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FS IV 96 - 15 Innovationstrends in der chemischen Industrie: Eine Analyse europäischer Unternehmen Robert Greb Manfred Fleischer Evelyn Höfs Juli 1996 ISSN Nr. 0722-6748 discussion papers Forschungsschwerpunkt Marktprozeß und Unter nehmensentwicklung Research Unit Market Processes and Corporate Development

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FS IV 96 - 15

Innovationstrends in der chemischen Industrie: Eine Analyse europäischer Unternehmen

Robert Greb Manfred Fleischer Evelyn Höfs

Juli 1996

ISSN Nr. 0722-6748

discussion papers

Forschungsschwerpunkt Marktprozeß und Unter nehmensentwicklung

Research Unit Market Processes and Corporate Development

Zitierweise/Citation:

Robert Greb, Manfred Fleischer, Evelyn Höfs, Innovationstrends in der chemischen Industrie: Eine Analyse europäischer Unternehmen,Discussion Paper FS IV 96 - 15, Wissenschaftszentrum Berlin, 1996.

Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung gGmbH, Reichpietschufer 50, 10785 Berlin, Tel. (030) 2 54 91 - 0

ZUSAMMENFASSUNG

Innovationstrends in der chemischen Industrie: Eine Analyse europäischer Unter­nehmen

Im Rahmen des sich vollziehenden Strukturwandels innerhalb der europäischen Che­mieindustrie spielt die Konzentration der Unternehmen auf besonders innovative Spar­ten eine zentrale Rolle. Dadurch ist die Innovationsfähigkeit der einzelnen Unternehmen zu einem der entscheidensten Wettbewerbs- und Erfolgsfaktoren geworden. Im Mittel­punkt der vorliegenden Untersuchung steht die Identifizierung der Innovationstrends in der chemischen Industrie für die Jahre 1984 bis 1993. Anhand einer Auswahl von neun europäischen Chemieuntemehmen wird gezeigt, welche Sparten der chemischen Indu­strie ein hohes Innovationspotential besitzen und welche Innovations- und Untemeh- mensstrategien derzeit bei europäischen Chemieunternehmen vorherrschen.

Die quantitative Auswertung der Geschäftsberichte ergab deutlich erkennbare Innovati­onstrends, die sich in Übereinstimmung mit der zuvor angefertigten Pilotstudie befin­den. So wurden die Sparten Spezialitäten, Farben/Lacke und Kunststoffe als diejenigen Sparten identifiziert, die im Untersuchungszeitraum (1984-1993) die meisten Innovatio­nen aufwiesen. Die Analyse der FuE-Inputfaktoren und der Kennzahlen für den Unter­nehmenserfolg zeigte, daß zwischen der Höhe des FuE-Aufwands und dem Untemeh- menserfolg eine positive Abhängigkeit besteht. Die spartenweise Analyse ergab jedoch, daß die Höhe der FuE-Aufwendungen stark vom Untemehmensprofil abhängt. Die Be­wertung der Innovationsstärke der einzelnen Unternehmen anhand der Anzahl der ge­machten Innovationen konnte aufgrund der unterschiedlichen Neigung der Unterneh­men, über Innovationen zu berichten, nicht vorgenommen werden.

In der qualitativen Untersuchung werden Gemeinsamkeiten herausgearbeitet, die die gegenwärtigen Unternehmens- und Innovationsstrategien der europäischen Chemieun­temehmen beschreiben. Wie energisch die Unternehmen bei der Umstrukturierung Vor­gehen, zeigt die starke Verschiebung der Umsatzanteile von den Massenprodukten hin zu den höher veredelten Produkten. Etliche Beispiele belegen Kapazitätsverringerungen bei verschiedenen Massenprodukten. Andererseits finden auf dem Gebiet der höher ver­edelten Produkte viele Akquisitionen, teilweise auch außerhalb Europas, statt. Das zeigt wiederum, daß die Aktivitäten der Unternehmen immer globaler werden. Die Globali­sierung wird durch Innovationshemmnisse, die in vielen europäischen Staaten vorhan­den sind, zusätzlich beschleunigt.

ABSTRACT

Innovative Trends in the Chemical Industry: An Analysis of European Firms

W ith the structural changes currently underway in Europe's chemical industry, corporate focus on particularly innovative lines o f business is o f major importance. Thus, the in ­novative capability o f individual companies has become the most decisive factor for successful competition. This study focuses on the identification o f innovative trends w ith in the chemical industry between 1984 and 1993. Using data from annual reports o f nine selected European stock companies, the study identifies those areas o f the chemical industry currently having the highest innovative potential. A t the same time, the study takes a look at the innovative and corporate strategies dominating in the chemical indus­try today.

The quantitative evaluation o f the annual reports shows a clearly discernible innovative trend, which corresponds to a p ilot study conducted earlier. Accordingly, the three spe­cialty categories are identified w ith in the industry as having the highest number o f inno­vations during the course o f the investigation period (1984 - 1993): chemicals, paints/vamishes, and plastics. The analysis o f R & D input factors and financial indica­tors o f corporate performance establishes a positive relationship between R & D expendi­tures and profitability. An analysis o f single business units, however, shows a strong dependence o f R & D expenditures on the respective corporate strategy. Since the com­panies' inclination to report innovations varies considerably, an evaluation the strength o f individual companies based on number o f innovations was not undertaken.

The qualitative analysis establishes similarities in the innovative activities o f Europe's chemical firms. Most notable in this context is the significant change in sales from mass products to highly refined products, indicating the intensity w ith which the restructuring process has been carried out by the companies. Many examples o f capacity decreases are recorded for mass products. In the area o f highly refined products, numerous acquisi­tions, some o f them outside Europe, were recorded, showing an increased globalization o f corporate activities. This globalization is further accelerated by innovation barriers prevalent in many European countries.

1

1 Einleitung

Im vergangenen Jahrzehnt vollzog sich in vielen Industrien ein tiefgreifender strukturel­ler Wandel. Neben politischen Veränderungen führte vor allem die beschleunigte tech­nologische Entwicklung zu neuen Wettbewerbsverhältnissen. Im Rahmen des sich voll­ziehenden Strukturwandels innerhalb der europäischen Chemieindustrie spielte die Konzentration der Unternehmen auf besonders innovative Sparten eine zentrale Rolle. Die Gründe für den Strukturwandel lagen vor allem in:

• dem verstärkten Wettbewerbsdruck in forschungs- und entwicklungsintensiven Sparten,

• dem Auftreten neuer Wettbewerber, die gerade in den weniger innovativen Sparten zu geringeren Kosten und in wirtschaftlich schnell wachsenden Regionen, wie z.B. Asien, produzieren,

• der Sättigung von zahlreichen traditionellen Märkten sowie im Auftreten von Wachstumschancen in neuen, sehr innovations- und kapitalintensiven Märkten,

• den vielfältigen Restriktionen für Produktion und Forschung, die sich aus dem ge­wachsenen Umweltbewußtsein speziell in Europa ergeben.

Aufgrund des hohen Kapitalbedarfs und der langen Entwicklungszeiten für neue Pro­dukte kommt der Identifizierung von Gebieten mit hohem Wachstumspotential sowie der strategischen Ausrichtung der Forschungs- und Entwickungsaktivitäten der Unter­nehmen eine wachsende Bedeutung zu.

Die vorliegende Studie zeigt anhand einer Auswahl von 9 europäischen Chemieunter­nehmen, welche Sparten der chemischen Industrie derzeit ein hohes Innovationspoten­tial besitzen und welche Innovations- und Untemehmensstrategien derzeit bei europäi­schen Chemieuntemehmen vorherrschen.

Der Studie liegt die sogenannte "weite Interpretation" des Innovationsbegriffs zugrunde. Sie umfaßt den gesamten Innovationsprozeß - von Problemanalyse über Ideensuche, Forschung und Entwicklung (fortan FuE), Produktions- und Absatzvorbereitung bis hin zur Markteinführung eines neuen Produkts oder Verfahrens. Als neu wird gemäß des sogenannten relativen Neuheitsbegriffs eine unternehmensbezogene Neuheit verstanden, das heißt, auch ein bereits bekanntes Verfahren, das von einem Unternehmen z.B. durch Lizenznahme erworben wird, stellt für dieses Unternehmen eine Innovation dar.1

Außerdem werden in dieser Studie Innovationen nach ihrem Neuigkeitsgrad in Basis- bzw. in Verbesserungsinnovationen unterschieden. Eine weitere wichtige Systematisie­rung der Innovationen ist die Unterteilung in Produkt- und Verfahrensinnovationen (Synonym: Prozeßinnovationen).

1 Vgl. Schmidt, S.7

2

2 Die Chemische Industrie

2.1 Die Struktur der chemischen Industrie und ihre ProdukteDie chemische Industrie unterscheidet sich von anderen Industriezweigen vor allem durch die Heterogenität ihrer Produkte. Das führt dazu, daß in den einzelnen Teilbran­chen ganz unterschiedliche technisch-wirtschaftliche Bedingungen sowie unterschiedli­che Verhältnisse hinsichtlich FuE herrschen. Schulze2 bezeichnet daher die Chemie als die Summe einzelner Industriezweige.

Produktionsmenge

hoch

Grundchemikalien:Verfahrensentwicklung und

-Verbesserung, in geringem Maße Pro­duktentwicklung

Industrieprodukte:Verfahrensentwicklung und

-Verbesserung, Produktverbesserung und anwendungstechnische Entwick­

lung

Feinchemikalien:Produktentwicklung und

-Verbesserung, Verfahrensentwicklung

Spezialprodukte:Produktentwicklung und

-Verbesserung, anwendungstechnische Entwicklung, in geringerem Maße

Verfahrensentwicklung

undifferenziert differenziertniedrig

Differenzierungsgrad

Abbildung 1 : Produktgruppenmatrix (Aus: Schmidt, S. 150)

Für eine grobe Unterteilung der chemischen Produkte hat sich die sogenannte Produkt­gruppenmatrix (siehe Abbildung 1) durchgesetzt. Gemäß der beiden Dimensionen Pro­duktionsmenge und Grad der Differenzierung werden 4 Produktgruppen unterschieden.

2 Vgl. Schulze, S.6

3

Anzahl der Beschäftigten

Anzahl der Unternehmen

Anteil an allen Unternehmen

[%]

Ante il an allen Beschäftigten

[% ]

Ante il am EU- Umsatz [% ]

weniger als 20 25,366 77.6 7.2 11.4

2 0 -9 9 4,748 14.5 10.6 9.6

100 und mehr 2,595 7.9 82.2 79

Tabelle T. Konzentration der chemischen Industrie in der EU (Aus: European Com­mission, S.6)

Aus der Produktgruppenmatrix lassen sich auch Schlußfolgerungen zur Untemehmens- konzentration in den einzelnen Produktgruppen ziehen. Grundchemikalien werden we­gen ihrer hohen Kapitalintensität von sehr großen Unternehmen produziert. Dagegen werden Feinchemikalien und vor allem Spezialitäten auch von mittleren und kleineren Unternehmen hergestellt. Tabelle 1 zeigt, daß die chemische Industrie ein relativ kon­zentrierter Industriezweig ist - obwohl immer noch eine gewisse Ausgewogenheit zw i­schen Großunternehmen und kleineren Firmen vorhanden ist. So stehen die 10 führen­den Unternehmen der EU für 48,6% des gesamten Industrieumsatzes. D ie 5 führendenqstehen fü r 32,6% des Umsatzes.

Ein weiteres Merkmal der chemischen Industrie besteht darin, daß die Mehrzahl ihrer Erzeugnisse (rund 65%) Zwischenprodukte sind und somit vorwiegend an industrielle Kunden abgegeben werden. Darüber hinaus stammen 36% der Nachfrage nach chemi­schen Erzeugnissen aus der chemischen Industrie selbst, was auf den hohen Grad an vertikaler Integration innerhalb der chemischen Industrie zurückzuführen ist.3 4 Andere

Hauptnachfrager der chemischen Industrie sind der Automobilbau, die Bau- und die Landwirtschaft.

2.2 Lebenszyklus-Modelle: Zwei typische BeispieleDie Entwicklung einzelner Produkte oder Technologien aber auch ganzer Industrie­zweige kann anhand von Lebenszyklusmodellen beschrieben werden. Generell w ird an­genommen, daß die chemische Industrie bereits die Wachstumsphase verlassen hat. Dies w ird zumeist anhand der Vergangenheit der chemischen Industrie abgeleitet.

Die chemische Industrie ist seit Beginn dieses Jahrhunderts überproportional gewach­sen. Selbst zwischen 1970 und 1990 betrug die jährliche Wachstumsrate der chemischen Industrie in Europa noch 10%, während sie fü r das produzierende Gewerbe nur bei 2% lag.5 Das ist vor allem auf die Substitution traditioneller Materialien wie Holz, Stahl

3 ebenda

4 Angaben aus European Commission, S.6-5

5 Vgl. European Commission, S.6-5

4

oder Glas durch chemische Erzeugnisse zurückzuführen. Diese Entwicklung wurde nur durch die ständige Einführung neuer Produkte und Verfahren möglich. Dafür waren schon immer sehr hohe Forschungsaufwendungen notwendig, so daß die chemische In­dustrie als sehr FuE-intensiv gilt. Einige Autoren6 erklären die Entwicklung der Chemie anhand von sogenannten Schüben, die von bestimmten Basisinnovationen ausgelöst werden. Franck betrachtet die folgenden Innovationen als die bahnbrechenden Basisin­novationen: die Herstellung mineralischer Düngemittel in der ersten Hälfte des 19. Jahr­hunderts, die Einführung des Haber-Bosch-Verfahrens, die Synthese organischer Farb­stoffe sowie die Entwicklung der Kunststoffe, deren wissenschaftliche Grundlagen schon in den 20er und 30er Jahren gelegt wurden. Zur Zeit jedoch, so argumentieren z.B. Amecke und die DRI-Europe7, sind die Entwicklungspotentiale der in der Vergan­genheit gemachten Basisinnovationen erschöpft, so daß sich die chemische Industrie trotz steigender FuE-Aufwendungen (im EU-Durchschnitt ca. 4,8% vom Umsatz) in ei­ner Phase mit nur geringen Innovationsmöglichkeiten befindet. Es bleibt abzuwarten, ob z.B. die derzeit in der Entwicklung befindliche Gentechnik einen neuen Wachstums­schub in der chemischen und der pharmazeutischen Industrie auszulösen vermag.

Ein spezielles Lebenszyklusmodell ist das S-Kurven-Modell, das die Leistungsfähigkeit einer Innovation in Abhängigkeit vom kumulierten FuE-Aufwand beschreibt. Abbildung 2 zeigt die S-Kurven für verschiedene Verfahren zur Reifenkordproduktion, die sich im Laufe der Zeit aufgrund ihrer unterschiedlichen technologischen Potentiale gegenseitig substituiert haben. Auch an diesem Beispiel werden die hauptsächlich fallenden Grenz­erträge für FuE deutlich. Während die ersten 60 Mio. US $, die vor 1962 in Reifenkord­technologien auf Rayonbasis investiert wurden, noch einen SOOprozentigen Anstieg an Leistungsfähigkeit brachten, erzielten die nächsten investierten 15 Mio. US $ nur noch eine 25prozentige Verbesserung und die letzten 25 Mio. US $ kaum noch eine 5prozentige Leistungssteigerung. Gleichzeitig hatte das Verfahren auf Nylonbasis eine größere Leistungsfähigkeit erlangt. Es erreichte jedoch schnell seine technologische Grenze, während die gerade entstandene Polyester-Technologie große Fortschritte machte und andere Technologien allmählich verdrängte.

Ein weiteres Beispiel für die Anwendung des S-Kurven-Modells kann anhand der BASF-Produktpalette polymerer Werkstoffe dargestellt werden (Abbildung 3). Dabei wurde das über 10 Jahre gemittelte jährliche Marktwachstum gegen den Reifegrad auf­getragen. Die Größe der Kreise entspricht dem Marktvolumen. Die schraffierten Kreise stellen Standardkunststoffe dar, während die gerasterten die Ingenieurwerkstoffe kenn­zeichnen.

Die Abbildung zeigt deutlich, daß die Standardkunststoffe gegenüber den Ingenieur­werkstoffen einen höheren Reifegrad aufweisen. Sie verfügen jedoch auch über ein sehr viel größeres Marktvolumen.

6 Vgl. Franck bzw. Ayres

7 Vgl. European Commission, S.6-8

5

Cumulative R&D effort (millions of constant $)

A b b ild u n g 2: FuE-Grenzerträge fur die Reifenkordproduktion auf Baumwoll-, Rayon Nylon und Polyesterbasis (Aus: Ayres, S.104)

Reifestadium polymerer Werkstoffe

% Mengenwachstum p.a. (0 1985-1995)

A b b ild u n g 3: Reifestadium polymerer Werkstoffe (Aus: Quadbeck-Seeger, S.5)

6

Als Indiz für die These von den geringen Innovationsmöglichkeiten kann auch die Hin­wendung der Unternehmen zur Spezialitätenchemie gewertet werden. Die Spezialitäten­chemie zeichnet sich durch höhere Gewinnmargen und geringeren Konkurrenzdruck aus. Sie orientiert sich stark an den Bedürfnissen der Abnehmer. Dabei steht jedoch oft die Variation bereits vorhandener Produkte im Vordergrund. Mit dem Trend zu Spe­zialitäten lassen sich auch die Angaben über die Verteilung der FuE-Aufwendungen in Tabelle 2 erklären. Die Erhöhung des Anteils für Produktentwicklungen kann auf die oben gemachte Aussage, daß in der Spezialitätenchemie fast nur Produktinnovationen auftreten, zurückgeführt werden. Daß es sich bei diesen Produktinnovationen häufig nur um Produktvariationen bzw. Weiterentwicklungen handelt, zeigt der hohe und leicht steigende Anteil der FuE-Aufwendungen für Weiterentwicklungen in Tabelle 3.

1977 1987 1989 1991

Produkte 73.8 78.2 77.6 82.5

Prozesse 26.1 21.8 22.4 18.0

Tabelle 2: Verteilung der internen FuE-Aufwendungen deutscher Chemieunterneh­men für Produkte und Verfahren (in %) (Aus: SV-Wissenschaftsstatistik, S.39)

1977 1987 1989 1991

Weiterentwicklung 52.2 54.7 50.7 55.5

Neuentwicklungen 47.8 45.3 49.3 44.5

Tabelle 3: Verteilung der internen FuE-Aufwendungen deutscher Chemieunterneh­men für Neu- und Weiterentwicklungen (in %) (Aus: SV-Wissenschaftssta- tistik, S.38)

3 Die Untersuchungshypothesen

Aus den Lebenszyklus-Modellen sich ergebende Untersuchungshypothesen Einige der oben beschriebenen Modellimplikationen dienen als Hypothesen für die vorliegende Untersuchung.

1. Es wird erwartet, daß diejenigen Produktgruppen die größten Umsätze bzw. Gewinne generieren, die sich in einem Bereich des Produktlebenszyklus (PLZ) befinden, der vom Ende der Wachstumsphase bis zum Beginn des Marktverfalls reicht. Für den Untemehmensvergleich heißt das, daß tendenziell diejenigen Unternehmen erfolgrei-

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eher sind, deren Produkte vorwiegend in diesem Lebenszyklusbereich angesiedelt sind.

2. Aus der S-Kurven-Theorie folgt, daß die Unternehmen, da sie in Kenntnis dieser Zu­sammenhänge handeln, tendentiell mehr in die FuE von Technologien investieren, die in der Entstehung begriffen sind bzw. die sich in der Wachstumsphase befinden.

Weitere Untersuchungshypothesen Es soll überprüft werden, ob eine positive Ab­hängigkeit zwischen der FuE-Aufwandsintensität und dem Unternehmenserfolg bzw. - Wachstum besteht, das heißt, ob Unternehmen, die prozentual mehr für FuE aufwenden, auch die erfolgreicheren sind. Diese Hypothese kann aber nur eingeschränkt auf ganze Unternehmen angewendet werden, da gravierende Unterschiede zwischen den einzelnen Chemiesparten bestehen. Die pharmazeutische Industrie, aber auch die Sparte Agro- chemikalien sind oft zwei bis drei mal so FuE-intensiv wie z.B. die Grundchemikalien­sparten. Deshalb empfiehlt sich ein spartenweises Vorgehen unter Einbeziehung der oben bereits genannten Hypothesen.

Eine weitere Hypothese bezieht sich auf den Zusammenhang zwischen der Höhe der FuE-Aufwendungen und der Anzahl der Innovationen. Es wird erwartet, daß aus höhe­ren Ausgaben für FuE eine größere Anzahl an Innovationen resultiert.

8

4 Die Untersuchungsmethode

4.1 Beschreibung der Vorgehens weise

4.1.1 Allgemeine Darstellung der Untersuchungsmethode

Es wird eine Auswahl von 9 europäischen Chemieunternehmen über einen Zeitraum von 10 Jahren untersucht. Neben der Unternehmensgröße wurde bei der Auswahl der Unternehmen auch Wert darauf gelegt, ein möglichst breites Spektrum verschiedener Chemiesparten sowie von Unternehmen mit jeweils unterschiedlicher strategischer Ausrichtung zu haben.

Als Datengrundlage dienen die Geschäftsberichte der Unternehmen. Diese werden jähr­lich herausgegeben. Die Geschäftsberichte werden zu folgenden Punkten untersucht:

• Produkt- und Prozeßinnovationen. Diese werden mit Hilfe eines entworfenen Schemas näher beschrieben.

• quantitative Angaben zu FuE-Aktivitäten, wie z.B. Aufwendungen für FuE und FuE-Mitarbeiteranzahl,

• quantitative Angaben zum Unternehmenserfolg und -Wachstum,

• qualitative Angaben zu Strategien, die von den Unternehmen in den einzelnen Sparten verfolgt werden.

4.1.2 Zur Auswahl der zu untersuchenden Unternehmen

Die Auswahl der Unternehmen erfolgte entsprechend der Unternehmensgröße und der Sparten, in denen die einzelnen Unternehmen aktiv sind. Um möglichst viele Innovatio­nen zu erfassen und somit ein annähernd repräsentatives Ergebnis bezüglich der Inno­vationstrends zu garantieren, wurden die größten europäischen Unternehmen untersucht. Tabelle zeigt die 15 führenden europäischen Chemieunternehmen, wobei die Rangfolge vom Gesamtumsatz der Unternehmen ausgeht. Dadurch kommt es zu gewissen Verzer­rungen, da der Chemieanteil am Umsatz unterschiedlich hoch ist, so ist z.B. ICI sehr viel stärker in den Chemiesparten engagiert als Sandoz.

Aus diesen 15 Unternehmen wurden nach den Kriterien des Unternehmensprofils und der Verfügbarkeit der Geschäftsberichte 9 Unternehmen ausgewählt. So sind z.B. mit den Unternehmen Bayer und ICI große, breit diversifizierte Unternehmen vertreten, während Ciba-Geigy und Sandoz die auf Spezialitäten konzentrierten Unternehmen re­präsentieren und Solvay und die BASF stark in der Grundstoffchemie engagiert sind.

Die Innovationsstrategien der Unternehmen hängen zum großen Teil auch von dem speziellen Unternehmens-Know-how ab. Dieses Know-how, das besonders in den Kembereichen der Unternehmen vorhanden ist, ist häufig das Ergebnis jahrzehntelanger

9

FuE-Arbeit und somit auch der Untemehmensgeschichte. Deshalb soll an dieser Stelle eine kurze Charakteristik der untersuchten Unternehmen erfolgen.8

Unternehmen Land Umsatz in

Mio. ECU

Mitarbeiter

Hoechst D 22 727 177 668

BASF D 22 060 123 254

Bayer D 20 411 156 400

ICI UK 16 388 114 000

Ciba-Geigy CH 12 221 90 554

Rhone-Poulenc F 11 938 83 300

Sandoz CH 7 935 53 360

Akzo NL 7414 62 500

Norsk Hydro N 7 236 34 036

Roche Holding CH 7 129 56 335

Smithkline Beecham UK 7 091 53 700

Henkel D 6 987 42 244

Solvay & Cie B 6 125 45 350

Glaxo Holdings UK 5 801 37 083

L'Oreal F 5 489 31 908

Tabelle 4: Die 15 führenden europäischen Chemieuntemehmen - 1992 (Aus: European Commission, S.6-7)

Die Bayer AG Bayer wurde 1863 für die Herstellung von Anilinfarbstoffen gegründet und machte in der Folgezeit wegweisende Entwicklungen vor allem bei Arzneimitteln und in der Polyurethanchemie. Auch heute hat Bayer einen hohen Anteil veredelter Pro­dukte in der Produktpalette, wie z.B. Arzneimittel (23% vom Umsatz 1993 mit dem Ziel 30% im Jahre 2000), Pflanzenschutzmittel und Foto-Erzeugnisse. Durch die Konzentra­tion auf Polycarbonate, Polyurethane und Polyphosphonate ist es Bayer im Bereich der Kunststoffe und Chemiefasern gelungen, die typischen Probleme der Massenprodukte zu vermeiden.

Die BASF Aktiengesellschaft Ebenfalls zur Herstellung von Farbstoffen wurde 1865 die Badische Anilin-& Soda-Fabrik gegründet. Besonderen Erfolg hatte die BASF mit

Angelehnt an Amecke S.45-55 und unter Verwendung von Daten aus den Geschäftsberichten

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der Entwicklung des Schwefelsäure-Kontaktverfahrens, der Chlor-Alkali-Elektrolyse und des Haber-Bosch-Verfahrens. Auch zu den Zeiten als die BASF noch zu der I.G. Farben gehörte, galt die BASF als der "Rohstoffladen"' der I.G. Farben. Diese Tradition reicht bis in die heutige Zeit. So trugen 1993 die Sparte Rohstoffe und Energie zu 10%, die Sparte Kunststoffe zu 24%, Chemikalien zu 13%, Farbstoffe und Veredlungsproduk­te zu 19% zum Umsatz bei.

Die Hoechst AG Im selben Jahr wie Bayer wurde Hoechst gegründet. Begonnen hatte Hoechst mit Farbstoffen. Auch die weitere Entwicklung weist Ähnlichkeiten mit der von Bayer auf. Den Farbstoffen folgten viele erfolgreiche Arzneimittelentwicklungen. Nach 1945 wurde Hoechst durch ein stürmisches Wachstum zum zeitweise größten Chemieunternehmen der Welt. Traditionell ist Hoechst stark im Pharmageschäft enga­giert. Dagegen produziert Hoechst keine petrochemischen Grundstoffe. Hoechst gilt als außerordentlich diversifiziert - nach Produkten wie auch geographisch.

Die Imperial Chemical Industries PLC ICI entstand 1926 durch die Fusion von vier englischen Chemiefirmen. Damit sollte ein Gegengewicht zur deutschen I.G. Farben ge­schaffen werden. In den dreißiger Jahren brachte ICI den Kunststoff Polyethylen heraus. Noch heute läßt die Vielfältigkeit des Produktionsprogramms die Herkunft aus einer Fusion verschiedener Firmen erkennen. Besondere Stärken liegen bei Farben und Lak- ken sowie bei Explosivstoffen. In den letzten Jahren fiel ICI durch eine besonders aktive und radikale Umstrukturierungspolitik auf. So spaltete die ICI 1992 ihre besonders profitablen "Bioscience"-Aktivitäten (Pharma und Agro) ab und brachte sie in das dafür gegründete Unternehmen Zeneca ein.

Die Ciba-Geigy AG Ciba-Geigy entstand erst 1970 durch die Fusion der Ciba AG und der J.R. Geigy AG. Ciba wurde 1884 für die Produktion von Farbstoffen gegründet. Später folgten in Analogie zu Bayer und Hoechst Pharma- und Pflanzenschutzprodukte (z.B. DDT). Diese Schwerpunkte hat Ciba-Geigy bis heute beibehalten. Ciba-Geigy ist aufgrund des relativ begrenzten Inlandmarkts außerordentlich stark geographisch diver­sifiziert und verfügt über ein ausgewogenes Produktprogramm, das konstant hohe Ge­winne ermöglicht.

Die Sandoz AG Sandoz wurde 1885 gegründet. Ähnlich der Ciba-Geigy ist Sandoz sehr stark auf Pharma und Landwirtschaft spezialisiert. So betrug der Pharmaumsatzan- teil 1993 49%. Daneben ist Sandoz stark in der Saatgutherstellung und in der Herstel­lung von speziellen Nahrungsmitteln engagiert. Bei den Chemieaktivitäten liegt die Kompetenz vor allem auf dem Gebiet der Farbstoffe/Pigmente und bei Chemikalien für die Textil- und Lederindustrie sowie für die Bauwirtschaft. Künftig will sich das Unter­nehmen nur noch auf die Sparten Pharma und Ernährung konzentrieren. Ein erster radi­kaler Schritt in diese Richtung ist das Abstoßen der Chemiesparte (Umsatzanteil 1993 16%, 8200 Mitarbeiter) bis Ende 1995. Darüber hinaus besteht die erklärte Absicht, sich auch von der Bau- und der Agrochemie zu trennen.

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Die Akzo N.V. Akzo entstand 1969 durch die Fusion von Aku (Chemiefasern) und KZO (Salz). In den siebziger Jahren dominierte bei Akzo noch die Chemiefaserproduk­tion, die das Unternehmen aufgrund von Überkapazitäten in eine schwere Krise führte. In den vergangenen Jahren konnte jedoch die Abhängigkeit von der Faserproduktion stark abgebaut werden. Betrug der Umsatzanteil der Fasern 1969 noch 52%, so betrug er im Jahre 1993 weniger als 20%, so daß Akzo heute aufgrund der besonderen Stärke bei Farben/Lacke und eines hohen Pharma-Umsatzanteils (20%) als sehr wettbewerbsfähig gilt. 1993 fusionierte die schwedische Nobel mit Akzo.

Die Henkel KGaA Noch heute wird das 1876 gegründete Unternehmen als Familien­unternehmen geführt. Die Entwicklung von Henkel begann mit der Produktion von Waschmitteln und Bleichsoda sowie der dazu erforderlichen Grundchemikalien. Bis heute ist die Produktpalette von Henkel von Markenartikeln geprägt, so z.B. vom 1907 eingeführten Persil. Außerdem verfügt Henkel über eine starke Position in der Fettche­mie und bei Klebstoffen. Henkel bezeichnet sich selbst als Spezialist für angewandte Chemie. Das Umweltbewußtsein spielt im Marketing von Henkel eine sehr große Rolle. Die geographische Diversifikation ist weit vorangeschritten.

Die Solvay & Cie, Das 1863 gegründete Unternehmen steht für die Produktion von Soda. Heutzutage ist Solvay außerdem bei der Herstellung von Peroxiden, bei der Pro­duktion und Weiterverarbeitung von Kunststoffen (1993 46% vom Umsatz) sowie in der Alkalichemie stark vertreten. Der relativ geringe Grad an Diversifikation erklärt sich aus Solvays Ziel, nur solche Produkte zu bearbeiten, mit denen eine starke Marktstellung er­reicht werden kann. Aufgrund der Schwierigkeiten mit Massenprodukten erfolgte in den letzten Jahren der Ausbau der Sparte Gesundheit (besonders Tiermedizin).

4.1.3 Die Geschäftsberichte als Datenquelle

Geschäftsberichte haben die Aufgabe, die wirtschaftliche Lage von Unternehmen so darzustellen, daß ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild entsteht. Das betrifft auch die voraussichtliche Entwicklung des Unternehmens. Da die künftige Entwicklung forschungsintensiver Unternehmen, zu denen auch die Chemieunterneh­men gehören, stark von FuE abhängt, besteht nach deutschem Recht die Pflicht zur FuE-Berichterstattung. Der Verband der chemischen Industrie empfiehlt deshalb die Angabe

9von:

• FuE-Gebieten und FuE-Einrichtungen,

• FuE-Mitarbeiterzahlen und FuE-Aufwendungen,

• wesentlichen Ergebnissen der FuE-Tätigkeit sowie

• der wichtigsten FuE-Ziele.

Dieser Empfehlung wird seitens der deutschen Großchemie entsprochen, während die Angaben in ausländischen Geschäftsberichten meistens weniger ausführlich sind.

9 Vgl. Graumann, S.194

12

Die Höhe der FuE-Aufwendungen kann in der Regel der Gewinn- und Verlustrechnung entnommen werden. Ihr werden auch die Angaben zur Umsatzhöhe, zu Löhnen und Ge­hältern, zum Jahresüberschuß und zum Ergebnis der Betriebstätigkeit entnommen. Aus der eigentlichen Bilanz ist u.a. die Bilanzsumme ersichtlich.

Die wichtigste Quelle für diese Untersuchung ist jedoch der Lagebericht. Daraus können vor allem qualitative Angaben zu Unternehmens- und Innovationsstrategien sowie An­gaben zu den wichtigsten Ergebnissen und Zielen der FuE-Tätigkeit entnommen wer­den. Aus diesem Grunde ist der Lagebericht die Datengrundlage für die dieser Arbeit zugrunde liegende Innovationszählung.

4.1.4 Die verwendeten Indikatoren und Kennzahlen

Indikatoren zur Messung der Innovationsaktivitäten Die quantitative Darstellung der Innovationstätigkeit von Unternehmen ist nur mit Hilfe von Indikatoren möglich, die als sogenannte Stellvertretervariablen die nicht beobachtbare Variable "Innovationsaktivität" mehr oder weniger genau abbilden. Aufgrund der Vielschichtig­keit der Innovationsprozesse werden die Indikatoren in Input- und Outputindikatoren unterteilt. Typische Inputindikatoren sind die Anzahl der FuE-Mitarbeiter oder die Aus­gaben für FuE. Etablierte Outputfaktoren sind z.B. die Produktinnovationsrate (der An­teil der in den letzten 5 oder 10 Jahren neu eingeführten Produkte an der Produktpalet­te), die Anzahl der angemeldeten Patente, die Zitierhäufigkeit in wissenschaftlichen Publikationen oder die Zählung von Innovationen.

Inputindikatoren zur Messung des Forschungsaufwands In der vorliegenden Unter­suchung werden die Inputindikatoren FuE-Ausgaben und FuE-Personal angewendet. Der Indikator FuE-Personal weist jedoch einige Nachteile auf. So werden die FuE- Aktivitäten von Unternehmen mit kapitalintensiver FuE unterschätzt, während die Ak­tivitäten der Unternehmen mit personalintensiver FuE überschätzt werden. Des weiteren kann das FuE-Personal aus arbeitsrechtlichen Gründen nur verzögert an veränderte FuE- Strategien angepaßt werden. Außerdem haben die FuE-Ausgaben gegenüber dem FuE- Personal den Vorteil, daß durch die Einbeziehung von Fremdleistungen (z.B. von Drit­ten im Auftrag erbrachte FuE-Leistungen) der Innovationsinput umfassender gemessen wird.

Die FuE-Aufwandsintensität erhält man, indem die FuE-Ausgaben durch den jeweiligen Umsatz bzw. durch die Bilanzsumme dividiert werden. Die umsatzbezogene FuE- Aufwandsintensität gilt als der gebräuchlichere Indikator, während sich die bilanzsum­menbezogene Aufwandsintensität als ein konjunkturrobusterer Indikator anbietet.10

Die FuE-Personalintensität errechnet sich als Quotient der Anzahl der FuE- Beschäftigten und der Gesamtmitarbeiteranzahl.

Outputindikatoren zur Messung des Forschungserfolgs Der bekannteste und am einfachsten zugängliche FuE-Outputindikator ist die Anzahl der Patente eines Unter­nehmens. Dieser Indikator besitzt jedoch zwei schwerwiegende Nachteile. Erstens spie­gelt die Anzahl der patentierten Erfindungen nur schlecht die zugrundeliegenden Inno­vationen wider, da ein Großteil der Patente wirtschaftlich nicht genutzt wird. Zweitens

10 Vgl. Schwitalla, S.225

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besteht in den einzelnen Unternehmen wie auch in den Sparten eine unterschiedliche Patentiemeigung. Oft werden Erfindungen gar nicht erst patentiert, weil andere Strategi­en, wie z.B. Geheimhaltung oder Frühstart bei der Vermarktung, vorgezogen werden.

In dieser Untersuchung wird deshalb die Anzahl der im Geschäftsbericht gemeldeten Innovationen als Outputindikator verwendet. Dieser Indikator zeichnet sich durch eine größere Marktnähe und damit auch durch eine stärkere Betonung des wirtschaftlichen Innovationsaspekts aus.

Kennzahlen zum Unternehmenserfolg Der Unternehmenserfolg wird im allgemeinen in Form von Rentabilitäten, des Cash-Flow und einer Erfolgsquellenanalyse angegeben. Der vorliegenden Untersuchung liegt die Umsatzrentabilität als eine der gebräuchlich­sten Kennzahlen sowie die Analyse des Betriebsergebnisses zugrunde. Die Umsatzren­tabilität definiert sich wie folgt:

Umsatzrentabilität _ Jahresüberschuß Umsatz

Die Betrachtung des Betriebsergebnisses ist sinnvoll, da es nur das Ergebnis des be­trieblichen Leistungsprozesses darstellt und weder das Finanz- und Beteiligungsergebnis noch die Steuern einbezieht. Das Betriebsergebnis soll genutzt werden, um die Renta­bilität der einzelnen Sparten abzuschätzen.

Kennzahlen zum Unternehmenswachstum Das Unternehmenswachstum wird in die­ser Arbeit durch die jährlichen Wachstumsraten des Umsatzes, der Bilanzsumme, der FuE-Ausgaben und -Beschäftigten und durch das Wachstum der Mitarbeiteranzahl cha­rakterisiert.

4.1.5 Das Klassifizierungsschema zur Erfassung der Innovationen

Die Klassifizierung der einzelnen Innovationen erfolgte in Anlehnung an allgemein üb­liche Produktgruppen für Erzeugnisse der chemischen Industrie. Eine Einteilung ent­sprechend der Kategorien des Internationalen Warenverzeichnisses SITC (Revision 3) bzw. der NACE-Systematik war jedoch nicht möglich. Zum einen waren die den Ge­schäftsberichten entnommenen Informationen über Prozeß- und Produktinnovationen nicht detailliert genug, um eine exakte Zuordnung zu den vorgegebenen Warengruppen vornehmen zu können; zum anderen war die Anzahl der bearbeiteten Innovationen zu gering, um sie in sinnvoller Weise entsprechend der stark spezialisierten Warengruppen der SITC bzw. der NACE zu klassifizieren. Aus den genannten Gründen wurde im Lau­fe der Auswertung des vorhandenen Materials eine eigene Klassifizierung entwickelt, die sich stark an gängige Einteilungen (SITC, NACE, Geschäftsberichte, einschlägige Literatur etc.) anlehnt.

Das Klassifizierungsschema wurde im Rahmen einer Pilotstudie entwickelt und wäh­rend der Auswertung der Geschäftsberichte weiter verfeinert. In der Pilotstudie wurden 2 Jahrgänge (1988 und 1993) der Zeitschrift "Europa Chemie" ausgewertet. Dabei wur­den 135 Innovationen erfaßt. Die Pilotstudie wird in der vorliegenden Untersuchung zur

14

Überprüfung der quantitativen Ergebnisse der Innovationszählung aus den Geschäftsbe­richten genutzt (siehe Kapitel 5.1.1).

Diese Klassifizierung enthält 9 Hauptgruppen, die teilweise in Untergruppen unterteilt sind. Sie ermöglicht eine sinnvolle Bearbeitung des vorhandenen Materials und gestattet die Identifizierung bestimmter Innovationstrends. Darüber hinaus wurde erfaßt, ob es sich bei den Innovationen um Produkt- oder Prozeßinnovationen und inwieweit es sich um umweltpolitisch motivierte Innovationen handelt.

Das Klassifizierungsschema:0 Umwelttechnologien: Diese Kategorie enthält vor allem Recyclingverfahren. Diese

stellen ein relativ neues Arbeitsgebiet der chemischen Industrie dar, für das wie­derholt Innovationen gemeldet werden, das sich jedoch nicht den klassischen Ka­tegorien zur Einteilung chemischer Prozesse und Produkte zuordnen läßt. Aus die­sem Grunde wurde diese Extrakategorie eröffnet. Allerdings befinden sich auch Recyclingverfahren in dieser Gruppe, die primär der Wiedergewinnung wertvoller Rohstoffe dienen (z.B. Platin aus Katalysatoren) und weniger umweltpolitisch motiviert sind.

1 Organische Grundchemikalien: Die Kategorie 1 enthält chemische Grundstoffesowie in großen Mengen produzierte Zwischenprodukte, die aus Erdöl, Erdgas oder Kohle gewonnen werden (NAGE 252). Dazu gehören u.a. Methanol, Ethen, Benzol, Butadien, Vinylchlorid und Kautschuk.

2 Anorganische Grundchemikalien: Die Kategorie 2 enthält in großen Mengen pro­duzierte anorganische Grundstoffe, die als Ausgangsstoffe für diverse Synthesen benötigt werden, wie z.B. Ammoniak, Soda und Schwefelsäure.

3 Kunststoffe: Da das Gebiet der Kunststoffe sehr umfangreich und heterogen ist, wur­de versucht, es weiter zu unterteilen. Dabei trat das Problem auf, daß die Informa­tionen in den Geschäftsberichten zum Teil unzureichend waren, um diese Unter­teilung vorzunehmen. Unterteilt wurde in:

30 Kunststoffe, die sich 31 oder 32 nicht zuordnen lassen

31 Traditionelle Massenkunststoffe: z.B. Polyvinylchlorid, Polyethylen, Poly­styrol, Polypropylen sowie jene Neuentwicklungen, die auf den Massenkunst­stoffen basieren

32 Spezialkunststoffe: Kunststoffe, die nicht auf den traditionellen Kunststoffen basieren, wie z.B. Polyetherketone, Polyesterharze, Polysulfone, Polyurethan, Polyacetale, Polycarbonate und Copolymere

4 Kunstfasern: Diese Kategorie enthält sämtliche Kunstfasern einschließlich der Fa­sern, die auf Naturstoffen, wie z.B. Zellulose, basieren (Viskose, Acetate etc.). Den Hauptanteil bilden jedoch Polyamid-, Polyester-Fasern etc.

5 Farben, Lacke: Kategorie 5 enthält sowohl organische als auch anorganische Farb­stoffe. Neben den Farben und Lacken gehören auch diverse Beschichtungen (coatings), die in der Bauwirtschaft, in der Elektrotechnik und in der Automobil­industrie eingesetzt werden, zu dieser Gruppe.

15

6 Agrochemikalien: Kategorie 6 enthält Dünge-, Pflanzenschutz- und Tiergesund­heitsmittel. Zu den Pflanzenschutzmitteln gehören Insektizide, Herbizide, Fungi­zide, Pestizide und Wachstumsregulatoren.

7 Wasch-, Reinigungs- und Konservierungsmittel: Dazu gehören z.B. Waschmittel,Tenside, Reinigungsmittel, Pflegemittel, Desinfektionsmittel und Mittel für Kor­rosionsschutz für den Haus- und industriellen Bedarf.

8 Spezialitäten: Diese Kategorie wurde aufgrund ihrer Heterogenität und wegen ihrerBedeutung für die aktuellen Innovationstrends in folgende Untergruppen unter­teilt:

81 Klebstoffe82 Additive für Petrochemie: Additive für Erdölförderung, Kraftstoffadditive

etc.

83 Textil- und Lederveredlungsmittel84 Papierchemikalien, Spezialitäten für Druckindustrie85 Spezialitäten für Fotobranche86 Spezialitäten für Informations- u. Unterhaltungstechnik87 Erzeugnisse für die Bauwirtschaft88 Kunststoffadditive: Weichmacher, Antioxidantien etc.

89 Diverses: z.B. Schmiermittel, Explosivstoffe, Riechstoffe, technische Gase

9 Neue Materialien: Die Abgrenzung dieser Kategorie bereitet besondere Schwierig­keiten, da auch viele der sogenannten Spezialkunststoffe unter diese Kategorie fallen würden. Um in dieser Kategorie nicht diverse Produktgruppen miteinander zu vermengen, werden hier nur diejenigen neuen Materialien erfaßt, die nicht un­ter eine der bereits erläuterten Kategorien fallen. So befinden sich in dieser Kate­gorie z.B. Hochleistungskeramiken und Spezialgläser, jedoch keine modernen Polymere.

16

5 Die quantitativen Ergebnisse der Untersuchung

5.1 Analyse der InnovationstrendsIm folgenden Kapitel werden die quantitativen Ergebnisse der Innovationszählung so­wie die Erfolgs- und Wachstumskennzahlen ausgewertet. Die Ergebnisse der Innovati­onszählung werden spartenweise untersucht. Es werden die innovativsten Sparten und beispielhaft diejenigen Technologietrends identifiziert, die die Innovationstätigkeit der jeweiligen Sparten bestimmt haben. Außerdem wird untersucht, zu welchem Anteil umweltpolitisch motivierte Innovationen vorliegen und welche technologischen Ent­wicklungen Fortschritte auf dem Gebiet des Umweltschutzes ermöglichten.

Neben der spartenweisen Auswertung, die auf den jeweiligen 10-Jahres- Durchschnittswerten beruht, soll versucht werden, Trends, die sich innerhalb des Unter­suchungszeitraums (1984-1993) ereignet haben, zu beschreiben. Das heißt, es sollen die Sparten identifiziert werden, die in diesen 10 Jahren Veränderungen hinsichtlich ihrer Innovationshäufigkeit erfahren haben. Dazu wird die Innovationshäufigkeit der Sparten am Anfang des Untersuchungszeitraums (1984/85) mit der am Ende (1992/93) vergli­chen.

5.1.1 Spartenweise Analyse der Innovationstrends

Die Auswertung von 1299 erfaßten Innovationen ergab, daß die Sparten Spezialitäten, Lacke und Farben sowie die Kunststoffe die innovativsten Gebiete der chemischen In­dustrie sind. Tabelle 5 zeigt die detaillierten Ergebnisse. Beim Vergleich mit den Er­gebnissen der Pilotstudie (siehe Spalte 3 in Tabelle 5) fällt die weitgehende Überein­stimmung der Ergebnisse der Pilotstudie mit denen der Geschäftsberichte auf. Im fol­genden soll eine spartenweise Betrachtung der Innovationstrends erfolgen. Die Reihen­folge der Auswertung entspricht dem Innovationsanteil der jeweiligen Sparte an der Ge­samtanzahl der Innovationen.

Innovationsanteile/ Anteil der Produkt- und Prozeßinnovationen sowie der umweltmotivierten InnovationenAngaben in Prozent _____ _____ _____ _______ ______ _____________

Pilotstudie Hauptuntersuchung - Innovationszählung

Kat. Kategorienbeschreibung Anteile der Produkt-/Prozeßinno. Anteile der umweltmotiverten InnovationenInnovations­

anteileInnovations­

anteileAnteil der Produkt­

innovationen ander Gesamtanzahl

Anteil der Prozeß­innovationen an

der Gesamtanzahl

Anteil der umwelt­motivierten Inno­

vationen insgesamt

Anteil der umweltmo­tivierten an der An­zahl der Produktin.

Anteil der umweltmo­tivierten an der An­zahl der Prozeßin.

0 Umwelttechnologien 7.4 2.3 20.0 80.0 93.3 66.7 100.01 Organ. Grundchemikalien 5.9 3.5 45.7 54.3 39.1 38.1 40.02 Anorgan. Grundchemikalien 1.5 0.5 28.6 71.4 28.6 0.0 40.0

3 Kunststoffe (nicht zuordenbar) 0.5 57.1 42.9 14.3 0.0 33.331 Massenkunststoffe 4.4 4.0 84.6 15.4 5.8 4.5 12.532 Spezialkunststoffe 13.3 11.2 95.9 4.1 8.3 7.9 16.7

Summe Kunststoffe 17.7 15.7 91.7 8.3 7.8 7.0 17.6

4 Fasern 3.7 3.2 73.8 26.2 7.1 0.0 27.35 Farben, Lacke 27.4 24.9 94.7 5.3 24.5 22.9 52.96 Agrochemikalien, Dünger 6.7 11.8 97.4 2.6 7.2 6.0 50.07 Wasch-/Reinigung-/Konservierungsm. 5.9 9.5 96.8 3.2 12.9 11.7 50.0

81 Kleber 11.1 5.1 100.0 0.0 27.3 27.3 0.082 Additive für Petrochemie 1.0 100.0 0.0 30.8 30.8 0.083 Textil- u. Lederveredlungsmittel 4.2 92.6 7.4 16.7 16.0 25.084 Chemikalien für Papier- u. Druckind. 3.4 93.2 6.8 6.8 7.3 0.085 Fotochemie 2.9 97.4 2.6 2.6 2.7 0.086 Prod. f. Informationstechnik 1.1 100.0 0.0 0.0 0.0 0.087 Produkte f. Bauwesen 1.7 95.5 4.5 0.0 0.0 0.088 Kunststoffadditive 1.9 92.0 8.0 8.0 8.7 0.089 Diverses 8.2 6.7 92.0 8.0 5.7 5.0 14.3

Summe Spezialitäten 19.3 27.9 95.0 5.0 11.6 11.6 11.1

9 Neue Materailien 4.4 0.5 85.7 14.3 0.0 0.0 0.0

alle Innovationen insgesamt 100 100 90.3 9.7 16.6 13.5 45.2

Tabelle 5: Die E

rgebnisse der Innovationszählung

in der Pilotstudie zum Teil leicht geänderte Kategorien (Spezialitäten)

18

Die Spezialitäten Die aufgeschlüsselte Auswertung dieser Sparte zeigt, daß die Gebie­te Klebstoffe, Textil- und Lederveredlungsmittel sowie Chemikalien für die Papier- und Druckindustrie besonders innovativ waren.

Die Neuentwicklungen bei Klebstoffen beruhen oft auf der Weiterentwicklung von Po­lymeren. Die in den letzten Jahren gemachten Fortschritte bei den Klebstofftechnologien ermöglichten die Substitution traditioneller Verfahren, wie z.B. Schrauben oder Nieten. Klebstofftechnologien sind von großer wirtschaftlicher Bedeutung, da sie zu den soge­nannten Querschnittstechnologien gehören, das heißt, sie sind häufig der Ausgangspunkt für Innovationen in anderen Industriezweigen, wie z.B. in der Luftfahrtindustrie. Der relativ hohe Anteil (27,3 %) von umweltpolitisch motivierten Innovationen bei Kleb­stoffen ist vor allem auf die Einführung lösungsmittelfreier Klebstoffe, wie z.B. von Dispersions-Klebstoffen, zurückzuführen.

Der hohe Anteil umweltpolitisch motivierter Innovationen bei Additiven für die Petro­chemie resultiert u.a. aus der Substitution von Bohrhilfsmitteln auf Mineralölbasis durch solche auf fettchemischer Basis (biologisch abbaubare Ester) sowie aus der Einführung umweltfreundlicher Kraftstoffadditive.

Die Mehrzahl der Innovationen bei den Spezialitäten sind Produktinnovationen (95%). Das erklärt sich aus den geringen Produktionsmengen und dem sehr hohen Differenzie­rungsgrad der Spezialitätenprodukte (siehe Produktgruppenmatrix in Abbildung 1).

Farben und Lacke Mit fast 25% steht diese Sparte an der zweiten Stelle der Innovati­onshäufigkeit. Mit den Unternehmen ICI, BASF, Herberts GmbH (Hoechst-Tochter) und Akzo sind die Marktführer in der vorliegenden Untersuchung vertreten. In Analogie zu den Klebstoffen weisen Farben und Lacke einen sehr hohen Produktinnovationsanteil (95%) sowie einen relativ hohen Anteil an umweltpolitisch motivierten Innovationen (ca. 25%) auf. Der hohe Produktinnovationsanteil ist unter anderem das Ergebnis der sich ständig ändernden Moden bei den Konsumgütern, so daß häufig neue Farbtöne auf den Markt gebracht werden.

Des weiteren ist der Trend zu lösungsmittelfreien Lacken auffällig. Besonders die Au­tomobilindustrie als Hauptabnehmer für flüssige Industrielacke ging in den vergangenen Jahren verstärkt zur Verarbeitung lösungsmittelfreier wäßriger Lacke (z.B. Elektrot­auchlackierung) über. Bei der Entwicklung dieser Lacke spielen wiederum Polymere ei­ne große Rolle. Ein noch größeres Entwicklungspotential als die wäßrigen Lacke besit­zen die Pulverlacke bzw. Mehrkomponentensysteme, wie z.B. die Epoxy-Amino- Systeme.11

Kunststoffe Innovationen bei Kunststoffen ergaben in dieser Untersuchung einen An­teil von rund 16%. Damit stehen sie an dritter Stelle. Bei der Erfassung der Innovationen wurde versucht, die Kunststoffe in 2 Gruppen zu unterteilen. Diese Unterteilung erwies sich jedoch als problematisch, da die Kunststoffsparte sehr vielfältig ist und die Infor­mationen in den Geschäftsberichten eine genaue Klassifizierung oft nicht zulassen. Dennoch ist ein deutlicher Unterschied zwischen den traditionellen Massenkunststoffen

11 Vgl. Geschäftsbericht Hoechst, 1991, S.9

19

und den neueren Spezialkunststoffen hinsichtlich des Innovationsanteils und des Prozeß­innovationsanteils ersichtlich. Der über 10% höhere Anteil von Prozeßinnovationen bei Massenkunststoffen steht im Einklang mit den Aussagen der Lebenszyklus-Modelle, wonach "reifere" Branchen eine höhere Prozeßinnovationsrate aufweisen (siehe auch Abbildung 3 zur Einordnung der verschiedenen Kunststoffe gemäß ihrem Reifestadi­um).

Bei der Herstellung von Massenkunststoffen spielt die Entwicklung der Polymerisati­onskatalysatoren eine große Rolle. In den letzten Jahren entstand mit den Metallocenen, die z.B. aus Verbindungen der Elemente Zirkonium oder Hafnium bestehen, eine neue Klasse von Metallübergangs-Katalysatoren, die sich durch ihre chemische Variabilität auszeichnen. Mit ihnen läßt sich z.B. der Schmelzpunkt der entstehenden Kunststoffe zwischen 100°C und 165°C einstellen oder auch die Härte und Transparenz variieren.

In der Kunststoffsparte steht zur Zeit die Modifizierung bereits existierender Polymere, nicht jedoch die Entwicklung neuer Polymere im Vordergrund.12 Es werden vor allem sogenannte Polymerblends, das heißt Polymerlegierungen, entwickelt und auf den Markt gebracht. Außerdem gelten Verbundwerkstoffe mit polymerer Matrix als innovatives Gebiet. Sie bestehen aus einem in einer polymeren Matrix eingebetteten Fasermaterial und besitzen damit Eigenschaften, die das homogene Material nicht aufweist. Dabei werden auch Neuentwicklungen der Faserindustrie, wie z.B. Karbon- und Aramidfasern (aromatisches Polyamid) genutzt.

Agrochemikalien und Dünger Der Innovationsanteil von 11,8% stammt fast aus­schließlich von den Agrochemikalien und nicht von den Düngemitteln.

Die Agrochemikalien zählen zu den FuE-intensiven Sparten und weisen Ähnlichkeiten zur FuE von Arzneimitteln auf. Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung war der sehr geringe Anteil biotechnologisch hergestellter Pflanzenschutzmittel auffällig. Lediglich Ciba-Geigy brachte zwei derartige Produkte auf den Markt. In der Forschung hingegen spielt die Biotechnologie (Gentechnik) eine herausragende Rolle. So verfolgt Ciba- Geigy das Ziel, bis zum Jahre 2000 zehn Produkte auf biotechnologischer Basis einge­führt zu haben. Auch ICI beschreibt sein Engagement im Pflanzenschutz bezüglich der Biotechnologie als sehr intensiv, komplex und als "very long-term".13 Die Innovationen bei Agrochemikalien werden heutzutage noch mittels traditioneller Synthesen hervorge­bracht. Dabei stehen die Verringerung der notwendigen Konzentration, die Erhöhung der Selektivität, eine bessere Umweltverträglichkeit und die für die Landwirte problem­lose Ausbringung auf die Felder (z.B. durch staubfreies Granulat anstatt eines Pulvers) im Vordergrund.

Wasch-/Reinigungs- und Konservierungsmittel Der hohe Anteil dieser Sparte (9,5%) ist vor allem auf Innovationen, die von Henkel stammen, zurückzuführen. So fallen über die Hälfte aller Innovationen von Henkel in diese Kategorie (siehe Anhang 2). Hinsicht­

12 Vgl. Chemische Industrie 10/92, S.29

13 Geschäftsbericht ICI, 1988, S.10

20

lieh des Verhältnisses von Produkt- zu Prozeßinnovationen herrschen in dieser Sparte ähnliche Verhältnisse wie bei den Spezialitäten.

Bei den Waschmitteln stand vor allem die Entwicklung von umweltfreundlichen, das heißt biologisch abbaubaren, Kompaktwaschmitteln im Vordergrund. So entwickelte Henkel phosphatfreie Waschmittel. Anstelle der Phosphatverbindungen, die die Härte­bildner des Wassers in löslichen Komplexen binden, wurden synthetische Natrium- Aluminium-Silikate vom Zeolith-Typ (Handelsname Sasil) entwickelt. Darüber hinaus besteht die Tendenz zu Stoffen, die auf nachwachsenden Rohstoffen, wie z.B. Stärke oder Fett, basieren. Die von Henkel entwickelten Tenside auf der Grundlage von Alkyl- polyglucosiden sind ein Beispiel dafür.14

Kunstfasern Die Fasersparte macht nur 3,2% aller Innovationen aus und zählt bis auf die Hochleistungsfasem zu den reiferen Industrien. Gemäß der Lebenszyklus-Modelle wird dies auch durch die allgemein geringere Innovationsrate und durch den relativ ho­hen Anteil an Prozeßinnovationen (26,6%) bestätigt.

Interessante Neuentwicklungen stellen Fasern aus Polyaramiden dar, die sich durch ex­treme Festigkeit auszeichnen. Darüber hinaus wurden speziell für industrielle Anwen­dungen in der Flug- oder in der Bauindustrie extrem temperaturbeständige Fasern ent­wickelt, die den gesundheitsschädlichen Asbest substituieren können, wie z.B. Fasern aus Polybenzimidazol oder Fasern auf Polyacrylnitrilbasis.15 Außerdem finden Hochleistungsfasern verstärkt Einsatz in Verbundwerkstoffen, wo sie vor allem zur Elastizitätserhöhung beitragen.

Organische und Anorganische Grundchemikalien Wie auch die Faserproduktion weisen Grundchemikalien eine geringe Innovationshäufigkeit (4%), jedoch einen hohen Anteil von Prozeßinnovationen (54% bei organischen und 71% bei anorganischen Grundstoffen) auf. Da auch diese beiden Sparten zu den reiferen Industrien zählen, stimmen die Ergebnisse mit den allgemeinen Aussagen der Lebenszyklus-Modelle überein.

Auffällig ist weiterhin der hohe Anteil umweltpolitisch motivierter Produktinnovatio­nen. Er läßt sich z.B. auf die Einführung der FCKW-Ersatzstoffe zurückführen. Mit 40% ist auch der Anteil umweltpolitisch motivierter Prozeßinnovationen sehr hoch. Die Prozeßinnovationen sind häufig Prozeßoptimierungen, bei denen es darum geht, die an­fallenden Nebenprodukte und Abfälle zu reduzieren. Zum Teil handelt es sich aber auch um neue Verfahren. Ein Beispiel ist das von Hoechst eingeführte Verfahren zur Reduk­tion aromatischer Amine.16

14 Vgl. Geschäftsbericht Henkel, 1990, S.13

15 Vgl. Hoechst - Neue Wege, S.83

16 Vgl. Hoechst - Neue Wege, S.104

21

Umwelttechnologien Umwelttechnologien sind ein relativ junges Gebiet innerhalb der chemischen Industrie. Ihr Anteil an den Innovationen beträgt 2,3 %• Beispiele für Um­welttechnologien sind der Biohochreaktor und Recyclinganlagen für Plastikabfälle.

Neue Materialien Der geringe Anteil (0,5%) neuer Materialien in der vorliegenden Untersuchung erklärt sich damit, daß die meisten der modernen Polymerverbindungen sowie die Verbundwerkstoffe unter die Kategorie Spezialkunststoffe fallen. Dagegen gehören keramische Werkstoffe und auch Spezialgläser zu den sog. Neuen Materialien. Gerade keramische Werkstoffe bieten aufgrund ihrer Härte, Verschleißfestigkeit und Formbeständigkeit vielfältige Einsatzmöglichkeiten. Die Innovationen richten sich be­sonders darauf, die Nachteile von Keramik, wie die Sprödigkeit, die zur Rißbildung füh­ren kann, abzubauen.

5.1.2 Die Innovationstrends der achtziger und neunziger Jahre

Zum Aufzeigen der Innovationstrends innerhalb des Untersuchungszeitraums (1984 bis 1993) wurden die Innovationen der ersten beiden Jahre (1984/85) und der letzten beiden Jahre (1992/93) spartenweise zusammengefaßt. Damit sollten eventuelle Verschiebun­gen hinsichtlich der Innovationsintensitäten zwischen den einzelnen Sparten sichtbar gemacht werden.

Die Ergebnisse sind im Anhang 1 dokumentiert. Die starke Zunahme der Innovationsan­teile in den Bereichen Umwelttechnologie und Produkte für die Informationstechnik (Spezialitäten) erklärt sich aus der gewachsenen wirtschaftlichen Bedeutung dieser In­dustrien. Dagegen sind Veränderungen in den Sparten Kunststoffe, Agrochemikalien und Pflege- und Reinigungsmittel in diesem Ausmaß nicht nachvollziehbar, da sich die Rahmenbedingungen hinsichtlich FuE und Produktion innerhalb dieser 10 Jahre nicht so gravierend geändert haben.

Auffällig ist der starke Rückgang der gemeldeten Innovationen. Während in denen Jah­ren 1984/85 noch 290 Innovationen gezählt wurden, waren es 1992/93 nur 202 Innova­tionen. Einerseits kann der Innovationsrückgang auf die schwere Krise, in der sich die chemische Industrie Anfang der neunziger Jahre befand, zurückgeführt werden. Ande­rerseits kann dieser Rückgang auch als Indiz für die zunehmenden Schwierigkeiten der Chemie, Innovationen hervorzubringen, gewertet werden.

5.2 Analyse der unternehmensbezogenen DatenIn den folgenden Abschnitten soll mit Hilfe der gewonnenen Daten versucht werden, die unterschiedlichen Untemehmensprofile darzustellen. Dazu werden die FuE-Input- und die FuE-Outputdaten der Unternehmen miteinander verglichen. Für die einzelnen Un­ternehmen soll gezeigt werden, welche ihrer Sparten besonders innovativ sind und wel­che ein besonders starkes Umsatzwachstum verzeichnen konnten. Diese Erkenntnisse werden anschließend genutzt, um Unterschiede in den Umsatzrenditen der jeweiligen Unternehmen zu erklären.

22

5.2.1 Vergleich der FuE-Inputindikatoren

Vergleich der FuE-Aufwandsintensitäten Abbildung 4 zeigt die zeitliche Entwick­lung der FuE-Aufwandsintensitäten der einzelnen Unternehmen. Es ist ersichtlich, daß fast alle Unternehmen steigende FuE-Aufwandsintensitäten aufweisen. Das kann zum einen auf die verstärkte Hinwendung der Unternehmen zu den FuE-intensiven Pharma- zeutika und den Spezialitäten, aber möglicherweise auch auf die abnehmende Produk­tivität von FuE zurückgeführt werden.

Die Ursachen für die unterschiedlichen FuE-Aufwandsintensitäten der Unternehmen liegen vor allem in den einzelnen Unternehmensprofilen. Deshalb können Unterschiede hinsichtlich der Innovationsstrategien anhand dieser Werte nur schwer dargestellt wer­den. Auffällig ist jedoch die starke Steigerung bei Bayer. Dies erklärt sich teilweise mit Bayers Ziel, den Pharmaanteil am Umsatz bis zum Jahre 2000 auf 30% zu steigern. In Abbildung 4 können 4 Gruppen von Unternehmen identifiziert werden, deren Kurven­verläufe Gemeinsamkeiten aufweisen.

Die höchsten FuE-Intensitäten haben die beiden schweizer Unternehmen, Sandoz und Ciba-Geigy. Das ist vor allem auf das starke Engagement in den extrem FuE-intensiven Sparten Pharma und Agrochemikalien zurückzuführen. So wendete Sandoz im Jahre 1993 18,1% vom Pharmaumsatz für FuE in der Pharmasparte auf. Dagegen liegt der Wert für die chemische Industrie im Europadurchschnitt bei 4,8%.

Eine weitere Gruppe umfaßt Bayer und Hoechst, deren FuE-Aufwandsintensitäten bis Ende der achtziger Jahre sehr ähnlich waren. Die Ursache dafür liegt in der vergleichba­ren Struktur der Produktpaletten sowie in den vergleichbaren Unternehmensgrößen. So sind beide Unternehmen stark in den Sparten Pharma, Polymere und Landwirtschaft en­gagiert. Interessant ist das Auseinanderdriften nicht nur der FuE-Aufwandsintensitäten, sondern auch der Umsatzrenditen (siehe Abbildung 6) zu Beginn der neunziger Jahre. Die geringere FuE-Aufwandsintensität von Hoechst ist hauptsächlich auf ein starkes Umsatzwachstum durch Akquisitionen, wie z.B. von Celanese, zurückzuführen.

Zur größten Gruppe gehören BASF, ICI, Akzo und Solvay. Die FuE- Aufwandsintensitäten dieser Unternehmen bewegen sich im Bereich von 3-5%. Diese Unternehmen gelten als relativ breit diversifiziert, das heißt, ihre Produktpaletten rei­chen von Rohstoffen über Grundchemikalien bis hin zu Pharmazeutika. So ist Akzo noch immer stark in der Faserproduktion engagiert, Solvay vor allem bei Grundchemi­kalien und Massenkunststoffen, beide sind aber auch zunehmend bei der Produktion von Pharmazeutika vertreten. Der starke Abfall der FuE-Aufwandsintensität von ICI im Jah­re 1992 erklärt sich aus der Ausgliederung der Sparten Pharma und Landwirtschaft.

Die geringste FuE-Intensität mit ca. 3% besitzt Henkel. Wahrscheinlich erfordern die vielen Konsumartikel, wie z.B. Persil, nur wenig FuE, tragen jedoch erheblich zum Um­satz bei.

0 N

0 ci

0 00

23

0 N'

Abbildung 4: Vergleich der FuE-Aufwandsintensitäten (alle Angaben in%)

0 ci

N m m

0 m m

m 00 m ..-

00 00 m

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I.() 00 m ..-

... .c: CU ""')

24

Unternehmen FuE-Anteil größer als Umsatzanteil

FuE-Anteil und Um­satzanteil annähernd

gleich

FuE-Anteil kleiner als Umsatzanteil

Bayer PharmaLandwirtschaft

PolymereAgfa-Gevaert

Industriechemikalien

BASF

(ab 1991)

LandwirtschaftV erbraucherprodukte

Chemikalien Farbstoffe/V eredlung sprodukte

Gas und ÖlKunststoffe undFasern

Hoechst

(ab 1986)

PharmaLandwirtschaft

PolymereTechnikChemikalien/FarbenFasern/Folien

ICI keine Angaben

Ciba-Geigy

(ab 1991)

Pharma Landwirtschaft Industrie

Sandoz Pharma SaatgutAgrochemie

Akzo keine Angaben

Henkel keine Angaben

Solvay keine Angaben

Tabelle 6: Übersicht zu den FuE-Anteilen einzelner Sparten

Die oben angesprochenen unterschiedlichen FuE-Aufwandsintensitäten der einzelnen Sparten werden in Tabelle 6 dargestellt. Dazu wurden anhand von Daten aus den Ge­schäftsberichten die FuE-Anteile gegen die Umsatzanteile der jeweiligen Sparten abge­schätzt und in 3 Kategorien unterteilt. Der FuE-Anteil bezieht sich auf den Anteil der jeweiligen Sparte am FuE-Budget des entsprechenden Unternehmens. Dabei ist zu be­achten, daß die Spartendefinitionen von den einzelnen Unternehmen übernommen wur­den und damit nicht einheitlich sind. Der Umsatzanteil bezieht sich auf den Anteil der jeweiligen Sparte am Umsatz des Unternehmens. Ist der FuE-Anteil einer Sparte höher als ihr Umsatzanteil, so deutet dies darauf hin, daß es sich um eine FuE-intensive Sparte handelt. Zu den FuE-intensiven Sparten zählen die Pharmazie und die Agrochemikalien, während z.B. Massenkunststoffe und Fasern zu den Sparten mit geringer FuE-Intensität zählen. Abbildung 5 gibt einen Überblick über die Höhe der Forschungsaufwendungen und Forschungszeiten für ausgwählte Arbeitsgebiete der Chemie.

25

Forschungsaufwand und Entwicklungsdauer ausgewählter Arbeitsgebiete

Forschungskosten (Mio. DM)300

11

Arzneimittel F*'*— I

200

11

Pflanzen-Schutzmittel

1 Patent- 1 schütz1 abge- 1 laufen

100 Chemikalien — 1-------------— - < 1

Spezialchemikalien,Zwischenprodukte,

1I1

0 1

0 5 10Entwicklungszeit (Jahre)

i15 20

Abbildung 5: Forschungsaufwand und Entwicklungsdauer ausgewählter Arbeitsgebiete (Aus: Quadbeck-Seeger, S.10)

Überträgt man die Ergebnisse von Tabelle 6 auf das S-Kurven-Modell, so ergibt sich, daß die Pharmazie und die Agrochemikalien ein größeres Innovationspotential besitzen, da die Unternehmen m it dem Wissen um die S-Kurven-Theorie mehr in die Sparten m it hohem Innovationspotential investieren.

Vergleich der FuE-Personalintensität Die Auswertung der FuE-Personalintensitäten unterliegt gewissen Beschränkungen. So ist die hohe FuE-Personalintensität der BASF zum großen Teil darauf zurückzuführen, daß deren Produktion wesentlich weniger per­sonalintensiv ist als z.B. die Produktion von Bayer oder Hoechst. Das bedeutet, daß sich diese drei Unternehmen weniger in der Anzahl der FuE-Mitarbeiter als vielmehr in der Anzahl der Gesamtbeschäftigten unterscheiden. Das kommt an dem geringen Anteil der Löhne und Gehälter am Umsatz zum Ausdruck (sieheTabelle 7).

Die Werte von Henkel und Solvay sind dagegen widersprüchlich zu bewerten. Solvay weist eine extrem geringe FuE-Personalintensität auf, obwohl aufgrund der eher wenig personalintensiven Produktion ein hoher Wert für die FuE-Personalintensität zu erwar­ten wäre, zumal die FuE-Aufwandsintensität im Branchendurchschitt liegt. Ursache könnte eine extrem kapitalintensive, jedoch wenig personalintensive FuE sein.

Darüber hinaus ist die relativ hohe FuE-Personalintensität von Henkel auffällig, die im Gegensatz zu der sehr geringen FuE-Aufwandsintensität steht. Aufgrund der geringen FuE-Aufwandsintensität (2,9%) dieses Unternehmens liegt die Vermutung nahe, daß die FuE bei Henkel nur wenig kapitalintensiv ist.

Allerdings können die oben erwähnten Widersprüche auch auf unterschiedliche Abgren­zungskriterien fü r die Mitarbeiterzugehörigkeit zu FuE innerhalb der einzelnen Unter­nehmen zurückzuführen sein (siehe dazu ausführlich Kapitel 5.3.1)

26

Unternehmen FuE-Personalintensität (%) Anteil Löhne am Umsatz (%)

Bayer 7.6 24.4

BASF 9.1 18.0

Hoechst 8.4 23.5

ICI 6.8 16.2

Ciba-Geigy keine Angaben

Sandoz keine Angaben

Akzo 9.1 22.8

Henkel 7.3 17.6

Solvay 5.5 18.5

Tabelle 7: Übersicht zur FuE-Personalintensität (10-Jahres-Durchschnittswerte)

5.2.2 Vergleich des FuE-Output der Unternehmen

Tabelle 8 zeigt die drei innovativsten Sparten der jeweiligen Unternehmen, wobei die Nummern in den Klammem die Innovationsschwerpunkte innerhalb der Kunststoff- und Spezialitätensparte kennzeichnen. Der Sparteneinteilung liegt das Klassifizierungs­schema der vorliegenden Untersuchung, nicht jedoch das der Unternehmen zugrunde. Die detaillierte Auswertung befindet sich im Anhang 2.

Die Rangplätze veranschaulichen erneut die unterschiedlichen Unternehmensprofile. Insgesamt fällt der hohe Anteil der Kunststoffe, Spezialitäten und der Farben/Lacke auf. Daß die Agrochemikalien nur dritte Plätze belegen, obwohl sie zu den FuE-intensiven Sparten zählen, ist zum Teil ihrem geringeren Umsatzanteil geschuldet. Eine Gewich­tung der Innovationsanteile mit ihren Umsatzanteilen ist aufgrund der inkonsistenten Spartendefinition (Umsatzanteile gemäß Unternehmensklassifizierung und Innovations­anteile gemäß der dieser Untersuchung zugrundeliegenden Klassifizierung) nicht mög­lich.

Die Innovationsschwerpunkte der Unternehmen erklären auch die unterschiedlichen FuE-Aufwandsintensitäten, wie sie in Abbildung 4 dargestellt sind. Beispielsweise hat die BASF ihre Innovationsschwerpunkte bei Farben/Lacke und bei den Massenkunst­stoffen. Die FuE-Aufwandsintensität für Farben/Lacke der BASF betrug z.B. im Jahre 1988 nur 2,68%17 und lag damit unter der Gesamtunternehmens-FuE- Aufwandsintensität von 4,1%. Aufschlußreich ist auch der über 50%ige Anteil von Pflege- und Reinigungsmitteln bei Henkel. Diese Sparte erfordert anscheinend nur ge­ringe FuE-Aufwendungen. Das würde zumindest die geringe FuE-Aufwandsintensität von Henkel erklären. Bei Sandoz fällt der hohe Anteil von Textil- und Ledervered­

17 Vgl. Rohe, S.20

27

lungmitteln auf, der selbst die Innovationsanteile von Farben/Lacke und von Agroche- mikalien übersteigt.

Die beabsichtigte Bewertung der Unternehmen bezüglich ihrer Innovationsstärke an­hand der Anzahl ihrer gemeldeten Innovationen konnte nicht durchgeführt werden, da sich während der Untersuchung herausstellte, daß die Neigung der einzelnen Unterneh­men, über ihre Innovationen zu berichten, sehr verschieden ist. Beispielsweise meldete Bayer 269 Innovationen im Zeitraum 1984-1993, während die von der Produktpalette her ähnliche Hoechst AG nur über 81 berichtete. Gegen eine Bewertung der Unterneh­men bezüglich ihrer Innovativität spricht auch die Tatsache, daß die Unternehmen große Unterschiede hinsichtlich ihrer Produktpaletten aufweisen, in dieser Untersuchung je­doch nur die Chemiesparten berücksichtigt werden konnten. Somit beziehen sich die im Anhang 2 ausgewiesenen Innovationsanteile nur auf die Chemieaktivitäten gemäß der dieser Untersuchung zugrundeliegenden Spartendefinitionen.

Unternehmen Rang 1 Rang 2 Rang 3

Bayer Spezialitäten (81) Farben/Lacke Kunststoffe (32)

BASF Farben/Lacke Kunststoffe (31) Spezialitäten

Hoechst Kunststoffe (32) Farben/LackeSpezialitäten

Agrochemikalien

ICI Spezialitäten Farben/Lacke Agrochemikalien

Ciba-Geigy Farben/Lacke Spezialitäten Agrochemikalien

Sandoz Spezialitäten Farben/Lacke Agrochemikalien

Akzo Farben/Lacke Spezialitäten Agrochemikalien

Henkel Pflege-/Reinigungsmittel Spezialitäten (81) nicht signifikant

Solvay Kunststoffe Spezialitäten org. Grundchem.

Tabelle 8: Innovationsschwerpunkte der Unternehmen

28

5.2.3 Das Wachstum der einzelnen Sparten

Tabelle 9 unterteilt die Sparten gemäß ihrer Umsatzentwicklung im Zeitraum 1984 bis 1993 in die Gruppen Wachstum, relative Konstanz und Rückgang. Die Spartendefini­tionen mußten in diesem Falle von den Unternehmen übernommen werden.

Für fast alle Unternehmen hat das Wachstum der Pharmasparten bzw. verbrauchernahen Sparten - wie z.B. Kosmetik (Henkel) oder Verbraucherprodukte (BASF) - große stra­tegische Bedeutung. Außerdem weist die Sparte Farben/Lacke zumindest bei Akzo und ICI Wachstum auf. Im Rückgang begriffen sind dagegen die Sparten Kunststoffe, Fa­sern und Landwirtschaft. Für die untersuchten Chemieunternehmen ist auch ein Umsatz­rückgang in den Sparten Rohstoffe/Energie (z.B. BASF) bzw. Petrochemie (z.B. ICI) zu verzeichnen. Erwähnenswert ist auch die Konstanz der Spartenumsatzanteile bei San­doz.

Bemerkenswert ist, daß eine weitgehende Übereinstimmung zwischen der FuE- Aufwandsintensität und dem Umsatzwachstum einzelner Sparten besteht. So kann ein positiver Zusammenhang zwischen dem FuE-Aufwand und dem Umsatzwachstum ein­zelner Sparten konstatiert werden. Allerdings hat die Landwirtschaft eine gewisse Aus­nahmestellung inne. Sie zählt zwar zu den FuE-intensiven Sparten, nicht jedoch zu den Wachstumssparten bezüglich des Umsatzes. Dies ist u.a. auf die rückläufige Umsat­zentwicklung bei den Düngemitteln zurückzuführen. Die Innovationen finden dagegen auf dem Gebiet der Agrochemikalien, das heißt, bei den Insektiziden, Herbiziden etc. statt. Die hohe FuE-Intensität kann zum Teil auf die hohen Umwelt- und Zulassungsauf­lagen zurückgeführt werden.

Die Angaben in Tabelle 9 stehen in einem direkten Zusammenhang zum PLZ-Modell, da im PLZ-Modell die Reifestadien anhand des Umsatzwachstums bestimmt werden. Demzufolge befinden sich die Sparten mit Umsatzwachstum - also Pharma, Far­ben/Lacke etc. - in einem jüngeren Reifestadium als z.B. die Sparten Fasern oder Che­mikalien.

29

Unternehmen Wachstum relativ konstant Rückgang

Bayer Pharma PolymereOrganikaIndustriechemikalienLandwirtschaftAgfa-Gevaert

BASF VerbraucherprodukteKunststoffe

Farbstoffe/Veredlungsprodukte

ChemikalienLandwirtschaftRohstoffe/Energie

Hoechst PharmaTechnik

Landwirtschaft FasernPolymere

ICI PharmaFarben/Lacke

Chemikalien Petrochemie und Kunststoffe

Ciba-Geigy Pharma Farbstoffe undChemikalienPigmenteMettler

LandwirtschaftPolymere

Sandoz ChemikalienLandwirtschaftPharmaErnährungSaatgut

Akzo PharmaFarben/LackeChemikalien

Fasern

Henkel Kosmetik W asch-/Reinigungsmittel Klebstoffe/techn. Marken Hygiene und Metallchem.

Chemikalien

Solvay Pharma Alkali, PeroxideKunststoffe und Kunststof­fverarbeitung

Tabelle 9: Übersicht zur Umsatzentwicklung der einzelnen Sparten

30

5.2.4 Der Unternehmenserfolg und die Rentabilität einzelner Sparten

Der Verlauf der Umsatzrenditen in Abbildung 6 spiegelt die konjunkturelle Entwicklung wider. Das unterschiedliche Niveau der Umsatzrenditen der jeweiligen Unternehmen hängt stärkt von dem Unternehmensprofil ab. Spalte 2 der Tabelle 10 zeigt die rentabel­sten Sparten. Demzufolge sind die Unternehmen am erfolgreichsten, die ihren Umsatz vorwiegend in diesen Sparten generieren. Das wird in Abbildung 6 deutlich, wo die höchsten Renditen diejenigen Unternehmen erreichen, deren Pharmasparte umsatzstark ist. Darüber hinaus fällt auf, daß:

• die beiden schweizer Unternehmen, Ciba-Geigy und Sandoz, zu einer Zeit, in der alle anderen Unternehmen einen Rückgang ihrer Umsatzrenditen hinnehmen muß­ten, einen Anstieg verzeichnen konnten. Dies ist vermutlich auf die starke Ausrich­tung auf Pharma und Spezialitäten zurückzuführen. Außerdem ist speziell Sandoz stark auf Konsumgütermärkten, wie z.B. Ernährung, vertreten;

• einige Unternehmen, wie z.B. Bayer und Henkel, ein weniger konjunkturabhängi- ges Verhalten zeigen als z.B. Solvay, ICI oder die BASF. Als besonders konjunk­turabhängig gelten Grundchemikalien und Kunststoffe. Verbrauchernahe Sparten, wie z.B. Pharma, Teile der Spezialitäten, Kosmetik sowie Lacke sind dagegen konj unkturrobuster.

In Tabelle 10 werden die Sparten der Unternehmen nach ihrer Rentabilität klassifiziert. Wenn der Betriebsergebnisanteil größer als der Umsatzanteil einer Sparte ist, dann han­delt es sich um eine Sparte, die überdurchschnittlich zum Betriebsergebnis beiträgt. Sind beide Anteile annäherd gleich, dann ist die Umsatzrendite (Umsatzrendite ist in diesem Fall definiert als Quotient aus Betriebsergebnis und Umsatz) dieser Sparte auf dem Ni­veau der Gesamtunternehmensrendite.

Die Pharmasparten sind mit Abstand die profitabelsten Sparten der Unternehmen. Wei­terhin fällt auf, daß besonders jene Sparten erfolgreich sind, in denen die Unternehmen über eine starke Marktposition verfügen, wie z.B. ICI bei Explosivstoffen, Solvay bei Alkali und Peroxiden sowie teilweise die BASF bei Veredlungsprodukten (Lacken). Allerdings beziehen sich diese Ergebnisse größtenteils nur auf den Zeitraum 1988-1993. Gerade in diese Zeit fiel die schwere Rezession der chemischen Industrie, so daß es zu gewissen Verschiebungen gekommen sein kann. Gerade die Kunststoffe sind in kon­junkturell besseren Zeiten sehr viel rentabler als in Tabelle 10 dargestellt. Aufgrund die­ser Ungenauigkeiten und der angenommenen Abhängigkeit von der Marktposition sind Rückschlüsse, die sich auf das PLZ-Modell beziehen, nicht möglich.

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31

Abbildung 6: Vergleich der Umsatzrenditen

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~ ...... 0 N

I

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1

.... ..r: CU ..,

32

Unternehmen Betriebsergebnisanteil größer als Umsatzanteil

Betriebserg.- und Um­satzanteil annähernd

gleich

Betriebsergebnisanteil kleiner als Umsatzan­

teil

Bayer

(ab 1988)

Pharma OrganikaIndustriechemikalienLandwirtschaft

PolymereAgfa-Gevaert

BASF

(ab 1990)

ChemikalienFarbstoffe und Veredlungsprodukte

Rohstoffe/Energie KunststoffeLandwirtschaftVerbraucherprodukte

Hoechst

(ab 1988)

Pharma LandwirtschaftChemikalienChemikalien und Farben Fasern/Folien

PolymereTechnik

ICI

(verschiedeneZeiträume)

PharmaExplosivstoffe

Petrochemie/Kunststoffe Lacke und Farben Chemikalien

LandwirtschaftFasern

Ciba-Geigy

(ab 1988)

Pharma Landwirtschaft Industrie

Sandoz keine Angaben

Akzo Pharma Chemikalien FasernFarben/Lacke

Henkel keine Angaben

Solvay PharmaAlkali, Peroxide

Kunststoffverarbeitung Kunststoffe

Tabelle 10: Die Rentabilität der einzelnen Sparten

5.3 Zur Kritik an den quantitativen Untersuchungsergebnissen

5.3.1 Kritik an den FuE-Inputindikatoren

Das Hauptproblem besteht darin, daß keine verbindliche Definition existiert, die besagt, welche Aufwendungen dem Bereich FuE zuzuordnen sind. Es gibt lediglich Empfeh­lungen, die im sogenannten „Frascati-Handbuch" der OECD dokumentiert s in d /8 Da forschungsorientierte Chemieunternehmen als dynamisch und wachstumsorientiert gel­ten, sind die Unternehmen bemüht, möglichst hohe FuE-Aufwendungen auszuweisen.

18 Vgl. Schwitalla, S.101 und Kuhn, S.107

33

Amecke19 verweist darauf, daß bei vielen Chemieunternehmen auch rein defensive Aus­gaben, wie z.B. toxikologische Untersuchungen für bereits vorhandene Produkte oder die Beratung zur Lösung anwendungstechnischer Probleme, die eigentlich Bestandteil der Vertriebstätigkeit sind, als FuE-Aufwendungen ausgewiesen werden.

Ein großer Teil der FuE-Aufwendungen sind Personalaufwendungen, weil FuE in der Regel sehr personalintensiv ist. Bei der Abgrenzung der mit FuE beschäftigten Mitarbei­ter kann es ebenfalls unterschiedliche Kriterien geben. Außerdem können länderspezifi­sche Unterschiede im Niveau der Gehälter für FuE-Mitarbeiter zu Verzerrungen bei den FuE-Aufwandsintensitäten führen.

Trotz der beschriebenen Unsicherheiten ergab die vorliegende Untersuchung überwie­gend plausible Werte und Trends. Schwitalla20 wie auch Graumann21, die eine Untersu­chung anhand von Geschäftsberichten deutscher Unternehmen durchgeführt haben, kommen ebenfalls zu dem Schluß, daß die Qualität der FuE-Daten, insbesondere der FuE-Ausgaben, in den Geschäftsberichten erstaunlich gut ist.

5.3.2 Kritik an den Outputdaten

Die meisten Probleme traten bei der Innovationszählung auf und beruhen auf dem unter­schiedlichen Informationsgehalt der Geschäftsberichte.

Wie schon in Kapitel 5.2.2 beschrieben, konnte aufgrund der unterschiedlichen Neigung der Unternehmen, über ihre Innovationen zu berichten, eine Unternehmensbewertung hinsichtlich der Innovationsfreudigkeit nicht vorgenommen werden. Ein weiteres Pro­blem stellen die oft unpräzisen Angaben über die Innovationen dar, die manchmal den Charakter von Werbetexten haben. Anhand dieser Angaben konnte z.B. nicht die Quali­tät der gemeldeten Innovationen bewertet werden, das heißt, es konnte nicht zwischen geringfügigen Produktvariationen und grundlegend neuen Produkten unterschieden werden. Desweiteren wurde durch die unpräzisen Angaben die Zuordnung zu den Kate­gorien erschwert. Besonders in der Kunststoffsparte, in der eine Unterteilung der Kunststoffe auch unter chemischen Gesichtspunkten manchmal nicht eindeutig ist, ge­lang die Unterteilung in Massenkunststoffe bzw. Neuentwicklungen auf deren Basis sowie in Spezialkunststoffe häufig nicht.

Auch wurde die Innovationszählung dadurch behindert, daß anstatt der genauen Anzahl von Innovationen nur die neue Produktreihe vorgestellt wurde. Wurden jedoch genaue Angaben zur Produktanzahl innerhalb der Produktreihe gemacht, so wurden auch ent­sprechend viele Innovationen gezählt. In der Auswertung können Markennamen wie­derholt auftreten, da es sich bei den Innovationen häufig um Produktverbesserungen, bei denen der Name beibehalten wird, bzw. um Einzelprodukte einer ganzen Produktreihe mit nur einem Markennamen handelt.

Aufgrund der ungenauen Angaben über die wirtschaftliche Verwertung von Katalysato­ren (ob als einzelnes Produkt oder als Bestandteil einer Prozeßverbesserung) wurden die

19 Vgl. Amecke, S.31

20 Vgl. Schwitalla, S.272

21 Vgl. Graumann, S.185 ff.

34

Katalysatoren, sofern sie nicht eindeutig als Produkt gekennzeichnet waren, immer als Prozeßinnovation gezählt.

Trotz der notwendigen Annahmen bei der Innovationszählung und der Unsicherheiten bezüglich der Geschäftsberichte sind die Ergebnisse plausibel und ermöglichen eine hin­reichende Beschreibung der Innovationstrends in der chemischen Industrie. Das wird auch durch die relativ gute Übereinstimmung mit der zuvor angefertigten Pilotstudie (Innovationszählung anhand der Informationen aus der Zeitschrift „Europa Chemie") bestätigt.

5.3.3 Kritik an der Erfolgsbewertung der Unternehmen

Eine gewisse Ungenauigkeit rührt von den Bewertungsspielräumen, die die Unterneh­men bei der Bilanzerstellung nutzen können, her. Auf die unterschiedliche Ausnutzung dieser Bewertungsspielräume kann im Rahmen dieser Arbeit jedoch nicht eingegangen werden. So können auch nicht die unterschiedlichen Steuersätze, die in die Ermittlung des Jahresüberschusses eingehen, berücksichtigt werden. Der Jahresüberschuß geht sei­nerseits wiederum in die Umsatzrenditeberechnung ein.

5.4 Zusammenfassung der quantitativen ErgebnisseAm auffälligsten ist die Abhängigkeit zwischen der Höhe der FuE-Aufwandsintensität und der Umsatzrentabilität der einzelnen Unternehmen. Das bedeutet, daß diejenigen Unternehmen die erfolgreichsten sind, die viel in FuE investieren. Die spartenweise Auswertung ergab jedoch, daß die Höhe der Untemehmens-FuE-Aufwandsintensitäten sehr stark vom jeweiligen Unternehmensprofil abhängt, das heißt, von den Sparten, in denen die Unternehmen engagiert sind. Damit besteht eher ein Zusammenhang zwi­schen dem Unternehmensprofil, der FuE-Aufwandsintensität und der Umsatzrentabili­tät. Des weiteren ergab die spartenweise Auswertung, daß FuE-intensive Sparten im all­gemeinen auch diejenigen Sparten sind, die hinsichtlich des Umsatzs am stärksten wachsen.

Diese Zusammenhänge bestätigen die Aussagen des S-Kurven und des PLZ-Modells. So konnte gezeigt werden, daß die Unternehmen besonders hohe FuE-Ausgaben in solchen Sparten tätigen, die ein hohes Wachstums- und Gewinnpotential besitzen (z.B. Pharma). Die Sparten, die aufgrund der geringen FuE-Aufwandsintensität und des Umsatzrück­gangs als reifere Sparten identifiziert werden konnten, wurden auch bei Anwendung der Lebenszyklus-Modelle als reife Phasen klassifiziert. Das bedeutet, daß sie gegenüber anderen Sparten eine allgemein geringere Innovationshäufigkeit und einen höheren An­teil an Prozeßinnovationen aufweisen, wie z.B. Fasern oder Grundchemikalien.

Die Auswertung der Innovationszählung verdeutlicht die Hinwendung der Unternehmen zu den Spezialitäten bzw. zu Farben und Lacken, die aber ebenfalls in vielen Merkma­len den Spezialitäten ähnlich sind.

35

6 Ergebnisse der qualitativen Untersuchung

6.1 Aktuelle Innovations- und UnternehmensstrategienIm folgenden Kapitel werden einige grundlegende Innovations- und Unternehmensstra­tegien vorgestellt, die von größter Bedeutung für die künftige Entwicklung der europäi­schen Chemieindustrie sind. Es werden jene Rahmenbedingungen beschrieben, die der­zeit ausschlaggebend für die Strategieformulierung der Unternehmen sind. Außerdem soll gezeigt werden, wie die Unternehmen in ihren Strategien auf die im vorigen Kapitel (Kapitel 5) identifizierten Entwicklungen reagieren.

Die qualitative Auswertung der Geschäftsberichte ergab, daß die Unternehmen ähnlich auf diese Herausforderungen antworten. Diese Gemeinsamkeiten sollen anhand von Beispielen erläutert werden. Da es im Gegensatz zur quantitativen Untersuchung des vorigen Kapitels auch um perspektivische Betrachtungen geht, werden neben den Ge­schäftsberichten auch andere, aktuellere Quellen genutzt. Sofern nicht auf andere Quel­len verwiesen wird, sind die erwähnten Angaben und Beispiele den jeweiligen Ge­schäftsberichten entnommen.

6.1.1 Veränderte Rahmenbedingungen in Europa

Die schwere Krise der europäischen Chemieindustrie Anfang der neunziger Jahre war eine strukturelle Krise. Die Unternehmen reagierten auf diese Krise mit Strukturanpas­sungen und Rationalisierungen, die einen beträchtlichen Personalabbau mit sich brach­ten. Wie gravierend dieser Personalabbau war, wird aus Abbildung 7 deutlich. Insge­samt beschäftigt die Chemieindustrie in Westeuropa heute rund 255 000 Menschen weniger als 1991. Das entspricht einem vierzehnprozentigen Rückgang.22

Die Ursachen der zum Teil bis heute andauernden strukturellen Probleme liegen vor al­lem in den Kostennachteilen gegenüber außereuropäischen Produzenten bei Massenpro­dukten, wie Grundstoffen, Kunststoffen, Düngemitteln und Fasern. Diese Kostennach­teile erwachsen hauptsächlich aus höheren Rohstoff-, Arbeits- und Umweltschutzkosten. Darüber hinaus findet eine Verschiebung der Chemieproduktion zu deren Hauptabneh­mern statt. So ist z.B. die Abwanderung der Textilindustrie23 aus Europa nach Fernost eine Ursache dafür, daß die Chemiefasern auch zunehmend dort produziert werden. Eine ähnliche Gefahr besteht aber auch auf FuE-intensiven Gebieten, wie z.B. der Produktion von Reinstchemikalien für die Mikroelektronik.

22 Vgl. Economist, S.69

23 Vgl. Amecke, S.37

36

0 0 0 0 0 0 0 0 0 Cl()

0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 CO "<!" N 0 Cl() CO "<!"

N ..- ..- ..-

leUOSJad

Abbildung 7: Vergleich der Personalentwicklung

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..-0> 0>

0 0> 0>

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..-

i

t ~ h I '

I* I I p I

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... .c CU

""')

37

Besonders die Länder des Nahen Ostens aber auch Mexiko verfügen über eine konkur­renzlos günstige Rohstoffversorgung für einen Großteil der Basischemikalien und der Massenkunststoffe. Diese Staaten verfolgen das Ziel, Petrochemikalien auf der Basis von Methan und Ethan, die bei der Erdölförderung anfallen und normalerweise abgefak- kelt werden müßten, in großen Anlagen mit niedrigen Betriebskosten herzustellen und so signifikante Wettbewerbsvorteile zu erzielen. Aus diesem Grunde ist damit zu rechnen, daß der Weltmarktanteil der Länder des Nahen Ostens für Ethylenglykol von 12% im Jahre 1991 auf 20% im Jahre 2000 steigt. Westeuropa wird sich zunehmend zu einem Nettoimporteur von Petrochemikalien aber auch von Standardkunststoffen ent­wickeln. Diese Entwicklung zeichnet sich längerfristig auch bei höherwertigen Kunst­stoffen ab.24 25

Ein weiterer Grund für die Wettbewerbsnachteile sind die hohen Arbeitskosten in West­europa, wobei auch innerhalb Europas eine starke Differzierung vorhanden ist, wie Ta­belle 11 zeigt.

Land 1994 (in DM) in % gegenüber 1993

Westdeutschland 62.71 +3.2

Belgien 58.15 +2.8

Japan 55.87 -3.0

Niederlande 55.17 +0.5

Frankreich 48.47 +1.5

Dänemark 45.85 +4.2

Italien 36.51 +0.3

Luxemburg 35.40 +2.9

USA 34.91 +0.9

Großbritannien 34.15 0

Irland 34.04 +4.2

Spanien 29.87 -2.0

Griechenland 18.57 +5.7

Portugal 17.82 +17.5 (unsicher)

Tabelle 11: Chemie-Arbeitskosten je Beschäftigtenstunde (Aus: Frankfurter Allge­meine Zeitung vom 6.10.1995, S.24)

24 Vgl. Riemann, S.18

25 Vgl. Fond der Chemischen Industrie, S.14

38

Außerdem waren die achtziger Jahre von hohen Kosten zur Erfüllung der Umwelt­schutzauflagen gekennzeichnet. So beliefen sich die Kosten für Umweltschutzmaßnah­men der deutschen Chemieunternehmen im Jahre 1990 auf 6,4 Mrd. DM bzw. 4% des Umsatzes. Das entsprach einer 25%igen Steigerung gegenüber dem Vorjahr.26 Inzwi­schen konnten diese Ausgaben jedoch wieder reduziert werden. Beispielsweise inve­stierte Bayer mit 330 Mio. DM im Jahre 1994 nur ungefähr die Hälfte dessen, was noch 1990 in den Umweltschutz investiert worden war.27

Die soeben beschriebenen Entwicklungen haben zur Folge, daß die Unternehmen zu­nehmend aus unrentablen Produktionen aussteigen. Dies wiederum gefährdet die histo­risch gewachsenen Produktionsverbünde, die eine optimale Nutzung der eingesetzten Rohstoffe und Energie garantieren. In dem Maße, in dem immer mehr Glieder der komplexen Produktionsstrukturen unrentabel werden, werden die Verbundstrukturen zusammenbrechen und damit noch verbliebene Kostenvorteile verlorengehen.28

Vor diesem Hintergrund gewinnt die Konzentration auf höher veredelte, FuE-intensive Produkte an Bedeutung. Eine aktuelle Studie des britischen Chemieverbandes29 30 identi­fizierte diejenigen Gebiete der FuE, die in Zukunft eine große Rolle spielen werden. In der Summe über alle Sparten der Chemie wurde folgende Prioritätenliste hinsichtlich der zukunftsträchtigsten Technologien erstellt:

1. Biotechnologie und Katalyse,

2. Werkstoffe,

3. Verfahrenstechnik,

4. Trennverfahren, Analytik, Modellierung.

Während japanische und amerikanische Unternehmen, die sich in der FuE dieser zu­kunftsträchtigen Gebiete engagieren, staatliche Innovationsförderung erhalten (u.a. steu­erliche Erleichterungen und Zulagen für FuE sowie eine gezielte staatliche Beschaf­fungspolitik), wird die Forschung, wie z.B. in der Gentechnik, in einigen Ländern West­europas, insbesondere in Deutschland, durch eine rigide Gesetzgebung behindert.

In Deutschland wurde in einer Studie vom Institut für angewandte Innovationsforschung Bochum die innovationshemmende Wirkung des Chemikaliengesetzes von 1982 unter­sucht. Die Studie kam zu dem Ergebnis, daß das Chemikaliengesetz mit seinen derzeiti­gen Prüf- und Anmeldeverfahren Wettbewerbsnachteile für deutsche Unternehmen mit sich bringt. Auch wird der Marktzugang für kleine und mittlere Unternehmen er­schwert. Die in derartigen Gesetzen zum Ausdruck kommende geringe gesellschaftli­che Akzeptanz von FuE in der chemischen Industrie führt dazu, daß die Forschung auf zukunftsträchtigen Gebieten immer mehr ins Ausland, wie z.B. in die USA und Japan, verlagert wird (siehe ausführlich dazu Kapitel 6.1.5).

26 Vgl. Riggert, S.9

27 Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 12.7.95, S.22

28 Vgl. Fond der Chemischen Industrie, S.13

29 Vgl. Chemical Industries Association, S.72 ff.

30 Vgl. Chemische Industrie 4/94, S.16

39

Für die schweizer Unternehmen bestand die Gefahr, infolge zweier Volksreferenden auf einen notwendigen Bestandteil ihrer Pharmaforschung - die Tierversuche - verzichten zu müssen. Ein Erfolg dieser Volksreferenden hätte sicherlich zu einer sehr starken Verla­gerung der Forschung ins Ausland geführt.

6.1.2 Die beiden Strategiegrundtypen: Kostenführerschaft und Spezialisierung

Die Kostenführerschaft Die Strategie der Kostenführerschaft wird hauptsächlich in Bereichen verfolgt, in denen der Preis das ausschlaggebende Wettbewerbsmerkmal ist. Produktinnovationen spielen häufig nur eine untergeordnete Rolle. Das trifft besonders für Massenkunststoffe und Grundchemikalien, zum Teil aber auch für Wirkstoffe und zunehmend für bestimmte Teile der Spezialitätenchemie zu.

Zur Erzielung von Kosten vorteilen kommt es - wie im vorigen Abschnitt (5.1.1) ge­schildert - darauf an, über eine günstige Rohstoffversorgung zu verfügen und einen möglichst hohen Marktanteil zu erreichen, um die zum Teil beachtlichen Mengende­gressionseffekte nutzen zu können. In diesem Zusammenhang kommt der möglichst vollen Auslastung der kontinuierlich arbeitenden Anlagen in der Massenproduktion große Bedeutung zu. Vor diesem Hintergrund fanden in der europäischen Chemieindu­strie in den vergangenen Jahren verstärkt Konzentrationsprozesse statt, die auch im Zu­sammenhang mit der Strategietendenz zur Konzentration auf die Kernbereiche der Un­ternehmen bzw. der Tendenz zur Bildung strategischer Allianzen standen.

So erwarb die BASF das europäische Polypropylengeschäft von ICI und veräußerte im Gegenzug ihr Acrylglasgeschäft an die ICI. Bei Kunstfasern konzentriert sich die BASF auf die Nylon-6-Produktion und gründete deshalb mit Allied Signal ein Joint Venture auf diesem Gebiet. Im Gegensatz dazu betreibt die BASF bei den Polyesterfäden eine Politik des Divestments. Desweiteren konzentriert sich die BASF auf die Polyurethan- Produktion. Zur Sicherung einer relativ günstigen Rohstoffversorgung errichtete das Unternehmen in Antwerpen für 1,3 Mrd. DM einen neuen Steameracker.

Die Spezialisierung Mit der Strategie der Spezialisierung versuchen die Chemieunter­nehmen, dem Preiswettbewerb, wie er bei Massenprodukten vorherrscht, zu entgehen. Spezialisierung bedeutet in der chemischen Industrie vor allem Hinwendung zu Spe­zialitäten - abgesehen von der oben erwähnten Ausnahmen, der Konzentration der Un­ternehmen auf bestimmte Massenprodukte, um Kostenvorteile zu erlangen. Die Spe­zialitäten zeichnet eine große Produktvielfalt aus, da die Produkte immer auf bestimmte Abnehmer ausgerichtet sind, wie z.B. bestimmte "tailor-made" Polymere (Akzo) oder auf spezielle Kundenwünsche zugeschnittene Masterbatches für den Einsatz von Pig­menten und Additiven in Kunststoffen und Synthesefasern (Sandoz). Diese Produkte sind meist höher veredelte Erzeugnisse, mit denen in der Regel eine höhere Gewinn­marge erzielt werden kann. Darüber hinaus gelten viele dieser Produkte als konjunk­turrobust.

Bei der qualitativen Auswertung der Geschäftsberichte fiel auf, daß Unternehmen, die nicht im deutschsprachigen Raum angesiedelt sind (ICI, Akzo und Solvay), genauer

31 Vgl. Chemische Industrie 8/89, S.28

40

über die von ihnen verfolgten Strategien berichten. Im Mittelpunkt dieser Strategien steht vor allem die Konzentration auf höher veredelte und Marketing-intensive Produkte (Akzo). Der Trend zur Spezialisierung auf Spezialitäten erfolgt immer zu Lasten der Massenproduktion. So verringerte Akzo seine Faserproduktion von 52% Umsatzanteil im Jahre 1963 über 30% im Jahre 1984 auf weniger als 20% im Jahre 1993. Gleichzeitig erhöhte sich aber Akzos Anteil der coatings von 5% im Jahre 1969 auf fast 25% 1993. Um diese Entwicklung fortsetzen zu können, erwarb Akzo 1993 das schwedische Un­ternehmen Nobel Industrier AB.

Der Trend zur Spezialisierung läßt sich am augenfälligsten an den Pharmasparten der Unternehmen darstellen. Abbildung 8 zeigt, daß fast alle Unternehmen den Umsatzan­teil ihrer Pharmasparten gesteigert haben. Selbst die BASF und Solvay, bei denen Pharma nicht zum historischen Kembereich zählt, diversifizieren heutzutage verstärkt in die Pharmasparte. Dies ist eine der wenigen Ausnahmen, in denen die Unternehmen von der Strategie der Konzentration auf die Kernbereiche ab weichen (siehe dazu Kapitel 6.1.3). So erwarb die BASF 1995 Boots Pharmaceuticals für 2 Mrd. DM.

Daß die Strategie der Spezialisierung keine Garantie für Erfolg ist, bewies die BASF mit ihrem Engagement bei den Hochleistungsverbundwerkstoffen. Das Unternehmen erwarb diesen Bereich im Jahre 1985 von der Celanese Corp. Aufgrund der unbefriedigenden Nachfrageentwicklung wurden diese Aktivitäten im Jahre 1992 jedoch wieder einge­stellt.

In ihrem Bemühen, sich stärker an die Endverbraucher zu wenden, bieten die Unter­nehmen neben chemischen Produkten verstärkt auch Serviceleistungen an. So richtete Akzo verschiedene Beratungszentren für seine Lackabnehmer ein. Darüber hinaus wer­den auch Servicegeräte, z.B. zum exakten Mischen von Lacken und Farben, angeboten. ICI bietet ein computergestütztes System zur Optimierung von Sprengungen an.

Welch enge Wechselwirkungen zwischen diesen beiden Strategien - Kostenführerschaft und Spezialisierung - bestehen, kann an Solvays Strategie verdeutlicht werden: die Ge­winne aus den stagnierenden Kemaktivitäten (Alkali, Peroxide, Kunststoffe), bei denen Kostenreduzierungen im Mittelpunkt stehen, werden zur Finanzierung neuer Aktivitäten genutzt. Solvay erhöhte z.B. den Umsatzanteil der Sparte Gesundheit von 6,5% im Jahre 1984 auf über 17% im Jahre 1993, während die anderen Sparten annähernd konstant blieben.

Abbildung 8: D

er Anteil von Pharm

azeutika am G

esamtum

satz

50,0

Jahr

1990

—♦—Bayer — Hoechst —A— ICl—«—Ciba-Geigy —* —Sandoz —• —Akzo —i— Solvay

1991

—1992 1993

42

6.1.3 Die Konzentration auf Kernbereiche des Unternehmens

In fast allen Aussagen der Geschäftsberichte zu Unternehmensstrategien spielt die Kon­zentration auf die Kembereiche bzw. Kemkompetenzen eine herausragende Rolle. Da­bei steht das Bemühen, eine starke Marktposition zu erlangen und sich auf Sparten zu konzentrieren, die hohe Synergieeffekte aufweisen, im Vordergrund. Tatsächlich werden diese Strategien von den Unternehmen auch konsequent umgesetzt. So gliederte ICI 1993 sämtliche Bio-Bereiche aus (hauptsächlich Pharma und Landwirtschaft) und brachte sie in das neu gegründete Unternehmen Zeneca, einer 100%igen Tochtergesell­schaft von ICI, ein. Begründet wurde dieser Schritt mit der Erhöhung der Beweglichkeit und Schlagkraft für beide Unternehmen. Allerdings fällt damit auch der Risikoausgleich zwischen den einzelnen Bio- und Chemiesparten weg, der besonders für die Chemie­sparten in der Vergangenheit wichtig war.

Sandoz beschloß 1995, alle Geschäftsbereiche abzustoßen, die nicht zu Pharma und Er­nährung gehören. Die alleinige Konzentration auf Pharma und Ernährung wird ange­strebt, da Gesundheit der gemeinsame Nenner beider Geschäfte ist. Die Erlöse der Ver­käufe sollen genutzt werden, um künftig mehr in die teure Gentechnik investieren und um Akquisitionen in den Bereichen Pharma und Ernährung finanzieren zu können.32

Auch Hoechst entschloß sich zu einem ähnlich radikalen Schritt. Das Unternehmen trennte sich von der rentablen Kosmetiksparte (u.a. Jade und Schwarzkopf), da diese nicht zum Kernbereich des Unternehmens gehört.

6.1.4 Die Tendenz zur strategischen Zusammenarbeit von Unternehmen

Unternehmen gehen zunehmend strategische Allianzen im Bereich der Produktion so­wie in der FuE ein. Neben der Kooperation zwischen Unternehmen spielen besonders in der Grundlagenforschung Kooperationen von Unternehmen und akademischen Einrich­tungen eine große Rolle. Strategische Allianzen werden meist eingegangen, um eine der beschriebenen Strategien zu verfolgen.

Kooperationen im Produktionsbereich dienen der Bündelung von Produktionskapazitä­ten, um die Kosteneffizienz zu steigern. Damit wird meist die Strategie der Kostenfüh­rerschaft verfolgt. In den Geschäftsberichten findet sich eine Vielzahl von Beispielen dazu:

• ICI ging im Jahre 1987 ein Joint Venture mit Mitsubishi Chemicals für Verbund­werkstoffe und zur Durchführung von Feldversuchen ein.

• Seit 1993 arbeiten ICI und Kronos auf dem Gebiet der Titandioxid-Produktion auf dem Chlorid-Weg zusammen.

• Hoechst und Wacker brachten 1992 ihre PVC-Aktivitäten in ein Joint Venture ein.

Eine besonders breit angelegte Kooperation gingen 1994 Hoechst und Schering mit der Bildung des Joint Ventures "Hoechst Schering AgrEvo GmbH" ein. Dieses Unterneh­men ist mit einem Umsatz von 3 Mrd. DM und ca. 8000 Beschäftigten nach Ciba-Geigy

32 Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 28.3.95, S.21

43

das weltweit zweitgrößte Pflanzenschutzuntemehmen.33 Ziel dieser Zusammenarbeit ist, auf dem allgemein schrumpfenden Pflanzenschutzmarkt eine sogenannte "kritische Größe" zu erreichen, um im Innovations- wie auch im Preiswettbewerb bestehen zu können.Gerade in der FuE werden Kooperationen immer wichtiger. Einer Studie34 zufolge lie­gen die Gründe dafür weniger in dem steigenden finanziellen Aufwand für FuE, als vielmehr in den Möglichkeiten:

• in neue Märkte einzutreten,

• die Innovationszeiten zu verkürzen,

• technologische Potentiale frühzeitig zu erkennen.

Wie stark die Tendenz zur Zusammenarbeit ist, zeigt die Hoechst AG, die in den letzten 10 Jahren die Anzahl der Kooperationen in der Grundlagenforschung von 230 auf 380 erhöhte.35

6.1.5 Die Tendenz zur Globalisierung

Wie global die großen Chemieunternehmen orientiert sind, zeigt schon die Gestaltung der Geschäftsberichte, die meist detailliert über die Entwicklung einzelner Regionen (z.B. Europa, Nordamerika, Lateinamerika und Asien) berichten. Der Trend zur Globa­lisierung manifestiert sich darin, daß

• die Unternehmen bemüht sind, ihren Umsatz verstärkt außerhalb Europas (z.B. in Asien und in den USA) zu erwirtschaften, da in Europa nur noch mit geringen Wachstumsraten zu rechnen ist,

• Investitionen in neue Produktionsanlagen vorwiegend in der Nähe der Hauptab­satzmärkte (z.B. Asien) getätigt werden,

• die FuE zunehmend in die Nähe der Hauptabnehmer bzw. dorthin verlagert wird, wo die günstigsten Bedingungen hinsichtlich FuE herrschen (z.B. Gentechnik in den USA).

Zu den am meisten geographisch diversifizierten Unternehmen zählen ICI und die schweizer Unternehmen. So beträgt der Umsatzanteil von Ciba-Geigy und von Sandoz in Europa rund 40%, in Nordamerika rund 30%. Dagegen sind Solvay und Akzo noch nicht in diesem Ausmaß geographisch diversifiziert. Jedoch unternimmt Akzo verstärkt Anstrengungen, seinen „geo-mix" zu verbessern, wie z.B. im Geschäftsbericht von 1993 betont wird.

Geographische Diversifikation wird meist mit Hilfe von Akquisitionen durchgeführt. Jüngstes Beispiel dafür ist die Hoechst-Akquisition der amerikanischen Firma Marion Merrell, die Hoechst für mehr als 10 Mrd. DM von Dow erwarb. Damit rückte Hoechst in die Gruppe der 4 größten Pharmaanbieter vor. Hoechst konnte dadurch seine schwa­

33 Vgl. Chemische Industrie 3/94, S.28-32

34 Fast-Studie, S.32

35 Vgl. Chemische Industrie 1/92, S.38

44

che Stellung auf einem der wichtigsten Pharmamärkte der Welt, dem der USA, deutlich verbessern.

Noch dynamischer als der Auslandsumsatzanteil entwickelt sich der Auslandsanteil von FuE in den zukunftsträchtigen Gebieten. Die Mehrzahl der in der Gentechnik engagier­ten Unternehmen forscht in den USA, während für FuE auf dem Gebiet der Materialfor­schung etliche Unternehmen Japan als Standort bevorzugen. Bei diesen Standortent­scheidungen spielt neben den gesetzlichen Rahmenbedingungen auch der Kontakt zu auf den jeweiligen Gebieten führenden akademischen Forschungseinrichtungen eine große Rolle.

Bayer errichtete z.B. sein neues Pharma-Forschungszentrum (Miles Laboratories) in West-Haven (USA) und ein neues Pflanzenschutz-Forschungszentrum in Yuki (Japan). Obwohl mit 70% vom FuE-Budget Europa der stärkste FuE-Standort ist, sollen die Standorte USA und Japan verstärkt werden. Mittelfristig soll der Auslandsanteil von FuE auf etwa die Hälfte steigen. Die beiden schweizer Unternehmen haben diese Quote bereits erreicht.

Auch Hoechst begegnet der stärkeren Internationalisierung mit einem überregionalen Forschungskonzept. So forscht Hoechst zusammen mit IBM auf dem Gebiet der Photo­resists schwerpunktmäßig in den USA, während für neue Flüssigkristallsysteme für Großbildschirme Japan der optimale Standort ist. Für die keramischen Supraleiter hat das Unternehmen Deutschland als Standort gewählt.36

6.2 Zusammenfassung der qualitativen UntersuchungsergebnisseIm Rahmen der qualitativen Untersuchung konnten trotz der zum Teil stark differieren­den Untemehmensprofile eine Reihe von Gemeinsamkeiten in den Unternehmens- und Innovationsstrategien festgestellt werden. Ursache dafür sind die ähnlichen Wettbe­werbsbedingungen, unter denen die untersuchten Unternehmen operieren. Besonders auffällig ist, daß sich die Unternehmen auf bestimmte Massenprodukte konzentrieren, mit denen eine starke Marktposition zu erreichen ist. Außerdem engagieren sich alle Unternehmen verstärkt bei den höher veredelten Produkten.

Damit spiegeln sich in der qualitativen Untersuchung die im Rahmen der quantitativen Auswertung ermittelten Trends deutlich wider. Wie energisch die Unternehmen bei der Umstrukturierung vorgehen, zeigt die starke Verschiebung der Umsatzanteile von den Massenprodukten hin zu den höher veredelten Produkten. So konnten in den Geschäfts­berichten viele Beispiele gefunden werden, die die Kapazitätsverringerung bei verschie­denen Massenprodukten belegen. Andererseits fanden auf dem Gebiet der höher ver­edelten Produkte viele Akquisitionen, teilweise auch außerhalb Europas, statt. Dies zeigt wiederum, daß die Aktivitäten der Unternehmen immer globaler werden. Die Globali­sierung wird durch Innovationshemmnisse, die in vielen europäischen Staaten vorhan­den sind, zusätzlich beschleunigt.

36 Vgl. Chemische Industrie 1/92, S.38

45

7 Zusammenfassung

Im Mittelpunkt der vorliegenden Untersuchung stand die Identifizierung der Innovati­onstrends in der chemischen Industrie für die Jahre 1984 bis 1993. Dazu wurden die Ge­schäftsberichte von 9 großen europäischen Chemieunternehmen ausgewertet.

Die quantitative Auswertung der Geschäftsberichte ergab deutlich erkennbare Innovati­onstrends, die sich in Übereinstimmung mit der zuvor angefertigten Pilotstudie befin­den. So wurden die Sparten Spezialitäten, Farben/Lacke und Kunststoffe als diejenigen Sparten identifiziert, die im Untersuchungszeitraum (1984-1993) die meisten Innovatio­nen aufwiesen.

Die Analyse der FuE-Inputfaktoren und der Kennzahlen für den Unternehmenserfolg er­gab, daß zwischen der Höhe des FuE-Aufwands und dem Unternehmenserfolg eine positive Abhängigkeit besteht. Die spartenweise Analyse ergab jedoch, daß die Höhe der FuE-Aufwendungen stark vom Unternehmensprofil abhängt. Die Bewertung der In­novationsstärke der einzelnen Unternehmen anhand der Anzahl der gemachten Innova­tionen konnte aufgrund der unterschiedlichen Neigung der Unternehmen, über Innova­tionen zu berichten, nicht vorgenommen werden.

Die insgesamt plausiblen Ergebnisse der quantitativen Untersuchung beweisen, daß Ge­schäftsberichte trotz der in Kapitel 5.3 geäußerten Kritik durchaus als Grundlage einer solchen Untersuchung genutzt werden können. Darüber hinaus konnten in der vorlie­genden Studie Aussagen verschiedener Lebenszyklus-Modelle bestätigt werden. Le­benszyklus-Modelle gehören zu den wenigen praxisorientierten Ansätzen, mit denen sich Innovationsprozesse beschreiben lassen.

In der qualitativen Untersuchung wurden Gemeinsamkeiten herausgearbeitet, die die gegenwärtigen Unternehmens- und Innovationsstrategien der europäischen Chemieun­ternehmen beschreiben. Dabei fiel das Bestreben auf, den Umsatzanteil höher veredelter Produkte zu erhöhen. Den im Kapitel 6 aufgezeigten Strategien kommt eine große Be­deutung zu, da von ihnen die Innovationstrends der Zukunft und damit die Zukunft der chemischen Industrie Europas abhängen.

46

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Anhang 1

Trendbeschreibung (Vergleich Innovationen für die Jahre 1984/85 und 1992/93)

Kategorie Kategorienbeschreibung Anzahl der Inno­vationen 1984/85

Anteile Anzahl der Inno­vationen 1992/93

Anteile

0 Umwelttechnologien 3 1.0 12 5.91 Organ. Grundchemikalien 10 3.4 11 5.42 Anorgan. Grundchemikalien 3 1.0 2 1.0

3 Kunststoffe (nicht zuordenbar) 3 1.0 0 0.031 Massenkunststoffe 15 5.2 3 1.532 Spezialkunststoffe 37 12.8 13 6.4

Summe Kunststoffe 55 19.0 16 7.9

4 Fasern 11 3.8 10 5.05 Farben, Lacke 74 25.5 35 17.36 Agrochemikalien, Dünger 31 10.7 36 17.87 Wasch-/Reinigung-/Konservierungsm. 21 7.2 29 14.4

81 Kleber 15 5.2 8 4.082 Additive für Petrochemie 5 1.7 3 1.583 Textil- u. Lederveredlungsmittel 11 3.8 8 4.084 Chemikalien für Papier- u. Druckind. 10 3.4 6 3.085 Fotochemie 5 1.7 0 0.086 Prod. f. Informationstechnik 2 0.7 6 3.087 Produkte f. Bauwesen 5 1.7 4 2.088 Kunststoffadditive 7 2.4 3 1.589 Diverses 22 7.6 13 6.4

Summe Spezialitäten 82 28.3 51 25.2

9 Neue Materialien 0 0.0 0 0.0

Summe 290 202

Innovationsanteile gemäß der Kategorien und unternehmensbezogene Auswertung

Angaben in Prozent

Kategorie Kategorienbeschreibung Bayer BASF Hoechst ICI Ciba-Geigy Sandoz Akzo Henkel Solvay Anteile insgesamt

0 Umwelttechnologien 1.9 2.0 7.4 5.5 0.0 1.3 0.0 3.1 5.8 2.31 Organ. Grundchemikalien 3.7 2.8 3.7 6.6 0.0 0.0 8.5 1.3 9.6 3.52 Anorgan. Grundchemikalien 0.0 0.0 3.7 2.2 0.0 0.0 0.7 0.0 1.9 0.5

3 Kunststoffe (nicht zuordenbar) 1.1 0.4 0.0 1.1 0.6 0.0 0.7 0.0 0.0 0.531 Massenkunststoffe 0.7 14.2 4.9 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 19.2 4.032 Spezialkunststoffe 16.7 11.9 19.8 11.0 14.0 1.3 0.7 0.6 34.6 11.2

Summe Kunststoffe 18.6 26.5 24.7 12.1 14.6 1.3 1.3 0.6 53.8 15.7

4 Fasern 3.3 2.4 9.9 2.2 0.0 1.3 10.5 0.0 0.0 3.25 Farben, Lacke 23.8 34.4 16.0 24.2 29.9 27.6 41.2 2.5 0.0 24.96 Agrochemikalien, Dünger 10.4 4.7 14.8 16.5 24.4 21.1 15.7 0.0 11.5 11.87 Wasch-/Reinigung-/Konservierungsm. 3.3 4.7 2.5 3.3 2.4 3.9 3.3 53.1 1.9 9.5

81 Kleber 3.7 2.0 0.0 3.3 5.5 1.3 0.7 23.1 0.0 5.182 Additive für Petrochemie 0.0 2.8 1.2 1.1 0.0 0.0 0.0 2.5 0.0 1.083 Textil- u. Lederveredlungsmittel 4.8 5.5 0.0 1.1 4.9 18.4 0.0 2.5 0.0 4.284 Chemikalien für Papier- u. Druckind. 3.7 4.7 7.4 2.2 0.0 9.2 2.6 1.9 0.0 3.485 Fotochemie 13.0 0.0 0.0 0.0 1.8 0.0 0.0 0.0 0.0 2.986 Prod. f. Informationstechnik 2.2 2.4 1.2 1.1 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 1.187 Produkte f. Bauwesen 1.1 0.0 0.0 2.2 0.0 9.2 0.7 3.8 5.8 1.788 Kuns tstoffadditive 0.0 2.0 0.0 3.3 6.1 3.9 2.0 0.6 0.0 1.989 Diverses 5.6 3.2 6.2 12.1 10.4 1.3 11.1 5.0 9.6 6.7

Summe Spezialitäten 34.2 22.5 16.0 26.4 28.7 43.4 17.0 39.4 15.4 27.9

9 Neue Materailien 0.7 0.0 1.2 1.1 0.0 0.0 2.0 0.0 0.0 0.5

alle Anzahl der Innovationen 269 253 81 91 164 76 153 160 52 1299

Anhang 2