Saison 02 / 2013
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Warum es sich gerade im Tourismus lohnt, nachhaltig zu wirtschaften
DIE NATUR DES ERFOLGES
T O U R I S M U S M A G A Z I N | A U S G A B E 0 2 / 1 3 | F R Ü H J A H R 2 0 1 3
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3 SAISON
STICHWORTSAISON
STICHWORT
DIE NATUR DES ERFOLGES
„Solange wir ausschließlich das Wachstum der Profi te ohne Rücksicht auf soziale und ökologische Folgen vorantreiben, ist die derzeitige Entwicklung unaufhaltsam.“ Bernd Kolb, Hotelier und Visionär
„Wir leben heute in einer Hochleistungsgesellschaft. Deshalb wollen wir mit unserer Bergwelt und ihren Kraftplätzen unseren Beitrag dazu leisten, dass die Menschen Erholung fi nden.“ Claudia Knab, Bereichsleiterin Markenmanagement in der Tirol Werbung
„Für Tirol insgesamt sehe ich das Potenzial der Modellregion für alle künftigen Entwicklungen, für die Grand Challenges demografi scher Wandel, Globalisierung, Klimaerwärmung. All das wirkt sich in den alpinen Räumen mehr aus.“Harald Gohm, Geschäftsführer Standortagentur Tirol
NACHGESCHLAGEN
Eine erstmalige Nutzung des
Begri� es Nachhaltigkeit im heutigen
Sinne fi ndet sich beim sächsischen
Oberberghauptmann Hans Carl von
Carlowitz 1713 in seinem Werk
Sylvicultura oeconomica.
Carlowitz fragte „wie eine sothane
[solche] Conservation und Anbau
des Holtzes anzustellen /
daß es eine continuirliche beständige
und nachhaltige Nutzung gebe /
weil es eine unentbehrliche Sache ist /
ohne welche das Land in
seinem Esse nicht bleiben mag“
Die Gründe für Unternehmen, sich freiwillig für Sozial- und Umweltthemen zu engagieren, sind:
Markenreputation 72 %Ertragswachstum oder
Kostenreduktion44 %
persönliche Motivation 42 %
Nachfrage der Kunden 39 %Engagement von
Mitarbeitern31 %
(UN GLOBAL COMPACT CEO STUDIE 2010)
Nachhaltige SterneZum dritten Mal wurde 2013 von der Wirtschaftskammer Österreich und der Österreichi-
schen Gastronomie Zeitung der „Sterne Award“ vergeben – diesmal stand er unter dem
Motto „Nachhaltigkeit – der Mensch im Mittelpunkt“.
Die GEWINNER:Burgenland: St. Martins Therme & Lodge, Kärnten: der daberer.das biohotel, Niederöster-reich: Berghotel Tulbingerkobel, Oberösterreich: SPES Hotel, Salzburg: ****S Wellnesshotel
Der Krallerhof, Steiermark: Retter Seminarhotel, Restaurant****, Tirol: Alpenresort Schwarz,
Vorarlberg: Alpen Sport Resort Rote Wand, Wien: Vienna Marriott
Gute TageMaximal 6,8 kg CO
2 darf jeder Mensch
täglich durch seine Handlungen aussto-
ßen, damit unsere Welt und unser Klima
im Gleichgewicht bleiben. Auf der Website
www.eingutertag.org kann man nach-
schlagen, welche Tätigkeit welchen CO2-
Ausstoß zur Folge hat. Den Tätigkeiten
werden Punkte zugeordnet, ein guter Tag
hat höchstens 100 Punkte. 500 Kilometer
mit dem Flugzeug zurückzulegen, ergibt
allerdings schon 1.838 Punkte, mit einem
VW Golf kommt man immer noch auf 787.
Am umweltfreundlichsten: der Zug mit 137
Punkten. www.eingutertag.org
MIT DER KRAFT DER SONNE
Tirols Seilbahnwirtschaft ist grüner als man gemeinhin denkt. Unter dem Stichwort Kli-
madesign setzt zum Beispiel die Firma Alpsolar Tourismusbauten um, die energiee� zient
und nachhaltig funktionieren. Aktuelle Beispiele dafür sind das Skirestaurant Hoadl (Bild)
in der Axamer Lizum und das noch in Bau befi ndliche Projekt Isskogelbahn in Gerlos.
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4 SAISON
EDITORIAL
In der reizüberfl uteten und gestressten Gesellschaft werden die Sinnsuche im Urlaub, die Natur als Ent-schleunigungsraum immer wichtiger. Viele Experten sind sich daher einig, dass die Alpen im 21. Jahrhundert zu begehrten Kraftplätzen werden.
Unsere Traditionen in der Gegenwart selbstbewusst zu verankern und zu kultivieren –darin liegt die Natur unseres Erfolgs. Daher muss gerade die Tourismuswirtschaft essenzielles Interesse an einer funktionierenden Tiroler Landwirtschaft haben.
Wandern und Tiroler Produkte genießen, die Landschaft spüren und die Erzeugung sowie Veredelung von regionalen Spezialitäten authentisch erleben – das ist auch ein naturnaher Tiroler Weg zum gemeinsamen Erfolg!
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Tirols natürliche Erfolgsfaktoren
I n der reizüberfl uteten und gestressten Ge-
sellschaft werden die Sinnsuche im Urlaub,
die Natur als Entschleunigungsraum immer
wichtiger. Viele Experten sind sich daher einig, dass
die Alpen im 21. Jahrhundert zu begehrten Kraftplätzen
werden. Das Potenzial an Aussteigern, die immer wieder
temporär aus der Hochgeschwindigkeitsgesellschaft
aussteigen wollen, scheint noch lange nicht ausgereizt.
Tatsächlich sind Tirols unverwechselbare Landschaft,
die Schönheit der Berge, die landestypische Kultur
die – im wahrsten Sinne – natürlichen Erfolgsfaktoren
unseres Landes.
„Perfekte Gegenwelt“. Davon zeigte sich jüngst
auch Österreichs bekannte Meinungsforscherin He-
lene Karmasin im Rahmen einer spannenden Diskus-
sion zum Wachstumspotenzial des alpinen Sommers
überzeugt: „Die Berge sind eine perfekte Gegenwelt
zum hektischen Berufsleben, sie können Lebenskraft
vermitteln. Diese Welt steht für den Zauber der vorin-
dustriellen Welt. Aus den im Alltag erlebten Defi ziten
entstehen die Sehnsüchte, die Tirol gerade auch im
Sommer perfekt bedienen kann“, stellte Karmasin fest.
Dafür sei es wichtig die Authentizität Tirols glaubwürdig
in emotionalen Botschaften sichtbar zu machen. Und
auch Zukunftsforscher Andreas Reiter bestätigte, dass
die Jagd nach Fun & Kick bei vielen Menschen längst
durch die Sinnsuche ersetzt wurde. „Eine ausgebrann-
te Gesellschaft sucht nach Werten und Erlebnissen,
nach Ruhe und Sinn, nach nachhaltigen E� ekten für
Körper und Geist.“ Daher hätten „Sinninszenierungen“,
die Authentizität statt Adrenalin bieten, künftig noch
mehr Erfolg.
Und auch aus den Urlaubsbefragungen wird
deutlich: Unsere Gäste suchen insbesondere das
einmalige Naturerlebnis. Allein im Sommer sind Land-
schaft/Natur und die Berge mit jeweils 74 Prozent die
Top-Gründe für Tirol und lösen auch mit 93 Prozent
die höchsten Zufriedenheitswerte aus. Auf Basis der
Natur und durch geschickte Spezialisierungen haben
es damit viele Destinationen unseres Landes nachhaltig
gescha� t, zu sommerlichen Sehnsuchtsregionen zu
avancieren.
Traditionen verankern. In diesem Zusammen-
hang ist aber auch eines ausdrücklich festzuhalten: Das
international so beliebte Tourismusland Tirol gibt es auf
Dauer nur, wenn es weiterhin gelingt, auch als Bauern-
land die lebensnotwendigen Strukturen zukunftsfähig
zu erhalten. Unsere Traditionen in der Gegenwart
selbstbewusst zu verankern und zu kultivieren – darin
liegt die Natur unseres Erfolgs. Daher muss gerade die
Tourismuswirtschaft essenzielles Interesse an einer
funktionierenden Tiroler Landwirtschaft haben.
Derzeit gibt es rund 400.000 Hektar land-
wirtschaftliche Nutzfl äche, circa 72 Prozent davon
entfallen auf Almen. Im ganzen Land existieren noch
rund 2.300 bewirtschaftete Almen, die vielfach zu
Attraktionen für viele unserer Urlauber geworden
sind. Die Tiroler Almbauern tragen mit hochwertigen
Produkten, der Landschafts- und Kulturpfl ege sowie
ihrer Gastfreundschaft zum Gesamterfolg beträchtlich
bei. Tatsächlich sind diese bäuerlichen Lebensformen
gerade auch im touristischen Kontext und die Erhaltung
dieser kleinteiligen Struktur enorm wichtig. Auch die
aktuell strittige Debatte rund um das Thema Rückzah-
lung von Förderungen für Almbauern kann in diesem
Kontext niemanden freuen – auch wenn in Einzelfällen
die Diskussion notwendig sein wird. Jedenfalls haben
auch die aufgrund der Wirtschaftlichkeit forcierten Ge-
nossenschaftsbildungen und damit entstehenden Ge-
nossenschaftsalmen langfristig betrachtet nicht immer
optimale Auswirkungen. Denn dort wo ein einzelner
Bauer seine eigene Alm mit Liebe und Leidenschaft
bewirtschaftet, wird immer auch die Liebe zum Detail
deutlich spürbarer sein.
Im touristischen Zusammenhang hat die Tiroler
Almwirtschaft mit Sicherheit Zukunft. Und viele Tiroler
Almen, die mit ihrer Geschichte und qualitätsvollen Spe-
zialitäten punkten, erfreuen sich steigender Beliebtheit
bei den Gästen. Ein erfreuliches Beispiel für das Zusam-
menwirken von Landwirtschaft und Tourismus stellen
schon heute 21 Tiroler Genussrouten dar. Wandern
und Tiroler Produkte genießen, die Landschaft spüren
und die Erzeugung sowie Veredelung von regionalen
Spezialitäten authentisch erleben – das ist auch ein
naturnaher Tiroler Weg zum gemeinsamen Erfolg! ×
EDITORIAL
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18DIE NACHHALTIGENABRÄUMER
SAISON
INHALT
IMPRESSUMSAISON – Tourismusmagazin, Nr. 2/2013 (65. Jahrgang) SAISON-Abohotline: 0512/58 60 20
HERAUSGEBER: Tirol Werbung, Maria-Theresien-Straße 55, 6020 Innsbruck • MEDIENINHABER UND VERLEGER: TARGET GROUP Publishing GmbH, Brunecker Straße 3, 6020 Innsbruck • CHEFREDAKTEUR: Matthias Krapf • REDAKTION: Mag. Sylvia Ainetter, Ste� en Arora, Mag. Nina Heizer-Walch, Mag. Sonja Kainz, Mag. Jane Kathrein, Esther Pirchner, Ernst Spreng • AUTOREN: Ernst Molden, Alois Schöpf • FOTOGRAFEN: Gerhard Berger, Emanuel Kaser, Franz Oss • GRAFIK: Tanja Mintscheff • ANZEIGENVERKAUF: Thomas Pilgram, [email protected] ANSCHRIFT VERLAG: Brunecker Straße 3, 6020 Innsbruck, Tel. 0512/58 6020, Fax DW -2820, [email protected] • GESCHÄFTSFÜHRUNG VERLAG: Mag. Andreas Eisendle, Michael Steinlechner • DRUCK: Niederösterreichisches Pressehaus, St. Pölten. Die Informationen zur O� enlegung gemäß § 25 MedienG können unter der URL www.zielgruppenverlag.at/Impressum abgerufen werden.
8Für ein besseres MorgenNachhaltig zu wirtschaften, ist nicht nur ein Dienst an der Gesellschaft, sondern nützt auch dem Unternehmer.
10Erfolgsfaktor NatürlichkeitErfolgreich ist, für wen Nachhaltigkeit ein echtes persönliches Anliegen ist.
14 „Wir sind ein Teil des Ganzen“Visionär Bernd Kolb im Interview
18Die nachhaltigen AbräumerDrei Beispiele außerhalb Tirols, die zei-gen, dass sich ökologisches Handeln gewinnbringend vermarkten lässt.
22Die Magie von OrtenDas Geheimnis der Kraftplätze und ihr Nutzen für die Marke Tirol
24„Stille ist ein seltenes Gut“Philosoph Konrad Paul Liessmann über Urlaub und Natur
26Die Zukunft des Tourismus ist grünDie wertvollste Ressource des Urlaubslandes Tirol ist seine Natur.
MAGAZIN
30Freiwillige vor!Wie Urlauber in Tirols Naturparks mithelfen können
32 Mit Indien ist zu rechnenDer Reisemarkt Indien wächst.
34Die Macht der RankingsWie sind Rankings der besten Regi-onen, Städte etc. zu interpretieren?
36Freizeit sucht PädagogenWas verbirgt sich hinter der Ausbildung zum „Akademischen Freizeitpädagogen“?
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38Zurück zum UrsprungEnduro-Mountainbiken boomt. Der Tourismus kann von diesem Trend profi tieren.
42Alpine FlaschenpostEine kleine Geschichteder Gipfelbücher.
44Lebendiges ChristentumDie Vorbereitungen für die Jubiläumspassion in Erl laufen.
46Freies SpielGeiger Christian Tetzla� istzu Gast bei Musik im Riesen 2013.
49 Kommentare
50 Nachgefragt
14
„WIR SIND EIN TEIL DES GANZEN“
ZURÜCK ZUM URSPRUNG
36
26FREIZEIT
SUCHT PÄDAGOGEN
DIE ZUKUNFT IST GRÜN
MIT INDIEN IST ZU RECHNEN
FÜR EIN BESSERES MORGEN
THEMA: DIE NATUR DES ERFOLGES
8
N achhaltigkeit – ein
Schlagwort, das heu-
te fast schon zum gu-
ten Ton gehört. Doch
was ist damit gemeint? Dr. Georg Müller-
Christ, Professor an der Universität Bre-
men mit dem Schwerpunkt „Nachhaltiges
Management“, hat eine pragmatische
Erklärung parat: „Unter Nachhaltigkeit
versteht man eine vernünftige Art und
Weise, mit Ressourcen umzugehen, damit
sie dauerhaft zur Verfügung stehen“. Viele
Unternehmer sehen allerdings keine Mög-
lichkeiten, solche Maßnahmen durchzu-
setzen und trotzdem noch den Profi t zu
steigern. Zu kostspielig sind alternative
Energien, umweltfreundliche Bausto� e
und außertourliche Ausgaben fürs Perso-
nal. Da geht es dem Industriebetrieb im
Ruhrgebiet nicht anders als dem Tiroler
Hotelier. Die Frage liegt also auf der Hand:
Muss Nachhaltigkeit wirklich sein?
„Ein Unternehmen, das nicht nach-
haltig handelt, wird morgen nicht mehr da
sein“, stellt Müller-Christ trocken fest. Zu
diesem Schluss kommt er nach jahrelan-
ger Forschungsarbeit und Beobachtung der
Wirtschaft. Als plakatives Beispiel nennt er
die metallverarbeitende Industrie. Würde sie
nicht selbst in Metallrecycling investieren,
ginge ihr eher früher als später der Rohsto�
aus. Und ohne Rohsto� kein Betrieb mehr.
„Hier nach dem Staat zu rufen, funktioniert
nicht“, sagt Dr. Müller-Christ, „darum müs-
sen sich die Betriebe schon selbst küm-
mern.“ Dass Metall wiederverwertet wird,
ist somit nicht nur eine Umweltschutzmaß-
nahme, sondern dient in erster Linie dem
Fortbestehen des Unternehmens.
Auf den Tourismus umgelegt, be-
deutet das: Ohne intakte Umwelt kein Tou-
rismus mehr. Denn wer will schon Urlaub
auf vermüllten Bergen machen, wo die Luft
schlecht ist und außer Skiliftmasten kaum
mehr etwas zu sehen ist?
Fachkräfte für morgen. „Das
Hauptproblem“, sagt Müller-Christ, „sind
aber nicht die materiellen Ressourcen,
sondern die immateriellen, wie Bildung,
Legitimation und gesellschaftliches Ver-
trauen.“ Für alles Materielle gebe es Märkte,
die den Nachschub über lange Zeit regu-
lieren könnten, im immateriellen könne es
schnell schwierig werden. So sollten die
Verantwortlichen im Tourismus dringend
auch in Fort- und Ausbildung ihrer (künf-
tigen) Mitarbeiter investieren, wenn sie
morgen noch ausreichend Fachkräfte zur
Verfügung haben möchten.
Im Tiroler Tourismus hat sich in
diesem Zusammenhang viel getan. Doch
gerade im Personalbereich spürt die Bran-
che noch immer die Auswirkungen vom
wenig nachhaltigen Personalmanagement
der vergangenen Jahrzehnte. Arbeitsplät-
ze im Tourismus haben keinen guten Ruf:
schlecht bezahlt, keine geregelten Arbeits-
zeiten, unvereinbar mit einem Familienle-
ben, wenig Weiterbildungsmöglichkeiten,
wenig Komfort.
Das Problem des Arbeitskräftemangels
wird sich noch verstärken, wenn nicht
nachhaltiger agiert wird. Das heißt: Mit-
arbeiter motivieren, sie ans Unternehmen
binden, fair bezahlen, menschlich agie-
ren, sprich: ein attraktiver Arbeitgeber
sein. Bemühungen und Initiativen gibt es
bereits, und die sind dringend notwendig.
Ein Paradebeispiel für nachhaltiges Per-
sonalmanagement ist Reiters Posthotel in
Achenkirch. Hier genießen die Mitarbeiter
zahlreiche Vergünstigungen wie kosten-
loses Essen an freien Tagen, freien Eintritt
in die SPA-Landschaft, Unterbringung in
einem modernen, großzügigen Personal-
haus und nicht zuletzt ein Einkommen,
das über dem Kollektivvertrag liegt. Über
mangelnde Bewerber brauchen sich die
Reiters deswegen keine Sorgen machen.
Nötige Investitionen. Der Konsu-
ment steht den Nachhaltigkeitsbemühun-
gen von Unternehmen positiv gegenüber.
Doch belohnt er diese auch? „Das hängt
davon ab, ob er dann mehr bezahlen
muss“, sagt Müller-Christ, „denn dazu ist
er im Normalfall nicht bereit.“ Der Bio-
lebensmittelmarkt funktioniere deshalb
so gut, weil der gesundheitliche Aspekt
eine große Rolle spielt. Die Masse der
Konsumenten honoriere es jedoch derzeit
nicht, dass ein Hotel regenerative Energien
nutzt und in die Ausbildung der Mitarbei-
ter investiert. Überhaupt sei das mit der
Masse schwierig. „Massentourismus und
Nachhaltigkeit gehen nicht zusammen“,
befi ndet Müller-Christ.
Betriebe, die nachhaltig wirtschaf-
ten, müssen investieren, ohne diese
Mehrkosten einfach an ihre Kunden wei-
tergeben zu können. Derzeit zumindest
„Ein Unternehmen, das nicht nachhaltig handelt, wird morgen nicht mehr da sein.“
UNIV.-PROF. DR. GEORG MÜLLER-CHRIST, PROFESSOR FÜR NACHHALTIGES MANAGE-MENT AN DER UNIVERSITÄT BREMEN
Für ein besseres MorgenRessourcen schonen, auf die Umwelt achten und in die Bildung der Mitarbeiter investieren: Nachhaltig zu wirtschaften, ist nicht nur ein Dienst an der Gesellschaft, sondern nützt nicht zuletzt dem Unternehmer.
VON S YLVIA A INE T TER
noch nicht. „Das Nachhaltigkeitsproblem
ist entstanden, weil Unternehmen sich
sehr ökonomisch verhalten. Das kann
nur wieder in Ordnung gebracht werden,
indem wir wieder beginnen, für alles zu
bezahlen, was wir in Anspruch nehmen“,
befi ndet Müller-Christ, „doch langfristig ist
das sehr vernünftig – denn nur so kann
man im Geschäft bleiben.“
Vertrauen bilden. Die wirtschaftli-
chen Vorteile von Nachhaltigkeitsbemü-
hungen zeigen sich nicht unmittelbar, auf
lange Sicht gesehen jedoch sehr deutlich.
Ein wesentliches Kriterium für den wirt-
schaftlichen Erfolg ist der Ruf eines Be-
triebes in der Region. „Wer so wirtschaftet,
dass die unerwünschten Nebenwirkungen
auf die Menschen in der Umgebung so
gering wie möglich sind, der erlangt ge-
sellschaftliches Vertrauen“, erklärt Müller-
Christ. Und gesellschaftliches Vertrauen ist
gerade in Krisenzeiten unabdingbar. Was
es für einen Betrieb bedeutet, wenn die
Profi tblase platzt, könne derzeit bei den
Banken beobachtet werden.
Wer seinen Betrieb nachhaltiger
führen möchte, kann in allen Bereichen
ansetzen, am einfachsten bei der Energie-
versorgung. „Energie zu sparen, bedeutet
aber nicht zwangsweise auch Kosten zu
sparen“, relativiert Müller-Christ. Doch
Betriebe, die bereits heute darauf setzen,
nur wenig Energie zu verbrauchen, und
dabei regenerative Energien bevorzugen,
können sich schon bald freuen. Denn dass
fossile Energieträger immer rarer werden
und deswegen die Preise zwangsweise
steigen, ist schon lange kein Geheimnis
mehr. Ganz abgesehen davon, dass ihre
Nutzung alles andere als umweltschonend
ist. Wer heute in nachhaltige Technologien
investiert, wird auf lange Sicht Ausgaben
sparen und Ansehen gewinnen – und so
auch wirtschaftlich erfolgreicher sein. ×
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10SAISON
DIE NATURDES ERFOLGES
W enn der einzige öster-
reichische Hersteller
eines biologischen
Weizenbieres die Pro-
duktion einstellt, dann ist es für ein Bio-
Hotel eine echte Herausforderung, einen
möglichst nahen Ersatz zu fi nden“, erzählt
Christian Wandl vom Leutascherhof aus sei-
nem Alltag. Für den Hotelier, dessen Familie
sich seit rund 20 Jahren mit biologischen
Lebensmitteln beschäftigt, bedeutet der
Wegfall eines Produzenten die mitunter
langwierige Suche nach Ersatz. Aber der
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Mehraufwand lohnt sich für Wandl: „Zu-
erst einmal ist es einfach ein persönliches
Anliegen, biologische Lebensmittel und
Getränke zu verwenden. Würden wir ideo-
logisch nicht dahinter stehen, hätten wir mit
unserem Bio-Hotel keinen Erfolg, weil alles
andere dem Gast nicht authentisch vermit-
telbar ist.“ Spricht man mit den Verantwort-
lichen von Freizeitprojekten, welche die
Tiroler Natur in den Mittelpunkt stellen, so
ist bei aller Unterschiedlichkeit eine Aussage
immer gleich: Wirtschaftlich erfolgreich ist,
was von einem selbst gelebt wird.
Die zündende Idee. Naturnähe und
nachhaltige Freizeitprojekte müssen aller-
dings nicht immer ein Hindernislauf sein.
Es geht auch einfach, wenn die zündende
Idee da ist, wie man Natur naturgerecht
für den Gast attraktiv gestalten kann. Ein
aktuelles Beispiel ist der Kugelwald am
Glungezer bei Hall in Tirol. Im Grunde
handelt es sich bei dieser Erlebniswelt um
nichts anderes als eine überdimensionale
Kugelbahn, wie man sie aus den Kinder-
zimmern dieser Welt nur zu gut kennt. Nur
dass am Glungezer diese Bahn 350 Meter
lang ist, ausschließlich aus Zirbenholz ge-
baut wurde und sich auf verschlungenen
Bahnen durch den Wald schlängelt.
Im vergangenen Jahr wurde mit
dem Kugelwald begonnen. Das Ergebnis:
Bereits heuer wird erweitert. „Alle Ele-
mente entsprechen genau den Leitsätzen,
die wir von Beginn an verfolgt haben: Die
Besucher – vor allem die Kinder – sollen
eingeladen werden, sich mit der Natur zu
befassen. Sie dürfen und sollen selber et-
Erfolgsfaktor NatürlichkeitÖkotourismus und Nachhaltigkeit – diese Begri� e werden inzwischen oft überstrapaziert. Erfolg haben damit auch in Tirol nur jene, für die es ein echtes persönliches Anliegen ist.
VON ERNST SPRENG
Authentische Kulinarik. Die Wildschönau ist eine Vorzeigeregion, wenn es um hochwertige regionale Lebensmittel geht.
„Die Besucher – vor allem die Kinder – sollen eingeladen werden, sich mit der Natur zu befassen. Sie dürfen und sollen selber etwas tun – und gestalten so den Kugelwald selbst mit.“SILVIA PFEIL, INITIATORIN DES KUGELWALDS AM GLUNGEZER
Einfach, aber genial. Der Kugelwald am Glungezer erö� net mit einfachsten Mitteln das naturnahe Spielen im Wald.
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was tun – und gestalten so den Kugelwald
selbst mit“, betont Ideengeberin Silvia
Pfeil. Mit der Verwendung heimischen
Holzes, der zukunftsorientierten Allianz
von Tourismusverband, Agrargemein-
schaft, Gemeinde und Bergbahn konnte
so eine beispielgebende, nachhaltige
Attraktion für die Zukunft gescha� en
werden. Im Kugelwald erleben Familien
die Gesetze der Natur und Physik ohne
technische Hilfsmittel – und vergnügen
sich mit einfachsten Mitteln.
Freiwillig arbeiten. Das Rückgrat der
meisten naturnahen Tourismusprojekte in
Tirol sind die fünf Tiroler Naturparks und
der Nationalpark Hohe Tauern. Gerade
rund um die Tiroler Naturjuwele ist die
Anhäufung nachhaltiger Projekte beson-
ders hoch. In den Parks selbst startet man
2013 mit einer Aktion, die Urlaub mit dem
Bedürfnis verbindet, etwas für die Natur
zu tun. In allen sechs Parks gibt es heuer
so genannte Volunteering-Projekte (siehe
auch den Beitrag ab Seite 30).
Gäste kommen zum Urlaub nach
Tirol und arbeiten während ihres Aufent-
halts ein paar Tage freiwillig bei Erhaltungs-
projekten in den Parks mit. Beispielsweise
werden im Alpenpark Karwendel neue
Wandersteige angelegt, im Naturpark Tiro-
ler Lech wird mit Hilfe der Urlauber der Be-
stand der deutschen Tamarisken-Bäume
kartiert. Die Urlauber buchen Packages von
zwei bis sieben Tagen. Sie erleben nicht nur
die Tiroler Natur, sie schützen sie aktiv mit.
„Das ist ein spannendes Projekt
für uns“, erklärt Thomas Schmarda, Ge-
schäftsführer des Naturparks Ötztal. „Bei
uns helfen die Gäste dabei, seltene Pfl an-
zen und Tiere zu kartieren. Im Speziellen
helfen uns die Urlauber, das Verbrei-
tungsgebiet seltener Enzian-Pfl anzen zu
erforschen.“ Begleitet werden sie dabei
von ausgebildeten Botanikern. Der nach-
haltige Nutzen ist hier Programm: Der
Naturpark profi tiert von der freiwilligen
Arbeit, die Nächtigungen beleben den
Sommertourismus und der Gast erlebt
eine vollkommen neue Form des Urlaubs:
Er fährt nach Hause mit dem guten Ge-
fühl, die Natur mit allen Sinnen erlebt zu
haben.
Kulinarisches. „Ich liebe den Käse
und der Käse liebt mich“, erklärt Johann
Schönauer von der Schönangeralm in
der Wildschönau das Geheimnis seines
Erfolges. Der Käser, der immer wieder
für seine Kreationen mit Goldmedaillen
ausgezeichnet wird, ist nur ein Beispiel
dafür, dass natürliche und authentische
kulinarische Erlebnisse in Tirol Erfolg
haben. Die Wildschönau ist seit vielen
Jahren eine Vorzeigeregion, wenn es um
hochwertig regionale Lebensmittel geht.
Hier hat man es sogar gescha� t, mit dem
Krautingerschnaps aus der weißen Stop-
pelrübe zu begeistern, der nun wirklich
nicht jedermanns Geschmack ist. Meist
bekommen Urlauber aber die „Touris-
tenausgabe“ serviert, die den intensiven
Geruch und Geschmack abmildert.
Ob Wildschönauer Bauernfrüh-
stück, Krautingerschnaps oder Schau-
käserei – richtig erfolgreich macht die
Ansammlung kulinarischer Erlebnisse in
der Wildschönau deren Vernetzung durch
Genussrouten, die von Original zu Origi-
nal führen. Wer mag, kann sich geführten
Wanderungen anschließen, die mit Zwi-
schenstopps drei bis fünf Stunden dauern
und für Gäste mit der Gästekarte kostenlos
sind. Lediglich für die Jausen und Ver-
köstigungen wird ein Unkostenbeitrag
erhoben. Natur von ihrer schmackhaften
Seite – ein Erfolgsrezept. ×
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„Bei uns helfen die Gäste dabei, seltene Pfl anzen und Tiere zu kartieren. Im Speziellen helfen uns die Urlauber, das Verbreitungsgebiet seltener Enzian-Pfl anzen zu erforschen.“THOMAS SCHMARDA, GESCHÄFTSFÜHRER DES NATURPARKS ÖTZTAL
SAISON: Wann haben Sie sich für die Ausrichtung Ihres Hotels als Bio-Hotel ent-schieden? OTTO WANDL:
Wir haben den Betrieb 1993
übernommen. Von Beginn an haben wir
auf regionale Produkte gesetzt. Ich wür-
de sagen, wir waren zu 50 Prozent Bio.
Damals wurden wir belächelt, mitunter
bedauert. 2008 waren wir dann einfach
nicht mehr zufrieden mit der Entwicklung
der Lebensmittelindustrie. Zu 100 Prozent
auf Bio zu setzen, war nicht nur logische
Konsequenz, sondern für uns eigentlich
die einzige Alternative.
100 Prozent Bio – was bedeutet das im Alltag? OTTO WANDL: Primär denkt man
natürlich an Lebensmittel. Bei uns geht
das aber vom Ökostrom bis hin zu den
Getränken, Waschmitteln und Kosmetika.
Für uns muss in jedem Bereich nachvoll-
ziehbar sein, wie etwas hergestellt wird
und woher es kommt. Das ist nicht immer
leicht. Aber unsere Gäste nehmen das be-
wusst wahr. Ein Bio-Hotel ohne Ökostrom
– das geht einfach nicht.
CHRISTIAN WANDL: 70 Prozent unse-
rer Gäste kommen genau wegen dieser
„100 Prozent Bio ist die einzige Alternative“Die Familie Wandl gehört zu den Bio-Pionieren im Tiroler Tourismus. Der Erfolg gibt Ihnen Recht. Ein Interview mit den Hoteliers Otto und Christian Wandl.
Ausrichtung als Bio-Hotel zu uns. Das ist
eine enorme Verantwortung. Wir haben
2008 fast ein Jahr gebraucht, um unsere
Lieferanten zu fi nden. Bio heißt aber zum
Beispiel auch, dass wir einen Koch mehr
brauchen. Denn Fertigprodukte gibt es bei
uns nicht.
Wie haben die Gäste das damals aufge-nommen? CHRISTIAN WANDL: Natürlich
hat die Umstellung auf 100 Prozent Bio
eine Preiserhöhung mit sich gebracht. Im
ersten Jahr sind uns dann rund 30 Pro-
zent der Gäste weggebrochen. Wir hatten
allerdings unterm Strich den gleichen
Umsatz. Inzwischen haben wir dieses an-
fängliche Gästeminus komplett aufgeholt.
Wir haben jetzt spürbar andere Gäste. Bei
jungen Familien ist Bio ein starker Trend.
Wir haben ständige Zuwachsraten aus
Deutschland oder Italien.
Wie schaut er aus, der Bio-Gast? OTTO
WANDL: Das sind sehr informierte Gäste,
denen kann man nichts vormachen. Be-
sonders unsere Gäste aus Deutschland
verfügen über ein hohes Wissen im Be-
reich der Ernährung. Für uns sind diese
Gespräche mit unseren Gästen eine echte
Inspiration.
CHRISTIAN WANDL: Unser Gast sucht
Bio-Urlaub in den Alpen. Das heißt: Zuerst
sucht er sich das Hotel, dann erst schaut er
sich die Region und deren Angebot an. Der
Sommertourismus ist intensiver in diesem
Segment. Allerdings ist Bio nicht als Mittel
zur Saisonverlängerung geeignet.
Ist biologische Ernährung für den Konsumenten teurer? OTTO WANDL:
Mein Tipp ist immer: Hat man einmal die
Grundnahrungsmittel auf biologischer
Basis im Haus, dann hat man viel getan.
Die saisonalen Bio-Produkte sind nicht
wesentlich teurer. Sieht man sich aller-
dings die Lebensmittelindustrie an, dann
beobachte ich inzwischen auch bei Bio
eine Zweiklassengesellschaft: die indus-
triell hergestellten Bio-Produkte der Le-
bensmittelketten und Bio-Produkte direkt
vom Kleinhersteller.
Bio muss man also wirklich aktiv leben?OTTO WANDL: Wir können nur für uns
sagen: Uns ist das jede Mühe wert. Unsere
Küche ist wesentlich vielfältiger gewor-
den, der Gästekontakt ist intensiver. Und
wir selbst möchten nichts anderes essen.
Vielen Dank für das Gespräch. ×
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EU
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OF
Familiensache. Hinter der Bio-Ausrichtung des Leutascherhofes steht die gesamte Hoteliers-Familie Wandl. Im Bild (v. l.): Eveline, Christian, Margit, Otto Wandl und die jüngste Generation Laura und Maximilian.
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SICHERHEITSFADEN Hält man die Banknote gegen das Licht, wird ein dunkler Streifen mit €-Symbol und Wertzahl sichtbar.
14
SAISON: Herr Kolb, um mit einer persönlichen Frage zu starten: Sie waren früher ein Manager, dem es vorwiegend um den persönlichen und den
wirtschaftlichen Erfolg in einer durch und durch kapitalistisch orientierten Welt ging. Wodurch wurde Ihr persönli-cher und doch so radikaler Perspektiven-wechsel ausgelöst? BERND KOLB: Ich
habe mich mein Leben lang für Zukunft
interessiert. Dadurch war Innovation stets
mein Thema. Im Jahr 2006 hab ich dann
den Vortrag „Eine unbequeme Wahrheit”
von Al Gore gehört und wurde auf ein bis
dato für mich völlig unbekanntes Thema
aufmerksam: den Klimawandel. Aus per-
sönlicher Neugier bin ich dann sehr tief in
die Ursachen und die Folgen eingestie-
gen, um zu verstehen, wo wir ansetzen
müssen, um die drohende Katastrophe zu
verhindern.
Welche Schlüsse haben Sie gezogen? Da es wir Menschen sind, die die Verant-
wortung tragen, wurde mir schnell klar,
worin das eigentliche Problem besteht:
Solange wir ausschließlich das Wachstum
der Profi te ohne Rücksicht auf soziale und
ökologische Folgen vorantreiben, ist die
derzeitige Entwicklung unaufhaltsam. Das
sehen wir auch an allen aktuellen Zahlen
und Trends. Es muss also erst ein Umden-
ken erfolgen – verantwortungsbewusste
Führungsqualität in der Wirtschaft und der
Politik ist gefragt. Positiv dabei ist, dass
das neue ökonomische Denken, bei dem
die Mehrung des Gemeinwohls neben
dem Gewinnstreben seinen Platz fi ndet,
nicht nur in der Gesellschaft Thema wird,
sondern auch in den Führungsetagen von
Unternehmen. Und genau damit beschäf-
tige ich mich jetzt: aufklären, Bewusstsein
scha� en, Systeme überdenken und Mut
zur positiven Veränderung erzeugen. Das
vermittle ich in meinen Leadership-Coa-
chings, aber auch in meinen Vorträgen
und Publikationen.
Heute propagieren Sie den Wandel vom Ego- zum Eco-Denken – was ist damit gemeint? Wir sollten uns wieder daran
erinnern, dass es nicht „uns“ und „die Na-
tur“ gibt. Wir sind Teil der Natur, sind wie
alle anderen Lebewesen abhängig von
funktionierenden Öko-Systemen, also
nachhaltigen Kreisläufen für qualitatives
Wachstum. Ganz im Gegensatz dazu le-
ben wir aber in einer Welt, in der das Ego
dominiert, in der sich anscheinend jeder
nur noch für das Steigern der Gewinne und
das Vergrößern seines persönlichen Reich-
tums interessiert. Dabei sollten wir besser
den Unterschied zwischen fi nanziellem
Reichtum und tatsächlichem Wohlstand
verstehen – denn Geld alleine führt nicht
zu steigender Lebensqualität, sondern
häufi g sogar zum genauen Gegenteil.
Müssen wir uns also die Natur viel stärker zum Vorbild nehmen? Wir haben keine
andere Wahl, denn wir sind die Natur, ein
Teil des Ganzen. Nur wenn wir uns darauf
besinnen, wie jeder von uns wieder mehr
zum Wohle der Gemeinschaft beitragen
kann, werden wir die notwendigen sys-
temischen Reformen scha� en.
Mit Blick auf den Zustand unseres Sys-tems – ist die steigende gesellschaftliche Sensibilität für alternative Lebens- und Wirtschaftsformen ein unumkehrbarer Weg? Gegenfrage: Gibt es eine Alternati-
ve, wenn wir langfristig mit einer schnell
wachsenden globalen Bevölkerung über-
leben wollen? Es wird diesmal nicht rei-
chen, erst dann zu reagieren, wenn sich
die ersten Auswirkungen der drohenden
Krisen manifestieren – wir sollten voraus-
schauend agieren, damit wir nicht unter so
großen Druck geraten, dass notwendige
Korrekturen zu spät kommen. Jetzt sind
also Visionskraft, neues Denken und mu-
tiges, entschlossenes Führen gefragt.
Kommt das nachhaltige Agieren lang-fristig auch bei großen Konzernen in Mode, weil man an sich verändernden gesellschaftlichen Wahrnehmungen nicht mehr vorbeigehen kann? Zu einer Kon-
sumdummheit, die unser System langfristig
betrachtet schwächt, gehören immer zwei:
einer, der sie anbietet, und einer, der sie
kauft. Wir müssen also gesamtgesellschaft-
liches Bewusstsein scha� en. Natürlich ist
es unverständlich, warum man in die EU
„Wir sind ein Teil des Ganzen“ Bernd Kolb, Ex-Top-Manager, Unternehmer und Hotelbesitzer, über das Gesetz der Natur und sein Plädoyer für ein neues ökonomisches Denken
DAS INTERVIEW FÜHRTE STEFAN KRÖLL.
„Zu einer Konsumdummheit, die unser System langfristig betrachtet schwächt, gehören immer zwei: einer, der sie anbietet, und einer, der sie kauft.“BERND KOLB, GRÜNDER DES CLUB OF MARRAKESCH
SAISON
DIE NATUR DES ERFOLGES
15
„Alles, was nicht nachhaltig ist, hat keine Zukunft, das ist die Natur des Prinzips. Wenn sie
ein Wäldchen haben und mehr Bäume abholzen als au� orsten,
dann wird eines Tages kein Wald mehr da sein.“
Über den Dächern von Marrakesch.Kolbs Hotel AnaYela wurde bereits vier Mal zum besten Hotel der Welt gewählt.
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16
ZUR PERSON Als Internet-Pionier erhielt Kolb mehr als 90 nationale und internationa-le Preise. Im Jahr 1998 wurde er in Deutschland zudem als Unternehmer des Jahres ausgezeichnet. 1999 führte er seine Agentur I-D Media an die Bör-se (Neuer Markt), 2005 verkaufte Kolb seine Anteile und wechselte als Vor-stand für Innovation und Endgeräte zur Deutschen Telekom. Anfang 2007 ver-ließ Bernd Kolb den Vorstand auf eige-nen Wunsch. In der historischen Altstadt Marra-keschs ließ Kolb daraufhin ein 250 Jah-re altes Riad zum Hotel AnaYela um-bauen. Mit dem Hotel gewann er vier Mal den World Hotel Award. Im Jahr 2010 gründete er den Club of Marra-kesch, ein globales, interdisziplinäres Netzwerk. Die erste deutsche Ausga-be des Magazins „Wired“ im Jahr 2011 zählte Kolb zu den elf zukunftsweisen-den deutschen Persönlichkeiten, der deutsche „Playboy“ wählte ihn zum Mann des Jahres 2012.
beispielsweise billiges, aber hochgiftiges
Kinderspielzeug aus China einführen kann
– aber es liegt auch an uns Konsumenten,
ob wir diese Waren kaufen. Natürlich kann
man dies nicht generalisieren und nicht
alles, was aus China kommt, ist schlecht.
Aber wir müssen hinschauen, eigenverant-
wortlich werden, denn der Staat wird uns
das eigene Denken und Handeln – Gott sei
Dank – niemals abnehmen können.
Werden nachhaltig arbeitende und den-kende Unternehmen Wettbewerbsvortei-le haben? Davon bin ich überzeugt. Alles,
was nicht nachhaltig ist, hat keine Zukunft,
das ist die Natur des Prinzips. Wenn Sie ein
Wäldchen haben und mehr Bäume abhol-
zen als au� orsten, dann wird eines Tages
kein Wald mehr da sein. Das können wir
weder schönreden noch aushebeln, das
ist das eherne Gesetz der Natur. Tatsache
ist, dass auch internationale Konzerne und
„Brands“ sich immer stärker an nachhaltig
wirtschaftenden Unternehmen orientie-
ren, die nicht nur ökonomische, sondern
auch soziale und ökologische Mehrwerte
scha� en.
Sie agieren in Marrakesch selbst nach-haltig und haben dort in der Medina alte Strukturen wieder aufgebaut. Das AnaYela ist heute ein international viel-fach ausgezeichnetes und preisgekrön-tes Hotel. Wird dieser Trend auch den Tourismus nachhaltig prägen oder ver-ändern? Die Gruppe derer, die eine echte,
authentische Erfahrung machen wollen,
nimmt zu. Niemand kommt zu uns, weil
er ein „nachhaltiges Hotel“ sucht – aber
vor Ort führen wir die Gäste behutsam in
Kultur und nachhaltige Entwicklung ein.
Das Schöne daran ist, dass die Reisenden
großes Interesse mitbringen und so auf
eine sehr spannende Art neue Perspekti-
ven gewinnen, die sie sicherlich auch im
persönlichen Umgang mit ihrem eige-
nen Leben inspiriert. Das extrem positive
Feedback weltweit auf unseren Ansatz
und die große Nachfrage zeigen uns
deutlich, dass wir damit auf dem richtigen
Weg sind.
Gerade der alpine Raum kann immer wichtiger werdende Werte wie Ur-sprünglichkeit, Natur, Authentizität in den Vordergrund stellen. Könnte die konsequente Entwicklung zu nachhal-tig agierenden Smart Alpine Regions, die Fokussierung auf zukunftsfähige Technologien nicht enorme Wett-bewerbsvorteile – auch in Richtung Glaubwürdigkeit beim Kunden – brin-gen? Auf jeden Fall. Gerade der alpine
Raum lebt insbesondere im touristischen
Kontext von der Natur und stilisiert sich
als archaischer Sehnsuchtsort für eine
zunehmend gehetzte Generation. Ande-
rerseits ist dieser sensible Lebensraum ja
selbst sehr stark von den ökologischen
Problemen betro� en – laut dem letzten
OECD-Bericht sind bereits 50 Prozent
aller Gletscher abgeschmolzen, bis 2050
werden es wahrscheinlich 75 Prozent
sein. Umso wichtiger ist es in diesem
Kontext, besonders in der Alpenregion
auf nachhaltigen Tourismus zu setzen.
Gerade weil die kommende Generation
wieder über Herkunft und Zukunft neu
nachdenken muss, ist kulturelle Authen-
tizität besonders bedeutsam.
Vielen Dank für das Gespräch. ×
SAISON
DIE NATUR DES ERFOLGES
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18SAISON
DIE NATUR DES ERFOLGES
A ls junger Landwirt im Bre-
genzerwald hat man ein
Problem. Man steht vor
25 Hektar Grünfl äche und
weiß nicht, ob man damit eine Familie
ernähren kann. Ingo Metzler hatte dieses
Problem 1992. Als Ältester von fünf Ge-
schwistern war er an der Reihe, den Bau-
ernhof von seinen Eltern zu übernehmen.
„Wenn ein Bauer auf Gras reduziert ist, ist
gangenen Jahr wurde die 10.000 Besucher-
Schallmauer überschritten. Heuer rechnet
er mit einem weiteren Anstieg. Metzler ist
Preisträger des theALPS Awards 2012, hat
den österreichischen und den Vorarlberger
Innovationspreis für Tourismus gewonnen
und ist mit seinem Erfolg sehr zufrieden.
„Die Bestätigung dieser hochkarätigen
Jurys zeigt uns, dass auch andere unser
Konzept gut fi nden. Nicht nur wir.“
sein Betrieb eng mit dem Thema Milch
verbunden. Will man Milch länger haltbar
machen, stellt man Käse her. Aber das war
es dann“, sagt er, „die Landwirtschaft ist
hier in Bezug auf Wertschöpfung nicht all-
zu lukrativ.“ Also beschloss er, den Betrieb
neu zu organisieren.
Ruft man heute bei Metzler an, be-
kommt man von einem seiner 16 Mitar-
beiter einen Gesprächstermin. Im ver-
Die nachhaltigen AbräumerSie gewinnen Tourismuspreise, Auszeichnungen und Gäste durch ihr Engagement für die Natur. Drei Beispiele außerhalb Tirols, die zeigen, dass sich ökologisches Handeln durchaus erfolgreich und gewinnbringend vermarkten lässt.
VON NINA HEIZER-WALCH
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Resort Lefay Resort & Spa.Das Resort am Gardasee verbindet erfolgreich
Luxus mit ökologischem Bewusstsein.
19
bezeichnet. Inzwischen bietet Metzler
über 50 Molke-Produkte im Ess- und
Getränkebereich und für Körperpfl ege
und Kosmetik an. Also fi ndet der Besucher
im Hofl aden neben landwirtschaftlichen
Produkten auch Handcremes, Bodylo-
tions und Duschbäder. Der wirtschaftliche
Zwang, Wertschöpfung aus dem Betrieb
zu holen, habe zur intensiven Auseinan-
dersetzung mit der Molke und ihrer mög-
lichen Vermarktung geführt, sagt Metzler.
Das Unternehmen ist in zwei Betriebe
aufgeteilt. Einmal die Landwirtschaft als
Naturproduktion und die Verarbeitung
und Vermarktung in Form von GmbHs.
Drei Gewerbe sind unter dem Natur-Dach
vereint. Ingo Metzler ist mit seinem Er-
folg zufrieden. Er hat etwas gewagt und
etwas mit Bestand gescha� en. Nur: „Da
muss man der Typ dazu sein. Es gibt kei-
ne Fünf-Tage-Woche mit acht Stunden-
Tagen. Man muss das wirklich wollen. Das
ist nicht jedermanns Sache.“
Das Projekt. Das Konzept „Naturhaut-
nah“ ermöglicht es, das Thema Bauernhof
und alles, was dazugehört, zu „be-grei-
fen“. Es wird energiee� zient und nach-
haltig gewirtschaftet und Produkte vom
eigenen Hof und aus der Region können
nach einer Führung durch den Famili-
enbetrieb probiert werden. „Das ganze
Prozedere ist bei uns für Interessierte
einsichtig. Das Erlebbare, Be-greifbare
spielt eine wichtige Rolle“, sagt Metzler.
Dieser Anspruch spiegelt sich auch im
Angebot wider: In Gruppen können zum
Beispiel drei Käse-Sorten in einer Senn-
schule selber gemacht werden. Jeder
Teilnehmer hat dabei eine eigene Anlage
vor sich und macht unter Anleitung in
wenigen Stunden Käse. Auch sämtliche
anderen landwirtschaftlichen Prozesse
können beobachtet und miterlebt wer-
den. Metzler will damit die „Lust auf die
Natur wecken“. Dafür hat er einen Kuh-
Laufstall, ein Ziegen-Tollhaus mit Besu-
chergalerie, eine Kleintier-Kuschel-Zone,
einen Kräutergarten und eine Hightech-
Kühl- und Wärmeanlage errichtet. Allein
2011 investierte er 1,8 Millionen Euro in
seinen Schau-Hof. Die komplette Tierhal-
tung und Milchverarbeitung wurden neu
errichtet. „Wir sind laufend gefordert. Mal
mehr, mal weniger“, meint Ingo Metzler.
Heuer stehen die Fertigungstechniken für
den Kosmetik-Bereich an.
Heilendes Wasser. Nur zehn Prozent
von einem Liter Milch können zu Käse
verarbeitet werden. Die restlichen 90
Prozent Molke verarbeitet der Familien-
betrieb zu Kosmetikprodukten. „Darin sind
hochwertiges Eiweiß, Vitamine und Spu-
renelemente. Die über 400 Inhaltssto� e
der Milch sind hauptsächlich in der Molke
vorhanden. Innerlich und äußerlich ange-
wendet, wirken diese sehr positiv“, sagt
der Bio-Unternehmer. Schon Hippokra-
tes habe die Molke als heilendes Wasser
„Naturhautnah“. Über 10.000 Menschen pro Jahr besuchen
mittlerweile den Bauernhof im Bregenzer Wald.
20
Luxus am Lago. Ortswechsel. Fünf-
Sterne-Luxus am Gardasee lässt nicht un-
bedingt als erstes an Ökologiebewusst-
sein und Umweltschutz denken. Doch
das 93-Zimmer-Resort Lefay Resort & Spa
Lago di Garda setzt genau dort seinen USP
an. In Sachen Umweltschutz nimmt es
eine Vorreiterrolle in Italien ein, denn bei
der Planung wurde unter dem Motto „Ein
Mensch kann nur dann selbst gesund sein,
wenn auch das Ökosystem, in dem er lebt,
intakt ist“ besonderes Augenmerk auf die
Umweltverträglichkeit gelegt. Dadurch
hat der Betrieb eine Umweltzertifi zierung
(ISO 14001) sowie Qualitätszertifi zierung
(ISO 9001) erhalten. Außerdem ist man
die erste Wellness-Anlage Südeuropas,
der das renommierte Umweltzertifi kat
Green Globe verliehen wurde.
Das Management hat sich in Eigenini-
tiative verpfl ichtet, alle selbst generierten
Auswirkungen auf das Klima zu analysie-
ren und zu neutralisieren. Daher wurden
zum Beispiel eine Fotovoltaik-Anlage auf
dem Dach des Restaurants, eine Hack-
schnitzelheizung, eine Regenwasserauf-
bereitungsanlage, eine Absorptionskälte-
anlage, eine Methangas-Heizanlage und
eine Biomasse-Anlage in die unberührte
Landschaft des elf Hektar großen Regi-
onalparks Parco dell’Alto Garda gebaut.
Die sogenannten Natura-Zimmer sind
nach dem „innovativen Wohlfühlkonzept
von Lefay umgesetzt worden. Weitläufi ge
Räume, natürliche Materialien wie Mar-
mor, Oliven- und Nussbaumholz sowie
fortschrittlichste Technologien scha� en
ein Maximum an Komfort im Zeichen
neuen Luxus“, heißt es im Fact Sheet.
Wer dort übernachtet, bekommt einen
Leitfaden neben das Bett gelegt: mit
dem „Green Book“ will das Hotel seine
Gäste sensibilisieren und gibt eine Reihe
von Tipps im Zeichen der Umweltverträg-
lichkeit.
Geschätzter Umweltschutz. Nach-
haltig entspannen scheint gut anzukom-
men: Es hagelt für den Luxus-Tempel nicht
nur Umweltpreise, auch Reisemagazine,
Hotelführer und Spa-Ratgeber wählten es
bereits wiederholt auf Platz eins. „Unsere
Gäste schätzen unser Engagement sehr“,
sagt Anna Malvezzi, Pressesprecherin
des Resorts. „Und viele von ihnen kom-
men wegen unseres Bemühens um die
Ökologie wieder.“ Die durchschnittliche
Auslastung betrage 80 Prozent. Vor allem
SAISON
DIE NATUR DES ERFOLGES
von Mai bis Oktober sei das Hotel sehr
gut gebucht. Hauptsächlich kommen
internationale Gäste, nur 20 Prozent sind
aus Italien.
Besonders stolz ist Malvezzi auf
die Unterzeichnung eines freiwilligen
Abkommens des Resorts mit dem italie-
nischen Ministerium für Umwelt-, Land-
schaft und Meeresschutz zur Förderung
gemeinsamer Projekte stolz. „Es ist ein
großer Erfolg für uns, dass uns das Minis-
terium wahrgenommen hat. Das beweist,
dass wir das Richtige tun“, sagt sie. Für die
Umwelt und für den Erfolg des Resorts.
Die Alpenperlen. Auf „28 Paradebei-
spiele für nachhaltigen Alpentourismus“
sind wiederum die Initiatoren der Alpine
Pearls stolz. Ökologisches Handeln und
Tourismus lassen sich erfolgreich ver-
binden – das beweist auch der vielfach
prämierte Verein, der sich seit Jänner
2006 für nachhaltiges Reisen im Alpen-
raum engagiert. „Die grundsätzliche Idee
war, dass die Urlaubsorte im Alpenraum
umweltfreundlicher agieren, eine sanfte
Mobilität anbieten und gemeinsam am
Markt agieren sollen“, erklärt Karmen
Mentil vom Management des Vereins.
Alpine Pearls. Sanfte Formen der Mobilität sind in Mitgliedsorten wie Hinterstoder (Bild links oben) oder Interlaken Teil der Philosophie.
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28 Orte in sechs Ländern machen sich
nun für autofreies Reisen stark und ga-
rantieren dabei volle Mobilität. Darunter
befi nden sich mit Deutschnofen, Forni di
Sopra, Karneid-Steinegg, Moos, Moena,
Tiers, Villnöss und Welschnofen acht
Orte aus dem UNESCO-Weltnaturerbe
Dolomiten.
Das Vorzeigebeispiel ist aber die Ge-
burtsstätte der Perlenkette: Werfenweng
im Salzburger Land. Dort wurde bereits
vor 15 Jahren die sanfte Mobilität einge-
führt. Die Verantwortlichen hätten laut
Mentil schon früh erkannt, dass sie das
Konzept mit anderen teilen und vonein-
ander lernen wollen. Daher haben sie die
internationale Vernetzung forciert und
Orte in Österreich, Deutschland, Italien,
der Schweiz, Slowenien und Frankreich
für die Idee eines nachhaltigen Alpen-
tourismus gewonnen.
Inzwischen ist der Verein das Er-
gebnis zweier aufeinander aufbauender
EU-Projekte: Alps Mobility I und II. Beide
gehen auf die Initiative des Österreichi-
schen Bundesministeriums für Land-
und Forstwirtschaft, Umwelt und Was-
serwirtschaft zurück. Der Schwerpunkt
ist nach wie vor, innovative, nachhaltige
Tourismus-Angebote zu scha� en und
Urlaubsorte und Sehenswürdigkeiten mit
sanfter Mobilität erreichbar zu machen.
30 Prozent Zuwachs. „Unser Projekt
ist sogar in Japan bekannt“, sagt Mentil, „es
gibt sehr schöne, messbare Ergebnisse von
30 Prozent Zuwachs bei der Auslastung der
Tourismusbetriebe. Mit den Alpine Pearls
wurde ein extrem attraktives Nischen-
produkt gescha� en.“ Und die Nachfrage
wachse weiter, da nun auch in Frankreich
und Italien das Ökologiebewusstsein stär-
ker ausgeprägt sei. „Alpiner Umweltschutz
hat enorm an Bedeutung gewonnen. Vie-
len Menschen ist mittlerweile bewusst ge-
worden, dass wir auf unseren Lebensraum
achten müssen“, sagt auch der Präsident
der Perlen, Peter Brandauer. Und dieses
Bewusstsein erreiche nun auch die süd-
licheren Länder.
Vor allem durch den Verkehr werden
die Alpen stark belastet und verlieren so an
Attraktivität, sowohl bei den Einwohnern
als auch bei den Urlaubsgästen. Und bei
den Jurys. Auch die Alpine Pearls haben
viele Preise abgeräumt. Das World Travel
& Tourism Council (WTTC) zeichnete das
Projekt zum Beispiel im Mai 2011 mit dem
ersten Platz beim Tourism for Tomorrow
Award aus. 2007 erhielt es den Climate
Star, Klimabündnis. 2008 folgte der Ener-
gy Globe Award Salzburg, 2010 belegte
es den zweiten Platz beim Travel-One-
Nachhaltigkeitspreis, 2012 erhielt man
den ersten Preis des WWF Panda d‘Oro.
Und noch ist kein Ende in Sicht. Umwelt-
schutz lohnt sich! ×
„Vielen Menschen ist mittlerweile bewusst geworden, dass wir auf unseren Lebensraum achten müssen.“PETER BRANDAUER, PRÄSIDENT DER ALPINE PEARLS
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22SAISON
DIE NATURDES ERFOLGES
Die Magie von OrtenJeder kennt Plätze, an denen er sich besonders wohlfühlt, wo es ihm besonders gut gelingt, zur Ruhe zu kommen und Kraft zu tanken. Traditionelle Kraftplätze wie Wallfahrtsorte oder beson-dere Naturschauplätze touris-tisch zu nutzen, ist authentisch, nachhaltig und passt perfekt zur Marke Tirol.
VON SONJA K AINZ
E r war grausam, unbarm-
herzig und herrschsüch-
tig. Eines Tages trieb es der
sagenhafte König Serles
allerdings zu weit. Die Natur rächte sich
dafür ebenso unbarmherzig an ihm, wie
er es zu Lebzeiten seinen Mitmenschen
gegenüber gewesen war. Die Unbarm-
herzigkeit der Natur kann man auch heu-
te noch zu spüren bekommen. Nämlich
dann, wenn man nicht zeitig für eine Audi-
enz beim König aufbricht. Dann brennt die
Sonne beim Aufstieg auf den 2.700 Meter
hohen Gipfel nämlich über weite Teile
gnadenlos. Der König und sein Hofstaat
wurden zur Strafe in Stein verwandelt, so
will es jedenfalls die bekannte Sage.
Als Wanderer sollte man sich zu-
mindest vor einem Sonnenstich hüten.
Der Gipfel in den Stubaier Alpen ist mehr
als ein Schauplatz für eine der vielen alten
Mythen, die sich um die Tiroler Bergwelt
ranken. Er ist auch einer der beliebtesten
Wanderziele sowohl für Einheimische als
auch für Touristen und das liegt nicht allein
an der Schönheit der schro� en Bergwelt.
Genius loci. Plätze wie diese Kapelle im Ötztal strahlen eine besondere Kraft aus.
Es ist auch das stille Versprechen, dass
man sich bei der Begehung des „Hochal-
tars Tirols“ an einen alten Ort der Heilung
und Spiritualität begibt. Am Fuß der Serles
befi ndet sich das Kloster Maria Waldrast,
dessen Gründung auf eine Mariener-
scheinung zurückgehen soll. Der dort
entspringenden Quelle wird heilende
Wirkung nachgesagt. Auch ohne wissen-
schaftlichen Beweis ist der Glaube daran
bis heute lebendig. Die Serles und der
Wallfahrtsort zählen zu einem von vielen
alten Kraftorten in Tirol.
Nahrung für Körper, Geist und Seele. Aber was sind Kraftorte eigentlich
genau? „Ein Kraftort ist ein Ort, an dem sich
der Mensch wohlfühlt und im wahrsten
Sinne des Wortes Kraft tankt“, sagt Rainer
Limpöck. Das könne sich auf den Körper,
die Seele und die Psyche beziehen. Der
diplomierte Sozialpädagoge ist Autor des
Buches „Die Zauberkraft der Berge“ und
beschäftigt sich seit vielen Jahren mit
alten bekannten, neuen und vergessenen
Orten der Kraft im Alpenraum. Er sieht in
den alten Überlieferungen und Sagen ei-
nen wertvollen Hinweis, wie man solche
alten Plätze auch heute noch aufspüren
kann. Oft seien diese Mythen durch die
Überformung während der christlichen
Missionierung schwer zu durchschauen.
Besondere Bedeutung verstecke sich meist
dort, wo man sich Dämonisierungen oder
dem Mittel der Versteinerung bedient
habe. „Wenn etwas so stark war, dass man
es dämonisieren muss, war es meistens
etwas Gutes“, so Limpöck.
Ein Berggipfel hat eine magische
Anziehungskraft auf die Menschen. Für
Claudia Knab, Leiterin des Bereichs Mar-
kenmanagement der Tirol Werbung, ist es
der Gipfel der Serles. „Ich lebe in Innsbruck
und von meinem Fenster aus blicke ich di-
rekt auf die Serles. Für mich ist der Berg ein
Kraftdenkmal, bei dessen Anblick mir jedes
Mal das Herz aufgeht.“
Die Kraft Tirols. Kraft ist mit der Marke
Tirol von Anfang an eng verbunden. Eine der
langfristigen Visionen der Tirol Werbung ist
es deshalb, Tirol als begehrtesten Kraftplatz
der alpinen Welt zu etablieren, erklärt Knab.
Die machtvolle Bergwelt sei das prägende
Moment der Marke Tirol. Wobei die Kraft,
„Auch Bäume sind Lebewesen, viele haben ein höheres Lebensalter. Man fühlt sich einfach wohl, wenn man im Schatten einer tausendjährigen Eiche sitzt.“JÖRG PURNER, EM. ASS.-PROFESSOR AM INSTITUT FÜR BAUGESCHICHTE UND DENKMALPFLEGE INNSBRUCK
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EINE AUSWAHL VON KRAFTPLÄTZEN IN TIROL
St. Georgenberg Wallfahrtsort mit tausendjähriger Ge-schichte, der sich auf einem Felsen-kegel über dem Stallental nördlich von Schwaz befi ndet. Gegründet wurde das Kloster von Einsiedler Rathold von Aibling. Eine weiße Taube hat der Le-gende nach den Bau an dem zunächst vorgesehenen Ort verhindert und sei-nen heutigen Standort bestimmt.
Jakobsweg TirolEs gibt eine Vielzahl von Jakobswegen, die zum Grab des Apostels Jakob füh-ren sollen und über ganz Europa verteilt sind. Durch Tirol führen drei Routen: über Kufstein durchs Inntal Richtung Arl-berg, durch das Drautal über Lienz Rich-tung Pustertal und über Innsbruck, das Wipptal und den Brenner nach Süden.
Steinernes HüttlDie urige Hütte im Wettersteingebir-ge liegt auf knapp 2.000 Metern Höhe und ist halb im Berg eingegraben und immer noch ein Geheimtipp. Von der Hütte aus genießt man einen Blick bis auf den Hintertuxer Gletscher. Die Hüt-te wird ausschließlich mit Hubschrau-bern und Hafl ingern versorgt.
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Zertifi zierter Hogast Betrieb
die man sich in den Bergen holen könne,
nicht nur ein passiver Akt sei, sondern einem
auch einen gewissen Einsatz abverlange.
Auch Maria Waldrast ist ein Platz, der
für die Tirol Werbung zu den besonders in-
spirierenden Orten des Landes und damit
zu den Kraftorten zählt. Berührungsängste
mit traditionellen christlichen Wallfahrtsor-
ten gibt es nicht. Es sind für Knab Plätze,
an denen sich die Menschen auf ihren
Pilgerfahrten seit Jahrhunderten seelisch
auftanken. Es gäbe keinen Grund, warum
man das heute nicht weiterhin tun sollte.
Aber auch alte Wälder, wie das Zed lacher
Paradies, zählen dazu. In diesem 500 Jahre
alten Lärchenwald in Matrei in Osttirol gibt
es Stämme, die einen Umfang von sechs
Metern und mehr aufweisen. Der Großteil
des Waldes steht unter Naturschutz.
Spirituelle Sinnsuche. Bäume tau-
chen in Berichten von Kraftorten immer
wieder auf. Jörg Purner, emeritierter Assis-
tenzprofessor am Institut für Baugeschich-
te und Denkmalpfl ege an der Universität
Innsbruck und Forscher im Bereich der
Geomantie, hat dafür eine einfache Erklä-
rung. „Auch Bäume sind Lebewesen, viele
haben ein höheres Lebensalter. Man fühlt
sich einfach wohl, wenn man im Schatten
einer tausendjährigen Eiche sitzt“, so Purner.
Orte der Kraft müssen seiner Ansicht nach
nicht immer religiösen Ursprungs sein. Auch
eine einfache Bank am Wegrand könne zu
einem persönlichen Kraftort werden, wenn
er sich auch im Rahmen seiner Dissertation
hauptsächlich mit der Standortsituation von
Kirchen und Kultplätzen beschäftigt hat.
Purner versuchte darin, dem umstrittenen
Gebiet des Wünschelrutengehens mit
wissenschaftlichen Methoden beizukom-
men. Purner ist selbst Rutengeher und für
ihn ist klar, dass bei der Wahl von Kirchen
und Kultstätten bestimmte energetische
Feldstrukturen berücksichtigt worden sind.
Viele Standorte christlicher Kirchen seien
auf vorchristlichen Kultplätzen errichtet
worden. Dazu zählt beispielsweise auch die
Kirche St. Magdalena im Gschnitztal.
Auch wenn das Forschungsgebiet
der Geomantie und des Wünschelrutenge-
hens nach wie vor nicht zu den anerkannten
wissenschaftlichen Forschungsgebieten
zählt, der Glaube versetzt mitunter Berge.
Warum sollte das nicht auch für den Glau-
ben an Orte der Kraft gelten. Spirituelle
Sinnsuche hat in Zeiten der Krise jedenfalls
wieder Konjunktur und ist für viele auch im
Urlaub zu einem wichtigen Wert gewor-
den. Orte der Stille, der Besinnung und des
Innehaltens sind in unserer stressgeplagten
Gesellschaft wieder gefragt.
Auch für Knab ist klar, dass die
Suche nach dem Sinn im Urlaub wieder
einen ganz neuen Stellenwert bekommen
hat. „Wir leben heute in einer Hochleis-
tungsgesellschaft. Deshalb wollen wir mit
unserer Bergwelt und ihren Kraftplätzen
unseren Beitrag dazu leisten, dass die
Menschen Erholung fi nden“, erklärt die
Marken-Strategin. ×
„Wir leben heute in einer Hochleis-tungsgesellschaft. Deshalb wollen wir mit unserer Bergwelt und ihren Kraftplätzen unseren Beitrag dazu leisten, dass die Menschen Erho-lung fi nden.“CLAUDIA KNAB, BEREICHSLEITERIN MARKENMANAGEMENT IN DER TIROL WERBUNG
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24SAISON
DIE NATUR DES ERFOLGES
S AISON: Herr Liessmann, Sie zitieren in einem Ihrer Vor-träge den Philosophen Blaise Pascal, der sagte, „alles Un-
glück der Menschen rührt daher, dass sie nicht ruhig in einem Zimmer bleiben kön-nen“. Ist der sogenannte Tapetenwechsel ein menschliches Grundbedürfnis? KON-
RAD PAUL LIESSMANN: Es ist schwer, von
Grundbedürfnis in einem prinzipiellen Sinn
zu sprechen. Wenn man allerdings daran
denkt, dass der Mensch Jahrtausende lang
nicht freiwillig, sondern gezwungener-
maßen als Nomade durch die Wälder und
Savannen streifte, dann liegt uns wahr-
scheinlich das Wandern, der Ortswechsel,
das Nomadisieren im Blut. Der zweite As-
pekt ist allerdings, dass der gesamte zivili-
satorische Fortschritt des Menschen darin
begründet liegt, dass er aufgehört hat zu
wandern, sesshaft geworden ist, Siedlungen
und später Städte errichtet hat. Ich glaube,
wir haben beide Elemente in uns, sowohl
den Wunsch zu Reisen, uns mit Neuem zu
konfrontieren, aber auch das Bedürfnis,
angekommen zu sein.
Unsere Vorstellungen von einem gelun-genen Urlaub sind bestimmten Moden unterworfen. Woher kommt unsere Idee vom Urlaubsglück eigentlich? Der Urlaub
ist eine relativ späte Errungenschaft. Als
gesetzlich verbrieftes Recht gibt es ihn erst
seit knapp 150 Jahren. In dem Maße, in dem
die Industriearbeit die Lebensrhythmen des
Menschen bestimmt hat, ist eine Sehnsucht
nach Natur, dem Entfl iehen aus der Stadt
und nach Ursprünglichkeit entstanden. Der
Urlaub hat sich aus Vorformen entwickelt
wie der Bildungsreise, die damals aus-
schließlich der Aristokratie vorbehalten war.
Unsere heutigen Kultur- und Städtereisen
sind direkte Nachfolger der Bildungsreise.
Eine weitere Vorform ist die Sommerfrische,
die das städtische Großbürgertum pfl egte,
um den klimatischen Bedingungen der Stadt
zu entkommen. Der Badeurlaub wurde erst
relativ spät entdeckt. Er ist ein Kind des 20.
Jahrhunderts. Dadurch, dass der Urlaub ein
Massenphänomen geworden ist, haben
sich diese Vorformen dramatisch verändert.
Der Tourismus wurde zur Industrie.
Wo stehen wir jetzt? Es gibt unterschied-
liche Trends. Das ist einerseits die Fortset-
zung des Massentourismus. Unsere Märkte
leben zu einem großen Teil davon, dass viele
Menschen zur gleichen Zeit das Gleiche
wollen. Das gilt genauso für Urlaubsdesti-
nationen. Der zweite Trend ist die klassische
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„Stille ist ein seltenes Gut geworden“Der bekannte Philosoph und Naturliebhaber Konrad Paul Liessmann erzählt im Interview, warum es dem modernen Menschen auch in der Natur oft schwer fällt, die Rhythmen der Arbeitswelt loszulassen, und wie dies trotzdem gelingen kann.
DA S INTERVIEW FÜHRTE SONJA K AINZ .
25
Bildungsreise. Die Anzahl der Menschen
mit einem höheren Bildungsgrad nimmt in
Europa zu. Das wird einen Urlaub mit einem
gewissen Weiterbildungsanspruch interes-
sant machen. Ein Beispiel ist das von mir
geleitete Philosophicum in Lech. Man hört
sich Vorträge an, in den Pausen geht man,
auch gemeinsam, wandern oder spazieren.
Auch der sportorientierte Urlaub wird weiter
zunehmen. Ein weiterer Trend ist das Su-
chen des Naturerlebnisses, der Rückzug, die
Beschaulichkeit als Kraftquelle. Ich glaube,
dass Hotels, die das selten gewordene Gut
der Stille werden bieten können, in Zukunft
regen Zulauf haben werden.
Wie hängt diese Sehnsucht nach Natur und Ursprünglichkeit mit den Bedingungen unserer zunehmend virtuellen Arbeitswelt zusammen? Es ist eine einfache Überle-
gung, dass man versucht, im Urlaub dem
zu entfl iehen, was man sonst das ganze
Jahr über tut. Auf der anderen Seite ist auch
ein Zeichen unserer Zeit, dass wir unseren
Urlaub den Prinzipien unserer Arbeitswelt
unterwerfen, dem Leistungs- und dem Ef-
fi zienzprinzip. Man will in möglichst kurzer
Zeit möglichst viel und möglichst kosten-
günstig absolvieren. Es gibt aber immer
mehr Menschen, die sich davon befreien. Es
ist kein Wunder, dass beispielsweise Klöster,
die für einige Wochen Abgeschiedenheit,
Kontemplation und Kommunikationsaskese
bieten, regen Zulauf haben.
Der Alpenurlaub scheint derzeit wieder eine Renaissance zu erleben. Welche Bilder, Assoziationen und Vorstellungen sind mit dieser alten Natur- und Kultur-landschaft verbunden? Die Alpen waren
ursprünglich keine besonders zugängliche
Region für die Menschen. Als Quelle der
Inspiration, Schönheit und Erhabenheit
wurden die Alpen erst relativ spät entdeckt,
nicht vor dem 18. Jahrhundert. Davor gal-
ten sie als unzugänglich, feindlich, wild, als
Barriere auf dem Weg nach Italien. Im 18.
Jahrhundert wurden sie zum Inbegri� von
vom Menschen kaum beherrschter, wilder
Naturschönheit. Seit dem 19. Jahrhundert
verbindet man mit den Alpen auch sportli-
che Herausforderung. Man begann, Berge
zu erklimmen und darin eine Erfüllung
zu sehen. Mittlerweile sind diese Bilder
industrialisiert worden und die Alpen sind
nichts anderes als ein riesiger Freizeit- und
Vergnügungspark. Wilde und ursprüngliche
Natur wird nur noch als Industrieprodukt
suggeriert. Geht tatsächlich einmal eine
Lawine ab oder schlägt ein Blitz ein, sind
alle entsetzt. Unsere Devise lautet: Natur ja,
aber gezähmt und geschönt.
Ist die Wiederentdeckung des Alpenur-laubs auch ein Ausdruck dafür, dass wir uns manchmal aus unserer hochtechnisierten Welt zurück in die vermeintlich gute alte Zeit wünschen? Das glaube ich nicht, weil
es kaum Urlaubsformen gibt, die tatsächlich
dieses einfache Leben bieten. Was wir als
Urlaubserlebnis in den Alpen aufsuchen –
Wandern, Bergsteigen, Klettern, Skifahren
und Skitouren, Radfahren –, ist in hohem
Maße von unseren technischen Standards
und modernen Komfortvorstellungen ge-
prägt. Die Almhütte ist nicht die bevorzugte
Übernachtungsdestination, sondern das
Fünf-Sterne-Hotel. Das Equipment, mit
dem man auf Wanderung geht, entspricht
höchsten technischen Anforderungen. Da
ist von tatsächlicher Naturnähe keine Spur.
Es ist vielmehr ein designtes Naturerleben
auf höchstem technischen Niveau.
Sie haben in einem Ihrer Interviews gesagt: „Ohne Philosophie gibt es kein Glück auf dieser Erde.“ Sollten wir das Reisen ein-stellen und uns mehr auf die Kultivierung unseres Verstandes konzentrieren? (Lacht).
Ich glaube nicht, dass man das Reisen des-
halb einstellen muss. Es gab allerdings viele
Philosophen, die ein äußerst zwiespältiges
ZUR PERSONKonrad Paul Liessmann ist einer der bekanntesten Philosophen des Landes und Begründer des erfolgreichen „Philosophicum Lech“. Das transdisziplinäre Diskussionsforum fi ndet seit 1997 jährlich in Lech am Arlberg statt und setzt sich mit aktuellen Themen auseinander. Liessmann wurde 1953 in Villach geboren und studierte in Wien Philosophie, Germanistik, Geschichte, Psychologie und Soziologie. 1994 wurde er Assistenzprofessor für Philosophie an der Univer-sität Wien, 1997 Außerordentlicher Universitätsprofessor, 2008 Vizedekan der Fakultät für Phi-losophie und Bildungswissenschaft. Er ist gefragter Diskutant zu nahezu allen Lebenslagen und Lebensfragen und wurde unter anderem mit dem Staatspreis für Kulturpublizistik (1997) und dem Ehrenpreis des österreichischen Buchhandels (2003) ausgezeichnet. 2006 wurde er zum „Wissenschafter des Jahres 2006“ gewählt. Am 13. April feierte er seinen 60. Geburtstag.
Verhältnis zum Reisen hatten. Sie waren
der Ansicht, dass die örtliche Veränderung
auch vom Wesentlichen ablenken kann. Wir
alle kennen so etwas wie Urlaubssucht-
verhalten. Kein Urlaub befriedigt wirklich.
Dann jettet man um den Erdball, aber wo
ist man wirklich glücklich? Es gibt deshalb
die plausible Überlegung, dass zumindest
eine Quelle von Glück, und damit auch von
Kontemplation und Erholung, die Fähigkeit
ist, sich zu konzentrieren.
Ist das sozusagen die philosophische Dimension von Urlaubsglück? Ja. Ich bin
selbst immer wieder überrascht, wie sehr
sich etwa das Alpenvorland, das ich manch-
mal mit meinem Rennrad durchquere, von
Wien und Umgebung unterscheidet. Es ist
eine völlig andere Welt und dafür brauche
ich nur 30 Kilometer weit zu fahren. Ich muss
nicht fl iegen, um weg zu sein, weil ich mir
den Sinn für eine geschärfte Wahrnehmung
bewahrt habe. Es gilt nicht, in einer falschen
E� zienteuphorie möglichst viele Eindrücke
auf sich einströmen zu lassen, sondern sich
den Luxus zu leisten, zwei, drei Wochen auf
Dinge zu achten, an denen man sonst acht-
los vorübergehen muss.
Wie könnte das konkret ausschauen? Man kann zum Beispiel Alpenurlaub ma-
chen und, anstelle Gipfelsiege abzuhaken,
jeden Tag dieselbe Wanderung unterneh-
men. Trotzdem wird man jeden Tag etwas
Neues entdecken. Allein das Wetter wird
jeden Tag anders sein. Wer achtet heut-
zutage noch auf diese Unterschiede? Im
Urlaub hätte man die Möglichkeit, sich ele-
mentaren Erfahrungen wie der Witterung
auszusetzen. Aber auch da sehen wir das
Wetter nur als Störfaktor für unsere Pläne.
In Wahrheit lassen wir uns, auch wenn wir
in der Natur sind, auf die Natur gar nicht
ein. Ich glaube, diese Fähigkeit müssen wir
wieder fi nden.
Vielen Dank für das Gespräch. ×
„Ich glaube, dass Hotels, die das selten gewordene Gut der Stille werden bieten können, in Zukunft regen Zulauf haben werden.“ KONRAD PAUL LIESSMANN
E s sind die Folgen falschen,
kurzsichtigen Handelns wider
die Natur, die uns heute vor
große Herausforderungen
stellen. Die wohl bekannteste ist der Kli-
mawandel und die dadurch steigenden
Temperaturmittel. Sie sorgen, so sind sich
Experten einig, künftig für schneearme
Winter in den Alpen. Das wird an Tirol und
seinem Tourismus nicht spurlos vorüber-
gehen. Skigebiete in niedrigeren Lagen
laufen Gefahr, ihre Existenzgrundlage zu
verlieren. Feinstaub ist eine weitere mo-
derne Plage, der vor allem der ungezügelte
Schadsto� ausstoß in den vergangenen
Jahrzehnten zu Grunde liegt. Angesichts
dieser Altlasten, ist nachhaltiges Denken,
also Handeln im Sinne kommender Gene-
rationen, das Gebot der Stunde – auch und
vor allem im Tourismus. Schließlich ist die
wichtigste Ressource des Urlaubslandes
Tirol seine Natur.
Tirols Tourismus handelt. Viele
Touristiker haben die Zeichen der Zeit
erkannt und sind o� en für neue Lösun-
gen. Praktische Hilfe bei der Umsetzung
nachhaltiger Strategien bietet die Stand-
ortagentur Tirol. Dort erachtet man, was
den Tourismus anbelangt, Überlegungen
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Die Zukunft des Tourismus ist grünDie wertvollste Ressource des Urlaubslandes Tirol ist seine Natur. Der einzige Weg in eine weiterhin erfolgreiche Zukunft als Tourismusdestination liegt daher im bewussten Umgang mit diesem wertvollen Gut.
VON STEFFEN ARORA
zu Produktions-, Vertriebs- und Verkehrs-
formen, die nicht auf kurzfristigem oder
ine� zientem Ressourcenverbrauch beru-
hen, als dringliche Handlungsfelder. Da-
durch soll zum einen die Energiee� zienz
in Beherbergungsbetrieben, Wellnessan-
lagen sowie Betrieben der Freizeit- und
Seilbahnwirtschaft gesteigert werden.
Zugleich soll der Anteil an Energie, die für
die genannten Betriebe aus erneuerbaren
Quellen bezogen wird, zunehmen. Zudem
wird in Kooperation mit Industriepartnern
an innovativen Mobilitätslösungen gear-
beitet, die eine Reduktion des Verkehrs-
aufkommens zum Ziel haben.
Ein Beispiel für die Umsetzung eines
zukunftsweisenden Mobilitätskonzeptes
im Tourismus ist die eBike-Welt Kitzbü-
heler Alpen – Kaisergebirge. Insgesamt
zehn Tourismusregionen haben sich zu-
sammengetan und bieten nun mehr als
1.000 Kilometer Radwegenetz sowie 310
E-Bikes für Gäste an rund 80 Verleihsta-
tionen an. Damit wird Mehrwert für die
Touristen und die Region gescha� en.
Dass auch Luxusangebote durchaus
mit dem Nachhaltigkeitsgedanken verein-
bar sind, beweist wiederum der Stanglwirt
in Going. In Zusammenarbeit mit der Firma
Heliotherm, die Mitglied im „Erneuerbare
Energie“-Cluster der Standortagentur
ist, nützt der Goinger Traditionsbetrieb
hoche� ziente Wärmepumpen zur Ener-
gieversorgung seiner Wellnessanlagen.
Und das bereits fünf Mal als schönstes
Ökohotel Europas ausgezeichnete Na-
turhotel Waldklause in Längenfeld zeigt,
dass Umweltbewusstsein und Design kein
Widerspruch sein müssen.
Seilbahnen setzen auf Ökostrom. Selbst die oft gescholtene Seilbahnwirt-
schaft denkt immer grüner. So hat man in
See im Paznauntal die Beschneiungsan-
lage so konzipiert, dass sie allein mit der
Energie angetrieben wird, die durch zwei
Kraftwerksstufen in zwei an das Skigebiet
angrenzenden Bächen gewonnen wird.
Die Zauberteppich-Lifte in der Zillertal-
Arena Gerlos sowie in Imst werden mit-
tels Photovoltaik-Anlagen betrieben, die
sogar einen Energieüberschuss von 6.000
Wattstunden Ökostrom produzieren, der
wieder ins Netz eingespeist wird.
Seilbahnhersteller Doppelmayr geht in
Vorarlberg mittlerweile schon neue Wege
in Sachen Nachhaltigkeit: In Schruns wur-
de zusammen mit der Firma Königsolar
die weltweit erste Sesselbahn gebaut, die
allein mittels Solarenergie betrieben wird.
Prämiert. Das Naturhotel Waldklause wurde schon fünf Mal als schönstes Ökohotel Europas ausgezeichnet.
Energiee� zient: das Skirestaurant Hoadl in der Axamer Lizum
27SAISON
DIE NATUR DES ERFOLGES
Unter dem Stichwort Klimadesign setzt
die Firma Alpsolar Tourismusbauten um,
die energiee� zient und nachhaltig funk-
tionieren. Aktuelle Beispiele dafür sind das
Skirestaurant Hoadl in der Axamer Lizum
und das noch in Bau befi ndliche Projekt
Isskogelbahn in Gerlos.
Auch in der Ausbildung der touristi-
schen Fachkräfte spielt das Thema Nach-
haltigkeit eine immer größere Rolle. So
bietet das Management Center Innsbruck
(MCI) mittlerweile regelmäßig den Lehr-
gang „Betriebliches Energiemanagement“
im Lehrkatalog an. Dieses Fach zum The-
ma Energiee� zienz wurde vom Cluster
Erneuerbare Energien in der Standort-
agentur Tirol entwickelt. Und diese Initia-
tive zeitigt bereits erste praktische Erfolge
in der Tiroler Seilbahnwirtschaft. Ein Ab-
solvent des Lehrganges ist Mitarbeiter der
Fisser Bergbahnen und hat sich in seiner
Abschlussarbeit gleich mit der Umsetzung
von Energiee� zienzmaßnahmen bei den
Beschneiungsanlagen beschäftigt.
Tirol als Vorreiterregion. Noch ste-
cken die Nachhaltigkeitsstrategien vieler-
orts in den Kinderschuhen. Aber immerhin
erkennen die Touristiker die Notwendig-
keit des Umdenkens. Die Standortagentur
Tirol begleitet, steuert und unterstützt die-
sen Umdenkprozess nach Möglichkeiten.
Langfristig attestiert Standortagentur-
Geschäfts führer Harald Gohm der Region
große Entwicklungsmöglichkeiten, was
nachhaltiges touristisches Handeln be-
tri� t: „Für Tirol insgesamt sehe ich das Po-
tenzial der Modellregion für alle künftigen
Entwicklungen, für die Grand Challenges
demografi scher Wandel, Globalisierung,
Klimaerwärmung. All das wirkt sich in den
alpinen Räumen mehr aus.“
In den Projekten, die Gohm und sein
Team zur regionalen Standortprofi lierung
mit entwickeln, ist es Ansatz und Anspruch,
modellhafte Entwicklungen aufzuzeigen,
die man auch in urbanen Räumen vorzeigen
kann. „Durch seine besondere Lage und die
touristische Ausprägung könnte Tirol bei-
spielsweise zur Modellregion für moderne
Mobilität werden“, so der Standortagentur-
Geschäftsführer.
Vor allem die Täler würden sich her-
vorragend als Demonstrationsregionen
eig nen, da sie einerseits abgeschlossener
sind als eine beliebige Stadt in Deutschland.
Andererseits sind ausgewählte Zielgruppen
dort nahezu ohne Streuverlust erreichbar.
Für Gohm wäre der Export neu entwickelter
Nachhaltigkeitsmodelle sogar ein möglicher
neuer, innovativer Wirtschaftszweig. ×
„Für Tirol insgesamt sehe ich das Potenzial der Modellregion für alle künftigen Entwicklungen, für die Grand Challenges demografi scher Wandel, Globalisierung, Klimaer-wärmung. All das wirkt sich in den alpinen Räumen mehr aus.“HARALD GOHM, GESCHÄFTSFÜHRER STANDORTAGENTUR TIROL
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28 MAGAZIN
theALPS wird fl ügge: Die internationale Tourismusfachveranstaltung wird heuer
erstmals nicht in Innsbruck stattfi nden, sondern wird am 19. und 20. Septem-
ber 2013 in den französischen Alpen, genauer: in der renommierten Tourismus-
destination Chamonix (Rhônes-Alpes) ausgetragen. Das Thema „Mythos Alpen –
Strategien für die Zukunft“ prägt das diesjährige theALPS- Symposium. 300 Top-
Entscheider des europäischen und internationalen Alpentourismus werden erwartet.
Anmeldungen unter: www.the-alps.eu. ×
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NEUE KONFERENZ IN TIROL
Die Hydro 2013 fi ndet erstmals in Innsbruck statt.
U niversität Innsbruck, TIWAG und
Congress-Messe Innsbruck ist es
mit Unterstützung des Conventi-
on Bureau Tirol gelungen, eine internatio-
nale Wasserkraft-Konferenz nach Tirol zu
bringen. Bei der Hydro 2013, die von 7. bis
9. Oktober stattfi nden wird, werden 1.500
Experten aus 80 Nationen zum Thema
Wasserkraft und deren Nutzung tagen.
Einer der Schwerpunkte der drei-
tägigen internationalen Konferenz ist die
Weiterentwicklung der Nutzung der Was-
serkraft vor allem in weniger entwickelten
Ländern Afrikas, und so ist das weltweite
Interesse natürlich groß.
Die letzten Austragungsorte der
alljährlich stattfi ndenden prestigeträch-
tigen Konferenz waren Lissabon, Bilbao
und Prag. Hier reiht sich nun Innsbruck
als Veranstaltungsort ein – dank intensiver
Vorarbeiten der Partner. ×
HOTSPOT KITZBÜHELER ALPEN
Gratis-Internet für Gäste der Region
In St. Johann in Tirol, Oberndorf, Kirchdorf und Erpfendorf gibt es ab sofort gra-
tis Internet. Mit dem WiFi-Netz „Kitzalps Hotspot“ kann man sich mit seinem
WLAN-fähigen Gerät, wie Smartphone, Tablet oder Laptop, ins Internet einwählen.
Insgesamt stehen für den Start vier Hotspots in der Region zur Verfügung. Es sind
noch weitere geplant und auch Unterkunftsbetriebe, Restaurants und Cafés haben
die Möglichkeit, sich an dieses System anzuschließen.
Dieses Service soll Gästen hohe Roaminggebühren im Urlaub ersparen. Ab
sofort kann der Gast kostenlos E-Mails abrufen, Fotos an Verwandte schicken, in
Social-Media-Netzwerken surfen oder seine Lieblingsapps nutzen. Die Zugangsdaten
sind in den Tourismusbüros St. Johann in Tirol, Oberndorf, Kirchdorf und Erpfendorf
erhältlich. Der Zugang ist für eine Urlaubswoche ab dem 1. Login gültig. ×
TVB-Geschäftsführer Gernot Riedel (re.) und Andreas Unterberger präsentieren einen der neuen Hotspots.
LOKALSUCHE LEICHT GEMACHT
Eine neue Online-Plattform hilft dabei, das richtige Café oder Restaurant zu fi nden.
T irol hat kulinarisch viel zu bieten. Und
gerade diese große Auswahl macht
es schwer, den Überblick zu behalten. Wer
eine Entscheidungshilfe braucht oder et-
was Neues entdecken möchte, wird jetzt
auf www.tagesmenue.at fündig.
Das Online-Portal bietet viele über-
sichtliche Optionen, um das lokale Gastro-
nomieangebot zu durchstöbern. Gesucht
werden kann nicht nur nach Lokalen in der
Nähe, sondern auch nach Länderschwer-
punkten oder Art der Küche. Wer das
Richtige gefunden hat, ist außerdem nur
einen Click von den Ö� nungszeiten und
dem aktuellen Speiseangebot entfernt. Und
dank einer eigenen Kartenansicht fällt es
leicht, auch versteckte Cafés aufzuspüren.
Das Portal umfasst aktuell die Gas-
tronomie im Großraum Innsbruck. In den
kommenden Monaten wird das Angebot
laut Betreiber auf ganz Tirol erweitert. ×
theALPS 2013 zu Gast in Chamonix
29
Museumsführer für Innsbruck
Den Durchblick in der Fülle von Museen, Galerien und Sehenswertem bekommen: Innsbruck Tourismus hat auch in diesem Jahr wieder einen praktischen Museumsführer im Taschenformat herausgebracht.
Das kleine Büchlein mit dem Titel
„Museen. Exhibitions 2013/2014“
ist nicht nur als Wegweiser für Touristen
und Einheimische gedacht, sondern zeigt
auch, wie vielfältig und lebhaft das Aus-
stellungswesen in Innsbruck ist. Nicht nur
Museen, sondern auch Architektur, Kunst
am Bau, sakrale Kunst in Kirchen und
zeitgenössische Kunst in Galerien werden
vorgestellt. Außerdem enthalten: kurze
Beschreibungen, Ö� nungszeiten, Preise,
Informationen zu Sonderausstellungen
und vieles mehr. Für den Inhalt verant-
wortlich ist die „ARGE Museen und Aus-
stellungshäuser der Region Innsbruck“.
Die Broschüre ist kostenlos bei der Inns-
bruck Information, Burggraben 3 und bei
allen Partnerinstitutionen der ARGE Muse-
en und Ausstellungshäuser erhältlich. ×
KITZBÜHELER ALPEN FÜRS BÜCHERREGAL
Markus Mitterer hat fünf Jahre damit
zugebracht, seiner Heimat ein fo-
tografi sches Monument zu scha� en. Der
daraus entstandene Bildband mit dem
schlichten Titel „Die Kitzbüheler Alpen“
hält auf 288 Seiten nicht nur die Schön-
heit und Vielfalt der Bergwelt fest. Er ist
auch eine Hommage an die Menschen,
die dort eingebettet in Brauchtum und
Tradition ebenso wie Moderne und Dy-
namik leben. So präsentiert Mitterers Werk
nicht nur Landschaften, sondern auch die
authentische, wahre Seele der Kitzbüheler
Alpen. ×
AUS ALLEN WELTGEGENDENNach Um- und Ausbau erstrahlt das Museum der Völker (ehemals Haus der Völker) in neuem Glanz. Thema ist nach wie vor die (Volks-)Kunst der Welt, gezeigt werden Objekte aus den Sammlungen Chesi (Bild), Schell und Stiftung Lindner. seit 12. April 2013, Museum der Völker, Schwaz
AUS DEM BIERMOOSNicht immer ist Jazz drin, wo Jazz draufsteht. Ro-ger Hodgeson, Gerhard Polt und die Wellbrüder aus dem Biermoos sollte man sich beim Tschirg-Art Jazzfestival trotzdem ansehen. Den Jazz steuern Till Brönner (Bild) und Al di Meola bei. 8. bis 18. Mai 2013, Glenthof, Imst
AUS DER VOGELPERSPEKTIVE„Von oben her“ nennt sich die Sonderausstellung im Museum Kitzbühel, die ihren Ausgang bei Dachlandschaften von Alfons Walde nimmt. Mit dabei sind Bilder von David Goldblatt (Diepsloot 2009, Detail), Gerhard Richter und Inés Lombardi.9. Mai bis 31. Oktober 2013, Museum Kitzbühel
WEITERE VERANSTALTUNGENTyrol Goes Austria. 650 Jahre Tirol bei Österreich19. 4. bis 6. 10.2013, Di–So, 9–17 h, Zeughaus,Innsbruck, www.tiroler-landesmuseen.atRainer von Vielen Akustik Show, Konzert3. 5. 2013, 21 h, Kulturlabor Stromboli, Hall,http://kulturlabor.stromboli.atKlangspuren barfuß. Wie klingt, riecht und schmeckt denn …ab 7. 5. 2013, Schwaz, www.klangspuren.atTiroler Beethoven-Tage, Musikfestival12. bis 19. 5. 2013, Thiersee, Bad Häring, Ebbs, Kufstein, Schwoich, www.beethoven-tage.at
KULTURTIPPSVON ES THER PIRCHNER
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FIT FÜR DIE ZUKUNFT?
Tourismus 2025 – Fit für die Zukunft?“
heißt ein Ratgeber, der veränderte
gesellschaftliche Werte und Trends im Tou-
rismus aufzeigt. Tourismus- und Strategie-
experten beschreiben praktische Lösungs-
ansätze und geben Tipps. Dabei werden
Fragen beantwortet wie etwa: Was haben
japanische Schwimmbäder mit der Hotelle-
rie im Alpenraum zu tun? Wie sieht der Gast
der Zukunft aus? Warum ist ein Umdenken
im Vertrieb erfolgversprechend und was hat
ein „Buddy“ mit der Gästekompetenz eines
Hotels zu tun? ×
Erhältlich ist das Buch über:
www.tourismus2025.at
Markus Mitterer: Die Kitzbüheler Alpen, 288 Seiten.
www.markus-mitterer.com
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IES
ING
30 SAISON
MAGAZIN
Ihr Gastro-Profimit Zustellservice
mit 11 Abholgroßmärkten, davon 3 in Tirol
Innsbruck - Imst - Milsösterreichweit flächendeckende Zustellung
Aktuelle Angebote auf www.wedl.com
Freiwillige vor!Urlaub mal anders: Naturliebhaber können im Rahmen des Volunteeringprogramms die Arbeit in den Tiroler Naturjuwelen aus nächster Nähe kennen lernen.
VON SYLVIA AINETTER
W ilde Natur auf der
einen Seite, mühe-
voll gepfl egte Alm-
landschaften auf der
anderen und natürlich eine einzigartige
Tier- und Pfl anzenwelt: Die Tiroler Natur-
parks und der Nationalpark Hohe Tauern
üben auf Naturliebhaber einen ganz be-
sonderen Reiz aus.
Doch die Pfl ege dieser Parks be-
deutet ein hohes Maß an Aufwand und
Engagement, deswegen sind freiwillige
Helfer stets willkommen. „Wir bieten
dieses Jahr zwei verschiedene Volun-
teeringprogramme an. Zum einen gibt
es unser Programm für Studenten, das
jedes Jahr stattfi ndet. Zum anderen ha-
ben dieses Jahr erstmals auch unsere
Gäste die Möglichkeit, ein bis zwei Tage
des Urlaubs in den Dienst der Natur zu
stellen“, erklärt Christina Wur zacher,
Rangerin im Nationalpark Hohe Tauern
und zuständig für die Volunteers.
Für Gäste stehen insgesamt elf
Projekte in den Tiroler Naturjuwelen zur
Auswahl, im Nationalpark Hohe Tauern
werden drei davon angeboten: die „Bart-
geierwiederansiedelung“, „Den Wildtie-
ren auf der Spur“ und das „Auerwildpro-
jekt“. Zwischen einem und drei Tagen
sind die Freiwilligen im Nationalpark
unterwegs, stets betreut von den Natio-
nalparkrangern. Im Pauschalangebot des
Nationalparks immer inklusive: ein klei-
nes regionsspezifi sches Präsent und ein
Lunch paket aus regionalen Produkten.
Freiwillige, die sich für das Projekt „Bart-
geierwiederansiedlung“ interessieren,
arbeiten am Beobachtungsstand mit,
beim „Auerwildprojekt“ helfen sie, den
Lebensraum der Tiere zu verbessern. Wer
sich auf die Spuren der Wildtiere begibt,
ist in alpinem Gelände auf anspruchsvol-
len Bergwegen unterwegs, um den Wild-
bestand zu beobachten und in Zahlen
festzuhalten. Die Freiwilligen nächtigen in
den Partnerbetrieben des Nationalparks
Hohe Tauern. Die Kosten betragen, je
nach Angebot und Dauer, zwischen 133
und 310 Euro (für alle Leistungen und
Übernachtung). Das Angebot wendet
sich an Naturinteressierte über 18. Die
Hauptvoraussetzung für eine freiwillige
Mitarbeit sind die Liebe zur Natur und das
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Schutzwaldprojekt. Die Au� orstung des Schutzwaldes über der Zillertaler Ortschaft Ginzling ist eines von zahlreichen Volunteer-Projekten der
Tiroler Naturparks und des Nationalparks Hohe Tauern.
Schmetterlinge im Naturpark Ötztal
Sonnenaufgang im Naturpark Kaunergrat
31
Ihr Gastro-Profimit Zustellservice
mit 11 Abholgroßmärkten, davon 3 in Tirol
Innsbruck - Imst - Milsösterreichweit flächendeckende Zustellung
Aktuelle Angebote auf www.wedl.com
Die fünf Tiroler Naturparks und der Natio-
nalpark Hohe Tauern suchen derzeit Frei-
willige, die sich ehrenamtlich engagieren
wollen. Insgesamt stehen interessierten
Gästen, die einige Tage ihres Urlaubs eh-
renamtlich mithelfen wollen, elf Projekte
zur Auswahl.
Drei der Projekte bietet der Natio-
nalpark Hohe Tauern an, acht Projekte die
Tiroler Naturparks. Möglich ist die Mithilfe
von Mai bis Oktober, die Kosten betragen,
je nach Angebot und Dauer, zwischen 133
und 310 Euro (für alle Leistungen und
Übernachtung). Je nach Projekt sind Vo-
lontariate zwischen einem und drei Tagen
möglich.
Nationalpark Hohe Tauern: Bart-
geierwiederansiedlung, Wildtier-
beobachtung, Auerwildprojekt
Zillertaler Alpen: Schutzwald-Projekt
Ginzling (Au� orstung von Berghän-
gen, um Lawinen entgegenzuwir-
ken), Bergmahd am Brandberg
Naturpark Kaunergrat: Weide-
management (Instandsetzungs-
arbeiten auf der Alm)
Naturpark Ötztal: Kartierung
au� älliger Pfl anzen und Tiere
Naturpark Tiroler Lech: Monitoring
der deutschen Tamariske
Alpenpark Karwendel: Steig anlegen bei
der Walderalm, Almpfl ege Thaurer Alm
www.tirol.at/volunteeringwww.tirol.at/natur
Interesse an Landschafts- und Tierschutz.
Je nach Projekt sind auch Trittsicherheit
und eine gute Kondition notwendig.
Freiwillige für die Naturparks.Derartige Volunteering-Programme bie-
tet aber nicht nur der Nationalpark Hohe
Tauern an, auch die fünf Tiroler Naturparks
suchen Gäste, die sich in den Dienst der
Freiwilligkeit stellen wollen. Die Aufgaben
sind dabei recht unterschiedlich: Das An-
legen von Weidewegen, Weidemanage-
ment, Bergmahd, Almpfl ege, aber auch
das Pfl anzen von Jungbäumen, das Kar-
tieren au� älliger Pfl anzen und vieles mehr
ist zu tun.
Nicht zuletzt profi tieren die Volun-
teers selbst von ihrem Einsatz: Die Tiroler
Naturjuwele sind einzigartige Schutzge-
biete, in denen die alpine Natur in ihrer
Ursprünglichkeit erlebt und beobachtet
werden kann. In dieser Umgebung mit
einzigartiger Tier- und Pfl anzenwelt
seinen Anteil zu wichtigen Naturschutz-
projekten beizutragen, ist für Menschen,
die gerne in der Natur sind, ein ganz
besonderes Erlebnis. ×
Mithilfe in den Tiroler Naturjuwelen
32 SAISON
MAGAZIN
Mit Indien ist zu rechnenIndiens Volkswirtschaft wächst rasant und immer mehr Inder aus der Mittelschicht können es sich leisten, nach Europa zu reisen. Ein großer touristischer Ho� nungsmarkt nimmt Formen an.
VON JANE K ATHREIN
INDIEN
I ndische Massentouristen sind
eine noch eher unbekannte Gäs-
tegruppe. Bis in die 90er-Jahre
fehlte es den meisten Indern am
dafür nötigen Geld. Inzwischen ist das
Land mit seinen 1,2 Milliarden Einwoh-
nern eine rasant wachsende Volkswirt-
schaft. Indische Softwareprogrammierer
modernisieren die europäische Arbeits-
welt, indische Unternehmen kaufen
europäische Firmen und immer mehr
Inder können sich Reisen in das Ausland
leisten. Schon jetzt verbringen etwa 10
Millionen Inder ihren Urlaub im Ausland
und 35 Millionen verfügen über den da-
für nötigen fi nanziellen Hintergrund. Bis
2020 sollen es 50 Millionen Inder sein, so
die Einschätzung der Marktforschungs-
gesellschaft Euromonitor.
Neuland. Die Mittelschicht wird selbstbe-
wusster, das zeigt ein Blick in die Statistiken.
Staaten wie Malaysia, Thailand und Dubai
waren jahrelang Favoriten bei indischen
Individualreisenden, weil sie vor allem Erst-
reisenden aufgrund ihrer kulturellen Nähe
ein Gefühl von Sicherheit vermittelten. Der
Wind dreht sich. Immer mehr Inder möch-
ten neue Kulturen erleben, prestigeträchtige
Destinationen entdecken und sind bereit,
dafür vertraute Pfade zu verlassen.
Tirol ist für die Inder ein exotisches
Land, daher machen längerfristige Koope-
rationen unbedingt Sinn, weiß Karin Rösler,
Marktleiterin Übersee in der Tirol Werbung.
Mit der Marketingkooperation „Heart of the
Alps“, die eine Laufzeit von drei Jahren vor-
sieht, bewerben Tiroler Destinationen ihr
Produkt auf den Überseemärkten. Tirol ist in
Indien schon jetzt eine attraktive Reisedesti-
nation. „Indien weist mit einem Plus von 73
Prozent bei den Übernachtungen seit 2007
eine der höchsten Zuwachsraten aller asia-
tischen Märkte in Tirol auf und belebt vor
allem die Sommersaison“, bilanziert Rösler.
Reisemotive. Warum zieht es die Inder
ins Herz der Alpen? Die am häufi gsten ge-
nannten Gründe sind die Gastfreundschaft
der Menschen, die wunderbare Landschaft
mit ihren Bergen und Seen, das angenehme
Klima, die Sauberkeit in den Straßen, die
Ruhe und die sehr gute Infrastruktur. In den
Monaten Mai und Juni fl üchten die Inder
vor der Hitze nach Europa und erleben das
Wunder Schnee, das aufgrund der leichten
Zugänglichkeit der Gletscher das ganze
Jahr hindurch möglich ist.
Exotische Destination. Immer mehr Inder, die die Alpen bisher bestenfalls aus Bolly-
wood-Produktionen kannten, lernen Tirol als Urlaubsland zu schätzen. Ein Besuch in den
Kristallwelten gehört für viele dazu.
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33
DER TYPISCHE INDISCHE GAST: Kommt aus der Ober- oder Mittelschicht und reist in Gruppen.
EINZUGSGEBIET: Die wichtigsten Herkunfts-regionen sind der Westen und Norden. In-diens größte Städte sind Mumbai, Delhi, Bengaluru und Kolkata. Die Möglichkeit der Annahme von Visumsanträgen in allen wich-tigen Herkunftsstädten erleichtert die Reise-vorbereitungen.
AUFENTHALTSDAUER 2012: 1,3 Nächtigungen
BEVORZUGTE UNTERKUNFT: 2011/2012: 53,5 % nächtigen im 4-/5-Stern-Hotel, (Tirol-Schnitt 33,9 %), 2,4 % entscheiden sich für Fe-rienwohnungen (Tirol-Schnitt 24,8 %)
REISEMOTIV: Die Inder fl iehen in den Mona-ten April, Mai und Juni vor der Hitze und wol-len dann neue Kulturen erleben und prestige-trächtige Orte besuchen. Sie begeistern sich auch für Shopping. Hauptattraktionen in Tirol: Swarovski, Innsbruck, Gletscher.
BUCHUNGSGEWOHNHEITEN: Kurzfristig, meist frühestens einen Monat vor Reiseantritt. 95 % buchen über ein Reisebüro oder einen Reiseveranstalter.
INFORMATIONSQUELLE: Zumeist Verwandte oder Bekannte bzw. Google und Tripadvisor.
TAGESAUSGABEN (in Österreich): 220 € (2010 wurde ein Plus von 87 % bei Einkäufen von Souvenirs registriert)
MARKTANTEIL: Im Winter Rang 46, im Som-mer Rang 21
REISEINTENSITÄT 2010: 40 %. Großteils Rund-reisen
NÄCHTIGUNGSZAHLEN: Winter 2011/2012: 7.198, Sommer 2012: 48.273
REISEVOLUMEN 2010: 13,2 Mio. Auslands-reisen. 55 % davon sind Europa-Rundreisen. Inder wollen in kürzester Zeit so viel wie mög-lich sehen.
BIP PRO KOPF 2012: 3.693 $
REISEMARKT INDIENIN ZAHLEN:
KONTAKTMag. Karin Rösler, Marktmanagerin Überseemärkte Tel. +43 (0) 512 / 53 20-644
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Jene, die sich eine Reise nach Österreich
und damit auch nach Tirol leisten kön-
nen, sind sich ihres Privilegs bewusst. Die
Europa-Reisenden möchten von ihren
Gastgebern entsprechend privilegiert be-
handelt werden, als Vermieter oder Reise-
veranstalter sollte man sich dessen bewusst
sein. Passend dazu hat die Tirol Werbung
einen Ratgeber herausgegeben und dafür
den Schweizer Autor und Geschäftsmann
Waseem Hussain ins Boot geholt, einen
Mann mit indischen Wurzeln. Der Folder
„Tirol welcomes India“ ist für Hoteliers und
Gastwirte bei der Tirol Werbung erhältlich.
Angebotsvielfalt. Urlaub in Tirol ver-
bindet der Inder mit Natur und Kultur. Ide-
alerweise bietet man dem Gast eine Kom-
bination aus verschiedenen Erlebnissen an,
rät Waseem Hussain. Beginnen könnte der
Ausfl ug etwa mit einer Zug- oder Kutschen-
fahrt, die die Gäste zu einem besonders
schönen Ort führt. Dort steigen vielleicht
auch wieder Erinnerungen an Szenen aus
einem der Bollywood-Filme auf, die durch
das Engagement der Cine Tirol in Tirol
gedreht wurden. Von dort könnte es dann
weitergehen zu einer schneebedeckten
Gletscherregion und zum Sightseeing.
„Neben Natur, Sightseeing und Schnee
lieben Inder auch das Shopping, das in
Indien einem gesellschaftlichen Ereignis
gleicht“, weiß Karin Rösler. Daher betreten
immer mehrere Inderinnen und Inder zu-
gleich ein Geschäft. Ware und Preis werden
diskutiert. Feilschen ist in Indien üblich und
auch in Tirol sollte man damit rechnen,
obwohl die meisten Gäste wissen, dass die
Preise festgesetzt sind. Rabatte beim Kauf
von mehreren Produkten oder Preisnach-
lässe werden dann gerne angenommen.
Harmoniebedürfnis. Wer sich mit
den Vorlieben des indischen Gastes aus-
einandersetzt, kann sich besser einfüh-
len. In der indischen Kultur lernt das Kind
schnell, dass jedes Gefühl, jeder Gedanke
und jede Handlung etwas bewirkt. Deshalb
versuchen Inder immer möglichst positive
Begegnungen und Beziehungen zu schaf-
fen. Umgelegt auf den indischen Touristen
bedeutet das, dass er das Wort „nein“ nicht
gerne hört und auch selber nicht verwen-
det. Also liegt die Kunst in der Kommuni-
kation mit dem Gast darin, die Fragen so
zu formulieren, dass sie positiv beantwortet
werden können. Ein Inder, der Fleisch isst,
würde zum Beispiel auf die Frage „Essen Sie
vegetarisch?“ nicht mit „Nein“ antworten.
Fragt man jedoch „Essen Sie vegetarische
oder nicht-vegetarische Speisen?“ kann er
leicht antworten.
Wer sich in die kulturellen Hinter-
gründe seines Gastes hineinversetzt, kann
sich besser auf seine Bedürfnisse einstellen.
Gute Englischkenntnisse sind auch von
Vorteil. Umfragen unter Tirol-Besuchern
ergaben nämlich, dass ihre Gastgeber
kaum oder ein mit österreichischem Akzent
durchzogenes, für sie schwer verständli-
ches Englisch sprechen. Fairerweise muss
man allerdings dagegenhalten, dass das
„Indian English“ für den Europäer auch alles
andere als einfach zu verstehen ist. ×
TIPPS FÜR DIE MARKTBEARBEITUNG• Wenn Inder Gäste empfangen, ist es fast so, als käme Gott persönlich zu Besuch,
und das erwarten Inder auch von ihren Gastgebern.• Beim Small Talk stellen manche Inder auch sehr persönliche Fragen, die man aber gerne
zurückstellen kann.• Das Wort „Nein“ hören und sagen Inder nicht gern, die Kunst in der Kommunikation mit
dem Gast ist es also, Fragen so zu stellen, dass sie positiv beantwortet werden können.• Den meisten Inderinnen ist es unangenehm, einem Mann die Hand zu schütteln.
Unter Frauen ist der Händedruck jedoch kein Problem.• Shopping und ein Besuch im Casino gehören für Inder zu den beliebtesten Zusatz-
aktivitäten. Schnee ist ein einzigartiges Erlebnis, das sie aufgrund der leicht zugänglichen Gletschergebiete ganzjährig erfahren.
• Inder essen häufi g mit der Hand oder einem Lö� el, da die Speisen bereits in mundgerechte Stücke geschnitten wurden.
• Indische Reiseveranstalter legen großen Wert auf den persönlichen Kontakt.
QUELLE: LANDESSTATISTIK TIROL, ÖW MARKTPROFIL KOMPAKT INDIEN 2012
34 SAISON
MAGAZIN
D ie Freude war groß. Die
Facebook-Community
überschlug sich, Auslands-
tiroler verlinkten fl eißig und
verwiesen stolz auf ihre Heimatstadt. Als
CNN vor einigen Wochen „Europe‘s 10 hot-
test destinations for 2013“ ausrief, landete
Innsbruck auf Platz 5. Dazu gab es ein paar
Infos zur Stadt und einen Hinweis auf den
Air & Style. Welch schöne Gratis-Werbung
für die Landeshauptstadt – das dachte
zumindest so mancher Leser.
Wer sich nun aber die Frage stellt, wie
CNN zu diesem Urteil kam, wird schnell er-
nüchtert. Jürgen Kagelmann, Lehrbeauf-
tragter für Gesundheits- und Wellnesstou-
rismus an der Hochschule Bremen und für
Tourismuspsychologie und -soziologie an
der Hochschule Ravensburg, beschäftigt
sich seit 1987 mit Tourismuswissenschaft
und -forschung. „Ein Problem bei Rankings
ist, dass oft nicht klar ist, wie das Ergebnis
zustande kommt.“ Im speziellen Fall von
CNN scheint ein selbsternannter Experte
am Werk gewesen zu sein. „Dieses Ranking
hat keinerlei Bedeutung. Es dient nur der
Unterhaltung der Menschen“, befi ndet Ka-
gelmann. „Ich würde keinen Schilling dafür
ausgeben, mit diesem Ranking zu werben.“
CNN brauchte wohl Content, mehr stecke
nicht dahinter.
Wie Konsumenten ihre Reiseentschei-
dungen fällen, sei komplex – es spielten
dabei zahlreiche Faktoren eine Rolle. „Ein
Ranking in einer Zeitschrift gibt bei der
Reiseentscheidung mit Sicherheit nicht den
Ausschlag“, sagt Kagelmann.
Mit Vorsicht zu genießen. Das
bedeutet jedoch nicht, dass mit Ran-
kings nichts anzufangen ist. Das World
Tourism Ranking etwa, das Österreich
auf Platz drei der wettbewerbsfähigsten
Tourismusdestinationen weltweit stellt, ist
sehr wohl ernstzunehmen. „Dieses Ran-
king entstand auf Basis wissenschaftlicher
Methoden und einer repräsentativen Zahl
an Daten“, weiß Kagelmann.
Das World Tourism Ranking basiert auf
dem Global Competitiveness Index (GCI),
der sich auf zwölf Säulen stützt. Diese
Säulen sollen ein umfassendes Bild über
die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes
vermitteln: Institutionen, Infrastruktur, ma-
kroökonomische Stabilität, Gesundheit und
Grundschulbildung, Hochschulbildung und
Ausbildung, E� zienz der Gütermärkte, Ar-
beitsmarkte� zienz, Entwicklungsgrad der
Finanzmärkte, technologischer Entwick-
lungsgrad, Marktgröße, Entwicklungsgrad
der Unternehmen und Innovation. Die
Einstufungen dieser zwölf Bereiche wie-
derum stützen sich einerseits auf ö� entlich
zugängliche „harte“ Fakten und eine um-
fassende Meinungsumfrage. 2013 wurden
14.000 Wirtschaftsführer aus 142 Ländern
befragt. Der Fragebogen ist so aufgebaut,
dass möglichst viele Faktoren erfasst wer-
den, die das Wirtschaftsklima beeinfl ussen.
Anhand dieser Ergebnisse kann recht ver-
lässlich festgemacht werden, in welchen
Bereichen Handlungsbedarf besteht, um
Österreich als Destination attraktiver zu
machen. Am schlechtesten schnitt Öster-
reich übrigens im Bereich „Preis“ ab, hier
landete die Alpenrepublik nur auf Platz
„Ein Problem bei Ran-kings ist, dass oft nicht klar ist, wie das Ergebnis zustande kommt.“JÜRGEN KAGELMANN, TOURISMUSFORSCHER
34 SAISON
MAGAZIN
Die Macht der RankingsInnsbruck auf Platz 5, Österreich auf Platz 3, das Hotel Alpenhof in Hintertux auf Platz 1 – Rankings sind mittlerweile schon fast überall zu fi nden. Was sie aussagen und wie sie zu verstehen sind
VON S YLVIA A INE T TER
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131. Ein Faktor von vielen. Die Schweiz liegt
noch weiter hinten (Platz 138) und liegt im
Gesamtranking dennoch auf Platz 1.
Jedes Ranking hat also seine Mängel.
Sucht man nach den Preisweltermeistern,
fi ndet man Iran, Brunei und Gambia.
Internetvoting. Wesentlich spannen-
der für Konsumenten scheinen die Rankings
auf Hotelbewertungs- und -buchungs-
plattformen zu sein. „Dass die meisten vor
ihrem Urlaub im Internet recherchieren, ist
unbestritten. Welchen Einfl uss die Rankings
auf die Buchungsentscheidung haben, weiß
man aber nicht“, relativiert Kagelmann.
Was bei Hotelbewertungsplattformen
erschwerend hinzukommt: Hier geben
nicht unabhängige Hoteltester ihr Urteil
ab, sondern jeder, der möchte, kann mit-
voten. Ein aussagekräftiges Ergebnis kann
hier nicht erwartet werden. Was nicht un-
bedingt bedeutet, dass das Hotel Alpenhof
in Hintertux nicht trotzdem das beste Hotel
Österreichs ist (Traveller’s Choice 2013). ×
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AKTUELLE RANKINGS
CNN „Europe‘s 10 hottest destinations for 2013“1. Liverpool, England2. Korsika, Frankreich3. Reykjavik, Island4. Istanbul, Türkei5. Innsbruck, Österreich6. Kreta, Griechenland7. Helsinki, Finnland8. Belfast, Nordirland9. Amsterdam, Niederlande10. Berlin, Deutschland
World Tourism Ranking 2013 (Top 10)1. Schweiz2. Deutschland3. Österreich4. Spanien5. Großbritannien6. USA7. Frankreich8. Kanada 9. Schweden10. Singapur
Tripadvisor Traveller’s Choice 2013 –Top 25 Hotels in Österreich (Top 10)1. Hotel Alpenhof, Hintertux2. Natur- und Wellnesshotel
Höfl ehner, Haus3. Der Wiesenhof, Pertisau4. Naturhotel Waldklause, Längenfeld5. Theresia Gartenhotel, Saalbach6. Grand Hotel Lienz, Lienz7. … mein Neubergerhof Feriengut &
Hotel, Filzmoos 8. Hotel Central, Seefeld9. Hotel Jerzner Hof, Jerzens10. Sporthotel Stock, Finkenberg
36
Freizeit sucht PädagogenSeit vergangenem Jahr wird an der Pädagogischen Hochschule Tirol der einjährige Lehrgang zum „Akademischen Freizeitpädagogen“ angeboten. Wie schaut diese Ausbildung konkret aus?
VON ERNST SPRENG
D ie rund 40 Männer und
Frauen, die im November
2012 an der Pädagogi-
schen Hochschule Tirol
(PHT) mit dem Lehrgang „Freizeitpädago-
gik“ begonnen haben, sind bunt gemischt.
Zwischen 20 und 50 Jahren ist da alles mit
dabei. Vom Quereinsteiger bis zu jenen,
die schon in der Kinder- und Jugendli-
chenbetreuung tätig sind – die Bandbreite
ist groß. Zum ersten Mal wird heuer im
Juni der einjährige Lehrgang „Freizeit-
pädagogik“ an der PHT mit dem Diplom
abgeschlossen. Welche Hintergründe
dieser neue Lehrgang hat und wie die
Ausbildung ausschaut, wissen allerdings
nur die wenigsten.
Der Hintergrund. Ins Leben gerufen
wurde die „Freizeitpädagogik“ mit dem
Hintergedanken, dass es in Zukunft an
den österreichischen Schulen vermehrt
Ganztagesangebote geben wird. Das ist
das erklärte politische Ziel. Darum wurde
präventiv an den Pädagogischen Hoch-
schulen bereits begonnen, Menschen
auszubilden, die in der Nachmittagsbe-
treuung den Teil der aktiven Freizeitge-
staltung übernehmen. Ziel ist es also ein-
deutig, pädagogisch geschultes Personal
für die zukünftige Betreuung von Schülern
über den ganzen Tag hinweg auszubilden.
Da sich Freizeit aber auch in Zukunft nicht
einzig und allein in den Schulen abspielen
wird, werden sich für die neuen Freizeit-
pädagogen im Freizeit- und Tourismusbe-
reich interessante Berufschancen auftun.
Die Ausbildung. Der Lehrgang Frei-
zeitpädagogik ist derzeit auf zwei Semes-
ter ausgerichtet und wird an der PHT als
Vollstudium und berufsbegleitend ange-
boten. Matura ist keine Voraussetzung
für diesen Lehrgang. Für die zukünftigen
Freizeitpädagogen gilt: Sie müssen das
18. Lebensjahr vollendet haben und einen
Eignungstest absolvieren. Dabei werden
Deutschkenntnisse und persönliche
Voraussetzungen überprüft. Wer sich
für den nächsten Lehrgang an der Päd-
agogischen Hochschule Tirol anmelden
will, der kann das bis 7. Juni 2013 noch
für das kommende Wintersemester tun.
Neue Erfahrung. Erste Erkenntnisse
zeigen, dass noch nicht alles perfekt ist.
„Die Erfahrungen des ersten Lehrganges
werden sicher zu Adaptierungen führen“,
ist Veronika Möltner überzeugt. Sie leitet
diesen Lehrgang an der Pädagogischen
Hochschule Tirol. Vor allem gilt es aber
noch einen Weg zu fi nden, wie die neu-
en Freizeitpädagogen in das schulische
System e� ektiv eingebunden werden. Die
Verknüpfung von erzieherischer Ausbil-
dung, pädagogischem Grundwissen und
dem Können, Freizeit für Kinder und Ju-
gendliche attraktiv zu gestalten, macht die
Ausbildung für viele zu einer interessanten
neuen Chance. ×
DER LEHRGANGDer Lehrgang „Akademischer Freizeitpädagoge“ dauert zwei Semester und wird an der Pädagogischen Hochschule Tirol sowohl als Vollstudium als auch berufsbegleitend an-geboten. Voraussetzungen: Positive Eignungsfeststellung, vollendetes 18. Lebensjahr. Anmeldung für das Wintersemester 2013: Noch bis 7. Juni kann man sich online für den kommenden Lehrgang anmelden. Weitere Informationen unter www.ph-tirol.ac.at (Menüpunkt „Fort- und Weiterbildung“).
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(2
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Spielplatz Natur. Auch im Tourismus werden sich für die Freizeitpädagogen
Berufschancen auftun.
37 SAISON
MAGAZIN
„Der Freizeitbereich ist groß“
Veronika Möltner leitet an der Pädagogischen Hochschule Tirol den Lehrgang „Freizeit-pädagogik“.
S AISON: Frau Möltner, wie sind die Erfahrungen des ersten Lehr-ganges? VERONIKA MÖLTNER:
Die Ausbildung steckt sicher noch in den
Kinderschuhen. Die Rückmeldungen der
ersten Studierenden sind allerdings positiv.
Man lernt in diesem Jahr sehr viel – von
den rechtlichen Grundlagen der Betreu-
ung bis hin zur „Gewaltprävention“. Be-
sonders wichtig sind auch die Praktika, die
Teil des Lehrgangs sind.
Wie schauen die Berufschancen derzeit aus? Leider gibt es derzeit noch kein
Berufsbild. An den Schulen muss man
sicherlich schauen, wie man die Freizeit-
pädagogen in Zukunft e� ektiv einbindet.
Aber der Freizeitbereich ist groß. Für mich
ist es wichtig, dass die Absolventen ihre
Geschicke nach dem Studium aktiv in
die Hand nehmen. Es gibt im ersten
Lehrgang Beispiele, wo die Heimatge-
meinden der Studierenden von sich aus
an die Menschen herangetreten sind, um
gemeinsam Freizeitkonzepte zu erstellen.
Ist das berufsbegleitende Modell gut mit Beruf und Familie vereinbar?Wie jede berufsbegleitende Ausbildung ist
es natürlich eine Herausforderung. Aber
die Erfahrung zeigt, dass es sehr gut kom-
binierbar ist. Wir haben den Lehrgang von
Beginn an so ausgerichtet, dass rund 50
Prozent der Arbeit zuhause im Eigenstu-
dium absolviert wird.
Vielen Dank für das Gespräch. ש P
H-T
IRO
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38 SAISON
MAGAZIN
W er den Begri� Enduro
hört, denkt zuallererst
an geländegängige
Motorräder. Doch in
den vergangenen Jahren hat sich auch im
Mountainbikesport eine eigene Enduro-
Disziplin entwickelt, die sich mittlerweile
anschickt, der neue große Trend in Sachen
Radfahren zu werden. Die Kombination aus
Naturerlebnis, Gemeinschaft und Abenteu-
er beschert der jungen Disziplin enormen
Zulauf. Während in den USA, Großbritanni-
en, Frankreich und Italien Enduro-Rennen
bereits Massenphänomene mit bis zu
zweitausend Teilnehmern darstellen, steckt
der Trend in unseren Breiten noch in den
Kinderschuhen. Doch einige Touristiker
haben das Potenzial des Enduro-Sports für
die Sommersaison bereits erkannt.
Was ist Enduro? Der Grundstein für
die Ausbildung von Enduro als eigene Dis-
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ALP
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ziplin innerhalb des Mountainbike-Sports
liegt in der technischen Entwicklung der
Fahrräder. Während Up- und Downhill,
also das Bergauf- sowie das Bergabfah-
ren, bisher die beiden großen Unterschei-
dungsmerkmale ausmachten, verbindet
Enduro sie erstmals. Das ist deshalb mög-
lich, weil die Fahrradindustrie heute Räder
herstellen kann, mit denen man sowohl
Anstiege als auch Abfahrten problemlos
und vor allem spaßbetont meistern kann.
Enduro-Mountainbikes vereinen
die Vorzüge eines leichten Mountainbikes
und eines robusten Downhill-Bikes. Cha-
rakteristisch sind für Enduro-Räder, die als
Fullsuspension-Bikes vorne wie hinten
über eine Federung verfügen, absenkba-
re Federgabeln, feststellbare Dämpfer und
teleskopierbare Sattelstützen. Mit einem
Gewicht von nur mehr rund 13 Kilogramm
sind Enduro-Mountainbikes wahre All-
rounder, die es ermöglichen, problemlos
und ohne technische Aufstiegshilfen die
Berge per Fahrrad zu erkunden. Dank des
vorne wie hinten großen Federweges
meistern diese Räder auch anspruchsvolle
Abfahrten über raues Terrain. Teilte sich
die Mountainbikeszene bisher in Uphiller
und Downhiller, so ermöglicht Enduro
nun die Kombination beider Sportarten
mit nur einem Fahrrad.
Ursprünglich stammt der Begri�
Enduro aus dem Motorradsport und leitet
sich vom englischen „endurance“, das für
Kraft und Ausdauer steht, ab. Er beschreibt
in erster Linie die Leistungscharakteristik,
die eine Mischung aus Technik, Vielfalt und
Distanz ist. Beim Mountainbiken steht Endu-
ro nun sinnbildlich für den ursprünglichen
Gedanken des Sports, die Natur aus eigener
Kraft zu erkunden. Ausdauer ist die Voraus-
setzung dafür – sowohl bergauf wie auch
bergab. Bei Enduro-Rennen sind hunderte
Höhenmeter bergauf zu bezwingen, ge-
Zurück zum UrsprungAls Ergebnis der rasanten technischen Entwicklung am Mountainbike-Sektor entstand der Trendsport Enduro. Diese Spielart des Radfahrens am Berg boomt und birgt viel Potenzial für den alpinen Sommertourismus.
VON STEFFEN ARORA
Im Trend.Die Kombination aus Naturerlebnis, Gemeinschaft und Abenteuer beschert der jungen Disziplin enormen Zulauf.
39
spickt mit ausgedehnten Downhillpassagen.
In dieser Vielfalt liegt auch der enorme Zu-
spruch für diesen neuen Trend begründet.
Spaß am Naturerlebnis. In sportli-
cher Hinsicht unterscheidet sich Enduro
von den etablierten Mountainbike-Diszip-
linen vor allem hinsichtlich des Spaßfaktors.
Während bei klassischen Marathon- oder
Downhillrennen der Wettbewerb Jeder-
gegen-jeden im Vordergrund steht, zählt
bei Enduro die Gemeinschaft. Denn auch
bei Rennen werden, ähnlich wie im Rallye-
Sport, nur einzelne Sonderprüfungen
gewertet. Während man zusammen in
der Gruppe und meist ohne Zeitdruck die
Aufstiegspassagen meistert, werden nur
die Zeiten einzelner Abfahrten gemessen.
Dadurch haben Enduro-Rennen einen
ganz eigenen, familiären Charakter – das
Rennen wird zum gemeinschaftlichen Na-
turerlebnis mit Spaßfaktor.
Die Natur ist dabei ein wichtiger
Faktor. Denn anders als beim Downhillsport
bedarf Enduro keiner künstlich angelegten
Strecken. Im Gegenteil, der Sport lebt von
naturbelassenen Trails. Georg Grogger von
der Innsbrucker Firma Trailsolutions zählt
zu den Pionieren der Enduro-Bewegung in
Tirol und bringt es auf den Punkt: „Enduro
fi ndet in erster Linie auf Wanderwegen
statt.“ Es braucht also keinen Bikepark, um
diese Sportart zu betreiben. Es genügt, die
vorhandenen Wanderwege – gemeint sind
aber nicht breite Schotterpisten, sondern
die Steige – für Mountainbiker zu ö� nen.
Pionierarbeit auf diesem Gebiet leisten
in Tirol Sölden, wo mit der „Singletrail
Schnitzeljagd“ seit 2011 erste ino� zielle
Enduro-Rennen außerhalb einer aner-
kannten Rennserie stattfi nden, Kirchberg
bei Kitzbühel, wo seit 2012 mit der „KitzAlp
Enduro“ das erste „o� zielle“ Rennen der
Enduro-Series über die Bühne geht, so-
wie Ischgl, das mit der „Overmountain
Challenge“ im September 2013 die ersten
Enduro European Open – eine Art Europa-
meisterschaft – mit Szenestars wie Jérôme
Clementz und Dan Atherton ausrichtet.
Touristisches Potenzial. Hinsicht-
lich seines touristischen Potenzials ist der
Enduro-Sport für Regionen mit, aber auch
ohne vorhandene Liftanlagen interessant.
Zwar nutzen auch Enduro-Fahrer bisweilen
ganz gerne technische Aufstiegshilfen, um
sich lange An- und vor allem Au� ahrten
zu ersparen – wie etwa in Kirchberg. Doch
Seilbahnen als Transportmittel sind für die-
sen jungen Sport keineswegs obligatorisch.
Als Wiege des Enduro-Mountainbikens in
Europa gilt zum Beispiel Ligurien. Ohne
Seilbahninfrastruktur hat sich dort auf dem
ausgedehnten Wegenetz entlang der Küste
Enduro entwickelt.
Das erste o� zielle Enduro-Rennen
Tirols hätte 2012 eigentlich in Navis statt-
fi nden sollen, erzählt Grogger, der als Ver-
anstalter tätig ist und heuer den Enduro
Europacup mitbegründet hat. Dass letztlich
Kirchberg im Vorjahr als Austragungsort des
ersten o� ziellen Enduro-Bewerbs in Öster-
reich eingesprungen ist, lag an organisato-
rischen, nicht aber technischen Gründen.
Auch Regionen ohne Seilbahninfrastruktur
eignen sich für diese Sportart, solange sie
ausreichend Wege bereithalten. Die Tou-
ristiker in Kirchberg haben die Premiere der
KitzAlp Enduro am 15. und 16. September
2012 als großen Erfolg erlebt, berichtet
Marketingleiter Christoph Stöckl: „Rund
200 Teilnehmer aus sieben Nationen ha-
ben bei der Rennpremiere teilgenommen.“
In Kirchberg wurde man schon vorher auf
Enduro aufmerksam, wie Stöckl erklärt: „Mit
dem KitzAlpBike-Festival haben wir uns seit
nunmehr 16 Jahren als Bikeregion etabliert.
Dass Enduro der große neue Trend ist, wur-
de uns spätestens bei der großen Eurobike-
Fachmesse in Friedrichshafen bewusst, wo
wir immer vertreten sind. Dort ist Enduro
mittlerweile das bestimmende Thema bei
den Magazinen und bei der Industrie.“ Für
die Kirchberger war klar, dass sie diesen
Trend für sich nutzen wollen.
BA (Hons) in HospitalityManagement
and Entrepreneurship
College and University StudiesI MTInternational College of Tourism &
Management und Manchester Metropolitan University präsentieren
das Bachelor-Studium:
Verkürzte Studienzeitfür AHS AbsolventInnen: 3 Jahre
für HLW/HLF/HLT/HLA AbsolventInnen: 2 Jahre
für Tourismus Kolleg AbsolventInnen: 1 Jahr
Spezialisierungsmöglichkeiten in- Hospitality Management & Tourism
- Event & Banquet Management
- Wellness & Spa Management
- Casino & Gaming Management
Daten zum Studiumvollzeit/berufsbegleitend
Unterrichtssprache: Englisch
Start: September
Kosten: 3.100 - 4.500 EUR pro Semester
Abschluss: staatliches Tourismus Diplom & BA (Hons) in Hospitality Management and
Entrepreneurship
Für weitere Fragen steht Ihnen das ITM-Team jederzeit gerne persönlich zur Verfügung.
ITM CollegeJohann-Strauss-Strasse 2
2540 Bad Vöslau Tel. +43 (0)2252 790260 [email protected] www.itm-college.eu
40 SAISON
MAGAZIN
DIE ENDURO-SAISON 2013 IN TIROL
Singletrail Schnitzeljagd – Sölden28. bis 30. Juni 2013In Zweier-Teams die Trails rund um Sölden erkunden und dabei spaßige Missionen erfüllen: Die Schnitzeljagd ist die ultimative Enduro-Challenge – kein Rennen oder Wettkampf, son-dern ein unkomplizierter, spaßiger Enduro-Event, bei dem man Trails ohne Ende fährt.www.dierasenmaeher.de
KitzAlp Enduro 2013 – Kirchberg5. und 6. Juli 2013Kirchberg ist auch 2013 wieder der einzige Tourstopp der Specialized Enduro Series. Rund 1.500 Höhenmeter werden von den Teilnehmern dabei – dank Integration der Gaisalm- und Fleckalmbahn in erster Linie bergab – überwunden.www.kitzalpbike.at, www.enduroseries.net
Overmountain Challenge – Ischgl13. bis 15. September 2013Endlose Trails, traumhaftes Bergpanorama und Spaß mit Freunden: Ischgl präsentiert ge-meinsam mit dem Bikehersteller Cannondale die ersten European Enduro Open. Dabei messen sich nicht nur die schnellsten Enduro-Racer des Kontinents, alle Singletrail-Fans kommen bei diesem sportlichen Highlight auf ihre Kosten. Mit dabei auch die Stars der Szene wie Jérôme Clementz und Dan Atherton.www.ischgl-overmountain.com, www.trailsolutions.at
2013 ist Kirchberg am 5. und 6. Juli der
fünfte Tourstopp der Specialized Enduro-
Series, die in Deutschland, Österreich, der
Schweiz und Italien ausgetragen wird. Kurt
Exenberger von der örtlichen Bikeacademy
ist Co-Veranstalter des Rennens und sagt
dem Sport eine große Zukunft – auch und
vor allem in touristischer Hinsicht – voraus:
„Wir stehen in Tirol ganz am Anfang einer
Entwicklung, die für die Sommersaison
enorme Möglichkeiten bietet. Der liftbenüt-
zende Mountainbiker ist der Sommergast
der Zukunft.“ Dazu, so Exenberger, bedarf
es allerdings der Aufklärungsarbeit, um
Nutzungskonfl ikten auf den Wegen vorzu-
beugen. „Es ist problemlos möglich, Wan-
derwege für Mountainbiker zu ö� nen, wenn
man einander mit Respekt und Rücksicht
begegnet.“ Die Schweiz hat es vorgemacht.
Dort stehen alpine Wege auch Radfahrern
o� en. Information über das richtige Ver-
halten am Berg für Radler wie Wanderer, so
Exenberger, würde das Miteinander auch in
Tirol ermöglichen.
Um das Vermitteln von Verhaltensre-
geln und Sicherheitsaspekten geht es daher
auch in den SAAC Bike Camps, welche heu-
er erstmals in Zusammenarbeit von SAAC,
der Tirol Werbung und den Bike-Regionen
Tiroler Zugspitzarena, Osttirol und Kitz-
büheler Alpen – Brixental durchgeführt
werden (www.saac.at/bike).
Rennsport als Marketing. Aus tou-
ristischer Sicht sind Enduro-Rennen das
perfekte Marketinginstrument, um sich
als Bikeregion zu präsentieren. Kirchberg,
Ischgl und Sölden gehen diesen Weg
und etablieren sich über die Austragung
von Enduro-Bewerben in der Mountain-
bikeszene als lohnende Reiseziele für die
wachsende Fangemeinde des sogenann-
ten Trailridings. Gerade am für Tirol so
wichtigen Kernmarkt Deutschland erfreut
sich der Enduro-Trend enormer Beliebtheit
und die Mountainbikenation Nummer eins
in Europa ist Großbritannien. Hier liegt also
viel Potenzial für den Tiroler Bergsommer.
Letztlich ist Enduro nicht die Neu-
erfi ndung des Radsports. Im Gegenteil,
es ist vielmehr die Rückbesinnung auf die
Ursprünge des Mountainbikings. „Zusam-
men mit meinen Freunden den Berg, die
Natur am Rad erleben und Spaß haben“,
fasst Georg Grogger die Faszination hinter
dem Trend zusammen. Enduro-Fahrer
suchen das Bergerlebnis und daher sei,
so der Experte, gerade Tirol prädestiniert,
dieses Thema zu bearbeiten: „Wir haben
bereits die perfekte Infrastruktur, um die-
ses Bergerlebnis anzubieten – von den mit
Wanderwegen erschlossenen Regionen bis
hin zu den Aufstiegshilfen, um schnell und
bequem dorthin zu kommen, wo ich dieses
Erlebnis fi nde.“ ×
Worum geht es bei Enduro?Die Devise von Georg Grogger (Trailsolutions) lautet: „Zusammen mit meinen Freunden den Berg, die Natur am Rad erleben und Spaß haben.“ ©
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SAISON
MAGAZIN42
D ie Gedanken werden still
auf den letzten Metern.
Schweiß fl ießt. Der Gip-
fel, der schon lange in
Sichtweite war, ist jetzt zum Greifen nah.
Der Berg aber fordert bis zum Schluss.
Körperlich, emotional. Oben ist das alles
dann vergessen. Das Gipfelbuch ist die
Siegerurkunde für all die Mühen. Und
jeder schreibt sie sich selber.
Von Grenzgängen berichten die
ersten überlieferten Eintragungen. Von
einem übermächtigen Berg, vor dessen
Angesicht sich der Mensch winzig fühlt.
Der erste selbst bezeugte Gipfelsturm soll
am Ventoux stattgefunden haben, einem
kahlen Berg in der Provence. Francesco
Petrarca war unter anderem Theologe,
Dichter und Forscher und wollte 1336
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diesen ungewöhnlich hohen Ort in der
Provence sehen. Also machte er sich auf
den Weg. Und als er dann oben stand,
war er „durch die ganze freie Rundsicht
bewegt, einem Betäubten gleich“ und las
am Gipfel aus Aurelius Augustinus’ „Be-
kenntnissen“. Zufällig soll er jene Stelle
aufgeschlagen haben, an der Augustinus
die Schaulust verdammte. Und Francesco
Petrarca schrieb dann in einem inneren
Monolog von der Größe der Seele, dem
Tod und der Vergänglichkeit.
Quellen. Woher das moderne Gip-
felbuch kommt, kann die Wissenschaft
erklären. Als eine der ersten Quellen
werden die alten Herbergsbücher wie das
Grimselbuch genannt, in dem die Brüder
Meyer 1811 mit ihren Unterschriften be-
stätigten, an welchem Tag sie das Hospiz
„paßirten“ und „repaßirten“ und dort
auch einen Kurzbericht zur Jungfrau-
Ersteigung hinterließen. Bekannt sind
auch andere Herbergs- und Denkbücher
sowie Einschreibbücher in Kirchen und
Kapellen oder an Wallfahrtsorten. Sie
werden als Vorfahren des Gipfelbuches
gesehen, weil man sie schon sehr früh
auf Bergspitzen fand, wie seit den 80er-
Jahren des 18. Jahrhunderts etwa auf
dem Wendelstein und Anfang des 19.
Jahrhunderts auf dem Watzmann.
Die Tradition des Gipfelbuches, so
wie wir es heute kennen, sollen jedoch
die Engländer mit in die Alpen gebracht
haben. Um 1860 hinterließen die ersten
Pioniere des Bergsteigens nach Erreichen
des Gipfels eine leere Weinfl asche. Um
Alpine FlaschenpostEs liegt meist in einer kleinen Blechkiste direkt beim Gipfelkreuz oder unter einem Stein. Das Gipfelbuch ist Zeichen der Erbauung, Sicherheitszeugnis, Kulturgut. Skurril, lustig oder ernst sind die Gedanken, die auf den weißen Seiten hinterlassen werden. Die Siegerurkunde für die erlebten Mühen schreibt sich jeder selber.
VON JANE KATHREIN
Brigitte Weninger (re.) und Silvia Huber bei einer Gipfelbuchhinter-legung in Langtang, Nepal 2012
43
sich den Nachfolgenden mitzuteilen,
schoben sie eine Visitenkarte in die
Flasche, die sie kopfüber in den Schnee
steckten. Der nächste Bergsteiger tausch-
te die Karte dann gegen seine aus. Eine Art
Flaschenpost entstand, die später durch
eine Metallkassette mit einem Gipfelbuch
ersetzt wurde.
Eine Vielzahl von diesen Büchern
hat sich über die Jahrhunderte angesam-
melt. Auf manchen Gipfeln wird jedes Jahr
ein neues aufgelegt. „Wer das Gipfelkreuz
errichtet hat, betreut auch meistens das
Gipfelbuch“, weiß Martin Achrainer vom
Österreichischen Alpenverein. Mit Be-
treuen meint er auch das Einsammeln
vollgeschriebener Bücher. Einige darunter
liegen in den Archiven und Ausstellungs-
kästen der alpinen Museen, andere in den
Stuben und privaten Bibliotheken des ei-
nen oder anderen Bergfex.
In die ersten Bücher waren Spal-
ten gedruckt, in denen Name, Vorname,
Wohnort, Beruf und Alpenvereinssektion
sowie Ziel der nächsten Tagestour einge-
tragen werden konnten. Eine Form, die
schon bald wieder aus der Mode kam,
stattdessen wurden Hefte mit weißen Sei-
ten in den Metallkassetten hinterlegt. Und
auch der wetterbeständigere Bleistift wich
um 1956 dem Kugelschreiber als Schreib-
gerät. Heutzutage fi ndet der Wanderer
wieder beides in der Metallkassette.
„Tapferer Bergfreund“. Quer le-
sen lohnt sich. Es kann erheiternd, be-
rührend oder ernüchternd sein. Nicht
immer erzählen die Texte und Verse von
Grenzgängen, wie jenem aus dem Jahr
1336. Viel häufi ger sind es Geschichten
über Freude, Stolz, Freundschaft so-
wie Sieg und Niederlage, die Schritt für
Schritt errungen wurden. Die Bergstei-
ger schrieben seit jeher den Tourverlauf
nieder, die Wetterbedingungen und den
Schwierigkeitsgrad der gewählten Tour.
Ab den fünfziger Jahren begannen sich
dann die Einträge auf ein paar besinnliche
Verse oder Zeichnungen zu reduzieren.
„Du tapferer Bergfreund schreib
dich ein! Doch halt das Buch dabei auch
rein! Im Kasten sollst du es verwahren, so
bringt es Freude noch nach Jahren.“ Wer
in die Seiten eintaucht, fi ndet Erinnerun-
gen an Verstorbene und erste wackelige
Schriftzeichen von Kindern. Neben Er-
munterungen sich einzutragen, stehen
Worte purer Erschöpfung: „Wir zwei, wir
litten arge Not, Tränen gab‘s und wenig
Brot. Nichts desto trotz, jetzt sind wir
oben und wollen unsern Herrgott loben
GRÖSSTES GIPFELBUCH DER ALPENEs ist drei Meter hoch und besteht aus zwei Seiten. Das größte Gipfelbuch der Alpen steht auf 1.862 Metern auf dem Neunerköpfl e in den Tannheimer Alpen. Die Seiten sind zwei Meter breit und fassen witzige Sprüche, Wissenswertes zu Flora und Fauna sowie einzelne Bräuche. Sind die Leinwände voll, werden sie von einem Bergführer ausgetauscht.
GIPFELBIBLIOTHEK „Wenn Sie in diesen Tagen auf einem Kaisergebirge-Gipfel ein Buch fi nden, dann gehören Sie zu den Lesern der ersten Gipfelbibliothek der Welt“, verheißen die Betreiber der Seite www.gipfelbibliothek.com. Gegründet wurde diese Sammlung 2006 am Hans-Berger-Haus im hinteren Kaisertal. Die Initiatorinnen Silvia Huber und Brigitte Weninger baten 25 Menschen aus dem Freundeskreis um ihr persönliches Gipfelbuch. Mehr als 40 Bücher wurden wetterfest verpackt und dann auf die Gipfel des Kaisergebirges getragen. Wer ei-nes fi ndet, soll es lesen, über den Fundort auf der Webseite berichten, das Buch anschlie-ßend wieder wetterfest verpacken und am nächsten Gipfel aussetzen. „Bookcrossing für Bergsteiger“, erklärt Brigitte Weninger, die Idee. Die Bücher sind in den vergangenen sie-ben Jahren weit gewandert, eines bis nach Peru. Gesucht werden Tipps zu Büchern, die in die Bibliothek passen könnten.
für diese Welt so wunderschön, was die
da unten gar nicht sehen.“
Manchem gelingt dann auch ein
bisschen Selbstironie: „Zweimal wollten
wir schon umdrehn, als wir die Gams ham
pinkeln g‘sehn. Nun sind wir auf dem Gipfel
hier. Der Stephan schläft jetzt und ich frier.“
Oder: „Wer hier greint, sich fürcht und be-
tet, der ist meiner Frau begegnet.“ Hin und
wieder fi ndet man unter all den Einträgen
auch literarische Perlen: „Ziele nach dem
Mond. Verpasst du ihn, fi ndest du dich
zwischen den Sternen.“ In manchen Fäl-
len können exakte Eintragungen über Weg,
Zeit und Ziel aber auch für die Bergrettung
von Nutzen und für die in Bergnot Gera-
tenen lebensrettend sein. Den meisten
Bergsteigern reicht das Selbstzeugnis, das
reine „Ich war hier“, das sich auf Name und
Datum beschränkt. ×
HÖRENKÖNNEN HAARE Neu inInnsbruck!
Finden Sie jetzt die Antwort:Im AUDIOVERSUM, der spannenden Ausstellung rund ums Hören –zum Mitmachen und Staunen.
Wilhelm-Greil-Straße 23, 6020 Innsbruck, www.audioversum.atÖffnungszeiten: Di – Fr 9 –18 Uhr, Do 9 – 21 Uhr, Sa/So 10 –18 Uhr, Mo Ruhetag
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44 SAISON
MAGAZIN
D as Volk probt: Rund 600
Männer, Frauen und Kinder
sind bei frostigen Tempera-
turen im Passionsspielhaus
Erl am Werk, um der Jubiläumspassion Le-
ben einzuhauchen. Die Hälfte des Dorfes
– vom Kleinkind bis zum 92-jährigen The-
aterbegeisterten – hat sich versammelt,
folgt den Regieanweisungen, formiert
sich zu großen, lebenden Bildern, steht,
liegt, sitzt, läuft über die Bühne, wenn es
der erzählten Geschichte dient, und wartet
geduldig, wenn eine Idee ausführlicher er-
klärt werden oder eine Szene noch einmal
geprobt werden muss.
Wer nicht selbst auf der Bühne
steht, engagiert sich auf andere Weise,
etwa beim Bau von Kulissen oder in der
Kostümschneiderei. Daran hat sich seit
Jahrhunderten nichts geändert, denn die
Erler pfl egen ihre Passionsspieltradition
nachweislich seit 1613. Damals wurde
zuerst ein Osterspiel des Meistersingers
Sebastian Wild aus Augsburg aufgeführt,
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das die gesamte Heilsgeschichte erzählte
und mehrere Tage in Anspruch nahm. Erst
im 18. Jahrhundert konzentrierten sich
die Spiele auf die Leidensgeschichte Jesu.
Seit 1959 verfügen die Erler über ein eige-
nes Passionsspielhaus, das mit jährlichen
Au� ührungen fi nanziert wurde, und auch
damals mussten sich Zuseher noch einen
ganzen Tag Zeit nehmen, wollten sie alle
Stationen des Kreuzweges mitbekommen.
Seit einiger Zeit genügen drei
Stunden, um von Leiden, Kreuzigung und
Auferstehung zu berichten, 33 solcher Auf-
führungen sind von Mai bis Oktober 2013
geplant, Textstudium und Proben nahmen
mehrere Monate in Anspruch.
Neuer Text. Nach 400 Jahren, in denen
die Leidensgeschichte Jesu in Erl vor Publi-
kum dargestellt wurde, soll die Passion 2013
ein ganz außergewöhnliches Ereignis wer-
den. Als Autor, der die biblische Überliefe-
rung zeitgemäß erzählt, wurde Felix Mitterer
gewonnen, der in seinen Werken häufi g auf
die Menschen am Rande der Gesellschaft
fokussiert. Eine eigens komponierte Musik
für Chor und Orchester steuerte der Wiener
Komponist Wolfram Wagner bei, der schon
bei den letzten Passionsspielen für die mu-
sikalische Gestaltung sorgte. Die Regie trug
der Erler Passionsspielverein dem Schwazer
Theaterafi cionado Markus Plattner an, der
seit mehr als zwanzig Jahren mit Laien-
bühnen in ganz Tirol arbeitet. Schon 1999
hatte er die Erler mit einer Inszenierung von
Mitterers „Stigma“ beeindruckt, 2011 setzte
er für sie ein Mysterienspiel in Szene, Alois
Lippls „Totentanz“, der als Zwischenspiel in
den Jahren ohne Passionsau� ührungen
fungierte. Damit sind auch schon einige
tragende Säulen der Au� ührungen ge-
nannt. Denn die Erler Passion wurde nicht
allein anhand des Theatertextes entwickelt,
wie Plattner erklärt, sondern entstand aus
dem Zusammenwirken mehrerer Passi-
onserzählungen mit verschiedenen Mitteln:
Text, Musik, Inszenierung, Bühnenbild und
Kostüme.
Lebendiges ChristentumAlle sechs Jahre verwandelt sich das Dorf Erl in ein Theater. An den Passionsspielen im Tiroler Grenzort sind fast alle Einwohner auf die eine oder andere Weise beteiligt. Den Text zu den Spielen 2013, die ihr 400-jähriges Jubiläum feiern, hat der Tiroler Autor Felix Mitterer beigesteuert.
VON ESTHER PIRCHNER
Probenarbeit. Die Hälfte des Dorfes –vom Kleinkind bis zum 92-jährigen Theaterbegeisterten – wird bei den Passionsspielen im Einsatz sein.
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PASSIONSSPIELE ERL26. Mai bis 5. Oktober 2013www.passionsspiele.at
Schuld und Vorsehung. Mitterers
Text, „ein Leitfaden, an den man sich hält“
(Plattner), unterscheidet sich vor allem in
zweierlei Hinsicht von den üblichen Pas-
sionsspieltexten: zum einen in der Frage
der Schuld, zum anderen in Bezug auf die
Bedeutung der Frauenrollen. Anhand der
Evangelien lässt sich gut nachvollziehen,
dass, je später die Texte entstanden sind,
eine umso deutlichere Schuldzuweisung an
die Juden stattgefunden hat. Mitterers Text
„räumt mit diesem Antisemitismus endlich
auf“ (Plattner) und setzt stattdessen auf die
Vorsehung. Das Geschehen ist von Gott
gewollt und damit unausweichlich.
Erhöhtes Augenmerk richtet Mitterer
auch auf die Frauen, die hier tragende Rol-
len bekommen. Vor allem Maria Magdalena
und die Mutter Jesu, Maria, haben große
Auftritte – auch hier hatte Mitterer wohl das
Urchristentum vor Augen, in dem Frauen
weniger in den Hintergrund gedrängt wa-
ren als in späteren Jahrhunderten.
Alle beim Abendmahl. Dass Jesus
als Mensch unter Menschen dargestellt ist,
der seine Nächsten liebt, ist auch ein wich-
tiger Ansatzpunkt für die Inszenierung.
Die soziale Komponente, das Miteinander,
das ja auch für die Umsetzung eines so
großen Projekts unabdingbar ist, ist auf
vielerlei Arten in der Au� ührung präsent.
Beispielsweise formieren die Schauspieler
gemeinsam größere Bilder: Anstatt beim
Einzug in Jerusalem mit Ölzweigen zu
„Eine ehrliche Geschichte“
Markus Plattner begann schon als Jugendlicher Regie zu führen und setzte bisher 100 Theaterstücke in Szene. Eine Passion inszenierte er zum ersten Mal.
S AISON: Herr Plattner, was ist für Sie in Erl neu? Was ist das Neue am Stück? MARKUS
PLATTNER: Für mich ist nicht nur die
Passion neu, sondern auch die Arbeit
mit 600 Leuten, aber ich bin mit den
Darstellern an der Aufgabe gewachsen.
Thematisch spielt die soziale Kompo-
nente in unserem Passionsspiel eine
große Rolle. Das Volk übernimmt
– wenn man so will – die Rolle des
Christlichen. Jesus ist dann der Auslö-
ser von etwas, das in uns vorhanden ist.
Was hat Passion an sich mit dem heutigen Leben zu tun? Passion heißt
ja vieles, vor allem Leidenschaft und
Feuer und Liebe. Wenn man einmal das
Kleinkarierte weglässt und anerkennt,
dass das Christentum eine Idee ist zu
leben, nämlich durch diese Gesetze
der Nächstenliebe, der Zuneigung, des
Guten an und für sich, dann wird es
keine Religion auf der Welt geben, die
das ablehnt. Das ist ganz etwas Nahes.
Wir haben im Vorfeld sehr viele Diskus-
sionen geführt, und jetzt sehe ich das
an den 600 Leuten, die begeistert sind,
das ist eine Form von Christentum, eine
Form von Liebe.
Haben viele schon öfter bei der Pas-sion mitgewirkt? Ja, das durchspült
das ganze Dorf immer wieder und
sie pfl egen einen sehr guten Umgang
damit. Natürlich kommen viele Leute
und es ist eine gute Werbung, aber es
ist nicht so, dass sich die Erler bei den
Passionsspielen vermarkten. Es ist eine
ehrliche Geschichte, an der sie andere
teilhaben lassen.
Vielen Dank für das Gespräch. ×
winken, bilden sie selbst die Umrisse eines
riesigen Ölzweiges nach. Beim Abendmahl
sind – nach dem Bibelwort „Das ist mein
Blut, das für euch und für alle vergossen
wird“ – nicht nur zwölf Auserwählte mit
Jesus auf der Bühne, sondern tatsächlich
alle. Lebendiges Christentum soll im Jahr
2013 bei den Passionsspielen Erl seinen
Ausdruck fi nden.
Passion international. Die Gemein-
samkeiten betont man in Erl aber nicht nur
innerhalb des Dorfes, auch zwei Rahmen-
veranstaltungen zeigen die tiefe Verwurze-
lung in der Geschichte und die Einbindung
der Passionsspiele in einen internationalen
Kontext: Zum Jahreskongress „Europassi-
on“, der von 31. Mai bis 2. Juni stattfi ndet,
werden Vertreter der 93 europäischen
Passionsspielorte erwartet. Und eine Aus-
stellung zu „400 Jahren Erler Passion“ zeigt
Fotos der Au� ührungsorte und Darsteller,
Kostüme, Bühnenbilder, Skizzen und das
textile Kunstwerk „Der Kreuzweg“ von Silke
Mosbach. In allem wird – wie auch auf der
Bühne – die Begeisterung spürbar werden,
mit der sich ein Dorf immer wieder der
Passion widmet. ×
46 SAISON
MAGAZIN
SAISON: Herr Tetzla� , man liest immer wieder, wie viel Freude Sie an Ihrem Beruf haben. Was begeistert Sie so an der Musik und daran,
vor Publikum aufzutreten? CHRISTIAN
TETZLAFF: Was ich wirklich wichtig fi n-
de, ist, dass man über Musik so direkt
mit anderen Menschen kommunizieren
kann. Gerade bei den Sonaten und Parti-
ten von Johann Sebastian Bach tauchen
viele Zuhörer in eine Gefühlswelt ein, in
die sie sich sonst vielleicht gar nicht so
einfach hineinbegeben können. In den
Bach-Stücken, die ich in Wattens spiele,
werden tiefe, starke Gefühle ausgedrückt,
im ersten von Verlust und Trauer, im zwei-
ten von Ho� nung und neuer Kraft.
Ich denke, diese Ö� nung ist auch
das, was die Komponisten suchen. Wenn
man sich deren Leben anguckt, sind das
in vielen Fällen durchaus keine glücklichen
Existenzen. Aber sie suchen so begierig
und verzweifelt nach dieser Kommuni-
kation – und scha� en es dann auch, aus
der Musik die eigene Freude und Lust zu
schöpfen, sich mitzuteilen. Das ist das
Faszinierende auch über Jahrhunderte
– ob das Bach, Schubert oder Brahms
ist oder gerade der späte Beethoven, der
so vereinsamt ist, aber über seine Musik
immer sagt: „Ich ho� e, es geht von Herz
zu Herzen.“
Einer Ihrer Kammermusikpartner und Freunde, der Pianist Lars Vogt, hat über Sie gesagt: „Ich kenne kaum jemanden, der so viel über Musik weiß und zugleich ein so intuitiver, wilder Musiker ist.“ Was bedeuten Wissen und Intuition für Sie?Das ist dasselbe. In dem Moment, wo
man genau nachliest und den Kom-
ponisten nahekommt, merkt man, wie
brennend wichtig ihnen das alles war. Es
ging nicht darum, ein erfolgreiches Stück
zu schreiben, sondern Seelenzustände
auszudrücken. Wenn sich jemand mit den
Komponisten und dem reinen Text inten-
siv auseinandersetzt, muss er notgedrun-
gen zu einer wilden und schonungslosen
emotionalen Darstellung kommen. Was
also normalerweise als Gegensatz dar-
gestellt wird, ist eigentlich eine Einheit.
Betonen Sie deshalb auch immer wie-der, dass es nicht vorrangig darauf an-kommt, besonders schön zu spielen, sondern vor allem darauf, die Intention eines Komponisten zu entdecken?Ja, und das führt ho� entlich dann auch
dazu, dass man in Momenten, wo der
Komponist sich erlaubt, ganz schön und
frei zu reden, dies auch als das Wesent-
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Geiger Christian Tetzla� – zu Gast bei Musik im Riesen 2013
Freies SpielNicht der Schönklang an sich, sondern ein möglichst vielschichtiger Ausdruck bestimmt die Interpreta-tionen des deutschen Geigers Christian Tetzla� . Am 9. Mai 2013 gastiert er mit Solostücken von Johann Sebastian Bach und Béla Bartók bei der zehnten Ausgabe des Festivals Musik im Riesen in Wattens.
DAS INTERVIEW FÜHRTE ESTHER PIRCHNER.
47
liche zum Erklingen bringt: Schönheit
nicht als grundsätzliche Idee, sondern
als etwas, das man sich erringt.
Bei Ihren Auftritten wechseln Sie häufi g zwischen verschiedenen Wer-ken und Besetzungen. Lieben Sie die Abwechslung? Ich habe viel Freude an
unterschiedlichen Sachen und unter-
schiedlichen Werken. Ich komme gerade
von einer Streichquartetttour und spiele
demnächst Schostakowitschs zweites
Violinkonzert. Es ist eine tolle Aufgabe,
sich wie ein Schauspieler immer wieder
einzufi nden und von den Komponisten
die interessantesten Rollen angeboten
zu bekommen. Andererseits habe ich
das Brahms-Violinkonzert in den letzten
drei, vier Jahren sehr viel gespielt, und
das schadet bei so einem Stück über-
haupt nicht. Im Gegenteil: Das Vergnü-
gen wächst immer weiter, weil man sich
sicherer fühlt und freier reden kann.
Ein Zyklus, mit dem Sie sich schon sehr lange beschäftigen und den Sie auch schon zwei Mal – 1994 und 2007 – auf CD eingespielt haben, sind die Bach-Sonaten und -Partiten. Was hat sich in dieser Zeit verändert? Die erste Aufnah-
me entstand zu einer Zeit, als ich die So-
naten und Partiten im Konzert noch nicht
so viel gespielt hatte. Das freie Spielen,
das freie Erzählen ist etwas, das sich erst
mit der Zeit einstellt. Mit Freiheit meine
ich nicht, dass man sagt: Ich mache jetzt
dies und das, das spiele ich schneller und
das langsamer. Es geht darum, ein Stück
im Detail so verinnerlicht zu haben, dass
man jede Phase so spielt, als würde man
sie gerade neu erfi nden und neu erzählen.
In Wattens stellen Sie Johann Sebastian Bachs C-Dur-Sonate und d-Moll-Partita der 1943/44 entstandenen Solosonate von Béla Bartók gegenüber, die sich auf diese beiden Werke bezieht. Wo liegen die Verbindungen zwischen den drei Stücken? Von der Anlage her ist die
Bartók-Sonate genauso gestrickt wie die
C-Dur-Sonate, mit einem langsamen
ersten Satz, einer Fuge, einem melodi-
schen Satz und einem sehr schnellen
letzten Satz. Es war auch das Stück, das
ihn dazu veranlasst hat, diese Solosonate
zu schreiben. Inhaltlich ist aber vielleicht
doch etwas mehr von der Verzweifl ung
und dunklen Stärke der d-Moll-Partita
drin. Im ersten Satz – Tempo di ciacon-
na – gibt es rhythmische und inhaltliche
Bezüge zu Bachs berühmter Chaconne,
aber insgesamt würde ich nicht zu vie-
le Parallelen suchen. Bartók hat sich
bestimmt handwerklich sehr viel von
Bach abgeguckt, mit welcher Sicherheit,
Intuition und Frechheit er die Geigen be-
nutzen konnte, um vierstimmige Fugen
zu schreiben und herrliche begleitende
Melodien, trotzdem ist die Solosonate ein
eigenständiges Werk. Ich denke, Bartóks
letztes vollendetes Werk handelt vor al-
lem von ihm selbst und von der Situation
im 20. Jahrhundert.
Stichwort 20. Jahrhundert: Klassische Musik aus dem 20. und 21. Jahrhun-dert wird immer noch vergleichsweise selten aufgeführt. Ist es schwierig, sie einem heutigen Publikum nahezubrin-gen? Nein, im Gegenteil. Wenn man die
überzeugenden Werke spielt – als Geiger
logischerweise von Béla Bartók, Alban
Berg, György Ligeti und György Kurtág
–, sind sie ohne Probleme zu kommu-
nizieren. Natürlich gibt es unter allen
modernen Kompositionen auch viele, die
schlecht sind. Das war in jeder Zeit so. Im
Wien der Mozart-Zeit hat man sehr viel
Salieri gehört, der relativ langweilig ist.
Aber wie immer wollen die wirklich gro-
ßen Stücke immer das Gleiche: mit den
Zuhörern reden und ihnen etwas Neues
und Unerhörtes zeigen. Von ganz nah
betrachtet ist man zwar in Sorge, dass
das nicht ankommt, aber im Rückblick
bleibt dann doch ein Kanon von großen
Werken, der auch gegenwärtig gespielt
wird. Das wird auch so weitergehen.
Weil wir gerade bei den modernen Werken sind, liegt natürlich die Frage nach Ihrer Geige auf der Hand. Warum spielen Sie statt einer der berühmten alten Violinen zum Beispiel von Stra-divari eine moderne von Stefan-Peter Greiner? Die Antwort ist ganz einfach:
Sie klingt sehr gut. Ich gehe jede Wette
ein, dass – wenn ich eine Guarneri, eine
Stradivari und diese spiele – kein Mensch
sagen kann: „Aha, das ist die moderne!“
Ich spiele auch gerne eine Guarneri, ich
habe früher zwei Stradivari gespielt, und
meine Geige von Stefan-Peter Greiner ist
auf jeden Fall besser als die beiden Stra-
divari, die ich zur Verfügung hatte. Aber
ich habe kein Faible für moderne Geigen.
Ich spiele die Geige, die ich kriegen kann
und die am besten klingt.
Vielen Dank für das Gespräch. ×
MUSIK IM RIESEN 20136. bis 11. Mai 2013Wattens und Innsbruck
Neben Christian Tetzla� , der am 9. Mai im Swarovski Werk I auftritt, gastieren die Geiger Christian Altenburger, Isabel-le Faust und Patricia Kopatchinskaja, das Belcea Quartet, das Cuarteto Casals und andere in Wattens.kristallwelten.swarovski.com
ZUR PERSONChristian Tetzla� , geboren 1966, studierte an den Musikhoch-schulen von Lübeck und Cincinnati. Seit seinem Debüt als Solist 1988 ist er ein international gefragter Konzertsolist und Kam-mermusiker. Der Geiger, der nach eigenen Angaben nur rund eine Stunde pro Tag übt, gilt als hoch virtuos und o� en für die Musik aller Epochen. Neben seiner Konzerttätigkeit engagiert er sich im Jugendprojekt „Rhapsody in School“.
„Die wirklich großen Stücke wollen immer das Gleiche: mit den Zuhörern reden und ihnen etwas Neues und Unerhörtes zeigen.”
Unsere Landesbank.
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49 SAISON
KOMMENTARE
Die „schiefe Optik“ und der Rechtsstaat VON ALOIS SCHÖPF
Familypark VON ERNS T MOLDEN
Alois Schöpf lebt als Journalist und Schriftsteller in Lans.
Ernst Molden 45, lebt als Liedermacher und Schriftsteller in Wien. Für seine Alben und Bücher wurde er mehrfach ausgezeichnet. Zuletzt erschien seine Platte A SO A SCHEENA DOG (monkeymusic).
H err Schultz hat mir weder eine Wohnung vermie-
tet, noch mich zu einem Jagdausfl ug eingeladen.
Ebenso möchte ich festhalten, dass ich Herrn Swi-
tak weder kenne, noch sein politisches Gespür für
besonders feinnervig halte. Zugleich kann ich gewisse Sympathien
für ihn nicht verleugnen: Er ist nämlich meines Wissens für die Aus-
gestaltung des neuen Landhausplatzes verantwortlich, eine ange-
sichts der Rahmenbedingungen architektonische Meisterleistung,
über die sich, wie nicht anders zu erwarten, die Provinzgeister in
diesem Land mit Schaum vor dem Mund empörten.
Unvergesslich wird mir auch die Häme im Gesicht jener Tirol-
Heute-Moderatorin bleiben, die in der Meinung, kritischen Jour-
nalismus betreiben zu dürfen, den damaligen Landesrat aufgrund
seiner Mietwohnung zum Abschuss frei gab. Inzwischen ist längst
fotografi sch belegt, dass das durchwegs als Mansardenausbau
konzipierte Domizil nicht mehr wert ist, als es gekostet hat, vor
allem aber dürfte sich herumgesprochen haben, dass die Korrup-
tionsstaatsanwaltschaft, die den Fall Switak untersucht hat, kein
strafrechtlich relevantes Verhalten feststellen konnte.
I n mancher Hinsicht sind meine Liebste und ich, wie ich
fi nde, ganz gute Eltern. In anderer Hinsicht weniger, sicher
jedenfalls in der Wahrnehmung unserer entzückenden
Kinder. Wir gehen beispielsweise nicht gern in den Wurs-
telprater. Wenn wir also sagen: Schuhe anziehen, wir gehen in den
Prater, dann fragen unsere Kinder nur noch rein rhetorisch und mit
ganz leisen Stimmen: In den Wurstelprater?
Weil eigentlich ist ihnen klar, dass wir – schon wieder! – den
grünen Prater meinen, also die Wiesen, Wäldchen, Uferlandschaf-
ten der großen Wiener Stadtoase, aber nicht den riesenradge-
krönten Lunapark von Weltgeltung an seinem nordwestlichen
Ende. Wir selbst sind zwar als Kinder natürlich auch gern dorthin
gegangen, aber jetzt: zu laut, zu teuer, zu touristisch, zu tief. Sollten
unsere Kinder, was wir nicht ho� en, eines Tages zum Therapeuten
müssen, wird es dort sicher heißen: Und nie, nie, nie haben wir in
den Wurstelprater dürfen!
Vor einiger Zeit aber entdeckte unser Ältester auf einer Klas-
senfahrt etwas Verwandtes und doch anderes, und das wurde er
nicht müde, uns gegenüber zu bewerben. Der Familypark, unweit
des Neusiedlersees, so warb er, das sei so etwas wie ein kleiner
Wurstelprater, aber viel netter, dort werde es uns auch gefallen. Es
dauerte, bis wir endlich einwilligten, aber jetzt in den Osterferien,
Eine solche Erkenntnis ist naturgemäß für jeden,
der mit der Jägerei nichts am Hut hat und die
Jagdeinladungen bei Freund Schultz nur als
grenzwertig einstufen kann, starker Tobak. Da-
her ist es auch verständlich, wenn die meisten
kritischen Bürger im Lande, vor allem jedoch
die meisten Kolleginnen und Kollegen aus der Medienbranche
im Gegensatz zur Staatsanwaltschaft das Verhalten des Politikers
weiterhin als unverzeihliche Sauerei betrachten und dies mit dem
Hinweis auf die „schiefe Optik“ begründen.
Wenn es andererseits jedoch das Wesen eines ordentlichen
Verfahrens ist, dass es von professionellen Juristen durchgeführt
wird, dass stets beide Seiten gehört werden müssen, eine Beru-
fung möglich ist und nach Ableistung der Strafe ein Recht
auf Rehabilitation besteht, operieren alle, die sich auf die
„schiefe Optik“ berufen, ohne dem Begri� mit Skepsis
gegenüberzustehen, außerhalb der Errungenschaften
des Rechtsstaates im Bereich der Denunziation. Denn so
sehr es die edelste Aufgabe der Medien ist, Missstände
aufzuzeigen: Sich in einem Aufwaschen ein auf „schiefer
Optik“ basierendes Urteil anzumaßen, ist bestimmt nicht
ihr Job. Genau dieses Unterlaufen des staatlichen Gewaltmonopols
ist heute jedoch, vom fanatischen Blogger-Ayatollah bis zum bra-
ven Leitartikler, der sich dem kleinbürgerlichen Gutmenschentum
verschrieben hat, zur billigen Gewohnheit geworden. ×
als es immer noch saukalt war, fuhren wir los
Richtung frisch frühlingserö� neter Familypark.
Über Österreichs zierlichste Landeshauptstadt
Eisenstadt erreichten wir Sankt Margarethen und
gleich darauf den Familypark.
Der Kälte wegen war die Besucherfl ut
überschaubar, und wir hatten freie Sicht auf die
tatsächlich ungeheuer charmanten Details des Parks, der sich
in eine Landschaft aus Akazienbäumen und Weiden am Rande
des berühmten Römersteinbruchs schmiegt. Die Crew besteht
aus ungarischen und slowakischen Familyparkrangers mit aus-
gesprochen sonnigem Gemüt. Es ist mindestens so lustig wie
im Prater, aber alles in sanfterer, pannonisch abgerundeter und
weicherer Form.
Meine Liebste, der auf rasanteren Luna-
Lustbarkeiten gern der kalte Schweiß ausbricht,
bestieg sogar das Karussell des Rotierenden
Apfelbaums. Zu unserer großen Genugtuung
stellten wir fest, dass sich die Bildwelt dieses
Vergnügungsparks eben nicht an amerikanischen Vorbildern
orientiert, sondern an der Agrar-Ikonographie der unmittelbaren
Umgebung. Alles hier hat die Formen von Erdäpfeln, Kürbissen und
burgenländischem Obst. Dort unten hörten wir auf, spätwinterlich
zu frieren. Und wir kamen sanft gewiegt statt durchgeschüttet
heim, wieder mal das Lob des Burgenlandes auf den Lippen. ×
„So sehr es die edelste Aufgabe der Medien ist, Missstände aufzuzeigen: Sich in einem Aufwaschen ein auf ‚schiefer Optik‘ basierendes Urteil anzumaßen,ist bestimmt nicht ihr Job.“
„Es ist mindestens so lustig wie im Prater, aber alles in sanfterer, pannonisch abgerundeter und weicherer Form.“
© B
ÖH
ME
50 SAISON
NACHGEFRAGT
DREI SCHÖNE ORTE AUF DER WELT (AUSSERHALB TIROLS): Hof Zuort (SUI), Port Grimaud (FRA), Barcelona
DIE GRÖSSTEN TUGENDEN IM TOURISMUS: Investitionsfreudigkeit, Dienstleistung,
Veränderungen zulassen
DIE GRÖSSTEN SÜNDEN IM TOURISMUS: Nachdenkpausen, Überheblichkeit, Investitionsstopp
DIE STÄRKEN DES TIROLER TOURISMUS: die Wirtinnen und gut funktionierende
Seilbahngesellschaften
DIE SCHWÄCHEN DES TIROLER TOURISMUS: Preisdumping, Trägheit
DIE BESTE IDEE DER LETZTEN FÜNF JAHRE: Ideen alleine nützen nichts, es geht um die Umsetzung.
LETZTER URLAUB (WANN UND WO?): im Herbst in Südtirol
GUTES ESSEN HEISST FÜR MICH: mit meinen Söhnen und Freunden
ausgiebig schlemmen
ICH LERNE VON: Wir lernen aus Erfahrung, dass die Menschen
nichts aus Erfahrung lernen.
MEIN LIEBLINGSGERICHT AUS DER TIROLER KÜCHE: „Kasspatzla“ mit Erdäpfelsalat
DAS KÖNNTEN TIROLS TOURISTIKER GUT GEBRAUCHEN: funktionierende Buchungsplattform
ohne Provisionen
IN FREMDEN HOTELS ACHTE ICH AUF: gutes Essen und guten Wein
UND IM EIGENEN: gutes Essen und guten Wein
FÜR DEN TIROLER TOURISMUS WÜNSCHE ICH MIR: Freiraum zur Entwicklung
MEIN LIEBLINGSPLATZ IN TIROL: Idalpe in Ischgl
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Alfons Parth
Alfons Parth ist Obmann des Tourismusverbandes Ischgl-Paznaun und Hotelier in Ischgl. Er ist außerdem der Initiator des „Kulinarischen Jakobswegs“ im Paznauntal.
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