Robin Wood Magazin 2/2007
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Transcript of Robin Wood Magazin 2/2007
Leben heißt handeln
magazin
2.9
5 €
· ISSN
14
37
-75
43
· N
r. 9
3/2
.20
07
ARTENSCHWUND UND KLIMAWANDEL
DER WERT DERVIELFALT
SCHWERPUNKT: EnergieTATORTE: Zurück in die Stein(kohle)zeitVERKEHR: Autoindustrie statt KlimaschutzSATIRE: Unter Klon-Schafen
2 Nr. 93/2.07
inhalt
tatorte
tatort-hintergrund
titel
kleinholz
Seite 8
Seite 6
Seite 10
6 Berlin, Bremen, Mannheim: Große Kohle macht Klima kaputt
6 Hamburg: AKW Brunsbüttel sofort stilllegen!
7 Berlin: Bahn für alle
7 Frankfurt: Papier-Konsum killt Wälder
7 Hamburg: Ausstellung Papierwende
Tempo wird schwedisch 8
10 Der Wert der Vielfalt
16 Artenvielfalt und Klimawandel
18 Lachse: Kein guter Fischzug
42 GEO - Tag der Artenvielfalt: Natur auf der Spur
3Nr. 93/2.07
inhalt
schwerpunkt
perspektiven
satire
22 Unter Klon-Schafen
S. 10
Seite 40
Seite 24
Seite 22
Neue Kohlekraftwerke heizen das Klima weiter auf 24
Lacoma: Ein Dorf kämpft gegen den Braunkohletagebau 28
Asse: Ein Atommülllager säuft ab 32
Uranmüll nach Russland 34
Nebel über Olkiluoto 35
Biokraftwerke verbrennen Regenwald 36
Dinah Epperlein:
Wenn viele Menschen viele kleine Schritte tun … 38
40 Autoindustrie statt Klimaschutz
41 Bahn unterm Hammer
41 Mobil ohne Auto
41 Tour de Natur
verkehr
bücher
internes
impressum
post
45 Neuer ROBIN WOOD-Vorstand 2007
47 ROBIN WOOD- Treffpunkte
43 Vor uns die Sintflut
43 Ölwechsel
44 Die Einkaufsrevolution
44 Die Joghurt-Lüge
46
46
4 Nr. 93/2.07
editorial
das ROBIN WOOD-Magazin erscheint im neuen Gewand und
ist als Premiere in einer kleinen Auflage am Kiosk erhältlich. In-
haltlich sind wir uns treu geblieben und berichten über aktuelle
Entwicklungen in den Bereichen Umweltschutz und Ökologie
und über spektakuläre Aktionen der ROBIN WOOD-Aktiven,
die sich für den Schutz der natürlichen Ressourcen einsetzen.
Wir sind weiter unbequem, nennen die Mißstände und die
Verantwortlichen beim Namen und zeigen konsequente Wege
aus der Umweltkrise auf.
Wenn Ihnen unser neues Magazin gefällt, unterstützen Sie RO-
BIN WOOD bei seinem Engagement für Natur und Umwelt und
werben Sie für unsere gemeinsame Sache in Ihrem Freundes-
und Bekanntenkreis. Denn wir müssen mehr werden, um das
Klima wirksam zu schützen und für die Vielfalt unserer Tier-
und Pflanzenwelt einzutreten.
Die biologische Vielfalt ist in Gefahr. Während weltweit nur ein
Bruchteil der geschätzten 10 bis 200 Millionen Arten ent-
deckt wurden, werden täglich zwischen 70 und 100 Tier- und
Pflanzenarten unwiederbringlich ausgerottet. Im Titel dieser
Ausgabe berichten wir über den Wert der Vielfalt für Mensch
und Umwelt und warum sie in Gefahr ist. Und Sie erfahren,
warum hierzulande der Kuckuck und die Frösche zu den ersten
Opfern der Klimaerwärmung gehören werden.
Und dennoch heizen die Menschen das Klima weiter an. So
sollen in Deutschland in den nächsten Jahren mindestens 28
neue Kohlekraftwerke gebaut werden. Anstatt in erneuerbare
Energien zu investieren, setzen Politik und Industrie auf den
Klimakiller Kohle. Auch die Atomenergie als Retter fürs Klima
zu inszenieren, ist ein Irrweg. Das Endlager Asse zeigt einmal
mehr, dass wir die Risiken dieser gefährlichen Technologie
nicht beherrschen. So droht das ehemalige Salzbergwerk, in
das jahrelang Atommüll verklappt wurde, mit Wasser voll-
zulaufen. Die Verantwortlichen sind ratlos und versuchen
abzuwiegeln und zu vertuschen. Dabei ist, wenn Asse absäuft,
die Katastrophe vorprogrammiert - Radioaktivität wird über
das Grundwasser unkontrolliert in die Umwelt gelangen. Die
betroffenen Menschen in der Region fordern, dass sie vor den
Gefahren für Leben und Gesundheit geschützt werden und
dass sie endlich an den Planungen, was mit dem Atommüll
in Asse zu geschehen hat, beteiligt werden. Mehr dazu im
Schwerpunkt dieser Ausgabe.
Die Temperaturen steigen und der Klimawandel ist längst
Realität geworden. Aber noch ist es nicht zu spät - wenn
jetzt Politik, Wirtschaft und VerbraucherInnen entschlossen
handeln und bis 2015 weniger Treibhausgase in die Atmospäre
schicken. Bis 2050 müssten die CO2-Emissionen um 50 bis
85 Prozent reduziert werden, damit die Erderwärmung auf
beherrschbare 2 Grad begrenzt wird, so der Weltklimarat IPCC
in seinem Bericht 2007. Welche Schritte zu tun sind, weiß die
Menschheit spätestens seit dem Welt-Umweltgipfel in Rio de
Janeiro 1992. Und sie weiß auch, dass es Klimaschutz zum
Nulltarif nicht geben wird. Bleibt nur die Frage, ob wir jetzt
bereit sind, diese notwendigen Schritte auch zu unternehmen?
Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihnen
Ihre Schwedt/Berliner Redaktion
Liebe Leserinnen und Leser,
5Nr. 93/2.07
tatorte
Mannheim, 27. Februar 2007: Energie aus Sonne, nicht aus Kohle!
tatorte
Nr. 93/2.076
Klimakiller Kohle
AKW Brunsbüttel sofort stilllegen!
Berlin, 18.01.07: „Vattenfall - Als Klimakiller top, im Umwelt-
schutz ein Flop“, ROBIN WOOD protestiert dagegen, Vattenfall
Chef Lars Josefsson, den Repräsentanten eines der klimaschäd-
lichsten Unternehmen weltweit, zum Klimaschutzberater der
Bundesregierung zu machen.
Die Energiekonzerne wollen in Deutschland 28 neue Kohle-
kraftwerke bauen - eine Katastrophe für das Klima!
Hamburg, 06.03.07: ROBIN
WOOD-AktivistInnen stiegen
Vattenfall aufs Dach, um ge-
gen den Antrag des Energie-
konzerns zu protestieren, den
maroden Atommeiler Bruns-
büttel länger als im Atomge-
setz vorgesehen am Netz zu
lassen. Der längst überfällige
Atomausstieg würde damit in
noch weitere Ferne rücken.
Für die KundInnen von
Vattenfall verteilten die Ak-
tiven Flyer, in denen für den
einfachen Umstieg auf einen
Ökostromanbieter geworben
wird.
Mannheim, 27.02.07: Die
Großkraftwerk Mannheim AG
plant den Bau eines neuen
Steinkohlekraftwerks. Dort
gibt es bereits ein großes
Kohlekraftwerk, das Strom
und Fernwärme liefert. Ein
Bündnis aus acht lokalen Um-
weltgruppen, darunter ROBIN
WOOD Rhein-Neckar startete
eine Kampagne für eine
regenerative Energieversor-
gung der Region ohne neues
Kohlekraftwerk. Auftakt war
eine gemeinsame Aktion
während einer Gemeinderats-
sitzung vor dem Mannheimer
Stadthaus.
Bremen, 23.02.07: Beim einem Go
in drangen 50 mit Kohlestaub ge-
schminkte UmweltaktivistInnen in die
Zentrale des Bremer Energieversorgers
swb ein, um gegen den geplanten
Neubau eines riesigen Kohlekraftwerks
in der Region zu protestieren. Auf Initi-
ative von ROBIN WOOD gründete sich
nach der Aktion das Bremer Bündnis
für Erneuerbare Energien und gegen
Kohlekraft an der Weser.
Foto
s: A
nne-L
aure
Fo
Berlin
Bremen
Hamburg
Mannheim
7Nr. 93/2.07
tatorte
Papier-Konsum killt Wälder
Ausstellung Papierwende
Bahn für alle
Berlin, 29.03.07: Das Bündnis „Bahn für alle“
hat die Bahnbilanz von Bahnchef Hartmut
Mehdorn scharf kritisiert und eine Gegenbilanz
aufgemacht. Diese belegt, dass die Gewinne
auf Kosten der SteuerzahlerInnen, Bahn-Be-
schäftigten und des Klimaschutzes eingefahren
wurden. In Vorbereitung auf den Gang an die
Börse sind Strecken stillgelegt, das Schienen-
netz vernachlässigt, Arbeitsplätze abgebaut und
Schulden angehäuft worden. Aus Protest gegen
den Privatisierungskurs der Bahn demonstrierten
AktivistInnen von Attac, Verdi und ROBIN WOOD
am Potsdamer Platz, wo Mehdorn seine Bilanz
der Presse präsentierte.
Frankfurt, 24.01.07: Bei
der internationalen Messe
Paperworld warnte ROBIN
WOOD vor den Folgen des
viel zu hohen Papierkonsums
in den Industrieländern.
Weltweit werden 338 Milli-
arden Tonnen Papier jährlich
verbraucht, jeder zweite von
der Holzindustrie eingeschla-
gene Baum landet in der
Papierproduktion. Vor der
Messe spannten die Aktivis-
tInnen ein großes Tranparent
auf: „We have a dream:
Paperworld 100% recycled.“
ROBIN WOOD fordert einen
sparsamen Umgang mit
Papier und den konsequenten
Umstieg auf Recyclingpapier
Hamburg, 02.04.07: Was hat unser
Papierverbrauch mit der Umwelt
zu tun? Wie viel Holz braucht man,
um einen Klassensatz Schulhefte
herzustellen? Diese und viele weitere
Fragen wurden bei der Wanderaus-
stellung „Papierwende“ von ARA e.V.
beantwortet, die ROBIN WOOD vom
2. bis 20. April in Hamburg für Schü-
lerInnen präsentierte. Dort konnten
sie Schulhefte gegen Holz aufwiegen,
Papierfasern unter dem Mikroskop
betrachten und sich rund um das
Thema Holz und Papier gründlich
informieren. Foto: ROBIN WOOD/R. Fenner
Berlin
Frankfurt/Main
Hamburg
Nr. 93/2.078
tropenwald
Tempo wird schwedischAm Morgen des 12. März 2007 war es die Topmeldung der Wirtschaftsticker: Der US Konsumgüterriese Procter&Gamble (P&G) verkauft sein Hygienepapier- und Taschen-tuchgeschäft an den schwedischen SCA-Konzern (Svenska Cellulosa Aktiebolaget). SCA erwirbt mit diesem Deal vor allem die Taschentuchmarke Tempo aber auch fünf Pro-duktionsstätten von P&G, darunter das Tempo-Werk in Neuss. Zum Kaufpaket gehören außerdem die europäischen Lizenzrechte für die Marken Charmin-Toilettenpapier und Bounty-Küchenrollen. Erste Signale aus der Konzernführung deuten darauf hin, dass SCA nach Übernahme des Tempo-Werks im Laufe dieses Jahres auf Zellstoff des Skandal-Unternehmens Aracruz-Celulose aus Brasilien für die Tempo-Produktion verzichten wird. Dies wäre aus Sicht von ROBIN WOOD ein notwendiger Schritt, damit der Konzern seine eigenen Umweltstandards erfüllt.
ROBIN WOOD hat seit 2005
mit zahlreichen Aktionen,
Briefen und Gesprächen Druck
auf P&G ausgeübt, den Zellstoff
für die Tempo-Taschentücher
nicht mehr bei Aracruz-Celulose zu
kaufen. Zur P&G-Hauptversammlung ist
das Tempowerk in Neuss deshalb zwei
Tage belagert worden. Hintergrund der
Proteste von ROBIN WODD ist, dass
Aracruz sich in den siebziger Jahren
während der brasilianischen Militärdikta-
tur widerrechtlich Indianerland angeeig-
net und Zehntausende Hektar Regen-
wald zerstört hatte, um dort riesige
Eukalyptus-Monokulturen anzupflanzen.
Bis heute verweigert Aracruz die Rück-
gabe von 11.000 Hektar Land an die
Tupinikim- und Guarani-Indianer. Auch
die afrikanischstämmigen Quilombolos
beschuldigen Aracruz des Landraubs und
wollen ihr Territorium zurück haben.
SCA muss Taten folgen lassen
Das alles soll jetzt mit dem neuen Eigen-
tümer besser werden. Der schwedische
Konzern versucht sich als besonders
verantwortungsvoller Papierproduzent zu
platzieren. Zum einen unterhält er eine
Kooperation mit der Umweltschutzor-
ganisation WWF bei der Recyclingmarke
„Danke“. Darüber hinaus finden sich
auf der SCA-Website gleich mehrere
Hinweise, dass ökologische und sozi-
ale Kriterien eine zentrale Rolle bei der
Rohstoffbeschaffung spielen. Unter
anderem heißt es dort, dass SCA keinen
Rohstoff aus Gebieten bezieht, in denen
es Landkonflikte mit Ureinwohnern gibt.
Das kann nur zur Folge haben, dass
Aracruz als Zellstofflieferant nach der
Übernahme nicht mehr in Frage kommt.
Gegenüber ROBIN WOOD hat sich SCA
vage geäußert. Sein Statement lässt
aber die Vermutung zu, dass Tempo
bald ohne Zellstoff von Aracruz auf den
Markt kommen wird.
Ende 2006 besetzten die Inde-genen den Hafen von Porto-cell, von wo der Eukalpytus-Zellstoff verschifft wird: Der Protest gegen Aracruz wird weitergehen
9Nr. 93/2.07
tropenwald
“SCA will apply the fresh fibre sourcing
policy once we have control of the P&G
units in September. It will take some time
go through their current suppliers and if
needed phase out the ones that do not
comply with the policy.
SCA Tissue Europe is not sourcing from
Aracruz. We do not disclose the reasons
why we source or do not source from a
certain supplier as a matter of commer-
cial discretion.”
Dadurch werden Tempos noch lange
keine Ökoprodukte, aber es ist ein erster
Schritt in die richtige Richtung. Darü-
ber hinaus hat SCA noch jede Menge
Hausaufgaben zu bewältigen. Es bleibt
unklar aus welchen Quellen SCA seine
Produktion versorgt. Ebenso wie P&G
setzt SCA bei der Herstellung seiner Hy-
gienepapiere Eukalyptus-Zellstoff ein, um
die Produkte besonders flauschig zu ma-
chen. So ergaben von ROBIN WOOD in
Auftrag gegebene Faseruntersuchungen,
dass in der Premium-Marke „Zewa Sof-
ties“ 55 bis 60 Prozent Eukalyptusfasern
stecken. Auch wenn dieser Zellstoff nicht
von Aracruz stammt, stellt sich die Frage,
aus welcher Art von Plantagenwirtschaft
der Eukalyptus stammt.
Mit der Übernahme von Tempo und Co.
avanciert SCA in Bereich Hygienepapie-
ren zum Marktführer. Daraus ergibt sich
eine hohe Verantwortung. ROBIN WOOD
erwartet, dass SCA seinen Rohstoffbezug
transparent macht und noch wichtiger
wieder Taschentücher aus Recyclingpa-
pier anbietet. Das Unternehmen hatte
die Produktion seiner Recycling-Taschen-
tücher der Marke „Danke“ im Sommer
2004 eingestellt.
Mit dem Verkauf seiner europäischen
Hygienepapiersparte hat sich P&G dem
Druck von ROBIN WOOD und anderer
europäischer Umweltschutzorganisati-
onen entzogen. Gleichwohl bleibt P&G
ein wichtiger Kunde von Aracruz und
damit im Zentrum der Kritik. Es ist nicht
nachvollziehbar, warum P&G Geschäfts-
beziehungen mit Aracruz aufrechterhält.
Kampf gegen Aracruz geht weiter
Die Tupinikim und die Guarani Indianer
kämpfen nach wie vor verzweifelt um
das Land, das Aracruz ihnen genommen
hat. Aracruz weigert sich weiterhin, die
bereits von der Indianerbehörde FUNAI
als indigenes Territorium identifizierten
11.000 Hektar an die Indianer zurückzu-
geben. Der brasilianische Justizminister,
der die Rückgabe veranlassen könnte,
drückt sich vor einer klaren Entscheidung
und hat am 1. März dieses Jahres den
Vorgang an FUNAI zurückgegeben. Im
Dezember 2006 besetzten die Indigenen
Portocell, den Hafen von Aracruz, von
wo aus der Eukalyptuszellstoff nach
Europa verschifft wird.
Die Quilombolos, die ebenfalls Land
von Aracruz zurückfordern, blockierten
im Norden des brasilianischen Bundes-
staates Esprito Santo vier Tage lang die
Erntemaschinen von Aracruz: Aracruz
habe ihre Flüsse trockengelegt oder
vergiftet und Tausende Hektar Regen-
wald zerstört. Außerdem wehren die
Quilombolos sich gegen das Verbot, die
Erntereste der Eukalyptusproduktion zu
Holzkohle verarbeiten zu dürfen. Für sie
war das die einzige Möglichkeit Geld
zum Überleben zu verdienen, da sie
von Eukalyptusplantagen umgeben und
isoliert sind. Die Quilombolos werden
auch in Zukunft für ihre Landrechte auf
die Strasse gehen.
Tupinikim-Indianer Paulo Vicente de
Oliveira gibt sich weiter sehr entschlos-
sen: „Die Kampagne von ROBIN WOOD
hat uns bisher sehr unterstützt. Inter-
nationale Solidarität ist enorm wichtig
bei unserem Kampf gegen Aracruz. Das
Land gehört uns.“
Peter Gerhardt, Hamburg, [email protected]/tempo
Der US-amerikanische Konzern Protcer & Gamble wird das Tempo-Werk in Neuss an den schwedischen Papierkonzern SCA verkaufen: Ein Gewinn für die Menschen und die Umwelt?
Paulo Vicente de Oliveira
titel
Nr. 93/2.0710 Fotos: Jens Wieting
Der Wert der Vielfalt Hat Natur einen Wert? Und wenn ja, wie kann man ihn messen und wer zieht einen Nutzen aus ihm? Ist ein borealer Nadelwald mit seinen wenigen Pflanzen- und Tierarten weniger wert als ein tro-pischer Regenwald mit seiner überbordenden Vielfalt? Warum ist der Erhalt biologischer Vielfalt ein vorrangiges Ziel internationaler Naturschutzpolitik? Der Mensch als Hüter von Biodiversität – kann das gelingen?
titel
zwangsläufig zu einem großen Anpas-
sungsdruck der Tier- und Pflanzenarten,
die nur überleben konnten, wenn sie
sich stark spezialisierten. Hinzu kommt,
dass der Regenwald durch Klimaverän-
derungen innerhalb der Erdgeschichte
mehrmals auf wenige Waldinseln
zurückgedrängt wurde und sich von dort
erneut ausbreitete.
Viele Pflanzenarten – noch mehr Tierarten
Die Gesamtzahl der Arten ist im
Regenwald sehr hoch, die Anzahl der
Individuen einer Art oder innerhalb einer
Populationen aber sehr gering. Bei vielen
Baumarten findet man deshalb nur alle
paar Hektar ein Individuum einer Art,
wodurch die räumliche Ausbreitung
der Population stark begrenzt ist. So
verändern sich weit entfernt liegende
Teilpopulationen von Generation zu
Generation genetisch so weit, dass
schließlich eine neue Art entstanden ist.
Die so genannte Gendrift (d.h. die Ge-
schwindigkeit der genetischen Verände-
rung) ist im Regenwald besonders hoch.
Dies ist einer der Gründe für seine schier
unglaubliche biologische Vielfalt – aber
auch für seine Verwundbarkeit! Auf nur
zehn Hektar unberührtem Regenwald
auf der Insel Borneo zählte der Botaniker
Peter Ashton 700 Baumarten – mehr als
in ganz Europa vorkommen.
Im Vergleich zur große Vielfalt der
Pflanzenwelt ist die Vielfalt im Tierreich
fast unvorstellbar. So sind die meisten
Die Schreckensmeldungen über das
Sterben der Arten reißen nicht ab.
Die Ausrottung hat ein erdgeschicht-
lich einmaliges Ausmaß erreicht. Die
meisten Arten werden vernichtet, ohne
je entdeckt worden zu sein. Nur etwa
1,8 Millionen der geschätzten 10 bis 200
Millionen Arten auf der Erde sind wissen-
schaftlich beschrieben. Die Erfassung des
großen Rests gleicht einem Kampf gegen
Windmühlenflügel. Experten gehen
davon aus, dass täglich zwischen 70 und
100 Tier- und Pflanzenarten ausgerottet
werden.
Um diese hohe Ausrottungsrate zu
verstehen, ist es wichtig, den Begriff
der ökologischen Nische zu kennen. Ein
Ökosystem beherbergt maximal so viele
Arten, wie es Nischen in ihm gibt. Dabei
darf man sich die Nische nicht als einen
physischen Ort vorstellen, an dem eine
Art lebt, sondern vielmehr als das Zu-
sammenspiel aller Faktoren, die sie zum
Leben benötigt.
Es sind die Ökosysteme mit beson-
ders vielen ökologischen Nischen, mit
besonders vielen spezialisierten Arten, in
denen das Artensterben so horrend ist.
In diesen empfindlichen Lebensräumen
reicht schon eine kleine Störung, die
Zerstörung eines kleinen Gebiets, um die
Lebensgrundlagen mehrerer Arten zu
vernichten.
Beispiel Regenwald: Die meisten tro-
pischen Wälder sind extrem reich an
biologischen Nischen. Die hohe Lebens-
raum-Vielfalt ist dadurch entstanden,
dass die Ökosysteme schon sehr alt sind
und viel Zeit zur Ausdifferenzierung zur
Verfügung stand. Das Muttergestein ist
vielerorts so tief verwittert, dass die Bö-
den sehr nährstoffarm sind. Dies führte
tropischen Insektenarten zum Beispiel
auf eine einzige Baumart spezialisiert. Als
der amerikanische Forscher Terry Erwin in
den 1980er Jahren das Kronendach des
tropischen Regenwaldes untersuchte,
fand er 163 Käferarten, die auf eine ein-
zige Baumart spezialisiert waren. Wenn
jede der 50.000 tropischen Baumarten
ebenso viele Käferarten beherbergen
würde - so begann er zu rechnen - wä-
ren dies bereits acht Millionen Käferarten
allein im Kronendach der Regenwälder.
Die Gesamtzahl in den Tropen lebender
Insektenarten schätzte er deshalb auf 30
Millionen.
Hält man sich den Einfluss der Zahl der
Pflanzenarten auf die Zahl der Tierarten
vor Augen, wird klar, warum schon die
Rodung nur weniger Hektar Regenwald
einen hundertfachen Artentod zur
Folge haben kann. Eine weitere Ursache
ist die Zerschneidung von Biotopen:
Bleiben durch Zersiedelung, Infrastruk-
tur, Landwirtschaft oder Bergbau nur
noch Inseln von Wald zurück, kommt
es zum Zusammenbruch vieler Tier- und
Pflanzenpopulationen, weil diese nun
nicht mehr wie gewohnt innerhalb ihres
Verbreitungsgebietes wandern und sich
fortpflanzen können. Außerdem setzen
Stressfaktoren wie erhöhte Sonnenein-
strahlung, Hitze, Sturm, Wassererosion
die Arten weiter unter Druck.
Ideeller Wert oder Geldwert?
Vergleicht man einen tropischen Re-
genwald und einen mitteleuropäischen
Buchenwald aus dem Blickwinkel eines
Hohe Artenvielfalt im Tro-penwald: Allein die Zahl der Insektenarten wird auf 30 Millionen geschätzt
11Nr. 93/2.07
titel
Nr. 93/2.0712
Adlers, wirkt der Regenwald biologisch
reich und der Buchenwald arm. Schaut
man aber mit den Augen einer Ameise,
wird einem schnell bewusst, dass bio-
logischer Reichtum sehr relativ ist. So
unterschiedlich die beiden Lebensräume
auch sind, sie haben eines gemeinsam:
Beide können nur fortbestehen, wenn
die in ihnen lebenden Arten perfekt
zusammenspielen, wenn also die Biodi-
versität mit all ihren Wechselwirkungen
erhalten bleibt. Keine Art ist überflüssig,
jede ausgerottete Art bedeutet ein ver-
ändertes Gleichgewicht im Ökosystem.
Diese ökologische Betrachtungsweise
macht deutlich, dass es sich beim Wert
der Vielfalt kaum um eine quantitativ
messbare Größe handelt – er ist vielmehr
von ideeller Natur. Für die Tenharim am
Amazonas bildet der artenreiche Regen-
wald das Habitat, von dem sie abhän-
gen. Die Saami in Lappland nehmen in
den artenärmeren Wäldern und Strauch-
vegetationen von Taiga und Tundra ihre
biologische Nische ein. Beide Völker
haben es gelernt, über Jahrtausende in
„ihrem“ Ökosystem zu überleben. Für
beide Völker ist die biologische Vielfalt
der Schlüssel zum Überleben – sie hat
den gleichen qualitativen Wert.
Auf der anderen Seite kann der Biodi-
versität über die Nutzung der vielfältigen
Naturprodukte durchaus ein volkswirt-
schaftlicher Wert zugeordnet werden:
Natürliche Schätze wie Patchouli, Sandel-
holz, Rattan, Pflanzenharze, Gummi, Ka-
pok, Schellack und Gewürze haben auf
dem Weltmarkt einen hohen Geldwert,
der sich bei schonender Gewinnung
ständig erneuert … ganz zu schweigen
vom unermesslichen medizinischen
Potential der „Natur-Apotheken“ auf der
ganzen Welt.
Bio-Piraterie
Gerade auf dem Feld der Medizinalpflan-
zen und ihrer Wirkstoffe ist allerdings ein
industrielles Wettrennen um Patente im
Gange, das verheerende Auswirkungen
auf die Einkommensmöglichkeiten der
lokalen Bevölkerungen hat. Einige der
wirksamsten Medikamente wurden nicht
von Pharmaunternehmen, sondern von
indigenen Völkern entwickelt, denen
sie seit Jahrtausenden das Überleben
sichern. Diese Völker sind sich weitge-
hend einig: Sie geißeln ein Patent auf
Leben sowie auf geistiges Eigentum als
„Bio-Piraterie“. Denn sie werden nur
selten am Gewinn beteiligt, und ist das
traditionelle Arzneipflanzen-Wissen erst
einmal patentiert, lassen sich die vor Ort
gewonnenen traditionellen Medizin-
produkte im Land selbst nur noch unter
Strafe vermarkten.
Die kommerzielle Ausbeutung der
Natur geht auf der anderen Seite schon
deshalb zu Lasten der Menschen in den
Ursprungsländern, weil sich an vielen
Krankheiten und Patienten kaum etwas
verdienen lässt. Etwa 60 Prozent der
Weltbevölkerung sind vorwiegend auf
traditionelle Arzneimittel angewiesen,
weil ihnen das Geld für teure Medika-
mente fehlt.
Die Forschung der großen Pharmafirmen
konzentriert sich indes auf Medikamente
für die zahlungskräftige Kundschaft in
den Industrieländern, die sich mehr mit
Markt in Kolumbien: Biologische Vielfalt ist weltweit der Schlüs-sel zum Überleben
Foto: Jens Wieting
titel
Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkran-
kungen als mit Darminfekten plagen
muss. Das Nachsehen haben die Men-
schen in den Entwicklungsländern, vor
allem in den Tropen; seit 1975 sind über
1.500 neue medizinische Wirkstoffe auf
den Markt gekommen - aber nur ein
gutes Dutzend von ihnen hilft gegen
Krankheiten wie Malaria, Dengue-Fieber
oder Wurminfektionen.
Gewinn aus Bionik
Warum Piraterie an der Natur üben,
wenn die bloße Anschauung reicht? Die
Vielfalt der spezialisierten Formen und
Prinzipien der Natur, ihre „Erfindungen“,
scheinen schließlich für den Menschen
von unschätzbarem Wert zu sein. Viele
natürliche Funktionsprinzipien dienen
schon heute der Technik als Vorbild:
Ein weiterer wichtiger qualitativer Wert
von Biodiversität. Ob Haifischhaut zur
Verringerung des Wasser- und Luftwider-
stands, Lotusblüten-Struktur als selbstrei-
nigende Oberfläche, Eisbärfell und Termi-
tenbau-Lüftung für Niedrigenergiehäuser
oder photosynthetische Farbstoffe zur
Energiegewinnung – im Bauplan der
Natur schlummern enorme Potenziale
zur Lösung von Zukunftsproblemen.
Die Forschung hat dies erkannt und dem
intelligenten und organischen Designen
nach natürlichem Vorbild einen künst-
lichen Namen gegeben: Bionik, zusam-
mengesetzt aus Biologie und Technik.
So wie wir von dem jahrtausendealten
Wissen der Naturvölker lernen können,
ohne es gleich zu patentieren, können
wir auch vom jahrmillionenalten, in der
Evolution gespeicherten Wissen profitie-
ren, indem wir die Lebensformen genau
analysieren, ohne sie dabei zu zerstören.
Künstliche Vielfalt – genetische Armut
Zur biologischen Vielfalt gehört auch
die Vielfalt der Gene, die Vielfalt der Ei-
genschaften innerhalb der Populationen
einer Art. Die meisten Arten weisen Un-
terarten, Teilpopulationen oder Rassen
auf, die sich häufig in Größe, Gestalt,
Farbe, Stoffwechsel und ökologischen
Eigenschaften unterscheiden. Eine hohe
genetische Vielfalt innerhalb der Popula-
tionen ist ein Garant dafür, dass sich eine
Art an veränderte Umweltbedingungen
anpassen kann, weil immer genügend
widerstandsfähige Individuen vorhanden
sind.
„Macht euch die Erde untertan.“ Wer
das gesagt hat, muss den Nutzen dieser
Empfehlung wohl studiert haben: Über-
leben durch Urbarmachung und Nut-
zung der belebten und der unbelebten
Natur. Zu dem „natürlichen“ System
der biologischen Vielfalt gesellt sich
demnach die „künstliche“ Vielfalt der
Nutztiere und –pflanzen, deren Erhalt die
Zukunft der bestehenden Lebensweise
sichert.
Der Mensch ist jedoch dabei, durch
Genmanipulation und Klonen die Vielfalt
der Nutzpflanzen und bald vielleicht
auch der Nutztiere (siehe auch „Unter
Klon-Schafen“ auf Seite 40) so stark zu
reduzieren, dass ausgerechnet die alten
Kulturformen verdrängt werden, von
denen seine traditionelle Lebensweise
abhing.
Ein Beispiel: Der Apfel. Wie viele
verschiedene Apfelsorten existieren in
Deutschland – was würden Sie schätzen?
Zwanzig? Fünfzig? Vielleicht hundert?
Weit gefehlt: es sind nämlich gut 2500!
Im Handel befinden sich aber nur ganze
dreißig von ihnen. Eine fatale Entwick-
lung, denn nur eine breite genetische
Ausstattung bietet einer Art eine weite
Reaktions-Bandbreite gegenüber rasch
wechselnden Umwelteinflüssen (z.B.
Wetterextremen), wie sie im Zuge des
Klimawandels immer häufiger auftreten.
Ist eine Kultursorte erst einmal ver-
nichtet, braucht es Jahrhunderte, um
sie wieder zu erschaffen. Verliert die
Landwirtschaft aber gleich Hunderte an
Variationen, sind die meisten unwie-
derbringlich verloren. Wie arm unsere
Landnutzung schon geworden ist, zeigt
die Tatsache, dass zwei Drittel der Welt-
ernährung durch ganze zwölf Pflanzen-
und fünf Tierarten sicher gestellt wird.
Davon haben die drei Pflanzenarten
Weizen, Mais und Reis den mit Abstand
größten Anteil. Schon der Verlust nur
einer dieser Arten durch eine Epedemie
hätte verheerende Folgen für die Ernäh-
rungssicherheit.
Was kostet das Leben?
Warum überleben wir in Deutschland,
obwohl wir die ursprüngliche Natur, die
uns einst umgab, vor langer Zeit bereits
vernichtet haben? So provokativ wie
die Frage ist auch die Antwort: Weil wir
auf Kosten intakter Natur in anderen
Regionen der Welt leben. Vier Beispiele
machen dies deutlich.
1 Die meisten Waschmittel, Kosmetika,
Margarinen und Bratfette, die wir
in Deutschland verwenden, enthalten
Palmöl aus Ölpalmen, die meist auf
Kosten Hunderttausender Hektar Primär-
Regenwald in Plantagen, vor allem in
Südostasien, angepflanzt werden. Seit
einigen Jahren kommt noch der Boom
der so genannten Biokraftstoffe hinzu,
der zu einer weiteren massiven Auswei-
tung der Ölpalm-Plantagen führt. Schon
eine Million Tonnen Palmöl werden in
europäischen Blockheizkraftwerken
jährlich verbrannt und 270.000 Tonnen
Einfalt statt Vielfalt: Allein in Deutschland sind von den 2500 Apfelsorten nur 30 im Handel zu finden
Foto: obs/Südtiroler Apfelkonsortium
13Nr. 93/2.07
titel
Nr. 93/2.0714
Palmöl werden zur Zeit pro Jahr zu Bio-
diesel raffiniert. Für die Anlage der Plan-
tagen werden in den Wäldern zunächst
die wertvollsten Hölzer geschlagen und
verkauft und der verbliebene Wald ent-
weder angezündet oder in Papier- und
Zellstoff-Fabriken verarbeitet. Die Firmen
sind meist miteinander verbunden und
verdienen auf allen Ebenen am Geschäft
mit der Vernichtung der biologischen
Vielfalt. Bis heute gibt es kein Zertifikat
für Palmöl aus ökologisch und sozial
vertretbarem Anbau. Auch für die Palm-
ölprodukte in Bio-Lebensmitteln mussten
meist Regenwälder weichen.
2 Viele Papierprodukte aus frischen
Zellulosefasern, die wir im Laden
erstehen, werden zum Teil oder ganz aus
Holz gewonnen, das – legal oder illegal
– in Natur- bzw. Urwäldern geschlagen
wurde. Erst der Holzeinschlag öffnet den
Wald für die weitere Vernichtung.
3 Ein Großteil der in Deutschland er-
hältlichen Tropenhölzer stammt aus
Raubbau in Naturwäldern oder aus Plan-
tagen, für die Urwald weichen musste.
Fast die Hälfte des Holzes stammt aus
illegalen Quellen in Schutzgebieten oder
Waldgebieten außerhalb von Konzes-
sionen. Dabei könnte mit dem Verkauf
von Nicht-Holz-Produkten wie Früchten,
Blättern, Ästen, Rinde und Gummi auf
schonende Weise ein wesentlich höherer
und vor allem dauerhafter wirtschaft-
licher Ertrag erzielt und die Menschen
vor Ort ernährt werden.
Bislang gibt es in Deutschland kein
politisches Instrument gegen illegalen
Holzhandel bzw. gegen die Fälschung
von Nachhaltigkeits-Zertifikaten. Die
letzte rot-grüne Bundesregierung hatte
zwar einen Entwurf eines Urwaldschutz-
Gesetzes eingebracht, dieser wurde
jedoch nun von Schwarz-Rot mit dem
Hinweis auf eine wesentlich schwächere
und nur schleppend in Gang kommende
EU-Richtlinie namens FLEGT (Forest Law
Enforcement, Governance and Trade)
abgelehnt. Die Verantwortung für den
Erhalt der Urwälder und ihrer Tausenden
Tier- und Pflanzenarten liegt bis heute
ganz klar bei den VerbraucherInnen.
Nur das FSC-Siegel (Forest Stewardship
Council) auf Holz garantiert bislang
einigermaßen ökologisch und sozial ver-
trägliche Holzgewinnung. Und für Holz
mit diesem Zeichen muss der Kunde
meist deutlich mehr bezahlen als für
Raubbau-Holz.
4 Wir essen gerne einmal pro Wo-
che Fisch – am liebsten den lecker
panierten „Seelachs“. Weil beim Fang
von Meeresfischen aber weder auf den
Erhalt der Lebensräume und Brutstät-
ten, noch auf die Schonung geschützter
Arten wie Delfine, Wale und Albatrosse
geachtet wird, die Nachfrage nach Fisch,
Fischmehl und Fischöl immer noch rasant
steigt und die industriellen Fangschiffe
und Fischereiflotten immer größer, effi-
zienter und zerstörerischer werden, sind
die Meere schon fast leergefischt. Das
Ökosystem Meer ist so gut wie zerstört.
Nur das so genannte MSC-Siegel (Ma-
rine Stewardship Council) auf Fischverpa-
ckungen garantiert bisher einigermaßen
Foto: obs/Deutsche See
Lachs mit MSC-Siegel
2005 verschwanden die letzten Tief-
land-Regenwälder der indonesischen
Insel Sumatra für den riesigen Bedarf
der Zellstoff- und Papierfabriken, die
zum Teil mit deutschen Steuergeldern
finanziert wurden. Damit wurden nicht
nur die letzten Wälder, sondern auch der
Lebensraum von Orang-Utan, Nashorn
und Tiger für immer vernichtet.
Hinzu kommt, dass Produkte aus Frisch-
fasern bei ihrer Herstellung im Vergleich
zu Recyclingpapieren ein Vielfaches an
Energie, Wasser und Chemie verbrau-
chen und dadurch die biologische Viel-
falt wesentlich stärker beeinträchtigen.
Nur das Umweltzeichen „Blauer Engel“
des Umweltbundesamtes garantiert
bislang, dass das einhundertprozentig
recycelte Papier höchste Ansprüche an
Beschreibbarkeit, Maschinen-Lauffähig-
keit und Altersbeständigkeit erfüllt.
titel
bestandsschonenden Fang. Und für Fisch
mit diesem Zeichen muss der Kunde
meist deutlich mehr berappen als für
herkömmlichen Fisch.
Hast‘ nen Taler, gehst zum Markt, kaufst ’ne Kuh…
Natürlich ist unsere luxuriöse Lebens-
weise nur ein Teil der Antwort darauf,
warum die Menschen in den „ent-
wickelten“ Ländern bislang auch ohne
ihre ursprüngliche biologische Umwelt
überleben. Ein anderer Punkt ist, dass
sich der Mensch mit künstlich geschaf-
fenen Agro-Ökosystemen am Leben
erhält. Auch die landwirtschaftliche
Biodiversität hängt jedoch von der natür-
lichen Biosphäre ab: von intakten Böden,
einer sauberen Atmosphäre sowie der
Verfügbarkeit von Futterpflanzen und
Trinkwasser.
Und dies ist ein weiterer wichtiger
Aspekt für den Wert der Vielfalt: Ob
landwirtschaftliches oder natürliches
Ökosystem – der Erhalt der Biodiversität
an einem Ort der Erde ist auf lange Sicht
vom Schutz der Natur an anderer Stelle
abhängig. Es genügt also nicht, den
Kaufpreis einer Parzelle Land zu demjeni-
gen einer Kuh zu addieren, um den Preis
des Überlebens zu ermitteln - man muss
auch die ökologischen Verbindung zwi-
schen der Kuh und der Welt betrachten.
1996 ließ der Schweizer Regenwald-
schützer Bruno Manser die LeserInnen
seines Artikels ein Gedankenexperiment
vollziehen, das sinngemäß lautete:
Vergleichen wir die Entwicklung unseres
4,6 Milliarden Jahre alten Planeten mit
der eines heute 46 Jahre alten Men-
schen. Im Alter von sieben Jahren bilden
sich die ersten Felsen. Drei Jahre später
sind in dem sich auf ihnen sammelnden
Wasser die ersten einzelligen Lebe-
wesen zu finden. Erst im Alter von 30
Jahren entstehen höher entwickelte
Lebensformen wie Quallen und Weich-
tiere. Nach 42 Jahren blühen die ersten
Pflanzen. Vor einem Jahr erschienen die
Dinosaurier – und verschwanden nur
wenige Monate später. Vor acht Mona-
ten tauchten die ersten Säugetiere auf.
Vor wenigen Tagen begann die erste Eis-
zeit. Der moderne Mensch existiert erst
seit vier Stunden. Vor einer
Stunde hat er die Landwirt-
schaft entdeckt, die industri-
elle Revolution begann erst
vor einer Minute. In dieser
einen Minute hat der Mensch
sich auf das Zehnfache ver-
mehrt, Paradiese geplündert,
hunderttausendfach Arten
vernichtet und große Teile
der Erde für viele Lebewesen
unbewohnbar gemacht.
Wie viele Sekunden bleiben
uns noch, um zu entscheiden,
ob wir unsere Lebensgrund-
lage, die biologische Vielfalt,
erhalten wollen und ob wir
dieser Entscheidung auch
Taten folgen lassen?
Christian Offer ist Waldö-kologe. Er ist freiberuflich
im Umweltbereich als Fachautor, Seminarleiter und Pädagoge tätig und ehrenamtlich für ROBIN
WOOD, Watch Indonesia! und die Arbeitsgemein-
schaft Regenwald und Artenschutz (ARA) aktiv.
Mehr Infos:
Arbeitsgemeinschaft Regen-wald und Artenschutz (Hg.), 2002, Der Wert der Vielfalt, ARA konkret 5, 59 Seiten, € 4,50, Bezug über: [email protected]
ARA (Hg.), 1995, Leben und Leben lassen, Biodiversität – Ökonomie, Natur- und Kulturschutz im Widerstreit, ökozid Jahrbuch Nr. 10, Son-derpreis € 5,-; Bezug über: [email protected]
www.biologischevielfalt.dewww.forumue.dewww.panda.org/ stopoverfishing.www.bukoagrar.de/94.0.html.www.geo.de/artenvielfalt
Foto: argus/Janke
UN-Konvention über die
Biologische Vielfalt
Auf der Konferenz zu Umwelt und Ent-
wicklung der Vereinten Nationen im Jahr
1992 in Rio de Janeiro haben über 150
Staaten die Konvention über die biolo-
gische Vielfalt verabschiedet, die Ende
1993 in Kraft getreten ist und schon von
168 Ländern in nationales Recht umge-
setzt wurde. Seitdem sind Pflanzen- und
Tierarten mit ihren Erbinformationen
souveränes Eigentum der Staaten, in
denen sie vorkommen. Die Unterzeich-
ner verpflichten sich zum Schutz der Bio-
diversität, dem ein ebenso großer Wert
für das Leben auf der Erde beigemessen
wird wie der Schutz des Klimas.
Die Konvention beinhaltet ausdrücklich
den nachhaltigen Nutzen der biolo-
gischen Vielfalt und den so genannten
Vorteilsausgleich zwischen dem, der die
biologische Vielfalt nutzt (z.B. einem
Pharmaunternehmen) und dem, der die
biologische Vielfalt für diese Nutzung
erhält (z.B. einer indigenen Volks-
gruppe). Alle zwei Jahre finden Vertrags-
staatenkonferenzen zur Umsetzung der
Konvention statt. Die nächste wird 2008
in Deutschland sein. Die Vertragsstaaten
haben sich außerdem verpflichtet, regel-
mäßige Nationalberichte über den Stand
ihrer biologischen Vielfalt zu verfassen.
In diesen Berichten können sich auch
Naturschutz- und andere Nichtregie-
rungsorganisationen zur Sache äußern.
Vor einigen Jahren wurde der Clearing-
House Mechanismus (CHM) als zentrales
Informations-, Kommunikations- und
Kooperationssystem der Biodiversi-
tätskonvention eingeführt. Mit dem
CHM wollen die Vertragsstaaten die
wissenschaftliche und technologische
Zusammenarbeit zwischen allen Ländern
fördern und den Austausch sowie den
Zugriff auf Informationen und Daten
rund um die Umsetzung der Konvention
unterstützen.
15Nr. 93/2.07
titel
Nr. 93/2.0716
Artenvielfalt und KlimawandelWissenschaftlerInnen halten bundesweit einen Verlust bis zu 30 Prozent aller Pflanzen- und Tierarten in den nächsten Jahren für wahrscheinlich. Schließlich reißen die Meldungen der klimatischen Superlative nicht ab: „grüne Weihnacht bei 18 Grad“, „Sommer im April“ - die steigenden Temperaturen lassen die Vielfalt unserer heimischen Tier- und Pflanzenwelt schrumpfen.
Ende 2006 veröffentlichte das Um-
weltbundesamt eine neue Studie
zum Umweltbewusstsein: Darin fordern
67 Prozent der Befragten, dass Deutsch-
land eine Vorreiterrolle beim Klimaschutz
übernehmen müsse. Das sind deutlich
mehr Menschen als in den Vorjahren. 95
Prozent sehen im Verlust der biolo-
gischen Vielfalt ein großes Problem und
fordern vom Staat, dass er dringend
handeln müsse!
Allerdings sind die Anstrengungen zum
Artenschutz weltweit bei der UN-Konfe-
renz zur biologischen Vielfalt im brasili-
anischen Curitiba im März 2006 erneut
gescheitert. So hatten die Delegierten
2004 in Malaysia beschlossen, dem
weltweiten Artenschwund mit einem
globalen Netzwerk aus Schutzgebieten
zu begegnen. Bei dieser Absichtserklä-
rung ist es geblieben, die USA haben
jetzt sogar angekündigt ihre Gelder für
den UN-Klima- und Artenschutzfonds zu
halbieren.
Auch notorische Skeptiker räumen jetzt
ein, dass der Mensch die Erdatmosphäre
aufheizt. So ist die durchschnittliche
bodennahe Lufttemperatur im letzten
Jahrhundert weltweit um 0,7 Grad
Celsius und in Europa sogar um 0,95
Grad angestiegen. Das Bundesamt für
Naturschutz (BfN) rechnet damit, dass
sich die bisherigen Temperaturzonen um
mehr als 100 Kilometer nach Norden
verschieben werden. Gleichzeitig sind
die Niederschlagsmengen in Nordeuropa
von 1900 bis 2000 um 10 bis 40 Prozent
gestiegen, während sie in Südeuropa um
bis zu 20 Prozent abgenommen haben.
ExpertInnen des UN-Weltklimarats IPCC
schätzen die Klimaveränderungen der
letzten Jahrzehnte im Vergleich zu de-
nen, die in den nächsten hundert Jahren
auf die Menschen zu kommen, noch als
gering ein. Trotzdem sind schon heute
die Wirkungen des Klimawandels auf die
Natur deutlich nachzuweisen.
Das BfN hält einen Verlust von fünf bis
30 Prozent aller Pflanzen- und
Tierarten in den nächsten
Jahren in der Bundesrepublik
für wahrscheinlich. Es erwar-
tet, dass neue Arten ein-
wandern werden – mit noch
unbekannten Auswirkungen
Der Kuckuck kommt zu spätFoto: okapia/B. Roth
titel
auf die bestehenden Ökosysteme. Wis-
senschaftler der Uni Göttingen haben
die Literatur der vergangenen hundert
Jahre durchforstet und kommen zu dem
Schluss, dass schon heute bei uns die
Pflanzen früher blühen und fruchten,
einige Zugvögel im Winter nicht mehr
fortziehen und die Bewohner der Meere
ihr Wanderungsverhalten verändert
haben.
So entfalten die Bäume ihre Blätter eu-
ropaweit, gemessen zwischen 1969 und
1980, um acht Tage früher. Und auch
die ersten Schmetterlinge werden rund
28 Tage früher im Jahr gesichtet. Nicht
weniger dramatisch ändern die Zugvögel
ihr Verhalten: Immer mehr Mönchsgras-
mücken geben ihre Winterquartiere am
Mittelmeer auf und ziehen stattdessen
Richtung Nordwesten auf die Britischen
Inseln – der Weg ist für diese kleine Sing-
vogelart kürzer.
Für Vogelarten existieren oft jahrhun-
dertelange Aufzeichnungen, die zum
Beispiel belegen, dass sich der Bienen-
fresser in wärmeren Zeiten ausbreitet.
1638 kam er in Sachsen-Anhalt vor und
verschwand in der folgenden „kleinen
Kaltzeit“ wieder. Seit 1990 ist er dort
wieder mit ungefähr 100 Brutpaaren hei-
misch. Der kühlebedürftige Wasserpieper
dagegen rückt im Schwarzwald in immer
höhere, kühlere Regionen auf.
Kuckuck und Frosch wird es zu heiß
Der Kuckuck macht deutlich, wie kom-
plex sich der Klimawandel auf das Zu-
sammenspiel der Arten auswirken kann.
Seine Wirte kehren mittlerweile immer
früher aus ihren Winterquartieren zu-
rück. Da der Kuckuck seine Ankunftszeit
jedoch nicht angepasst hat, kommt er
häufig zu spät, um seine Eier in fremde
Nester zu legen. Auch er weicht zuneh-
mend in kühlere, höhere Lagen aus – bis
es ihm auch dort zu heiß werden wird.
Die Umweltorganisation Euronatur
hatte bereits Anfang Februar die
ersten Molche in Tümpeln vor allem in
Süddeutschland gesichtet und hält die
heimischen Amphibien für die ersten
Opfer der Klimaveränderung. Die hohen
Temperaturen im Januar wecken Molche,
Frösche, Kröten und Salamander viel zu
früh aus dem Winterschlaf. Kommt es
dann zu Kälteeinbrüchen, sterben die
erwachsenen Tiere und die bereits abge-
legten Eier können sich nicht entwickeln.
Ohnehin sind die Amphibien durch den
Klimawandel besonders bedroht: Im
Sommer führen lange Trockenperioden
zum Austrocknen von Kleinstgewässer,
die diese Arten zum Überleben brau-
chen.
Derzeit verzeichnen Experten in Europa
so etwas wie eine Völkerwanderung
der Schmetterlinge. Wie das Helmholtz-
Zentrum für Umweltforschung im März
meldete, ermöglicht der warme Winter
vor allem wärmeliebende Arten, ihr Areal
nach Norden auszudehnen. So ist der
Große Fuchs, vor 10 Jahren auf einige
Reststandorte zurückgedrängt, wieder in
vielen Teilen Süddeutschlands zu finden.
Was für eine Reihe von Arten gut zu
sein scheint, ist schlecht für andere. Vor
allem Schmetterlingsarten die kühlere
klimatische Bedingungen vorziehen und
beispielsweise in Mooren und Gebirgen
vorkommen, geraten immer mehr in
Schwierigkeiten. Eine andere Entwick-
lung zeigt der Admiral, der ein klas-
sischer Wanderfalter ist und jedes Jahr
aus dem Mittelmeerraum neu bei uns
einwandert. Inzwischen sind die Winter
bei uns so mild, dass die Falter seit 10 bis
20 Jahren auch bei uns überwintern.
Ein weiterer Effekt mit großer Wirkung:
Der Klimawandel lässt neue Arten ein-
wandern. Das kann im Fall von pflanzen-
fressenden Insekten oder Krankheitsü-
berträgern beträchtliche negative Folgen
für den Menschen haben. So begünsti-
gen die milden Winter die Ausbreitung
der Zecken in Richtung Norden, die im
Gepäck den Überträger der Hirnhautent-
zündung FSME haben. In Brandenburg
ist in den letzten beiden Jahren die Zahl
der FSME-Erkrankungen stark angestie-
gen.
Der Präsident des BfN, Hartmut
Vogtmann, fordert daher einen
wirksamen Klimaschutz und den Ausbau
erneuerbarer Energien, „um unsere
Tier- und Pflanzenwelt nicht einem
Experiment mit ungewissem Ausgang zu
unterziehen.“ Er fordert eine Vernetzung
von Lebensräumen, damit die Arten
bei der Verschiebung von Klimazonen
neue und für sie geeignete Lebensräume
finden können. Allerdings geht heute
die Reise noch in eine andere Richtung
– täglich werden neue Flächen bebaut
und versiegelt, Naturräume durch den
ungebremsten Straßenbau zerschnitten
und Bäche und Flüsse verbaut.
Der Trend natürliche Ökosysteme zu
zerstören ist weltweit ungebrochen:
Wälder werden gerodet oder in inten-
siv genutzte Forsten und Plantagen
umgewandelt, die letzten Moore werden
trockengelegt und natürliche Grasländer
für die Landwirtschaft umgepflügt. Der
Schutz der letzten verbliebenen natur-
nahen Lebensräume wäre kostengünstig
und eine sehr wirksame Maßnahme um
unser Klima zu retten.
2008 wird Deutschland Gastgeber der
UN-Konferenz zum Schutz der biolo-
gischen Vielfalt sein. Machen wir Druck,
dass sich die Politik bewegt und Ernst
macht mit dem Schutz des Klimas und
der Artenvielfalt weltweit.
– Horst Korn und Cordula Epple: Biologische
Vielfalt – Gefahren, Chancen, Handlungsopti-
onen. BfN-Skript 148, 2006
– BfN (2004): Klimawandel und Biologische
Vielfalt. In: Daten zur Natur 2004. Landwirt-
schaftsverlag, Münster
– IPCC 2002: Climate change and Biodiversity
www.ufz.de
www.euronatur.de
Christiane Weitzel, Schwedt
Amphibien: erste Opfer der Klimaerwärmung
Foto: www.pixelio.de
17Nr. 93/2.07
18 Nr. 93/2.07
Kein guter FischzugAn der kanadischen Westküste kehren Zehntausende Lachse aus dem Pazifik in ihre Laichgründe zurück. Sie spielen eine zentrale Rolle für die Ökosysteme Ozean und Regenwald, doch die Überle-benschancen für ihren Nachwuchs sind ungewiss.
Fotos: Jens Wieting
titel
Unter von Moos überwucherten
Urwaldbäumen pflügen Hunderte
dunkle Fischleiber durch das Bachbett im
Goldstream Provincial Park nahe Victoria,
der Hauptstadt der Provinz British Co-
lumbia. Es ist November auf Vancouver
Island und die Lachse sind aus dem Meer
zurückgekehrt, um ihren Laich im Kies
der klaren Waldbäche abzulegen und ih-
ren Lebenszyklus zu beenden. So schnell
wie sie sterben, beginnt das Festmahl für
Möwen, Krähen und zahlreiche andere
Tierarten, die auf die Lachse gewartet
haben. Schon nach der Wanderung
stromaufwärts über Felsen und Treibgut
sehen einzelne Fische halb zerfetzt aus.
Es ist ein atemberaubendes Schau-
spiel von Leben und Tod, buchstäblich
getragen von Biomasse, die seit Jahrtau-
senden ihren eingeschriebenen Bahnen
folgt. Doch das Phänomen Lachszug ist
gestört und gefährdet.
„2006 spielte verrückt, das Jahr davor
war katastrophal,“ sagt Darren Copley,
Biologe und Mitarbeiter der Parkverwal-
tung. Er beobachtet seit 15 Jahren den
Lachszug im Goldstream Park und ist
besorgt. Drei Arten kommen im Gold-
stream Park vor: Hundslachse, Königs-
lachse und Silberlachse. 2003 und 2004
kehrten noch über 20.000 Hundslachse
und mehrere Hundert Königs- und
Silberlachse nach Goldstream zurück.
2005 waren es nur gut 5.000 Hunds-
lachse und nur ein Bruchteil der Silber-
lachse früherer Jahre. Im Herbst 2006
sind 15.000 Hundslachse, aber nur 40
Königs- und Silberlachse zurückgekehrt!
„Eigentlich sollten im Herbst etwa
60.000 Lachse durch diesen Park
ziehen,“ schätzt Copley. Fischfang,
Abholzung und Erosion in den Tälern
sowie die Schadstoffbelastung der Ge-
wässer bedrohen den Lachs an Kanadas
Westküste. Ein genaues Verständnis der
Ursachen für den Rückgang der Lachse
ist nicht einfach, denn ihr Lebenszyklus
ist ein komplexes Geschehen zwischen
Ozean, Fluss und Wald. Zwischen dem
Aufbruch der Fischbrut und der Rück-
kehr in die Ursprungsgewässer legen die
Lachse je nach Art im Laufe mehrerer
Jahre bis zu 4.000 Kilometer zurück. Kö-
nigslachse werden auf ihrer Wanderung
rund 13 Kilogramm schwer, einzelne
Exemplare erreichen aber auch über 50
Kilogramm Gewicht.
Höhere Temperaturen und zu wenig Regen bringen Lachse in Not
Copley sieht einen Zusammenhang
zwischen der Zahl der zurückkehrenden
Lachse und den höheren Durchschnitts-
temperaturen der letzten Jahre. 2003
etwa war ein ungewöhnlich warmes Jahr
in Nordamerika und anderen Erdteilen.
Auch die Meerestemperaturen vor der
Westküste Kanadas waren höher als
gewöhnlich mit direkten Auswirkungen
auf die Nahrungskette im Meer. „Warme
Wasserschichten an der Meeresober-
fläche blockieren aufsteigende nähr-
stoffreiche Strömungen, die für das
Wachstum von Plankton sorgen“, erklärt
Copley. Diese Kleinstlebewesen sind für
die Ernährung der Lachse unabdingbar.
Gleichzeitig sind die höheren Tempera-
turen günstig für Raubfische, die es auf
die kleinen Lachse abgesehen haben. Die
Meerestemperaturen 2003 könnten also
erklären, warum 2005 nur ein Bruchteil
der Lachse in den Goldstream Park und
andere Gewässer zurückgekehrt ist.
2006 haben sich die Lachszahlen im
Goldstream Park wieder normalisiert,
doch hat der Lachszug extrem spät
Die Lachse tragen zum Wachs-tum der Urwaldriesen im Gold-stream Park bei
Nr. 93/2.07 19
titel
begonnen. „Vor 15 Jahren kamen die Lachse im
Schnitt zwei Wochen früher zurück“, erklärt Copley.
Ein seit Jahren im Park verkehrender Schwarzbär
hatte sich wie gewöhnlich Ende Oktober eingestellt,
um sich an den Lachsen gütlich zu tun. Stattdessen
habe er die alten Apfelbäume am Naturhaus ge-
plündert, so der Biologe. Genauso haben Weißkopf-
seeadler und Möwen tagelang vergeblich auf ihr
Festmahl gewartet. Bis in den Oktober dauerte die
regenarme Zeit auf Vancouver Island und viele Bä-
che führten Ende des Monates kaum noch Wasser.
Die Lachse im Ozean warten mit ihrer Herbstwan-
derung aber auf die Zunahme der Abflussmenge
in den Mündungsgebieten der Fließgewässer nach
dem Einsetzen stärkerer Niederschläge.
Die Lachse erkennen anhand des Abflusses der
Flüsse nicht nur den richtigen Zeitpunkt für die
Rückwanderung – sie können mit ihrer Nase auch
die jeweilige Wassermischung ihres Heimatgewäs-
sers erkennen und den richtigen Weg „riechen“.
Hundslachs
Ans Ufer gespülter Lachsleich
Nr. 93/2.07
titel
Nr. 93/2.0720
Offenbar wird die Lachsbrut auf ihrem
Weg in das Meer mit der jeweiligen
unverkennbaren Geschmacks- und
Geruchsnote der Gewässer geprägt,
in denen sie aus den Eiern geschlüpft
sind. Nur ein kleiner Prozentsatz der
Fische landet in fremden Gewässern. Sie
tragen zur genetischen Variation und zur
Neubesiedlung von Lebensräumen etwa
nach Erdrutschen bei.
Die Orientierungsleistung der Lachsnase
fällt jedoch aus, wenn die Schadstoffbe-
lastung der Flüsse steigt und die Riechor-
gane der Lachse Schaden nehmen. „Un-
sere Forschungsergebnisse zeigen, dass
Umweltgifte die Verhaltensmuster und
das Immunsystem der Lachse beeinträch-
tigen“, erklärt Peter Ross, Toxikologe
am Institut für Ozeanwissenschaften
in Sidney, 20 Kilometer nördlich von
Victoria. Sein Fachgebiet sind die Folgen
der Schadstoffbelastung in Meerestieren,
insbesondere von Schwertwalen und an-
deren Säugetieren, die sich wiederum in
erheblichem Maße von Lachs ernähren.
„Seit 1996 erstmals der Herbstzug der
Rotlachse im Fraser River eingebrochen
ist, wissen wir, dass wir es mit einer aus-
gewachsenen Krise zu tun haben,“ so
der Toxikologe. Mehrfach sind seitdem
über 90 Prozent der Lachse auf ihrer
Wanderung in den größten Fluss von
British Columbia eingegangen, ohne
für Nachkommen zu sorgen. Die Fische
machen sich zu früh auf die Reise, sind
noch nicht geschlechtsreif und werden
von Parasiten befallen, die nur im
Sommer verbreitet sind. Der 1.400
Kilometer lange Fraser mündet bei
Vancouver ins Meer und ist belastet
durch Abwässer von Städten, Indus-
trie und Landwirtschaft. „Es ist ein
Desaster, das wir noch nicht verstehen.
Aber wir wissen, dass Schadstoffe das
Wanderverhalten der Lachse durchein-
ander bringen,“ sagt Ross.
Umweltgifte machen die Lachse krank
Die Forschungsergebnisse des Toxi-
kologen zeigen, wie sich langlebige
Schadstoffe in der Nahrungskette im
Meer und an der Küste anreichern. So
gehören die Schwertwale an der West-
küste Kanadas zu den Säugetieren, die
weltweit am stärksten mit Polychlo-
rierten Biphenylen (PCBs) belastet sind,
giftigen Chlorverbindungen, die Krebs
auslösen können. Ein Schwertwal frisst
bis zu 200 Lachse am Tag. Bei Grizzly-
bären, ebenfalls Lachsliebhaber, geht
90 Prozent der PCB-Belastung auf den
Lachs zurück, weiß Ross. Gleichzeitig
ist Ross besorgt, dass die Nahrungs-
pyramide, in welcher der Lachs eine
so unübersehbar dominante Rolle
spielt und an deren Spitze u.a. Wale
und Bären stehen, in sich zusammen-
bricht, wenn die Fischbestände durch
Umweltgifte und andere Ursachen
ausfallen würden. Der Toxikologie
befürchtet, dass der Klimawandel in
Kombination mit der Schadstoffbelas-
tung diese Gefahr noch verschärft.
Dr. Tom Reimchen, Biologe an der
Universität Victoria, hält es für ver-
früht, Aussagen über den Einfluss des
Klimawandels auf den Lachs zu machen.
Er macht sich schon wesentlich länger
Sorgen um den Lachs als der Klimawan-
del debattiert wird. „An der Küste von
British Columbia sind die Lachsbestände
durch Eingriffe des Menschen seit 1880
zwischen 30 und 90 Prozent zurückge-
gangen,“ erklärt der wettergegerbte
Biologe. „Die wichtigsten Ursachen
sind die Zerstörung von Laichgründen
durch Abholzung sowie Fischerei.“ An
der Westküste der südlich an British
Columbia grenzenden US-Bundesstaa-
ten Washington und Oregon seien die
Bestände sogar um 90 – 97 Prozent
eingebrochen, weil außerdem zahlreiche
Lebensräume durch Staudämme und
Verbauung zerstört wurden.
Reimchen kennt sich aus mit dem Auf
und Ab der Lachsbestände. Er hat durch
seine Arbeit nachgewiesen, dass die
Lachse einen entscheidenden Einfluss
auf Biomasse und Artenvielfalt im Öko-
system des Küstenregenwaldes nehmen.
In seinem Arbeitszimmer bewahrt er
Hunderte von fingerdicken, etwa einen
Meter langen Rundholzstäben auf. Es
sind Bohrkerne aus Urwaldriesen, und
Reimchen hat festgestellt, dass sich an
den Jahresringen der Bäume ablesen
lässt, wie viele Lachse jährlich durch das
Tal gezogen sind. Reimchen will in über
einhundert Tälern der Westküste die
Bestandsdynamik der Pazifischen Lachse
in den letzten 500 Jahren rekonstruieren.
Dem Biologen war aufgefallen, dass
viele der größten Regenwaldbäume in
Tälern der Westküste wachsen, in denen
die Lachse ihre Laichgründe haben. Im
Wenn der Klimawandel die Meere weiter aufheizt, ist der Zug der Lachse in Gefahr
21
titel
Oktober 1993 beobachtete er in Bag
Harbour auf den Queen Charlotte-In-
seln sechs Wochen lang eine Gruppe
von Schwarzbären beim Lachsfang. In
diesem Zeitraum fingen die sechs Bären
mehr als 3.000 Lachse und damit etwa
zwei Drittel aller Fische, die durch den
Bach zogen. Fast alle gefangenen Fische
hatten bereits abgelaicht, so dass der
Beutezug der Bären keine Gefahr für die
Zukunft des Lachsbestandes darstellte.
Seine Hochrechnung ergab, dass die
pelzigen Fischräuber bis zu vier Tonnen
Fisch in einen Hektar Wald tragen.
Reimchen war bekannt, dass für die Ve-
getation verfügbarer Stickstoff im Wald
Mangelware ist – die Körper der Lachse,
die ihre Reise im Wald beenden, beste-
hen aber zu drei Prozent aus Stickstoff.
Außerdem wusste er, dass der aus dem
Ozean stammende Stickstoff sich von
den auf dem Land verbreiteten Stick-
stoffverbindungen unterscheidet. In der
Nahrungskette im Meer reichert sich
das schwerere Stickstoff-Isotop 15N an,
das ein Neutron mehr aufweist als das
weiter verbreitete, leichte 14N. Reim-
chen schickte Vegetationsproben in ein
kalifornisches Labor.
Das Ergebnis war eindeutig. In Tälern,
die mit Lachsen „gedüngt“ werden,
war 15N auffällig konzentriert in der
Vegetation nachweisbar. Lachse und
Bären versorgen den Regenwald wie ein
gut eingespieltes Team mit Stickstoff. Die
Bären schleppen die erbeuteten Fische
in den Wald, fressen aber nur etwa die
Hälfte der Fischkörper. Da sie mit dem
Lachs vor allem ihre Fettreserven für
den Winter aufbauen, werden auch die
verzehrten Stickstoffverbindungen wie-
der ausgeschieden und so ebenfalls im
Gelände verteilt. Inzwischen weiß Reim-
chen, dass in einem intakten Lachs- und
Bärenlebensraum auf diese Weise 120
Kilogramm Stickstoffverbindungen dem
Regenwald zugute kommen und dass
rund die Hälfte des von den Bäumen
genutzten Stickstoffs von den Lachsen
stammt.
Neben den Grizzly- und Schwarzbären
sind auch Marder, Weißkopfseeadler,
Möwen, Krähen und Raben am Verzehr
der Lachse und der anschließenden Ver-
teilung der Nährstoffe im Wald beteiligt.
Außerdem ernähren sich Fliegenlarven
von den Fischkadavern, die im Frühjahr
für die nötige Insektenvielfalt sorgen und
damit den Nachwuchs der Singvögel
garantieren. „Lachse sorgen für Arten-
vielfalt im Küstenregenwald,“ erklärt
Reimchen. „Täler, in denen Lachse
ziehen, weisen die doppelte Anzahl an
Insekten- und Vogelarten auf.“
Doch das System Lachs-Wald ist keine
Einbahnstraße. Die in der Vegetation
gespeicherten Nährstoffe werden wieder
frei, wenn Bäume absterben und umfal-
len. Die so in die Gewässer gelangenden
Stickstoffverbindungen versorgen Pflan-
zen und Insekten, welche die Nahrungs-
grundlage für die Lachsbrut darstellen.
Die Lachse brauchen den Wald ebenso
wie der Wald den Lachs.
Im Goldstream Provincial Park auf Van-
couver Island sind im Herbst 2006 mit
Verspätung ausreichend Lachse zurück-
gekehrt, damit der Schwarzbär sich eine
Fettschicht für den Winter anfressen
kann. Wenn die Lachse eines Tages nicht
mehr zurückkommen würden, wäre das
mit verheerenden Folgen für das Ökosys-
tem Regenwald an Kanadas Westküste
verbunden.
Jens Wieting lebt in Victoria, Kanada und arbeitet als Wald-
Campaigner für den Sierra Club, Kontakt: [email protected]
Die First Nations, die kana-dischen Ureinwohner, fischen auf traditionelle Weise im Goldstream Park
Nr. 93/2.07
Nr. 93/2.0722
satire
Unter Klon-SchafenIn einem Sommer in naher Zukunft: Ein Schaf steht auf einer großen Weide an einem modernen Zaun und kaut vor sich hin. Ein zweites Schaf tritt von außen hinzu.
Schaf außen: Hallo Artgenosse! Wie
geht´s?
Schaf innen: Danke, es geht. Ganz so
wie ein Artgenosse siehst du aber nicht
aus.
Schaf außen: Ich gehöre einer ande-
ren Rasse an und komme vom Biohof
nebenan.
Schaf innen: Gehört habe ich von euch.
Aber noch nie eines gesehen.
Schaf außen: Du kommst wohl nicht viel
herum?
Schaf innen: Nein, meistens stehe ich in
unserem modernen, vollautomatischen
Stall.
Schaf außen: Dieses ganze moderne
Zeugs macht unserem Bauern Sorgen…
Schaf innen: Was ist ein Bauer?
Schaf außen: Na, der Mensch, der uns
pflegt, Futter bringt, melkt, schert,
schlachtet… (ein leichtes Magengrum-
meln ist zu hören)
Schaf innen: Ein Mensch…?! Ich kenne
nur vollautomatische Futteranlagen,
Melkmaschinen, Kotrechen…
Schaf außen: Das ist ein Tier auf zwei
Beinen.
Schaf innen: Ach, das meinst du! Bei
mir kommt so eins ab und zu im weißen
Kittel mit Gummihandschuhen und
Maske und piekst mich mit Spritzen, um
Laborproben zu nehmen oder mich mit
irgendetwas vollzupumpen…
Schaf außen: Wozu denn der ganze
Aufwand?
Schaf innen: Ich bin ein Hochleistungs-
turboüberschallhastdunichtgesehen-
superschaf! Ich gebe die meiste Milch,
meine Wolle spinnt sich fast von allein,
und mein Fleischertrag hat beinahe den
eines Rindes eingeholt …
Schaf außen: (ein Speichelfaden rinnt
aus seinem Maul) Wow, da bin ich aber
platt! Aber wie geht denn das?
Schaf innen: Ich bin ein Klonschaf. Mein
Name ist Dolly 2.
Schaf außen: Du bist die berühmte
Dolly?!
Dolly 2: Das könnte man so sagen, denn
ich bin ein Klon meiner Mutter Dolly,
also bin ich sie. Und alle meine Schwe-
stern bin ich auch!
Schaf außen: (verwirrt): Äh… wie…?
Dolly 2: Das ist der Vorteil des Klonens.
Kein Vater nötig und kein aufwändiges
Züchten mit langwieriger Selektion. Ein-
fach ein Schaf nehmen, das so ist, wie
man es braucht, eine Zelle entnehmen,
den Zellkern daraus in eine entker-
nte Eizelle einpflanzen und ab in eine
Leihmutter – fertig ist das Schaf für die
modernen Agrarfabriken! Mit exakt dem
Erbgut der Mutter und allen gewünsch-
ten Eigenschaften. Nur Eier können wir
noch nicht legen, aber daran wird bereits
gearbeitet.
Schaf außen: Ich fall um! Aber was ist,
wenn sich die Zeiten ändern? Wenn man
neue Eigenschaften braucht? Wo soll
man die Gene dann hernehmen?
Dolly 2: Keine Ahnung. Pech gehabt.
Vielleicht von euch Bioschafen?
Schaf außen: Das hast du dir so gedacht!
Damit wir auch irgendwann so enden
wie du?! Der wirtschaftliche Druck der
Agrarindustrie ist gewaltig genug.
Dolly 2: Genau dieser Druck
hat mich hervorgebracht.
Mein Hochleistungsertrag soll
die Preise drücken. Wenn ich
allerdings nicht meine genaue
Menge Wasser und Cerealien,
Vitamine und Mineralien,
Antibiotika und Chemikalien
zu mir nehme, kippt mein
Stoffwechsel um und ich
funktioniere nicht mehr ren-
tabel genug. Deswegen stehe
ich auch nur heute draußen.
Zufällig befindet sich das
Wetter innerhalb zulässiger
Parameter. Der Klimawandel
macht´s möglich.
Schaf außen: Ja, ja, es kann
ganz schön warm werden
unter so einem dicken Pelz,
äh…, ich meine natürlich
Fell! (lässt die Zunge heraus
hängen und fängt ein wenig
an zu hecheln) Bei uns stehen
die Schafe fast das ganze Jahr
hindurch auf der Weide.
23Nr. 93/2.07
satire
Dolly 2: Bei Tag und Nacht, Sonne und
Regen, Sommer wie Winter?! Wie haltet
ihr das bloß aus?!
Schaf außen: Wir sind das gewohnt.
Unsere Rasse ist an die hiesigen Bedin-
gungen angepasst. Allerdings sind wir
nicht so groß, leistungsfähig und - saftig
wie du… (mjamjamjammm!)
Dolly 2: Und was ist mit den ganzen
Parasiten, Bakterien und Viren?! Ich bin
dagegen immun gemacht worden. Aber
ihr müsst euch ständig mit irgendwas
abplagen, oder?
Schaf außen: Im Gegenteil. Das Leben
draußen stärkt die Abwehrkräfte. Unsere
genetische Vielfalt sorgt dafür, dass die
Plagegeister immer nur einzelnen Tieren
zu schaffen machen, aber nicht gleich
die ganze Herde dahinrafft. Aber sag’
mal, wenn du so ein Superschaf bist,
warum hält man Dich dann so isoliert,
fast völlig steril?
Dolly 2: Meine Feinde schlafen nicht.
Sie rüsten auf, indem sie sich anpassen.
Und im Zuge der Globalisierung und
des Klimawandels können plötzlich
neue Schädlinge auftauchen. So können
überwunden geglaubte Probleme stärker
denn je zurückkehren. Davor will man
uns schützen; meine Erschaffung hat
schon ein Vermögen verschlungen,
meine Aufzucht und Pflege kosten auch
viel Geld. Außerdem käme ich mit dem
wechselnden Futterangebot nicht zu-
recht. Jede Schwankung führt zu Unvor-
hergesehenem, und das erhöht unseren
Preis…und du weißt ja: Geiz ist geil!
Schaf außen: Genau diesen Weg
gehen viele nicht mehr mit! Biologisch
reichhaltige Nutzflächen werden so
zu Agrarwüsten gemacht und Bauern
werden in den Ruin getrieben. Eine
echte Alternative war da die biologische
Landwirtschaft. Und was ist jetzt? Wind
und Bienen übertragen die Gene von
gentechnisch veränderten Pflanzen auf
traditionelle Sorten und auf Wildpflan-
zen. So kann die Reinheit der Biopro-
dukte nicht mehr garantiert werden und
niemand kann vorhersehen was das
langfristig in der Natur auslöst. Es ist bes-
ser, die Gentechnik vorsorglich ganz aus
der Landwirtschaft heraushalten…damit
ein ehrbarer Wolf auch in Zukunft noch
leckere Schafe reißen kann!
Dolly 2: Was ist denn das – ein Wolf?
Schaf außen (fies grinsend): ICH bin ein
Wolf…
Dolly 2: Ach, das ist ja interessant! Ich
kenne nur Woll-Schafe…aber von einem
Wolf-Schaf habe ich noch nie etwas
gehört. Was ist denn bei Dir anders?
Wolf im Schafspelz: (gierig) Na, DAS
zeige ich Dir gern! Komm nur näher
heran, damit du es besser sehen kannst!
Ich muss nur noch schnell aus diesem
Fell raus…
Dolly 2: Gleich! Ich rufe nur noch schnell
meine Schwestern heran, damit sie es
auch sehen können. Dolliiiiiiies! (Über
hundert Dolly-Klone tauchen hinter
dem Laborstall auf und kommen auf die
beiden Tiere zu. Einige humpeln, andere
keuchen laut vor Anstrengung.)
Wolf im Schafspelz (schockiert): Was
ist denn mit denen los?!
Dolly 2: Das ist der Preis des Klonens.
Wir erben das Alter unserer Mutter.
Alterungsbedingte Verschleißerschei-
nungen treten bei uns viel früher auf.
Wolf: (entsetzt aufheulend) Ou-
uuuuuuuh! (zieht sich beleidigt das
Schaffell vom Leib) Igittigitt! Nur zähe
Tattergreise! Ekelhaft! Da vergeht einem
ja einfach alles! (trottet mit hängendem
Kopf zurück Richtung Wald) Ich glaube,
ich lass´ mich für den Zoo einfangen!
Kein Ärger mehr mit Beutefang! Oder
ich werde gleich Vegetarier! Alles besser
als diese geklonten Omas hier! (heulend)
Dolly 2: (zu den anderen Klonen) Was
war denn das für ein komisches Viech?
Ich hab’s ja gewusst: Alle da draußen
sind vollkommen durchgeknallt und
wissen überhaupt nicht, was sie wollen!
Da lobe ich mir doch das planbare Leben
im schönen warmen Genlabor! Was
meint ihr?
Dollies: (im Chor zustimmend)
MMMMMMMMMMMMMMU-
UUUUUUUUUUUUUH!!!
Ralf Golz ([email protected]) und Christian
Offer ([email protected]) studierten in
den 1990er Jahren zusammen Biologie
in Berlin. Heute ist Ralf Golz im Garten-
bau tätig. In seiner Freizeit schreibt er
satirische Texte und tritt in Lesungen und
an Comedian-Abenden auf.
Foto: Naturfoto/Willner
Foto: argus/Dott
schwerpunkt
Nr. 93/2.0724
Foto: argus/Janke
25Nr. 93/2.07
schwerpunkt
Neue Kohlekraft-
werke heizen das
Klima weiter auf
Bis 2020 müssen in der Bundesre-
publik Deutschland Kraftwerke mit
einer installierten Leistung von insge-
samt ca. 40.000 Megawatt (MW) aus
Altersgründen vom Netz gehen. Das
entspricht etwa 36 Prozent der derzeit
in Deutschland insgesamt installierten
Kraftwerksleistung.
Da die Energieerzeugung in
Deutschland mit etwa 43 Prozent
den größten Anteil am CO2-Ausstoß
hat, könnte ein Ersatz der Altkraft-
werke durch einen Ausbau der
erneuerbaren Energien sowie durch
moderne Gaskraftwerke mit GuD-
Technik (Gas- und Dampfkraftwerke)
die CO2-Emissionen in Deutschland
deutlich reduzieren und damit den
dringend notwendigen Beitrag zum
Klimaschutz leisten.
Die Energieversorger jedoch, sowohl
die vier großen Konzerne EnBW,
e.on, RWE und Vattenfall als auch
zahlreiche Stadtwerke, setzen weiter
auf fossile Brennstoffe und planen
in den nächsten Jahren zahlreiche
neue Kohlekraftwerke. Mindestens
25 Steinkohlekraftwerke und drei
Braunkohlekraftwerke sollen bis
2014 entstehen.
Die Energieversorger wollen mindes-
tens 31 Milliarden Euro investieren,
um Kohlekraftwerke mit insgesamt
28. 000 MW neu zu errichten
– einem Viertel der in Deutschland
installierten Leistung. Diese Kraft-
werke könnten pro Jahr über 200
Milliarden kWh Strom produzieren
– das entspricht 38 Prozent der
derzeitigen Stromerzeugung - und
bis zu 160 Millionen Tonnen CO2
pro Jahr ausstoßen. Die Bundes-
netzagentur spricht sogar von über
40 geplanten Kohlekraftwerken mit
einer Gesamtleistung von 43.000
MW und einem CO2-Ausstoß von
über 240 Millionen Tonnen CO2.
Kohle statt Klima?
Aufgrund der hohen Investitionskos-
ten sind Kohlekraftwerke auf eine
Nutzungsdauer von über 40 Jahren
ausgelegt. Eine Umsetzung der
Planungen würde also die Energie-
erzeugung in Deutschland für die
nächsten Jahrzehnte festschreiben
und die notwendige massive Reduk-
tion der CO2-Emissionen blockieren.
Kohlekraftwerke sind aufgrund
der hohen CO2-Emissionen beson-
ders problematisch für das Klima.
Moderne Steinkohlekraftwerke
emittieren 750 g CO2 pro kWh,
Braunkohlekraftwerke sogar 950 g.
Bei Berücksichtigung des Energiever-
brauchs durch Abbau und Transport
der Kohle würden diese Werte noch
Während der Klimawandel die Titelseiten der Zeitungen füllt und PolitikerInnen jeder Coleur Maßnahmen zum Schutz des Klimas und zur Reduktion des CO
2-Ausstoßes fordern, setzen
die Energieversorger in Deutschland weiter auf fossile Brenn-stoffe und planen zahlreiche neue Kohlekraftwerke. Mitt-lerweile sind konkrete Planungen für 28 Stein- und Braun-kohlekraftwerke bekannt, vermutlich werden noch weitere hinzukommen.
Die Enerigekonzerne wollen 28 neue Kohlekraftwerke in Deutschland bauen...
26 Nr. 93/2.07
schwerpunkt
deutlich höher liegen. Moderne Gas-
kraftwerke erzeugen dagegen „nur“
etwa 350 g CO2 pro kWh. Sie sind mit
bis zu 58 Prozent Wirkungsgrad bei
reiner Stromerzeugung und bis zu 85
Prozent bei einem Betrieb als Kraft-
Wärme-Kopplungsanlage wesentlich
effizienter als Kohlekraftwerke, die einen
elektrischen Wirkungsgrad von maximal
45 Prozent (Steinkohle) bzw. 43 Prozent
(Braunkohle) erreichen.
Nur bei acht der geplanten Kohlekraft-
werke soll gleichzeitig Fernwärme produ-
ziert werden, überwiegend in geringem
Umfang. Das liegt vor allem an der
geplanten Größe der Anlagen, die zwi-
schen 500 MW (Düsseldorf, Steinkohle)
und 2.100 MW (Neurath, Braunkohle)
liegen soll.
Bei so großen Kraftwerken ist eine
nennenswerte Fernwärmeerzeugung
einerseits nicht effizient, andererseits
fehlen im näheren Umkreis die Abneh-
mer. Gaskraftwerke werden dagegen
meist als kleinere Anlagen geplant und
können aufgrund der geringeren Emissi-
onen eher siedlungsnah errichtet werden
als Kohlekraftwerke.
Kohlestrom im Emissionshandel begünstigt
Die Energieversorger argumentieren,
Gaskraftwerke seien trotz der geringeren
Investitionskosten keine Alternative zu
Kohlekraftwerken, da Gas als Brennstoff
viel zu teuer sei. Dabei ist klar, dass auch
der Kohlepreis in Zukunft steigen wird.
Und auch über die künftigen Preise der
Zertifikate kann nur spekuliert werden.
... Diese Klima-killer würden zusammen pro Jahr mehr als 160 Mili-onen Tonnen Kohlendioxid ausstoßen!
27Nr. 93/2.07
schwerpunkt
Zur Zeit sind Kohlekraftwerke vor
allem attraktiv, weil sie bei der Aus-
gabe der Emissionszertifikate im
Nationalen Allokationsplan (NAP)
bevorzugt behandelt werden. Das
bedeutet, dass die geplanten Koh-
lekraftwerke Zertifikate für 750 g
CO2 pro kWh erhalten sollen, Gas-
kraftwerke für 365 g CO2. Dabei
werden 7.500 Volllaststunden im
Jahr zugrunde gelegt. Das ent-
spricht einem dauerhaften Betrieb
im Grundlastbereich. Für moderne
Steinkohle- und Gaskraftwerke
sollen also so viele Zertifikate ver-
geben werden, wie CO2 emittiert
wird. Eine „Lenkung“ hin zu einer
klimafreundlicheren Energieversor-
gung sähe anders aus.
Sind die Kraftwerke weniger als
7.500 Volllaststunden pro Jahr
(weil z.B. weniger Strom benötigt
wird) in Betrieb, können die Be-
treiber sogar Zertifikate verkaufen.
Braunkohlekraftwerke, die größten
CO2-Emittenten überhaupt,
erhalten zwar etwas weniger
Verschmutzungsrechte als real
emittiert wird, gegen diese angeb-
liche „Ungleichbehandlung“ der
Braunkohle gab es heftige Proteste
der Braunkohlelobby. Nach einem
„Kompromiss“ sollen Braunkohle-
kraftwerke nun als „Ausgleich“
Zertifikate für 8250 Volllaststunden
erhalten. Eine energiepolitische
Fehlentscheidung, die fatale Folgen
für das Klima haben wird.
Wenn – wie von ROBIN WOOD
und anderen Umweltorganisa-
tionen gefordert – auch Kohle-
kraftwerke Zertifikate für maximal
365 g CO2 pro kWh erhalten,
würde sich der Preis für Kohle-
strom aufgrund des notwendigen
Zukaufs von Emissionszertifi-
katen deutlich verteuern. Aber:
Ein Anreiz in klimaschonendere
Techniken zu setzen, wäre getan.
Denn mehrere Energieversorger
haben betont, dass die endgültige
Entscheidung für oder gegen ein
geplantes Kohlekraftwerk auch
von der Zuteilungsregelung für
die Emissionszertifikate abhängt.
Wenn es die Politik mit ihren Be-
kenntnissen zum Klimaschutz ernst
nimmt, muss sie die Zuteilungsre-
gelung entsprechend ändern.
Anfang 2007 wurde mit dem Bau
von zwei geplanten Kraftwerken in
Duisburg-Walsum (Steinkohle) und
Neurath (Braunkohle) begonnen,
ein weiteres bei Datteln (Stein-
kohle) ist genehmigt. In Boxberg
wurde Ende April mit dem ersten
Spatenstich der Baubeginn ein-
geleitet. Bei den meisten anderen
Kraftwerken werden in diesem Jahr
wichtige Entscheidungen fallen
– bei einigen werden die Inves-
titionsentscheidungen erwartet,
bei anderen soll dieses Jahr das
Genehmigungsverfahren durchge-
führt werden. 2007 wird also ein
entscheidendes Jahr, um möglichst
viele der geplanten Kraftwerke
doch noch zu verhindern.
2007: Kohlekraftwerke verhindern!
In Berlin, Bremen, Hamburg, Mainz
und Mannheim beschäftigen sich
die ROBIN WOOD Regionalgrup-
pen mit den vor Ort geplanten
Kraftwerken. In Bremen und
Mannheim fanden bereits erste
Aktionen statt, weitere werden fol-
gen und darauf hinweisen, dass es
Alternativen zum Kohlestrom gibt.
Jede und jeder kann mit einem
Wechsel zu einem Ökostroman-
bieter schon jetzt den Energie-
konzernen die Rote Karte für ihre
rückwärtsgewandte Energiepolitik
zeigen. Der Ausbau der erneu-
erbaren Energien muss weiter
gefördert werden. Aber auch
Energieeinsparprogramme sind nö-
tig – solange der Stromverbrauch
weiter steigt, kann der Umstieg auf
eine Energieerzeugung mit 100
Prozent erneuerbarer Energie nicht
so bald gelingen.
Ulrike Bielefeld, Biologin, lebt
in Oldenburg und ist bei ROBIN
WOOD im Bereich Energie aktiv.
Kontakt: ulrike.bielefeld@
uni-oldenburg.de
schwerpunkt
Nr. 93/2.0728
Ein Dorf kämpft gegen den BraunkohletagebauBereits zu DDR-Zeiten sollte das Dorf Lacoma und die ökologisch wertvolle Teichlandschaft dem Braunkohletagebau geopfert wer-den. Seit fast 25 Jahren kämpfen die Dorfbewohner, engagierte Brandenburger BürgerInnen und zahlreiche Naturschutzorganisa-tionen wie ROBIN WOOD um den Erhalt des Dorfes und der Natur. Bisher konnte die Abbaggerung auch gegen die Interessen des Energiekonzerns Vattenfall verhindert werden, doch der Kampf für die Natur ist noch nicht gewonnen.
Das Dorf Lacoma und die benach-
barte Teichlandschaft befinden
sich zirka sechs Kilometer nordöst-
lich von Cottbus im Südosten des
Landes Brandenburg. Im März 1983
wurde den 150 BewohnerInnen
des 670 Jahre alten Ortes bekannt
gegeben, dass das Dorf dem
Braunkohletagebau Cottbus-Nord
weichen soll. So verließ die Mehrzahl
der BewohnerInnen das Dorf schon
in den Jahren 1987 bis 1990. Ein Teil
der Höfe wurde während dieser Zeit
abgerissen. Doch bereits zu DDR-
Zeiten regte sich erster Widerstand
gegen die Abbaggerung des Ortes
und der wertvollen Landschaft.
In dem Gebiet „Lacomaer Teiche
und Hammergraben“ leben mehr
als 170 vom Aussterben bedrohte
Arten, u.a. Fischotter, Rohrdommel,
Rotbauchunke und der europaweit
prioritär geschützte Eremitenkäfer.
Das Gebiet ist zirka 300 Hektar groß
und umfasst 60 Hektar Teiche, die
zur Karpfenzucht genutzt werden.
Das Land Brandenburg hat die
Lacomaer Teiche 2003 als beson-
ders schützenswertes Fauna-Flora-
Habitat-(FFH) Gebiet nach Brüssel
gemeldet.
Unter den Lacomaer Teichen werden
42 Millionen Tonnen Braunkohle ver-
mutet, die im nahe gelegenen Kraft-
Lacoma Die Lacomaer Teichlandschaft: So viel Natur für so wenig Kohle!
Foto: Michael Dieke
schwerpunkt
werk Jänschwalde des Energiekonzerns
Vattenfall verstromt werden sollen. Das
Braunkohlekraftwerk Jänschwalde ist
der zweitgrößte Kohlendioxid-Emittent
in Deutschland und das fünft dreckigste
Kraftwerk in Europa.
Die Geschichte des Dorfes Lacoma
Das sorbisch/wendische Dorf und seine
„Alte Poststraße“ wurden im Jahr 1337
zum ersten Mal urkundlich erwähnt.
Kulturhistorisch bedeutsam ist der um
1450 erbaute Hammergraben, der die
Festung Peitz, das dortige Hammerwerk
und die Lacomaer Teiche mit Wasser
versorgte. Bei einer Volkszählung Ende
des 30jährigen Krieges wurden bereits
drei Familien genannt, deren Nachfahren
bis in die heutige Zeit im Dorf Lacoma
ansässig waren.
Um den Hammergraben und die Teiche
entwickelte sich über die Jahrhunderte
ein Gebiet, in dem sich eine seltene und
wertvolle Flora und Fauna ansiedelte, so
dass das Gebiet bereits 1968 zum Land-
schaftsschutzgebiet erklärt wurde.
1989 gingen nach der Wende der
Strombedarf und die Kohleförderung in
der Lausitz massiv zurück, so dass sich
der vorgesehene Überbaggerungster-
min um mehr als 15 Jahre verschob. In
der Lausitz wuchs die Hoffnung, dass
der „Spuk“, der mit der Braunkohle-
verstromung verbunden war, ein für
alle mal vorbei sei. Der Tagebau und
die damit einhergehende Zerstörung
der Dörfer und Landschaften waren für
viele Menschen in der Region Anlass
gewesen, an den Montagsdemonstrati-
onen teilzunehmen.
In der Hoffnung auf einen Neuanfang
besetzen 1992 vor allem AbiturientInnen
aus der Stadt Cottbus die leer stehen-
den Gehöfte des Dorfes Lacoma und
brachten wieder Leben in das Dorf. Was
als Besetzung begann, wurde zwei Jahre
darauf durch befristete Nutzungsver-
träge durch die Stadt Cottbus legalisiert.
Die artenreiche Teichlandschaft von
Lacoma spielte in der Diskussion der
90er Jahre eine große Rolle. Und so
verkündete der damalige Umweltminis-
ter des Landes Brandenburg, Matthias
Platzeck, noch 1993 auf einem Dorf-
fest in Lacoma, dass der Ort und die
Landschaft dem Braunkohletagebau
nicht weichen müssten. Als Ministerprä-
sident hielt er sich später allerdings nicht
an sein Versprechen. So versuchte die
Brandenburger Landesregierung unter
Platzecks Federführung lange Zeit, die
Meldung des Gebietes als europäisches
FFH-Schutzgebiet zu verhindern. Erst
ein durch die Umweltverbände NABU,
GRÜNE LIGA und BUND initiiertes EU-
Vertragsverletzungsverfahren gegen
Deutschland zwang das Land, das
Gebiet als ökologisch besonders wertvoll
anzuerkennen und der EU als Beitrag
zum Natura-2000-Netzwerk zu melden.
Vattenfall AB ist ein schwedischer
Staatskonzern und mittlerweile der
fünftgrößte Stromkonzern in Europa.
Der Konzern wirbt damit, führend im eu-
ropäischen Umweltschutz zu sein. Doch
statt Umweltschutz betreibt Vattenfall
Umweltzerstörung in großem Stil.
Vattenfall übernimmt die LauBAG
Im Jahr 2000 übernahmen die im Besitz
von Vattenfall AB befindliche HEW die
Lausitzer Braunkohle AG (LauBAG). Das
Unternehmen wurde 2002 in „Vattenfall
Mining AG“ umbenannt. Bei den Natur-
schützerInnen und in der Bevölkerung
der Lausitz keimte Hoffnung auf, haben
die Schweden doch einen guten Ruf,
was den Umweltschutz angeht. Diese
Hoffnung wurde aber bitter enttäuscht,
denn die Bergbaupläne der DDR werden
von dem schwedischen Staatskon-
zern weiter vorangetrieben und noch
schlimmer: Vattenfall will der Braunkohle
zu einer neuen Renaissance verhelfen,
neue Braunkohlekraftwerke bauen und
weitere Tagebaue erschließen.
Viele der Nutzungsverträge der letz-
ten Häuser im Dorf Lacoma wurden
bereits zum Herbst 2003 gekündigt
oder liefen aus. Darunter fiel auch die
Kulturscheune, die über Jahre Zentrum
und Symbol des Dorflebens war. Im
Der schwedische Konzern Vattenfall will der Braunkohle zur Renaissance verhelfen
Protest gegen die Zerstö-rung von Lacoma
Foto: Michael Dieke
Foto: Steph Grella
Nr. 93/2.07 29
30 Nr. 93/2.07
Sommer des Jahres 2003 organisierte
sich ein gewaltfreier Widerstand gegen
den Abriss, der ab dem 01. Oktober zu
einer Besetzung des Gebäudes durch
zeitweise bis zu 200 AktivistInnen führte
und durch ROBIN WOOD unterstützt
wurde. „Kultur statt Kohle - Lacoma
statt Vattenfall“ stand am 7. Oktober
auf dem Transparent, das ROBIN WOOD-
AktivistInnen nahe der Ortschaft über
die Bundesstraße spannten. Nach mehre-
ren erfolglosen Verhandlungen mit dem
Energieriesen Vattenfall wurde die Beset-
zung der Kulturscheune am 16. Oktober
durch die Polizei gewaltsam beendet
und die AktivistInnen der „Freunde von
Lacoma“ von den Dächern geholt. Die
Kulturscheune wurde sofort abgerissen.
„So viel Natur für so wenig Kohle?
- Rettet Lacoma! Energiewende jetzt!“
forderten ROBIN WOOD-AktivistInnen
vor der Berliner Vattenfall-Zentrale. Der
Protest gegen die Abbaggerung der
Teichlandschaft wurde zusammen mit
den „Freunden von Lacoma“ nicht zum
ersten Mal aus der Lausitz in die Bundes-
hauptstadt getragen. Und nicht nur in
Berlin, auch in Cottbus und Stockholm
am Hauptsitz des Konzerns Vattenfall
protestierte ROBIN WOOD.
Als Vattenfall eine Genehmigung zur
Querung des Hammergrabens - mit
damit verbundenen Baumfällungen
- erhielt, besetzen AktivistInnen von
ROBIN WOOD im Oktober 2005 Bäume
an eben dieser Stelle. Die Baumbeset-
zung fand ein großes Medienecho und
das Vorhaben Vattenfalls, die Teiche dem
Braunkohletagebau zu opfern, stieß
erstmals auch öffentlich auf die Ableh-
nung einzelner Parlamentsmitglieder in
der Landes- und Bundespolitik. Vattenfall
zeigte sich in keiner Weise gesprächs-
bereit und die Baumbesetzung wurde
nach 13 Tagen durch die Brandenburger
Polizei und die Werksfeuerwehr von
Vattenfall geräumt.
Die Baumfällungen am Hammergraben
waren – nach Auffassung von Vattenfall
– notwendig geworden, um eine Brücke
über den Hammergraben zu bauen, über
die Rohre und Pumpen in der Teichland-
schaft eingebracht werden können. Um
die Braunkohle im immer näher rücken-
den Tagebau Cottbus-Nord abbauen zu
können, muss der Grundwasserspiegel
um insgesamt 60 Meter gesenkt werden.
Durch die Rohre, die seit Oktober 2005
überall in der Teichlandschaft verlegt
werden und nicht zu übersehen sind,
pumpt Vattenfall pro Minute zwischen
700 und 850 Liter Wasser aus dem
gesamten Gebiet und entlang des
Hammergrabens ab. 200 Millionen Ku-
bikmeter Wasser pro Jahr werden in die
Spree geleitet. Das sind unvorstellbare
Mengen, wenn bedacht wird, dass ganz
Brandenburg an Wasserknappheit leidet!
2006 und 2007: Die Jahre der Entscheidung
Um den Druck auf Schwedens Regierung
zu erhöhen, protestierten ROBIN WOOD-
AktivistInnen im April 2006 nochmals
in Stockholm bei der Vattenfall-Haupt-
versammlung. Und: Bundestagsabge-
ordnete aller Parteien unterstützen den
Erhalt der Lacomaer Teichlandschaft
und gehören zu den 3.000 Personen,
die eine gemeinsame Resolution der
Umweltorganisationen BUND,
GRÜNE LIGA, NABU und
ROBIN WOOD unterschrieben
haben.
Am 18. Dezember 2006 ver-
fasste das brandenburgische
Landesamt für Bergbau,
Geologie und Rohstoffe
jedoch den Planfeststellungs-
beschluss zur Beseitigung
der Lacomaer Teiche für den
Braunkohletagebau. Gegen
diesen Bescheid hat die Na-
turschutzorganisation GRÜNE
LIGA Klage beim Verwal-
tungsgericht Cottbus Klage
eingereicht. Sie wird dabei
von ROBIN WOOD, NABU,
und dem BUND unterstützt.
Die klagenden Verbände stüt-
zen sich u.a. auf die aktuelle
Rechtsprechung des Europä-
ischen Gerichtshofes, nach
der die Zerstörung von FFH-
Gebieten vor ihrer Eintragung
in die europaweite Schutz-
gebietsliste nicht zulässig
ist. Denn: Das Schutzgebiet
schwerpunkt
Allen Protesten zum Trotz: Das Dorf Lacoma wird abgerissen
Foto: Michael Dieke
31Nr. 93/2.07
wurde zwar bereits 2003 gemeldet, ist
aber noch nicht auf der Liste der europä-
ischen Schutzgebiete eingetragen.
Vattenfall hatte vor Weihnachten gegen-
über dem Gericht zugesagt, bis Mitte Ja-
nuar keine Maßnahmen zur Beeinträchti-
gung des Schutzgebietes durchzuführen
- und tat es dennoch: Am 4. Januar
2007 begann Vattenfall vor Ort Tatsa-
chen zu schaffen, ungeachtet der noch
ausstehenden gerichtlichen Entschei-
dung. Obwohl Vattenfall bekannt ist,
dass die Bereiche um den Hammergra-
ben Überwinterungshabitate geschützter
Amphibien sind, beauftragten sie eine
Waldarbeitsfirma mit der Abholzung
eben dieser Flächen. Dabei wurden über
eine Strecke von 800 Metern Bäume
entlang des Hammergrabens gefällt. Wie
sich bei Untersuchungen später heraus-
stellte, war darunter auch ein Baum, der
von Eremitenkäfern bewohnt wurde. Das
Verwaltungsgericht Cottbus stoppte die
Arbeiten auf Antrag der Umweltschütze-
rInnen noch am gleichen Tag.
Hinzu kam, dass Vattenfall versucht
hatte, das Wasser im alten Hammergra-
ben abzulassen, um die Lacomaer Teiche
von der Wasserzufuhr abzuschneiden.
Auch hier haben die Naturschutzver-
bände im Kampf um die Lacomaer
Teichlandschaft einen ersten wichtigen
Teilerfolg errungen. Die bereits geplante
Stilllegung eines Teils des Hammergra-
ben-Altlaufs musste Vattenfall nach Auf-
forderung des Gerichts stoppen und ver-
bindlich zusichern, bis zum eigentlichen
Gerichtsentscheid keine Maßnahmen zu
dessen Trockenlegung durchzuführen.
Am 28. Februar entschied das Verwal-
tungsgericht Cottbus in einem Eilverfah-
ren, dass Vattenfall bis zum Hauptsache-
verfahren keine weiteren irreversiblen
Arbeiten in der Teichlandschaft vorneh-
men darf. Der Planfeststellungsbeschluss
ist nach Aussage des Gerichts zum
gegenwärtigen Zeitpunkt rechtswidrig,
da dieser mit den zwingenden Vorgaben
des Landschaftsschutzgebietes nicht
zu vereinbaren ist. Das Landesbergamt
wurde durch den Gerichtsbeschluss zu
einem ergänzenden Verfahren verpflich-
tet, in dem über die Ausgliederung der
Teichgruppe aus dem Landschaftsschutz-
gebiet entschieden werden muss.
Vattenfall hält daran fest, das europä-
ische Schutzgebiet wegen 42 Millionen
Tonnen Kohle zu zerstören. Die kla-
genden Umweltorganisationen werden
ihre Argumente vor dem Verwaltungs-
gericht Cottbus vortragen und sich auch
außerhalb des Gerichtssaals für den
Erhalt der Teiche einsetzen.
Steph Grella, [email protected],
Daniel Häfner, 0179/6719016,
Bettina Dannheim,
Unterstützen Sie die Aktionen der
ROBIN WOOD-AktivistInnen und die
Klage der Umweltorganisationen zum
Erhalt der Lacomaer Teiche! Spen-
denkonto: Stichwort: Lacoma retten,
Kto.8455500, BLZ 25120510 oder
www.robinwood.de/spenden.
Kontakt und weitere Informationen:
ROBIN WOOD-Pressestelle
Nernstweg 32
22765 Hamburg
Tel. 040 /380 892 0
schwerpunkt
Der Hammergraben vor ...
... und nach der Fällung von 800 Bäumen durch Vattenfall
Fotos: Steph Grella
schwerpunkt
Nr. 93/2.0732
Ein Atommülllager säuft abWas derzeit im Atommülllager ASSE II geschieht ist der GAU, der Größte anzunehmende Unfall, der in einem Atommülllager unter Tage passieren kann: Wasser dringt ein und wird mit dem strahlenden Müll in Verbindung kommen. Radioaktivität wird aus dem Lager austreten. Selbst der Betreiber spricht nicht mehr davon, die Radioaktivität zu-rückhalten zu können, sondern nur noch davon, ihren Zutritt zu verlangsamen und über „Strömungsbarrieren“ zu lenken.
Die Asse ist ein kleiner, beschau-
licher Höhenzug in Niedersachsen
im Landkreis Wolfenbüttel. Darunter
befindet sich ein Salzstock, aus dem seit
Ende des vorletzten Jahrhunderts Salz
gewonnen wurde. Die Schächte ASSE I
und ASSE III sowie der Schacht Hed-
wigsburg, die zur Salzgewinnung in den
Berg getrieben worden waren, sind alle
unkontrolliert durch Wassereinbrüche
abgesoffen.
Ein altes Bergwerk voll mit radioaktivem Müll
Die Abtäufarbeiten im Schacht ASSE
II begannen 1906. Von 1909 bis 1964
wurde Salz abgebaut. 1965 kaufte die
Gesellschaft für Strahlenforschung (GSF)
das Salzbergwerk im Auftrag des Bundes
als Forschungsbergwerk für die Lage-
rung von Atommüll.
Nicht nur in den Bergwerken ASSE I und
ASSE III, auch in ASSE II gab es immer
Probleme mit Wasser. In einem Proto-
koll der 61. Sitzung des Bundestags-
ausschusses für Atomkernenergie und
Wasserwirtschaft vom 13. Mai 1965 ist
zu lesen: „Ein schwieriges Problem sei,
dass der Schacht ASSE II in 300 Metern
Tiefe einen Riss habe, durch den schon
seit vielen Jahren Süßwasser einsickere.
Diesem Punkt gelte ganz besondere Auf-
merksamkeit. Sollte sich dieses Problem
nicht lösen lassen, müsse ASSE II wieder
abgegeben werden.“
ASSE II wurde jedoch nicht abgegeben.
Im Gegenteil, von 1967 bis 1978 wurden
ca. 125.000 Gebinde mit schwach- und
zirka 1300 Gebinde mit mittelradioak-
tivem Abfall in der ASSE II eingelagert.
Der Großversuch der „nicht-rückhol-
baren Endlagerung“ führte dazu, dass
laufen. Großflächige Kontaminationen
im Grubengebäude wären die Folge und
könnten die Umsetzung der Schlie-
ßungsmaßnahmen stark behindern oder
gar unmöglich machen.“
Plötzliches Absaufen jederzeit möglich
War es über Jahrzehnte die Politik der
GSF alle Probleme zu ignorieren und zu
verharmlosen, so geht sie inzwischen in
die Offensive. Auf einer Reihe öffent-
licher Veranstaltungen werden offene
Worte gesprochen:
„Der Salzlösungszutritt stellt ein nicht
kalkulierbares Risiko für die Sicherheit
der Schachtanlage Asse dar. Niemand
kann mit Sicherheit prognostizieren,
wie sich der seit 1988 beobachtete
Salzlösungszutritt in Zukunft entwi-
ckeln wird. Beispiele in unserer Nähe
– wie Vienenburg, Hedwigsburg und
ASSE I – haben in der Vergangenheit
leider immer wieder gezeigt, dass ein
Salzlösungszutritt unberechenbar ist
und in wenigen Tagen zum Ersaufen
eines Gewinnungsbergwerkes führen
kann, wie es bei ASSE I 100 Jahre zuvor
tatsächlich geschehen ist.“
Angesichts der dramatischen Situation
stellt sich zwingend die Frage nach der
Rückholung des Atommülls. Die Bot-
schaft der Betreiber lautet: Eine Rück-
holung ist technisch möglich, allerdings
dauere sie zu lange und die Gefahr wäre
zu groß, dass die ASSE II vorher völlig
abgesoffen sei.
Die Menschen vor Ort wollen diese
Herangehensweise nicht hinnehmen.
Gerade weil die Situation in der ASSE
II so dramatisch ist, kann man nicht,
wie die GSF es plant, das Lager fluten,
sich die Kraftwerksbetreiber und die
Atomforschungseinrichtungen mehr als
ein Jahrzehnt lang billig ihres radioak-
tiven Abfalls entledigen konnten.
Mit der Atomgesetznovelle von 1978,
die erstmals ein atomrechtliches Planfest-
stellungsverfahren für ein Atommüllend-
lager vorschrieb, wurde das Aus für ASSE
II eingeläutet. Den Anforderungen eines
solchen Verfahrens hätte ASSE II nie
standgehalten. Sie wurde jedoch nicht
geschlossen, sondern als Forschungs-
bergwerk bis in die 90er Jahre weiter
geführt, betrieben für die Grundlagen-
forschung für eine geplante spätere
Einlagerung von hochaktivem Müll in
Gorleben.
Seit 1988 tritt kontinuierlich Lauge zu,
rund 12 Kubikmeter pro Tag. Dabei wan-
dert die Zutrittsstelle in immer tiefere
Schichten. War sie anfangs auf der 565-
Meter-Sohle, ist sie dort im März 1992
versiegt und hat sich auf die 616-Meter-
Sohle verlagert. Inzwischen ist sie auf der
658-Meter-Sohle angekommen.
Wie gefährlich ein weiteres Absinken
der Laugen-Zutrittsstelle wäre, erläu-
terte Dr. Gerd Hensel von der GSF auf
einer öffentlichen Veranstaltung am 25.
Mai 2005 im Dorfgemeinschaftshaus
Remlingen:
„Selbst wenn der Salzlösungszutritt
über die gesamte Zeit der Rückholung
konstant bliebe, kann nicht ausgeschlos-
sen werden, dass sich die Zutrittsstelle
weiter nach unten verlagert, so wie
es bisher beobachtet wurde. Sinkt die
Zutrittsstelle bis unter das Niveau der
658-Meter-Sohle könnte die Salzlösung
ungehindert in die Einlagerungskam-
mern eindringen, Radionuklide freiset-
zen und in das übrige Grubengebäude
schwerpunkt
Nr. 93/2.07 33Foto: Bilderberg/Georg Fischer
Strömungsbarrieren einbauen, das Lager
schließen und sich anschließend aus dem
Staub machen.
Einen „heilen Zustand“ ASSE wird es nie
mehr geben. Die Radioaktivität ist da
und sie wird in die Umgebung austreten.
Deshalb muss untersucht werden wie
mit dem strahlenden Müll zu verfahren
ist, um die radioaktive Belastung so
gering wie möglich zu halten. Bis zum
Ergebnis der Prüfung ist auf jeden Fall
sicher zu stellen, dass keine Baumaß-
nahmen vorgenommen werden, die
eine Rückholung faktisch unmöglich
machen. Und es sind die notwendigen
Stabilisierungsmaßnahmen im Bergwerk
vorzunehmen.
Bund und Land stehen auf dem juristi-
schen Standpunkt, die ASSE II sei eine
Forschungseinrichtung, deshalb müsse es
für ihre Schließung kein atomrechtliches
Planfeststellungsverfahren geben. Sie
wollen das allein nach Bergrecht regeln.
Diese Position verteidigen sie seit vielen
Jahren vehement, egal welche Parteien
die jeweiligen Regierungen bildeten. Im
Bergrecht ist jedoch keine Öffentlich-
keitsbeteiligung vorgesehen.
Eine Überführung des Atommülllagers
ASSE II in das Atomrecht würde zumin-
dest ein Verfahren unter Beteiligung
der Öffentlichkeit notwendig machen.
Die Übertragung ins Atomrecht hätte
darüber hinaus auch zur Folge, dass die
Kosten für Rückholung und sichere End-
lagerung von den Verursachern getragen
werden müssten.
2003 hat der Gesetzgebungs- und
Beratungsdienst des Niedersächsischen
Landtages in einem Gutachten die
Auffassung vertreten, dass es zur
Schließung der ASSE II sehr wohl eines
atomrechtlichen Planfeststellungsver-
fahrens bedürfe. Daraufhin erklärte sich
die Tischlermeisterin Irmela Wrede aus
Mönchevahlberg bereit, den Rechtsweg
zu beschreiten. Innerhalb kürzester Zeit
wurde ein Rechtshilfefonds gegründet,
um das Verfahren, dessen Kosten auf
40.000 Euro geschätzt werden, finanziell
abzusichern. Die GSF hat die Unterlagen
zur Genehmigung ihres Stilllegungskon-
zeptes Ende 2006 nach Bergrecht beim
Bergamt eingereicht. Übrigens nach
jahrlanger Verzögerung auf Grund von
Problemen beim Sicherheitsnachweis.
Das Bergamt hat die Unterlagen bereits
als unzureichend zurückgewiesen und
Nachlieferungen verlangt.
Asse II als Warnung: Endlager Schacht KONRAD und Gorleben aufgeben!
Noch vor einigen Jahren haben die
Betreiber der ASSE II behauptet, das
Lager sei sicher und bedauert, dass die
Arbeiten zur Einlagerung von Atommüll
zu Forschungszwecken in der ASSE
eingestellt worden seien. Warnungen,
die es bereits in den 70er Jahren wegen
mangelnder Standsicherheit gab, wur-
den konsequent ignoriert. Nun zeigt
sich, dass die angebliche Langzeitsicher-
heit nicht einmal für 20 Jahre ausreicht.
Was bedeutet dies aber für die Endlager-
projekte Schacht KONRAD und Gorle-
ben? Auch dort heißt es von Betreiber-
seite, die Langzeitsicherheit sei gegeben.
Doch welche Halbwertszeit haben diese
Aussagen? Die Sicherheitsberechnungen
zu Schacht Konrad basieren auf Model-
len, die 25 Jahre alt und nicht mehr dem
Stand von Wissenschaft und Technik
entsprechen.
So dramatisch die Situation in ASSE II ist,
so muss sie als Warnung für die anderen
Projekte aufgefasst werden. Die Forde-
rungen des Arbeitskreises Endlager aus
dem Jahr 2002, ein wissenschaftliches
Gremium, das aus Atomenergiebefür-
wortern und –gegnern zusammenge-
setzt ist, müssen endlich umgesetzt und
mittels objektiver, wissenschaftlicher Kri-
terien nach dem bestmöglichen Umgang
mit dem Atommüll gesucht werden. Die
Bevölkerung ist auf eine ehrliche Weise
mit einzubeziehen. Und eine weitere
Lehre muss gezogen werden: Angesichts
der riesigen Probleme mit dem Atommüll
darf kein neuer produziert werden!
Ursula Schönberger ist im Vorstand
der Arbeitsgemeinschaft
Schacht KONRAD e.V.,
4. April 2007: Protest vor den Toren der Schachtanlage ASSE II, in der radioaktiver Müll lagert. In das Salzbergwerk tritt seit langem Wasser ein. Die UmweltschützerInnen fordern einen öffentlichen Prozess, der klärt, was mit dem radioaktive Müll geschehen soll
Foto: Thomas Erbe
Nr. 93/2.0734
schwerpunkt
Uranmüll nach RusslandDie bundesweit einzige Urananreicherungsanlage (UAA) steht in Gronau. Der dabei anfallende strahlende Abfall wird nach Russland transportiert, wo er größtenteils unter freiem Himmel lagert. Eine billige Lösung für die Betreiber der UAA, eine tödliche Bedrohung für die Menschen vor Ort. Russische Umweltschützer haben deshalb Anzeige erstattet.
Die Anlage wird von der multinatio-
nalen Firma Urenco Ltd. betrieben.
Die deutschen Energiekonzerne RWE
und E.on besitzen gemeinsam 33,3 Pro-
zent der Anteile dieser Firma. Statt den
Uranmüll an den eigenen Standorten
zu verwerten oder endzulagern, hat die
Urenco in den letzten zehn Jahren aus
Gronau mehr als 20.000 Tonnen abge-
reichertes Uran nach Russland verschickt,
wo es in geheimen Atomanlagen des
Militärs für wenig Geld gerne entgegen-
genommen wird.
Die geschlossenen Atomstädte Russlands
sind ein Erbe der Sowjetunion. Sie haben
10.000 bis 300.000 Einwohner und
sind komplett mit Stacheldrahtzäunen
abgesperrt. Von außen kann sie niemand
ohne besondere Erlaubnis des KGB-
Nachfolgers FSB oder des russischen
Atomministeriums betreten. In vier
dieser Orte am Ural und in Sibirien, die
über eigene Urananreicherungsanlagen
verfügen, schickt die deutsche Urenco
ihren radioaktiven Abfall zur Endlage-
rung: in Novouralsk, Angarsk, Seversk
und Zelenogorsk.
Offiziell finden die Transporte unter dem
Deckmantel der Wiederanreicherung
statt, doch in Wirklichkeit bleiben mehr
als 90 Prozent des gelieferten Urans als
Abfall auf der offenen Wiese der Atom-
kombinate liegen. Greenpeace Russland
schätzt, dass sogar 98 Prozent des gelie-
ferten Urans in Russland verbleiben. Und
da der Urenco-Müll beim Überschreiten
der Grenze in russisches Eigentum über-
geht, besteht keine Rücknahmeverpflich-
tung seitens des Konzerns. Während
der Gewinn aus diesem Geschäft an
die Urenco und wahrscheinlich auch an
hochrangige Mitarbeiter von Rosatom,
der staatlichen Atomenergieaufsichtsbe-
hörde geht, gefährdet der hochgiftige
und radioaktive Müll die Bevölkerung.
Nach unabhängigen Schätzungen
würden sich die Produktionskosten der
Urenco verfünffachen, wenn sie ihren
Atommüll in Deutschland lagern müsste.
So bleibt Urenco auf dem Weltmarkt
wettbewerbsfähig, während in Russland
die strahlenden Müllberge wachsen.
Mittlerweile wehren sich die Menschen
in Russland gegen das Geschäft mit
dem Uranmüll. Zum 20. Jahrestag von
Tschernobyl fanden im April 2006 in 12
russischen Großstädten Proteste gegen
den Import von Atommüll statt. Im
November 2006 haben russische Um-
weltschützer aus Moskau, Ekaterinburg,
Tomsk und Irkutsk bei der Staatsanwalt-
schaft Münster Strafanzeige gegen die
Urenco gestellt, wegen des Verdachts
auf illegalen Müllexport nach Russland.
„Nach russischen Gesetz ist es verboten,
Atommüll ins Land zu bringen“, erklärt
Vladimir Slivyak von der Umweltorgani-
sation Ecodefense. „Trotzdem nutzt die
Urenco die poststalinistsichen Strukturen
in den Atomstädten, um weiter ihr dre-
ckiges Geschäft zu betreiben.“
Heffa Schücking, urgewald
Aus dem aktuellen Dossier von urgewald
über die Energiepolitik von RWE mit dem
Titel „Ineffizienz und Wahnwitz“.
www.urgewald.de
Proteste gegen deutschen Atommüll in Russland
35Nr. 93/2.07
schwerpunkt
Nebel über Olkiluoto
Erstmals seit zehn Jahren wird in Westeuropa wieder ein Atomkraft-werk gebaut. Der Reaktor Olkiluoto 3 an der finnischen Westküste wird als billiger Ersatz für Erdgas- und Kohlestrom gepriesen und ist Hoffnungsträger für die ausstiegsgebeutelte Atomindustrie. ROBIN WOOD hat vor Ort etwas genauer nachgesehen.
Helsinki, fünf Uhr morgens. Etwa
1500 Kilometer Wasserweg seit
Rostock liegen hinter uns, noch etwa
350 Kilometer Fahrt mit dem Bus nach
Rauma, zur Westküste kommen auf uns
zu. An uns ziehen verschneite Land-
schaften vorbei, kleine rote Holzhütten
stehen inmitten großer Forstgebiete. Der
Wald ist der wichtigste Rohstoff in Finn-
land. Neben Wasserkraft und Atomen-
ergie ist Biomasse aus Holz und Torf ein
bedeutender Strom- und Wärmelieferant
und zugleich Rohstoff für die Papierin-
dustrie. In Rauma steigen wir ins Taxi,
denn auf den letzten Kilometern zu den
- ebenfalls rot gestrichenen - Atomreak-
toren fahren keine öffentlichen Verkehrs-
mittel. Als wir aussteigen, können wir
die beiden würfelförmigen Reaktorge-
bäude im Nebel erkennen.
Olkiluoto wird derzeit zu einem ato-
maren Abenteuerspielplatz ausgebaut:
Hier soll es in naher Zukunft neben den
zwei Siedewasserreaktoren westlicher
Bauart, die bereits in Betrieb sind, einen
Druckwasserreaktor vom Typ EPR und
ein Endlager für hochradioaktive Abfälle
geben. Mit zum Kraftwerk gehören
noch das Kohlekraftwerk Mari-Pori und
ein Windrad. Die Betreiber geben sich
selbstbewusst. Es gibt ein Besucherzent-
rum mit interaktiver Ausstellung und
Blick auf die Atomanlagen. Eine Führung
zur Baustelle des EPR oder des zukünf-
tigen Endlagers fällt aus - kein weiterer
Kommentar.
Der Vortrag im Besucherzentrum erklärt
uns, wie der finnische Strommarkt funk-
tioniert. Möglichst billig soll der Strom
sein, denn billiger Atomstrom steht bei
Finnlands energieintensiver Holz-, Papier-
und Elektronikindustrie hoch im Kurs.
Finnland, so sagt man uns im Atomkraft-
werk, wolle weg von der Abhängigkeit
von Strom- und Rohstoffimporten - vor
allem das russische Erdgas soll durch
Atomstrom ersetzt werden. Atomener-
gie sei die klimafreundliche Alternative
zu fossilen Brennstoffen, nachhaltige
Formen der Energiegewinnung wie
Windenergie seien zu unberechenbar,
passende Standorte nicht zu finden und
vor allem zu teuer. Dass der EPR-Reak-
tor allein im Bau 3,2 Milliarden kostet
und der Hersteller dabei noch Verluste
einfährt, wird nicht erwähnt. Ebenso
wenig, dass der Reaktor, der 2009 ans
Netz gehen sollte, jetzt schon anderthalb
Jahre hinter seinem Zeitplan ist und sich
die Finnen und Franzosen darüber strei-
ten, wer für die Kosten der Verspätung
aufkommen soll. Es ist eine politische
Entscheidung, die dem Bau des Atom-
reaktors zu Grunde liegt. Und weil die
Stimmung in der Regierung so positiv ist,
hat die Industrie im April sogar angekün-
digt, einen sechsten Reaktor bauen zu
wollen.
Zwei Reaktoren vom Typ Forsmark ver-
richten in Olkiluoto seit fast 40 Jahren ih-
ren Dienst. Mit einer Gesamtleistung von
etwa 1700 Megawattstunden werden
hier etwa 15 Prozent des gesamten in
Finnland verbrauchten Stroms erzeugt.
Die beiden anderen finnischen Atom-
meiler in Loviisa sind sowjetischer Bauart
und produzieren etwa zehn Prozent des
Strombedarfs.
Der European Pressurized Water Reac-
tor (EPR) ist ein neuer Reaktortyp,
der von Avera (ehemals Framatome) und
Siemens angeboten wird, Olkiluoto ist
der erste Standort, an dem er tatsächlich
gebaut wird. Dieser Bau ist für Siemens
und Avera nicht wirtschaftlich - 2003
sollte die deutsche Bundesregierung eine
Hermesbürgschaft für den Bau über-
nehmen, was aufgrund des politischen
Drucks scheiterte. Die französische
Regierung hat Avera ohne zu zögern
eine Bürgschaft über 610 Millionen Euro
gewährt, um das Projekt zu ermögli-
chen. Siemens und Avera werden mit
dem Projekt keinen Gewinn machen, viel
wahrscheinlicher sind ein paar hundert
Millionen Euro Verlust. Bei diesem AKW-
Bau geht es aber nicht um Gewinne: Es
handelt sich um den Versuch, mit dem
Bau einer neuen Anlage endlich wieder
einen Fuß in die Tür zu bekommen,
nachdem seit über zehn Jahren in West-
europa kein AKW mehr gebaut wurde.
Es ist der Kampf um die Existenzberechti-
gung der Atomindustrie.
Sebastian Vollnhals, ROBIN WOOD-Aktivist, und Frank Schapitz, Öko-
löwe Leipzig, haben im Februar 2007 die Baustelle des finnischen Atom-
kraftwerks in Olkiluoto besucht.
www.olkiluoto.info
www.luontoliitto.fi
Sebastian Vollnhals und Frank Schapitz in Olkiluoto
schwerpunkt
Nr. 93/2.0736
Biokraftwerke verbrennen Regenwald
Befürworter von Strom aus Pflanzenöl
begründen ihre Meinung damit, dass
ausschließlich der Kohlenstoff wieder in
die Atmosphäre entlassen werde, der zu-
vor von den Pflanzen gebunden wurde.
Das ist aber nur die halbe Wahrheit.
Vergessen wird, dass der Anbau, der
Transport und die Raffinerie beispiels-
weise von Raps viel Energie und viele
Ressourcen kostet, was einen weiteren
Ausstoß von Treibhausgasen bewirkt.
Den größten Effekt hat aber der Ausstoß
von Lachgas (N2O).
Ausgerechnet von Rapsfeldern steigt
dieses Gas auf, das aus Prozessen in der
Pflanze und im Boden stammt, die durch
die Düngung verstärkt werden. Lachgas
ist aber um das ca. 320fache treibhaus-
aktiver als CO2. Die Bilanz, so rechneten
Forscher des Wuppertal Institut für
Klima, Umwelt, Energie schon 1995
vor, ist ernüchternd: Strom aus Raps ist
demnach nur um ein Prozent klima-
freundlicher als Strom aus Kohle. Aber es
kommt noch viel schlimmer.
Werden Blockheizkraftwerke mit Palmöl
aus den Tropen betrieben, werden sie
zum echten Klimakiller. Besonders in
Indonesien und Malaysia, den weltweit
mit Abstand größten Produzenten von
Palmöl, wurden in den vergangenen
Jahrzehnten mehrere Millionen Hektar
Regenwald vernichtet, um Ölpalm-Plan-
tagen anzulegen. In den meisten Fällen
werden zunächst die wertvollsten Hölzer
im Wald geschlagen und verkauft. Der
verbliebene Wald verschwindet häufig in
den gigantischen Papierfabriken, die teil-
weise von deutschen Banken finanziert
und von deutschen Steuergeldern rück-
versichert werden. Die zerstörten Natur-
flächen werden anschließend einfach in
Brand gesteckt, was für die Firmen, die
nicht selten auf allen Stufen an der Aus-
beutung verdienen, den Vorteil hat, dass
die Feuer auf noch intakte Waldgebiete
übergreifen. Geschädigter Wald aber
darf in Plantagen umgewandelt werden.
Besonders verheerend ist das Zündeln in
den Tiefland-Regenwäldern, zum Bei-
spiel in Kalimantan, dem indonesischen
Teil der Insel Borneo. Diese
Wälder stehen im Sumpf auf
meterdicken Torfschichten,
die, einmal trockengelegt und
angezündet, nicht verbren-
nen, sondern verkohlen, da
nur wenig Sauerstoff in sie
eindringt. Einige Torfböden in
Indonesien brennen seit fast
einhundert Jahren. Die Glut
frisst sich unterirdisch fort
und tritt irgendwo erneut zu
Tage.
Rita Sastrawan von der
indonesischen Natur-
schutzorganisation Borneo
Orangutan Survival Foun-
dation (BOS) berichtet von
ihrer Reise durch Zentral-Ka-
limantan: „Auf meiner Fahrt
auf dem Fluss Kapuas war
die Waldzerstörung immer
präsent. Ständig waren Säge-
werke am Ufer zu sehen, und
der beißende dicke Rauch
ätzte in unseren Augen und
Lungen. Manchmal konnten
wir nicht weiter als 15 Meter
sehen! Die Feuer diktieren
hier das Leben der Menschen.
Sie scheinen unbesiegbar. Mit
Ein gutes Gewissen hatte bisher, wer Strom aus Kraftwerken bezog, die Pflanzenöl nutzen. Mehrere Elektrizitätswerke in Deutschland betreiben solche Blockheizkraftwerke und preisen deren Klima-freundlichkeit. Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen entlar-ven diese Form des „grünen“ Stroms als Selbstbetrug.
Um Platz für Ölpalm-Plantagen zu schaffen, wird der Tropenwald in Brand gesetzt
37Nr. 93/2.07
schwerpunkt
Macheten und schwerem Gerät bahnen
sich die Brandbekämpfer den Weg durch
den noch verbliebenen Wald.“
Auf dem Satellitenfilm von Borneo
waren 2006 über 300 große Brandherde
zu erkennen – weit über zwei Millionen
Hektar Regenwald fielen den Flammen
zum Opfer. Die Rauchwolken nahmen
ein ebenso großes Ausmaß an wie in
der bisher schlimmsten Brandsaison
1997/98. Über den Indischen Ozean zog
sich ein dichter Rauchteppich, der bis
an die afrikanische Küste reichte. Am
schlimmsten trifft es inzwischen fast
jedes Jahr Malaysia: In den Straßen der
großen Städte ist die Luft zum Schneiden
dick und so gesundheitsschädlich, dass
die Behörden Ausgangssperren verhän-
gen. Aber vor allem den Menschen auf
dem Land bleibt zum Überleben keine
andere Wahl, als ihre Felder inmitten des
Qualms zu bestellen.
Ganze 15 Prozent der weltweiten
Klimagas-Emissionen gehen inzwi-
schen auf das Konto der indonesischen
Waldbrände! Das ist ungefähr so viel,
wie alle EU-Staaten gemeinsam im Jahr
ausstoßen. Im Fernsehmagazin Report
vom 12. März 2007 äußerte sich der
Klimaforscher Florian Siegert von der
Uni München über die Untersuchungen
seiner Arbeitsgruppe: „Wir konnten
nachweisen, dass durch das Anlegen
von Plantagen, durch das Abbrennen
der Regenwälder und der Torfgebiete ein
Viel-Tausendfaches an CO2 freigesetzt
wird, als wir bei uns durch die Verbren-
nung von Palmöl zur Energiegewinnung
einsparen können. Damit ist die Klimabi-
lanz desaströs.“
Als wären die Umweltschäden durch die
Waldzerstörung nicht schon genug, wer-
den vor allem in Indonesien täglich Men-
schenrechte verletzt, die in Zusammen-
hang mit der Naturvernichtung stehen.
Die Holz-, Papier- und Plantagenfirmen
sind meist mit Lokalpolitikern und dem
Militär verbandelt. Einschüchterungen,
Bedrohungen, Vertreibungen der lokalen
Bevölkerung und von Umweltschüt-
zern und Menschenrechtlern sind an
der Tagesordnung. In Fällen, in denen
Kleinbauern sich freiwillig für den Anbau
von Ölpalmen entschließen, fehlt ihnen
später das Land für die Selbstversorgung.
Im Jahr 2006 wurden in der Europä-
ischen Union über eine Million Tonnen
Palmöl zur Energiegewinnung verheizt.
Nach einer unveröffentlichten Studie
des Leipziger Instituts für Energetik und
Umwelt werden allein die deutschen
Blockheizkraftwerke im laufenden Jahr
2007 zusammen ca. 1,3 Mrd. Kilowatt-
stunden Strom aus Palmöl produzieren
– etwa die Menge, die hierzulande pro
Jahr aus Sonnenenergie erzeugt wird.
Der Klimaschaden, den die Kraftwerks-
betreiber dabei in Kauf nehmen, wird
über das Erneuerbare-Energien-Gesetz
(EEG) vom deutschen Stromverbraucher
mit zur Zeit etwa 200 Millionen Euro
jährlich gefördert. Denn Ölpalmen gelten
nach dem EEG, genau wie Raps, als
„nachwachsende Pflanzen aus land-
wirtschaftlichen Betrieben“. Bundesum-
weltminister Siegmar Gabriel sieht
durch den Palmöl-Boom die Wende zu
erneuerbarer Energie in Gefahr: „Es ist
besorgniserregend: Wer das EEG nutzt,
denkt, er tut etwas Gutes. Aber wenn er
dies zum Teil durch die Zerstörung von
Regenwald getan hat, sind wir dabei,
den Sinn des EEG in der Öffentlichkeit zu
diskreditieren.“
Die meisten Kraftwerksbetreiber
in Deutschland sind mittlerweile
von Rapsöl auf billigeres Palmöl als
Brennstoff umgestiegen. Nicht alle
nehmen dabei ihre Verantwortung
für die Umwelt so ernst wie die Stadt-
werke Schwäbisch Hall, die von ihrem
ursprünglichen Plan, Palmöl aus einer
Plantage in Malaysia zu beziehen,
nach persönlicher Visite der angeblich
ökologisch nachhaltigen Anbauflächen
wieder abgerückt sind und nun eine
eigene ökologisch und sozial verträgliche
Plantage aufbauen wollen. Sie hatten
sich von den vollmundigen Aussagen
des so genannten Runden Tisches für
nachhaltiges Palmöl (RSPO) täuschen
lassen, deren Mitglied der Plantagen-
betreiber in Malaysia ist. Axel Friedrich,
Experte für nachwachsende Rohstoffe
beim Umweltbundesamt (UBA), stellt
unmissverständlich klar: „Es gibt kein
Zertifizierungssystem für Palmöl. Wer das
Gegenteil behauptet, sagt bewusst oder
unbewusst die Unwahrheit.“
Ob aus offiziell nachhaltigen Plantagen
oder nicht: ROBIN WOOD und Umwelt-
und Menschenrechtsorganisationen wie
BOS, Rettet den Regenwald oder Watch
Indonesia sprechen sich gegen jegliche
Nutzung von Palmöl in europäischen
Kraftwerken aus, da sie die weltweite
Nachfrage nach dem zerstörerischen
Rohstoff stützt. Axel Friedrich vom UBA
sieht das ähnlich: „Wer behauptet, er
bezöge ‚nur’ Palmöl aus lang bestehen-
den Plantagen, zieht Palmöl aus dem
Gesamtsystem heraus und erhöht damit
den Druck, neue Palmölplantagen zu
Lasten des Urwalds anzulegen.“
Christian Offer, Berlin
Foto: Jens Wieting
Der Anbau von Ölpamen geht häufig mit Menschenrechtsver-letzungen einher
titel
Nr. 93/2.0738
Wenn viele Menschen viele
kleine Schritte tun ...Das Motto kann nicht sein: Ich habe hier viel Holz und jetzt geht’s los. Sondern erst mal fragen, wie viel ich eigentlich brauche, meint Dinah Epperlein vom Energiewende- Komitee. Bürgerkraftwerke sind Schritte in die richtige Richtung. Energieeffiziente Produkte und Energiesparen sind noch besser.
? Frau Epperlein, Sie beschäftigen
sich schon lange mit erneuerbaren
Energien. Warum?
! Ich hatte das Gefühl, im Bereich
Erneuerbare endlich mal meine Kennt-
nisse als Physikerin praktisch anwen-
den zu können und dabei noch etwas
Sinnvolles zu tun. Die Atomphysik
erschien mir schon früh als der falsche
Weg. Aber was war die Alternative?
Ich wollte dazu beitragen, Alternativen
zu finden, umzusetzen, weiterzuent-
wickeln. Das gab meinem Studium
eigentlich überhaupt erst den Sinn.
? Gab es damals schon die Fachaus-
richtung „erneuerbare Energien“?
! Nein, aber wir hatten in München
ein Seminar, das sich mit alternativen
Energiekonzepten beschäftigte. Eher
eine Arbeitsgruppe, geleitet vom
heute sehr bekannten Prof. Hans-Pe-
ter Dürr. Ich war von Anfang an da-
bei. Das Ganze war eine unheimlich
produktive und kreative AG. Diese
AG hat sicher meinen Weg geprägt.
Ich absolvierte später an der TU
Berlin ein Weiterbildungsstudium
Energiemanagement/Energiebera-
tung und bin darüber zur Beratung
gekommen.
? In Göttingen waren Sie später
Mitbegründerin des Energiewende
Komitees. Was hat es damit auf sich?
! Das Göttinger Energiewende
Komitee ist direkt nach dem Reak-
torunfall in Tschernobyl gegründet
worden. Es setzte sich damals aus
ganz vielen verschiedenen ehren-
amtlichen Gruppen zusammen, und
wir entwickelten für unsere Stadt
Fotos: Enrico Verworner
Dinah Epperlein
39Nr. 93/2.07
perspektiven
ein kleines alternatives Energiekonzept.
Das Energiewende Komitee lebt heute
noch, macht Aufklärungsaktionen und
ist politisch aktiv.
? Was bedeutet Energiewende für Sie?
Nur noch bei Kerzenschein lesen?
! Nein, gar nicht. Aber wir müssen
uns einfach mehr Gedanken machen.
Als erstes muss ich überlegen, wie viel
Energie ich als Einzelner, aber auch als
Gesellschaft überhaupt brauche. Ist der
Aufwand nötig, oder kann man das
vielleicht auch anders organisieren? Der
zweite Punkt ist: Wie kann ich die benö-
tigte Energie so effizient wie möglich er-
zeugen? Das geht in Richtung Blockheiz-
kraftwerke, Energiesparlampe, effiziente
Kühl- oder Haushaltsgeräte. Und wenn
ich die notwendigen Geräte dann alle
habe, muss ich mir überlegen, wie ich
den Strom oder die Wärme erzeuge, um
sie zu betreiben. Was ist mein Brennstoff
oder meine Energiequelle?
? Das alles sollen sich die Verbraucher
und Verbraucherinnen jeden Tag aufs
Neue überlegen?
! Nein, das sollen sich vor allem die
Produzenten überlegen. Natürlich
kann man es nicht dem Verbraucher
überlassen, sich neben seinem Job und
seiner Familie um alles zu kümmern. Ich
denke, der Verbraucher wird da wirklich
überfordert. Es müssen alle ran. Vor
allem müssen die industriellen Produkte
endlich energieeffizienter werden! Dann
kann sich der Verbraucher immer noch
zwischen dem absoluten Premium und
dem Guten entscheiden. Das reicht ihm
oder ihr dann schon.
? Also ist das Verhalten der Menschen
doch nicht so wichtig?
! Das kann man so nicht sagen. Sicher-
lich ist ein umweltfreundliches Verhalten
wichtig. Aber ich kann trotzdem nicht
verstehen, warum es zulässig ist, schlechte
Geräte zu bauen. Es gibt für die meisten
Geräte enorme Sicherheitsvorkehrungen
und Vorschriften, damit sie uns nicht schä-
digen. Ich finde, wir sollten auch vorschrei-
ben, wie viel Energie ein Gerät verbrau-
chen darf, sofern das technisch möglich
ist. Heute weiß man, dass ein Kühlschrank
die Hälfte verbrauchen könnte. Aber er
verbraucht immer noch viel. Durch ein
paar bessere Komponenten kann jeder
Hersteller die Energieeffizient steigern, und
die Mehrkosten wären marginal.
? Beim Projekt „Solarzwilling“ kommen
die Verbraucher aber wieder zum Zuge...
! Ja, stimmt. Im Grunde ist der Solarzwil-
ling ein Bürgerkraftwerk, eine Solar-
stromanlage, in die jeder Bürger oder
Bürgerin kleines Geld investieren kann.
Zwilling heißt es deshalb, weil alle Er-
träge darauf genutzt werden, um Solar-
stromprojekte der Landlosenbewegung
in Brasilien zu unterstützen. Dies ist ein
ideelles Projekt. Ich glaube an die Kraft
der vielen Kleinen. Wenn Menschen
selber zu Energieerzeugern werden z. B.
mit einer Fotovoltaikanlage oder einem
kleinen Blockheizkraftwerk, dann haben
sie plötzlich eine ganz andere Sicht auf
die Dinge, ganz andere Interessen, und
merken, wie wertvoll Energie ist.
? Was wünschen Sie sich von den Me-
dien in Bezug auf Erneuerbare?
! Ich wünsche mir, die Medien stellten
das Energieproblem und den Klimawan-
del weniger als Sachfrage dar, sondern
mehr als eine Frage: Worin liegt der
Sinn, ständig Wirtschaftswachstum zu
haben? Die Medien behaupten, es ma-
che Sinn, aber keiner weiß es wirklich,
hinterfragt es öffentlich.
Es geht um die Frage: Wie wollen wir in
Zukunft leben, wie soll die Welt aus-
sehen? Das verlässt schnell den Bereich
Technik und wird komplexer. Ich glaube,
nur durch komplexe Fragen und ehrliche
Antworten können wir unser komplexes
Leben meistern.
Interview Dr. Corinna Hölzer,
GreenMediaNet. Aus dem Lesekalen-
der zu den erneuerbaren Energien
„Frauenansichten 2007“, Redaktion
Andrea Meyer, Bundesministerium
für Umwelt, Naturschutz und
Reaktorsicherheit, Referat KI III 1,
www.bmu.de.
grü
ne b
eru
fe
Der eine solare Zwilling im Göttinger Freibad erzeugt als Bürgerkraftwerk Strom aus Sonnen-energie. Der andere solare Zwilling er-zeugt in Brasilien auf einem ökologischen Modellhaus Strom aus der Sonne. Dieses Haus steht auf dem Gelände eines Müll-recycling-Projekts der Caritas und der Land-losenbewegung. www.solarzwilling.de
verkehr
Nr. 93/2.0740
So kommt die Neuwagenflotte von
BMW 2005 auf stolze 192 Gramm
Kohlendioxid pro Kilometer. War da
was mit Klimaschutzversprechen? Zwölf
Prozent der gesamten europäischen
Kohlendioxid-Emissionen verursachen
Pkw und während in anderen Bereichen
die Werte sinken, steigen sie bei Autos
weiter an und machen Erfolge im Klima-
schutz zunichte.
Der Verband der europäischen Auto-
bauer, ACEA, ging 1998 eine Selbst-
verpflichtung ein, um verbindliche
EU-Grenzwerte zu verhindern. Schon
damals stand das Ziel der EU fest die
CO2-Emissionen von Neuwagen bis
2012 auf 120 Gramm Kohlendioxid pro
Kilometer zu reduzieren. Das entspricht
einem Verbrauch von 4,5 Litern Diesel
oder fünf Litern Benzin auf 100 Kilome-
tern. Bei einem Scheitern der Selbst-
verpflichtung sollen 2008 Grenzwerte
eingeführt werden.
Genau das passiert nun. Doch die Wellen
schlugen hoch, als EU-Umweltkommissar
Stavros Dimas ankündigte, diese fast
zehn Jahre alte Vorgabe umzusetzen.
EU-Ratspräsidentin Angela Merkel,
angetreten mit dem Vorsatz sich als
Klimaschützerin zu profilieren, verriss
das Lenkrad und kündigte an „mit aller
Härte“ gegen den seit 1998 auf Wieder-
vorlage gelegten Grenzwert vorzugehen.
Porsche-Chef Wendelin Wiedeking sah
gar den Sozialismus Urstände feiern.
Der deutsche EU-Kommissar Günter
Verheugen gerierte sich erfolgreich als
Interessenvertreter der heimischen Auto-
industrie und handelte einen Rabatt von
zehn Gramm aus.
Die Kommission sieht nun vor, dass die
Motoren von Neuwagen bis 2012 soweit
verbessert sind, dass sie maximal 130
Gramm Kohlendioxid pro Kilometer
emittieren. Dieser Wert ist ein Durch-
schnittswert für alle Flotten aller Herstel-
ler. Der „Verheugen-Rabatt“ von zehn
Gramm soll durch effizientere Klimaanla-
gen, Reifentechnik, aber auch durch Bei-
mischung von Pflanzentreibstoff erreicht
werden. Das weicht den seit Mitte der
90er Jahre von der EU angestrebten und
immer wieder verschobenen Grenzwert
auf. Die deutschen Autohersteller gehen
als Helden der Lobby-Arbeit aus dem
Streit hervor. Einen konkreten Gesetzes-
vorschlag will die Kommission möglichst
noch in diesem Jahr Ministerrat und
Parlament vorlegen.
Im Streit um die Ausgestaltung müssen
KlimaschützerInnen nun Druck gegen
die Spritfresserfraktion machen. Und
jenseits vom Ordnungsrecht bleibt es am
wirksamsten, das Auto stehen zu lassen.
Welches Auto? Einen von den rund 450
Millionen PKW in den Industrieländern
oder von den 600 Millionen Autos
weltweit, die nur zehn Prozent aller
Menschen gehören, aber für hundert
Prozent aller Menschen Treibhausgase
ausdünsten.
Monika Lege, 040/38089212,
Autoindustrie statt Klimaschutz 2008 wird wieder einmal ein Industrieverband an seiner Selbstver-pflichtung scheitern. Auf durchschnittlich 140 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer versprachen die europäischen Autobauer, die Treib-hausgas-Emissionen ihrer Neuwagen-Flotten zu senken. Das ent-spricht einem Verbrauch von etwas mehr als sechs Litern Sprit auf 100 Kilometern. Doch nicht einmal die Hälfte des Reduktionsziels haben sie bisher erreicht. Die deutschen Marken Porsche, BMW, Mercedes-Benz und VW-Tochter Audi reißen das europäische Klas-senziel in den Keller.
240 km/h Spitze und 180 Gramm CO
2 pro Kilometer: Audi
rast dem Klimaschutz davon
Klimasünder ausgebremst
Der Oberste Gerichtshof der USA
hat entschieden, dass Treibhaus-
gase als Luftverschmutzung gelten.
Das ist ein Durchbruch in der nord-
amerikanischen Klimapolitik, hinter
dem wesentlich der Druck von Nicht-
Regierungs-Organisationen steht.
Diese hatten Klage eingereicht, weil
die US-Umweltbehörde sich weigerte,
Grenzwerte für die Treibhausgas-Emis-
sionen von Autos und LKW festzu-
legen. Dazu ist sie nun verpflichtet.
Hinfällig ist damit auch die Klage der
deutschen Autohersteller BMW, Daim-
lerChrysler, Porsche und Volkswagen,
die die Einführung von Grenzwerten
für Neuwagen in Kalifornien und
anderen Bundesstaaten verhindern
wollten. ROBIN WOOD hatte im
Frühjahr 2005 an der internationalen
Kampagne von 53 Umweltorganisati-
onen aus 14 Ländern mitgewirkt und
die deutschen Autobauer aufgefor-
dert, ihre Klage zurück zu ziehen.
41Nr. 93/2.07
verkehr
Mobil ohne Auto
Bei der aktuellen Klimadebatte steht auch der Autoverkehr auf der Tagesordnung.
Gestritten wird über die Frage, wie viel Kohlendioxid pro 100 km Autos aussto-
ßen dürfen, und ob es hierzu eine gesetzliche Regelung geben soll.
ROBIN WOOD geht das nicht weit genug, deshalb haben wir uns mit vielen ande-
ren Verbänden zum Bündnis Mobil ohne Auto (MoA) zusammen geschlossen. Wir
fordern, nach Möglichkeit auf das Auto zu verzichten und sich mit öffentlichen
Verkehrsmitteln oder zu Fuß oder mit dem Fahrrad fortzubewegen.
Um der Forderung nach einer umweltfreundlichen und sozialen Mobilität Nachdruck
zu verleihen, findet seit Anfang der achtziger Jahre einmal im Jahr der Aktionstag
Mobil ohne Auto statt. Dieses Jahr wird am 3. Sonntag im Juni, dem 17.6., landauf
- landab mit den unterschiedlichsten Aktionen und Veranstaltungen für eine men-
schen- und umweltverträgliche Verkehrspolitik demonstriert:
www.mobilohneauto.de
Die Tour de Natur, eine 14-tägige umwelt- und verkehrspolitische Fahrradtour,
setzt sich in diesem Jahr besonders für den Klimaschutz ein. Etwa 150 Radfah-
rerinnen und Radfahrer zwischen 5 und 85 Jahren fahren vom 29. Juli bis 11. August
2007 von Nürnberg über Schweinfurt, Würzburg und Darmstadt nach Offenbach,
vorwiegend über Bundes- und Landesstraßen, abgesichert von der Polizei.
„Klimafreundlich mobil ... das können wir uns leisten!“ lautet das Motto der 17.
Tour de Natur. Die TeilnehmerInnen engagieren sich für eine sozialverträgliche
Verkehrs- und Umweltpolitik und treten den Beweis an, dass sich Politik, Kultur und
gemeinsame sportliche Betätigung in einer anderen Lebensweise verbinden lassen.
Und ganz nebenbei ist die Tour de Natur eine wunderbare, erholsame Möglichkeit
Urlaub zu machen, neue Menschen kennen zulernen oder mit der ganzen Familie
entspannt in die Pedale zu treten. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer organisieren
die Tour selbst, organisatorischer Träger ist die Grüne Liga Dresden/Oberes Elbtal.
Mehr Infos: Organisationsbüro 0351/494 33 53 und unter www.tourdenatur.net,
[email protected], Tel: 0931/571794, [email protected]
Tour de Natur
Bahn unterm Hammer
Das Bündnis „Bahn für Alle“ veran-
staltete in Berlin vom 17. bis 18.
März 2007 eine große Tagung zum
geplanten Börsengang der Bahn. Die
Veranstaltung fand enormen Anklang
mit über 160 TeilnehmerInnen aus
ganz Deutschland und sogar aus dem
Ausland.
Am Abend stand die Filmpremiere
von „Bahn unterm Hammer“ auf
dem Programm. Alle 460 Plätze
des Babylon-Kinos waren besetzt.
Doch dann die Nachricht: Es habe
Probleme mit dem Schnittprogramm
gegeben und es sei nicht klar, ob die
Filmmacher rechtzeitig mit der Kopie
aus Hamburg eintreffen würden.
Schließlich ein Aufatmen: Völlig
übernächtigt, aber mit dem Film im
Gepäck trafen sie ein – mit der Bahn.
Der Film wurde ausschließlich mit
Spenden engagierter BürgerInnen
finanziert. Auch das ist ein Zeichen
dafür, wie wichtig die anstehende
politische Entscheidung genommen
wird. Doch große Entscheidungen
werfen lange Schatten, wie im Film
deutlich wurde. Durch Mehdorns
auf den Börsengang ausgerichtete
Konzernpolitik haben bei der Bahn
Beschäftigte und Kunden schon seit
Jahren zu leiden: Arbeitsplatzabbau,
Verspätungen und Streckenstill-
legungen sind nur einige Beispiele,
die dem Publikum gezeigt wurde.
An den zwei Tagen der Tagung wurde
den TeilnehmerInnen viel geboten,
und es lag Aufbruchstimmung in der
Luft. Neben den vielen fundierten
Informationen wurde ein deutliches
Zeichen gesetzt, das von der Politik
nicht übersehen werden kann. Die
Fakten und die Mehrheit der Bevölke-
rung sprechen gegen den Börsengang.
Dies muss sich auch in der Entschei-
dung im Bundestag wieder finden.
Mehr zur Tagung:
http://www.bahn-ist-keine-ware.de/
Mehr zur Kampagne:
http://www.deinebahn.de
Mehr zum Film:
http://www.bahn-unterm-hammer.de/
Zur MoA-Fahrrad-Sternfahrt 2006 in Hamburg kamen über 10.000 Radfahrerinnen und Radfahrer. Dieses Jahr sollen es noch mehr werden: www.fahrradsternfahrt.info, Tel.: 040/23994265
Nr. 93/2.0742
jug
en
dse
ite Natur auf der Spur
Zum 9. Mal ruft GEO zum Schülerwettbewerb „Tag der Artenvielfalt“ auf. SchülerInnen jeden Alters können einen Tag lang Forscher sein und ein „Stück Natur“ vor der Haustür genauer untersuchen. Die Ergebnisse sollen anschließend dokumentiert werden. Ob Textmappe, Installation von Fund-stücken, Bilder, Fotos, Videos und Internet-Präsentation - der Fantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt.
Die alljährliche Natur-Inventur wurde
1999 ins Leben gerufen. Seit dem
organisiert GEO jedes Jahr zusammen
mit einem Partner den Tag der Arten-
vielfalt. Dieses Jahr findet sie am 9. Juni
2007 unterstützt von der Deutschen
Wildtier Stiftung statt. Parallel dazu rich-
ten Universitäten, Museen, Umweltäm-
ter, Naturschutzverbände und Gruppen
naturbegeisterter Laien ihre eigenen
Artenvielfalt-Tage aus.
Das Ziel dabei ist es innerhalb von 24
Stunden so viele Tier- und Pflanzenarten
wie möglich aufzuspüren, um dabei
authentische Informationen über den
Zustand der Natur in Biotopen ganz
unterschiedlicher Art zu gewinnen. Von
Anfang an waren auch Schülerinnen
und Schüler beteiligt. Bei ihnen geht es
aber nicht um Rekorde beim Erfassen
der gefundenen Arten, sondern um die
Vielfalt der Ideen, mit deren Hilfe sich
Natur untersuchen lässt.
Am diesjährigen Wettbewerb können
Gruppen von SchülerInnen jeden Alters
teilnehmen: Klassen, Bio-AG’s, Leistungs-
kurse oder kleinere und größere Schü-
lergruppen. Sie sollten bei ihrer Arbeit
von Lehrern oder Experten unterstützt
werden. Die Jury aus Vertretern der
Deutschen Wildtier Stiftung, des Ernst
Klett Verlags und von GEO wird die ide-
enreichsten und sorgfältigsten Arbeiten
(Planung, Durchführung, Auswertung
des Projekts) prämieren und die Sieger
im Herbst 2007 vorstellen.
Der GEO- Tag der Artenviel-
falt findet am 9. Juni 2007
statt. Die Aktionen der
Schulen können an diesem
Tag oder an einem belie-
bigen Datum in der Woche
davor oder danach ausge-
richtet werden. Attraktive
Preise wie eine Klassenfahrt,
ein Jahresabo GEOlino oder
Buchpakete winken den
Siegern der Schulaktionen.
GEO vergibt aber ebenso
einen Expertenpreis für
kleinere Gruppen von zwei
bis fünf SchülerInnen, die
außerhalb ihrer Schulklasse
ein eigenes Projekt durch-
führen. Sie können sich
intensiv mit Tieren und
Pflanzen beschäftigen,
Forschern über die Schulter
schauen und beim „Gipfel-
treffen der Experten“ dabei
sein - denn die Gewinner
werden zur Teilnahme an
der Hauptversammlung am
14. Juni 2008 eingeladen.
Alle Teilnehmer des Schü-
lerwettbewerbs müssen ihr
Projekt unter http://www.
geo.de/GEO/natur/oekolo-
gie/tag_der_artenvielfalt/
anmelden und bis zum 12.
Juni 2007 an die Redaktion
GEO senden.
Joanna Buryn-Weitzel ist 14 Jahre alt und die
Vielfalt der Arten bei ihr zu Hause wird von Stab- und
Gespenstheuschrecken, ei-ner Schildkröte und einem
Hund bereichert.Foto: GEO
Nr. 93/2.07
bücher
anzeige
Vor uns die Sintflut
Tauendes Polareis, Landstriche, die im Wasser versinken, Naturkatastrophen von un-
geahnten Ausmaßen: Erderwärmung und Klimawandel sind schon lange keine graue
Theorie mehr. Für viele Menschen wurden sie bereits bittere Realität. Die amerika-
nische Journalistin Elizabeth Kolbert bereiste Orte, an denen die konkreten Auswir-
kungen des Klimawandels schon heute zu spüren sind – in Grönland, Alaska und
England. Inuit in Alaska, die umgesiedelt werden, weil das Eis ihre Häuser nicht mehr
trägt, Schmetterlingsforscher in England, Gletscherbeobachter in Island, zahlreiche
Klimaexperten und politische Entscheidungsträger schildern ihre Sicht der Dinge.
So entstand eine Sammlung eindrucksvoller Reportagen, in denen die Autorin
verständlich und klar die historischen, wissenschaftlichen und politischen Zusammen-
hänge des Klimawandels beschreibt. Im zweiten Teil des Buches bewertet Elizabeth
Kolbert sachlich kritisch die Reaktionen von Wirtschaft und politischen Entschei-
dungsträgern. Deutlich zeigt sie dabei den Egoismus, mit dem Verantwortliche in
den USA, Hauptverursacher von Treibhausgasen, die im Kioto-Prozess festgeschrie-
benen Gegenmaßnahmen torpedieren.
Ihre Betroffenheit zeigt sie durch die Auswahl der vorgestellten Wissenschaftler und
Themen. So berichtet sie über ein niederländisches Unternehmen, das schwimmende
Häuser herstellt – für die befürchteten großen Überflutungen. Nachdenklich macht
ein Gespräch mit dem Klimaforscher Robert Socolow: Während Laien bei wissen-
schaftlichen Themen stets zur Dramatisierung neigten, sei es beim Klimawandel
genau umgekehrt. Fast alle Experten würden warnen – und die Laien verharmlosen.
Das Ende vom Öl
Wie entsteht Erdöl und wo wird es gefördert? Ne-
ben diesen Fragen diskutieren die Autoren Förder-
statistiken und Prognosen zur zukünftigen Erdöl-
förderung und kommen zu dem Schluss, dass das
Maximum der Förderung unmittelbar bevorsteht.
Spannend wird es bei der Analyse der verschie-
denen Akteure im Erdölsektor und ihrer Interessen.
Detailliert wird die Argumentationsweise und
Desinformationspolitik der Erdölfirmen entlarvt und
den Fakten gegenübergestellt. Die Stärke des Buchs
liegt vor allem darin, dass es nicht bei der Analyse
der Gegenwart stehen bleibt, sondern ein Szenario
der zukünftigen Wirtschafts- und Energiepolitik
entwirft. Dabei werden einerseits grundlegende Än-
derungen wie beispielsweise die Neudefinition von
Wirtschaftswachstum bei begrenzten Ressourcen
gefordert. Andererseits werden die Regenerativen
Energieträger und ihre Entwicklung in letzter Zeit
kurz beschrieben.
Einige der verwendeten Grafiken sind unvollständig
und damit wenig hilfreich. Alles in allem liefert das
Buch viele aktuelle Fakten und verbale Munition für
das Engagement für eine Energiewende.
Alexander Schweyer, Regensburg
Elizabeth KolbertVor uns die SintflutDepesche von der KlimafrontÜbersetzung Thorsten SchmidtBerlin Verlag, 2006222 Seiten, 19,90 EuroISBN 978-3827006431
Sonderaktion: Das Buch kann für 4 Euro bei der Bundeszentrale für politische
Bildung, www.bpb.de/publikationen/WFWTLU.html befristet bestellt werden.
Campbell,C.J., F. Liesenbor-ghs, J. Schindler, W. ZittelÖlwechsel: Das Ende des Erdölzeitalters und die Weichenstellung für die ZukunftÜbersetzt von Helga Rothdtv Verlag, 2007272 Seiten, 12 EuroISBN 978-3-423-34389-3
43
Nr. 93/2.07
bücher
Politisch handeln in der Shoppingmall
Tanja Busse glaubt fest an die Wirksamkeit kleiner Schritte und an die Macht der
Konsumenten. Und mit dieser Überzeugung gelingt es ihr, die Fakten eines globali-
sierten Konsums schonungslos darzulegen und gleichzeitig die LeserInnen zu einem
bewussten Einkaufsverhalten zu motivieren. Ob wir nun unseren morgendlichen Kaf-
fee trinken, uns ein neues, cooles T-Shirt gönnen, ein Planschbecken zum Vergnügen
unserer Kinder kaufen oder einfach nur etwas essen wollen, wir stillen damit nicht
nur unsere Bedürfnisse sondern bestimmen entscheidend die Lebensbedingungen
anderer Menschen – und die sind häufig nicht menschenwürdig. In Brasilien verkau-
fen Indigene ihr Land für einen Spottpreis an Futtermittelfirmen, in Indien schuften
Kinder in Steinbrüchen für Pflaster- und Grabsteine, in Asien nähen Frauen Kleidung
für knapp 4 Euro am Tag.
In Tanja Busses Buch kommen Wissenschaftler ebenso zu Wort wie Experten von Or-
ganisationen wie Greenpeace, Oxfam, Evangelischer Entwicklungsdienst, Kampagne
für saubere Kleidung und vor allem die Menschen, die unsere geliebten Produkte
herstellen. Außerdem hat die Autorin auch bei Firmen wie KarstadtQuelle, Adidas,
Nestlé etc, recherchiert und hartnäckig nachgefragt. Trotz der ausführlichen Fakten
ist das Buch sehr verständlich geschrieben.
Abgerundet wird das Buch durch Kapitel, die sich mit der Geschichte der Konsum-
kritik befassen und mit politischem Konsum als Thema in Wissenschaft und Medien.
Überzeugend ist auch der Anhang, der Informationsquellen auflistet (Verbraucher-,
Umweltschutz- und Entwicklungshilfe-Organisationen, Bezugsquellen für faire und
ökologische Produkte) und eine ausführliche Literaturliste sowie ein Personen- und
Sachregister enthält – ein Buch, mit dem sich arbeiten lässt.
Annette Littmeier, Berlin
Unappetitlichen Geschäfte der Lebensmittelindustrie
Dass man Käse am Rand etwa 5 Millimeter abschneiden sollte, dass dank eines
geschickten Deals probiotischer Joghurt in Frankreich auf Rezept verkauft wird, dass
zuckerfreie Light-Produkte uns nicht wirklich schlanker werden lassen und 1000
weitere nützliche Informationen rund um künstliche Zusatz-, Konservierungs-, Farb-
und Süßstoffe in Lebensmitteln erfährt man in dem Buch die „Joghurt-Lüge“, das
eigentlich jede und jeder vorm Einkauf gelesen haben müsste.
Obwohl es auf den ersten Blick so wirkt, wir haben es hier nicht mit dem recht ober-
flächlichem skandalheischen ähnlicher Bücher zu tun, sondern mit einer ernsthaf-
ten Auseinandersetzung um die Gefahren des „Geiz ist Geil“-Konsums. Kein Blatt
vor den Mund genommen wird bei der berechtigten Kritik an der DGE (Deutsche
Gesellschaft für Ernährung), die so offensichtlich ihre Neutralität verkauft, wenn es
um Marken und den Absatz geht. Tierversuchsstudien als Grundlage für menschliche
Ernährung werden erfreulicherweise kritisiert, auch die Relativität objektiver, wissen-
schaftlicher Studien wird angesprochen.
Allerdings fehlt dem Buch das Zeug zum Kassenschlager – aus einem einfachen
Grund: Es ist keine leichte Kost, die hier vorgelegt wird. Das umfangreiche Zahlen-
material und der Fremdwortgebrauch machen das Lesen an vielen Stellen schwer.
Wunderbar recherchiert, größtenteils gut erklärt – das Buch ist eine Goldgrube für
Menschen, die zum Thema recherchieren wollen. Hier wurde das nämlich schon
messerscharf getan.
Franziska Brunn, Berlin
Marita Vollborn, Vlad D. GeorgescuDie Joghurt-LügeCampus Verlag, 2006300 Seiten, 19,90 EuroISBN 978-3-593-37958-6
Tanja BusseDie EinkaufsrevolutionKonsumenten entdecken ihre MachtKarl Blessing Verlag, 2006 320 Seiten, 14,95 EuroISBN 978-3-89667-312-1
44
Nr. 93/2.07
internes
Neuer ROBIN WOOD-Vorstand 2007Ich bin Sara-Ann
Lampmann, 24,
aus Hamburg. Ich
studiere Psycholo-
gie in Dresden. Seit
2003 bin ich in den
Fachgruppen Energie
und Tropenwald aktiv
und habe einige Akti-
onen und Floßtouren
mitgemacht. Nun
freue ich mich auf die
Arbeit im Vorstand!
Ich bin Felix Kupferschmidt, 39,
und wohne in München. Ich habe
eine 10jährige Tochter und bin Ad-
ministrator in einer Werbeagentur.
Zu ROBIN WOOD kam ich 1989 in
Mainz, das ich 1996 in Richtung
Oberbayern verließ. Die Themen
Mobilität und Klima bringen mich
zu ROBIN WOOD in die Verkehrs-
fachgruppe. Im Vorstand war ich
schon einmal für zwei Jahre. Das
ist eine schöne und konstruktive
Arbeit im Verein.
Ich bin Sylvie Grischkat, 31,
aus Hessen. Seit 11 Jahren lebe
ich in Lüneburg und bin an der
Universität tätig. Über ein Prak-
tikum 2000 kam ich zu ROBIN
WOOD. Ich engagiere mich in
der Verkehrsgruppe, denn mein
Herz hängt an einer nachhal-
tigen Verkehrsentwicklung. Von
2003 bis 2005 war ich bereits im
Vorstand aktiv.
Ich bin Andreas Kleinhans aus
Mainz, 32 Jahre alt, und dort
seit vielen Jahren als Fahrrad-
Einzelhändler selbstständig.
Seit 1993 bin ich bei ROBIN
WOOD aktiv und war schon
in der Vergangenheit im Vor-
stand. Eines meiner Schwer-
punkt-Themen ist der Bereich
Verkehr.
Ich bin Janina Welsch und 34 Jahre
alt. Die schöne Bodensee-Region
habe ich wegen des Studiums in
Lüneburg verlassen. Jetzt arbeite
ich in Dortmund in einem EU-Pro-
jekt zum Mobilitätsmanagement.
Zu ROBIN WOOD bin ich über ein
Praktikum in der Pressestelle ge-
kommen. Ich engagiere mich in der
Verkehrsgruppe und bin seit 2006
im Vorstand von ROBIN WOOD.
Ich bin Markus Küffner aus
Darmstadt, 33 Jahre alt und
arbeite in der ambulanten
Jugendhilfe. Seit 1993 bin
ich bei ROBIN WOOD aktiv
und klettere leidenschaft-
lich gerne. Meine Schwer-
punktthemen sind Verkehr
und die aktuelle Tempo-
kampagne.
Ich bin Juli(ane) Niklas, 29, und
arbeite als Pädagogin im Koordi-
nierungszentrum Deutsch-Tsche-
chischer Jugendaustausch. Nach
vielen Jahren als Aktivistin in
der Regionalgruppe Rhein-Main
sowie als Mitglied der Energie-
und Verkehrsfachgruppe freue
ich mich jetzt, das Vereinsleben
von einer anderen Seite erleben
zu dürfen.
Ich bin Hanna Poddig, 21, und
wohne in Berlin. Seit 2003
engagiere mich in den Fach-
gruppen Energie und Verkehr.
Während meines freiwilligen
ökologischen Jahres in der
ROBIN WOOD-Pressestelle hat
sich bei mir eine große Verbun-
denheit zum Verein entwickelt.
Ansonsten verbringe ich meine
Zeit gerne mit Jonglage.
Sara-Ann Lampmann
Juliane Niklas
Hanna Poddig
Markus Küffner
Felix Kleinschmidt
Sylvie Grischkat
Janina Welsch
Andreas Kleinhans
45
post
Nr. 93/2.0746
Zeitschrift für Umweltschutz und Ökologie
Erscheinungsweise vierteljährlich
RedaktionAnnette Littmeier, Dr. Christiane Weitzel
(V.i.S.d.P.), Christian Offer, Sabine Genz, Angelika
Krumm, Regine Richter (o. Bild)
Verantwortlich für Layout, Satz, Fotos und Anzei-
gen ist die Redaktion.
VerlagROBIN WOOD-Magazin
Lindenallee 32, 16303 Schwedt
Postfach 100403, 16294 Schwedt
Tel.: 03332/2520-10, Fax: -11
Jahresabonnement 12,- Euro inkl. Versand
zu beziehen über:
ROBIN WOOD e.V., Geschäftsstelle
Postfach 10 21 22, 28021 Bremen
Tel.: 0421/59828-8, Fax: -72
www.robinwood.de
Der Bezug des ROBIN WOOD-Magazins ist im
Mitgliedsbeitrag enthalten.
GesamtherstellungDruckhaus Bayreuth, www.druckhaus-bayreuth.de
Rollenoffsetdruck, Auflage: 11000
Das ROBIN WOOD-Magazin erscheint auf 100%
Altpapier, das mit dem Blauen Engel ausgezeich-
net ist.
Titelbild: gettyimages/Art Wolfe
SpendenkontoROBIN WOOD e.V., Postbank Hamburg
BLZ: 20010020, Konto: 1573-208
Feinstaub durch Bremsen
92/1.07, Verkehr: Augenwischerei um Feinstaub“
Sowohl in der öffentlichen Diskussion, als auch in Ihrem Artikel wird
die Feinstaubemission des Autos auf den Motor und dessen Abgase
reduziert. Ein Auto erzeugt aber noch an ganz anderen Stellen erheb-
liche Mengen von Feinstaub. So wird bei jedem Bremsvorgang durch den
Abrieb der Bremsbeläge an der Bremsscheibe Feinstaub produziert, der
Abrieb der Kupplung zwischen Motor und Getriebe erzeugt Feinstaub
und nicht zuletzt der Abrieb der Reifen auf der Fahrbahn. Gibt es eigent-
lich Untersuchungen wie hoch der Anteil dieser Komponenten an der
Gesamtfeinstaubbelastung ist?
Wenn ein Porsche Cayenne, ein BMW, ein Mercedes oder ein vergleich-
bares Fahrzeug von 250 km/h schlagartig auf 0 km/h abbremst, so produ-
ziert es durch den Bremsvorgang mehr Feinstaub als ein Kleinwagen ohne
Katalysator in einem ganzen Jahr.
Der Abrieb von Bremsen, Kupplung und Reifen findet ja nicht nur auf der
Autobahn sondern auch in den neu geschaffenen Umweltzonen statt.
Porsche und Co haben eine grüne Umweltplakette und dürfen auch wei-
terhin innerhalb und außerhalb der Umweltzonen Feinstaub machen.
Heinz B. Zeller, Heidelberg
anzeige
impressum
Nummer 93/2.07
Magazin
47Nr. 93/2.07
internes
Bayreuth
Kontakt: [email protected]
Berlin
Donnerstags um 20 Uhr (14-tägig)
im „Verwaltungsgebäude“ des RAW-
Tempels, Revaler Str. 99, 10245 Berlin-
Friedrichshain, Tel.: 030/20687813 (AB),
Bürozeiten: donnerstags von 12.30 bis
15.30 Uhr, [email protected]
Braunschweig
Donnerstag, 20 Uhr
Ort bitte erfragen bei:
Thomas Erbe: 0531/2505865
Bremen
Geschäftsstelle
Dienstag, 19 Uhr
Tel.: 0421/598288
Treffpunkte
Hier erfahren Sie, wann und wo die Aktiven von ROBIN WOOD sich treffen. Schauen Sie doch mal bei uns vorbei!
Protest gegen neues Kohlekraft-werk in Mannheim in luftiger Höhe ....
... und am Boden
Freiburg
Bei uns können sich alle Interessier-
ten aus Baden-Württemberg melden:
0761/61290450 oder 0172/7413995,
Greifswald
Kontakt: Birger Buhl, Tel.: 03834/
513138, [email protected]
Hamburg-Lüneburg
jeden 2. und 4. Mittwoch,
18.30 Uhr in der Pressestelle,
Nernstweg 32, 22765 Hamburg-Altona
AnsprechpartnerInnen:
Jürgen Mumme: 040/38089212
Kathrin Scherer: 04131/206160
Kassel
jeden 1. Donnerstag im Monat, 17 bis
19 Uhr im Umwelthaus Kassel, Infos bei
Klaus Schotte: 0561/878384
Köln
Montag, 20.30 Uhr
Alte Feuerwache, Melchiorstr. 3
Rhein-Main
Mainz, Hintere Bleiche 3
Termine erfragen bei:
Andreas Kleinhans: 06131/584683 (pri-
vat), [email protected]
Rhein-Neckar
Treffen jeden 2. und 4. Dienstag um 19
Uhr im ASV, Beilstraße 12, Mannheim-
Jungbusch
Juliane Boß: 06221/589251
München
„Im Werkhaus“, Leonrodstr. 19
jeden 2. und 4. Mittwoch, 20 Uhr
Tel.: 089/168117
ROBIN WOOD e.V.GeschäftsstellePostfach 10 21 22
28021 Bremen
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