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Psychologische Rundschau, 1996 47, 78-92 © Hogrefe-Verlag, Göttingen 1996 Träges Wissen: Wenn Erlerntes nicht genutzt wird Alexander Renkl Oftmals wird Wissen, obwohl scheinbar vorhan- den, nicht eingesetzt, wenn es gilt, anstehende Pro- bleme zu lösen. Man spricht in diesem Zusammen- hang von trägem Wissen. In der Literatur kann man drei Typen von Erklärungen für dieses Phä- nomenfinden. Metaprozeßerklärungen gehen da- von aus, daß das notwendige Wissen vorhanden ist, aber nicht genutzt wird, da Metaprozesse (z. B. meta- kognitive Steuerungsprozesse) defizitär sind. Strukturdefiziterklärungen sehen die Defizite im Wissen selbst angesiedelt, d. h. das Wissen ist nicht in einer Form vorhanden, die eine Anwendung desselben erlauben würde. In Situiertheitserklä- rungen wird der traditionelle Wissens- und Transferbegriff der kognitiven Psychologie in Fra- ge gestellt. Die Grundannahme lautet dabei, daß Wissen prinzipiell situativ gebunden sei. Die in den letzten Jahren entwickelten instruktionalen Model- le, die zum Ziel haben, anwendbares Wissen zu vermitteln, berücksichtigen dabei die wichtigsten Aspekte, die in den oben genannten Erklärungsan- sätzen thematisiert werden. Um aber zu einer um- fassenden Erklärung des Phänomens des trägen Wissens zu kommen, erschiene eine Zusammenar- Anschrift des Verfassers: Dr. Alexander Renkl, Institut für Pädagogische Psychologie und Empirische Pädagogik, Universität München, Leopoldstr. 13, D-80802 München. Ich danke allen Mitgliedern unserer Arbeitsgruppe (Lehr- stuhl Prof. Dr. Mandl) für die zahlreichen Diskussionen zum Thema der Wissensanwendung, ohne die die vorlie- gende Arbeit nicht entstanden wäre. Für wertvolle Anmer- kungen zu einer früheren Fassung des Manuskriptes sei zwei anonymen Gutachtern gedankt. beit verschiedener psychologischer Teildisziplinen notwendig. Schlüsselwörter: Wissenstransfer, träges Wissen, si- tuiertes Lernen, Lernen und Lehren. Abstract Inert knowledge: When what is learned is not used Knowledge, although seemingly available, is of- ten not used for solving problems, that means, it remains "inert". Three types of explanations for this phenomenon can be found in the literature. Meta-process explanations assume that the rele- vant knowledge is available, but it is not used because of inadequate meta-processes (e. g., lacking metacognitive control). Structure deficit explanations suppose that the deficit is rooted in the structure of the knowledge itself, that is, the knowledge is not available in a form that allows for its application* In situatedness explanations, the traditional concepts of knowledge and trans- fer are questioned. One basic assumption is that knowledge is fundamentally situated, that is, context-bound. In recent years, instructional models have been developed which try to remedy the inert knowledge problem and which take into account many important aspects that have been focussed in the different types of explanations referred to above. However, in order to reach a sufficient understanding of the inert knowledge phenomenon, the cooperation of different psychological subdisciplines is called for. Key words: Knowledge transfer, inert knowledge, situated learning, learning and teaching.

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Psychologische Rundschau, 199647, 78-92

© Hogrefe-Verlag, Göttingen 1996

Träges Wissen:Wenn Erlerntes nicht genutzt wird

Alexander Renkl

Oftmals wird Wissen, obwohl scheinbar vorhan-den, nicht eingesetzt, wenn es gilt, anstehende Pro-bleme zu lösen. Man spricht in diesem Zusammen-hang von trägem Wissen. In der Literatur kannman drei Typen von Erklärungen für dieses Phä-nomenfinden. Metaprozeßerklärungen gehen da-von aus, daß das notwendige Wissen vorhanden ist,aber nicht genutzt wird, da Metaprozesse (z. B. meta-kognitive Steuerungsprozesse) defizitär sind.Strukturdefiziterklärungen sehen die Defizite imWissen selbst angesiedelt, d. h. das Wissen ist nichtin einer Form vorhanden, die eine Anwendungdesselben erlauben würde. In Situiertheitserklä-rungen wird der traditionelle Wissens- undTransferbegriff der kognitiven Psychologie in Fra-ge gestellt. Die Grundannahme lautet dabei, daßWissen prinzipiell situativ gebunden sei. Die in denletzten Jahren entwickelten instruktionalen Model-le, die zum Ziel haben, anwendbares Wissen zuvermitteln, berücksichtigen dabei die wichtigstenAspekte, die in den oben genannten Erklärungsan-sätzen thematisiert werden. Um aber zu einer um-fassenden Erklärung des Phänomens des trägenWissens zu kommen, erschiene eine Zusammenar-

Anschrift des Verfassers: Dr. Alexander Renkl, Institutfür Pädagogische Psychologie und Empirische Pädagogik,Universität München, Leopoldstr. 13, D-80802 München.

Ich danke allen Mitgliedern unserer Arbeitsgruppe (Lehr-stuhl Prof. Dr. Mandl) für die zahlreichen Diskussionenzum Thema der Wissensanwendung, ohne die die vorlie-gende Arbeit nicht entstanden wäre. Für wertvolle Anmer-kungen zu einer früheren Fassung des Manuskriptes sei zweianonymen Gutachtern gedankt.

beit verschiedener psychologischer Teildisziplinennotwendig.

Schlüsselwörter: Wissenstransfer, träges Wissen, si-tuiertes Lernen, Lernen und Lehren.

Abstract

Inert knowledge: When what is learned is not used

Knowledge, although seemingly available, is of-ten not used for solving problems, that means, itremains "inert". Three types of explanations forthis phenomenon can be found in the literature.Meta-process explanations assume that the rele-vant knowledge is available, but it is not usedbecause of inadequate meta-processes (e. g.,lacking metacognitive control). Structure deficitexplanations suppose that the deficit is rooted inthe structure of the knowledge itself, that is, theknowledge is not available in a form that allowsfor its application* In situatedness explanations,the traditional concepts of knowledge and trans-fer are questioned. One basic assumption is thatknowledge is fundamentally situated, that is,context-bound. In recent years, instructionalmodels have been developed which try to remedythe inert knowledge problem and which take intoaccount many important aspects that have beenfocussed in the different types of explanationsreferred to above. However, in order to reach asufficient understanding of the inert knowledgephenomenon, the cooperation of differentpsychological subdisciplines is called for.

Key words: Knowledge transfer, inert knowledge,situated learning, learning and teaching.

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Zwischen Wissen und Verhalten besteht vielfach einegroße Diskrepanz. Es ist nicht ungewöhnlich, daßPersonen über Wissen verfügen, von dem Psycholo-gen, Pädagogen, Lehrer etc. annehmen, daß es be-stimmte Auswirkungen auf Verhalten haben müßte,dies aber - scheinbar unerklärlicherweise - nicht zu-trifft. Ein typisches Beispiel für dieses Phänomen istdas theoretische Wissen, das in der Schule erlernt, aberin außerschulischen Kontexten vielfach nicht ange-wandt wird. Whitehead (1929; vgl. auch Bransford,Goldman und Vye, 1991) sprach in diesem Zusammen-hang von trägem Wissen [inert knowledge). Brown(1992) bezeichnete das Problem des trägen Wissensneben der vorwiegend passiven Lernhaltung von Schü-lern als das Hauptproblem von Unterricht.

Besonders reichhaltige Evidenz für das Phänomendes trägen Wissens erbrachte die Forschung zurAlltagsmathematik. Es zeigte sich, daß Denken undProblemlösen innerhalb und außerhalb der Schulebedeutsam divergieren und nur wenig Wissenstransferzwischen diesen Kontexten auftritt. Seien es Brasilia-nische Straßenkinder, die zu ihrem LebensunterhaltBonbons verkaufen (z.B. Saxe, 1988), seien esMolkereiarbeiter bei der Entscheidung über Preise undMengen von Molkereiprodukten (Scribner, 1984),seien es Mitglieder der Weight Watcher beim Einkau-fen und Zubereiten von Rezepten (Lave, Murtaughund de laRocha, 1984), sie alle bewältigen mathemati-sche Anforderungen effektiv und korrekt, ohne aufmathematische Verfahren, wie sie in der Schule gelerntwerden, zurückzugreifen (vgl. auch Lave, 1992).

Das Problem des mangelnden Transfers desjenigenWissens, das in instruktionalen Kontexten erworbenwurde, ist jedoch nicht nur ein Problem der Schule.Unsere Arbeitsgruppe konnte zeigen, daß auch Stu-denten wenig erfolgreich sind, wenn es gilt, ihr theo-retisches Wissen auf komplexe Problemstellungen, wiesie für das Berufsleben typisch sind, anzuwenden. Diesgalt für fortgeschrittene Studenten der Betriebswirt-schaft, die in einem ökonomischen Planspiel schlech-ter als Studenten der Pädagogik und Psychologie ab-schnitten (Renkl, Gruber, Mandl & Hinkofer, 1994),wie auch für Medizinstudenten, die ihr theoretischesWissen vielfach nicht nutzen konnten, um adäquateDiagnosen zu stellen (Gräsel, Prenzel & Mandl, 1993).

Das Phänomen der fehlenden Wissensanwendungwird derzeit in der Pädagogischen Psychologie inten-siv diskutiert (Bransford, Goldman & Vye, 1991;Mandl, Gruber & Renkl, 1994). Dieses Problem dürf-te jedoch auch für andere Fachrichtungen der Psycho-logie interessant sein, so für den kognitiven Psycholo-gen, der sich mit Wissenstransfer beschäftigt (z.B.Holyoak, 1985), für den Entwicklungspsychologen,der Defizite bei der Anwendung von Gedächtnis-

strategien bei Kindern untersucht (z.B. Schneider,1985), für den Sozialpsychologen, der Faktoren fürdie Diskrepanz zwischen Einstellung und Handeln zuidentifizieren versucht (z.B. Fazio, 1990), für denArbeits- und Organisationspsychologen, der sich überdie Transferwirkung von Führungstrainings auf dieArbeitssituation Gedanken macht (z. B. von Rosen-stiel, 1987), für den Gesundheitspsychologen, der sichmit Diskrepanzen zwischen dem Wissen über dieAIDS-Gefahr und der mangelnden Nutzung von Kon-domen beschäftigt (z. B. Oswald & Pforr, 1992), und,als letztes Beispiel, für den Klinischen Psychologen,der sich mit der Kluft zwischen Wissen und Handelnbei problemeinsichtigen Patienten beschäftigt (z.B.Wittchen, 1987).

Die Erklärungen für das Phänomen des trägenWissens, die in der Literatur zu finden sind, kann mangrob in drei Kategorien aufteilen: Metaprozeßer-klärungen, Strukturdefiziterklärungen und Situiert-heitserklärungen. Metaprozeßerklärungen, die davonausgehen, daß das notwendige Wissen vorhanden ist,aber nicht genutzt wird, entsprechen am ehesten demAlltagsverständnis des Problems des trägen Wissens.Es wird dabei angenommen, daß Metaprozesse, diegewissermaßen über dem anzuwendenden Wissen lau-fen, defizitär sind. Beispielsweise fehlt einer Person dasmetakognitive Wissen um die Anwendungsbedingun-gen des in Frage stehenden Wissens; eine effektivemetakognitive Steuerung des Wissenszugriffs ist da-mit nicht möglich. Strukturdefiziterklärungen sehen dieDefizite im anzuwendendenWissen selbst angesiedelt,d. h. das Wissen ist nicht in einer Form vorhanden,die eine Anwendung desselben erlauben würde. InSituiertheitserklärungen wird der traditionelle Wissens-und Transferbegriff der kognitiven Psychologie inFrage gestellt. Die Grundannahme lautet dabei, daßWissen prinzipiell situativ gebunden ist; deshalb giltmangelnder Wissenstransfer weniger als „Defizit-fall" denn als Normalfall. Im folgenden wird ein Über-blick über die drei genannten Erklärungsansätze gege-ben.

Metaprozeßerklärungen

Es gibt verschiedene Varianten von Metaprozeßer-klärungen: (1) metakognitive Erklärungen, (2) motiva-tionale Erklärungen, (3) volitionale Erklärungen, (4)Kosten-Nutzen-Erklärungen und schließlich (5) Er-klärungen, die die Rolle von Lerneinstellungen bzw.epistemologischen Überzeugungssystemen hervorhe-ben. Die verschiedenen Varianten von Metaprozeßer-klärungen werden im folgenden vorgestellt.

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Metakognitive Defizite

Eine zentrale Frage der frühen Metakognitions- bzw.Metagedächtnisforschung war (vgl. Flavell & Wellman,1977), ob Kinder effektive Gedächtnisstrategien des-halb nicht einsetzen, weil sie ein strukturelles, nichtbeseitigbares Defizit aufweisen, oder ob lediglich einsogenanntes Produktionsdefizit vorliegt, das durchTraining behebbar ist. Es zeigte sich, daß strategischesVorgehen (z. B. der Einsatz von Planung, das Über-wachen des Lernfortschrittes) bei Lern- bzw. Gedächt-nisaufgaben trainiert werden kann. Die Stabilität desEinsatzes dieses Strategiewissens oder gar der Trans-fer auf neue Aufgaben und Kontexte blieb jedoch weit-gehend aus (Brown, 1992). Paris, Lipson und Wixson(1983) argumentierten in diesem Zusammenhang, daßin erster Linie deklaratives Wissen1 und Handlungs-bzw. Strategiewissen fokussiert würden. Diese beidenWissensarten genügten jedoch nicht für effizientesHandeln. Nach Paris et al. (1983) muß vielmehr Wis-sen um die Anwendungsbedingungen von deklara-tivem Wissen und von Handlungs- bzw. Strategie-wissen hinzukommen. Die Autoren sprechen in die-sem Zusammenhang von konditionalem Wissen (vgl.auch Alexander & Judy, 1988; Alexander, Schallert &Hare, 1991). Diese Wissensart umfaßt vor allem dieKenntnis über das „Wann" und „Warum" des Zugriffsauf bestimmte Wissensteile und erlaubt damit eine ef-fektive metakognitive Steuerung der Nutzung des an-zuwendenden Wissens. Paris et al. (1983) interpretie-ren die Konditionalisierung von Wissen auf An-wendungsbedingungen also im Rahmen eines Meta-kognitionsansatzes (Schneider & Pressley, 1989;Weinert & Kluwe, 1984). Die metakognitive Kontrolle(Brown, 1978,1984) wird in der Regel einer gesonder-ten Einheit zugeordnet, die separat vom anzuwenden-den Wissen zu denken ist und auf diesem agiert. ImFalle der fehlenden Anwendung von Wissen liegt alsoein Produktions- und kein prinzipielles Defizit vor;die mangelnden metakognitiven Prozesse, die überdem anzuwendenden Wissen laufen, sind in aller Re-gel erlernbar.

Benjamin, McKeachie und Lin, 1987; Naveh-Benja-min, 1991) oder durch mangelnde Selbstwirksamkeits-erwartungen bzw. niedriges Selbstkonzept (Pintrich,Garcia und DeGroot, 1994). An dieser Stelle soll je-doch lediglich näher auf die Bedeutung von Interesseeingegangen werden.

Etliche Arbeiten haben gezeigt, daß Interesse undintrinsische Motivation als eine wesentliche Kompo-nente aktivierten Interesses mit der Anwendung vonStrategiewissen in Verbindung stehen (Krapp, 1993;Schiefele & Schreyer, 1994). So setzen Personen mithohem Interesse am Lerninhalt oder mit aktuellerintrinsischer Orientierung vermehrt tiefenorientierteLernstrategien ein, d. h. sie organisieren den Lernstoff,nehmen Elaborationen vor, überwachen ihr Verständ-nis und lernen nicht nur auswendig. Wild (1993) konn-te zeigen, daß dieselben Personen je nach ihrem Inter-esse für ein bestimmtes Fach in ihrem Studium in un-terschiedlichem Ausmaß tiefenorientierte Lernstra-tegien einsetzten. Dies zeigte, daß das Strategiedefizitim „ungeliebten" Studienfach nicht lediglich eine Fol-ge fehlender Lernstrategien war, sondern vielmehr alseine durch motivationale Faktoren bedingte man-gelnde Anwendung von Strategiewissen aufzufassenwar.

Mangelndes Interesse kann jedoch nicht nur imHinblick auf die Anwendung von Strategiewissen ab-träglich sein, sondern auch längerfristig negative Kon-sequenzen haben. Ein Beispiel dafür ist das Erlernenempirischer Forschungsmethoden durch Studentender Sozialwissenschaften (Psychologie, Pädagogik,Soziologie usw.). Viele Studenten haben Angst vordiesem Ausbildungsstoff und stehen ihm sehr skep-tisch und wenig interessiert gegenüber (Zeidner, 1991;Gruber & Renkl, 1994; Renkl, 1994). Die Ausbildungin empirischen Forschungsmethoden kann im Hin-blick auf den Wissenserwerb noch so effizient sein,wenn sie es versäumt, das Interesse am empirischenArbeiten zu wecken, werden die Studenten nach denMethodenkursen das Erlernte nicht mehr anwenden.Als Folge wird das Wissen dann auch schnell verges-sen.

Motivationale Defizite

Der Einsatz von Wissen kann in mehrfacher Hinsichtdurch motivationale Faktoren behindert werden, etwadurch Angst (Covington & Omelich, 1987; Naveh-

1 Deklaratives Wissen („Wissen, daß") bezieht sich auf dieKenntnis von Konzepten und Fakten. Die einzelnen Wissens-elemente stellt man sich in der Regel — über Assoziationen ver-bunden - in einem Netzwerk organisiert vor.

Kosten-Nutzen-A bwägungen

Ein Grund, warum Wissen nicht zu entsprechendenHandlungen führt, können ungünstig ausfallendeKosten-Nutzen-Abwägungen sein. Eine Person magbeispielsweise sehr wohl über ökologische Zusammen-hänge Bescheid wissen und sogar eine umweltbewuß-te Einstellung haben. Umweltfreundliches Verhaltenmag aber mit solchen Kosten (z. B. Anschaffung vonSonnenkollektoren) bzw. Unannehmlichkeiten (z. B.

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Verzicht auf das Auto) verbunden sein, daß es nichtrealisiert wird, zumal das umweltfreundliche Verhal-ten eines Einzelnen nur geringen Nutzen hat. Vor die-sem Hintergrund vermuten Diekmann und Preisen-dörfer (1992), daß substantielle Zusammenhänge zwi-schen Umweltwissen und entsprechendem Verhaltennur in, wie die Autoren es nennen,nen zu erwarten sind, also in Situationen, in denenumweltfreundliches Verhalten keine zu hohen Kostenoder Unannehmlichkeiten beinhaltet. Die entspre-chende Hypothese konnte empirisch durch eine um-fangreiche Telefoninterviewstudie gestützt werden.Allerdings zeigten sich auch in /ow-cosr-Situationennoch erhebliche Diskrepanzen zwischen Umwelt-wissen und Umweltbewußtsein einerseits und Verhal-ten andererseits, so daß neben Kosten-Nutzen-Abwä-gungen noch weiter bedeutsame Faktoren anzuneh-men sind, die die Umsetzung von ökologischem Wis-sen in Handeln moderieren.

Ein Faktor, der ebenfalls im Zusammenhang mitKosten-Nutzen-Kalkulationen von Bedeutung seinkann, ist die verzerrte Wahrnehmung von Risiken. ImBereich der Gesundheitsvorsorge zeigt sich etwa, daßdie meisten Menschen dazu neigen, einem optimisti-schen Fehlschluß zu erliegen, d. h. sie unterschätzendie Risiken eigener Erkrankungen (Schwarzer, 1992).Wenn jedoch die Wahrscheinlichkeit zu erkranken alsniedrig eingestuft wird, so ist der perzipierte Nutzenvon präventiven Maßnahmen (z. B. Abnehmen, Sporttreiben) gering, und Wissen um gesundheitsförderndeMaßnahmen führt nicht zu entsprechendem Verhal-ten.

Volitionale Defizite

Die traditionelle Motivationspsychologie hat sich inerster Linie mit denjenigen Faktoren beschäftigt, dieeiner Handlungsentscheidung vorausgehen (z.B. Ab-wägeprozesse im Sinne von „Erwartungs x Wert"-Kalkülen). Die Entscheidung selbst und ob, wann undwie sie realisiert wird, wurden kaum thematisiert(Heckhausen, Gollwitzer & Weinert, 1987). Inwiefernjedoch Abwägeprozesse oder auch Wissen (z. B. übergesunde Ernährung) zu entsprechendem Handeln füh-ren, kann als Problem des Willens bzw. der Volitiongesehen werden. Damit aktuelle Handlungstendenzenzur Ausführung kommen können, bedürfen sie viel-fach einer Abschirmung gegenüber konkurrierendenMotivationstendenzen. So spricht denn auch Kühl(1987) der volitionalen Handlungskontrolle insbeson-dere deshalb besondere Bedeutung zu, da beim Men-schen ständig verschiedene Wünsche, Neigungen undHandlungsimpulse bestehen. In Anbetracht der Viel-

falt ständig variierender Handlungstendenzen hat derWille die Aufgabe, die zur Realisierung bestimmterHandlungsabsichten notwendige Persistenz zu ermög-lichen.

Die Bedeutung von volitionalen Faktoren wird ins-besondere auch in der Gesundheitsforschung betont(Allmer, 1990; Schwarzer, 1992). Wissen über präven-tive Maßnahmen und daraus entstehende Entschlüssezu verändertem Verhalten werden nicht in Handelnumgesetzt, wenn nicht intentionale Prozesse für dieHandlungsrealisierung sorgen. So mag sich eine Per-son vornehmen, regelmäßig Sport zu treiben, um ihreGesundheit zu erhalten. Sie wird dies jedoch nur dannrealisieren, wenn andere Handlungstendenzen (lieberausruhen, fernsehen oder mit der Familie essen) abge-schirmt werden können.

Dysfunktionale epistemologischeÜberzeugungen

Die Bedeutung von epistemologischen Überzeugun-gen (z.B. Schommer, 1990,1993), also von Überzeu-gungen über das Wesen von Wissen und Lernen, wirdbeispielsweise von Schoenfeld (1988) für das Mathe-matiklernen und den Rückgriff auf mathematischesWissen betont. In seiner Arbeit „When good teachingleads to bad results: The disasters of 'well-taught'mathematics courses" zeigte er, daß ein Lehrstil, derallgemein als guter Unterricht angesehen wird, zu ab-träglichen Überzeugungen der Schüler über Mathema-tik führt, so z. B. daß Mathematik formales Beweisensei und nichts mit Erfinden oder Entdecken zu tunhabe. Schüler mit dieser Einstellung werden nicht aufihr schulisches Mathematikwissen zurückgreifen,wenn sich beim Problemlösen im Alltag oder im Be-ruf mathematische Probleme stellen, für die sie keineStandardlösung parat haben, zumal „nur Genies Ma-thematik wirklich verstehen können" - eine weitereverbreitete dysfunktionale epistemologische Überzeu-gung-

Perkins und Simmons (1988) argumentierten, daßviele Schüler die epistemische Überzeugung (epistemicframe) hätten, daß formale Systeme wie Algebra nichtsweiter seien als „Regeln eines Spiels", die keine tiefereBedeutung hätten (vgl. auch Resnick, 1982). Ein Be-zug zur „wirklichen Welt" würde nicht hergestellt (vgl.Abschnitt Kompartmentalisierung). Beispielsweise ver-binden Kinder, die gelernt haben, daß man mitThermometern Temperatur messen kann, ihr Wissennicht mit ihren Erfahrungen mit „heiß und kalt". Sieerwarten, daß sich durch das Zusammenschütten vonzwei Tassen mit Wasser auch die Temperatur addiert(Strauss, 1986). Die Kinder nutzen ihre Alltags-

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erfahrungen nicht, um ihre Aufgabenlösung auf Plau-sibilität hin zu überprüfen, da sie eben die epistemischeÜberzeugung haben, daß die in der Schule gelerntePhysik nichts oder nur wenig mit ihrer Alltagsweltzu tun habe.

Die einzelnen Metaprozeßerklärungen sind hierzum einen aus analytischen Gründen, zum anderen,weil sie bestimmten Forschungsansätzen entsprechen,getrennt behandelt worden. Sicherlich sind zahlreicheBeziehungen zwischen den einzelnen Faktoren, dieWissen träge bleiben lassen, zu denken. Ungünstigeepistemologische Überzeugungen (z. B. „Mathematikist nur etwas für Genies") können natürlich zu Moti-vationsdefiziten (z. B. fehlendem Interesse), und diesewiederum zu mangelndem Einsatz von metakogniti-ven Strategien führen. Die einzelnen Erklärungsan-sätze sind damit eher als komplementär, denn als kon-kurrierend zu betrachten.

Ohne die Validität der einzelnen Metaprozeßer-klärungen hier im Detail zu diskutieren, sollen an die-ser Stelle dennoch zwei diesen Erklärungen gemeinsa-me Probleme erwähnt werden. Erstens, sind die Mo-dellannahmen auf relativ globaler Ebene angesiedelt,so daß die spezifischen Prozesse der (Nicht-) Anwen-dung von Wissen nicht expliziert werden. So bleibtunbeantwortet, welche spezifische Rolle Interesse,epistemologische Überzeugungen oder auch volitio-nale Prozesse bei der Aktivierung und tatsächlichenNutzung von bestimmten Wissenseinheiten in kon-kreten Anwendungssituationen spielen.

Ein zweiter problematischer Punkt bezieht sich aufdie Vorannahme, daß das Wissen in adäquater, an-wendungsgerechter Weise vorliegen würde. Die Mög-lichkeit, daß das Wissen selbst defizitär ist, wird nichtbetrachtet, obgleich es für diese Annahme gute Grün-de gibt. Im nächsten Abschnitt werden Erklärungsan-sätze beschrieben, die genau diese Möglichkeit fokus-sieren. Zum Teil vermeiden diese Ansätze auch denNachteil des geringen Spezifikationsniveaus; sie sindzum Teil so präzise ausformuliert, daß sie als Com-putersimulationen implementiert werden können(Anderson, 1983,1987).

Strukturdefiziterklärungen

Ebenso wie bei den Metaprozeßerklärungen könnenauch bei Strukturdefiziterklärungen verschiedene Va-rianten unterschieden werden. Häufig wird die feh-lende Wissensanwendung auf Defizite im Verständnis-wissen oder aber auf eine mangelnde Überführung vonFaktenwissen in Handlungswissen (Kompilierung)zurückgeführt. Andere Erklärungsansätze postulieren,daß (explizites) Wissen und Handlungswissen deshalb

dissoziiert seien, da diese Wissensarten jeweils getrenn-ten, unabhängigen Wissenssystemen zuzuordnenseien. Schließlich interpretieren einige Autoren diemangelnde Transferierbarkeit von Wissen über ver-schiedene Kontexte hinweg im Sinne einer getrenn-ten Abspeicherung von Gedächtnisinhalten, die be-stimmten Kontexten zugeordnet werden (Kompart-mentalisierung von Wissen). Die genannten Ansätzewerden im folgenden vorgestellt.

Defizite im konzeptuellen Wissen

Eine Person mit wenig Kocherfahrung muß sich, willsie eine gelungene Speise zubereiten, in aller Regel ge-nau an das Rezept halten. Versteht sie dabei den Sinneinzelner Maßnahmen nicht (z. B. des Anschwitzensvon Mehl), so ist sie davon abhängig, daß ihr alle Zu-taten und Materialien, die im Rezept erwähnt werden,zur Verfügung stehen. Erst wenn sie konzeptuellesWissen (Verständniswissen) erworben hat, d.h. dieeinzelnen Schritte mit „Semantik" verbinden kann,können auch Ersatzzutaten oder -materialien ausge-wählt werden. Hatano und Inagaki (1992) benutztendiese Metapher (vgl. auch VanLehn, 1986), um die si-tuative Gebundenheit von Wissen zu demonstrieren,wenn Defizite im konzeptuellen Wissen vorhandensind. Wissen ist dann an den Kontext gebunden, indem es erworben wurde. Erst konzeptuelle mentaleModelle erlauben einen Wissenstransfer. Dieser istnach Hatano und Inagaki (1992) insbesondere dannzu erwarten, wenn die Person sich konzeptuelle men-tale Modell konstruiert hat, mit denen sie mentale Si-mulationen durchführen kann. Dies sei Merkmal ad-aptiver Expertise (Hatano & Inagaki, 1986). Durch das„Laufenlassen" mentaler Modelle können auch inneuen Situationen, in denen noch keine Erfahrungengesammelt wurden, Vorhersagen über Handlungs-auswirkungen getroffen werden, auf deren Grundlagewiederum effektive Handlungen ausgewählt werdenkönnen. Aus dieser Perspektive ist also mangelndesVerständniswissen für den fehlenden Transfer vonbeispielsweise schulisch erworbenen Wissen auf All-tags- oder Berufskontexte verantwortlich.

Mangelnde Wissenskompilierung

In instruktionalen Settings wird in erster Liniedeklaratives Wissen („Wissen, daß") vermittelt, dasnicht unmittelbar handlungsleitend ist. Nach der pro-minenten ACT*-Theorie.von Anderson (1983,1987)gibt es drei Stufen, über die deklaratives Wissen ineffektives Handlungswissen, d. h. prozedurales Wis-

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sen,2 überführt wird. In der ersten Phase der Wissens-anwendung muß deklaratives Wissen erst über soge-nannte schwache Prozeduren, d. h. allgemeine, domä-nenunspezifische Problemlöseprozeduren, interpre-tiert werden {interpretative stage). Dieser Prozeßnimmt viele kognitive Ressourcen in Anspruch. Beiwiederholter Anwendung der schwachen Prozedurenauf bestimmte deklarative Wissensteile kommt es zurzweiten Phase. Es erfolgt eine Wissenskompilierung,d.h. es wird eine prozedurale Repräsentation einerFertigkeit generiert und damit, in gegebenen Grenzen,unmittelbare Anwendbarkeit des Wissens geschaffen.In der dritten Phase erfolgt die Feinabstimmung desprozeduralen Wissens (tuning). Nach Anderson (1983)sind hier (a) Generalisierungsprozesse, die die An-wendungsbreite von Prozeduren erweitern, (b)Diskriminierungsprozesse, durch die die Anwendungs-bedingungen begrenzt werden, und (c) Stärkungs-prozesse, die erfolgreiche Prozeduren stärken undweniger erfolgreiche schwächen, von Bedeutung.Durch den oben beschriebenen Prozeß kann Wissenalso auf Anwendungsbedingungen hin konditiona-lisiert werden. Konditionalisiertes Wissen in diesemSinne ist jedoch nicht mit konditionalem Wissen imSinne des Metakognitionsansatzes gleichzusetzen.Letzteres bezieht sich auf Metawissen über das anzu-wendende Wissen. Bei konditionalisiertem Wissenwird das Wissen selbst als mit Anwendungsbedin-gungen verknüpft konzipiert, d. h. es wird eine An-wendungsbedingung gespeichert, deren Zutreffen un-mittelbar zu einer Aktivierung des entsprechenden(Handlungs-) Wissens führt (wenn-dann-Regeln), ohnedaß kontrollierte metakognitive Steuerungsprozesseaktiviert werden müssen.

Eine Konditionalisierung des Wissens im Sinne ei-ner Wissenskompilierung wird nach Bransford,Goldman und Vye (1991) beim schulischen Lernenselten erreicht, da die Anwendung von Wissen kaumgelehrt und damit auch nicht gelernt wird. Somit ent-fällt natürlicherweise auch eine Phase der Feinab-stimmung des Handlungswissens, so daß adäquateGeneralisierungen und Diskriminierungen sowie dieStärkung erfolgreicher Prozeduren weitgehend ausblei-ben. Eine spontane Anwendbarkeit von Wissen, dasin schulanalogen Kontexten erworben wurde, ist da-mit auch nicht zu erwarten.

Das Problem, daß Wissen nicht auf Anwendungs-bedingungen konditionalisiert wird, wurde hier aus

der Perspektive des sogenannten Produktionssystem-ansatzes dargestellt. Die prinzipielle Erklärung der feh-lenden Konditionalisierung von Wissen auf An-wendungsbedingungen ist jedoch auch mit der Annah-me von Handlungsschemata kompatibel (vgl.Kolodner, 1983; Mandl et al., 1994).

Implizites und explizites Wissenals getrennte Systeme

Mannigfaltige Evidenzen für eine Dissoziation zwi-schen Wissen und Handeln brachte die Forschung zurSteuerung komplexer Systeme hervor (Funke, 1992).Es zeigte sich vielfach, daß das Ausmaß des mit-teilbaren (expliziten) Wissens über ein System nichtbedeutsam mit der entsprechenden Steuerungsleistungkorrelierte (z. B. Berry & Broadbent, 1984; Leutner,1992). Ein Teil der Probanden zeigte also guteSteuerungsleistung, ohne viel Wissen über das Systemexplizieren zu können. Dieses Ergebnis - neben expe-rimentellen Befunden zum Erlernen von Grammati-ken (z. B. Reber, 1967) - führte einige Autoren zurAnnahme impliziten Wissens, welches zwar zur Hand-lungssteuerung genutzt, jedoch nicht mitgeteilt wer-den kann (z. B. Broadbent, Fitzgerald und Broadbent,1986). Implizites und explizites Wissen werden dabeiverschiedenen Systemen zugeordnet, für die zum Teilsogar unterschiedliche Lerngesetzmäßigkeiten gelten(zum einer kritischen Einschätzung der Theorien im-pliziten Wissens siehe Haider-Hasebrink, 1991;Hoffmann, 1993).

Die Modelle des impliziten Wissens nehmen imGegensatz zu Anderson's ACT*-Theorie (1983,1987)also nicht an, daß zuerst verbalisierbares deklarativesWissen erworben werden muß, das dann später inHandlungswissen überführt wird; Handlungswissenkann vielmehr vor dem expliziten Wissen vorhandensein.

2 Handlungswissen („Wissen, wie") stellt man sich in der ko-gnitiven Psychologie vielfach als System von Prozeduren (auchProduktionen genannt) vor. Diese bestehen aus einem „Wenn" -Teil, der die Anwendungsbedingung der Prozedur spezifiziert, undeinem „Dannw-Teil, der die Handlung repräsentiert.

Die Modelle impliziten Wissens wurden zwar nichtfür das Phänomen des trägen Wissens entwickelt, son-dern eher für das Gegenteil: Man kann etwas, ohneentsprechendes (explizites) Wissen zu haben. Dennochkann mit der Annahme getrennter Systeme fürVerbalisierungsleistungen (explizites Wissen) und fürHandlungssteuerung (implizites Wissen) auch dieNicht-Anwendung von (explizitem) Wissen erklärtwerden (vgl. Broadbent et al., 1986).

Kompartmentalisierung

Bereits bei der Diskussion dysfunktionaler episte-mologischer Überzeugungen wurde das Problem er-

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wähnt, daß Schüler formale System, wie etwa Alge-bra, als willkürliche Regeln ansehen, die keine Korre-spondenz zur „wirklichen Welt" haben. Dies zeigt sich,wenn man Aufgaben wie die folgende vorgibt.

„Die 130 Schüler und Lehrer der Marie-Curie-Schu-le fahren zum Picnic. Jeder Schulbus hat 50 Plätze.Wie viele Busse werden benötigt".

a)2 b) 2 Rest 30 c)23/5 d) 3.

(nach Silver, 1986, p. 192; Übersetzung von A.R.)Diese Aufgabe entstammt dem California Assess-

ment Program Mathematics Test für 6. Klassen. 1983beispielsweise beantworteten lediglich 35 % der 13-jäh-rigen Kinder diese Aufgabe richtig. In der Mehrzahlwurden „sinnlose" Antworten, wie „b" und „c" gege-ben. Zu analogen Befunden, auch mit anderen, aberähnlich strukturierten Aufgaben, kamen Verschaffel,DeCorte und Lasure (1994) bei Belgischen Schulkin-dern. Offensichtlich werden Alltagswissen und schu-lisches Wissen in unterschiedlichen „Schubladen" ab-gespeichert und nicht miteinander in Verbindung ge-bracht. Ein Wissenstransfer von Schule auf andereKontexte ist damit auch nicht zu erwarten. DiesesPhänomen wird Wissenskompartmentalisierung ge-nannt (Mandl, Gruber & Renkl, 1993).

Mandl et al. (1993) beschreiben eine weitere Art derWissenskompartmentalisierung, die die Wissensan-wendung behindert, nämlich die repräsentational ge-trennte Abspeicherung von korrekten und inkorrek-ten Konzepten. Ein gutes Beispiel dafür sind die Be-funde von Dahlgren und Marton (1978). Die Autorenberichten, daß Universitätsstudenten selbst nach ei-nem erfolgreich besuchten Kurs in MikroÖkonomieden Preis weiterhin auch noch als eine Eigenschaft ei-nes Objektes (wie etwa Farbe oder Form) auffaßtenund nicht lediglich als variables Merkmal, das durchSystemgrößen bestimmt wird (d. h. vom Verhältnisvon Angebot und Nachfrage). Offensichtlich ersetztder Unterricht das Mißkonzept nicht, sondern fügt„lediglich" weiteres Wissen hinzu. Korrekte und in-korrekte Konzepte stehen damit Seite an Seite. DasHauptproblem bei dieser Art der Wissenskompart-mentalisierung ist, daß in Anwendungssituationen, derProblemloser vielfach nicht auf die neu erlernten kor-rekten, sondern auf die alten und „liebgewordenen",jedoch defizitären Konzepte zurückgreift.

Wie im Falle der Metaprozeßerklärungen, sind auchdie Strukturdefiziterklärungen nicht als sich ausschlie-ßend zu betrachten. In unterschiedlichen Phänomen-bereichen legen sich vielmehr unterschiedliche Erklä-rungen für mangelnde Wissensanwendung nahe. Zu-dem können sich bestimmte Strukturdefizite gegen-seitig bedingen. Wenn beispielsweise die Kompilierung

deklarativer Wissensteile nur in bestimmten Kontex-ten erfolgt, so mag daraus insofern eine Wissenskom-partmentalisierung resultieren, als das entsprechendeWissen nur in diesem Kontext angewandt wird, inanderen jedoch nicht.

Als Einschränkung von Strukturdefiziterklärungenerweist sich, daß diese Gefahr laufen, bei der Erklä-rung von konkreten Fällen mangelnder Wissensan-wendung zirkulär zu werden. Dies soll an den Beispie-len der Wissenskompilierung (prozeduralisiertes Wis-sen) und der Annahme handlungsleitenden implizitenWissens exemplifiziert werden. Wird Wissen nichtangewandt, so wird dies als Indikator dafür gesehen,daß es nicht in prozeduralisierter Form oder in Formhandlungsleitenden (impliziten) Wissens vorliegt.Zugleich wird die Nicht-Anwendung aber wieder da-mit erklärt. Die Zirkularität könnte aufgehoben wer-den, wenn das (Nicht-) Vorhandensein impliziten oderprozeduralisierten Wissens unabhängig von der An-wendung erfaßt werden könnte. Da prozeduralisiertesund implizites Wissen aber als nicht dem Bewußtseinzugänglich und damit auch nicht als mitteilbar konzi-piert wird, kann es nur über Handlung (also über dieWissensanwendung) erfaßt werden. Handeln und(prozeduralisiertes und implizites) Wissen könnendamit nicht unabhängig erfaßt werden. Eine Konzep-tion, die eine Konfundierung von Wissen und Han-deln nicht als methodisches Problem ansieht, sonderndiese ganz bewußt herausstellt, damit natürlich aberauch vom traditionellen Wissensbegriff abweicht, wirdim nächsten Abschnitt vorgestellt.

Situiertheitserklärungen

Mit der Anwendbarkeit und Transferierbarkeit vonWissen beschäftigen sich auch neuere Ansätze, dieunter dem Begriff der „situierten Kognition" zusam-mengefaßt werden können (für einen Überblick sieheLaw, 1993, 1994; Gruber, Law, Mandl & Renkl, inDruck). Diese sind insofern interessant, da sie auf „blin-de Flecken" im traditionellen kognitiven Paradigmahinweisen. Bei den Ansätzen zur situierten Kognitionhandelt es sich jedoch keineswegs um eine einheitlicheTheorie. Vielmehr formulieren - ausgehend von ei-ner fundamentalen Kritik an der traditionellenKognitionspsychologie - Vertreter aus verschiedenenFachrichtungen, wie etwa Psychologie (z. B. Greeno,1989), Künstliche Intelligenz (z.B. Clancey, 1993),oder Kulturanthropologie (z.B. Lave, 1988), ersteAnsätze zu einem neuen Paradigma. Die verwende-ten Begrifflichkeiten und Annahmen sind bislang lei-der - zum Teil durch ihren kontra-intuitiven Charak-ter bedingt - nur schwer nachvollziehbar. Sie werden

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teils bewußt nicht explizit definiert (z.B. Lave &Wenger, 1991) und wurden noch kaum empirischumgesetzt. Da somit keine empirisch-fundierten unddetaillierten Annahmen zu spezifischen Prozessen, diezum Phänomen des trägen Wissens führen, vorliegen,sollen in diesem Abschnitt auch weniger verschiedeneErklärungsansätze diskutiert werden als vielmehr diegrundlegenden Annahmen der Ansätze zur situiertenKognition im Hinblick auf die Transferproblematikvorgestellt und an der Position Greenos (1992; Greeno,Smith & Moore, 1993) exemplifiziert werden.

Grundannahmen. Metaprozeß- und Struktur-defiziterklärungen nehmen, wie bereits dargelegt, an,daß Wissen vorhanden ist, das nicht zur Anwendungkommt bzw. nicht transferiert wird. Im strikten Ge-gensatz dazu nehmen einige prominente Vertreter derTheorien der situierten Kognition (Clancey, 1993;Lave, 1988) die radikale Position ein, daß es überhauptkein Wissen als abgespeicherte, abstrakt-dekontex-tualisierte Repräsentationen gibt, die in einem Kon-text erworben und in einem anderen Kontext ange-wandt werden könnten. Nach Clancey (1993) ist dieZuschreibung von Wissen als abstrakte Entitäten anein Individuum, wie sie im Rahmen der traditionellenkognitiven Psychologie vorgenommen wird, das Re-sultat eines Sinngebungs-Prozesses (sense-making pro-cess) bei der Beschreibung des Verhaltens eines intelli-genten Agenten durch eine dritte Person (Beobach-ter). Dieses Wissen als Entität in der „ersten", handeln-den Person zu reifizieren, sei, so Clancey, einKategoriefehler. Wissen wird nicht als „Substanz" inden Köpfen von Individuen gesehen, es entsteht viel-mehr in situ als Relation zwischen Person und Situati-on (Greeno etal., 1993). Wissen konstituiert sich da-mit immer in der Koordination zwischen einer Per-son, in dessen neuronalen System bestimmte Erfah-rungen Spuren hinterlassen haben, und einer Situa-tion, die bestimmte Handlungsangebote und -be-schränkungen beinhaltet. Wissen ist damit nicht et-was, das ein Individuum besitzt, sondern ist relationaldefiniert. Greeno et al. (1993) ziehen zur Erläuterungdes relationalen Wissensbegriffes eine Analogie aus derPhysik heran. Die Beschreibung sich bewegenderObjekte in den Begriffen von Geschwindigkeit, Rich-tung und Beschleunigung hängt fundamental vomReferenzrahmen ab. Bewegung ist nicht die Eigenschafteines einzelnen Objektes, sie ergibt sich vielmehr ausder Relation zwischen einem Objekt und einemReferenzrahmen. Die Beschreibung von Bewegungohne Bezug auf einen Referenzrahmen ist nicht sinn-voll. In diesem Sinne macht es auch keinen Sinn, dasWissen eines Individuums zu charakterisieren, ohnedie Situationen, in denen das Individuum handelt, miteinzubeziehen. Die Dichotomie zwischen Wissen und

Handeln, die die traditionellen Ansätze kennzeichnet,wird aufgegeben. Dies illustriert das folgende Zitat vonGreeno et al. (1993): „In this relativistic view, knowingis ability to interact with things and other people in asituation... (p. 100).

Ausgehend von diesen Grundannahmen zurSituiertheit von Wissen geht Lave (1988) - allerdingsim Gegensatz etwa zu Greeno (siehe unten) - sogarsoweit, daß sie den Begriff des Transfers aus prinzipi-ellen Gründen ablehnt. Dieser lege nahe, daß Wissens-anwendung darin bestünde, daß Wissen als festeEntität, die in den Köpfen von Individuen lokalisiertist, von einem Kontext auf einen anderen Kontexttransferiert werden würde; genau diese Wissens-konzeption wird jedoch abgelehnt.

Während das Erklärungsproblem bei den Meta-prozeß- und Strukturdefiziterklärungen eher darinbegründet liegt, wie das Ausbleiben von Wissensan-wendung bzw. Transfer zu erklären sei, besteht es beiden Ansätzen zur situierten Kognition darin, wie beieiner Ablehnung von fixen, abgespeicherten Wissens-strukturen überhaupt eine Verhaltenskontinuität überSituationen und Kontexte hinweg theoretisch gefaßtwerden kann. Verhaltenstheoretische Ansätze habendie Konstanz von Verhalten ohne Rückgriff auf dieAnnahme abstrakt-dekontextualisierter kognitiverStrukturen, die für die Handlungssteuerung verant-wortlich wären, über die Ähnlichkeit von Situationenerklärt. Greeno (1992) sieht den Ansatz der situiertenKognition als eine Synthese aus kognitiven Theorien,die die Verhaltenskonstanz über personeninterne ko-gnitive Strukturen vermittelt sehen, und Verhaltens-theorien, die personenexterne, situationale Faktorenfür die Verhaltenskonstanz verantwortlich machen, an.Exemplarisch sollen die wichtigsten AnnahmenGreenos, der sich von den Vertretern der situiertenKognition wohl am intensivsten mit der Transfer-problematik auseinandergesetzt hat, dargelegt werden(Greeno, 1989,1992; Greeno et al., 1993).

Transfer aus der Sicht Greenos. Greeno etal. (1993)fokussieren bei der Analyse von Transferphänomenennicht kognitive Repräsentationen und deren erfolgrei-che Übertragung auf eine neue Situation, sondernAktivitäten. Transfer tritt in diesem Sinne dann ein,wenn eine Aktivität, die in einer Situation gelerntwurde, auch erfolgreich in einer anderen Situationangewendet werden kann, oder wenn die Aktivitäterfolgreich transformiert werden kann. Ob erfolgrei-cher Transfer stattfindet, hängt von den strukturellenInvarianten der Interaktionen zwischen dem Handeln-den und verschiedenen Situationen ab. Die Interak-tionen können dabei als Handlungsschemata beschrie-ben werden, die sich jedoch nicht auf symbolischekognitive Repräsentationen beziehen, auch nicht auf

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symbolische Repräsentationen von Handlung, wieetwa im Produktionssystemansatz. Handlungssche-mata im Sinne Greenos beziehen sich vielmehr aufOrganisationsprinzipien von Handlungen; sie werdennicht als Datenstrukturen, sondern als Prozesse kon-zeptualisiert. Inwieweit bei einzelnen Person-Situa-tion-Interaktionen auch symbolische Repräsentatio-nen eine Rolle spielen, ist nach Greeno eine offeneFrage. Er lehnt jedoch die a-priori-Annahme ab, daßalles Handeln über symbolische Repräsentationenmediiert würde.

Situationen charakterisieren sich nach Greeno et al.(1993) insbesondere durch Handlungseinschränkungen(constraints) und „situative Handlungsangebote"(affordances). Der Begriff der situativen Handlungsan-gebote, der eine zentrale Rolle einnimmt, bezieht sichauf „... the support for particular activities by rele-vant properties of the things and materials in thesituation... (Greeno etal., 1993, p. 102). Die situati-ven Handlungsangebote müssen dabei nicht symbo-lisch enkodiert werden, sondern werden direkt wahr-genommen. Hier nimmt Greeno Anleihen bei Gibsons(1986) Konzept der direkten Wahrnehmung, bei derdie Perzeption von funktionalen Merkmalen vonUmweltgegenständen eben nicht über symbolischeRepräsentationen vermittelt erfolgt.

Transfer erfolgt nach der Konzeption Greenosdann, wenn die Aktivität eine Interaktion mit unver-änderten situativen Handlungsangeboten im oben de-finierten Sinne beinhaltet, oder wenn die situativenHandlungsangebote sich ändern und die Aktivitätentsprechend transformiert werden kann. Eine erfolg-reiche Transformation von Aktivitäten kann dabeidurch drei Arten von Prozessen unterstützt werden.Zum einen muß eine Abstimmung (attunement) aufdie veränderten situativen Handlungsangebote statt-finden. Zum zweiten können mögliche Zustände(potential states of affairs) antizipiert werden, indem mitHilfe von (analogen) mentalen Modellen, die relevan-te situative Handlungsangebote in Betracht ziehen,mentale Simulationen durchgeführt werden (vgl.Hatano & Inagaki, 1992). Drittens können Denkvor-gänge (reasoning), bei denen symbolische Repräsenta-tionen involviert sind, eine bedeutsame Rolle beimTransfer spielen. Denkvorgänge werden als Transfor-mation von symbolischen Repräsentationen konzep-tualisiert. Eine Transformation von symbolischenRepräsentationen kann wiederum eine Transformati-on von Aktivitäten bewirken.

Situation als materieller und sozialer Kontext. Bei denAnsätzen zur situierten Kognition erfahren, wie derName bereits nahelegt, situative Gegebenheiten wie-der mehr Beachtung. Leider wurde bislang keine be-friedigende Definition von Situation vorgelegt. Es

scheint jedoch Konsens darüber zu bestehen, daß mitdem Situationsbegriff nicht nur auf die materiellenAspekte Bezug genommen wird, sondern auch auf diesoziale Umwelt und damit auch auf andere Personen.Zudem wird postuliert, daß selbst die materielle Um-welt weitgehend sozial determiniert ist. Die „Arti-fakte" (z. B. Taschenrechner, Rechenschieber, Com-puter), mit denen eine Person interagiert, sind Pro-dukte einer Kultur; sie enthalten damit soziales Wis-sen (vgl. Cole, 1991; Cole & The Laboratory of Com-parative Human Cognition, 1988; Resnick, 1991).Person-Situation-Interaktionen können damit auchdann soziale Aspekte beinhalten, wenn eine Personalleine ist. Die sozial-kulturelle Dimension spielt auchinsofern eine bedeutsame Rolle, als Wissens- bzw.Expertiseerwerb nicht mehr als Aufbau symbolischerRepräsentationen von Realitätsausschnitten angesehenwird, sondern als Enkulturation in eine Experten-kultur (community of practice). Man wird nicht ein-fach dadurch Schachexperte, daß man sich individuellWissen aneignet, sondern dadurch, daß man die Fä-higkeit erwirbt, sich in den Situationsklassen, die inder Expertenkultur von Schachspielern vorkommen(z. B. Turniere, aber auch informelle Treffen), adap-tiv zu verhalten; dies beinhaltet auch die adäquateNutzung der vorhandenen Artifakte (z.B. Schach-uhr).

Kritische Bewertung der Ansätze zur situiertenKognition. Das Verdienst der Ansätze zur situiertenKognition liegt wohl darin, auf die Vernachlässigungsituationaler und sozialer Dimensionen im derzeitdominierenden kognitiven Paradigma hinzuweisen.Im letztgenannten wird Verhalten als Funktion vonkognitiven Strukturen angesehen, situative oder so-ziale Gegebenheiten spielen nur dann eine Rolle, wennsie symbolisch repräsentiert sind. Damit unterschei-det sich das kognitive Paradigma fundamental vombehavioralen Paradigma, das in situativen Merkmalendie primären Verhaltensdeterminanten sieht. Ob derAnsatz der situierten Kognition wirklich, wie Greeno(1992) annimmt, seinen Anspruch erfüllen kann, dieSynthese aus dem behavioralen und dem kognitivenParadigma darzustellen, wird die künftige Entwick-lung zeigen.

In bezug auf die Wissensanwendung weisen dieAnsätze zur situierten Kognition darauf hin, daß es(möglicherweise) eine Fehlannahme ist, das Problemder fehlenden Wissensanwendung als Phänomen zukonzipieren, bei dem ein unabhängig von Situationenexistierendes und in den kognitiven Systemen vonIndividuen lokalisiertes Wissen nicht zur Anwendunggebracht werden kann. Die Perspektive der situiertenKognition rückt wieder vermehrt Merkmale von Per-son-Situation-Interaktionen und soziale Aspekte in den

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Mittelpunkt der Analyse. Diese gilt es damit auch beider Analyse von Wissensanwendungsproblemen bzw.Transferphänomenen zu berücksichtigen.

Der Hauptnachteil der Theorien situierterKognition liegt gegenwärtig darin begründet, daßsie, wohl auch aufgrund dessen, daß sie noch in denKinderschuhen stecken, wenig ausgearbeitet sind, kei-ne präzisen Konzept- und Prozeßbeschreibungen ge-ben und einer empirischen Fundierung ermangeln. Vorallem aber blieben die Vertreter dieser Richtung bis-lang den Nachweis schuldig, daß sie Phänomene desLernens, des Problemlösens, des Wissenstrarisfer usw.adäquater erklären können als traditionelle Modelle.Letztgenannte erweisen sich hierbei (noch) als klarüberlegen. Unter diesem Gesichtspunkt erscheinenVersuche aussichtsreicher, Theorien auf der Grund-lage traditioneller und bewährter Modellbildungzu entwerfen, die der Situativität von Wissen und Kön-nen Rechnung tragen. Ein diesbezüglich interessan-ter Versuch soll im folgenden Abschnitt skizziert wer-den.

Situiertheit aus traditioneller Perspektive. Bereiter(1990) geht von einer Modularität des kognitiven Sy-stems aus. Das heißt, es wird angenommen, daß sichdurch Erfahrungen in bestimmten Bereichen speziali-sierte Subsysteme bilden, die Verhalten steuern. Ineinem fortgeschrittenen Stadium dienen sie dazu,Anforderungen schnell, zuverlässig und ohne großeAnstrengung zu bewältigen. Diese Module sind dannaber auch nicht mehr dem Bewußtsein zugänglich oderdurch bewußte Prozesse modifizierbar. Module kön-nen dabei für sehr spezielle Kontexte erworben sein.Ein Modul umfaßt neben Wissensaspekten im enge-ren Sinne auch Emotionen, selbstbezogene Einstellun-gen (Selbstkonzept) und einen Verhaltenshabitus. Be-reiter exemplifiziert dies am Beispiel der Entwicklungeines Modul zum Kontext des „öffentlichen Redens".Begegnet eine Person öfter der Anforderung, vor ei-nem Auditorium zu sprechen, so erwirbt sie nicht nurWissen (z.B. deklaratives Wissen, Fertigkeiten, Men-tale Modelle typischer Situationen, Zielstrukturen),sondern auch emotionale Reaktionsgewohnheiten(Angst oder auch positive Gefühle der Herausforde-rung), ein kontextspezifisches Selbstkonzept und ei-nen bestimmten Habitus des Auftretens. Ein entspre-chendes Modul beinhaltet damit die Beziehung zwi-schen einem Kontext (Situationsklasse) und einer Per-son. Bereiter kann dabei seine theoretischen Annah-men mit zahlreichen Befunden und Modellen unter-mauern, etwa aus prominenten Modellen zur Archi-tektur des kognitiven Apparats (Laird, Newell undRosenbloom, 1987), aus Modellen des Fertigkeits-erwerbs (Anderson, 1983, 1987) oder aus der Lese-verständnisforschung (Kintsch, 1988).

Bereiters (1990) Konzeption hat den Vorteil, aufbewährte Modellvorstellungen zurückgreifen zu kön-nen und zugleich wichtige Aspekte zu erklären, aufdie die Ansätze der situierten Kognition aufmerksammachen. Die Situiertheit und Kontextgebundenheitvon Wissen wird durch die Annahme erklärt, daßWissen in kontextspezifische Module integriert wird.Zudem kann Lernen bzw. Expertiseerwerb auch alsEnkulturation begriffen werden, da derart konzipier-te Module auch nicht-kognitive Komponenten um-fassen.

Anwendbares Wissen:Interventionen

In den letzten Jahren wurden innerhalb der Pädagogi-schen Psychologie Instruktionsmodelle entworfen, diedie Vermittlung anwendbaren Wissens zum Ziel ha-ben; das Problem des trägen Wissens soll also vermie-den werden. Diese instruktionalen Modelle beziehensich dabei auf die Ansätze zur situierten Kognition undsprechen von situiertem Lernen, wenngleich keinedirekte Ableitung der Modelle des situierten Lernensaus den Ansätzen zur situierten Kognition erfolgt (zuWidersprüchen zwischen dem grundlagentheore-tischen und dem instruktionalen Begriff der Situiert-heit vgl. Gruber etal., in Druck). Es soll aufgezeigtwerden, daß die Modelle des situierten Lernens nichtnur dann eine erfolgversprechende Ergänzung tradi-tioneller Wege des Lernens und Lehrens darstellen,wenn man von den Grundannahmen der Modelle dersituierten Kognition ausgeht, sondern auch unter an-deren theoretischen Vorannahmen zum Problem desträgen Wissens. Zudem sind die Grundideen der Mo-delle situierten Lernens nicht nur für PädagogischePsychologen von Bedeutung, sondern auch für Psy-chologen aus anderen Subdisziplinen, die sich mitInterventionsmöglichkeiten befassen. Die prominen-testen instruktionalen Modelle sind die Kognitive Lehre(cognitive apprenticeship; Collins, Brown & Newman,1989), die Verankerte Instruktion (anchored instruction;Cognition and Technology Group at Vanderbilt, 1991,1992) und der Ansatz der Kognitiven Flexibilität(cognitive flexibility theory bzw. random access instruc-tion; Spiro, Feltovich, Jacobson & Coulson, 1991).

Als Gemeinsamkeit dieser Ansätze kann hervor-gehoben werden, daß an komplexen, authentischenoder zumindest realitätsnahen Problemstellungen ge-lernt wird (problemorientiertes Lernen). Der Aus-gangspunkt des Lernens sollte dabei ein möglichst in-teressantes Problem sein, das die Lernenden dazumotiviert, sich bestimmtes Wissen anzueignen, umdamit einer Problemlösung näher zu kommen. Das

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Wissen wird also gleich in einem Anwendungskontexterworben und nicht in systematisch geordneter, jedochanwendungsunspezif isch-abstrakter Weise wie im ty-pischen traditionellen Unterricht. Das Wissen kanndamit sogleich auf bestimmte Anwendungsbedin-gungen hin konditionalisiert werden (vgl. AbschnittMangelnde Wissenskompilierung).

Wie in den grundlagenorientierten Ansätzen zursituierten Kognition wird auch bei den Modellen dessituierten Lernens der Sozialaspekt betont und Ler-nen als Enkulturation aufgefaßt. Deshalb wird dersozialen Interaktion zentrale Bedeutung für den Er-werb anwendbaren Wissens zugesprochen, sei es alsLernen mit einem Experten (Model der KognitivenLehre) oder sei es als kooperatives Lernen mit Peers.

Es sei erwähnt, daß die pädagogischen Grundideender vorgestellten Ansätze sicherlich nicht neu sind. Siewurden zum großen Teil bereits im Rahmen der deut-schen Reformpädagogik zu Beginn unseres Jahrhun-derts etwa von Kerschensteiner (1907, 1912) formu-liert (zu einer ausführlichen Diskussion dieser Paral-lelen vgl. Mandl, Gruber und Renkl, in Druck). Zu-dem werden entsprechende Lehrformen, z. B. in Formvon Projektunterricht (z. B. Bastian, 1980; Burmeister,1993), zum Teil schon in Schulen praktiziert. Positivzu werten ist jedoch, daß die neueren Modelle situier-ten Lernens wieder auf die Relevanz anwendungsori-entierten Lernens aufmerksam machen.

Um zu illustrieren, wie die Modelle situierten Ler-nens konkret in Lernarrangements umgesetzt werden,soll kurz eine Implementation Verankerter Instruk-tion skizziert werden. Für den Mathematikunterrichtder 5. Jahrgangsstufe wurde beispielsweise eine Ge-schichte über einen Wildhüter, die auf einer Video-disk vorliegt, entwickelt. Dieser findet in einem Re-servat einen verletzten Adler, der dringend medizini-sche Versorgung braucht. Aus bestimmten Gründen,die im Film plausibel gemacht werden, kommt zumTransport von der Fundstelle im Urwald zur Tier-klinik nur ein Ultraleichtdrachen in Frage, über dendie Kinder durch eine Rahmengeschichte quasi zufäl-lig bereits einiges erfahren haben. Die Geschichte en-det ohne Auflösung. Die Kinder haben die Aufgabeherauszufinden, wie man den Adler mit dem Ultra-leichtdrachen retten könnte. Dabei stellen sich jedochzahlreiche Probleme, wie etwa die sehr begrenzteBeladungskapazität sowie der kleine Tank des Ultra-leichtdrachens und die weiten Strecken im Dreieckzwischen dem Standort des Drachens, dem Fundortdes Adlers und der Tierklinik. Um die Rettung desAdlers erfolgreich planen und koordinieren zu kön-nen, müssen etliche mathematische Kenntnisse erwor-ben und angewandt werden. Auch wenn die Kinderin ihrem Leben wahrscheinlich nie in die Situation

kommen werden, einen Adler mit einem Ultraleicht-drachen zu retten, so erhält die Geschichte durch die-ses Element des „Ungewöhnlichen" doch motivieren-den Charakter. Die einzelnen Sub-Probleme, die da-bei auftreten, wie etwa die Berechnung der Strecke,die mit einer Tankfüllung zu bewältigen ist, sind zu-dem realitätsnahe Probleme im engeren Sinne.

Durch die Wahl derartiger komplexer, realitäts-naher Ausgangsprobleme als „Lernanker" werden dieForderungen der Ansätze zur situierten Kognition,welche eine Kontextgebundenheit von Wissen postu-lieren, erfüllt. Wenn Wissen an den situativen Kon-text der Lernsituation gebunden ist, dann sollte dieLernsituation der Anwendungssituation möglichstweitgehend entsprechen. Die Vorgabe komplexer,realitätsnaher Probleme als Lernanker erfüllt genaudiese Forderung. Auch motivational-emotionaleAspekte werden in diesen Instruktionsmodellen be-rücksichtigt. Durch die Vorgabe interessanter Aus-gangsprobleme sollen die Lernenden intrinsisch mo-tiviert werden (vgl. Abschnitt Mangelndes Interesse).Zudem werden die Probleme typischerweise in ko-operativen Gruppen bearbeitet (vgl. Abschnitt Situa-tion als materieller und sozialer Kontext), in denen je-der Lerner für bestimmte Teilbereiche zum „Exper-ten" wird. Damit soll jedem Lernenden die Möglich-keit gegeben werden, sich zumindest in bestimmtenTeilbereichen als kompetent zu erleben.

Ein Defizit dieser Ansätze liegt noch in der man-gelnden empirischen Fundierung der Lerneffekte.Auch wenn erste Studien (Cognition and TechnologyGroup at Vanderbilt, 1992) erfolgversprechend aus-fielen, so bleibt ein Problem, das sich bei der Evalua-tion der Modelle des situierten Lernens ergibt, daßtraditionelle Lerntests nicht die Anwendungsqualitätvon Wissen erfassen. Neue Wege der Evaluation müs-sen damit erst entwickelt und erprobt werden.

Ausblick

In den 80-er Jahren etablierte sich die Kognitions-wissenschaft, innerhalb derer eine Integration der Be-mühungen verschiedener Wissenschaften, wie der Psy-chologie, der Informatik oder der Linguistik, Leistun-gen des menschlichen kognitiven Systems zu erklären,angestrebt wurde. Der Ansatz der situierten Kognitionweist nun daraufhin, daß Wissen möglicherweise nicht(in jedem Fall) am sinnvollsten als Entität in kogniti-ven Systemen zu interpretieren ist. Im Gegensatz dazuwerden soziale und situative Aspekte als Wissen kon-stituierend betrachtet. Vor diesem Hintergrund er-scheint es nicht ausreichend Wissensphänomene ledig-lich aus kognitiver Sicht zu behandeln. Forderung nach

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einer Integration kognitiver und motivational-emotio-naler Aspekte (vgl. Abschnitt zu Metaprozeßerklä-rungen) wurden und werden bereits vielfach erhoben.Nimmt man jedoch die Kritik der Ansätze zur situ-ierten Kognition an den traditionellen Konzeptio-nen ernst, so erschiene eine Zusammenarbeit derKognitionswissenschaften mit psychologischen Teil-disziplinen besonders fruchtbar, die sich mit sozialenDimensionen (z. B. Sozialpsychologie, Organisations-psychologie) oder mit situativen Aspekten im weite-ren Sinne (z. B. ökologische Psychologie, Kultur-psychologie) beschäftigen. Es bleibt zu hoffen, daß eineähnliche, oder besser, eine sogar noch weitergehendeIntegration von verschiedenen Fachrichtungen gelingtwie im Falle der Konstitution der Kognitionswissen-schaften, und so in Zukunft substantielle Fortschrittebei der Erklärung von Wissensphänomenen allgemeinund von Problemen der Wissensanwendung im spe-ziellen zu erwarten sind.

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