Regierungspräsidium Darmstadt Darmstadt, 11. Juni 2013 Geothermie Ausblick zum Planungs- und...
-
Upload
eleonore-blome -
Category
Documents
-
view
105 -
download
1
Transcript of Regierungspräsidium Darmstadt Darmstadt, 11. Juni 2013 Geothermie Ausblick zum Planungs- und...
Regierungspräsidium Darmstadt
Darmstadt, 11. Juni 2013
Geothermie
Ausblick zum Planungs- und Entwicklungsstand im Regierungsbezirk, Anträge und erteilte Genehmigungen, Neuerungen und Erkenntnisse, Genehmigungsverfahren, etc.
Johannes Baron, Regierungspräsident
2
1. Erdwärme – Was hat das mit Bergbau zu tun?
Erdwärme und die im Zusammenhang mit ihrer Gewinnung auftretenden
anderen Energien gehören zu den bergfreien Bodenschätzen (§ 3 Abs. 3
Nr. 2b BBergG).
Bergfreie Bodenschätze sind Bodenschätze, auf die sich das Recht an
einem Grundstück nicht erstreckt (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 BBergG).
Wer bergfreie Bodenschätze aufsuchen will, bedarf der Erlaubnis, wer
bergfreie Bodenschätze gewinnen will, der Bewilligung oder des
Bergwerkseigentums (§ 6 BBergG).
Regierungspräsidium Darmstadt
3
Regierungspräsidium Darmstadt
2. Rechtliche Rahmenbedingungen
Wasserrecht und Bergrecht bilden die Rechtsgrundlage für die
geothermische Nutzung.
Oberflächennahe Erdwärmenutzung bedarf der wasserrechtlichen
Erlaubnis. Bohrungen, die mehr als 100 m tief in den Untergrund
eindringen sollen, unterliegen der Bergaufsicht (§ 127 BBergG). Gleiches
gilt bei Auswirkungen über die Grundstücksgrenze hinaus (§ 4 Abs. 2 Nr. 1
BBergG).
Die Bergbehörde erteilt die wasserrechtliche Erlaubnis mit, sofern sie
zuständig ist. Liegt keine bergrechtliche Gewinnung vor, wird sie durch die
zuständige Wasserbehörde erteilt.
4
Regierungspräsidium Darmstadt
Versagungsgründe (§ 11 BBergG)
Gebundene Entscheidung – es besteht also ein Rechtsanspruch auf die
Erteilung der Erlaubnis, sofern kein Versagungsgrund vorliegt.
Die Versagungsgründe lassen sich einteilen in Vorschriften, die
• die Transparenz der bergbaulichen Tätigkeit gegenüber der
zuständigen Behörde sicherstellen sollen (Nr. 1, 2, 3),
• die Solidität des Bergbauunternehmens verlangen (Nr. 6, 7) und
• dem besonderen Schutz öffentlicher Interessen dienen (Nr. 4, 8, 9, 10).
Bei der Prüfung eines Vorhabens spielt der Schutz der Umwelt immer
eine entscheidende Rolle.
5
Regierungspräsidium Darmstadt
Verfahrensgang tiefe Erdwärmegewinnung
Projektphase 1 2 3 4
erforderliche Genehmigung
Erlaubnis
(„Claim“ zum Suchen)
Hauptbetriebsplan zur Aufsuchung(ggf. SBPs)
Bewilligung („Claim“ zum Fördern)
Hauptbetriebsplan für die Gewinnung und Aufbereitung(ggf. SBPs)
Inhalt Arbeitsprogramm zur Erkundung
Erkundung:- Recherche- 2D-Seismik- 3D-Seismik- Bohrplatz- 1. Bohrung
FundnachweisArbeitsprogramm zur Gewinnung
Betrieb:- 2. und ggf. 3.
Bohrung- ggf. Stimulation- Förderbetrieb
Baurecht beim Kreis: Errichtung des Kraftwerkes
Bergrecht bei Regierungspräsidium (momentan ohne UVP):
Weitere Genehmigungen in der Regel ebenfalls bei der Bergbehörde:• Wasserrecht• Naturschutz• …
6
Karte der bestehenden Erdwärme-Erlaubnis- und Bewilligungsfelderim hessischen Bereich nördlicher Oberrhein
(gem. § 7 und § 8 BBergG)
Regierungspräsidium Darmstadt
7
3. Erdwärmesondenanlagen in Hessen
• Gesamtzahl: 7.200 Anlagen
• Bis 30 kW: ca. 6750 (94%)
• Über 30 kW: ca. 450 (6%), max. 900 kW
Hessische Durchschnittsanlage
• Wohngebäude (1-2 Familienhaus)
• 10-11 kW Heizleistungsbedarf
• 2 Bohrungen (Doppel-U-Sonden
• 94 m tief
(HLUG, Stand 18.02.2011)
Regierungspräsidium Darmstadt
8
4. Standortbeurteilung „Wasser“
Hydrogeologische Beurteilung
• Einteilung in günstige oder ungünstige Gebiete
• Abhängig von der geologischen/ hydrogeologischen Situation
Wasserwirtschaftliche Beurteilung
• Einteilung in günstige, ungünstige oder unzulässige Gebiete
• Lage zu Trinkwasser-/ Heilquellenschutzgebieten
• Im Einzelfall: Lage zu kontaminierten Altlastbereichen etc.
Hochaufgelöste aktuelle Karten zur Standortbeurteilung unter www.hlug.de
Regierungspräsidium Darmstadt
9
Regierungspräsidium Darmstadt
Hydrogeologische und wasserwirtschaftliche Standortbeurteilung für die Errichtung von Erdwärmesonden
10
5. Ist Geothermie gefährlich?
• Jede Bohrung ist ein Eingriff und eine potenzielle Gefahr für das
Grundwasser
• Sicherheitsvorsprung durch fachgerechter Planung und Umsetzung
• Bei einer undichten Sonde würde die Heizung nicht richtig
funktionieren. Was aber, wenn die Verpressung nicht dauerhaft dicht
ist?
Hauptgefahrenquelle:
Aufgrund von Unkenntnis, Unerfahrenheit oder fehlerhaft durchgeführte
Bohrungen oder Ausbauten oder mangelnder Überwachung, oder…
Regierungspräsidium Darmstadt
11
Qualitätssicherung und -entwicklung
1. Qualität verbessern und sichern
• Qualifizierte Ingenieure und fachkundige Betriebe
• Kontinuierliche Weiterbildung
• Weiterentwicklung von Bohrungen, Sonden und Materialien
• Zertifikate für Bohrfirmen
2. Einhaltung bestehender Regeln kontrollieren
• Überwachung und Dokumentation von Bohrarbeiten und Verfüllung
• Enge Zusammenarbeit von Branche und Behörden
• Regeln aktualisieren
• Ausschlusskriterien, Ausschlussgebiete festlegen (siehe Schweiz)
Regierungspräsidium Darmstadt
12
Aktuelle Mindestanforderungen (oberflächennah)
• Anzeige (§ 4 LagerstG) und Genehmigung des Vorhabens
• Maßgebende DIN-Normen, VDI-Richtlinien, DVGW-Regelwerke
• Prävention von Unfällen mit wassergefährdenden Stoffen
• Mindestabstand von 10 m zwischen benachbarten Anlagen
• Qualifikation des Bohrunternehmens nach DVGW W120
• Abschätzen und minimieren der Bohrrisiken
• Anlage nach dem aktuellen Stand der Technik
• Dokumentation sämtlicher Arbeitsvorgänge
Weitere Informationen sind auch in der Broschüre „Erdwärmenutzung in Hessen“
des HLUG nachzulesen.
Regierungspräsidium Darmstadt
13
6. Finanzierung einer oberflächennahen Erdwärmeanlage
• Förderung durch das Marktanreizprogramm des Bundes (BAFA)
• Günstige Darlehen der KfW-Bank des Bundes
• Wärmepumpentarife der örtlichen Stromversorger
Amortisierung für ein Einfamilienhaus ohne Kostensteigerung bei
entsprechender Auslegung (Fußbodenheizung, gute Dämmung)
• Ölheizung: 5-10 Jahre
• Gasheizung: 8-13 Jahre
Nur durch die Qualität der Anlage können die Anforderungen des Kunden,
des Ressourcenschutzes und insb. des Grundwassers erreicht werden.
Regierungspräsidium Darmstadt
14
7. Welche Herausforderungen sind in der tiefen Geothermie zu bewältigen?
• Bohrplatzsuche (Abnehmer für Fernwärme, Wasser-, Naturschutz,)
• Fündigkeitsrisiko, Wirtschaftlichkeit
• Induzierte Seismizität (Messnetzaufbau, Gefährdungsabschätzung)
• Tiefbohrung durch Grundwasser und gasführende Schichten
• Heiße Salzwässer (Ausfallen von Mineralen, Aggressivität,
Materialverschleiß)
• Natürliche Radioaktivität in Tiefenwässern (Scales)
• Akzeptanz (bei Bürgern und in der Politik)
Insgesamt:
Investitionen von rund 30 Millionen Euro bis zum fertigen Kraftwerk mit 5MW
elektrisch grundlastfähig aber schlecht regelbar und 10-50 MW thermisch.
Regierungspräsidium Darmstadt
15
Stand der tiefen Geothermie (Projekte)
• Kleine Felder zur Heizung und Kühlung von einzelnen Gewerbeobjekten
• Größere Felder der Entwicklung tiefengeothermischer Projekte
• In einigen Feldern wurden seismische Aufsuchung durchgeführt, aber
nicht weiterverfolgt (z.B. Idstein, Lorch, Rhein-Main).
• Die Planung für die Errichtung von Kraftwerken ist in Groß-Gerau und
Wiesbaden am weitesten fortgeschritten. In Groß-Gerau könnte noch im
nächsten Winter die erste Erkundungsbohrung abgeteuft werden. In
Wiesbaden wohl erst in 2014.
Insgesamt sind wir von dem im Jahr 2010 im „Energieforum Hessen
2020“ formulierten Anspruch von 20 Geothermiekraftwerken (100 MW
elektrisch) bis 2020 im Oberrheingraben noch ein sehr weites Stück
entfernt.
Regierungspräsidium Darmstadt
16
Stand der tiefen Geothermie (Projekte)
Was stellen wir fest?
Viele Inhaber von Konzessionen zur Aufsuchung warten ab –
Arbeitsprogramme werden nicht konsequent durchgeführt.
Was hat das zur Folge?
Wir werden Konzessionen nicht automatisch verlängern!
Was brauchen wir?
Mehr Mut, mehr Engagement, Ingenieurinnen und Ingenieure, die sich etwas
trauen.
Weniger Angst vor „Wutbürgern“, mehr Mut zur offenen Kommunikation
Konsequente Umsetzung von Zielen.
Oder: es gibt nichts Gutes, außer man tut es
Regierungspräsidium Darmstadt
17
Regierungspräsidium Darmstadt
Welche Geräte kommen zum Einsatz?
Bildquelle: RP Darmstadt
18
8. Nachhaltigkeit
• Erdwärme ist (in menschlichen Maßstäben) unerschöpflich
• Nahezu überall verfügbar, krisensicher
• Witterungs- und tageszeitenunabhängig (grundlastfähig)
• Heizen, kühlen und Warmwasserbereitung
• Stromerzeugung in der tiefen Geothermie
• Klimaneutraler Betrieb möglich (CO2-Einsparung, Klimafolgekosten)
• Geringe Betriebskosten, kurze Amortisationszeit und wartungsarm
• Erfüllung des EEWärmeG möglich
Wie sieht es langfristig unter Berücksichtigung der Betriebsjahre der
Erdwärmesonden und der Anlagen aus?
Regierungspräsidium Darmstadt
19
Erdwärme in Hessen - Zwischenfazit
Das Potenzial der Geothermie ist groß und ihre Bedeutung wächst mit
schwindenden Rohstoffen und dem Klimawandel stetig an.
Geothermie war schon den Römern als Heizquelle bekannt, trotzdem wird
sie (außer z.B. auf Island) erst seit wenigen Jahren in einem
nennenswertem Umfang genutzt. Es bedarf weiterer Forschung und
Entwicklung für einen energetisch und wirtschaftlich sinnvollen,
kontinuierlichen Fortschritt.
Vor allem werden Fachkräfte benötigt, die gewillt sind, sich stetig
weiterzubilden und sich die neuesten Erkenntnissen anzueignen. Dazu
bedarf es auch der Förderung von Fortbildungsmöglichkeiten.
Regierungspräsidium Darmstadt