der Industriesektor wird einen wachsenden Bedarf an Strom haben.

Viele Braunkohleabbaugebiete und die großen Wasserkraftwerke befinden sich mehrheitlich im Zentrum und Südosten der Türkei. Da die Braunkohle einen geringen Brennwert hat, geschieht die Stromproduktion meist in der Nähe des Abbaus. Die Ballungsgebiete und Verbraucherzentren (Haushalte, Industrie, Gewerbe) befinden sich im westlichen Teil des Landes. Somit dominiert eine Last-Verlegerichtung der Starkstromtrassen von Osten nach Westen. Zudem besteht ein Strom-handel mit den Nachbarländern der Türkei. Größere Mengen Strom werden über Starkstromleitun-gen mit unterschiedlicher Betriebsspannung nach Bulgarien (400 kV), Irak (400 kV), Armenien (220 kV), Georgien (220 kV) und Iran (154 kV) exportiert beziehungsweise aus diesen Ländern impor-tiert. Weitere 400 kV Anschlüsse sind mit Griechenland, Iran, Irak und Syrien geplant (GENI 2006).

Über den Zustand des Stromnetzes lässt sich generell sagen, dass es sehr veraltet und teilweise marode ist. Dies betrifft aber die Stromverteilung und nicht -übertragung. So beklagt die IEA (IEA 2005), dass die Verluste durch die Verteilernetze im Jahre 2004 bei 18% lagen. Die türkische Re-gierung investierte 2004 über 280 Millionen US Dollar in das Stromnetz und konnte die Verluste, die zur einen Hälfte aus technischen und zur anderen aus nicht-technischen (Stromdiebstahl) Gründen entstanden, in den letzten Jahren reduzieren. Die türkische Regierung strebt aber eine Privatisierung des zuständigen Unternehmens TEDAS an, um weitere Investitionen und Effizienz-steigerungen im Verteilernetz zu ermöglichen (IEA 2005). In der Stromübertragung befinden sich die Verluste trotz der großen Abstände zwischen Stromerzeugungszentren im Osten und Verbrau-cherzentren im Westen ungefähr im IEA-Durchschnitt. Der Stromnetz Code (grid code) wurde ebenfalls veröffentlicht und TEIAS investiert weiter in Stromübertragung und Kontrollsysteme, um die Sicherheit des Netzes zu gewährleisten (IEA 2005). In Bezug auf die Entwicklung von erneuer-baren Energien könnte sich das marode Stromverteilernetz als Hemmnis darstellen. So wird durch den Netzbetreiber ein Anschluss von 5% der Blindleistung des zum Einspeisepunkt nächstliegen-den Umspannwerkes zugelassen. Neben der begrenzten Aufnahmefähigkeit des Netzes ist auch die Sicherung der Einspeisekapazität eines Projektentwicklers nicht geregelt. Die sich im Lizenz-verfahren befindlichen Projekte sind an einen Zeitplan geknüpft, um bei nicht planmäßiger Inbe-triebnahme die Lizenz für Standort und Einspeisepunkt neu auszuschreiben. Damit soll sicherge-stellt werden, dass bei Projektentwicklern auch eine finanzielle Basis zur Durchführung des Projek-tes vorhanden ist (dena 2005b).

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3 Exportbeziehungen zwischen Deutschland und der Türkei

3.1 Bilaterale Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei

Die bilateralen Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei basieren auf einer langen Tradi-tion, die bis in das Osmanische Reich zurückreicht. In der Gegenwart werden diese bilateralen Be-ziehungen durch drei wesentliche Bereiche bestimmt: politisch durch die türkische Kandidatur für den Beitritt zur Europäischen Union, menschlich durch ungefähr 2,5 Millionen in Deutschland le-bende Menschen türkischer Abstammung sowie wirtschaftlich durch die wachsende Anzahl von Im- und Exporten. Neben gegenseitigen Besuchen der jeweiligen Regierungen bestehen auch re-gelmäßige Konsultationen verschiedener Bundesministerien und -behörden mit türkischen Regie-rungsstellen und ad hoc-Konsultationen auf Arbeitsebenen zu jeweils aktuellen Fragen (Auswärti-ges Amt 2006a).

3.1.1 Wirtschaftliche Beziehungen

Traditionell gesehen ist Deutschland der wichtigste Handelspartner der Türkei. Im Vergleich dazu stand die Türkei im Jahr 2002 auf Platz 20 und beim Export auf Platz 18 der wichtigsten Handels-partner Deutschlands. In den letzten Jahren wurde das Handelsvolumen zwischen beiden Staaten weiter ausgebaut. Dieses Wachstum wurde nur im Jahre 2001 wegen der Wirtschaftskrise kurzzei-tig unterbrochen. Das Auswärtige Amt in Deutschland fasst die wirtschaftlichen Beziehungen wie folgt zusammen. „Im Jahr 2005 nahm der Handel in beide Richtungen gegenüber dem Vorjahr wei-ter kräftig zu, insbesondere wuchs das Volumen der deutschen Exporte in die Türkei. Das bilatera-le Handelsvolumen überstieg in diesem Zeitraum mit über 21 Milliarden Euro den Rekordwert des Vorjahres. Der Anteil der türkischen Exporte nach Deutschland, gemessen an den türkischen Ge-samtexporten, und der Anteil der türkischen Importe aus Deutschland, gemessen an den türki-schen Gesamtimporten, liegt jeweils bei etwa 12-13%, das heißt jede achte türkische Außenhan-delslira wird im Geschäft mit Deutschland verdient“ (Auswärtiges Amt 2006a).

Deutschland nimmt in Bezug auf die Fremdinvestitionen in der Türkei eine wichtige Stellung ein und liegt mit seinem Investitionsvolumen hinter Frankreich und den Niederlanden auf Platz 3 (Botschaft der Republik der Türkei in Berlin 2003). Deutschland stellt die größte Zahl der in der Türkei investierenden Firmen aus dem Ausland. Seit 1980 wurden deutsche Investitionen in Höhe von über fünf Milliarden US Dollar getätigt. Die Zahl deutscher Tochterfirmen in der Türkei und deutsch-türkischer Gemeinschaftsunternehmen (Joint Ventures) ist in den vergangenen Jahren auf über 2.300 gestiegen (Auswärtiges Amt 2006a). Seit 1995 stiegen die deutschen Investitionen in der Türkei stetig an und erreichten im Jahr 2000 eine Rekordhöhe von 636,84 Millionen US-Dollar (Botschaft der Republik der Türkei in Berlin 2003).

„Seit 1985 ist die deutsche Wirtschaft in der Türkei durch ein Delegiertenbüro des Deutschen In-dustrie- und Handelskammertags (DIHK) vertreten. 2004 feierte die Deutsch-Türkische Außenhan-

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delskammer mit Sitz in Istanbul ihr zehnjähriges Bestehen. Im April 2004 öffnete eine Türkisch-Deutsche Handelskammer in Köln. Regelmäßige bilaterale Konsultationen erfolgen in den Berei-chen wirtschaftliche Zusammenarbeit sowie im Rahmen des 1994 wieder belebten bilateralen Deutsch-Türkischen Kooperationsrates (DTKR). Deutschland und die Türkei haben ein Investiti-onsschutzabkommen (1962) und ein Doppelbesteuerungsabkommen (1985) abgeschlossen. Im Juli 2001 trat das türkische Gesetz zur internationalen Schiedsgerichtsbarkeit in Kraft. Der deutsch-türkische Kooperationsrat zu politischen und wirtschaftlichen Themen tagte zuletzt am 27./28.04.2006 in Ankara. Er beschäftigt sich mit Arbeitsgruppen zu Industrie und Investitionen, Handel, Tourismus und Wissenschaft, Forschung und Technologie“ (Auswärtiges Amt 2006a).

3.1.2 Wirtschaftliche Zusammenarbeit

„Im Bereich der wirtschaftlichen Zusammenarbeit vereinbarte die Bundesregierung mit der türki-schen Regierung den Ausbau des kommunalen Infrastrukturprogramms sowie die Einrichtung ei-ner Kreditlinie für kleine und mittlere Unternehmen. Der Türkei wurden seit 1960 über 4,3 Milliarden Euro im Rahmen der finanziellen Zusammenarbeit als Darlehen und zum Teil auch als Zuschuss zur Verfügung gestellt. Durch eine Mischung mit Krediten der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zu kommerziellen Bedingungen bei größeren Vorhaben wurde das bereitgestellte Finanzvolumen um insgesamt mehr als 500 Millionen Euro erhöht. Im Bereich der technischen Zusammenarbeit belaufen sich die akkumulierten Zusagen auf über 285,2 Millionen Euro. Aufgrund des türkischen Status als EU-Beitrittskandidat und damit verbundener erheblicher multilateraler Mitteltransfers wurden seit 2001 die bilateralen Zusagen für die wirtschaftliche Zusammenarbeit kontinuierlich auf nunmehr sechs Millionen Euro (Neuzusagen 2006) zurückgeführt“ (Auswärtiges Amt 2006a).

„Das bilaterale Kooperationsprogramm konzentriert sich auf den Schwerpunktsektor Umwelt (Ab-wasserentsorgung und Abfallwirtschaft) mit einem regionalen Fokus auf die weniger entwickelten Gebiete der Türkei. Die Vorhaben zum Infrastrukturausbau werden durch Beratungsmaßnahmen ergänzt. Deutschland ist der einzige Geberstaat, der in wirtschaftlich weniger entwickelten Regio-nen der Türkei Vorhaben dieser Art im Rahmen der wirtschaftlichen Zusammenarbeit durchführt. Einen weiteren Schwerpunkt der Zusammenarbeit bildet die Wirtschaftsförderung. Mit Kreditlinien für den industriellen Umweltschutz sowie für kleine und mittelständische Unternehmen wird ein Bei-trag zur Finanzsektorentwicklung sowie zur Refinanzierung von Unternehmen geleistet. Die dabei gewonnenen Erfahrungen werden nunmehr mit reduzierten bilateralen Mitteln gezielt für die Unter-stützung der Umsetzung der EU-Beitrittsstrategie und der Anpassung türkischer Strukturen an den gemeinschaftlichen Besitzstand der Europäischen Union (acquis communautaire) genutzt“ (Aus-wärtiges Amt 2006a).

3.1.3 Kulturelle Beziehungen

Die bilateralen kultur- und bildungspolitischen Beziehungen sind traditionell eng und dicht, trotz der deutlichen Orientierung des türkischen Bildungssystems an angelsächsischen Vorbildern. Im Okto-ber 2005 wurde auf Initiative der Botschaft Ankara eine „Kulturstiftung der deutsch-türkischen Wirt-schaft“ ins Leben gerufen, die sich mit der Förderung von Stipendien, Ausstellungs- und Kulturpro-jekten der Verstärkung des kulturellen Austauschs widmet. Am 7. September 2006 riefen Bundes-außenminister Steinmeier und sein türkischer Amtskollege Gül in Istanbul die „Ernst Reuter Initiati-ve“ für den interkulturellen Dialog ins Leben. Ihr Ziel ist es, gemeinsam mit Partnern aus Wirtschaft, Medien, Bildung und Wissenschaft für eine verstärkte deutsch-türkische Zusammenarbeit, insbe-sondere in den Bereichen Medienkooperation, Jugendaustausch, Integration und Wissenschaft zu werben und beispielhafte Projekte zu begleiten (Auswärtiges Amt 2006a). Des Weiteren ist darauf

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hinzuweisen, dass Englisch sowie auch Deutsch als Fremdsprache in vielen Schulen unterrichtet werden. Wenige Grundkenntnisse der türkischen Sprache sowie einiger landestypischen Gewohn-heiten gelten aber als dienlich, da persönliche Gepflogenheiten und Sympathie meistens einem er-folgreichen Geschäftsabschluss vorangestellt werden.

3.1.4 Türkische Fördermaßnahmen für ausländische Investitionen

Mit der Förderung ausländischer Investitionen verfolgt die türkische Regierung vor allem das Ziel, die Wirtschaft des Landes durch die Anziehung von ausländischem Kapital und Technologietrans-fer international wettbewerbsfähiger zu machen. Die Förderdauer liegt in der Regel zwischen drei und sechs Jahren. Art und Höhe der Förderung unterscheidet sich je nach Region und Sektor. Ausgewiesen sind normale, Entwicklungs- und Prioritäts-Regionen, letztere genießen die höchste Förderung. Bereiche, die für die Investitionsförderung Priorität haben, umfassen Dienstleistungen, Infrastruktur, Umweltschutz und elektronische Industrie. Weitere Aspekte sind hoher Technologie-transfer, hohe Wertschöpfungsquote im Land sowie gute Exportaussichten für das Produkt.

Zunehmend machen ausländische Investoren von der Möglichkeit Gebrauch, in türkischen Freizo-nen zu investieren. In diesen Gebieten angesiedelte Unternehmen werden gefördert und sehen sich in der Regel geringeren bürokratischen Hindernissen gegenüber als in der übrigen Türkei. Zu-ständig für die Freihandelszonen ist das türkische Staatssekretariat für Außenhandel, wo mit dem Generaldirektorat für Freizonen eine spezielle Anlaufstelle für interessierte Investoren eingerichtet worden ist. Hauptziel der Freihandelszonen soll es sein, ausländisches Kapital anzulocken und Ar-beitsplätze gerade in strukturschwächeren Regionen zu schaffen. Innerhalb der Zonen können jeg-liche industrielle und kommerzielle Aktivitäten sowie alle Arten von Dienstleistungen ausgeübt wer-den, sofern eine entsprechende Lizenz vom Generaldirektorat erteilt worden ist. Da die Freizonen nicht zum Zollgebiet der Türkei zählen und die Geschäfte im Allgemeinen in Fremdwährungen ab-gewickelt werden, hat die immer noch relativ hohe Inflationsrate keinerlei negative Auswirkungen auf die laufenden Geschäfte. Bei Neugründungen in den Freihandelszonen ab dem 6. Februar 2004 wurde die Befreiung von Steuern, Abgaben und Gebühren aufgehoben. Nur Produktionsge-sellschaften mit einer Produktionslizenz sind von der Einkommen- und Körperschaftsteuer bis zum EU-Beitritt der Türkei befreit. Trotzdem bieten moderne Infrastruktur, gute Verkehrsanbindung oder auch die Aufhebung von zollrechtlichen Einfuhrabgaben gute Voraussetzungen für die Ansiedlung von Unternehmen in den Freihandelszonen (Hanke 2006).

3.1.5 Deutsche Exportmöglichkeiten für den türkischen Markt

Besonders starken Anteil an deutschen Exporten in die Türkei haben Maschinen, Kraftfahrzeuge und Zulieferteile für die Automobilindustrie. Bei den deutschen Importgütern aus der der Türkei bil-den Textilien, Lederartikel und Nahrungsmittel den größten Anteil. Die Importe aus der Türkei be-liefen sich im ersten Halbjahr 2006 auf 4,5 Milliarden Euro und die Exporte im gleichen Zeitraum auf 6,94 Milliarden Euro (Auswärtiges Amt 2006a). Die türkische Botschaft in Deutschland (Bot-schaft der Republik der Türkei in Berlin 2003) hat die wichtigsten Exportgüter einmal detailliert auf-gelistet. 2002 waren die wichtigsten Warengruppen im Export von Deutschland in die Türkei: Kes-sel und Maschinen (27,1%), Elektrogeräte (11,5%), Produkte der Automobil- und deren Zulieferer-industrie (10,7%), Plastik (6,9%), Eisen und Stahl (3,4%), optische Geräte (3,1%), chemische Er-zeugnisse (3%), Schiffe (3%), Apothekenwaren (3%) und Kartonpappe (2,6%). Nach Angaben der deutschen Außenhandelskammer sind ungefähr 2.100 deutsche Firmen sind in der Türkei präsent. Mehrere deutsche Großunternehmen sind seit Jahrzehnten mit eigenen Tochtergesellschaften in der Türkei aktiv. Sie reichen von der reinen Fertigung von Industrieerzeugnissen, wie Haushaltsge-

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räte von BSH Bosch und Siemens, bis hin zum Aufbau von Anlagen durch den TÜV Süd mit dem türkischen Partner Dogus, der auch Volkswagen in der Türkei vertritt. Ebenso steht der türkische Dienstleistungssektor im Visier deutscher Firmen (Bagoglu 2006), der bis jetzt aber eher weniger genutzt worden ist.

3.2 Deutsche Exportmöglichkeiten im türkischen Energiesektor

Die Deutschen Energie-Agentur GmbH (dena) erwähnt in dem Bericht über die Bestandsaufnahme und den Handlungsbedarf bei der Förderung des Exportes Erneuerbare-Energien-Technologien 2003/2004, dass die Türkei besonders in den Bereichen Solarthermie, Stromerzeugung durch die Nutzung von Wasserkraft und hydrothermale Geothermie beachtliche Kapazitäten und Potenziale vorweisen kann. Im Jahre 2003 hatten in der Türkei solarthermische Anlagen einen Anteil vom über drei Prozent an den weltweiten Neuinstallationen (China 74%, Europa 12%). Jedoch spielt die Türkei bis jetzt als Zielland für deutsche Exporte in keinem der erneuerbaren Energiefelder eine wichtige Rolle (dena 2005a).

Es kann allgemein festgehalten werden, dass die einzelnen Bereiche im Energiesektor mit dem Privatisierungsprozess unterschiedlich weit fortgeschritten sind. Das Ölmarktgesetz aus dem Jahre 2003 hat größtenteils zu einer Liberalisierung in diesem Markt geführt, unter anderem wurden 2005 die Importquoten auf Ölprodukte abgeschafft (IEA 2005). Des Weiteren sind mit dem Gesetz über den Strommarkt aus dem Jahre 2001 eine Umstrukturierung des türkischen Energiemarktes sowie die Abschaffung der BOT und TOOR Modelle einhergegangen. Es sollen mehr private Investoren für die Finanzierung von thermischen Kraftwerken sowie Wasserkraftwerken gefunden werden (IEA 2001). Ausländische Investoren werden besonders für den Bau von Erdgas- und Erdölleitun-gen gebraucht. Ein Konsortium aus türkischen und internationalen Unternehmen ist meistens an solchen Projekten beteiligt (zum Beispiel BTC-Pipeline). Im Bereich der Energieeffizienz wird ein weiterer Bereich für private Investitionen gesehen. Dort werden besonders technisches Know-how und Erfahrung benötigt, die die meisten ausländischen Unternehmen mitbringen. Dieses trifft auch für die erneuerbaren Energien zu. Das Gesetz über die Nutzung erneuerbarer Energiequellen bei der Stromerzeugung, welches im Jahre 2005 in Kraft getreten ist, hat die Einspeisevergütung für Strom aus erneuerbaren Energiequellen auf 5-6 Cent/kWh gesetzt. Besonders Windenergie kann von diesem Preislevel profitieren, wohingegen die Kosten der Photovoltaik nicht gedeckt werden können. Derzeit gibt es vier Windparks in der Türkei, die alle an der Westküste liegen. Ein Wind-parkprojekt wurde mit Hilfe des deutschen Herstellers Enercon realisiert (Windturbinen). Die Deut-sche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) vergab einen Kredit und ermöglichte so die Finanzierung des Projekts. Seit dem Jahre 2004 produziert Enercon Aero Turkey auch Rotorblätter in der Freihandelszone von Izmir. Diese sind aber überwiegend für den Export ins europäische Ausland und nicht für den türkischen Markt gedacht (Neidlein 2004). Für deutsch-türkische Zu-sammenarbeit gibt es mehrere Beispiele und auch die deutsche Gesellschaft für Technische Zu-sammenarbeit (GTZ) bildet unter anderem Installateure und Architekten im Energiemanagement aus (Neidlein 2004).

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ausländische Investoren besonders bei großen Strom-kraftwerken (Gas- und Atomkraftwerke) und in technologisch aufwendigen beziehungsweise wis-sensintensiven Projekten (Energieeffizienz, erneuerbare Energien) gefragt sind. Bereiche, die den Abbau oder die Förderung von (fossilen) Energiequellen beinhalten, werden weiterhin von staatli-chen Unternehmen dominiert. Auch der Import von Erdgas wird trotz einer Liberalisierung des

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Gasmarktes vom staatlichen de facto Monopolist BOTAS beherrscht. Die Öffnung des Energie-marktes zielt darauf ab, den wachsenden Energiebedarf der Türkei zu decken. Dies kann nicht al-lein durch staatliche Investitionen erreicht werden, sondern benötigt privaten Initiativen aus dem In- und Ausland.

3.3 Der türkische Dienstleistungssektor

Abgesehen von einem Einbruch in 2006 wachsen die Ausgaben im Dienstleistungssektor überwie-gend. Die Entwicklung des Dienstleistungsverkehrs in der Türkei seit dem Jahr 2000 ist in Abbil-dung 10 dargestellt. Insgesamt erhöhte sich der Dienstleistungsanteil im Vergleich zu anderen Sektoren wie Landwirtschaft und Industrie. Die Bundesagentur für Außenwirtschaft (bfai) stellt fest, dass der Markt für energietechnische Produkte und Dienstleistungen in der Türkei deutschen Fir-men gute Einstiegschancen anbietet. Im Zuge des Ausbaus der Industriekapazitäten und der stei-genden Energienachfrage der Haushalte wächst der Bedarf an Ausrüstungen zur Produktion, Ver-teilung und dem Transport von Elektrizität (BFAI 2006c). Allerdings hat die Deutsche Energie-

Agentur in ihrem Beriecht ebenso vermerkt, dass derzeit kaum Exportmöglichkeiten von deutschen Firmen wahrgenommen werden. Die trifft auch auf den Dienstleistungssektor zu (dena 2005a).

0

500

1.000

1.500

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2.500

2000-07 2001-07 2002-07 2003-07 2004-07 2005-07 2006-07

Jahre (3.Quartal)

in M

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Eu

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.

Dienstleistungsverkehr

- 22,1%

- 4,6%

+ 23,3%+ 2,6%- 7,8%+ 18,6%

Abb. 3.1: Ausgaben Dienstleistungen in der Türkei v on 2000 bis 2006 Quelle: Bundesbank (2006)

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3.4 Protektionistische Handelshemmnisse im Dienstleistungssektor

Die Importbestimmungen in die Türkei tragen den Bedürfnissen der türkischen Industrie Rechnung und berücksichtigen die Rechte und Pflichten der Türkei im Hinblick auf GATT/WTO, Zollunion so-wie weitere bi- und multilaterale Abkommen wie beispielsweise dem Freihandelsabkommen. Der Warenaustausch zwischen der EU und der Türkei wird durch drei Vereinbarungen, die für jeweils verschiedene Warenkreise gelten, geregelt. Erstens wäre die Zollunion zu nennen. Diese gilt für industriell-gewerbliche Waren und landwirtschaftliche Verarbeitungsprodukte. Es herrscht grund-sätzlich das Prinzip der Zollfreiheit im gegenseitigen Warenverkehr. Des Weiteren gibt es ein Frei-handelsabkommen zwischen der EGKS (Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl) und der Türkei. Diese besteht sein 1996 und gilt nur für bestimmte Waren wie zum Beispiel Stahl- und Ei-senerzeugnisse. Die dritte Vereinbarung ist eine Handelsregelung für Agrarerzeugnisse und be-schreibt unter anderem die Präferenzregelung der Europäischen Union bei der Einfuhr landwirt-schaftlicher Erzeugnisse mit Ursprung in der Türkei und vice versa (Außenwirtschaftszentrum Bay-ern 2005). Einfuhrbeschränkungen bestehen gemäß Artikel 5 des Grundbeschlusses im Rahmen der Vorschriften zum Schutz der öffentlichen Sittlichkeit, Ordnung und Sicherheit sowie zum Schut-ze der Gesundheit und des Lebens von Menschen, Tieren und Pflanzen. Betreffende Waren be-dürfen einer gesonderten Genehmigung durch das zuständige Ministerium.

Durch die Zollunion wurde generell dem freien Dienstleistungsverkehr mit anderen EU-Staaten zu-gestimmt. Gemäß Artikel 43 beziehungsweise Artikel 49 EG-Vertrag haben natürliche und juristi-sche Personen aus der EU das Recht auf Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat und das Recht auf grenzüberschreitende Dienstleistungserbringung. Diese Rechte dürfen außer in den im Vertrag vorgesehenen Ausnahmefällen durch innerstaatliche Rechtsvorschriften nicht beschränkt werden.

3.4.1 Tarifäre Handelshemmnisse

Die Umsatzsteuer als Verkehrssteuer bezweckt die Besteuerung des Endverbrauchs und wird da-her nach dem Allphasen-Steuer-System auf jeder Stufe der Produktion beziehungsweise Dienst-leistung erhoben. Dabei steht den Unternehmern das Vorsteuerabzugsrecht zu. Der generelle Steuersatz beträgt derzeit 18 Prozent und gilt für die meisten Güter und Dienstleistungen. Für ein-zelne Gütergruppen gelten spezielle Steuersätze: ein Prozent bei Grundnahrungsmitteln bezie-hungsweise Landwirtschaftsprodukten, Eigentumswohnungen und Zeitungen und acht Prozent bei verarbeiteten Nahrungsmitteln und Kulturdienstleistungen.

3.4.2 Nicht-tarifäre Handelshemmnisse

Im Jahre 2004 stellte die Europäische Kommission beim Niederlassungsrecht und der Dienstleis-tungsfreiheit außerhalb des Finanzsektors erhebliche rechtliche Beschränkungen fest, durch die Ausländer vom Markt ausgeschlossen werden. Gemäß dem Fortschrittsbericht 2005 (Europäische Kommission 2005c) ist die Angleichung an das Gemeinschaftsrecht beim Niederlassungsrecht ins-gesamt noch nicht sehr weit vorangeschritten. Es wurde zwar vor kurzem eine liberalere Regelung angenommen, aber nach den sektorspezifischen Rechtsvorschriften müssen Anbieter von Dienst-leistungen grundsätzlich eine Lizenz oder Genehmigung beantragen, auch wenn sie die Dienst-leistungen nur vorübergehend anbieten. Dies ist meist an die obligatorische Mitgliedschaft in einer

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berufständischen Organisation geknüpft. Hierfür müssen sie erhebliche Mitgliedsbeiträge bezahlen. Ausländische Unternehmen, die vorübergehend Dienstleistungen anbieten, müssen sich auch bei der zuständigen Vereinigung registrieren lassen, das heißt beim Verband der türkischen Handels-kammern und Rohstoffbörsen. In einigen Sektoren dürfen Ausländer selbst dann keine Dienstleis-tungen erbringen, wenn ihr Unternehmen in der Türkei niedergelassen ist. Bestimmte Berufe dür-fen nicht von Ausländern ausgeübt werden. Auf diesem Gebiet ist die Rechtsangleichung an den Besitzstand insgesamt begrenzt (Europäische Kommission 2006). In dem Fortschrittsbericht gibt es keine genauen Angaben über die Bereiche, in denen ausländische Unternehmen nicht investie-ren dürfen beziehungsweise daran gehindert werden. Als Beispiel wäre hier der Abbau von Kohle in der Türkei zu nennen. Dieser Bereich ist den staatlichen oder auch privaten Firmen aus der Tür-kei vorenthalten.

Was die Finanzdienste angeht, hatte die Europäische Kommission 2004 hervorgehoben, wie drin-gend die Übernahme des Besitzstands im Versicherungsbereich angegangen werden müsse. Der Bericht 2005 hält fest, dass die Rechtsangleichung im Bankwesen trotz bedeutender Fortschritte in den letzten Monaten alles in allem noch auf einem niedrigen Niveau verharrt. Der türkische Ban-kensektor steht ausländischen Wirtschaftsakteuren weitgehend offen und ein neues Bankengesetz, das vor kurzem verabschiedet wurde, soll für mehr Transparenz und eine bessere Aufsicht sorgen. In dem Bericht unterstreicht die Kommission, dass die Verwaltungsstrukturen und die Verwaltungs-kapazität der Regulierungs- und Aufsichtsbehörde für das Bankenwesen (BRSA) ausgebaut wer-den müssen. Im Versicherungsbereich sind weitere Anstrengungen unerlässlich: Es fehlt ein neues Versicherungsgesetz, mit dem die Schwachstellen im Bereich der Regulierung und Aufsicht besei-tigt werden. Gewisse Fortschritte sind im Bereich der Wertpapierdienstleistungen und der Wertpa-piermärkte festzustellen, die allgemein durch einen geringen Grad der Angleichung gekennzeich-net sind. Im Jahr 2005 hat die türkische Terminbörse den Betrieb aufgenommen, was einen be-merkenswerten Schritt auf dem Weg zu einem besseren Wertpapiermarkt darstellt.

Im Bereich der Urheberrechte und der Rechte an gewerblichem Eigentum ist die Übernahme des Besitzstands bereits gut vorangekommen. Weitere Fortschritte wurden 2005 bei der Verwaltungs-kapazität erzielt, die jedoch immer noch unzureichend ist, sich sehr unterschiedlich darstellt und über keine geeigneten Mittel für die Bekämpfung der Produktpiraterie verfügt (Europäische Kom-mission 2005c).

Die Türkei hat sich um eine intensivere Abstimmung mit der EU in Handelsfragen innerhalb der Welthandelsorganisation bemüht. Allerdings ist aufgrund des Entwicklungslandstatus der Türkei eine umfassende Angleichung an die Position der EU bei den Verhandlungen im Rahmen der Ent-wicklungsagenda von Doha nur schwer zu erreichen. Die Türkei muss ihre diesbezüglichen An-strengungen verstärken. Auch die Koordinierung und Zusammenarbeit im Rahmen des GATS muss intensiviert werden. So muss die Türkei vor allem gewährleisten, dass künftige GATS-Angebote, die in den Verhandlungen im Rahmen der Entwicklungsagenda von Doha unterbreitet werden, mit denen der EU vereinbar sind, um die Konsolidierung der GATS-Verpflichtungen der Türkei mit denen der EU nach dem Beitritt zu erleichtern. Von besonderer Bedeutung ist die Ver-wendung derselben Klassifizierung für die Dienstleistungssektoren (Europäische Kommission 2005c).

Abschließend ist festzuhalten, dass sich die Türkei im Allgemeinen ihren internationalen Abkom-men und Verträgen verpflichtet fühlt. Das Land ist sowohl in die internationale Handelsgemein-schaft, der World Trade Organisation (WTO), integriert als auch im europäischen Rahmen durch die Zollunion an einen freien Verkehr von Dienstleistungen gebunden. Wie bereits erwähnt, kommt es stellenweise noch zu rechtlichen Beeinträchtigungen für internationale Investoren, jedoch wird im Rahmen der Beitrittsverhandlungen mit der Europäischen Union an der vollständigen Durchset-

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zung des gemeinschaftlichen Besitzstandes (acquis communautaire) gearbeitet. So sind beispiels-weise seit 2003 ausländische Unternehmen den türkischen investitionsrechtlich gleichgestellt und es existieren keine inländischen Mindestbeteiligungen an türkischen Gesellschaften mehr.

Es gibt aber auch Potenziale für Dienstleistungen im Energiebereich in der Türkei. So findet man derzeit nur vier Windparks in der Türkei, aber durch die nationale Gesetzgebung ist damit zu rech-nen, dass der Anteil von Windenergie in Zukunft stark ansteigen wird. So sieht die Deutsche Ener-gie-Agentur besonders für die erneuerbaren Energiequellen Wind und Biomasse einen hohen po-tenziellen Exportanteil bei Dienstleistungen (dena 2005a). Bei einem weiteren Ausbau der Wind-energiekapazitäten in der Türkei könnte sich daher eine Markterschließung durch deutsche Dienst-leistungsunternehmen lohnen.

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4 Erneuerbare Energien in der Türkei Ein erster Versuch seitens des türkischen Gesetzgebers, erneuerbare Energien zu definieren be-ziehungsweise sich auf förderungswürdige regenerative Energiequellen zu einigen, wurde 2001 mit dem Gesetz über den Strommarkt unternommen. Mit der Überarbeitung und dem Entwurf der Re-gulierung über Lizenzen im Strommarkt (2002/2003) wurde ein weiterer Versuch seitens der Regie-rung gestartet, die regenerativen Energien vollständig mit einzuarbeiten. Mit der Einführung des Gesetzes über die Einspeisevergütung für Strom aus erneuerbaren Energiequellen vom 18. Mai 2005 wurde dann eine endgültige Festlegung getroffen (Reiche 2003). Demnach werden durch das Gesetz die folgenden erneuerbaren Energiequellen als förderungswürdig empfunden: Wind, Son-ne, Geothermie, Biomasse, Biogas, Wasser (Wellen, Fließgewässer, Gezeiten, Flüsse und Kanäle) und Wasserkraftwerke mit einem Wasserreservoir von maximal 15 km2 Stauseefläche (Öztürk/ Er-gün 2005). Als problematisch wird in diesem Gesetz jedoch angesehen, dass durch die exakte Festlegung auf bestimmte Energieformen neue Entwicklungen im Zuge technologischer Weiter-entwicklung nicht berücksichtigt werden können. Zudem muss bedacht werden, dass die Definiti-onsversuche aus den Jahren 2002 und 2003 überarbeitet und ergänzt werden müssen, da diese teilweise nicht mit dem Gesetz über die Einspeisevergütung aus erneuerbaren Energiequellen übereinstimmen (Öztürk/ Ergün 2005).

Die Energiepolitik der Türkei hat sich besonders in den letzten Jahren in Bezug auf die Förderung erneuerbarer Energiequellen weiterentwickelt. In den 1970er Jahren hatten die zwei Ölkrisen4 gro-ßen Einfluss auf die Energiepolitik weltweit und führten auch dazu, dass verstärkt Forschung in heimische Energiequellen unterstützt wurde. In der Türkei betraf dies jedoch verstärkt den Abbau von Braunkohle. In den 1980er Jahren erregten dann Umweltthemen wie saurer Regen und das Waldsterben in Europa die Aufmerksamkeit der Bevölkerung sowie der Politik. Seit den 1990er Jahren spielen der globale Klimawandel, Treibhausgase sowie wirtschaftliche und regionale Ent-wicklungsmöglichkeiten eine große Rolle in der Energiepolitik Europas sowie der Türkei. Die der-zeitige Energiepolitik der Türkei umfasst mehrere Aspekte und kann daher als multi-dimensional beschrieben werden. Die Energiequellen sollen diversifiziert werden, dies betrifft die heimischen Energiequellen sowie die Energieimporte. Gleichzeitig soll diese Energie aber verlässlich und preiseffektiv angeboten werden, um das wirtschaftliche Wachstum des Landes, welches höchste Priorität genießt, nicht zu gefährden. Es ist angedacht, dass heimische Energiequellen durch einen Mix aus staatlichen, privaten und ausländischen Investitionen erschlossen werden sollen. Zudem sollen weiterhin staatliche Subventionen speziell im Strom- und LPG-Bereich abgeschafft werden (IEA 2000). Eine weitere Liberalisierung des Energiemarktes (besonders für Stromerzeugung) so-wie entsprechende Gesetzgebung sollen vorangetrieben werden. Neben dem geplanten Ausbau der Braunkohlekapazitäten und der allmählichen Förderung erneuerbarer Energien sind ab dem Jahr 2012 auch Atomkraftwerke zur Deckung des türkischen Stromverbrauchs vorgesehen. Zur Steigerung der Energieeffizienz ist noch immer keine Gesetzgebung verabschiedet worden (ein Gesetzesentwurf wurde bereits ausgearbeitet), diese wird auch im Rahmen der Beitrittsverhand-lungen mit der EU gefordert.

4 Die Ölkrisen im Jahre 1973 und 1979 verdeutlichten die Anfälligkeit und Abhängigkeit der industriellen (und Energie

importierenden) Staaten vom OPEC Öl.

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4.1 Erneuerbare Energiepolitik in der Türkei

Die Förderung und Entwicklung der erneuerbaren Energien hängt von mehreren Faktoren ab. Rei-che (Reiche 2003) hat solche Parameter für (zukünftige) EU Beitrittsländer zusammengestellt und miteinander verglichen. Dabei ist festzustellen, dass besonders in der Türkei in den letzten Jahren, diese „treibenden Kräfte“ zur Förderung von regenerativen Energien zugenommen haben. Eine hohe Importabhängigkeit, die in der Türkei laut Europäischer Kommission bei über 70% (2003) liegt, macht das Land anfällig für Lieferschwankungen und politische und wirtschaftliche Willkür der Exportländer. Daher wird die Förderung von heimischen Ressourcen (beispielsweise EE) auch als politisch und strategisch relevant angesehen. Des Weiteren beeinflussen natürliche Bedingungen den Einsatz von regenerativen Energien. In der Türkei gibt es ein besonders hohes Potenzial an Geothermie und Windenergie (on- und offshore), aber auch die Sonnenintensität ist vergleichswei-se hoch. Auch die gesetzlichen Rahmenbedingungen haben sich in Bezug auf die Entwicklung der erneuerbaren Energien positiv entwickelt. Im Jahre 2001 wurde die Energieregulierungsbehörde EMRA eingesetzt und ist nun für die Lizenzierung der Aktivitäten auf dem Strommarkt verantwort-lich. Des Weiteren wurde im Jahre 2005 die Einspeisevergütung für Strom aus regenerativen Energiequellen gesetzlich festgelegt. Im Bereich der internationalen Kooperation sind allerdings nur wenige Fortschritte erzielt worden. Die Türkei hat das Kyoto Protokoll zur Reduzierung von Treibhausgasen nicht unterzeichnet, versucht jedoch mit Hilfe eines Regional Environmental Cen-ter (REC), welches sich mit Klimaschutzprojekten in der Türkei beschäftigt, einige Abkommen und Standards umzusetzen (ohne Festlegung auf konkrete Ziele) (REC 2005). Zudem gibt es weitere Parameter, die einer schnellen Entwicklung von erneuerbaren Energien in der Türkei entgegenwir-ken. Beispielsweise ist das Umweltbewusstsein in der Bevölkerung nur wenig ausgeprägt oder auch befinden sich keine grünen Parteien in den nationalen Parlamenten. Im Vergleich zu anderen Beitrittskandidaten der Europäischen Union sind die „treibenden Kräfte“ in der Türkei nur spora-disch entwickelt, jedoch ist in den letzten Jahren eine gewisse Dynamik zu verspüren (Reiche 2003).

4.1.1 Staatliche Förderung für erneuerbare Energien

Die erste direkte gesetzliche Förderung von erneuerbaren Energien in der Türkei wurde mit dem Gesetz über die Einspeisevergütung für Strom aus erneuerbaren Energiequellen am 18. Mai 2005 verabschiedet. Doch schon vorher gab es einige wenige indirekte gesetzliche Anreize, um die Ent-wicklung der EE Technologien voranzutreiben. In dem Zeitraum von 1980 bis 2002 investierte die türkische Regierung über 15% des gesamten Budgets für Forschung und Entwicklung (R&D, Re-search and Development) im Bereich Energie in R&D von erneuerbaren Energien. Demnach gab die türkische Regierung über 16,4 Millionen US Dollar seit 1980 für regenerative Energien aus. Seit 1999 haben sich die Gesamtausgaben für R&D Energieprojekte in der Türkei sogar erhöht. Vergli-chen zu den Ausgaben für fossile Brennstoffe ist der prozentuale Anteil der erneuerbaren Energien an Forschung und Entwicklung im Energiebereich aber gesunken. Im Jahre 1996 wurden nur noch 4,6% der gesamten Energieforschung und -entwicklung für erneuerbare Energien aufgewendet. In den Jahren 2001 und 2002 ist deutlich erkennbar, dass die fossilen Brennstoffe über zwei Drittel des jährlichen Budgets in Anspruch nehmen, während der prozentuale Anteil der erneuerbaren Energien wesentlich geringer als der Durchschnitt der Jahre zuvor ausfällt. In den letzten zwei Jahrzehnten wurde besonders die Forschung im Bereich Geothermie gefördert. In dem Zeitraum bis 2002 beanspruchte die Geothermie 37% (6,1 Millionen US Dollar) der gesamten Ausgaben für R&D von regenerativen Energien. In den letzten Jahren konnte zwar die Windenergie prozentual

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gesehen ihren Anteil ausbauen, nimmt aber trotzdem nur einen geringen Teil der EE Forschung und Entwicklung ein (IEA 2004b).

Die ersten marktbasierten Anreize zur indirekten Förderung und Entwicklung von erneuerbaren Energien wurden 1984 mit dem Elektrizitätsgesetz unternommen. Dieses Gesetz ermöglichte erstmals privaten Unternehmen den Zugang zum Markt für Stromerzeugung, -übermittlung und -verteilung (Weltbank 2000). Jedoch zielt es vorrangig auf die allgemeine Förderung von heimi-schen Energiequellen (zu denen auch erneuerbare Energien gehören) und privatwirtschaftliche Ini-tiativen in diesem Bereich. Des Weiteren wurden 1984 auch die so genannten BOT (build-own-transfer) und BOO (build-own-operate) Modelle eingeführt (vergleiche 2.3.1. Erste Liberalisie-rungsschritte im Energiemarkt). Im Jahre 1994 wurde das BOT Gesetz verabschiedet. Infolge der Wirtschaftskrise im Jahre 2000 und anhaltendem Druck des Internationalen Währungsfonds (IWF) wurden diese Ansätze der Finanzierungsanreize für private Projekte im Energiesektor beendet. Ausgenommen davon waren die bis zu diesem Zeitpunkt bereits genehmigten 29 BOT Projekte (davon 17 für Windenergie, sieben für Wasserkraft und eines für Geothermie) (IEA 2004b).

Im Jahre 2001 folgte das Gesetz über den Strommarkt (Nr. 4628), welches die Abschaffung der BOT und BOO Modelle festlegte und zu einer Liberalisierung des Energiemarktes führen sollte (vergleiche 2.3.2 Entwicklung eines wettbewerbsfähigen Energiemarktes). Das Gesetz unterschei-det drei Arten von Marktteilnehmern. Die erste Gruppe sind die Versorger, welche die Energiever-sorgungsunternehmen (EVU), Eigenproduzenten („autoproducer“) und Gruppen von Eigenprodu-zenten sowie Großhandels- und Einzelhandelsunternehmen, die Stromanbieter sind, umfasst. Die berechtigten Verbraucher stellen die zweite Gruppe dar. Diese beinhaltet jede natürliche oder juris-tische Person, die ihren Stromversorger beliebig auswählen kann, wenn sie über 6.000 kWh Strom pro Jahr verbraucht. Die dritte Gruppe sind die nicht-berechtigten Verbraucher und umfasst jede natürliche und juristische Person, die weniger als 6.000 kWh pro Jahr verbraucht. Diese muss dann ihren Strom von einem Einzelhandelsunternehmen oder einer regionalen Vertriebsgesell-schaft beziehen. Strom aus erneuerbaren Energien kann in diesem gesetzlichen Rahmen durch Stromerzeugungsanlagen oder autoproducer hergestellt werden und von berechtigten und nicht-berechtigten Verbrauchern in Anspruch genommen werden. Der Erzeuger von Strom aus erneuer-baren Energiequellen kann dabei sein Produkt direkt dem Endverbraucher oder über einen Groß-handels- oder Einzelhandelsunternehmen, welches den Strom dann an den Endverbraucher ver-kauft, anbieten (Reiche 2003).

Im August 2002 wurde im Rahmen des Energiemarktgesetzes die Regulierung über Lizenzen im Strommarkt verabschiedet. Diese Regulierung gibt gesetzlich festgelegte Lizenznachlässe für den Bau von EE Anlagen. Der entsprechende Investor muss nur 1% der üblichen Lizenzgebühren ent-richten und wird weiterhin für die ersten acht Jahre von der jährlichen Lizenzgebühr befreit. Des Weiteren muss die staatliche TEIAS (Stromweiterleitung) oder ein andere Vertriebsgesellschaft beim Stromnetzanschluss Elektrizität aus erneuerbaren Energiequellen Vorrang geben. Mit dem Gesetz über den Energiemarkt wurde auch eine Regulierungsbehörde, die EMRA, eingerichtet, welche für sämtliche Lizenzierungsvorgänge beim Bau von konventionellen und EE Anlagen zu-ständig ist (IEA 2004b). Im Oktober 2002 wurde eine amtliche Verlautbarung über Wind- und So-larenergie verabschiedet. Diese organisiert die Lizenzvergabe in Bezug auf Stromerzeugung durch Wind und Photovoltaik und beschreibt die technischen Details für die erforderlichen, mindestens einjährigen, Messungen. Die im Jahre 2003 verabschiedete Verordnung über die Veränderung der Regulierung über Lizenzen im Strommarkt reichte nicht aus, um das Risiko und die hohen Investi-tionskosten, welche mit einem Markteintritt von EE Erzeugern in den Strommarkt verbunden sind, entgegenzuwirken (IEA 2004b). Diese Gesetzgebung gilt auch für ausländische Investitionen im Energiebereich. Der Investor benötigt eine entsprechende Erlaubnis und Bescheinigung vom Ge-

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neraldirektorat für Ausländische Investitionen (DFI, General Directorate of Foreign Investments), woraufhin Zollgebühren, Steuern und Gebühren erlassen werden können oder die Mehrwertsteuer rückerstattet wird (Reiche 2003).

Das Gesetz über die Einspeisevergütung für Strom aus erneuerbaren Energiequellen trat 2005 in Kraft und soll die Stromgewinnung aus erneuerbaren Energiequellen fördern. Es legt die Einspei-severgütung für Strom aus erneuerbaren Energien bei 5-6 Cent/kWh fest. Im Jahre 2006 betrug die Vergütung aber nur 4,4 Cent/kWh. Die Regulierungsbehörde EMRA spielt dabei eine entscheiden-de Rolle, da sie für die Vergabe von Lizenzen verantwortlich ist. Allerdings können nur Unterneh-men mit Sitz in der Türkei Lizenzanträge bei EMRA stellen (dena 2005b). Die Vergütung für EE Strom gilt sowohl für staatliche als auch für private und unabhängige Produzenten. Das Gesetz sieht für Strom aus Kraftwerken, die über ein Zertifikat verfügen, das sie als Nutzer erneuerbarer Energien ausweist, Übergangsfristen (bis 2011) für die Einführung von Marktpreisen sowie sonsti-ge Anreize für Investitionen in erneuerbare Energien vor. Neben der Einspeisevergütung, die für 10 Jahre ab 2007 gilt, verpflichtet das Gesetz juristische Personen, die mit Strom handeln, 8% ihres jährlichen Stromabsatzes aus erneuerbaren Energiequellen zu beziehen (dena 2007). Überdies ermächtigt das Gesetz den Ministerrat, den Preis für Strom aus erneuerbaren Energien zu Beginn jeden Jahres um maximal 20% heraufzusetzen (Europäische Kommission 2005c). Im Vergleich zu dem Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) in Deutschland wird keine technologiespezifische Vergü-tung im türkischen Gesetz berücksichtigt (IEA 2006d). Da die Einspeisevergütung für alle erneuer-bare Energiequellen gleichermaßen gilt, wird damit gerechnet, dass im Wesentlichen Windenergie und kleine Wasserkraftwerke von der gesetzlichen Einspeisevergütung profitieren werden. Im Jahr 2007 wurde das türkische EE Gesetz nachgebessert. Die Einspeisevergütung muss nun zwischen 5 und 5,5 Euro-Cent/kWh liegen.

Ein Gesetz, welches spezifisch die Anwendungen von Geothermie fördern soll, ist bereits ausgear-beitet aber noch nicht verabschiedet beziehungsweise in Kraft getreten. Das Gesetz über geo-thermische Ressourcen und Quellwasser soll neben der Förderung von direkten Anwendungsmög-lichkeiten wie beispielsweise von Gewächshäusern, der Balneologie oder der Kohlenstoffdioxid-produktion auch die Stromerzeugung aus geothermischen Quellen vorantreiben. Derzeit existiert aber nur eine Anlage in Denizli-Kızıldere zur geothermischen Stromgewinnung (seit 1974). Das Gesetz wäre dann spezifisch auf eine bestimmte erneuerbare Energiequelle zugeschnitten und das erste seiner Art in der Türkei (REC 2005).

Neben der direkten Gesetzgebung gibt es auch die Möglichkeit, dass die türkische Regierung oder Administration bestimmte Ziele vorgibt, die den zukünftigen prozentualen Anteil der erneuerbaren Energien am gesamten Energieverbrauch angeben sollen. Dem Fortschrittsbereicht der EU ist aber zu entnehmen, dass in dem Gesetz zur Einspeisevergütung - anders als in der europäischen Richtlinie vorgesehen - nicht festgelegt ist, welcher Anteil des gesamten Stromverbrauchs bis 2010 aus erneuerbaren Energiequellen gedeckt werden soll (Europäische Kommission 2005c). In der Region Ankara wurde sich als Ziel gesetzt, zehn Prozent des dortigen Energieverbrauchs durch den Einsatz regenerativer Energiequellen zu decken. Besonders die Nutzung der Windenergie und solarthermischer Anlagen soll dazu beitragen, in einigen Jahren diesen Plan umzusetzen (IEA 1998). Neben der Gesetzgebung hat die türkische Regierung weitere Fördermöglichkeiten initiiert. So bietet das Umweltministerium geringfügig verzinste Kredite für Projekte im Bereich Geothermie und für andere umweltfreundliche Investitionen an. Das Investitionsförderprogramm der Türkei, welches auch von Firmen mit ausländischer Kapitalbeteiligung genutzt werden kann, erlaubt Son-derabschreibungen bestimmter Investitionsausgaben, Umsatzsteuerbefreiung, Befreiung von be-stimmten Exportabgaben oder zinsgünstige Kredite. Außerdem wurden Energieprojekte in Hinblick auf die Investitionsförderung als prioritär eingestuft, das heißt, diese Projekte sind ungeachtet ihrer

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regionalen Zugehörigkeit förderungsfähig. Normalerweise können Projekte in entwickelten Regio-nen des Landes nicht gefördert werden. Des Weiteren ist bei Projekten im Energiebereich eine hundertprozentige Abschreibung möglich, welche ansonsten bei maximal 60% liegt (BMZ 2006).

4.1.2 Bilaterale Abkommen zur Förderung erneuerbarer Energien

Im Bereich der wirtschaftlichen Zusammenarbeit vereinbarte die Bundesregierung mit der türki-schen Regierung die Aufnahme eines kommunalen Infrastrukturprogramms sowie die Einrichtung einer Kreditlinie für kleine und mittlere Unternehmen. Der Schwerpunkt dieser Kooperation soll auf den Umweltsektor mit einem regionalen Fokus auf die weniger entwickelten Gebiete der Türkei ge-legt werden. Dies betrifft überwiegend die Abwasserentsorgung und Abfallwirtschaft, wird aber auch durch Beratungsmaßnahmen in anderen Bereichen ergänzt (Auswärtiges Amt 2006a). Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW Entwicklungsbank) blickt auf langjährige Erfahrungen in der energiewirtschaftlichen Zusammenarbeit mit Entwicklungs- und Schwellenländern zurück. Bei den erneuerbaren Energien unterstützt die KfW Entwicklungsbank in der Türkei den Ausbau von Bio-gasanlagen (KfW 2005). Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwick-lung (BMZ) berichtet unter anderem, dass sich das Gesetz über die Einspeisevergütung für Strom aus erneuerbaren Energiequellen, welches im Jahre 2005 in der Türkei in Kraft getreten ist, an der deutschen Gesetzgebung orientiert. Dies zeigt, dass durch Zusammenarbeit auf Regierungsebene Erfahrungen im Bereich politischer Instrumente zur Förderung erneuerbaren Energien weitergege-ben werden (BMZ 2006). Am 13.Juni 2006 traf der Bundesminister für Wirtschaft und Technologie Michael Glos mit dem Minister für Energie und Naturressourcen der Türkei, Herrn Dr. Mehmet Hil-mi Güler, zusammen. Thematisch ging es bei dem Gespräch um eine Intensivierung der Energie-kooperation zwischen beiden Ländern. „Der erwartete hohe Modernisierungs- und Investitionsbe-darf schafft gute Voraussetzungen für ein verstärktes Engagement der deutschen Energiewirt-schaft und vor allem des deutschen Energieanlagenbaus in der türkischen Energiewirtschaft.“ (BMWi 2006a). Zudem wurde davon gesprochen, dass eine Energiekooperation in den Bereichen Energieeffizienz und erneuerbaren Energien eine immer wichtigere Rolle zwischen den Ländern spielen wird. Konkrete Projekte wurden aber nicht besprochen, allerdings ist ein Gegenbesuch ge-plant (BMWi 2006a).

4.1.3 Internationale Programme zur Förderung erneuerbarer Energien

Es gibt mehrere internationale Akteure, die Energieprojekte und auch speziell erneuerbare Ener-gien in der Türkei unterstützen. Die Europäische Union spielt dabei eine wichtige Rolle. Sie ist zum einen daran interessiert, dass die Türkei an die europäische Energiepolitik herangeführt wird, zum anderen stellt die Türkei ein wichtiges Energietransitland für die europäischen Länder dar. Die EU-Kommission hat ein Strategiepapier zum Thema Energie im Jahre 2006 veröffentlicht, welches ex-plizit darauf eingeht, dass die Energiezusammenarbeit mit Ländern wie Russland, Algerien, der Uk-raine und auch der Türkei ausgebaut werden muss (BMWi 2006b). Die Einführung des türkischen

Gesetzes über die Einspeisevergütung für Strom aus erneuerbaren Energiequellen wurde bei-spielsweise von mehreren internationalen Institutionen begleitet. So richtet sich die Gesetzgebung größtenteils an der europäischen Richtlinie. Die Gesetzgebung wurde auch im Rahmen der Inter-nationalen Aktionsprogramme ausgearbeitet. Dieses Internationalen Aktionsprogramme (Internati-onal Action Programme, IAP) sind ein Ergebnis der Internationalen Konferenz für Erneuerbare Energien (renewables 2004), welche in Bonn stattgefunden hat. Deutschland hat im Rahmen die-ser Programme insgesamt eine Milliarde Euro bis 2010 für erneuerbare Energien und Energieeffi-zienz (jeweils 500 Millionen Euro) in Form von zinsverbilligten Darlehen für Investitionen in Ent-wicklungsländern zugesagt. Auch die Ausarbeitung des Gesetzes zur Förderung von geothermi-

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schen Quellen wird durch diese Aktionsprogramme unterstützt (IAP 2004). Im Jahre 2003 wurde zudem die türkische Sektion der europäischen Vereinigung für erneuerbare Energien EUROSO-LAR e.V. gegründet. Diese Organisation hat sich zum Ziel gesetzt, die Türkei in Bezug auf erneu-erbare Energien stärker an die EU heranzuführen und regenerative Energien schneller in den türki-schen Energiemarkt einzuführen (Eurosolar 2003). Auch andere Nichtregierungsorganisationen (oder NGOs) wie Greenpeace Mediterranean Office haben besonders Informationskampagnen zu erneuerbaren Energien initiiert, um die Ausbreitung von EE Technologien voranzutreiben. Die tür-kische Sektion der Europäischen Windenergievereinigung (European Wind Energy Association, EWEA) arbeitet speziell an der Einführung von Windenergie-Technologien. Die EWEA gilt aber nicht als unabhängig, da sie an die staatliche EIE (Electric Power Resources Survey and Deve-lopment Administration) gebunden ist (Reiche 2003).

Die Weltbank unterstützt private Investitionen für die Stromproduktion aus erneuerbaren Energie-quellen in der Türkei. Der Kreditrahmen umfasste 200 Millionen US Dollar bis 2004, welcher dann über die Türkische Industrieentwicklungsbank (TSKB) und die Türkische Entwicklungsbank (TKB) an private Investoren verteilt wurde. Diese Kredite sollen 30-40% der erwarteten Kapitalkosten ei-nes Projektes decken. Ziel dieses EE Programms ist es, privatwirtschaftliches Engagement im Be-reich EE Stromherstellung in einem marktwirtschaftlichen Rahmen zu stärken (IAP 2004). Auflagen sowie wirtschaftliche Unterstützung, besonders in der Finanzpolitik, bekommt die Türkei durch den Internationalen Währungsfond (IWF). Bei dem Stabilitätsprogramm über 18 Milliarden US Dollar handelt es sich aber eher um Privatisierungsprojekte, welche aber wiederum Auswirkungen auf den türkischen Energiesektor (Liberalisierung des Strom- und Gasmarktes) haben können.

Die Vereinbarungen, die 1992 mit der Rahmenkonvention für Klimaschutz der Vereinten Nationen (UNFCCC) verabschiedet wurden, beeinflussen die Entwicklung von erneuerbaren Energien in der Türkei nur geringfügig. Obwohl das Land im Jahre 2004 der UNFCCC beigetreten ist, hat es doch Ausnahmen im Vergleich zu anderen Annex I Ländern durchsetzen können. So muss sich die Tür-kei nicht auf verbindliche Klimaschutzziele festlegen und ist als OECD/OSZE Mitglied von der Mit-finanzierung von Projekten in andern Ländern (Clean Development Meachnism, CDM, und Joint Implementation, JI) befreit. Zudem wurde das Kyoto Protokoll nicht unterzeichnet und die türkische Regierung beschränkt sich im Wesentlichen auf einzelne Projekte ohne direkte Zielfestlegung (REC 2005).

Betrachtet man die türkische erneuerbare Energiepolitik zusammenfassend, kann man sagen, dass besonders durch die gesetzlich geregelte Einspeisevergütung für EE Strom eine sichere und planbare rechtliche Grundlage für Investitionen in erneuerbare Energien geschaffen wurde. Aller-dings wird durch diese Gesetzgebung nicht auf die spezifischen Eigenschaften beziehungsweise Produktionskosten einzelner erneuerbarer Energien eingegangen. Dies führt dazu, dass im We-sentlichen Windenergie und kleine Wasserkraftwerke als Hauptprofiteure des Gesetzes gelten. Zu-dem wurde sich auf keine genaue Zielsetzung für den EE Anteil am gesamten Stromverbrauch bis 2010 in dem Gesetz geeinigt. Die allgemeine Festlegung der Einspeisevergütung entspricht aber der türkischen Energiestrategie - hauptsächlich kosteneffektive Energiequellen ausbauen und so-mit die Energieversorgung und das wirtschaftliche Wachstum absichern. Besonders der erhöhte Stromverbrauch soll in Zukunft zusätzlich durch den Ausbau von Wasserkraft und Windenergie (sowie Atomenergie) gedeckt werden. Die Europäische Union ist die treibende Kraft von außen für das Vorantreiben der erneuerbaren Energien in der Türkei, wird aber durch Projekte der Weltbank oder auch der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) unterstützt. Für die Zukunft stehen weitere Projekte im Bereich erneuerbare Energien an, wobei bilaterale Abkommen (beispielsweise mit Deutschland) und Kooperationen mit privaten Unternehmen aus dem Ausland, die mit Steuerver-günstigungen und weiteren Anreizen in die Türkei geholt werden sollen, sich positiv auf die Ent-

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wicklung in den EE Bereich auswirken sollen. Generell spielen klimapolitische Vorsätze in der tür-kischen EE Politik noch keine allzu große Rolle. Der Ausbau der heimischen Energieressourcen (Wärme/Kälte- und Stromkapazitäten) und eine Diversifizierung der Energieimportländer (um der Energieabhängigkeit entgegenzuwirken) sollen dem weiterhin erwarteten Wirtschaftswachstum ei-ne sichere und kostengünstige Energieversorgung bieten.

4.2 Der Markt für erneuerbare Energien in der Türkei

4.2.1 Marktakteure und Rahmenbedingungen für erneuerbare Energien

Im Bereich der erneuerbaren Energien gibt es mehrere wichtige staatliche Marktakteure. Das Mi-nisterium für Energie und Ressourcen (MENR) ist zusammen mit der Regulierungsbehörde EMRA (seit 2001) die wichtigste staatliche Institution. Das Ministerium legt die Zielsetzung und Strategien für den Energiesektor fest und übt somit besonders auf die staatlichen Energieunternehmen Kon-trolle aus. Im Wesentlichen sind diese Unternehmen die staatlichen TEDAS (Turkish Electricity Dis-tribution Corporation), TEIAS (Turkish Electricity Transmission Corporation), TEÜAS (Turkish Electricity Production Corporation) und TETAS (Turkish Electricity Trading and Contracting Corpo-ration), wobei die letzten drei aus der Zerschlagung der TEAS (Turkish Electricity Generation and Transmission Corporation) im Jahre 2000 hervorgegangen sind. Weitere Institutionen sind die Ge-neraldirektion für Wasserwirtschaft DSI (General Directorate of State Hydraulic Works), welche un-ter anderem für die Planung, Gestaltung und Konstruktion von Wasserkraftwerken zuständig sind, und das EIE (Electric Power Resources Survey and Development Administration), welches Ener-giequellen aus Wasser, Wind und Sonne bezüglich ihrer Eignung zur Stromherstellung untersucht. Weiterhin ist das EIE für die Planung und andere Dienstleistungen im Bereich Wasserkraft zustän-dig. Zusammen mit dem TMS (Turkish State Meteorological Service), welches ein Netzwerk aus Wind- und Solarmessstationen in der Türkei betreibt, verkauft das EIE entsprechende Daten an private Nutzer. Innerhalb des universitären Forschungssektors ist die Marmara Universität mit dem Energy Systems & Environmental Research Institute (ISERI) of Marmara Research Center füh-rend. Sie arbeitet unter anderem mit der EU an Technologien im Bereich Photovoltaik (TÜBITAK-MAM) zusammen (Reiche 2003).

Bei den vorherrschenden Rahmenbedingungen in der Türkei erscheint es nicht möglich, das voll-ständige wirtschaftliche Potenzial der erneuerbaren Energien ausnutzen zu können. Es besteht im Allgemeinen ein größeres ökonomisches Risiko, welches die privaten Unternehmen auf sich neh-men müssen, sobald sie in der Türkei in EE Technologien investieren wollen. Abhängig von der EE Technologie können die Investitionskosten und dementsprechend der Amortisationszeitraum sehr hoch liegen (beispielsweise Photovoltaik). Die hohen Investitionskosten für erneuerbare Energien können meistens nicht durch die geringen Betriebskosten aufgefangen werden. Des Weiteren ist die gesetzliche Förderung meistens nicht auf die spezifischen Bedürfnisse einzelner erneuerbarer Energiequellen abgestimmt und politische Instrumente und Anreize werden nur langsam einge-führt. Die Türkei muss sich auf die kosteneffektivsten EE Technologien konzentrieren und hohe In-vestitionshürden zu vermeiden. Dadurch wird die Wahl der möglichen erneuerbaren Energiequel-len eingeschränkt. Zudem besteht ein Mangel an Planungssicherheit. Der administrative Aufwand für EE Projekte ist vergleichsweise groß. So nimmt allein bei Windparkprojekten die erforderliche Messung von Windgeschwindigkeiten durch die zuständige Behörde ein Jahr in Anspruch. Weiter-hin kommt es vor, dass sich mit dem Regierungswechsel auch oft Anforderungen und Abläufe der zuständigen Behörden verändern und somit immer neue oder veränderte Anträge notwendig sind.

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Investoren benötigen verlässliche und nachvollziehbare Planungssicherheit, um das Projekt sicher und in einem angemessenen Zeitraum zu finanzieren und umzusetzen. Weiterhin kommen techni-sche und finanzielle Probleme in Bezug auf Netzkapazitäten in der Türkei vor. Dies ist besonders bei Windparkprojekten von Bedeutung und verzögert oder verhindert so den Anschluss an das Stromnetz (Reiche 2003). Die genannten Markteintrittsbarrieren stehen dabei günstigen natürli-chen und topographischen Bedingungen zur intensiven EE Nutzung gegenüber. Jedoch müssten lokale Strukturen (administrative und politische) überarbeitet sowie technisches Know-how entwi-ckelt werden.

4.2.2 Der Markt für erneuerbare Energien

Weltweit tragen erneuerbare Energien mit 13,1% (2004) zum Primärenergieverbrauch bei. Dabei spielt die Biomasse (mit Abfall) die wichtigste Rolle, da sie über 80% der gesamten erneuerbaren Energien weltweit ausmacht. Wasserkraft folgt mit 17% und die anderen regenerativen Energien kommen auf einen Anteil von 3% (IEA 2006e). In der Türkei kann man ungefähr die gleiche prozen-tuale Verteilung von erneuerbaren Energien am Primärenergieverbrauch vorfinden. Die IEA (IEA 2006b) gibt für die Türkei für das Jahr 2005 einen EE Primärenergieverbrauch (TPES) von 10,2 MTOE an. Im Vergleich zum gesamten Primärenergieverbrauch in der Türkei (2005: 85 MTOE) tragen die regenerativen Energien 12% bei. Tab. 4.1 ist zu entnehmen, dass der relative sowie der absolute Anteil der erneuerbaren Energien in der Türkei zwischen den Jahren 2000 und 2003 fal-lend gewesen ist. Dies ist in sofern relevant, da sich im Gegensatz zur Entwicklung der regenerati-ven Energien der Gesamtenergieverbrauch der Türkei im selben Zeitraum erhöht hat. Im Jahr 2004 ist EE Produktion wieder mengenmäßig leicht auf 10,8 MTOE angestiegen, 2005 jedoch wieder gesunken. Generell wird damit gerechnet, dass der prozentuale Anteil der erneuerbaren Energien am Gesamtenergie-verbrauch der Türkei in Zukunft abnehmen wird, da der Gesamtenergiebedarf stärker ansteigen wird als die EE Produktion.

Tab. 4.1: Vergleich von EE (Mengen und Anteile) Quelle: eigene Darstellung nach Europäische Kommission (2005a)

Erneuerbare Energien 2000 2003

Gesamt TPES (MTOE) 77 79

EE Menge (MTOE) 10,1 10,0

EE Anteil (%) 13,1 12,7

Im Jahre 2000 waren die erneuerbaren Energien mit 37,5% nach Kohle (überwiegend Braunkohle) der zweitwichtigste heimische Energieträger in der Türkei (Arsel./ Kaygusuz 2000). Im Jahre 2005 hat sich der Anteil der regenerativen Energien an der heimischen Produktion auf 43% (10.2 MTOE) erhöht, womit erneuerbare Energiequellen (inbegriffen aller Wasserkraftprojekte) die Kohle (10,5 MTOE) als wichtigste heimische Energiequelle nahezu eingeholt eingeholt haben (IEA 2008). Be-trachtet man die Zusammensetzung der erneuerbaren Energien, so hatte im Jahre 2005 die Bio-masse mit 53% (5,36 MTOE) den größten Anteil an diesen Energiequellen. Die Wasserkraft ist mit 34% (3,4 MTOE) an den regenerativen Energien beteiligt. Geothermie, Solar- und Windenergie kommen auf zusammen 14% (1,4 MTOE), wobei davon die geothermischen Energiequellen unge-fähr zwei Drittel ausmachen (IEA 2008).

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In Abb. 4.1 wird die Entwicklung der erneuerbaren Energien von 1971 bis 2003 gezeigt. Innerhalb dieses Zeitraumes hat in der Türkei eine grundlegende Veränderung der Zusammensetzung der erneuerbaren Energiequellen stattgefunden. Die Bedeutung von Biomasse (und pflanzlichen und tierischen Abfällen) als wichtigste Ressource nimmt stetig ab, während die Wasserkraft besonders seit 2000 wieder an Relevanz gewinnt. Im Süden des Landes sind bereits viele Staudammprojekte realisiert worden und weitere Pläne für die Stromgewinnung durch Wasserkraftwerke bestehen. Jedoch berücksichtigt Abb. 4.1 auch den Stromanteil von Großstaudammprojekte, die in der EE Gesetzgebung aus dem Jahre 2005 nicht als regenerative Energien aufgelistet werden. Energie-quellen wie Wind und Sonne sind nur marginal vertreten, konnten aber trotzdem ihre Marktanteile ausbauen. Besonders im Bereich Windenergie wird mit einem Anstieg in den nächsten Jahren und Jahrzehnten gerechnet. Geothermie steigerte seinen Anteil aufgrund der direkten Nutzung dieser Energiequelle, während sich die Kapazitäten für geothermische Stromgewinnung seit 1974 nicht verändert haben.

Abb. 4.1: Primärenergieverbrauch der erneuerbaren E nergien (EE TPES) in der Türkei, 1971 bis 2003 (in Millionen TOE) Quelle: IEA (2006d)

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Tab. 4.2: Entwicklung (nach MENR) und Potenziale er neuerbarer Energiequellen in der Türkei (in MTOE) Quelle: Reiche (2003) und Kaygusuz (2002)

Erneuerbare Energie-quelle

Entwicklung bis 2010 Entwicklung bis 2020 Ökonomisches Po-tenzial

Solarenergie 0,9 MTOE 2,3 MTOE 25,2 MTOE

Windenergie 0,6 MTOE 1,4 MTOE 4,1 MTOE

Geothermie 3,7 MTOE 4,9 MTOE ab 2,7 MTOE

Biomasse 6,4 MTOE 5,7 MTOE 25,2 MTOE

Wasserkraft 7,5 MTOE 9,5 MTOE 10,8 MTOE

Total 19,1 MTOE 23,8 MTOE 68 MTOE

Zur zukünftigen Entwicklung der regenerativen Energien lassen sich nur Schätzungen abgeben. Generell wird dabei zwischen der direkten Nutzung und der Stromgewinnung unterschieden. Ein erhöhter Verbrauch wird in beiden Verwendungsarten in Zukunft stattfinden. In Abbildung 8 ist da-bei deutlich zu erkennen, dass zukünftig weiterhin die Wasserkraft im Wesentlichen für die Stro-merzeugung relevant sein wird, wobei die anderen erneuerbaren Energiequellen (abgesehen von der Windenergie) mehrheitlich zur direkten Nutzung gebraucht werden. Biomasse wird in der Tür-kei besonders im Wohnsektor zum Heizen und Kochen benötigt (als nicht-kommerzieller Brenn-stoff). Die Biomasse besteht zu über 80% aus Holz. Dieses wird nun vor allem in den urbanen so-wie teilweise in den ländlichen Gebieten durch neue Energiequellen wie Gas oder Elektrizität sub-stituiert (als kommerzielle Energieträger), da die neuen Energieformen weniger kraftaufwendig (Holz sammeln, Bäume fällen, Ofen heizen) sowie ausreichend und günstig (Gas) zur vielfältigen Verwendung zur Verfügung stehen (IEA 2004b). Im Bereich der Wasserkraft, welche zur Stromer-zeugung genutzt wird, und Geothermie, überwiegend für Fernwärmesysteme verwendet, sollen die Kapazitäten deutlich erhöht werden. Dasselbe gilt für die Solar- und Windenergie, wobei besonders die Windenergie von der derzeitigen gesetzlichen Förderung (Einspeisevergütung seit 2007: 5-5,5 Cent/kWh) profitieren soll. Allerdings rechnet man bei der Sonnenenergie mit thermischen Anwen-dungen, während die Windenergie zur Stromerzeugung genutzt werden soll. Durch die Ausbreitung der anderen erneuerbaren Energiequellen sollen größtenteils die Marktverluste der Biomasse auf-gefangen werden. Prinzipiell wird erwartet, dass in Zukunft die Produktion von Energie aus erneu-erbaren Quellen leicht ansteigen wird. Jedoch ist dabei zu beachten, dass der gesamte Energiebe-darf der Türkei in Zukunft erheblich schneller wachsen wird und dadurch die Marktanteile der er-neuerbaren Energien im Vergleich zum Gesamtenergieverbrauch nicht ansteigen dürften. Des Weiteren ist auffallend, dass die Angaben über Entwicklung und Potenziale sich je nach Quelle un-terscheiden (vergleiche Tabelle 6). So schätzt Reiche (Reiche 2003) das gesamte wirtschaftliche Potenzial der Geothermie in der Türkei geringer ein als es die Schätzungen des Ministeriums für Energie und Ressourcen (MENR) für die geothermische Entwicklung bis 2010 und 2020 vorhersa-gen (Kaygusuz 2002).

Bei dem Begriff Potenzial ist es wichtig, darauf zu achten, dass die technische Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit zur Erschließung und Förderung der Energiequelle berücksichtigt werden. Zudem gibt es, wie eingangs schon erwähnt, keine gesicherten Angaben über das genaue Potenzial son-dern nur Schätzungen. Reiche gibt an, dass das ökonomische Potenzial der erneuerbaren Ener-gien in der Türkei bei 68 MTOE liegt. Dabei würden Biomasse und Solarenergie mit jeweils 37% (25,2 MTOE) den größten Anteil ausmachen. Das wirtschaftliche Potenzial der Wasserkraft liegt

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bei 16% (10,8 MTOE), gefolgt von Wind mit 6% (4,1 MTOE) und Geothermie mit 4% (2,7 MTOE) (Reiche 2003). Bisher ist nur die Wasserkraft mit einer derzeitigen Nutzung von 35% des wirt

schaftlichen Gesamtpotenzials der Wasserkraft annähernd an das Maximum getreten. Bis zum Jahre 2020 soll das Wasserpotenzial zur Stromgewinnung fast vollständig ausgeschöpft werden (vergleiche Tabelle 6). Bei Biomasse sind im Jahre 2003 über 22% des Potenzials erschlossen und energetisch genutzt worden. Ein besonders großes, aber bisher ungenutztes Energiepotenzial, hat die Sonnenenergie. Die Schätzungen von Reiche (Reiche 2003) zeigen, dass im Bereich der neu-en erneuerbaren Energien wie Solar- und Windenergie große Potenziale in der Türkei stecken, aber auch traditionelle Energiequellen wie Biomasse und Wasserkraft noch weiter ausbaufähig sind.

4.2.3 Direkte Solarenergie

Die Solarenergie resultiert aus dem in der Sonne stattfindenden Prozess der Fusion von Wasser-stoffatomen zu Helium. Die durchschnittliche Einstrahlungsintensität in der Türkei beläuft sich auf 1.311 kWh/m2 pro Jahr oder 3,6 kWh/m2 pro Tag. Bezogen auf die durchschnittliche Sonnenein-strahlungsdauer ergibt sich ein Wert von 2.640 Stunden pro Jahr beziehungsweise 7,2 Stunden pro Tag (EIE 2007). Diese Angaben unterliegen je nach geographischer Lage natürlichen Schwan-kungen (siehe Tabelle 7). Dabei ist festzustellen, dass besonders im Südosten der Türkei als auch im Westen und Süden Intensität und Dauer der Einstrahlung besonders hoch sind. Das gesamte türkische Potenzial der Sonnenenergie wird von Reiche (Reiche 2003) mit 25,2 MTOE angegeben. Die Werte, die Tabelle 7 zugrunde liegen, stammen aus dem Jahre 1983. Seit dem Jahre 1992 wurden weitere Messungen vom EIE (Electric Power Resources Survey and Development Admi-nistration) und TMS (Turkish State Meteorological Service) unternommen, um genauere Daten zu bekommen. Nach ersten Auswertungen durch das EIE, wird von einem bis zu 25% höheren Son-nenenergiepotenzial im Vergleich zu 1983 ausgegangen (EIE 2007).

Es gibt außer bei Forschung und Entwicklung keine direkte gesetzliche Förderung der solaren E Kaygusuz nergiegewinnung. Die technische Entwicklung im Bereich Photovoltaik konzentriert sich auf ein paar wenige universitäre Einrichtungen. Özdemir (Özdemir 2002) gibt an, dass die Investiti-onen für eine Photovoltaikanlage bei bis zu 6.000 US Dollar pro kW liegen, wohingegen die Be-triebs- und Wartungskosten auf 0,25 US Dollar pro kWh geschätzt werden. Durch ungenügende Förderung rechnet sich die Photovoltaiktechnologie meistens nur in weit abgelegenen Gebieten als Inselsysteme, wo sonst zu hohe Netzanschlusskosten entstehen würden. Die gesetzliche Einspei-severgütung für EE Strom war mit 4,4 Cent/kWh (2006) bzw. ist nun 5,5 Cent/kWh zu gering, um netzgekoppelte PV-Anlagen wirtschaftlich betreiben zu können. Der Anwendungsbereich für die Nutzung der direkten Sonnenenergie muss sich daher auf einfach zu installierende und preisgüns-tige Systeme beschränken wie folgend erklärt wird.

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Tab. 4.3: Regionale Verteilung des Sonnenenergiepot entials in der Türkei Quelle: nach EIE (2007)

Region Intensität der Sonnenein-strahlung (kWh/m2 pro Jahr)

Dauer der Sonneneinstrah-lung (Stunden pro Jahr)

Südostanatolien 1460 2993

Mittelmeer 1390 2956

Ostanatolien 1365 2664

Zentralanatolien 1314 2628

Ägäis 1304 2738

Marmara 1168 2409

Schwarzes Meer 1120 1971

Es gibt verschiedene Anwendungsbereiche zur Nutzung der Sonnenenergie. Zum einen gibt es die Photovoltaik, bei der mit Hilfe von Solarzellen die Sonnenenergie in Strom umgewandelt wird, zum anderen die solarthermische Nutzung wie beispielsweise die Warmwasseraufbereitung. Ein weite-rer Bereich, der solarthermische Kraftwerke, welche die eingestrahlte Lichtenergie in Solarwärme und anschließend in elektrische Energie umwandeln, umfasst, ist in der Türkei nicht vorzufinden. Das EIE hat lediglich einen parabolförmigen Solarkocher entwickelt und eine Studie über Vakuum-röhren-Sonnenkollektoren für Heiz- und Kühlzwecke angefertigt (IEA 2005).

Bei der Nutzung der direkten Sonnenenergie geht es in der Türkei im Wesentlichen um die Warm-wasseraufbereitung. Diese solarthermische Anwendung wird bisher hauptsächlich in Privathaus-halten und Hotelanlagen sowie fast ausschließlich im Mittelmeerraum und an der Ägäis genutzt. Ungefähr 20% der Haushalte im Westen und Süden der Türkei sind mit einfachen Solarkollektoren ausgestattet (BFAI 2006c). Eine einfache Anlage zur solaren Warmwasseraufbereitung mit vier Quadratmetern Kollektorfläche samt Wassertank aus türkischer Fertigung gibt es schon für 800 Euro (Neidlein 2004). Die gesamte im Einsatz befindliche Flachkollektorenfläche beziffert das EIE auf ungefähr 7,5 Millionen Quadratmetern. Jedoch geht das EIE auch hier davon aus, dass die tat-sächliche Zahl aufgrund mangelhafter Berechnungsgrundlagen höher liegt (EIE 2007). Die IEA (IEA 2005) schätzt die Fläche auf bis zu 10 Millionen Quadratmeter (inklusive Haushalte und groß-flächige Anlagen auf Hotels, Industriegebieten, etc.). Die IEA gibt außerdem für das Jahr 2003 an, dass mit Hilfe der Sonnenkollektoren Wärme in einer Größenordnung von 0,35 MTOE produziert wurde. In der Türkei gibt es mehr als 100 Hersteller von Sonnenkollektoren, die zusammen 2.000 Arbeitskräfte beschäftigen (BFAI 2006c). Es wird aber geschätzt, dass es nur ungefähr 12 mitte-große Hersteller und 50 registrierte kleine Betriebe gibt (dena 2005b). Im Vergleich zu Deutschland (Solarwärme: 12.500 Beschäftigte und 6,7 Millionen m2; Photovoltaik: 30.000 Beschäftigte und 13,5 Millionen m2) sind diese Werte aber noch gering (BSW-Solar 2005). Das jährliche Produkti-onsvolumen an flachen Sonnenkollektoren wird mit 750.000 m2 beziffert ((IEA 2005) geht von 1.000.000 m2 aus). Ein Teil der Fertigung wird exportiert. Die von den verschiedenen Herstellern produzierten Kollektoren werden am Teststand im Forschungspark des EIE für erneuerbare Ener-gien geprüft. Das staatliche türkische Normeninstitut TSE (Türk Standartlari Enstitüsü) hat seiner-seits verbindliche Normen für flache Sonnenkollektoren („TS-3680“) sowie für den Bau, die Installa-tion und den Betrieb von Warmwasseraufbereitungsanlagen („TS-3817“) vorgegeben (BFAI 2006c).

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Auf dem Gebiet der Photovoltaik führt das EIE eine Reihe von Untersuchungen durch und betreibt mehrere Pilotprojekte. Diese umfassen neben kleinen PV-Inselsystemen auch netzgekoppelte Pro-jekte. Zu den Inselsystemen gehören Photovoltaiksysteme wie beispielsweise Wachtürme des Mi-nisteriums für Umwelt (175 kW), Wasserpumpen, Straßenlampen, Wetterstationen (50 kW) und Notruftelefone auf bestimmten Autobahnstrecken (25 kW). Darüber hinaus gibt es auch verschie-dene Referenzprojekte meist privater Firmen, deren genaue Gesamtleistung nicht veröffentlicht wird. Dabei handelt es sich unter anderem um die Energiegewinnung für Mobilfunk-Relaisstationen, Leuchttürme, Segeljachten, Verkehrsampeln und Erdbebenmessstationen (BFAI 2006c). Es gibt auch eine PV-Inselsystem-Versuchsanlage aus dem Jahre 1985, die 1,6 kW an Strom produziert. Was die netzgekoppelten Systeme angeht, so befindet sich eine Anlage zur Stromgewinnung mit 4,8 kW Leistung im Trainings- und Forschungszentrum in Didim (IEA 2005). Eine weitere PV-Anlage, die an das Stromnetz angeschlossen ist, leistet 1,2 kW und wurde im Jah-re 2002 in Ankara in Betrieb genommen (IEA 2005). Nach Angaben des EIE beläuft sich die instal-lierte Leistung der gesamten Photovoltaik-Anlagen (Inselsysteme und netzgekoppelt) in der Türkei auf ungefähr 300 kW, wobei Inselsystem den weitaus größeren Anteil stellen (EIE 2007).

Bis zum Jahre 2010 soll die Solarenergie 0,9 MTOE und 2020 2,3 MTOE zur Energieproduktion beitragen (Kaygusuz 2002). In den nächsten Jahren wird die Steigerung überwiegend auf der di-rekten Nutzung der Sonnenenergie (Warmwasseraufbereitung) beruhen. Die Photovoltaik soll aber weiter (in kleinem Rahmen) ausgebaut werden, jedoch erst einmal ohne spezifische gesetzliche Förderung. Ein Hauptgrund sind die hohen erforderlichen Investitionen; dies widerspricht der türki-schen Energiepolitik, möglichst kosteneffektive Energiequellen auszubauen.

4.2.4 Windenergie

Die Windenergie hat in der Türkei in den letzten Jahren an Beachtung und Bedeutung gewonnen. Das Potenzial dieser Energiequelle gilt als eines der höchsten in ganz Europa. Die Regionen der Ägäis und des Marmarameeres sowie der Südosten der Türkei zeichnen sich durch günstige topo-graphische Bedingungen aus (Reiche 2003). Die Küstenregionen im westlichen Teil des Landes haben eine jährliche Durchschnittswindgeschwindigkeit von über 2,5 m/s (IEA 2004b). Um dieses Potenzial einzuordnen und zu klassifizieren, hat das EIE mit Hilfe von historischen Daten des TMS (Turkish State Meteorological Service) eine Windkarte mit jährlichen Durchschnittswerten erstellt (Reiche 2003). Zwischen 1989 und 1999 wurden dazu Daten aus 45 Messstationen gesammelt und ausgewertet. Diese Windmessungen können auch von privaten Interessenten erworben wer-den. Neben staatlichen Institutionen sind auch zahlreiche private Unternehmen an Windmessun-gen (bis zu 500 Standorte) beteiligt, welche im Zuge von Machbarkeitsstudien für geeignete Wind-parkstandorte durchgeführt worden sind (IEA 2005). In Zukunft soll der Windatlas in einen Wind-energiepotenzial-Atlas weiterentwickelt werden, um wiederum Auskunft über aktuelle Winddaten, Landstruktur und Netzanschlussmöglichkeiten geben zu können. Dies soll dazu dienen, relevante Informationen für mögliche Investoren und Planer zugänglich zu machen (IEA 2005).

Bei den Daten, wie sie in Tab. 4.4 gezeigt werden, fällt besonders die Marmara-Region durch ihre hohen Werte auf. Dieser Eindruck wird auch durch die Windkarte in Abbildung 12 bestätigt. Obwohl die Windmessungen nicht so ausführlich und zahlreich sind wie in anderen Windenergie fördern-den Ländern, so verstärkt das EIE jedoch seine Anstrengungen, aktuelle Daten zu liefern. Weitere Windmessstationen wurden in Gebieten errichtet, die als besonders förderungswürdig gelten. Die-se Regionen - mit Städten wie Kocadag, Bandırma, Gelibolu, Gokceada, Akhisar und Bodrum - hatten zwischen 1998 und 2002 Windgeschwindigkeiten von durchschnittlich 5 m/s (Kose 2003). Je nach Quelle gibt es aber unterschiedliche Angaben über das Gesamtpotenzial der Windenergie in der Türkei. So schwanken die Werte für das technische Potenzial zwischen 9.000 MW und

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83.000 MW (onshore) (Reiche 2003). Das wirtschaftliche Potenzial wird mit 4,1 MTOE angegeben (Reiche 2003).

Tab. 4.4: Regionale Verteilung des Windenergiepoten zials in der Türkei Quelle: Kaygusuz (2006); IEA (2006c)

Durchschnittliche Windenergie pro Jahr Region

Leistungsdichte (W/m 2) Geschwindigkeit (m/s)

Marmara 51.91 3.29

Südostanatolien 29.33 2.69

Ägäis 23.47 2.65

Mittelmeer 21.36 2.45

Schwarzes Meer 21.31 2.38

Zentralanatolien 20.14 2.46

Ostanatolien 13.19 2.12

Türkei Durchschnitt 25.81 2.57

In den letzten Jahren wurden von privaten Firmen einige Windkraftprojekte nach dem BOT-Betreibermodell in Angriff genommen. Obwohl die BOT-Modelle Ende 2000 eingestellt worden sind, werden die bis dato genehmigten 17 Windenergieprojekte noch umgesetzt. Der Großteil die-ser Projekte wurde in Cesme bei Izmir durchgeführt. Nach dem Inkrafttreten des Gesetzes über die Einspeisevergütung für Strom aus erneuerbaren Energiequellen (2005) stellten mehrere Unter-nehmen bei der Regulierungsbehörde für den Energiemarkt (EMRA) Anträge für den Bau von Windkraftanlagen mit einer Kapazität von insgesamt ungefähr 4.000 MW. Die Behörde erteilte da-nach 36 Lizenzen mit einer Kapazität von zusammen 1.350 MW. Es handelt sich dabei größtenteils um Vorhaben mit einer installierten Leistung von jeweils zwischen 20 und 60 MW, die in der ägäi-schen Region und in der westlichen Provinz Balikesir durchgeführt werden sollen. Der Windenergie kommt in dem EE Gesetz eine Schlüsselrolle zu, obwohl auch Sonnenenergie, Energie aus Bio-masse und Biogas, geothermische Quellen und auch Wasserkraft (bis 15 m2 Stauseefläche) inbe-griffen sind (BFAI 2006c). Aufgrund der Einspeisevergütung von 5-5,5 Cent/kWh (seit 2007) profi-tiert aber besonders Strom aus Windenergie von dem genannten Gesetz. Weiterhin wurden die Netzbetreiber dazu verpflichtet, den Strom aus erneuerbaren Energiequellen in das nationale Netzwerk mit einzubinden und an den Verbraucher weiterzuleiten. Für das Jahr 2005 hatte sich die türkische Regierung das Ziel gesetzt, zwei Prozent der gesamten installierten Leistung durch Windenergie zu decken. Zwischen den Jahren 2000 und 2006 wurden allerdings keine neuen Windenergieanlagen gebaut. So ist die Windenergie an der gesamten Stromerzeugung aus erneu-erbaren Energiequellen mit weniger als 0,13% beteiligt gewesen. Die Zielsetzung wurde auf einen späteren Zeitpunkt verschoben und könnte aufgrund des EE Gesetzes in einigen Jahren erfüllt werden (IEA 2004b).

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Die Windenergie soll zur Stromerzeugung genutzt werden, um dem wachsenden Strombedarf der Türkei gerecht zu werden. Dabei handelt es sich demnach um netzgekoppelte Systeme, die den Strom in das nationale Netz einspeisen. Der Anteil des aus Windkraft gewonnenen Stroms ist der-zeit aber noch sehr klein. Mehrere Privatfirmen haben jedoch Projekte für den Aufbau von Wind-kraftanlagen ausgearbeitet, für deren technische Belieferung und Mitfinanzierung ausländische Partner benötigt werden. Großes Interesse zeigen deutsche Unternehmen wie beispielsweise Enercon, Ostwind, Dewind (BFAI 2006c).

Bisher gibt es erst vier Windparks in der Türkei. Alle liegen sie im Westen des Landes und wurden seit 1998 gebaut. Die ersten drei wurden zwischen 1998 und 2000 fertig gestellt und haben eine Gesamtkapazität von 19,1 MW. Dir erste Anlage (1,7 MW) wurde im Februar 1998 in Germiyan bei Izmir erricht. Im November desselben Jahres wurde ein zweiter Windpark (7,2 MW) in Alcatı nahe Izmir gebaut. Die bis dahin größte Anlage (10,2 MW) wurde im Jahre 2000 in Bozcaada in der Nä-he von Çanakkale in Betrieb genommen (Kaygusuz 2006). Die Anlage in Bozcaada ist ein Beispiel für die bilaterale Kooperation im Bereich der erneuerbaren Energien. Der Betreiber ist das Unter-nehmen Bozcaada Rüzgar Enerji Sentrali (BOREAS A.Ş.), welches aus einem Joint Venture der Demirer Holding und des deutschen Turbinen-Herstellers Enercon hervorgegangen ist. Die Deut-sche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) stellte einen Kredit für die Finanzierung des Projektes zur Verfügung. Seit dem Jahr 2004 stellt Enercon Aero Turkey Rotorenblätter (vier Stück pro Woche) in der Freihandelszone von Izmir her, die aber überwiegend für den europäischen Ex-portmarkt gedacht sind (Neidlein 2004). Im Jahre 2006, also sechs Jahre nach Errichtung des letz-ten Windparks in der Türkei, wurde ein weiterer in der Hafenstadt Bandirma, 100 Kilometer südlich von Istanbul in Betrieb genommen (NRW Export 2006). Die Windenergieanlage (Bares II) hat eine Kapazität von 30 MW und wurde mit Hilfe des U.S. Unternehmens General Electric (GE), welches die Anlagen für das größte Windparkprojekt in der Türkei liefert, erbaut. Der Strom wird in das nati-onale Netz der Turkish Power Transmission Company (TEIAS), den türkischen Betreiber von

Abb. 4.2: Windkarte Türkei Quelle: Kaygusuz (2006)

Windgeschwindigkeit in 10m Höhe (in m/s)

Schwarzes Meer

Mittelmeer

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Hochspannungsnetzen, eingespeist und auf dem freien Strommarkt verkauft. Bis Ende 2006 sind in der Türkei Windenergieanlagen (WEA) mit einer Gesamtkapazität von 50 MW errichtet worden.

Die drei Windenergieanlagen, die in den Jahren 1998 und 2000 errichtet wurden, sind mit Hilfe des BOT-Finanzierungsmodells verwirklicht worden, welches den privaten Betreibern eine Abnahme des produzierten Stroms zusichert. Die Investitionen für das Windparkprojekt in Bozcaada (10,2 MW) betrugen ungefähr 13 Millionen US Dollar und die Investition sollten sich innerhalb von sechs Jahren wieder amortisiert haben. Nach diesem Zeitraum soll das Projekt in den staatlichen Besitz (wie es das BOT-Modell vorsieht) übergehen (IEA 2004b). Bei den anderen BOT-Projekten wird es sich ähnlich verhalten, wobei die Amortisationszeiträume sogar noch kürzer sind. Obwohl das BOT-Modell Ende 2000 eingestellt wurde, werden weitere 17 schon genehmigte Windenergiepro-jekte noch umgesetzt. Der Windpark Bares II, errichtet in Bandirma im Jahre 2006, ist das erste Windenergieprojekt in der Türkei, das sich ausschließlich in Privatbesitz befindet. Zusätzlich zur Lieferung der WEA für Bares II ist General Electric für die Errichtung und den Betrieb der Anlagen verantwortlich und wird für zwei Jahre auch die Wartung des Windparks übernehmen (IG Windkraft 2006). Dieses Beispiel zeigt, dass das BOT-Modell (bis 2000) bzw. die gesetzliche Einspeisevergü-tung von 4,4 Cent/kWh (2006) bzw. 5-5,5 Cent/kWh (seit 2007) erfolgreich zu privaten (nationalen und internationalen) Investitionen im Bereich Stromerzeugung durch Windenergie führen kann. Ebenso werden auch Dienstleistungen von internationalen Unternehmen (beispielsweise GE) an-geboten. Dies lässt darauf schließen, dass türkische Dienstleistungsunternehmen im Bereich Windenergie noch nicht ausreichend auf dem Markt vertreten sind.

Es gibt auch bereits deutsche Unternehmen, die im türkischen DL-Markt tätig. Das Deutsche Windenergie-Institut (DEWI) führte beispielsweise Windmessungen im Auftrag diverser türkischer Kunden (BEST, Yelen Enerji, AKSA Enerji Üretim) durch (DEWI 2000). Das deutsche Unterneh-men InnoVent ist ein hochspezialisiertes Ingenieursunternehmen mit Erfahrung in Planung und Realisierung von Windparkprojekten in Europa, China und Brasilien. Mit Hilfe der Windmessungen durch das DEWI konnte InnoVent Ende Dezember 2006 mit dem Bau eines Windparks in Yuntdağ nahe Izmir (Investitionen 50 Millionen EUR) beginnen. Im Westen der Türkei führt InnoVent in Zu-sammenarbeit mit dem türkischen Unternehmen Dost Enerji A.S. Projektentwicklung, Planung und Realisierung des Projektes durch. Insgesamt sollen 17 moderne Nordex N90-2500 kW Turbinen bis Ende 2007 geliefert werden. Dost Enerji hat bereits angekündigt, dass es die Betreibergesell-schaft InnoRes A.S. komplett von InnoVent übernehmen möchte (InnoVent 2006). Ab Oktober 2007 liefert das deutsche Unternehmen Enercon 12 Windenergieanlagen des Typs E-82 mit einer Leistung von jeweils 2 MW an das türkische Unternehmen Lodos Elektrik Üretim A.S. Die Wind-energieanlagen bilden den Windpark Kemerburgaz, der auf einer Hügelkette rund 35 km nordöst-lich von Istanbul und 9 km von der Schwarzmeerküste entfernt errichten wird. Die Inbetriebnahme ist für März 2008 geplant. Für das Projekt mit einem Gesamtvolumen von 24,5 Millionen Euro stellt der Bund eine Ausfuhr- sowie Finanzkreditgarantie bereit. Darlehensgeber ist die Landesbank Ba-den-Württemberg. Lodos Elektrik Üretim A.S. wurde vor Ort beraten durch das türkische Unter-nehmen DARUMA Corporate Finance Inc., Istanbul (AGA 2006). Bei dem ausländischen Besteller und zukünftigen Betreiber des Windparks handelt es sich um ein Unternehmen der Alto-Gruppe, das bisher potentielle Standorte für Windkraftanlagen in der Türkei untersuchte. Der ab 2008 ge-wonnene Strom soll an die Vertriebsgesellschaft Elpada Enerji Dagitim Pazarlama San. ve Tic. A.S. verkauft werden.

Es gibt also derzeit viele Kooperationsprojekte im Bereich der Windenergieanlagen. Insgesamt wird mit einem Anstieg der Windenergie auf 0,6 MTOE im Jahre 2010 und 1,4 MTOE im Jahre 2020 gerechnet (EIE 2007). Langzeitstudien gehen davon aus, dass die Windenergiekapazitäten von derzeit 50 MW (2006) auf 1.769 MW (2010) beziehungsweise 3.019 MW (2020) gesteigert

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werden können (IEA 2005). Die Windenergie soll in Zukunft zu einer wichtigen Stromerzeugungs-quelle ausgebaut werden. Darauf zielt auch das EE Gesetz, welches im Wesentlichen mit 5-5,5 Cent/kWh Einspeisevergütung die Produktion von Strom aus Windenergie wirtschaftlich macht und somit private Investoren für diese Projekte gewinnt.

4.2.5 Geothermie

Die im Erdinneren gespeicherte Wärme, die während der Erdentwicklung und durch radioaktiven Zerfall entstanden ist, nennt man geothermische Energie. Die Türkei befindet sich auf einem tekto-nisch sehr aktiven Gürtel, welcher sich entlang der Alpen-Himalaja Gebirgskette streckt. Dies führt dazu, dass die Türkei eines der höchsten Potenziale an geothermischer Energie in der Welt hat. Das geothermische Potenzial befindet sich aufgrund der hohen Anzahl von so genannten Graben-brüchen überwiegend im Westen der Türkei. Quellen mit niedrigen und mittleren Temperaturen be-finden sich auch in Mittel- und Ostanatolien, wo Vulkanaktivitäten und viele Verwerfungen vorzufin-den sind (ZREU 2005). Gemäß Tab. 4.5 liegen über zwei Drittel des geothermischen Energiepo-tenzials der Türkei in der Ägäisregion im Westen des Landes. Betrachtet man die thermischen Ei-genschaften der Quellen, so befinden sich die meisten Quellen mit Temperaturen über 100°C ebenfalls im Westen. Über 26% der Quellen in dieser Region haben eine Temperatur von 150°C und mehr, was sie unter geothermischen Gesichtspunkten sehr geeignet für die elektrische Strom-gewinnung macht. In den anderen Regionen kommen diese Temperaturen nur sehr selten vor (ZREU 2005). Das Bfai stellt Informationen über die 13 Gebiete zur Verfügung, die dem EIE zufol-ge zur Stromerzeugung geeignet sind. Neben Informationen zu den Temperaturen der Quellen werden Potenzialabschätzungen zur Stromerzeugung aufgeführt (s. Tab. 4.6).

Bei der genauen Einschätzung des Energiepotenzials der Geothermie gibt es verschiedene Ansät-ze. Dabei wird im Allgemeinen zwischen direkter Nutzung und Stromerzeugung unterschieden. Reiche (Reiche 2003) geht von einem wirtschaftlichen Potenzial von 2,7 MTOE aus, ohne dabei die verschiedenen Anwendungsbereiche zu unterscheiden. Das General-Directorate of Mineral Research and Exploration (MTA) beziffert das Potenzial für direkte geothermische Anwendungen wie Fernwärmesysteme, Gewächshäuser und Balneologie auf 31.500 MW und für elektrische Energie auf 4.500 MW. Dies bedeutet umgerechnet, dass ca. 30% der türkischen Haushalte (unge-fähr 5.000.000 Haushalte) mit Hilfe geothermischer Quellen geheizt werden könnten (Mertoglu 2000). Eine Studie des Spitzenverbandes der türkischen Industrie TÜSIAD kommt auf ein ökono-misch nutzbares Potenzial von 2.400 MW für direkte Anwendungen und 350 MW für die Stromer-zeugung (Reiche 2003). Die EIE (Electric Power Resources Survey and Development Administra-tion) schätzt das Potenzial für direkt verwendbare Wärme ebenfalls auf 31.500 MW, das für geo-thermische Stromerzeugung auf 2000 MW (BFAI 2007).

Tab. 4.5: Regionale Verteilung des geothermischen E nergiepotenzials in der Türkei Quelle: eigene Darstellung nach ZREU (2005)

Region Städte Anteil am geothermischen Energiepotenzial (in %)

Marmarameer Istanbul, Bursa 12,8

Schwarzes Meer Samsun, Trabzon 1,9

Ostanatolien Malatya, Erzurum 2,5

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Tab. 4.6: Für die Stromerzeugung geeignete Geotherm algebiete Quelle: eigene Darstellung nach BFAI (2007)

Provinz Gebiet Temperatur (°C) Potenzial 2013 (MW)

Denizli Kizildere 242 80

Aydin Germencik 232 130

Manisa Alasehir-Kavaklidere 213 15

Manisa Salihli-Göbekli 182 15

Canakkale Tuzla 174 80

Aydin Salavatli 171 65

Kütahya Simav 162 35

Izmir Seferihisar 153 35

Manisa Salihli-Caferbey 150 20

Aydin Sultanhisar 145 20

Aydin Yilmazköy 142 20

Izmir Balcova 136 5

Izmir Dikili 130 30

Die Anreize, die von dem BOT Gesetz bis Ende 2000 ausgingen, haben nur bedingt zum Erfolg ge-führt. So gab es wenige Projekte, die in Folge des Gesetzes umgesetzt wurden. In Hinblick auf die Höhe der Forschungsgelder hat die Geothermie im Vergleich zu anderen erneuerbaren Energie-quellen am meisten profitiert. In dem Zeitraum von 1980 bis 2002 beanspruchte die Geothermie 37% (6,1 Millionen US Dollar) der gesamten Ausgaben für EE Forschung und Entwicklung(REC 2005). Im Sommer 2007 wurde das Gesetz über geothermale Quellen und natürliche mineralhalti-ge Wasser veröffentlicht, demzufolge neben dem Staat auch juristische Personen und Privatunter-nehmen Nutzungsrechte erwerben können (BFAI 2007). Die Kosten für die Stromerzeugung aus geothermischen Quellen werden zwischen 0,03 und 0,10 EUR pro kWh angegeben (IEA 2004b). Diese Angaben würden sich damit teilweise im Bereich der Kosten für Strom aus konventionellen Energieträgern befinden und somit wettbewerbsfähig sein. Voraussetzung dafür sind aber techni-sche und umweltverträgliche Lösungsansätze. Die geothermischen Fernwärmesysteme sind schon jetzt in manchen Regionen der Türkei günstiger als vergleichbare konventionelle Systeme. Investi-tionen sind insbesondere für die Verlegung von Verteilungsleitungen notwendig, bislang beträgt die größte Entfernung zwischen Quelle und Nutzung der Wärme 18 km. Zum einen soll durch den Ein-satz geeigneter Materialien der Temperaturverlust möglicht gering sein. Zu anderen stellt die che-mische Zusammensetzung des Wassers Ansprüche an die eingesetzten Materialien, da Korrosi-onsgefahr besteht.

Bis 2005 wurden über 700 Produktions- und Messbohrungen durchgeführt, was aber angesichts des großen Potenzials an Wärmequellen immer noch gering ist. Fast 87% dieser Bohrlöcher befin-den sich im Western der Türkei und 11% in Zentralanatolien. Die meisten Bohrungen wurden vom MTA (General-Directorate of Mineral Research and Exploration) durchgeführt. Dabei werden über zwei Drittel der Projekte von Gemeinden und ihren staatlich geführten Unternehmen finanziert. Nur ungefähr 16% finanziert das MTA selbst und weniger als 12% kommen aus der Privatwirtschaft (ZREU 2005). Die zwei Anwendungsbereiche für geothermische Energie wurden bereits genannt. Insgesamt beläuft sich die installierte Leistung im Jahre 2005 für thermische Anwendungen auf 990

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MW und für geothermische Stromerzeugung auf 12 MW (ZREU 2005). Die gesamte geothermi-sche Produktion machte im Jahre 2001 ungefähr 7,4% der gesamten EE Produktion aus.

Im Jahre 2005 wurden bereits 61.000 Haushalte mit Wärme aus geothermischen Quellen beheizt (geothermische Fernwärmesysteme). Insgesamt gibt es 26 Gebiete in denen Wärme aus geother-mischen Feldern genutzt wird. Die größten Fernwärmesysteme gibt es in den Städten Gönen, Si-mav und Kırşehir. Des Weiteren werden insgesamt 600.000 m2 Gewächshäuser und 195 balneo-logische Einrichtungen wie beispielsweise Spa Ressorts mit geothermischer Wärme versorgt. Für 150.000 weitere Haushalte wurden bereits Studien für den Anschluss an das geothermische Fern-wärmesystem erstellt (ZREU 2005). Die direkten geothermischen Anwendungen sind zwischen 1990 und 2001 um jährlich 4,4% gewachsen (von 17.000 TJ auf ca. 32.000 TJ) (IEA 2004b).

Derzeit existieren zwei geothermische Kraftwerke zur Stromerzeugung. Eins steht in Denizli-Kızıldere im westlichen Teil Anatoliens. 1974 als Pilotprojekt (0,5 MW) von dem staatlichen Unter-nehmen TEAS (seit 2000 in drei Unternehmen aufgeteilt) gebaut, wurde 1984 ein geothermisches Kraftwerk mit 20,4 MW installierter Antriebsleitung erbaut. Später wurde zusätzlich eine Fabrik zur Herstellung von flüssigem Kohlenstoffdioxid und Trockeneis (120.000 Tonnen jährlich) errichtet (Mertoglu 2000). Besonders bei der Stromherstellung hat die türkische Anlage viele Probleme zu bewältigen wie gelegentlichen Druckabfall im Reservoir, „carbonate scaling“, technische Probleme bei der „Re-injection“ Methode oder Umweltverschmutzung durch Auslaufen von Wasser mit ho-hem Bor-Anteil. Dies führte unter anderem dazu, dass die installierte Antriebsleitung von 20,4 MW auf ungefähr 12 MW zurückging (ZREU 2005). Ein weiteres Kraftwerk mit einer Kapazität von ca. 10 MWel befindet sich in Aydin – Salavatli (fesa e.V. 2008).

Neben den bestehenden Fernwärmesystemen und den Kraftwerken in Denizli-Kızıldere und Aydin – Salavatli, sind vier weitere Anlagen zur Stromerzeugung unter anderem in Germencik (zusam-men etwa 70 MWel) sowie einige Anlagen zur Wärmeerzeugung und -weiterleitung in Planung oder teilweise schon in Bau (fesa e.V. 2008). Das ZREU gibt an, dass bis zum Jahre 2010 unge-fähr 500.000 Haushalte mit 3.500 MW beziehungsweise bis 2020 ungefähr 1,2 Millionen Haushalte mit 8.300 MW geothermischer Wärme versorgt sein werden. Hinzu kommen 895 MW (2010) be-ziehungsweise 2.500 MW (2020) balneologische Anwendungen und 500 MW (2010) beziehungs-weise 1.000 MW (2020) Stromerzeugung aus geothermischen Quellen (ZREU 2005). Bei Reiche werden die Werte mit 3,8 MTOE (2010) und 5,3 MTOE (2020) angegeben (Reiche 2003). Dem Entwicklungsplan der türkischen Regierung 2007-2013 zufolge soll die Stromerzeugung aus Geo-thermie bis 2013 auf 550 MW ansteigen. Durch die Veröffentlichung des Gesetzes über geother-male Quellen und natürliche mineralhaltige Wasser wurden die Aufgaben und Pflichten von staatli-chen und privaten Akteuren geklärt und somit Investitionssicherheit schaffen (BFAI 2007).

Der private Sektor scheint beim Ausbau geothermischer Anlagen generell kaum vertreten zu sein. Dies könnte einerseits an den noch vorherrschenden technischen Problemen im Bereich der Stromgewinnung liegen, anderseits sind die Wärmeverteilernetze auch oft unter staatlicher Kontrol-le und daher kaum zugänglich für private Investoren. Des Weiteren liegen kaum staatliche Anreiz-programme für private Investoren vor, die die Schwierigkeit und das Risiko der hohen Investitionen vermindern könnten (ZREU 2005). Aufgrund fehlender rechtlicher Sicherheit und finanzieller Anrei-ze sowie der hohen Investitionssumme bei geothermischen Anlagen sind private Unternehmen (in der Minderheit) bislang nur an Messbohrungen zur Entdeckung von geeigneten Geothermiefeldern beteiligt. Geothermische Anwendungen können in der Türkei aufgrund der geologischen Gegeben-heiten vielseitig angewendet werden, besonders im Wärme Kälte-Bereich, wo es teilweise preis-werter ist als der Einsatz konventioneller Energieträger (ZREU 2005). Ohne einen geeigneten staatlichen Förderrahmen (Gesetzgebung, Abbau und Transparenz von bürokratischen Barrieren, finanzielle Anreize) wird es für private Unternehmen wenig attraktiv sein, in den Markt der Geo-

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thermie zu investieren - trotz ausreichend vorhandener geothermischer Ressourcen. Es gibt Be-strebungen von deutscher Seite den Markt für Unternehmen aus der BRD transparenter und attrak-tiver zu gestalten. Die Exportinitiative der dena organisiert im Rahmen des AHK-Geschäftsreiseprogramms Anfang 2009 einen Auslandsaufenthalt in der Türkei (Izmir oder Ankara) zu dem Thema Geothermie. Ziel des Aufenthalts sind in erster Linie individuelle Gesprächstermine von deutschen Unternehmern mit potenziellen Geschäftspartnern aus der Türkei und/oder Ent-scheidern aus Administration und Politik (dena 2008). Der Deutsch-Türkische Workshop, der in Gelsenkirchen am 5.11.2008 mit Unterstützung des BMWi durchgeführt wurde, sollte Kontakte ins-besondere zu Einkäufern aus der Türkei herstellen. Seit Ende des Jahres 2008 ist zudem das tür-kische Gethermie-Portal online, das über ein Branchenverzeichnis ausländischen und türkischen Unternehmen die Möglichkeit gibt, sich in der Branche vorzustellen (www.jeotermal.web.tr5).

4.2.6 Biomasse

Die Biomasse, die in der Türkei überwiegend genutzt wird, besteht aus Brennholz und auch tieri-schen Abfällen (Dung). Biomasse kann aufgrund seiner Herkunft unterschieden werden. Neben Holz können tierische und pflanzliche Abfallprodukte sowie landwirtschaftliche Reste zur Energie-gewinnung genutzt werden. Besonders im wenig industrialisierten Osten und Südosten des Landes stehen relativ große Forst- und Landwirtschaftsflächen zu Verfügung. Insgesamt werden über 26% der Gesamtfläche von Wald eingenommen und über 36% landwirtschaftlich genutzt (Wikipedia 2007). Die Wälder werden allerdings als Allgemeingut betrachtet und in diesem Sinne auch kaum offiziell bewirtschaftet. Die Waldfläche in der Türkei wird auf insgesamt 20,2 Millionen Hektar ge-schätzt. 44% davon sind bewirtschafteter Wald. 5 Millionen Hektar könnten insgesamt für Energie-anwendungen genutzt werden. Weiterhin schätzt die gtz (in: (Reiche 2003)), dass 41 Millionen Tonnen organischen Abfalls aus der Landwirtschaft, 30 Millionen Tonnen aus der Pflanzenproduk-tion und 11 Millionen Tonnen tierischen Abfalls zur Energiegewinnung aus Biomasse genutzt wer-den können. Reiche (2003) gibt das gesamte wirtschaftliche Potenzial der Biomasse mit ca. 25 MTOE an, womit Sonnenenergie und Biomasse die höchsten (ökonomischen) Potenziale unter den gesamten regenerativen Energien des Landes hätten. Kaygusuz gibt als ertragsfähiges Biomasse-Potenzial 16,9 MTOE an (Kaygusuz 2002). Der größte Anteil ist auf Reste der Landwirtschaft und Forstwirtschaft sowie auf Feuerholz zurückzuführen.

Im Bereich der Energiegewinnung aus Biomasse gibt es keine gesetzlichen Förderinstrumente. Die einzigen Maßnahmen, die der türkische Gesetzgeber unternommen hat, beschränken sich auf ein Wald-Management-System, um dem illegalen Abholzen entgegenwirken zu können. Weiterhin sol-len verstärkt Energiewälder (moderne Biomasse) angelegt werden. Nur im Bereich der Forschung und Entwicklung nimmt der Bereich Biomasse eine wichtige Rolle ein (IEA 2005).

Biomasse ist mit einem Anteil von 53% (5,4 MTOE) am gesamten EE Verbrauch (2005) beteiligt und ist somit die wichtigste erneuerbare Energiequelle in der Türkei. Bei dieser Betrachtung wird jedoch nicht zwischen den verschiedenen Nutzungsarten der Biomasse unterschieden. Im Jahre 1980 hatte sie einen Anteil von 20% am gesamten Primärenergieverbrauch des Landes (Kaygusuz 2002). Im Jahre 2005 belief sich dieser nur noch 6,3% (5,4 MTOE) (IEA 2008). Die Tendenz der Biomassenutzung ist seit den 1990er Jahren fallend. Dabei muss aber zwischen den verschiede-nen Einsatzgebieten der Biomasse unterschiednen werden. Neben der energetischen spielt die

5 Die Seite wird derzeit ausschließlich auf türkisch betrieben.

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stoffliche Nutzung der Biomasse eine wichtige Rolle. In der Forstwirtschaft sind bis zu bis zu neun Millionen Arbeiter beschäftigt. Diese sind aber überwiegend in Sägewerken oder Holzverarbei-tungsfabriken angestellt. Jährlich müssen 2,5 Millionen Kubikmeter Holz für die industrielle Weiter-verarbeitung importiert werden (Kaygusuz 2000). Dies lässt drauf schließen, dass die begrenzten Waldvorkommen nicht ausreichen, um die Nachfrage für die stoffliche sowie für die energetische Nutzung zu decken. Allerdings gilt der türkische Markt als vielversprechend aufgrund der großen Nachfrage von Holzprodukten.

Das Spektrum der energetischen Nutzung reicht von der Wärmegewinnung bis hin zur Stromer-zeugung und Treibstoffgewinnung für den Transportsektor. In der Türkei wird der dominierende Teil der Biomasse in Form von Holz zum Heizen und Kochen genutzt. Diese klassische Art der energetischen Selbstversorgung findet man besonders im Wohnungssektor. Das Heizen und Ko-chen mit Holz in einfachen Öfen ist nicht nur in ländlichen Gegenden sondern auch in Großstädten wie Istanbul und Ankara weit verbreitet. Die eingesetzten Heiz- und Kochgeräten sind meistens einfach aufgebaut und von geringem Effizienz- und Preisniveau. Genaue Angaben zu Holzöfen und anderen Geräten lassen sich aber kaum finden. Auf dem Land (früher auch in der Stadt) wird das benötigte Brennholz oft aus Wäldern geholt. Es wird geschätzt, dass über die Hälfte der ge-nutzten Biomasse illegal aus Wäldern und landwirtschaftlich geprägten Regionen genommen wird (Kaygusuz 2002). In den städtischen Haushalten wurde Brennholz teilweise durch andere Energie-träger wie Gas substituiert, da die Gaspreise für Privatkunden relativ gering sind und die türkische Regierung besonders in den Ballungszentren die Luftverschmutzung durch Holzöfen vermeiden will.

Die Stromerzeugung aus Biomasse stellt ein eher marginales Feld in der Türkei dar. Das ökonomi-sche Potenzial an Biogas, welches zur Stromgewinnung genutzt werden könnte, ist mit 1,5 bis 2 MTOE relativ gering. Im Jahre 2003 waren zwei Biogaskraftwerke mit einer Gesamtkapazität von 5 MW in Betrieb. Eine weitere Anlage in Adana mit 1 MW installierter Leistung befindet sich im Li-zenzierungsverfahren (IEA 2005). Es gibt jedoch verstärkt Forschungsanstrengungen im Bereich der Biogasanlagen. Des Weiteren nennt die IEA die Möglichkeit der Energiegewinnung aus Müll-verbrennungsanlagen (IEA 2005). Ende 2003 lag die installierte Leistung in diesem Bereich bei 27,6 MW, wobei sich alle Anlagen im industriellen Sektor befinden und zur Selbstversorgung (au-toproduction) dienen. Aus Biomasse-Kraftwerken wurde kein Strom in das Netz eingespeist.

Die Verwendung von so genannten Biokraftstoffen ist in der Türkei nicht über den Forschungssta-tus hinausgekommen. Im Bericht der IEA wird aber erwähnt, dass die Regierung Fördermaßnah-men in Betracht zieht, die Biokraftstoffe im Transportsektor betreffen (IEA 2005). Die Abhängigkeit der Türkei von importiertem Öl lässt sich besonders im Transportsektor gut ausmachen, da es so gut wie keine Substituierungsmöglichkeiten gibt. Generell lässt sich sagen, dass in der Industrie und im Transport so gut wie keine Biomasse zur energetischen Verwendung genutzt wird.

Es wird geschätzt, dass die Biomasse auch in Zukunft an Bedeutung verlieren wird. Reiche sieht den Anteil der klassischen Biomasse im Jahre 2010 auf 5,7 MTOE und im Jahre 2020 auf 4,0 MTOE fallen, während die moderne Biomasse (aus Energiewäldern und -landwirtschaft) auf 1,7 MTOE in 2010 und auf 3,5 MTOE in 2020 steigen soll (Reiche 2003). Die IEA geht davon aus, dass die Bedeutung der Biomasse in Zukunft noch geringer sein wird. Die Schätzungen liegen für das Jahr 2010 bei 4,4 MTOE und für 2020 bei 3,9 MTOE (IEA 2005). Obwohl die Biomasse die meistgenutzte erneuerbare Energiequelle in der Türkei ist, so sind doch kaum Unternehmen in die-sem Bereich aktiv. Die technischen Herausforderungen liegen im Bereich Biogas, Biokraftstoffe und Müllverbrennungsanlagen. Forschungsprojekte gibt es bereits, aber eine große kommerzielle Umsetzung der Stromgewinnung aus Biomasse hat nicht stattgefunden. Es hat nicht den Anschein,

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dass diese Bereiche in naher Zukunft expandieren werden und somit sind Investitionen durch Un-ternehmen sehr begrenzt.

4.2.7 Wasserkraft

Die durchschnittliche Niederschlagsmenge pro Jahr beträgt in der Türkei 643 mm, dies entspricht einem Volumen von etwa 500 km3. Berücksichtigt man Verdunstung, Einsickern in den Boden und auch Wasserrechte der Nachbarländer (für Syrien und den Irak gibt es eine vertraglich festgelegte Mindestdurchlaufmenge aus der Türkei), so beläuft sich das jährliche Wasserpotenzial, welches zum Verbrauch geeignet ist, auf 107 km3 (Kaygusuz 2000). Im Jahre 2000 belief sich der Wasser-verbrauch in der Türkei auf insgesamt 58 km3. Der Großteil davon wird aber nicht für die öffentli-che Wasserversorgung oder die Stromgewinnung (Staudämme) benötigt, sondern fast drei Viertel des Wasserverbrauchs gehen auf die Bewässerung in der Landwirtschaft zurück (OECD 1992).

Abb. 4.3 verdeutlicht die regionalen Unterschiede in der Verteilung der Niederschlagsmengen. So fallen an der östlichen Schwarzmeerküste bis zu 2.500 mm pro Jahr, wohingegen in Zentralanato-lien die Werte nicht über 300 mm gehen. Ungefähr 28% des Wasserpotenzials der Türkei liegen im Südosten und 8% am Schwarzen Meer. In diesen Regionen befinden sich nicht nur die größten Wassereinzugsgebiete, sondern auch die zwei wichtigsten Flüsse in Bezug auf Stromgewinnung aus Wasserkraft, Euphrat und Tigris (Abb. 4.3). Die beiden Flüsse haben ihren Ursprung in der Türkei und fließen dann nach Syrien beziehungsweise in den Irak.

Angaben der Generaldirektion für Wasserwirtschaft DSI (General Directorate of State Hydraulic Works) und der EIE (Electric Power Resources Survey and Development Administration) zufolge beläuft sich das wirtschaftliche Potenzial der Wasserkraft in der Türkei auf über 128 TWh oder 10,8 MTOE. Im Jahre 2004 wurden bereits über 35% (3,96 MTOE) dieses Potenzials ausgenutzt (IEA 2005). Damit ist die Wasserkraft die zweitwichtigste erneuerbare Energiequelle in der Türkei (nach

Abb. 4.3: Flüsse und durchschnittliche Niederschlag smengen pro Jahr, Türkei Quelle: Turkish State Meteorological Service (2006)

Euphrat Tigris

Sy-rien

Irak

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Biomasse) und trägt fast 37% zur EE Gesamtproduktion bei. Wasserkraft wird fast ausschließlich zur Stromgewinnung eingesetzt. Sie ist außerdem die wichtigste regenerative Energiequelle zur Stromerzeugung. Wie in Tabelle 10 zu sehen ist, sind bereits über 135 Projekte realisiert worden und 543 weitere befinden sich in verschiedenen Fertigstellungsstadien, angefangen von ersten ab-geschlossenen Erkundungen für geeignete Orte bis hin zu in Bau befindlichen Staudämmen. Die meist großen Staudammprojekte dienen neben der Stromgewinnung auch zur Bewässerung und Wasserregulierung. Die DSI gibt an, dass fast 700 Staudämme in der Türkei gebaut werden müs-sen, um das ökonomische Wasserpotenzial ausnutzen zu können. Allein am Euphrat sollen insge-samt 83 Staudämme bis zu 38.939 GWh Strom herstellen (Kaygusuz 2002). Die türkische Regie-rung geht davon aus, dass bis 2020 ein Großteil des ökonomischen Potenzials der Wasserkraft genutzt sein wird. Dabei setzt die türkische Regierung auf den privaten Sektor. Unternehmen sol-len bis zum Jahr 2020 über 30 Milliarden US Dollar in den Bau von Staudämmen investieren. Wei-terhin soll bis zu diesem Zeitpunkt die installierte Leistung auf 31.000 MW anwachsen, was die Umsetzung von ungefähr 500 Projekten erforderlich machen würde (IEA 2005).

Tab. 4.7: Wasserkraftprojekte in der Türkei, 2004 Quelle: eigene Darstellung nach IEA (2005)

Status Installierte Leistung (MW)

Durchschnittliche Stromerzeugung pro Jahr (TWh)

Anzahl der Projekte

In Betrieb 12.618 45,2 135

Im Bau 3.219 10,7 41

Design abgeschlos-sen

3.585 10,9 15

Machbarkeitsstudie abgeschlossen

6.918 25,1 143

Masterplan abge-schlossen

5.161 17,9 89

Auskundschaftung und Erkundung abge-schlossen

4.759 17,5 255

Gesamt 36.260 127,4 678

Neben dem Interesse für Großstaudämme besitzt die Türkei auch ein erhebliches Potenzial für kleine Wasserkraftwerke, die eine installierte Leistung von weniger als 10 MW haben (small hydro-power). Derzeit belaufen sich die Kapazitäten in diesem Bereich auf 176 MW, verteilt auf 70 Stan-dorte, mit einer Stromerzeugung von 260 GWh. Weitere Projekte mit 53 MW befinden sich im Bau und 210 Projekte mit einer Gesamtkapazität von 844 MW (3,6 TWh) sind in Planung (IEA 2005).

Wie schon erwähnt sollen bis 2020 ungefähr 30 Milliarden US Dollar aufgebracht werden, um Staudämme und Wasserkraftwerke zu bauen. Davon fallen allein 16 Milliarden US Dollar auf das GAP Projekt im Südosten der Türkei. Die Finanzierung der Projekte wurde bis zum Jahre 2000 teilweise durch das BOT Gesetz stimuliert. Seit 2001 versucht die türkische Regierung im Rahmen der Regulierung über Lizenzen im Strommarkt bevorzugte Lizenzierungsbedingungen zu schaffen, um den Ausbau der Wasserkraft durch private Investoren voranzutreiben. Durch das EE Programm werden Kredite an Wasserkraft-Projekte vergeben. Nach einer kürzlich erfolgten Revision der ge-setzlichen Bestimmungen kann die Generaldirektion für Wasserwirtschaft DSI Wasserkraftwerks-projekte auch ohne eine Lizenzierung durch die Regulierungsbehörde für den Energiemarkt EMRA

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durch private Firmen errichten und betreiben lassen. Damit wurde der Weg für die Fertigstellung von vielen mehrheitlich kleinen Wasserkraftanlagen freigemacht. Es handelt sich teilweise um Kraftwerke, mit deren Bau bereits begonnen wurde, an denen jedoch wegen mangelnder Finanzie-rung die Arbeiten nicht fortgesetzt werden konnten. Die für das südostanatolische Bewässerungs- und Wasserkraftprojekt GAP geplanten Staudämme genießen bei der Privatisierung Priorität (BFAI 2006b). Das Gesetz über die Einspeisevergütung für Strom aus erneuerbaren Energiequellen vom 18. Mai 2005 kann größtenteils nicht angewendet werden, da nur Wasserkraftwerke mit einem Wasserreservoir von maximal 15 km2 Stauseefläche in dieser Gesetzgebung berücksichtigt wer-den.

Bei dem Südostanatolien Projekt GAP (Güneydoğu Anadolu Projesi) handelt es sich um ein integ-riertes hydroelektrisches Kraftwerks- und Bewässerungsprojekt, das sich innerhalb des türkischen Gebietes im Euphrat-Tigris-Becken befindet. Die ersten Pläne dafür gibt es bereits seit den 1960er Jahren. Bei dem Vorhaben sind insgesamt 22 Staudämme und 19 hydroelektrische Kraftwerke an den Flüssen Euphrat und Tigris geplant. Mehrere Privatunternehmen wie Nurol, Gama, Alarko, Ca-lik, Cecen, Diler und Limak sind an dem Projekt interessiert (BFAI 2006b). Das Auftragsvolumen beläuft sich auf insgesamt 32 Milliarden US Dollar, wovon 16 Milliarden US Dollar an Investitionen bereits getätigt wurden. Nach der Vollendung von GAP im Jahre 2014 sollen 28% des gesamten Wasserpotentials der Türkei kontrolliert, fast 1,7 Millionen Hektar Land bewässert und mit einer in-stallierten Kraftwerksleistung von fast 8.500 MW ungefähr 27 TWh Strom produziert werden (Kaygusuz 2002). So werden nach der Fertigstellung voraussichtlich 25% des gesamten Stroms und bis zu 85% der gesamten hydroelektrischen Energie der Türkei in dieser Region produziert werden (Kaygusuz 2000). Negative Auswirkungen dieses groß angelegten Entwicklungsprojektes ergeben sich durch die zahlreichen Zwangsumsiedlungen, Umweltprobleme, Verluste von archäo-logisch wertvollen Stätten und politischen Spannungen mit Syrien sowie dem Irak aufgrund des türkischen Machtmonopols über die Flüsse Euphrat und Tigris. Weiterhin zählt der Südosten zu den umkämpften Kurdengebieten, in denen es teilweise immer noch zu schweren Auseinanderset-zungen zwischen der türkischen Armee und kurdischen Unabhängigkeitskämpfern kommt. Men-schenrechts- und Umweltorganisationen kritisieren das kompromisslose Vorgehen der türkischen Regierung, die Staudammprojekte trotz aller Kritik konsequent durchzusetzen.

Die Wasserkraftprojekte haben für die Türkei neben der Stromerzeugung auch noch eine weitere signifikante Bedeutung. Sie sollen den strukturschwachen Regionen im Osten der Türkei Arbeits-plätze und wirtschaftlichen Aufschwung bringen. Des Weiteren werden die Dämme auch als politi-sches (und militärisches) Mittel eingesetzt, um das „Kurdenproblem“ zu lösen (durch das Über-schwemmen zahlreicher Täler sollen Fluchtwege und Aufenthaltsorte der so genannten Separatis-ten unbrauchbar gemacht werden). Dies kann dazu führen, dass internationale Unternehmen, die mit dem Bau solcher Staudämme betraut wurden, in die Kritik von Menschenrechtsorganisationen geraten (beispielsweise der Ilisu Staudamm). Wegen wirtschaftlicher, ökologischer und sozialer Bedenken hatten sich 2002 alle beteiligten Firmen und die jeweiligen Exportkreditagenturen aus dem Ilisu-Projekt zurückgezogen. Einzig der österreichische Konzern VA Tech hält bis heute daran fest. Siemens hat im Februar 2005 die Firma aufgekauft und übernimmt damit auch den Bau des Ilisu-Staudamms in der Osttürkei nahe der irakischen und syrischen Grenze. Eine Hermes-Bürgschaft (Exportkreditgarantien) durch die deutsche Bundesregierung steht aber noch aus (WEED 2005).

Durch die Vielzahl an Staudammprojekten gibt es ein hohes Auftragsvolumen und besonders gro-ße internationale Unternehmen (überwiegend als Joint Ventures mit türkischen Unternehmen) inte-ressieren sich für die Umsetzung dieser Großprojekte. Der Birecik Staudamm, gebaut unter Feder-führung des deutschen Baukonzerns Philipp Holzmann und gedeckt von einer Hermes-Bürgschaft

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der Bundesregierung wurde im Jahre 2000 fertig gestellt (Zick 2006). Ebenfalls unterstützt durch eine Hermes-Bürgschaft über 100 Millionen Euro wurde der Stuttgarter Baukonzern Züblin. Dieser ist in einem Konsortium an dem Bau des umstrittenen Ilisu Staudamms (Brauns 2006). Große Un-ternehmen wie beispielsweise Voith Siemens Hydro haben ebenfalls Aufträge für Großstaudämme erhalten.

Die IEA geht davon aus, dass im Jahre 2020 bis zu 31.000 MW Leistung installiert sein werden (IEA 2005). Angesichts eines geschätzten wirtschaftlichen Potenzials der Wasserkraft von unge-fähr 36.000 MW hat sich die türkische Regierung ein ehrgeiziges Ziel gesetzt. Das Ministerium für Energie und Ressourcen MENR geht davon aus, dass bis 2010 7,5 MTOE und 2020 9,5 MTOE an Strom aus Wasserkraftwerken zur Verfügung stehen werden (Kaygusuz 2002). Diese Daten ver-deutlichen, dass in den nächsten 14 Jahren ein starker Ausbau der Wasserkraft von der türkischen Regierung erwartet wird, bis hin zu der fast vollständigen Ausnutzung des ökonomischen Wasser-kraftpotenzials in der Türkei. Private Investitionen werden durch Lizenzierungsvereinfachung und Kreditvergaben unterstützt. Auf weitere staatliche Anreize wird aber verzichtet. Der Bedarf an Strom wird in der Türkei weiter steigen, womit ein gesicherter Absatzmarkt vorhanden sein wird. Zudem ist sogar im Gespräch, die Türkei als Stromexportland auszubauen (besonders nach Syrien und Irak). Die Projekte erhalten außerdem politische Unterstützung, weil der Ausbau dieser Ener-giequelle Priorität in der Türkei genießt und somit die Regierung an einer ungestörten Entwicklung interessiert ist. Aufgrund der viel versprechenden Auftragslage gibt es zahlreiche internationale Un-ternehmen, die in den Bau von Staudämmen in der Türkei investieren beziehungsweise investieren möchten. Neben der geplanten Umsetzung der Großprojekte könnten aber auch kleinere Wasser-kraftwerke für Unternehmen von Interesse sein, da auch deren Wasserkraftpotenzial ausgeschöpft werden soll. Mögliche Unruhen in den Bauregionen sowie ungeklärte soziale und umweltrelevante Folgen des Staudammbaus könnten allerdings als Markthemmnisse für Unternehmen sowie Kredit-institute gelten (soziale Verantwortung, Reputation).

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5 Bewertung und Schlussfolgerung Um die externen Rahmenbedingungen für ein deutsches Unternehmen, welches EE Dienstleistun-gen in die Türkei exportieren möchte, zu bewerten, werden im Folgenden verschiedene Länder-marktkriterien herangezogen (siehe Annex II). So werden neben den allgemeinen Faktoren für Dienstleistungen auch spezielle für den Energiemarkt und wenn nötig für einzelne erneuerbare Energiequellen in Betracht gezogen. Der erste Teil beschäftigt sich mit der Informationssituation. Inwiefern es für Unternehmen möglich ist, sich notwendige Informationen in der Türkei zu beschaf-fen. Ein weiterer Abschnitt bewertet die geographische Lage der Türkei im Allgemeinen und der einzelnen erneuerbaren Energiequellen im Speziellen. Danach wird auf die rechtliche und politi-sche Situation in der Türkei eingegangen. So gibt es generell Markthemmnisse und -chancen für Unternehmen sowie auch bestimmte Förderprogramme und -maßnahmen. In einem letzten Teil wird die ökonomische Situation bewertet. Dies betrifft zum einen den türkischen Markt im Allge-meinen, zum anderen nur den türkischen Energiemarkt.

5.1 Informationssituation

5.1.1 Energiemarkt

Im Allgemeinen lassen sich Informationen über den türkischen Energiemarkt mit Hilfe von interna-tionalen Organisationen wie der OECD (OSZE) oder der Internationalen Energieagentur IEA, in denen die Türkei ein Mitgliedsstaat ist, finden. Auch die Europäische Kommission und der von ihr jährlich herausgebrachte Fortschrittsbericht bieten sich als Informationsquelle an. Des Weiteren gibt es eine Deutsch-Türkische Industrie- und Handelskammer, welche in Istanbul ansässig ist, und für Informationen zur Verfügung steht. Im Internet befinden sich weitere Informationen, meist in Englisch. Das Informationsangebot in der Türkei ist allerdings meist auf externe beziehungsweise internationale Quellen begrenzt, da türkische Ministerien und Institutionen nur unzureichend oder ausschließlich in türkischer Sprache Informationen anbieten. Dies könnte im Wesentlichen proble-matisch werden, wenn aktuelle Informationen benötigt werden und diese aufgrund fehlender Über-setzungskapazitäten nicht rechtzeitig zur Verfügung stehen.

5.1.2 Erneuerbare Energiequellen

Die Türkei ist generell bemüht, ausreichend Informationen in den Bereichen zur Verfügung zu stel-len, in denen sie sich einen schnellen Ausbau der Kapazitäten durch private Unternehmen erhofft, vorrangig um die Stromkapazitäten preiswert zu erhöhen. Dies betrifft neben der Wasserkraft (sie-he 4.2.7 Wasserkraft), bei der die Datenlage sehr gut ist, die Windenergie (siehe 4.2.4 Windener-gie) und in geringerem Maße auch die direkte Sonnenenergie (siehe 4.2.3 Direkte Solarenergie). Obwohl die Daten für Wind- und Sonnenenergie noch teilweise veraltet sind, so stehen doch weite-re Messungen und Veröffentlichungen, welche für private Unternehmen wichtige Informationen enthalten können, durch die zuständigen Institutionen EIE (Electric Power Resources Survey and Development Administration) und TMS (Turkish State Meteorological Service) an. Bei der Geo-thermie (siehe 4.2.5 Geothermie) ist die Datenlage bezüglich geeigneter Orte unzureichend. Für private Unternehmen hängt die Informationsbeschaffung und -lage daher sehr von der jeweiligen

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erneuerbaren Energiequelle ab, mit der sie sich auf den türkischen Markt positionieren wollen. Ge-nerell sind Informationen erhältlich, auch wenn teilweise Nacherhebungen notwendig sind, um ak-tuellen Bedingungen gerecht zu werden.

5.2 Geographische Lage

5.2.1 Allgemein

Die Türkei befindet sich im Südosten Europas und ist aus Deutschland innerhalb von drei Stunden mit dem Flugzeug zu erreichen (siehe 1.1 Allgemeine Länderinformationen). Im Vergleich zu ande-ren europäischen Ländern ist die Türkei von Deutschland weit entfernt. Andererseits ist die geo-graphische Lage für international agierende Unternehmen attraktiv, da die Türkei aufgrund ihrer geographischen Lage auf zwei Kontinenten und zwischen vier Meeren wesentlichen Einfluss auf die Region hat. Die Türkei eröffnet den Zugang zu weiteren Absatzmärkten im Mittleren Osten und zu Ländern der Gemeinschaft unabhängiger Staaten (GUS). Die Türkei bietet daher exportorien-tierten Unternehmen eine geographisch günstige Ausgangslage.

5.2.2 Erneuerbare Energiequellen

Die geographischen beziehungsweise klimatischen Standortbedingungen für die Nutzung der So-larenergie in der Türkei sind gut (siehe 4.2.3 Direkte Solarenergie). Die gemessene Sonnenein-strahlungsintensität ist besonders an der Mittelmeerküste und in Südostanatolien hoch. Obwohl die klimatischen Voraussetzungen für eine intensive Nutzung der Sonnenenergie vorhanden sind, be-schränkt sich der Einsatz im Wesentlichen auf die solare Warmwasseraufbereitung.

Die höchsten Windgeschwindigkeiten in der Türkei herrschen im Westen, besonders um das Mar-marameer und die Ägäis. Aber auch in Südostanatolien wurden hohe Windgeschwindigkeiten ge-messen. Abgesehen von den dicht besiedelten Industrie- und Handelzentren Istanbul und Izmir gibt es eine lange und verschlungene Küstenlinie im Westen, die für die Errichtung von Windparks geeignet ist. Viele der neuen Windparkprojekte sollen in der ägäischen Region in der westlichen Provinz Baliksehir durchgeführt werden, da dort beste geographische Voraussetzungen zu finden sind.

Das Potenzial der Geothermie ist in der Türkei sehr groß, auch im weltweiten Vergleich. Besonders im westlichen Teil des Landes sind durch so genannte Grabenstrukturen die geologischen Voraus-setzungen geschaffen, um Geothermie intensiv zu nutzen. Die Region um die Ägäis hält über zwei Drittel des geothermischen Energiepotenzials in der Türkei, gefolgt von Zentralanatolien und dem Marmarameer. Weiterhin haben über 26% der geothermischen Quellen im Westen der Türkei ein Temperatur von mindestens 150°C (siehe 4.2.5 Geothermie). Derzeit wird die Geothermie in die-sen Gebieten aber überwiegend für Fernwärmesysteme genutzt, obwohl die geographische Lage weitere Anwendungsbereiche erlauben würde.

Die nur teilweise bewirtschafteten Wälder sowie die großen landwirtschaftlich geprägten Flächen bieten einiges an Potenzial zur energetischen Nutzung der Biomasse. Allerdings konkurrieren die Flächen teilweise mit der stofflichen Nutzung, sodass für die industrielle Weiterverarbeitung von Holz teilweise Material importiert werden muss. Erst langsam werden Waldmanagementsysteme und das Konzept der Energiewälder eingeführt. Das von Privathaushalten gesammelte Brennholz

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(zum Heizen und Kochen) wird in den Berechnungen zum Biomassepotenzial nicht berücksichtigt, obwohl es noch heute bis zu 35% des Bedarfes besonders im Osten der Türkei deckt.

Die Wasserkraft ist nach der Biomasse die wichtigste erneuerbare Energiequelle in der Türkei uns trägt daneben noch mit 20-25% zur gesamten Stromerzeugung bei. Es gibt ein großes ökonomi-sches Potenzial an Wasserkraft, welches die türkische Regierung bis 2020 fast vollständig er-schlossen haben möchte. Insgesamt müssen dafür bis zu 700 Staudämme errichtet werden. Be-sonders im Südosten der Türkei und da wiederum im Euphrat- und Tigris-Becken lässt sich ein Großteil des Wasserenergiepotenzials mit riesigen Staudammprojekten energetisch nutzen. Im Be-reich der Klein-Wasserkraftwerke gibt es auch noch nicht erschlossenes Potenzial. Dabei können bis zu 70 Standorte mit Wasserkraftwerken unter 10 MW installierter Leistung wirtschaftlich er-schlossen werden.

Die Türkei bietet für die Nutzung von erneuerbaren Energiequellen gute geographische Vorausset-zungen. Die größten ökonomischen Potenziale bieten die Solarenergie, die Biomasse (neben Wald vor allem landwirtschaftliche Nutzflächen) und die Wasserkraft (siehe Tabelle 6). Günstige klimati-sche Voraussetzungen finden sich auch für die Windenergie, wonach sich in der Türkei das größte technische Windenergiepotenzial Europas befinden soll. Ebenso gehört das Potenzial an geother-mischer Energie zu den größten weltweit. Betrachtet man also nur die geographischen Bedingun-gen, so könnten in der Türkei verschiedene erneuerbare Energiequellen genutzt werden. Unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit und des heutigen Technologiestands müssen allerdings Einschränkungen getroffen werden. So zählen zu den attraktivsten erneuerbaren Energiequellen in die Türkei die Wasserkraft, die Solarthermie und die Windenergie.

5.3 Rechtliche und politische Situation

5.3.1 Allgemein

Der bilaterale Handel zwischen der Türkei und Deutschland ist in den letzten Jahren stetig ge-wachsen. Die Türkei ist zudem Mitglied der Welthandelsorganisation (WTO) und bildet mit der Eu-ropäischen Union eine Zollunion. Dies alles verpflichtet die Türkei grundsätzlich zu einem für aus-ländische Investoren frei zugänglichen Markt. Es gibt weiterhin so genannte Förderregionen (siehe 3.1.4 Türkische Fördermaßnahmen für ausländische Investitionen), in denen unter anderem die Bereiche Dienstleistungen und Umweltschutz sowie Aspekte wie der Technologietransfer verstärkt staatlich gefördert werden sollen.

Im Bereich der tarifären Handelshemmnisse gibt es keine wichtigen Einschränkungen für aus-ländische Investoren. Das Prinzip der Zollfreiheit wird umgesetzt und ein freier Dienstleistungsver-kehr zwischen der Türkei und anderen EU-Mitgliedern ist theoretisch möglich. Die Mehrwert- be-ziehungsweise Umsatzsteuer wird auf jeder Stufe der Dienstleistung und Produktion erhoben und beträgt 18%. Den Unternehmen steht das Vorsteuerabzugsrecht zu. Vereinzelt sind auch bei Ein-fuhr von Waren oder Dienstleistungen Befreiungen von der Umsatzsteuer möglich. Außerdem gibt es seit 1989 ein Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und der Türkei, um in der Türkei erzielte und versteuerte Unternehmensgewinne von der Besteuerung in Deutschland freizu-stellen. Dies ermöglicht im Allgemeinen einen diskriminierungsfreien Zugang deutscher Unterneh-men auf den türkischen Markt.

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Allerdings treten einige nicht-tarifäre Handelshemmnisse auf, die Unternehmen, welche Dienst-leistungen in der Türkei anbieten wollen, negativ beeinträchtigen können. Es gibt in der Umsetzung der acquis communautaire im Zuge der Beitrittsverhandlungen bezüglich der Dienstleistungen noch einige Defizite. Anbieter von Dienstleistungen müssen sich generell eine Lizenz oder Autori-sierung besorgen, selbst wenn die Dienstleistung nur vorübergehend angeboten wird. Ferner wird eine Mitgliedschaft in einer Handelskammer oder einer anderen Organisation vorgeschrieben, was sich als Hemmnis für betroffene Unternehmen herausstellen kann. In Bezug auf die Energieregulie-rungsbehörde EMRA ist zu sagen, dass nur Unternehmen mit Sitz in der Türkei Lizenzen bei EM-RA beantragen können und diese auch nicht weiter verkauft werden dürfen. Daher müssen aus-ländische Unternehmen mit einem türkischen Lizenzinhaber eine Projektgesellschaft gründen, um an Energieprojekten mitwirken zu können.

Es gibt keine genauen Angaben über Ein- und Ausfuhrverbote . So wird zwar erwähnt, dass Aus-länder in einigen Sektoren keine Dienstleistungen anbieten dürfen, selbst dann, wenn sie eine Nie-derlassung in der Türkei haben, aber um welche es sich dabei genau handelt, wird nicht genannt. In diesem Bereich herrscht noch Unklarheit für deutsche Unternehmen.

Das Genehmigungsverfahren ist in der Vergangenheit ein sehr bürokratischer und langwieriger Prozess gewesen. Die türkische Regierung hat mit der Electricity Market License Directive im Jah-re 2002 versucht, den Bürokratieaufwand bei Energieprojekten zu reduzieren, indem ein konkreter Anforderungskatalog an die einzureichenden Unterlagen und Dokumente festgelegt wurde. Dies hat die Transparenz der erforderlichen Dokumente erheblich erhöht und die Antragsdauer gesenkt. Die Regulierungsbehörde EMRA setzt sich dabei ein eigenes Zeitlimit von 305 Tagen, um eine Li-zenz zu erteilen oder abzulehnen (dena 2005b). Generell unterscheiden sich die Erfahrungen der Unternehmen mit Bürokratie und Genehmigungsverfahren. Es kann aber allgemein gesagt wer-den, dass Verbesserungen in den letzten Jahren erkennbar geworden sind.

Neben den Handelshemmnissen gibt es verschiedene Faktoren zu rechtlichen und politischen Länderrisiken , die betrachtet werden können. Was die politischen Risiken angeht, so hat sich das Land auch aufgrund wachsender Wirtschaft stabilisieren können. Sicherheitspolitisch stellen die kämpferischen Auseinandersetzungen überwiegend im Südosten zwischen dem türkischen Militär und kurdischen Separatisten sowie die Verlagerung von Anschlägen nach Istanbul und anderen Tourismuszentren ein Problem dar. Um die Wirtschaft nicht zu gefährden, wird dieses Problem sei-tens der türkischen Regierung verharmlost.

Die Korruption ist ein weiteres ernst zu nehmendes Problem in der Türkei. Eine Verschärfung des Strafgesetzbuches und die Unterzeichnung von internationalen Korruptionsbekämpfungs-Abkommen soll Abhilfe verschaffen. Dennoch bleibt Korruption ein wesentliches Risiko.

Bei den rechtlichen Risiken gibt es verschiedene bilaterale Abkommen zwischen Deutschland und der Türkei, um eventuellen Problemen vorzubeugen. Das Investitionsschutzabkommen von 1965 gibt bei Verstaatlichung und Enteignung Rechtssicherheit . Der gewerbliche Rechtsschutz wurde mit den Gesetzen in den EU-Staaten harmonisiert und trägt zur Rechtsicherheit für ausländische Unternehmen bei. Im Jahre 2003 wurde ein Gesetz zur Förderung ausländischer Direktinvestitio-nen verabschiedet, welches das Recht ausländischer Investoren schützen und nationale Gesetz-gebung mit internationalen Standards in Einklang bringen soll. Deutsche Unternehmen sind dem-nach den türkischen gleichgestellt. Weiterhin sind auch Firmengründungen mit 100% Auslandska-pital erlaubt. Die Regierung versucht, den steigenden ausländischen Investitionen in den letzten Jahren gerecht zu werden und mehr Rechtssicherheit in diesem Raum zu schaffen, welches durch die verabschiedeten Gesetze in vielen, auch wenn nicht allen, Bereichen gelungen ist.

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Die Rechtsverfolgung ausländischer Urteile in der Türkei gilt nur, wenn sie nicht gegen zwingen-des inländisches Recht verstößt. Es mangelt jedoch an der sprachlichen Ausbildung von vereidig-ten Dolmetschern in der Türkei. Das Rechtssystem in der Türkei gilt im Allgemeinen aber als ineffi-zient und langwierig (siehe 1.1.2 Rechtliche Risiken). Es ist bei ungeklärten Rechtsfragen aber ge-nerell empfohlen, sich an die Deutsch-Türkische Industrie- und Handelskammer und andere Institu-tionen zu wenden. In vielen Bereichen und durch weitgehende Reformen hat sich die Rechtssi-cherheit für ausländische Investoren in der Türkei europäischen Standards genähert.

Eine Umstrukturierung des Bankensektors sowie umfangreiche externe Finanzhilfen nach der tür-kischen Finanzkrise 2001 führten zu einer Stabilisierung der Fiskalpolitik . Die ausländischen Di-rektinvestitionen sind seit dieser Zeit erheblich gestiegen, bestehen aber überwiegend aus Kapital und können daher schnell wieder aus dem Land abgezogen werden. Weiterhin haben politische Veränderungen wie Regierungswechsel einen großen Einfluss auf die Geldpolitik. Andererseits un-terliegt die Türkei den Auflagen des Internationalen Währungsfonds (IWF) und muss daher eine strikte Austeritätspolitik verfolgen. Internationale Unternehmen fassen wieder Vertrauen zur türki-schen Finanzpolitik und investieren verstärkt in die Türkei. Die Auflagen und die Überwachung des IWF sowie das wirtschaftliche Wachstum machen es unwahrscheinlich, dass sich eine Finanzkrise wie 2001 in der Türkei in unmittelbarer Zeit noch einmal wiederholt.

Es kann davon ausgegangen werden, dass das Transferrisiko durch die internationale Überwa-chung der Finanzpolitik seitens des IWF verringert worden ist. Durch das wirtschaftliche Wachs-tum, die Stabilisierung der Fiskalpolitik nach 2001 und internationale Verpflichtungen ist das Risiko, dass die Türkei nicht mehr in der Lage ist seinen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen, sehr gering.

Was das Substitutionsrisiko angeht, so lässt sich feststellen, dass kaum die Gefahr besteht, dass die Türkei sich veranlasst sieht, Importe in diesen Bereichen durch lokale Produktion zu ersetzen. Das Land weist besonders in den technologie- beziehungsweise investitionsintensiven Bereichen Defizite auf und legt Wert auf Informationsaustausch sowie auf Technologietransfer und -importe zwischen türkischen und deutschen Unternehmen. Im Bereich Energiedienstleistungen gibt es der-zeit überwiegend eine finanzielle Zusammenarbeit zwischen Deutschland und der Türkei in Form von Förderungen und Hermes-Kreditgarantien für Projekte in der Türkei.

Die zahlreichen bilateralen Abkommen, die in vielen Fällen an internationale Standards angepasste Gesetzgebung sowie eine stabile Fiskalpolitik bieten einen überwiegend sicheren Rahmen für deutsche Unternehmen in der Türkei. Sicherheitspolitisch ist die Lage in Südostanatolien weiter zu beobachten, stellt aber für Investitionen derzeit weniger ein Problem dar. Hindernisse für deutsche Unternehmen wie Bürokratie, Genehmigungsverfahren oder Rechtsangelegenheiten können teil-weise durch Kooperationen mit türkischen Unternehmen umgangen beziehungsweise bewältigt werden. Die rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen für ausländische Unternehmen ha-ben sich in den letzten Jahren deutlich verbessert und wirken sich positiv auf das Investitionsklima aus.

5.3.2 Energiemarkt

Mit der Gesetzgebung über die Liberalisierung des Strommarktes wurden die Voraussetzungen für private Investoren im Energiebereich geschaffen (siehe 2.3 Die Struktur des Energiemarktes). Es gibt prinzipiell den politischen Willen in der Türkei, Energieprojekte zu fördern und private Un-ternehmen in diesen Bereichen investieren zu lassen. Dies betrifft überwiegend eine kostengünsti-ge Energieerzeugung, da sie als Grundvoraussetzung für das Wirtschaftswachstum in der Türkei

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gilt. Erneuerbare Energien spielen dabei auch eine Rolle. Die Türkei zielt auf die Erfüllung von po-litischen Zielen in Hinblick auf die EU Beitrittsverhandlungen und auf wirtschaftliche Interessen in Hinblick auf eine sichere und preiswerte Energieversorgung ab. Allerdings verfolgt das Land keine eigenen klimapolitischen Absichten, sondern betrachtet die erneuerbaren Energien als mögliche Option unter anderen Energieträgern wie Kohle oder Atomkraft sowie importiertem Gas.

Mit der gesetzlichen Einspeisevergütung für EE Strom wurde ein Rahmen geschaffen, der speziell erneuerbare Energien fördert (siehe 4.1.1 Staatliche Förderung für erneuerbare Energien). Die im Gesetz vorgesehene Einspeisevergütung von 5-5,5 Cent/kWh reicht zu den derzeitigen Kostenbedingun-gen nicht aus, um in größerem Umfang Investitionen anzustoßen (BFAI 2008). Windenergieprojek-te und kleine Wasserkraftwerke sind für private Unternehmen jedoch attraktiv. Da die geographi-schen Bedingungen für diese EE Technologien gut sind, bildet die Einspeisevergütung für diese erneuerbaren Energiequellen eine ausreichende Förderung. Für die Photovoltaik, die Stromgewin-nung aus Biomasse und Geothermie sowie für weitere erneuerbare Energiequellen sind die ge-setzlichen Rahmenbedingungen unzureichend, weshalb in diesen Bereichen auch nur wenige Fort-schritte erzielt werden. Weiterhin hat sich die Türkei kein Ziel für einen Mindestanteil von erneuer-baren Energien am gesamten Energieverbrauch bis 2020 gesetzt. Das Land möchte sich politisch nicht auf einen genauen EE Anteil festlegen, um sich die Möglichkeit offen zu halten, seine An-strengungen in andere Energiequellen wie Kohle und Atomkraft auf Kosten der regenerativen Energien auszubauen.

Im Energiesektor soll es in der Zukunft zu einer Intensivierung der bilateralen Zusammenarbeit zwischen Deutschland und der Türkei kommen. Inwiefern erneuerbare Energien Teil dieser Ener-giekooperation sind, kann allerdings bisher nicht gesagt werden, da noch keine konkreten Projekte vorgestellt wurden. Weiterhin sind auch internationale Institutionen an der türkischen Energiepolitik interessiert. Für die Europäische Union könnte das Land als Transitland zwischen dem Mittleren Osten / Kaspischen Meer und Europa fungieren. Im Verlaufe der EU Beitrittsverhandlungen wer-den zudem EE Gesetzgebung und Projekte gefordert und gefördert. Weitere internationale Organi-sationen und Institutionen unterstützen den Ausbau und die Entwicklung der erneuerbaren Ener-giequellen.

Die erneuerbaren Energiequellen werden in der Türkei - neben Braunkohle - als wichtige heimi-sche Energiequelle gesehen, die es zu fördern gilt, um der Energieabhängigkeit des Landes ent-gegenzuwirken. Allerdings steht dabei die Kosteneffizienz der Energiequelle im Fordergrund, wes-wegen die Einspeisevergütung für EE Strom trotz der Erhöhung auf bis zu 5,5 Euro-Cent 2007 eher gering gehalten wird. Die Europäische Union und bilaterale Abkommen unterstützen die Tür-kei beim Ausbau der EE Kapazitäten. Generell bedarf es in der Türkei aufgrund der guten geogra-phischen Bedingungen für Wind- und Wasserenergie nur geringer staatlicher Förderung. Wenn diese Kapazitäten jedoch erschlossen sind, müssten zusätzliche gesetzliche Rahmenbedingungen geschaffen werden, um weitere erneuerbaren Energien wie Geothermie und Photovoltaik durch den Privatsektor erschließen zu lassen.

5.4 Ökonomische Situation

5.4.1 Allgemein

Die Verkehr- und Kommunikationsinfrastruktur sind in der Türkei gut ausgebaut und können größtenteils mit europäischen Standards mithalten. Der inländische Personen- und Güterverkehr

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läuft überwiegend auf der Straße ab, da das Schienennetz nur zwischen den Großstädten ausge-baut ist. Zudem werden verstärkt Luft- und Wasserwege für den internationalen Warenaustausch benutzt.

Das durch das staatliche Unternehmen TEDAS betriebene Stromverteilnetz ist in einem schlech-ten Zustand, wobei es zu großen Stromverlusten und technischen Problemen kommen kann. Eine Privatisierung der TEDAS, welche umfangreiche Investitionen in das Netz erlauben würde, ist in Vorbereitung, ein genauer Termin steht aber noch nicht fest. Im Gegensatz dazu handelt es sich bei dem Stromübertragungsnetz um ein gut entwickeltes und ausgebautes Netz. Das zuständige Unternehmen TEIAS unternimmt notwendige Investitionen und führt Netzwerkmanagement-Systeme ein, um die Sicherheit des Netzes zu gewährleisten. Das Verteilnetz auf der regionalen Ebene bedarf großer Investitionen und könnte in betroffenen Regionen zu Schwierigkeiten für Un-ternehmen führen. Der Stromtransport innerhalb der Türkei durch Übertragungsnetz entspricht eu-ropäischen Standards (siehe 2.3.3 Der Markt für Elektrizität und Stromnetze).

Die Inflationsrate konnte erheblich gesenkt werden, auch wenn sie nicht in dem Maße einge-dämmt wurde wie von der türkischen Regierung angenommen. Der Wert liegt generell höher als in Deutschland und hat sich Ende 2006 auf ungefähr 9-10% stabilisiert. In den nächsten Jahren scheint eine weitere leichte Senkung möglich. Schwerwiegende Wechselkursschwankungen sind aufgrund des beständigen Wirtschaftswachstums und der seit 2001 stabilen Geldpolitik nicht zu erwarten.

Die erforderlichen Einstiegsinvestitionen , welche für ausländische Unternehmen noch bis vor wenigen Jahren galten, wurden abgeschafft. Demnach sind keine Kapitalerfordernisse am Anfang notwendig, um in der Türkei zu investieren. Dies vereinfacht den Markteintritt für ausländische Un-ternehmen erheblich und macht die Türkei als Investitionsstandort attraktiv.

5.4.2 Energiemarkt

Der türkische Strommarkt wird von wenigen großen Unternehmen in den Bereichen Erzeugung (TEÜAS), Übertragung (TEIAS), Handel (TETAS) sowie Verteilung (TEDAS) beherrscht. Das Ma-nagement und Etat dieser Unternehmen wird überwiegend vom Ministerium für Energie und Res-sourcen beeinflusst, was diese Unternehmen abhängig von staatlichen Entscheidungen macht und Wettbewerb nur bedingt zulässt (siehe 2.3 Die Struktur des Energiemarktes). Die Wettbewerbssi-tuation im Energiemarkt könnte sich verbessern, da die Bereiche Stromerzeugung (TEÜAS) sowie Stromverteilung (TEDAS) demnächst privatisiert werden sollen. Zudem sind - abgesehen von der Stromübertragung - alle anderen Energiesektoren für private Investitionen zugelassen, auch wenn die staatlich kontrollierten Unternehmen weiterhin dominieren. Im Bereich der erneuerbaren Ener-gien sind aber private investitionsstarke Unternehmen, besonders mit technologischem Know-How, gefragt, da die großen (staatlichen beeinflussten) Unternehmen in diesem Bereich wenig vertreten sind. Das Potenzial für erneuerbare Energien ist in der Türkei vorhanden und die Erschließung soll nach Berechnungen der Regierung überwiegend durch private Unternehmen durchgeführt werden, um staatliche Investitionen in diesem Bereich zu vermeiden. Allerdings sollen ausländische mit tür-kischen Unternehmen kooperieren, um einen Technologie- und Wissenstransfer zu ermöglichen.

Die seit 2005 geltende Strompreisstruktur soll mehr Transparenz schaffen sowie Subventionen und Quersubventionen verhindern. Die Strompreise für Industriekunden sind im europäischen Ver-gleich relativ hoch, während sie sich für Haushaltskunden im unteren Drittel befinden (siehe 2.3.3 Der Markt für Elektrizität und Stromnetze). Mit der EE Einspeisevergütung von 5-5,5 Cent/kWh (seit 2007) lässt sich Strom aus Windenergie und kleinen Wasserkraftwerken gewinnbringend her-

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stellen. Die Energiepreise beziehungsweise die Einspeisevergütung erlauben generell nur eine günstige Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien. Die Kosten für Wärme, die aus geothermi-schen Energiequellen im Westen der Türkei gewonnen wird, sind geringer als die für den Einsatz von fossilen Energieträgern in diesen Regionen. In anderen Teilen der Türkei dominieren aber wei-terhin Gas und Strom als kostengünstige Energiequelle zur Wärmeherstellung.

Der Anteil der erneuerbaren Energien am Primärenergieverbrauch in der Türkei bewegt sich seit 2000 auf konstantem Level, bei 12-13%, obwohl der Primärenergieverbrauch in diesem Zweitraum stetig gestiegen ist. Die EE Produktion konnte mengenmäßig trotz kleiner Einbrüche zwischen-durch leicht erhöht werden. In Zukunft sollen die erneuerbaren Energien - neben Braunkohle, Gas und Atomkraft – ausgebaut werden und überwiegend zur Stromproduktion eingesetzt werden. Bei den erneuerbaren Energien wird dabei in Zukunft primär auf den Ausbau der Wasserkraft, der Windenergie sowie der Geothermie gesetzt, während der Anteil der Biomasse weiter fallen wird. Obwohl sich zwischen den Jahren 2003 und 2020 die EE Produktion fast verdoppeln soll, wird der prozentuale Anteil der erneuerbaren Energien an der heimischen Produktion sowie am gesamten Energieverbrauch in Zukunft nicht steigen, sondern aufgrund der schneller steigenden Energieim-portmengen und des stark wachsenden Primärenergieverbrauchs leicht fallen. Daher kann man davon ausgehen, dass erneuerbare Energien weiterhin keine dominierende Rolle in der Energie-zusammensetzung in Zukunft spielen werden, sondern der Marktanteil sogar leicht fallen wird. Der EE Markt wird für Unternehmen dennoch sehr attraktiv sein, da davon ausgegangen wird, dass die Kapazitäten für Wasserkraft, geothermischer Energie und Wind- und auch Solarenergie (ther-misch) im Zeitraum 2003 bis 2010 jährlich zwischen 7% und 14% wachsen werden (siehe 4.2.2 Der Markt für erneuerbare Energien).

Bei der Bearbeitung des türkischen Energiemarktes hat sich für deutsche Unternehmen die Ko-operation mit türkischen Firmen bewährt. Diese Unternehmen haben meist Einblick in die lokalen Verwaltungs- und Genehmigungsstrukturen sowie sind sie mit regionalen Besonderheiten vertraut. Vorherige Kontakte beziehungsweise Nacharbeit sind für eine erfolgreiche Kooperation essentiell. Bei öffentlichen Ausschreibungen für Projekte ist zudem oft die Einschaltung eines Vertreters vor Ort zwingend vorgeschrieben.

EE spezifisch geschulte und ausgebildete Arbeitskräfte können vor Ort teilweise schwer zu finden sein, da EE Bildung und Ausbildung noch ein relativ kleines Beschäftigungsfeld in der Türkei sind. EE relevantes Wissen wird meistens von den deutschen Kooperationspartnern erwartet und soll gegebenenfalls an lokale Arbeitskräfte weiter vermittelt werden. Da der türkische Bildungsmarkt anscheinend zu wenig qualifizierte Fachkräfte zur Verfügung stellt, bieten deutsche Unternehmen, die in der Türkei im EE Bereich aktiv sind, gleich mehrere Dienstleistungen an und bringen über-wiegend eigenes ausgebildetes Personal mit. Daher ist bei einem weiteren Ausbau des EE Sektors in der Türkei damit zu rechnen, dass auch immer mehr qualifizierte Arbeitskräfte benötigt werden. Diese müssten dann bei unzureichender türkischer Bereitstellung, von ausländischen Anbietern gestellt werden.

Zum Nachfragevolumen im Absatzmarkt von EE Dienstleistungen lassen sich nur wenige Infor-mationen finden. Allgemein ist festzuhalten, dass der Energiebedarf der Türkei in Zukunft weiter steigen wird und unter anderem erneuerbare Energien zur Deckung des erhöhten Energie-verbrauchs eingesetzt werden sollen. In der Türkei engagierte EE Unternehmen bieten bisweilen so genannte Komplettangebote. Diese beinhalten sowohl Bau und Errichtung der EE Anlage als auch Planung, Ausbildung des Personals, Instandhaltungs- und Überwachungsarbeiten sowie teil-weise Finanzierungsangebote. Aufgrund des erwarteten Ausbaus der EE-Kapazitäten ist mit einem erhöhten Bedarf dieser Dienstleistungen zu rechnen. Da die EE Dienstleistungen in der Türkei nur unzureichend vorhanden sind, besteht ein großes Exportpotenzial für ausländische Unternehmen.

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Das große Interesse deutscher Unternehmen lässt sich beispielsweise daran belegen, dass die von der Deutschen Energie-Agentur (dena) erstmals angebotene Geschäftsreise in die Türkei im Jahre 2007 innerhalb kürzester Zeit ausgebucht war.

Deutsche Unternehmen haben eine sehr gute Reputation in der Türkei. Dies betrifft das Know-How im EE Bereich sowie auch die Verlässlichkeit und Gründlichkeit der angebotenen Waren und Dienstleistungen. Im EE Bereich werden ausländische Unternehmen aufgrund ihrer einschlägigen Erfahrungen in diesem Bereich gerne bevorzugt. Allerdings wird meistens eine Kooperation mit türkischen Unternehmen angestrebt, um den Wissenstransfer zu erleichtern. Zudem sind deutsche Unternehmen in der Türkei bereits in vielen Wirtschaftsfeldern tätig. Diese Kontakte könnten eben-so für ein Engagement im EE Bereich genutzt beziehungsweise ausgebaut werden.

Aus Kundensicht hat sich die Markttransparenz in der Türkei verbessert. Die Genehmigungsver-fahren wurden durch neue Gesetzgebung übersichtlicher gestaltet und tragen somit zu einer Ver-einfachung bei, auch wenn dies langwierige Verfahren nicht völlig ausschließt. Seit 2001 ist die Regulierungsbehörde EMRA für Unternehmen, die im Energiebereich tätig werden wollen, die zentrale Anlaufstelle. Wie die dena berichtet, können allerdings die für den EE Markteintritt not-wendigen Lizenzen nur von türkischen Unternehmen erworben werden. Ein Weiterverkauf der Li-zenzen an deutsche Firmen ist ebenso nicht möglich. Dies ist besonders dann für ausländische Unternehmen ein entscheidender Nachteil, wenn sie sich nur kurzfristig im türkischen EE Markt engagieren wollen. Um eine EE Anlage in der Türkei errichten zu können, müssten dann längerfris-tige Kooperationen mit türkischen Unternehmen eingegangen werden.

Die Wettbewerbsintensität auf dem türkischen EE Markt hängt sehr von den einzelnen erneuer-baren Energiequellen ab. So gibt es im Bereich Windenergie ein riesiges wirtschaftliches Potenzial, aber nur wenige Marktteilnehmer. Im Gegensatz dazu ist die wirtschaftliche Energieausnutzug der Wasserkraft schon weit vorangeschritten und es gibt mehrere Unternehmen, die sich für Großpro-jekte, welche von der Regierung vergeben werden, interessieren. In diesem Bereich ist der Wett-bewerbsdruck entsprechend höher. Der Markt für Photovoltaik ist - abgesehen von einigen For-schungsanlagen und wenigen kleinen Inselsystemen – prinzipiell nicht vorhanden und daher be-steht auch kein Wettbewerb in diesem Bereich. Bei der solarthermischen Nutzung sorgen aller-dings mehr als 100 Unternehmen, die einfache Sonnenkollektoren überwiegend für den privaten Gebrauch herstellen, für Wettbewerb (siehe 4.2.3 Direkte Solarenergie). Bei der Biomasse werden meist einfache Öfen im häuslichen Sektor eingesetzt. Es gibt nur zwei Biogas-Anlagen. Selbst mo-derne Holzheizungen werden nicht großflächig verwendet. Wettbewerb ist in diesem Bereich kaum vorhanden. Bei den EE Dienstleistungen ist der Markt in der Türkei generell wenig ausgebaut und daher besteht hier kaum ein Interessenkonflikt mit anderen Wettbewerbern im Markt. Laut Auskunft der Deutschen Energie-Agentur zeigen aber immer mehr deutsche EE Unternehmen Interesse an der Türkei.

Die wichtigsten heimischen Energieressourcen sind Braunkohle und die erneuerbaren Energie-quellen. In Zukunft soll besonders der Braunkohleabbau gefördert werden. Importe (besonders Erdgas, Erdöl und Steinkohle) werden weiterhin eine dominierende Rolle in der Energiezusam-mensetzung spielen. In Zukunft muss eventuell die Entwicklung der Atomenergie in Betracht gezo-gen werden. Allerdings ist derzeit nicht von einer Substitution der regenerativen Energien durch diese Energieträger auszugehen, da die Förderung heimischer Energiequellen (Braukohle und er-neuerbare Energien) essentieller Bestandteil der türkischen Energiepolitik ist.

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5.5 Fazit

5.5.1 Attraktivität für einzelne Dienstleistungsbereiche

Bei der solaren Energienutzung sind besonders die Regionen an der Ägäis und am Mittelmeer sehr gut geeignet. Allerdings ist die Netzeinspeisung durch Photovoltaik (PV) aufgrund der zu ge-ring ausfallenden gesetzlichen Einspeisevergütung in der Türkei im Vergleich zu anderen Energie-quellen nicht wettbewerbsfähig. Daher sollte sich das Anwendungsspektrum auf die weniger tech-nologieintensive solare Warmwasserbereitung und eventuell auch auf kleine PV Inselsysteme in schwer zugänglichen Gebieten konzentrieren.

Die besten klimatischen Bedingungen für Windenergie sind im Westen des Landes zu finden. Die gesetzliche Einspeisevergütung (2008: 5,5 Cent/kWh) macht es für Unternehmen wirtschaftlich att-raktiv, weitere Windenergieanlagen (WEA) zu errichten, weshalb in diesem Bereich seit 2005 ein starker Ausbau der WEA-Kapazitäten zu verzeichnen ist. Die Erhöhung der Einspeisevergütung von 4,4 Cent/kWh auf 5-5,5 Cent/kWh im vergangenen Jahr wird voraussichtlich zum Bau von wei-teren Windparks führen. Aufgrund von inflationären Einflüssen könnte es allerdings in Zukunft wie-der zu einem Sinken der Einspeisevergütung kommen. Es ist weiterhin für deutsche Unternehmen eine Kooperation mit einem in der Türkei ansässigen Unternehmen notwendig, um die erforderli-chen Lizenzen zu bekommen. Spezifisches EE Know-How ist kaum in der Türkei anzufinden und bietet daher für deutsche Unternehmen ein großes Einsatzfeld. Ebenso wird der Export von in der Türkei produzierten WEA-Teilen vorangetrieben.

Bei der Geothermie bietet die Versorgung mit geothermischer Fernwärme die besten Einsatzmög-lichkeiten. Diese Möglichkeit wird bereits im Westen der Türkei wirtschaftlich betrieben. Allerdings gibt es bei der geothermischen Stromgewinnung weiterhin große technische, ökonomische und umweltbezogene Schwierigkeiten, weshalb dieser Bereich als zu risikoreich für private Investitio-nen gilt. Erste Verbesserungen traten im Sommer 2007 ein, indem das Gesetz über geothermale Quellen und natürliche mineralhaltige Wasser veröffentlicht wurde, das der Privatwirtschaft und ausländischen Investoren die Markterschließung über den Erwerb von Nutzungsrechten ermöglicht (BFAI 2007). Die Informationslage über Vorkommen an geothermalen Quellen verbessert sich ste-tig, z.B. gibt das EIE (Electric Power Resources Survey and Development Administration) Potenzi-alabschätzungen zur Stromerzeugung für die relevanten Gebiete an. Zudem bestehen Bestrebun-gen von Seiten der Exportinitiative der dena, Kontakt zwischen deutschen und türkischen Unter-nehmen sowie zu Entscheidern der Administrative und der Politik herzustellen. Wenn sich die ge-setzlichen Rahmenbedingungen in der Türkei noch verbessern, wird es vermutlich zu einem weiter steigenden Ausbau der geothermischen Energienutzung kommen.

Die Nutzung der Biomasse beschränkt sich größtenteils auf den ländlichen Raum und wird über-wiegend in den ärmeren Regionen der Türkei zum Kochen und Heizen verwendet. Dieser Einsatz ist sehr technologie- und investitionsarm und bietet daher ausländischen Unternehmen wenige An-reize. Zudem wird die Stromgewinnung durch Biogasanlagen nur langsam vorangetrieben. Der Transportsektor wurde bisher als Einsatzgebiet kaum in Erwägung gezogen. Die Signifikanz der Biomasse wird in Zukunft weiter abnehmen, auch weil sie durch andere Energieträger, besonders in den Städten, substituiert wird. Es gibt wenig Interesse von staatlicher Seite, den Ausbau moder-ner Holzheizungen oder Biogasanlagen zu fördern oder großflächig voranzutreiben.

Bei der Wasserkraft , mit großen Potenzialen im Südosten des Landes, hat sich die Türkei im Lau-fe der letzten Jahrzehnte eigenes Fachwissen und Erfahrung angeeignet. Riesige Staudammpro-jekte, die von der Regierung vergeben werden, offerieren sehr gute Einsatzmöglichkeiten für deut-

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sche Unternehmen. Bis zum Jahre 2020 soll das gesamte wirtschaftliche Potenzial der Wasserkraft genutzt werden. Auf die schwierige Sicherheitslage im Südosten, negative soziale Auswirkungen und Umweltprobleme, die aus den Projekten resultieren können, wird seitens der Regierung mit der Begründung der wirtschaftlichen Notwendigkeit der Projekte wenig Rücksicht genommen. Dennoch könnte der massive Ausbau der Wasserkraft aufgrund von politischen Bedenken in Frage gestellt werden. Es gab bereits internationale Proteste, die internationale Unternehmen zum Rück-zug aus umstrittenen Staudammprojekten veranlasst haben. In Zukunft könnte der Ausbau von Klein-Wasserkraftwerken ein weiteres Einsatzgebiet werden.

So genannte Querschnittsdienstleistungen wie Bildung, Finanzierung oder Forschung können für mehrere EE Sektoren interessant sein. So gibt es im Bereich der Aus- und Weiterbildung von EE-spezifischem Wissen große Potenziale. Da der türkische Markt anscheinend nicht in der Lage ist, Fachkräfte ausreichend zur Verfügung zu stellen, werden hier ausländische Unternehmen ge-fragt sein. Dies betrifft derzeit vor allem Windenergieprojekte. Im Bereich der Wasserkraft gibt es oft genügend ausgebildetes Personal vor Ort. Die Finanzierung einzelner Projekte wird teilweise auch von deutschen Institutionen übernommen. So ist die deutsche Bundesregierung mit Hermes-Bürgschaften oder auch die Kreditanstalt für Wiederaufbau an deutschen EE Projekten in der Tür-kei beteiligt. Derzeit gehen deutsche Unternehmen überwiegend mit Komplettangeboten in den türkischen Markt und bieten daher alle Dienstleistungen aus einer Hand. Bei diesen Dienstlei-tungsbereichen besteht ein großer Markt, da die türkische Regierung offensichtlich auf ausländi-sches Know-How und Kapital setzt und auch angewiesen ist, um EE Projekte voranzutreiben.

So lässt sich abschließend sagen, dass trotz günstiger klimatischer und geographischer Bedingun-gen in der Türkei nicht alle erneuerbaren Energiequellen aufgrund defizitärer Technologien und Wirtschaftlichkeit als Einsatzgebiet für deutsche Unternehmen attraktiv sind. Gute Rahmenbedin-gungen gelten aber für die Windenergie, die Solarthermie und die Wasserkraft sowie zu einem ge-ringeren Maße auch für die Geothermie.

5.5.2 Hemmnisse

Generell lässt sich sagen, dass sich die rechtlichen, politischen und ökonomischen Rahmenbedin-gungen in der Türkei seit 2001 wesentlich verbessert haben. Das trifft auch auf das Investitions-klima zu. Die Deutsche Energie-Agentur verzeichnet ein gesteigertes Interesse deutscher Unter-nehmen am türkischen Markt. Allerdings gibt es immer noch zahlreiche Restriktionen, die sich für vereinzelte deutsche Unternehmen als Markteintrittsbarrieren herausstellen könnten.

Die räumliche Distanz der Türkei ist besonders für kleine Unternehmen ein Problem, die nur kurz-fristig auf den türkischen Markt wollen beziehungsweise für die eine Präsenz vor Ort möglicherwei-se zu aufwendig und teuer ist. Im Vergleich zu den europäischen Nachbarländer Deutschlands ist dies ein entscheidender Nachteil.

Eine weitere Problematik für die nur kurzfristig am türkischen Markt interessierten Unternehmen stellt sich durch die nicht-tarifären Handelshemmnisse . So müssen sich Anbieter von Dienstleis-tungen, auch wenn diese nur vorübergehend angeboten werden soll, eine Lizenz oder eine ent-sprechende Autorisierung besorgen sowie in einer Handelskammer Mitglied werden, was mit wei-terem Bürokratie- und Kostenaufwand verbunden ist. Bei öffentlichen Ausschreibungen ist das Ein-schalten eines Vertreters vor Ort zwingend vorgeschrieben. Wie bereits erwähnt können Lizenzen für erneuerbare Energien auch nur von türkischen Unternehmen von der Regulierungsbehörde er-worben werden, was für deutsche Unternehmen eine Kooperation mit dem türkischen Lizenzinha-

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ber erforderlich macht. Ohne diese Zusammenarbeit ist es ausländischen Firmen nicht möglich, an der Errichtung von EE Anlagen in der Türkei mitzuwirken.

Des Weiteren gibt es Unsicherheiten, was die zugelassene Bandbreite der anzubietenden Dienstleistungen angeht. So ist es Ausländer in einigen Bereichen nicht erlaubt, bestimmte Dienstleistungen bereitzustellen. Dies dürfte aber den EE Sektor in der Regel nicht betreffen.

Obwohl der Aufwand für Genehmigungsverfahren in den letzten Jahren in der Türkei verbessert wurde, ist weiterhin mit langwierigen Bürokratie- und Verwaltungsgängen zu rechnen. So berichtet ein Mitglied der Türkisch-Deutschen Industrie- und Handelskammer, dass in diesen Fällen eine Zusammenarbeit mit einem türkischen Partner, der regionale Gegebenheiten kennt, besonders empfehlenswert ist.

Vereinzelte Fälle von Korruption können auftreten, auch wenn die Türkei bemüht ist, dieses Prob-lem in den Griff zu bekommen. Das ineffiziente und langwierige Rechtssystem in der Türkei macht es für deutsche Unternehmen teilweise schwierig, ihre Rechtsansprüche vor Gericht tatsächlich schnell durchzubekommen. Auch wenn in der Vergangenheit einige bilaterale Abkommen zur Rechtssicherheit zwischen Deutschland und der Türkei geschlossen worden sind, so mangelt es doch an der Rechtsverfolgung.

Die Einspeisevergütung für den Strom aus erneuerbaren Energiequellen beträgt derzeit 5-5,5 Cent/kWh, ursprünglich veranschlagt waren 5-6 Cent/kWh. Die Regulierungsbehörde EMRA gibt dabei zum Beginn eines jeden Jahres den inflationsbereinigten Durchschnittspreis des Vorjahres für Strom aus erneuerbaren Energiequellen an. Der Ministerrat kann dabei diesen Durchschnitts-preis um bis zu 20% erhöhen. Aufgrund der höheren Inflationsrate in der Türkei scheint eine re-gelmäßige Anpassung der Einspeisevergütung notwendig zu sein. Fraglich ist, wie es sich verhält, wenn die gesetzliche Preisgarantie für EE Strom nach 10 Jahren ausläuft. Eine Verlängerung der EE Einspeisevergütung ist in Diskussion, aber noch nicht gesetzlich festgelegt.

Die gesetzliche Förderung der erneuerbaren Energien ist in der Türkei erst einmal zeitlich be-grenzt (Beibehaltung der Einspeisevergütung für 10 Jahre ab 2007). Da noch keine weiteren Fest-legungen seitens der türkischen Regierung getroffen sind, führt dies zu Verunsicherungen über den Prioritätsstatus der regenerativen Energien in der Türkei. Derzeit sieht es so aus, als ob das Land längerfristig an einem Ausbau der erneuerbaren Energien interessiert ist. Wenn sich die poli-tische Stimmung aber durch eventuelle Regierungswechsel ändern sollte, könnten die Prioritäten in der Energieversorgung der Türkei neu geordnet werden. Aufgrund des angestrebten EU Beitritts gilt dies aber als eher unwahrscheinlich.

Abschließend lässt sich sagen, dass die Türkei in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte im Ab-bau von Restriktionen und Markteintrittsbarrieren erzielt hat. Allerdings gibt es im Vergleich zu an-deren europäischen Ländern weiterhin einige Hemmnisse, die besonders für kleine und nur kurz-fristig engagierte Unternehmen aus Deutschland zum Problem werden können. Dennoch bietet der türkische EE Sektor deutschen Dienstleistungsunternehmen einen interessantes Umfeld. Bei wei-terem Abbau der genannten Hemmnisse könnte die Türkei zu einem wichtigen EE Wachstums-markt für deutsche Unternehmen werden.

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Annex I – Karte Türkei

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Annex II - Faktoren der Ländermarktbewertung für die Türkei im Bereich erneuerbare Energien

Tab. 5.1: Allgemeine Faktoren zur Ländermarktbewert ung Quelle: eigene Darstellung nach Universität Rostock

Informationssi-tuation

Geographische Lage, Umweltsitu-ation

Rechtliche und politische Situation

Ökonomische Situation

Verstärkung protektionis-tischer Markteintrittsbar-rieren

> durch tarifäre Handels-hemmnisse (Zölle, Steu-ern, Dumping-Vorschriften, Preiskontrol-len)

> durch nicht-tarifäre Handelshemmnisse (gene-relle Ein- und Ausfuhrver-bote, Kontingentierung, local-content Vorschriften, divergierende technische Vorschriften)

Infrastruktur (Netzanschlüs-se, Verkehr, Kommunikati-on)

Abbau protektionistischer Markteintrittsbarrieren

> EU-Dienstleistungsrichtlinie, GATT, GATS

Kapitalerfordernisse beim Markteintritt (Höhe der erforderlichen Einstiegsin-vestitionen)

Länderrisiken (politische, rechtliche und wirtschaft-liche)

Allg

emei

n

räumliche Distanz zwischen Heimat und Zielmarkt

Investitionssicherheit

Inflationsrate und Wechsel-kurs(schwankungen)

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Tab. 5.2: Energiespezifische Faktoren zur Länderbew ertung Quelle: eigene Darstellung nach Universität Rostock

Informationssi-tuation

Geographische Lage, Umwelt-situation

Rechtliche und politische Situation

Ökonomische Situation

Förderprogramme und -maßnahmen in der Türkei (bilaterale Bezie-hungen und inter-nationale Instituti-onen)

Marktvolumen und Marktstruktur des aktuellen Energiemarktes (Anteil EE Gesamtmarkt der Energie)

erzielbare Energiepreise

Beschaf-fungs-markt

Absatzmarkt

Nachfrage Wettbe-werb

En

erg

iem

arkt

spez

ifisc

h

Stromnetzda-ten und Strom-netzmanage-ment

EE Gesetze, Richtlinien bezie-hungsweise politi-sche Absichtserklä-rungen, Einspeise-vergütung

Kapital-markt

Preise und Qualität Produkti-onsfakto-ren

Partner vor Ort

Nachfrage-volumen und -struktur im EE Markt

Nachfrage-verhalten (kulturell, etc.)

Internationa-lisierung wichtiger Kunden

Marktrans-parenz aus Kundensicht

Anzahl und Wettbe-werbsstär-ke der Konkurren-ten

Substituti-onsgüter (durch fossile Energie-träger)

Wettbe-werbs-verhalten (strategi-sche Barrieren)

Ern

euer

bar

e E

ner

gie

quel

len

sp

ezifi

sch

Daten und Karten zu EE Ressourcen

klimatische und geogra-phische Standortbedin-gungen (Eig-nung für jeweilige EE)

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EXPEED – ZIELLANDSTUDIE TÜRKEI | 81

Annex III – Expertenbefragungen Deutsche Energie-Agentur, Berlin (März 2007)

Frau Stephanie Heß

Herr Andreas Schöler

Herr Thomas Wenzel

Deutsch-Türkische Industrie- und Handelskammer, Istanbul (März 2007)

Herr Nikolaus Bamberg (Marketing)

Türkisch-Deutsche Industrie- und Handelskammer, Köln (März 2007)

Frau Nurcan Cetin (Verwaltungsassistentin)

Europäische Vereinigung für Erneuerbare Energien e.V. (Eurosolar) (März 2007)

Frau Irm Pontenagel (Geschäftsführerin)

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